silos sd bus 2006

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Sonderdruck: Cornelius Ruckenbrod Franz-Hermann Schlüter Silolasten nach der neuen DIN 1055-6 Karlsruhe, Dresden, Danzig www.iibw.de Foto: J. Müller, Brake

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Silostaten Nach DIN 1055-6

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  • Sonderdruck:

    Cornelius Ruckenbrod

    Franz-Hermann Schlter

    Silolasten nach der neuen DIN 1055-6

    Karlsruhe, Dresden, Danzig www.iibw.de

    Foto: J. Mller, Brake

  • 2 2006 Ernst & Sohn Verlag fr Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin

    Fachthemen

    DOI: 10.1002/best.200600471

    In diesem Beitrag wird ber den Inhalt und die Hintergrnde derneuen DIN 1055-6 Einwirkungen auf Silos und Flssigkeitsbehl-ter berichtet. In enger Anlehnung an die europische Norm EN1991-4 wurde die Ermittlung der Lasten an die neue Sicherheits-philosophie entsprechend DIN 1055-100 angepat. Teilweise wur-den neue Lastanstze eingefhrt, teilweise vorhandene Anstzeder Vorgngernorm modifiziert oder erweitert. Davon sind insbe-sondere die ungleichmigen Lasten bei dnnwandigen Silos, dieLasten bei niedrigen und mittelschlanken Silos, die Trichterlastenund die Entleerung mit groen Exzentrizitten betroffen.

    Silo loads according to the new DIN 1055-6An overview and some background information are given to thenew DIN 1055-6 Actions on Structures: Actions on Silos andTanks. Following the rules of EN 1991-4 the determination of siloloads is adjusted to the new safety philosophy of DIN 1055-100. Insome cases new load rules have been introduced or existingrules have been replaced. In particular this concerns patch loadsfor thin-walled steel silos, loads in squat and intermediate stan-dard silos, hopper loads or loads for large eccentricity of dis-charge.

    1 Einleitung

    Zu Beginn des Jahres 2006 werden die wesentlichen Teileder neuen DIN 1055 Einwirkungen auf Tragwerke in dieMusterliste der technischen Baubestimmungen aufgenom-men und sollen voraussichtlich Anfang 2007 bauaufsicht-lich eingefhrt werden. Abweichend von vielen Bemes-sungsnormen soll es fr die Lastnormen keine ber-gangsfristen geben, so da der Tragwerksplaner mit demTag der Einfhrung diese Normen verbindlich anzuwen-den hat. Somit wird fr weite Bereiche des Bauwesens dasneue Sicherheitskonzept eingefhrt sein.

    Whrend der einzelnen Bearbeitungsstufen der Nor-mungsarbeit wurden die gelufigen Teile der DIN 1055 zuden Nutz-, Wind- und Schneelasten umfassend in der f-fentlichkeit diskutiert, so da diese vielen Tragwerkpla-nern bereits bekannt sind. Der Teil 6 der NormenreiheDIN 1055 [1], der sich mit den Lasten in Silozellen undFlssigkeitsbehltern befat, wurde jedoch wegen der spe-ziellen Thematik nicht so bewut wahrgenommen.

    Gegenber der bisher gltigen DIN 1055-6:1987-05[2] haben sich sowohl der Umfang als auch der Inhaltstark verndert. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen In-halte der neuen DIN 1055-6:2005-03 vor und gibt Hinwei-se zu den Hintergrnden wichtiger Regelungen.

    2 Vorgeschichte

    Nach der Erstfassung der DIN 1055-6 aus dem Jahre 1964[3], ergnzt durch die Bestimmungen von 1977 [4], folgtedie Fassung von 1987, die auch international weite Beach-tung fand. Die nun aktuell vorliegende Fassung aus 2005ist somit die dritte Generation der Silo-Lastnorm DIN1055-6.

    Die systematische Erfassung der Lastverhltnisse inSilozellen sowie die Bemessung von Silos besitzt bereitseine lange Tradition. Hierzu wird auf die umfangreicheLiteratur verwiesen (z. B. [5]). Die erste Version derDIN 1055-6:1964-11 ist eng mit den beiden Namen Pieperund Wenzel [6] verbunden und gibt den damaligen Kennt-nisstand in Form von Regelungen fr die Praxis wieder.Veranlat durch die hohen Schadensraten an Silobauwer-ken im Vergleich zu sonst blichen Bauwerken war dieGrundlagenforschung zur wirklichkeitsnahen Erfassungder Silolasten in der Zeit zwischen 1964 und 1987 wesent-lich von den Versuchen am Siloversuchsstand in Braun-schweig geprgt. Gleichzeitig wurde die verfahrenstechni-sche Komponente mit in die Betrachtung der Silodrckeeinbezogen. Es wurden theoretische Anstze zur Ermitt-lung der Spannungszustnde beim Fllen und Entleerenvon Silozellen entwickelt. Hier seien stellvertretend freine Reihe anderer Arbeiten die von Jenike [7] undSchwedes [8] genannt. Die Entwicklung des allgemeinenKenntnisstandes zwischen 1964 und 1987 ist z. B. im Silo-handbuch [5] umfassend dargestellt.

    In den 1980iger Jahren war es Eibl, der mit seinenMitarbeitern eine konsistente Theorie zur Erfassung derSilolasten entwickelte und diese unter Verwendung der Fi-nite-Element-Methode in ein numerisches Rechenmodellumsetzte. Damit konnten sowohl die Spannungszustndewhrend des Fllens als auch die Flievorgnge und diedaraus resultierenden Spannungszustnde im ausflieen-den Schttgut mit den fr die Bemessung von Silos erfor-derlichen Lastzustnden an Wand und Boden wiederge-geben werden. Dieses Rechenmodell wurde zwischen1988 und 2000 im Rahmen eines von der DFG gefrder-ten Sonderforschungsbereiches (SFB 219) an der Univer-sitt Karlsruhe soweit weiterentwickelt, da nahezu belie-bige Geometrien unter Einbezug der Streuung der Schtt-gutkennwerte und des Verformungsverhaltens des Silo-bauwerkes damit betrachtet werden knnen. WesentlicheVoraussetzung hierzu war die Entwicklung leistungsfhi-ger Stoffgesetze, die das Schttgutverhalten sowohl in den

    Silolasten nach der neuen DIN 1055-6Herrn Prof. Josef Eibl zum 70. Geburtstag gewidmet

    Cornelius RuckenbrodFranz-Hermann Schlter

  • 3C. Ruckenbrod/F.-H. Schlter Silolasten nach der neuen DIN 1055-6

    Sonderdruck aus Beton- und Stahlbetonbau 101 (2006), Heft 3, S. 138-151

    quasi-statischen Bereichen des Silos als auch im Auslauf-bereich mit den dort auftretenden groen Fliegeschwin-digkeiten und Deformationsraten adquat beschreibenknnen (vergleiche [9], [10], [11]).

    In Deutschland stand die Grundlagenforschung zurErfassung der phnomenologischen Zusammenhnge derSilolasten und deren Quantifizierung im Vordergrund, so-wohl bei den Forschungsarbeiten in Braunschweig alsauch im SFB 219 in Karlsruhe. Im Vergleich dazu wurdenin anderen Lndern, z. B. in Australien, zunchst strkerdie Auswirkungen von typischen Lasten auf die Siloscha-le, insbesondere bei dnnwandigen Strukturen mit Hilfeder FE-Methode betrachtet ([12]). In Skandinavien undPolen standen die experimentellen Ermittlungen derSilolasten und Messungen an Silobauwerken im Vorder-grund.

    Erst die Entwicklung von modernen und leistungs-fhigen FE-Programmsystemen ermglichte eine breitereAnwendung von Eibls Grundidee der Ermittlung der Silo-lasten, die auf einer konsistenten Beschreibung desSchttgutverhaltens in der Silozelle basiert. In einem eu-ropischen Projekt CA-Silo wurde Mitte der 1990igerJahre der Stand der Siloforschung auf internationalerEbene zusammengefat [13]. Dort wurden auch die Wei-terentwicklungen von numerischen Modellen wie z. B.mit Hilfe der diskreten Partikelmodelle vergleichend dar-gestellt.

    Parallel zu den regen Forschungsaktivitten der sp-ten 1980iger und zu Beginn der 1990iger Jahre gab es sei-tens der ISO (International Standardisation Organisation)und FIP (Fdration Internationale de la Prcontrainte)unter mageblicher Beteiligung Eibls erste Initiativen, eininternational anerkanntes Regelwerk zur Beschreibungder Silolasten zu schaffen. Eine groe Gruppe internatio-nal bekannter Siloforscher war hier einbezogen. Innerhalbkrzester Zeit wurde die Vorversion des heutigen europi-schen Normentwurfes zu den Silolasten ENV 1991-4 ent-wickelt [14] bis [16]. In Deutschland hingegen gab eszunchst starke Tendenzen, den europischen Weg nichtmitzugehen, um an den bewhrten Regelungen der DIN1055-6:1987-05 festzuhalten [17], [18].

    Auch auf europischer Ebene wurden im Zuge derberfhrung der ENV 1991-4 [16] in den Status EN 1991-4 [19] die Inhalte stark berarbeitet. Dies war erforderlich,da der seinerzeit unter groem Zeitdruck erarbeiteteEntwurf nur einen eng begrenzten Anwendungsbereichauswies und sich darber hinaus Lastannahmen ergaben,die z. T. deutlich von dem anerkannten Lastniveau derDIN 1055-6:1987-05 abwichen. Aufbauend auf die neueneuropischen Aktivitten entschlo sich der NABauArbeitsausschu 00.02.00 Einwirkungen auf Bauten,den neu zu bearbeitenden Teil 6 der DIN 1055 auf dieberarbeitete EN 1991-4 abzustimmen. Durch die enga-gierte deutsche Vertretung in der Arbeitsgruppe des Euro-code und die parallele Mitarbeit im verantwortlichen NA-Bau-Unterausschu konnte erreicht werden, da die be-whrten Bestandteile und das Sicherheitsniveau der bis-herigen Deutschen Norm auch auf europischer Ebenebercksichtigt wurden. So stellt die im Mrz 2005 alsWeidruck erschienene DIN 1055-6 zwar auf den erstenBlick die bersetzung des in Europa mittlerweile ratifi-zierten europischen Normenentwurfes EN 1991-4 dar,

    der Inhalt ist jedoch in den wesentlichen Punkten im Vor-feld von deutscher Seite mitgestaltet und mit dem deut-schen Normenausschu abgestimmt.

    3 Gliederung und Anwendungsbereich

    Die DIN 1055-6:2005:03 gliedert sich wie folgt in neunHauptabschnitte: 1. Anwendungsbereich, 2. NormativeVerweise, 3. Begriffe und Formelzeichen, 4. Darstellungund Klassifikation der Einwirkungen, 5. Bemessungssitua-tionen, 6. Schttgutkennwerte, 7. Lasten auf vertikaleSilownde, 8. Lasten auf Silotrichter und Silobden und9. Lasten auf Flssigkeitsbehlter.

    In neun Anhngen (A bis I) sind Angaben zu den Teil-sicherheitsfaktoren und Kombinationsbeiwerten fr Silosund Flssigkeitsbehlter (Anhang A und B), zur Messungund Abschtzung von Schttgutkennwerten fr die Er-mittlung von Silolasten (Anhang C, D und E), Angabenzur Bestimmung der zur Ermittlung der Lasten zugrunde-zulegenden Flieprofile (Anhang F), Angaben zu Lastenbei seismischen Einwirkungen (Anhang G), alternativeRegeln zur Ermittlung von Trichterlasten (Anhang H) undRegeln zu den Einwirkungen infolge von Staubexplosio-nen (Anhang I) gegeben.

    Der Anwendungsbereich unterliegt, wie in der Vor-gngernorm auch, gewissen geometrischen Grenzen, dieden bisherigen Erfahrungsbereich fr den Bau von Silo-zellen darstellen. Diese Grenzen waren in DIN 1055-6:1987-05 ber das Verhltnis zwischen Vertikallasten undSchttgutwichte beschrieben. In der neuen Fassung wer-den dagegen reine geometrische Grenzabmessungen an-gegeben(hb/dc 10, hb < 100 m, dc < 60 m).

    Whrend in [2] die Anwendbarkeit der angegebenenSilolasten auf das Verhltnis von Hhe (hc) zu Durchmes-ser (dc) ab hc/dc = 0,8 beschrnkt war, gibt es in der neuenFassung im Prinzip keine Beschrnkung der Siloschlank-heit nach unten. Bei kleineren und mittleren Schlankhei-ten 0,4 < hc/dc < 2 sind jedoch andere Lastanstze zu ver-wenden als fr schlanke Silozellen. Auerdem wurden zu-stzlich die Lasten auf Flssigkeitsbehlter in die neueFassung mitaufgenommen.

    In den ersten Abschnitten werden unterschiedlicheEinwirkungen auf Silos (symmetrische, ungleichfrmigeLasten, Fllen, Entleeren etc.) und Flssigkeitsbehlter(symmetrischer Flssigkeitsdruck) dargestellt und klassifi-ziert sowie die zu bercksichtigenden Einflsse der unter-schiedlichen Bemessungssituationen (Flieprofile, Schtt-gut, Konstruktionsform, Betriebsbedingungen) erlutert.

    In Abhngigkeit von dem Fassungsvermgen und derExzentrizitt beim Entleeren werden Silozellen in drei An-forderungsklassen eingeteilt. Entsprechend der jeweiligenAnforderungsklasse werden unterschiedlich differenziertebzw. vereinfachte Lastanstze zur Verfgung gestellt, wo-bei in der Anforderungsklasse 1 die vereinfachten Last-anstze zu einer auf der sicheren Seite liegenden Bemes-sung fhren. Bei groen Silos und Silos mit groen Ent-leerungsexzentrizitten (eo/dc > 0,25) sind die einzelnenLastanstze nach den angegebenen genaueren Verfahrenanzuwenden. Nur sehr kleine Silos mit Schttgtern ge-ringer Wichte (z. B. Holzhackschnitzel) fallen unter dieAnforderungsklasse 1. Silos mit groen Durchmessern fal-len in der Regel schon bei mittlerer Schlankheit unter die

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    Anforderungsklasse 3. Bei einem Silo mit einem Durch-messer von 7 m und einer Schttgutwichte von 9 kN/m3

    (z. B. fr Getreide) sind ab einer Schlankheit von hc/dc = 4 die aufwendigeren Lastanstzen fr Anforde-rungsklasse 3 zu verwenden, bei einem Silodurchmesservon 10 m bereits ab einer Schlankheit von 1,7.

    4 Theoretische Grundlagen

    Hinsichtlich der Schlankheit der Silozelle wird zwischenschlanken Silos (hc/dc 2), Silos mit mittlerer Schlankheit(1,0 < hc/dc < 2,0), niedrigen Silos (0,4 < hc/dc 1,0) undSttzwandsilos (hc/dc 0,4 und waagrechter Siloboden)unterschieden.

    Bei schlanken Silos werden die Silolasten auf vertika-le Silownde und waagrechte Silobden entsprechend derklassischen Theorie nach Janssen [20] berechnet (Bild 1).Diese Theorie ist allgemein bekannt und z. B. im Silo-handbuch ausfhrlich erklrt. Bei schlanken Silos ist der

    Bei Silos mittlerer und kleiner Schlankheit werden die Silolasten nach einer modifizierten Theorie

    von Reimbert berechnet.

    Einflu von Schttkegeln an der Schttgutoberflche aufdie Silodrcke relativ gering, so da die Theorie von Jans-sen, die von einer ebenen Schttgutoberflche ausgeht, ei-ne ausreichend zutreffende Beschreibung der Silodrckeliefert. Bei niedrigeren Silos ist dieser Einflu jedoch nichtmehr vernachlssigbar. Berechnungsgrundlage der altenNorm ist hier die sogenannte quivalente Schttgutober-flche. Die Approximation nach dem Prinzip der einge-ebneten Schttgutoberflche fhrt jedoch zu unrealisti-schen Silolasten am oberen Bereich der Silowand. Eineweitere Theorie zur Beschreibung der Silodrcke wurdevon Reimbert [21] entwickelt. Sie basiert auf der Grund-lage des aktiven Spannungsverhltnisses Ka = (1 sin)/(1 + sin) nach Rankine. Hiermit wird zwar die Situationim oberen Wandbereich besser erfat, fhrt aber wieder-um zu einem unrealistischen schnellen Anstieg der Schtt-gutlasten im Bereich geringer Schttguttiefen. Bei sehrniedrigen Silozellen wie bei den Sttzwandsilos fhrt siedaher zu unrealistischen Lastgren. Fr Silos mittlererSchlankheit und niedrige Silos wird deshalb eine von Rot-ter [22], [23] modifizierte Reimbert-Theorie angewendet.In diesem Ansatz wird das Horizontallastverhltnis nachJanssen verwendet und der Lastverlauf ber die Schtt-gutparameter Bschungswinkel, Horizontallastverhltnis,Wandreibung und den hydraulischen Radius gesteuert(Bild 2).

    Bild 1. Silodruckverteilung nach derTheorie von Janssen fr schlanke Silo-zellenFig. 1. Load profile according to thetheory of Janssen for slender silos

    Bild 2. Silodruckverteilung fr niedri-ge Silos und Silozellen mit mittlererSchlankheit nach der von Rotter [21]modifizierten Theorie von Reimbert[20]Fig. 2. Pressure profile in case of squatand intermediate silos according to thetheory of Reimbert [20] modified byRotter [21]

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    Fr eine Silogeometrie mit einer Schlankheit hc/dc = 2wird in Bild 3 der Ansatz von Janssen mit dem von Rottermodifizierten Ansatz von Reimbert fr eine ebene Schtt-gutoberflche und einem realistischen Bschungswinkelvon 30 verglichen. Es zeigt sich, da bei den Horizontal-lasten die grten Unterschiede zwischen den beiden An-stzen bei kleinen Horizontallastverhltnissen K undWandreibungskoeffizienten auftreten. Deshalb wird hiermit den kleinsten Wandreibungswerten l (Wandkate-gorie D1) nach Tabelle E.1 [1] sowie dazugehrigem Ku-Wert fr die Bestimmung der Horizontallasten gerech-net. Diese ungnstige Kombination liegt z. B. beimSchttgut Mais vor. Bei den Vertikallasten ist dagegen beigroen K- und -Werten mit den grten Unterschiedenzu rechnen. Deshalb wird in diesem Vergleich mit den K- und -Werten gerechnet, bei denen das Produkt aus Klund dazugehrigen l-Werten (Wandkategorie D3) maxi-mal ist z. B. Sojabohnen). Zusammenfassend wird festge-stellt, da die Horizontallasten nach der modifiziertenReimbert-Theorie maximal 20 Prozent grer sind als dieWerte nach Janssen, die Vertikallasten dagegen nur umca. 10 Prozent.

    Bei sehr niedrigen Schlankheiten die neue DIN1055-6 spricht ab hc/dc < 0,4 von Sttzwandsilos , bei de-nen die Anwendung der Anstze nach alter Norm ausge-schlossen war, stellen sich Lastverhltnisse ein, die denender Erddrucktheorie nahekommen. Dabei stellt sich dieFrage, ob eher mit aktivem Erddruck oder Erdruhedruckgerechnet werden mu. Von einem aktiven Erddruckkann ausgegangen werden, wenn sich die Silowand ent-sprechend bewegen kann. Im radialsymmetrischen Fall istjedoch davon auszugehen, da sich die erforderlichenWandverformungen in der Regel nicht einstellen. DieLastanstze fr Sttzwandsilos entsprechen deshalb imwesentlichen den Lastanstzen der Erddrucktheorie unter

    Ruhedruckverhltnissen mit den Vereinfachungen nach[24]. Sie sind als Empfehlungen auf der sicheren Seite zubetrachten. Bei Silobehltern mit endlichen Abmessungenzwischen den gegenberliegenden Wandflchen knnenunter Umstnden deutlich abweichende Lasten angesetztwerden, weil hier davon ausgegangen werden kann, dader fr den Erdruhedruck erforderliche Gleitkreis die B-schung des Aufschttkegels auf der gegenberliegendenBschungsseite schneidet. Anstze zur Bercksichtigungdieser Einflsse gibt beispielsweise [25].

    5 Schttgutkennwerte fr die Ermittlung der Lasten

    Die meisten Schttgter sind natrliche Produkte undweisen unterschiedlich starke Streuungen in ihren Eigen-schaften und somit auch in den die Lasten bestimmendenKennwerten auf. Auch kleine Schwankungen beispiels-weise der Feuchtigkeiten, knnen zu nderungen derKennwerte fhren. Die folgenden angefhrten Zusam-menhnge zeigen, da diese inhrenten Streuungen derSchttgutkennwerte bei der Festlegung der Schttgut-kennwerte entsprechend zu bercksichtigen sind. Sie sindim Rahmen der Sicherheitsphilosophie bei der Bemessungblicher Bauwerke nicht mitabgedeckt.

    In der bisher gltigen DIN 1055-6:1987-05 waren dietabellierten Wandreibungsbeiwerte und Horizontallast-verhltnisse darauf festgelegt, da mit diesen aus den Er-fahrungen der Arbeitsgruppe heraus und im Vergleich zuden zahlreichen Silodruckmessungen die im Fllzustandgrten gemessenen Horizontallasten abgedeckt wurden.Lasterhhungen beim Entleeren wurden durch einenschttgutspezifischen Erhhungsfaktor eh bercksichtigt.Dieses Vorgehen fhrte zu relativ kleinen tabelliertenWandreibungsbeiwerten und hohen Horizontallastbei-werten, was eine Unterschtzung der Vertikal- und Wand-reibungslasten nach sich zog. Diese Defizite wurdendurch Einfhrung von Lasterhhungsfaktoren fr dieseLastkomponenten ausgeglichen. Bei den Bodendrckenwurde die Unterschtzung der Vertikallasten durch einenrelativ groen Bodendruckerhhungsfaktor Cb = 1,5 kom-pensiert. Zur Bestimmung der Wandreibungslasten fr dieBeulbetrachtungen oder den Lastabtrag ber an die Silo-wnde befestigte Einzelsttzen wurden weitere zustzli-che Erhhungsfaktoren eingefhrt.

    Auf relativ einfache Weise wurde dadurch gewisser-maen auch die Streuung der Schttgutparameter mit-bercksichtigt. Diese war bei diesem Vorgehen jedoch frnahezu alle Schttgter gleich angesetzt. Ein weitererNachteil war, da die in der bisherigen DIN 1055-6:1987-05 eingefhrten Schttgutkennwerte keine echten, dasheit ber Messungen nachvollziehbaren Kennwerte frdie jeweiligen Schttgter darstellten. In besonderemMae galt dies fr den Erhhungsbeiwert fr die Horizon-tallasten beim Entleeren eh und den Schttgutbeiwert Gbei den Teilflchenlasten. Diese Werte beruhten zwar aufgewissen Erfahrungen, waren im Prinzip jedoch willkr-lich festgelegt. Bei diesem Vorgehen bestand bei jedemweiteren nicht explizit in den Tabellen der DIN und des-sen Beiblatt aufgelisteten Schttgut die Schwierigkeit,adquate Schttgutkennwerte zu definieren. Neu zu be-wertende Schttgter wurden zur Festlegung der nichtmebaren Kennwerte anhand der Vergleichbarkeit der

    Bild 3. Vergleich der horizontalen und vertikalen Silolastennach der Reimbert/Rotter-Theorie (ReRo) und der Janssen-Theorie (Ja) bei einer Schttgutwichte = 10 kN/m3, einerSiloschlankheit von hc/dc = 2 (30 m/15 m) und jeweilsungnstigster Konstellation der Schttgutkennwerte nachDIN 1055-6:2005, Tabelle E.1 (ph: = 0,18 und K = 0,66;pv: = 0,55 und K = 0,67)Fig. 3. Comparison of horizontal and vertical silo loads ac-cording to the theory of Reimbert/Rotter (ReRo) and Janssen(Ja) with = 10 kN/m3, a slenderness of hc/dc = 2 (30 m/15 m) and the most worst combination of bulk material pro-perties of Table E.1 of DIN 1055-6:2005 leading to the lar-gest discrepancies (ph: = 0,18 and K = 0,66; pv: = 0,55and K = 0,67)

  • 6C. Ruckenbrod/F.-H. Schlter Silolasten nach der neuen DIN 1055-6

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    mebaren Kennwerte mit gelisteten Schttgtern einge-stuft. Dieses pragmatische Vorgehen fhrte zu einem bis-her international anerkannten Sicherheitsniveau, stimmtjedoch nun nicht mit der Sicherheitsphilosophie der neu-en Normengeneration berein.

    Bereits in [15] wurde versucht, durch sogenannteobere und untere Grenzwerte fr die Schttgutkennwertedie Streuung in den Bestimmungsgleichungen der unter-schiedlichen Bemessungslasten zu bercksichtigen [26].Die schttgutspezifische Streuung der Kennwerte wurdeerstmals mit der berarbeitung des ENV 1991-4 [16]bercksichtigt.

    Bei der Festlegung der Schttgutkennwerte stand derAusschu vor dem Problem, da weltweit keine umfassen-den Untersuchungen fr eine ausreichende Anzahl vonSchttgtern ber die tatschlichen Kennwerte und derenStreuungen zur Verfgung standen. Um dem Tragwerks-planer weiterhin Bemessungshilfen in Form von Tabellenmit Kennwerten fr die gngigsten Schttgter zur Verf-gung zu stellen, wurde das bisherige Sicherheitsniveau derDIN 1055-6:1987-05 im wesentlichen beibehalten. Dabeiwurden die Mittelwerte und Streukennwerte der wesent-lichen Schttgutkennwerte unter Zugrundelegung einerlogarithmischen Normalverteilung zurckgerechnet(Bild 4). Der Kennwert Cop zur Mitbestimmung der berden Siloumfang ungleichfrmig verteilten Lasten wurdeaus den Kennwerten fr die Streuung der Schttgutpara-meter Wandreibung a und Horizontallastverhltnis aKabgeleitet (Bild 5).

    Parallel dazu werden Vorgaben zur experimentellenBestimmung der wesentlichen Schttgutkennwerte ge-macht bzw. bereitgestellt. In EN 1991-4 wird grundstz-lich die Bestimmung der Schttgutkennwerte anhand vonVersuchen bevorzugt, fr Silozellen derAnforderungsklas-se 3 wird diese sogar vorgeschrieben. Dem grundstz-lichen Vorzug der experimentellen Bestimmung derSchttgutkennwerte folgte der Ausschu der DIN 1055-6bislang jedoch nicht.

    In Abschnitt 4 und Anlage C der DIN 1055-6:2005-03werden umfassende Angaben fr die experimentelle Er-mittlung der Schttgutkennwerte und die dabei zu ver-wendenden Versuchsapparaturen und -verfahren ge-macht. Diese basieren fr die Ermittlung der Lasten imwesentlichen auf den Prinzipien der Bodenmechanik undnicht der klassischen Schttgutmechanik. Bei der experi-mentellen Bestimmung der Schttgutkennwerte sind dieBeanspruchungszustnde der Schttgter in der Silozellezu bercksichtigen (siehe Bild 6 und [27], [28]). In derneuen DIN 1055-6 wird demzufolge den Schttgutkenn-werten wesentlich mehr Bedeutung zugemessen als diesbisher der Fall war.

    Sowohl nach der Theorie von Janssen entsprechendGln. (1.1) bis (1.4) in Bild 1 als auch nach der modifizier-ten Theorie von Reimbert Gln. (2.1) bis (2.10) in Bild 2sind fr die Gre und die Verteilung der Lasten ber die

    Der Bestimmung der Schttgutkennwerte wurde mehrBedeutung zugemessen. Der Schttgutparameter wurde

    aus den Schttgutkennwerten der bisher gltigen DIN 1055-6:1987-05 und deren Lastniveau abgeleitet.

    Silohhe die Kennwerte der Schttgutwichte, des Wand-reibungskoeffizienten und des Horizontallastverhltnissesbestimmend. Die Grenordnung der Lasten wird durchdie Vorfaktoren vor dem Klammerausdruck bestimmt.Die Lastverteilung ber die Hhe wird durch den Klam-merausdruck mit der Expotentialfunktion (1ez/zo) fest-gelegt.

    In allen Gleichungen geht die Wichte linear ein. Dasbedeutet, eine hohe Wichte fhrt zu hohen Lasten. Fr dieVorfaktoren gilt, da durch eine mglichst kleine Wand-reibung groe Horizontallasten verursacht werden. Diemaximalen Vertikallasten werden sowohl bei kleinenWerten der Wandreibung als auch bei kleinen Werten desHorizontallastbeiwertes erreicht. Einen vlligen Verlaufder Lastkurven das heit grere Lasten durch einen ra-

    Bild 4. Ableitung der in DIN 1055-6:2005 tabelliertenSchttgutkennwerte von den Kennwerten der DIN 1055-6:1987Fig. 4. Derivation of material properties in Table E.1 of DIN 1055-6:2005 from the material parameters tabled inDIN 1055-6:1987

    Bild 5. Vergleich der Schttgutbeiwerte fr die Teilflchen-lasten nach DIN 1055-6:1987 mit den aus den Streufaktorenfr die Wandreibung a und des Horizontalastbeiwertes aKermittelten Werten Cop,aproxFig. 5. Comparison of patch load solid reference factor(load magnifying factor) for stored solid: values tabled inDIN 1055-6:1987 and approximated with Cop,aprox

  • 7C. Ruckenbrod/F.-H. Schlter Silolasten nach der neuen DIN 1055-6

    Sonderdruck aus Beton- und Stahlbetonbau 101 (2006), Heft 3, S. 138-151

    schen Anstieg im oberen Silowandbereich bewirken da-gegen mglichst groe Reibungs- und Horizontallastbei-werte. Insgesamt ist bei den blichen Bandbreiten derKennwerte im wesentlichen der Vorfaktor fr die Gesamt-gre der Lasten bestimmend. Deshalb sind fr die Be-messung von Silozellen nach der neuen Sicherheitsphilo-sophie folgende Kombinationsbetrachtungen sinnvoll(Bild 7):

    Maximale Horizontallast kleiner Wandreibungskoeffizientgroer Horizontallastbeiwert

    Maximale Vertikallast kleiner Wandreibungskoeffizientkleiner Horizontallastbeiwert

    Maximale Wandreibungslastgroer Wandreibungskoeffizientgroer Horizontallastbeiwert

    6 Vergleich der Lasten im Siloschaft nach alter und neuerNorm

    Neben den ber den Siloumfang gleichmig verteiltenLasten sind im Regelfall zustzliche ungleichmig ver-teilte Lasten anzusetzen. Fr den Fall einer Entleerungmit stark exzentrischen Flievorgngen sind weitere un-gleichmig verteilte Lastanstze zu bercksichtigen. Beiniedrigen Silos und Silos mittlerer Schlankheit ist zustz-lich der Fllzustand bei stark exzentrischem Befllen zubeachten.

    6.1 Gleichmige Lasten

    Es wird zwischen den Lasten im Fllzustand und den Ent-leerungslasten unterschieden. Beide Lastflle enthalten

    Bild 6. Typische Belastungspfade beider Entleerung von schlanken Silozel-len nach [27]Fig. 6. Stress-strain history relevant fordischarge [27]

    Bild 7. Magebliche Parameterkombination fr die Ermittlung der maximalen Horizontallasten nach Tabelle 1 DIN 1055-6:2005Fig. 7. Relevant combination of bulk material parameters tabled in Table E.1 of DIN 1055-6:2005 for determining of hori-zontal loads

  • 8C. Ruckenbrod/F.-H. Schlter Silolasten nach der neuen DIN 1055-6

    Sonderdruck aus Beton- und Stahlbetonbau 101 (2006), Heft 3, S. 138-151

    ber den Wandumfang gleichmig verteilte Lasten, diewie bereits erlutert entsprechend der Siloschlankheitnach der Theorie von Janssen, Reimbert oder den Erd-druckanstzen bestimmt werden. Im Entleerungsfall wer-den die gleichmigen Lasten des Fllzustandes mit ei-nem Lastvergrerungsfaktor (Entleerungsfaktor) Co er-hht. Bei schlanken Silos nimmt der Entleerungsfaktor ei-nen konstanten Wert von Co = 1,15 an. Bei Silos mittlererSchlankheit nimmt der Wert linear bis auf den Wert Co =1,0 fr niedrige Silos ab.

    In Bild 8 sind fr alle in der Schttguttabelle von [1]enthaltenen Schttgter (mit Ausnahme der Futtermittel),

    die Schttgutlasten mit den Werten nach der alten Normfr Schlankheiten von 2 hc/dc 10 miteinander vergli-chen. Die im Einfhrungserla vorgesehene 10-prozenti-ge Erhhung der Lasten bei Berechnung der Lasten mitden im Beiblatt von [2] angegebenen Schttgutkennwer-ten ist hier nicht bercksichtigt. Es zeigt sich, da mit dennach Bild 5 abgeleiteten Schttgutkennwerten das Lastni-veau der alten Norm im wesentlichen beibehalten wird.Lediglich im Bereich geringer Schlankheiten fhrt dieneue Norm bei hc/dc = 2 zu im Mittel 5 Prozent geringe-ren Horizontallasten und zu 14 Prozent niedrigeren Bo-denlasten. Die grten Unterschiede sind fr die Schtt-gter Mehl und Mais zu verzeichnen. Bei den Horizontal-lasten wird dies jedoch teilweise durch in diesem Bereichnach neuer Norm hhere Teilflchenlasten ausgeglichen(siehe unten). Auch bei den Bodenlasten findet teilweiseein Ausgleich dadurch statt, da bei Bedingungen, die zudynamischen Lasten beim Entleeren fhren knnen, eine20-prozentige Erhhung der Bodenlasten vorzusehen ist.Diese Effekte sind in den Anstzen der alten DIN 1055-6:1987-05 bereits enthalten.

    Bei kleinen Silos der Anforderungsklasse 1 kann aufdie Bercksichtigung der Streuung der Schttgutkennwer-te verzichtet werden. Dabei sind aber wie in der alten DIN1055-6:1987-05 entsprechend grere Lasterhhungsfak-toren fr die einzelnen Lastflle zu verwenden.

    6.2 Ungleichmige Lasten

    Streuungen der Schttgutkennwerte, Einflsse infolge Im-perfektionen, wie z. B. Unebenheiten der Silowand,fhren in den meisten Fllen zu unsymmetrischen Last-verteilungen im Silo. Diese werden zudem durch unter-schiedliche Lagerungsdichten beim Befllen der Silos undinsbesondere durch Exzentrizitten beim Fllen und Ent-leeren hervorgerufen. Die Folge ist eine Biegebeanspru-chung der Silownde, die insbesondere bei kreiszylindri-schen Silozellen durch entsprechende Lastanstze zu be-trachten ist.

    Diese Einflsse wurden erstmals in der DIN 1055-6:1987-05 durch die Einfhrung der Teilflchenlastenbercksichtigt. Der durch ingenieurmige Betrachtungen[29] entwickelte Ansatz erfat die Einflsse der Si-loschlankheit, der Dicke der Silowand, des Schttgutesund die Exzentrizitt beim Entleeren. Lediglich unter derVoraussetzung einer am Fu- und Kopfende ausreichen-den Aussteifung der Schale konnte die Teilflchenlastdurch eine zustzliche Erhhung der gleichmigenLasten ersetzt werden.

    Ein Nachteil des altenAnsatzes war, da sowohl frStahl- als auch Stahlbetonsilos der gleiche Lastansatz ver-wendet wurde. Lokal hohe Biegemomente lassen sich beidnnen Schalen jedoch in aller Regel ohnehin nicht durchentsprechende Biegesteifigkeiten abtragen. Deshalb wirdder Ingenieur bei der Bemessung von Stahlsilos lokal

    Die Grenordnung der sich nach DIN 1055-6:2005-03 ergebenden Lasten fr schlanke Silozellen entspricht im wesentlichen dem Lastniveau der bisher gltigen

    DIN 1055-6:1987-05.

    Bild 8. Vergleich der Horizontal-, Wandreibungs- und Bo-denlasten nach alter und neuer DIN 1055-6 fr ein Stahlbe-tonsilo (Mittelwert und Streuband)Fig. 8. Comparison of horizontal, wall friction and bottomloads due to DIN 1055-6:1987 and DIN 1055-6:2005 (meanvalue and scattering)

  • 9C. Ruckenbrod/F.-H. Schlter Silolasten nach der neuen DIN 1055-6

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    hohen Biegemomenten mit einem im Stahlbau grundstz-lich durchaus legitimen Zulassen von Plastifizierungenbegegnen. Dies wiederum widerspricht dem ursprngli-chen Gedanken des Ansatzes der Teilflchenlast als Er-satzlast.

    Diesem Rechnung tragend wurde auf europischerEbene bereits in [16] fr Stahlsilos ein anderer ungleich-frmiger Lastansatz (Teilflchenlast) in Form eines berden Umfang cosinusfrmig verlaufenden Lastbandes ein-gefhrt (Bild 9). Dieses Lastband fhrt gewollt zu Un-gleichgewichtskrften, die neben einer Biegebeanspru-chung in Umfangsrichtung auch zu Biegebeanspruchun-gen in Meridianrichtung und infolge dessen zu zustzli-chen Vertikalbeanspruchungen in der Siloschale fhren,die sich zum Fupunkt des Silos aufsummieren.

    Die Teilflchenlasten fr schlanke Stahlbetonschalen(dickwandige Silos) und geringen bis mittleren Exzentrizi-tten eo/dc 0,25 entsprechen von der Grenordnungden Anstzen der DIN 1055-6:1987-05 (Bild 10). AusGleichgewichtsgrnden werden diametral gegenberlie-gende Teilflchenlasten pp gleicher Grenordnung ange-setzt. Um zustzliche Ringzugnormalkrfte in der Schalezu verhindern, wurde im Bereich auerhalb derTeilflchenlast ein nach innen gerichteter Ringdruck mit pp der Gre der Teilflchenlast bercksichtigt. DerBeiwert lt sich aus folgender Gleichgewichtsbetrach-tung abschtzen:

    Die Teilflchenlasten fr dnnwandige Silos haben sich grundlegend gendert.

    Die nach DIN 1055-6:2005 anzusetzende Teilflchenlastist abhngig vom Schttgut (Schttgutbeiwert Cop sieheAbschn. 5.), von der Exzentrizitt des Fll- und Entlee-rungsvorganges und der Schlankheit. Die Abhngigkeitender beiden letzten Einflufaktoren sind in Bild 11 verglei-chend dargestellt. Die Anstze unterscheiden sich dem-nach fr schlanke Silos aus Stahlbeton nur unwesentlich.Im Bereich von Silos mit geringer und mittlerer Schlank-heit wird in der DIN 1055-6:2005 nun der Einflu derTeilflchenlast stark reduziert. Bei niedrigen Silos ist eineTeilflchenlast im Lastfall Entleeren nur bei exzentrischerEntleerung mit eo > 0,1dc anzusetzen.

    Die bei ausreichend ausgesteiften Schalen ersatzwei-se ansetzbare Erhhung der gleichmigen Lasten frdickwandige kreiszylindrische Schalen wurde aus dengleichen berlegungen hergeleitet wie die ersatzweise an-setzbare Erhhung nach der alten DIN 1055-6:1987-05.

    7 Lasten beim Entleeren mit groen Exzentrizitten

    Bei Entleerung mit groen Exzentrizitten ist damit zurechnen, da sich im Silo ein Schlotflu einstellt und die-

    Z r p d r p dp p= + = cos cos /

    /

    /

    0

    32

    32

    4

    0

    ZZr

    p pp p= + = sin sin/

    /

    /

    0

    32

    32

    40

    =

    sin( / )

    sin( / ) sin( / )/32

    4 321 7

    Bild 9. Ansatz der Teilflchenlastennach DIN 1055-6:2005Fig. 9. Side elevation and plan view ofdischarge patch load of DIN 1055-6:2005 for circular thin walled (steel)silo (left side) and other circular (con-crete) silo (right side)

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    ser sich in der Nhe der Wand ausbildet. In den Kontakt-bereichen des flieenden Schttgutes mit der Silowandtreten deutlich niedrigere Horizontaldrcke auf als in denKontaktflchen des sich in Ruhe befindlichen Schttgutesauerhalb des Fliekanals. Dies ergibt sich bereits aus derBetrachtung des den Silodruck bestimmenden hydrauli-schen Radius, der bei einem Schlotflu als Silo im Silointerpretierbar sehr viel kleinere Werte annehmen kann,wie der des Gesamtsilos. Diese Zusammenhnge sindnicht neu (z. B. [30], [31]), werden aber durch die Ergeb-nisse der neueren Forschungsarbeiten weiter belegt. Be-reits im Ausschu zur DIN 1055-6:1987-05 wurden diese

    Lastsituationen betrachtet und unterschiedliche Anstzezur Bercksichtigung dieses Lastfalles diskutiert. Letzt-endlich sah man jedoch diesen Lastfall durch den Ansatzder Teilflchenlast offenbar als ausreichend abgedeckt an.

    Tatschlich gab es aber seit Einfhrung von DIN1055-6:1987-05 insbesondere beim Entleeren von dnn-wandigen und verformungsempfindlichen StahlsilosSchden, die auf diese speziellen Lastsituationen beim ex-zentrischen Entleeren zurckzufhren sind [32], [33]. Frdnnwandige Silobauten nach DIN 18914 [34] sind des-halb diese Lastsituationen grundstzlich ausgeschlossen.Aber auch Schden an Stahlbetonsilos lassen sich zumin-dest zum Teil auf diesen Lastfall zurckfhren [35], [36].

    Der in [1] enthaltene Lastansatz fr kreiszylindrischeSilozellen wurde von Rotter [22] durch Anwendung derScheibenelementmethode entwickelt. In der aktuellen Be-richtigung zur DIN 1055-6:2005 sind in den Einzelrege-lungen zur Umsetzung dieses Lastansatzes geringe Abwei-chungen zu den entsprechenden Regelungen in ENV1991-4 enthalten.

    Zur Bestimmung der Lasten, die durch Exzentrizittenbeim Entleeren hervorgerufen werden, wird ausgehend von

    Die neue Fassung von DIN 1055-6:2005 sieht fr die sich ber den Siloumfang einstellenden ungleichfrmigen

    Lasten beim Entleeren mit groen Exzentrizitten einen separaten neuen Lastansatz vor.

    Bild 10. Vergleich der Einflsse Exzentrizitt und Schlank-heit auf die Teilflchenlasten nach DIN 1055-6:2005-03und DIN 1055-6:1987-05Fig. 10. Comparison of the patch load influences of eccen-tricity of discharge and slenderness of silos according to therules of DIN 1055-6:2005-03 and DIN 1055-6:1987-05

    Bild 11. Abhngigkeit der Teilflchenlast nach DIN 1055-6:2005-03 von Exzentrizitt und Schlankheit bei niedrigenund Silos mittlerer SchlankheitFig. 11. Influence of eccentricity of discharge and silo slen-derness in case of squat and intermediate silos according toDIN 1055-6:2005-03

    Bild 12. Lastanstze fr Silos mit groen Entleerungsexzen-trizitten nach DIN 1055-6:2005-03Fig. 12. Pressure distribution in case of eccentric dischargeflow channel according to DIN 1055-6:2005-03

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    der Entleerungsffnung (Mittelpunkt der Exzentrizitt desFliekanals) ein Fliekanal mit vertikalen Schlotwndenparallel zur Silowand angesetzt. Der Fliekanalquerschnittwird somit ber die Hhe als konstant angenommen. Da-bei wird von einem kreisfrmigen Fliekanal ausgegangen,der die Silowand unter einem ffnungswinkel c (vomQuerschnittsmittelpunkt betrachtet) schneidet (Bild 12).Der gesamte ffnungswinkel betrgt damit 2c. Der Radiusdes Fliekanals lt sich nur in den seltensten Fllen be-stimmen oder herleiten und mu daher im Regelfall vorge-geben werden. Es sollen mindestens drei Fliekanalgeo-metrien mit unterschiedlichen Fliekanalradien untersuchtwerden: G = rc/r = 0,35, G = 0,50 und G = 0,65.

    Die Gre der im Fliekanal auf die Silowand wir-kenden Lasten und die Geometrie des Fliekanals hngenneben dem zu whlenden Fliekanalradius nur noch vonden Schttgutkennwerten, Wandreibung und innerer Rei-bung ab. Auch die Exzentrizitt des Fliekanals lt sichaus diesen Werten ableiten: ec/r = {(1 G) + (1 )1G)}

    Im Bereich der Berhrungsflchen des Fliekanalsmit der Silowand werden sich aufgrund der Janssen-Theo-rie umso niedrigere Silodrcke einstellen, je kleiner derFliekanalradius ist. Im Bereich der Silowand auerhalbdes Einflubereiches des Fliekanals werden auch imEntleerungsfall in erster Nherung die Lasten des LastfallsFllen angesetzt. Unmittelbar neben dem Fliekanal wirdbis zu einem ffnungswinkel von 2c eine Drucker-hhung angesetzt, die das in experimentellen, numeri-schen und theoretischen Untersuchungen festgestellte ho-rizontale Druckgewlbe bei stark exzentrischen Entlee-rungen bercksichtigt.

    Die Hhe der Horizontallasten neben dem Flie-kanal wird so berechnet, da fr die theoretischen Tan-gentenwerte der Horizontallasten phe(z = ) = rh/in theoretischer unendlicher Tiefe z = (was bedeutet: 1ez/zo = 1) in einem horizontalen Schnitt Gleichgewichtherrscht.

    Mit den folgenden Anstzen

    phce(z = ) = pf(z = )

    phae(z = ) = pf(z = )

    phse = pf

    und der Kesselformel Z = pf r sowie der Aufintegration inder Tiefe z =

    ergibt sich fr das Gleichgewicht Z = pf r. Damit lt sichder gesuchte Wert bestimmen zu:

    pf = phce sinc + phae (sin2c sinc) + phse (1 sin2c)

    Z r p d r p d rhce hae

    c

    c

    c

    = + + cos cos co

    0

    2

    ss

    sin

    /

    p d

    Zr

    p p

    hse

    hce hae

    c

    c

    2

    2

    0

    = + ssin sin

    /

    + c

    c

    c

    phse2

    2

    2

    =

    =

    =

    =

    + p zp z

    G Ghcehf

    c c

    c

    ( )( )

    ( ) sin( )

    2

    ++ G( ) 1

    1 = sinc + (sin2c sinc) + (1 sin2c)

    Vollstndiges Gleichgewicht lt sich ber diese Betrach-tung dennoch nicht ganz erreichen, weil die Lastanteilefr die Lasten im und auerhalb des Fliekanals unter-schiedliche Funktionsverlufe ber die Silotiefe der Expo-nentialfunktion, das heit Vlligkeiten, aufweisen. Dies istber diese Modifikation nicht erfat. Es lt sich aber zei-gen, da bei groen Fliekanalradien und den tabelliertenSchttgtern diese Ungleichgewichtskrfte selbst in klei-nen Schttguttiefen nur gering sind. Bei kleinen Flie-kanalradien sind die Ungleichgewichtskrfte ohnehinnicht gro.

    Bei groen Fliekanalbegrenzungswinkeln c neh-men die Randlasten phae zu, bei einem Fliekanalbegren-zungswinkel von ca. c = 45 sogar berproportionalstark. Ab einem Fliekanalbegrenzungswinkel c = 60lt sich bei einem Verhltnis = phce/pf < 1 berhauptkein Gleichgewicht herstellen. Es ist daher sinnvoll, Be-dingungen grundstzlich auszuschlieen, die Verhltnissemit Fliekanalbegrenzungswinkel c > 45 ergeben undsomit zu einer starken Zunahme der Lasten neben demFliekanal fhren. Diese Grenzverhltnisse (c > 45)stellen sich z. B. bei einem Verhltnis = /tani = 0,25 abeinem Fliekanalradius von rc/r = 0,75 ein (Bild 13). EineBegrenzung des Fliekanalradius ist grundstzlich auchdeshalb sinnvoll, weil die Annahme, da auerhalb desEinflubereichs des Fliekanals die Horizontallasten aufdem Niveau der Fllasten bleiben, bei groen Fliekanal-begrenzungswinkeln nicht realistisch ist. Als sinnvolleroberer Fliekanalradius wurde rc = 0,65 r festgelegt.

    Bei groen Wandreibungswerten (diese fhren zu ho-hen -Werten) existieren nur kleine Kontaktbereiche zwi-schen dem Fliekanal und der Silowand, da die Flieka-nalbegrenzungswinkel klein sind. Daraus resultieren nurlokal begrenzte Biegemomente.

    Bei den meisten tabellierten Schttgter ergben sichfr Stahlbetonsilos Verhltniswerte von , die nahe demWert 1 liegen, was zu sehr kleinen bis keinen Kontaktbe-reichen zwischen Fliekanal und Silowand fhren wrde.Deshalb ist es sinnvoll, das Verhltniss zwischen derWandreibung und dem Winkel der inneren Reibung zu be-grenzen. Als Begrenzung wurde der Wert grenz = 0,8 fest-gelegt.

    Aus der Berechnung eines Silos mit den Anstzen derTeilflchenlast und mit einem Fliekanal nahe der Silo-wand nach Bild 12 ergeben sich die Verformungsbildervon Bild 14 und der Verlauf der Biegemomente vonBild 15. Sie zeigen einen prinzipiellen Unterschied in derBeanspruchung einer Stahlbetonsiloschale. In dieser Ver-gleichsberechnung entspricht der Fliekanalradius derGre der mit der Teilflchenlast beaufschlagten Flche.

    Whrend die nach auen gerichtete Teilflchenlastber Biegung vorwiegend zustzliche Zugkrfte an derAuenseite der Schale erzeugt, kann es beim Lastansatzmit Fliekanal unter Umstnden zu betrchtlichen zustz-lichen Zugkrften an der Innenseite und somit zu erfor-derlicher inneren horizontaler Bewehrung fhren. DieMomentennderungen sind zudem mit nicht zu vernach-

    =

    sin sinsin sin

    22

    c c

    c c

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    lssigenden Querkrften verbunden, welche bei der Be-messung selbstverstndlich zu bercksichtigen sind. Esliegt somit eine fr Stahlbeton sehr ungnstige Belastungs-konstellation von Ringzug-, Biege- und Querkraftbean-spruchung vor [36], so da der Einsatz einer teilweisenVorspannung der Siloschale bereits viel frher als nach derBetrachtung der bisherigen Lastanstze zu empfehlen ist.

    8 Trichterlasten

    Die Lasten auf Trichterwnde von Silozellen setzen sichaus den Lastanteilen des im Trichter und des im vertika-len Siloschaft gelagerten Schttgutes zusammen. DieGleichungen zur Ermittlung der Lasten auf Auslauftrichternach der DIN 1055-6:1987-05 basieren auf empirischenUntersuchungen. Anhand von Auslaufberechungen(Bild 16) lt sich zeigen, da der Ansatz fr den Anteilder Trichterfllung die Umhllende der Lastzustnde desFllzustandes, des Entleerungsbeginns und des sta-tionren Entleerens darstellt. Dies kann am Trichteran-satz zu Anschluschnittkrften fhren, die deutlich hhersind als die, die sich aus einer Gleichgewichtsbetrachtungmit dem im Trichter gelagerten Schttgut und den auf denTrichter wirkenden berschttungslasten ergben.

    Dieses Konzept zur Ermittlung der Trichterlastenwird weiterhin als Alternative im Anhang G der DIN 1055-6:2005 beibehalten. Die favorisierten Lastanstze imHauptteil der Norm wurden von Rotter [22] auf derGrundlage der Theorie von Walker [38] und unterBercksichtigung der von Motzkus [39] untersuchten

    Bild 13. Abhngigkeiten des Fliekanalffnungswinkelsund der Lastfaktoren und von dem Fliekanalradius G = rc/r und dem Verhltnis = /taniFig. 13. Influence of flow channel radius G = rc/r andfriction ratio = /tani for the eccentric flow channel wall contact angle and the pressure multiplier factors und

    Bild 14. Vergleich der Beanspruchung einer Belastung mitexzentrischem Fliekanal nach [22] und Teilflchenlast be-aufschlagte Siloschale mit frei verformbarem oberen Rand(Stahlbetonsilo hc/dc = 24/16; Schttgut Gerste); Lastanst-ze entsprechend DIN 1055-6:2005-03, aber mit G = 0,2Fig. 14. Comparison of deformation pattern of silo shell loaded by eccentric discharge flow channel pressuredistribution and patch load pattern with nonfixed upperboundary of shell (concrete silo hc/dc=24/16; bulk material:barley); load pressure according to DIN 1055-6:2005-03 butwith G = 0,2

    Bild 15. Vergleich der Momentenbeanspruchungen in Um-fangrichtung aus Teilflchenlast und Berechnung mit exzen-trischem Fliekanal fr einen Silo ohne obere Randverstr-kung (Stahlbetonsilo hc/dc = 38/7; Schttgut Gerste); Last-anstze entsprechend DIN 1055-6:2005-03 mit einem derTeilflchenlast entsprechenden Fliekanalradius rc/r = 0,2Fig. 15. Comparison of circumferential moment distribu-tions in case of silo shell loaded by eccentric discharge flow channel pressure distribution and patch load patternwith non-fixed upper boundary of shell (concrete silo hc/dc= 38/7; bulk material: barley); load pressure according toDIN 1055-6:2005-03 but with G = 0,2

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    mageblichen empirischen Phnomene abgeleitet. Siestellen eine geschlossene Lsung der Zustandsgleichun-gen im Trichter unter Bewahrung des Gleichgewichtesdar. Die Basisgleichung zur Bestimmung der Vertikalla-sten im Trichter lautet:

    Die Variable x bezeichnet den Abstand von der gedachtenTrichterspitze und hh die Trichterhhe. Der erste Teil derGleichung resultiert aus dem im Trichter gelagertenSchttgut, der zweite Teil bercksichtigt eine eventuelleberschttung pvft.

    Die senkrecht auf die Trichterwnde anzusetzendenLasten errechnen sich aus pn = F pv. Der Parameter F be-schreibt die sich in Abhngigkeit vom Trichterneigungs-winkel und den Schttgutkennwerten an der Trichter-wand einstellenden Spannungsverhltnisse (Bild 17).

    Es ist zwischen steilen und flachen Trichtern zu un-terscheiden. Das Grenzkriterium ist ber die Bedingung

    tan < definiert, wobei den Trichterneigungs-winkel bezogen auf die Vertikale darstellt. Ist diese Bedin-gung erfllt, liegt ein steiler Trichter mit Gleiten an der

    ( )12 K

    h

    Die Bestimmungsgleichungen fr die Trichterlastenbercksichtigen die unterschiedlichen Grenzspannungs-

    beziehungen an den Trichterwnden bei unterschied-lichen Fliearten und in Abhngigkeit von dem Trichter-

    neigungswinkel und den Schttgutkennwerten.

    ph

    nx

    hx

    hvh

    h h

    n

    =

    1 +

    p

    xhvft h

    n

    .

    Trichterwand, ansonsten ein flacher Trichter mit Glei-ten innerhalb des Schttgutes vor (Bild 18).

    In steilen Trichtern, bei denen sich beim EntleerenMassenflu im Trichter einstellt, wird zustzlich zwischendem Lastfall Fllen und Entleeren unterschieden. DieLastspitze am bergang vom Siloschaft zum Trichter (in[2] als Switch bezeichnet) ist bereits als Ergebnis ausden Zustandsgleichungen enthalten und mu nicht als zu-stzlicher Lastfall wie in den Anstzen der alten DIN1055-6:1987-05 angesetzt werden. Bei flachen Trichternbildet sich beim Entleeren ein Schlotflu innerhalb desTrichters entsprechend DIN 1055-6:2005-03, Bild 2b und

    Bild 16. Anhand Entleerungsberechnungen numerischermitteltes Spannungsfeld im Schttgut und zugehrigeTrichterwandlasten im Vergleich zu dem Lastansatz vonDIN 1055-6:1987-05 ([11])Fig. 16. Numerically calculated stress field inside dischar-ged silo hopper and pressure profile at hopper wall forfilling and discharge compared with loads according to DIN 1055-6:1987-05 ([11])

    Bild 17. Parameter zur Berechnung der Trichterlasten nachDIN 1055-6:2005-03Fig. 17. Parameters for calculating the hopper loads accor-ding to DIN 1055-6:2005-03 depending on different load ca-ses and steepness of hopper wall

    Bild 18. Grenze zwischen steilem und flachem Trichter inAbhngigkeit vom Trichterneigungswinkel , Wandreibungs-koeffizient h und Horizontallastverhltnis KFig. 18. The boundary between steep and shallow hopperswith influence of hopper inclination angle measured fromthe vertical , hopper wall friction coefficient h and lateralpressure ratio K

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    Bild 2c aus, der die Lasten auf die Trichterwnde nur un-wesentlich beeinflut.

    Bild 19 zeigt fr einen steilen Trichter ohne ber-schttung einen Vergleich der Lasten nach den Gleichun-gen der alten und neuen DIN 1055-6 mit experimentellbestimmten Silowandlasten. Man erkennt, da die Anst-ze der neuen DIN 1055 die gemessenen Lastverteilungensehr gut wiedergeben.

    9 Sonderlastflle Erdbeben und Staubexplosion

    In den Anhngen H und I werden zwei Lastsituationenbeschrieben, die zwar keine reinen Lastflle aus dem ge-speicherten Schttgut sind, von diesem aber wesentlichgekennzeichnet werden. Die Rede ist hier von Lasten in-folge Erdbeben und infolge Staubexplosion.

    Zur Staubexplosion werden allgemeine Angaben undHinweise gegeben. Es wird auf den DIN-Fachbericht 140[40] verwiesen, in dem Bemessungshilfen zur Abscht-zung des Bemessungsdruckes und der zugehrigen erfor-derlichen Entlastungsflchen und der Rckhaltekrfte frdie Entlastungskonstruktionen angegeben werden ([41]).

    Zur Bemessung fr den Lastfall Erdbeben werdeneinfache Lastanstze gegeben. Diese Bemessungsregelnergnzen die allgemeinen Regeln der DIN 4149 zur Be-rechnung von Konstruktionen unter seismischen Einwir-kungen. Die Lastanstze sind als Lasten im Sinne des Er-satzlastverfahrens zu sehen. Es werden ausschlielich diehorizontalen Erdbebenbeschleunigungen bercksichtigt.Vergleichende Untersuchungen mit Hilfe von numeri-schen Simulationen zum Teil nach den speziellen Regelnder europischen Vornorm prENV 1998-4 [44], [43] undunter Zugrundelegung der elastischen Bemessungsant-wortspektren zeigen [42], da das Ersatzlastverfahren beischlanken Silozellen relativ gute bereinstimmung mitden numerischen Berechnungen liefert. Bei niedrigen Si-los liegt dagegen das Ersatzlastverfahren zum Teil extremauf der sicheren Seite. Erklrt wird dies dadurch, da bei

    gedrungen Silos, ein groer Teil der Horizontallasten ausder Beschleunigung des Schttgutes direkt ber Reibungin den Baugrund abgetragen wird und die in dem Ersatz-lastverfahren angesetzte horizontale Beschleunigung un-abhngig von der Siloschlankheit definiert ist [43].

    In der Bundesrepublik Deutschland ist der LastfallErdbeben selten die magebende Lastsituation. Aufwendi-ge numerische Betrachtungen scheinen nach derzeitigemErkenntnisstand deshalb nicht gerechtfertigt. Mit den La-sten des Ersatzlastverfahrens soll der Lastfall Erdbebenzumindest bei der Bemessung bercksichtigt werden. DieLastanstze in [1] knnen dazu verwendet werden, bis ananderer Stelle genauere Angaben gemacht werden. Erstejedoch unwesentlich genauere Anstze hierzu, die den An-stzen in [1] hnlich sind, sind im prEN 1998-4 [44] zufinden.

    10 Fazit

    Mit Vorliegen des Weidruckes der neuen DIN 1055-6:2005-03 wird die bis jetzt gltige Version aus dem Jahr1987 abgelst, die bereits auf ein international anerkann-tes Niveau der Lasten in Silozellen fhrte. Dieses Last-niveau wird mit der Einfhrung der neuen DIN 1055-6:2005 in den wesentlichen Anwendungen beibehalten. Derphysikalischen Bedeutung der die Silolasten bestimmen-den Schttgutkennwerte sowie der Bercksichtigungderen Streuung wurde erstmals gebhrende Beachtunggeschenkt. Wesentliche nderungen sind in den Last-anstzen fr die ungleichfrmigen Lasten bei dnnwandi-gen Silos und fr Silos mit kleinen Schlankheiten vonhc/dc < 2 sowie bei den Lasten auf Auslauftrichter zu ver-zeichnen. Diese nderungen fhren zu adquateren Last-anstzen, aber insgesamt nicht auf ein wesentlich anderesSicherheitsniveau. Neue Lastanstze wurden fr die Ent-leerung mit groen Exzentrizitten eingefhrt, um Si-loschden, die auch in der jngsten Vergangenheit aufge-treten sind, gebhrend Rechnung zu tragen und diese inZukunft zu vermeiden. In den Anhngen werden zudemHilfen fr die Bercksichtigung der Lastsituationen infol-ge von Erdbeben und Staubexplosionen gegeben.

    Literatur

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    Bild 19. Vergleich der Trichterlasten aus Messungen mit den Lastanstzen nach DIN 1055-6:2005-03 und DIN 1055-6:1987-05 fr einen steilen TrichterFig. 19. Measured hopper loads compared with hopperload pattern according to DIN 1055-6:2005-03 and DIN 1055-6:1987-05 in case of a steep hopper

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    Ingenieure im Bauwesen GbR(ehem. Prof. Eibl + Partner GbR)Stephanienstrae 10276133 Karlsruhe

    Dr.-Ing. Franz-Hermann [email protected]

    Dr.-Ing. Cornelius [email protected]