skript zur vorlesung allgemeine chemie i - eth...
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Skript zur VorlesungAllgemeine Chemie I
Prof. R. Nesper
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INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis
1 Woraus besteht die Welt? 1
2 Was ist Chemie 42.1 Die chemische Reaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1.1 Formel und Struktur von Verbindungen . . . . . . . . . 62.1.2 Die Chemische Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 72.1.3 Arten von chemischen Reaktionen . . . . . . . . . . . . 92.1.4 Berechnung der Konzentrationen aller Spezies in Losung 192.1.5 Konzentrationseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3 Sauren und Basen 213.1 Die Theorien von Arrhenius, Bronsted und Lewis . . . . . . . 223.2 Protolysengleichgewicht im Wasser und pH-Wert . . . . . . . . 26
3.2.1 Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273.3 Schwache Sauren und Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.3.1 Trends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.3.2 Aciditatsregeln nach Pauling . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vom pH-Wert . . 373.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen . . . . . . . . 42
3.5.1 Logarithmische pH-Diagramme . . . . . . . . . . . . . 443.5.2 Losungen starker Sauren HA bzw. Basen MOH . . . . 463.5.3 Losungen schwacher Sauren bzw. Basen . . . . . . . . . 493.5.4 Praktische Beispiele zur Berechnung des pH-Wertes . . 533.5.5 Schwache Saure und schwache Base . . . . . . . . . . . 573.5.6 Zweiprotonige Sauren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.5.7 Titrationskurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603.5.8 Titrationskurven und logarithmische pH-Diagramme . 62
4 Redoxreaktionen 674.1 Die Oxidationszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684.2 Grundsatzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724.3 Ausgleichen von Redoxreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 754.4 Galvanische Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794.5 Die Standardwasserstoffelektrode . . . . . . . . . . . . . . . . 854.6 Anwendung der Nernstschen Gleichung . . . . . . . . . . . . . 864.7 Faradaysches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
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INHALTSVERZEICHNIS
4.8 Einige Beispielaufgaben zu Standardreduktionspotenzialen . . 884.8.1 Die EMK der Kette Zn-Cu . . . . . . . . . . . . . . . . 884.8.2 Berechnng von Gleichgewichtskonzentrationen . . . . . 88
4.8.3 Titration einer+2
Fe −Losung mit+4
Ce −Losung . . . . . 894.9 Konzentrationsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914.10 Elektroden zweiter Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 934.11 Elektroden fur EMK-Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 944.12 Potenzialdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954.13 Gleichgewichtslage bei Redoxprozessen . . . . . . . . . . . . . 974.14 pH-E-Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
5 Komplexverbindungen 995.1 Aufbau und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995.2 Gleichgewichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015.3 Liganden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.4 Nomenklatur von Komplexverbindungen . . . . . . . . . . . . 1105.5 Zusammensetzung und Struktur von Komplexen . . . . . . . . 1115.6 Isomerie von Komplexen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
5.6.1 Konformationsisomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1155.6.2 Ionen– bzw. Ionisationsisomerie . . . . . . . . . . . . . 1185.6.3 Koordinationsisomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1195.6.4 Bindungsisomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
5.7 Praparative Arbeiten mit robusten Komplexen . . . . . . . . . 1195.8 Bestimmung der Stabilitatskonstanten . . . . . . . . . . . . . 1205.9 Komplexometrische Titration . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1245.10 Beeinflussung des Standardreduktionspotenzials . . . . . . . . 1265.11 Doppelsalze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
6 Fallungsreaktionen 1296.1 Loslichkeitsprodukt und Loslichkeit von Festkorpern . . . . . . 1296.2 Berechnung der Loslichkeit von AgCls in NH3-Losungen . . . . 1336.3 Standardreduktionspotenziale von Losungen mit Feststoffen . 1366.4 Leitfahigkeitsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
6.4.1 Konduktometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1396.5 Gravimetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
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ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
1 Entartete Energiezustande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Edelgaskonfiguration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Bindung im Ethen, C2H4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Elektronendichte bei der Ionenbindung. . . . . . . . . . . . . . 125 Das Iodwasserstoff-Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Dynamisches Gleichgewicht von Iodwasserstoff . . . . . . . . . 177 Aciditat wassriger Losungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 pKs-Bereiche fur verschiedene Losungsmittel . . . . . . . . . . 379 Pufferkurve einer einprotonigen Saure mit pKS = 5 . . . . . . 3810 HA0/pH-Abhangigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4311 Logarithmisches pH-Diagramm der Benzoesaure . . . . . . . . 4412 Logarithmisches pH-Diagram 0,000001 M . . . . . . . . . . . . 5013 Logarithmisches pH-Diagramm 0,0001 M . . . . . . . . . . . 5114 Logarithmisches pH-Diagramm einer Saure . . . . . . . . . . . 5215 Logarithmisches pH-Diagramm einer Losung . . . . . . . . . . 5716 Logarithmisches pH-Diagramm der selenigen Saure (0.1M) . . 5917 Titration von starken und schwachen Sauren . . . . . . . . . . 6118 Titrationskurven und logarithmische pH-Diagramme I . . . . . 6319 Titrationskurven und logarithmische pH-Diagramme II . . . . 6320 Titrationskurven und logarithmische pH-Diagramme III . . . . 6421 Titrationskurven und logarithmische pH-Diagramme IV . . . . 6522 Oxidationszahlen von Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . 6923 Potenzialdiagramm verschieden edler Metalle . . . . . . . . . . 7524 Schema einer Redoxreaktion und einer galvanischen Zelle . . . 7925 Die Standardwasserstoffelektrode . . . . . . . . . . . . . . . . 8226 Schematischer Aufbau einer Wasserstoffelektrode . . . . . . . 8527 Konzentrationskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9228 Mehrzahnige Liganden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10629 Makrozahnige Liganden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10730 Kationische Komplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11031 Anionische Komplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11132 Komplexe mit einzahnigen Liganden . . . . . . . . . . . . . . 11433 Beispiele fur Chelatkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11534 cis-trans Isomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11635 Facial- und Meridionalisomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11636 Spiegelisomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
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TABELLENVERZEICHNIS
37 Optische Isomerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11738 Drehung der Polarisationsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . 11839 Beispiele fur die Bindungsisomerie . . . . . . . . . . . . . . . . 11940 Titrationskurve von HF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12141 Titrationskurve von Glycin und mit Cu . . . . . . . . . . . . . 12242 Titrationskurve von Glycin und mit Ni . . . . . . . . . . . . . 12343 Einzelgleichgewichte von Cyanidionenkomplexen . . . . . . . . 124
Tabellenverzeichnis
1 Anhydride, ihre Sauren, Basen und Wertigkeit . . . . . . . . . 232 Umschlagintervalle einiger Saure–Base–Indikatoren . . . . . . 293 Gleichgewichtskonstanten fur die Protonenabspaltung . . . . . 314 Selbstprotonierung von Supersauren . . . . . . . . . . . . . . . 345 pKs-Werte von Sauren in Wasser und flussigem Ammoniak . . 366 Redoxreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 Standardreduktionspotenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 848 Komplexbildungskonstanten einiger Komplexe in Wasser . . . 1029 Einige gebrauchliche Liganden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10810 Strukturformeln einiger komplizierterer Liganden . . . . . . . 10911 Beispiele fur die Bezeichnung von Liganden . . . . . . . . . . . 11012 Raumliche Anordnung der Liganden . . . . . . . . . . . . . . . 11313 Loslichkeitsprodukte einiger schwerloslicher Salze . . . . . . . 13114 Gleichgewichtskonzentrationen in verd. NH3 (M) . . . . . . . 13515 Aquivalentleitfahigkeiten (Scm2mol−1) in H2O bei 25oC . . . 13816 Ionengrenzleitfahigkeiten (Scm2mol−1) in H2O bei 25oC . . . 13817 Beispiele molarer Grenzleitfahigkeitswerte . . . . . . . . . . . 139
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• Literatur
– D.W.Oxtoby, N.H. Nachtrieb, Principles of Modern Chemistry,Saunders College Publishing, San Diego, 1996
– E. Riedel, Anorganische Chemie,W. de Gruyter, Berlin 1994
• Weiterfuhrende Literatur
– Hollemann-Wiberg, Lehrbuch der Anorganischen Chemie,de Gruyter 1995
• Experimente auf dem WEBIm Text werden Links zu relevanten Experimenten gemacht.
1 Woraus besteht die Welt?
Diese Frage wurde von den griechischen Naturphilosophen (Thales, Anaxi-mander, Anaximenes, Parmenides und Heraklit) eingehend untersucht. Sievermuteten einen universellen Urstoff hinter allen Veranderungen in derNatur.
Empedokles (494-434 v.Chr.) begrundete die Vorstellung von den vier Ur-stoffen Erde, Feuer, Luft und Wasser. Ausserdem unterschied er zwischenStoff und Kraft. Nach heutiger naturwissenschaftlicher Sicht gibt es Grund-stoffe (Physik: sechs Quarks(?), Chemie: ca.108 Elemente).
Demokrit (460-370 v.Chr.) schliesslich stellte die These von kleinsten, un-sichtbaren und unteilbaren Teilchen auf, die er Atome nannte. Diese seien inallen Stoffen in verschiedenen Kombinationen enthalten.
Durch genaue Naturbeobachtungen und klares logisches Denken haben diegriechischen Philosophen eine erstaunlich gute Vorstellung von den Stoffenunserer Welt erlangt, die erst etwa 2300 Jahre spater als grundsatzlich richtigbestatigt werden konnte (Rutherford – Ruckstreuung von α–Teilchen, 1911;von Laue – Rontgenbeugung, 1911).
1
Die buddhistischen Philosophen haben vor etwa 2000 Jahren die Vorstellungeiner kleinsten Zeiteinheit (Darma), also einer Art Quantelung der Zeit, ent-wickelt.
Die Quantelung von Energiezustanden wurde von Planck (1901) begrundetund von Bohr (1913) zur Erklarung der verschiedenen Atome und ihrer Ei-genschaften benutzt.
Wasserelektrolyse, Flammenfarbungen
s
n = 6
n = 5
n = 4
p
n = 1
n = 2
n = 3
fd
Abbildung 1: Schematische Darstellung entarteter Energiezustande der Elek-tronen im Wassterstoffatom (“Schalenmodell”)
Im Jahre 1805 stellte Dalton folgende Postulate auf:
1. Materie besteht aus Atomen.
2. Atome sind weder erzeugbar noch zerstorbar.
3. Alle Atome eines Elementes sind gleich, sie sind verschieden von denenanderer Elemente.
4. Chemische Verbindungen werden gebildet zwischen ganzzahligen Men-gen in definierten Zahlenverhaltnissen.
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Das zweite Postulat gilt im Rahmen chemischer Energieumsetzungen, nichtaber fur Kernreaktionen (-Kernphysik).
Postulat 4 wird als Regel von den konstanten Massenverhaltnissenbezeichnet. Heute weiss man, dass nicht die Massen sondern die relativenAtomzahlen (Molzahlen) in vielen Verbindungen konstant sind. Solche Ver-bindungen werden als Daltonide bezeichnet (H2O, CH4, KIO4, etc.).
Es gab aber von verschiedener Seite Zweifel daran, dass Postulat 4 fur allechemischen Verbindungen gilt, was zu einem lebenslanglichen Streit zwischenDalton und Berthollet fuhrte.
Heute weiss man, dass auch auf der Basis von Molzahlen in vielen Verbindun-gen keine konstanten Molverhaltnisse auftreten. Solche Verbindungen wurdenals Berthollide bezeichnet.
Man spricht hierbei von Phasenbreiten, die haufiger bei Verbindungen zwi-schen Metallen (Legierungen) auftreten.
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2 Was ist Chemie
Die Chemie befasst sich mit den Wechselwirkungen, chemisch ausgedruckt,den Reaktionen von Atomen. Chemische Reaktionen liefern Energieumsatze,die nicht zu Kernprozessen, also z.B. zu Elementumwandlungen, fuhren konnen.
Wesentlich fur chemische Umsetzungen sind die folgenden Gesetze:
• Lavoisier, Ende des 18. Jahrhunderts:
Gesetz von der Erhaltung der Masse:
∑m
(Edukte) =∑m
(Produkte)
• Dalton und Berzelius:
Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen:
Jede Verbindung definierte Verbindung (Phase) enthalt die zugehori-gen Elemente in immer ein und demselben Verhaltnis. KonstanteProportionen:
H2O (Sudpol) = H2O (Zurichsee) = H2O (Mars)
Multiple Proportionen:
ABx, ABy, ABz x : y : z = Verhaltnis ganzer Zahlen
z.B. H2O, H2O2; N2O, NO, N2O3, NO2, N2O5.
• Gay-Lussac, A. v. Humboldt:
Volumengesetz
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Die Molvolumina verschiedener Gase sind gleich, d.h. nur durch dieTeilchenzahl und nicht durch die Masse bestimmt.
Volumina miteinander reagierender Gase verhalten sich zueinander wieeinfache ganze Zahlen.
• Avogadro, Loschmidt:
Gleiche Volumina enthalten gleiche Teilchenzahlen
NA(= NL) = 6.022 · 1023 Teilchen ·mol−1
Alle Elemente mit Ausnahme von Wasserstoff und Helium weisen mehrereElektronenschalen auf.
Jede dieser Hauptschalen kann nur bestimmte Zahlen von Elektronen auf-nehmen.Solche Hauptschalen sind noch einmal in Unterschalen energetisch aufge-gliedert, die wiederum nur ganz bestimmte Elektronenzahlen zulassen.
Die Unterschalen heissen, unabhangig von der Hauptschale, in der sie sichbefinden, s-, p-, d- und f-Schalen bzw. -Orbitale.
Jedes Element hat eine definierte Zahl von Kernladungen (Z) und dieselbeZahl von Elektronen. Damit sind seine isolierten Atome neutral (ungeladen).
Obwohl die Elektronen die Kernladung neutralisieren, konnen sie diese in derRegel nicht vollstandig abschirmen (Ausnahme: Edelgase).
Deshalb haben mit wenigen Ausnahmen nahezu alle Elemente das Bestrebenweitere Elektronen aufzunehmen - sogar die Alkalimetalle!
Elemente mit komplett gefullten Hauptschalen wie die Edelgase sind che-misch ausserst schwierig (Xe- bzw. Kr-Verbindungen) oder gar nicht oxida-tiv, d.h. unter Elektronenentzug, anzugreifen. Sie haben auch kein Bestreben
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2.1 Die chemische Reaktion
zusatzliche Elektronen aufzunehmen (Reduktion).
Im Normalfall reagieren Elemente untereinander, indem sie Elektronen aus-tauschen, und bilden damit chemische Verbindungen.
2.1 Die chemische Reaktion
Chemische Verbindungen werden in Form von chemischen Formeln darge-stellt.Chemische Reaktionen, also chemische Stoffumsetzungen, werden als Glei-chungen zwischen chemischen Verbindungen dargestellt.
2.1.1 Formel und Struktur von Verbindungen
Die Formel gibt die Summe der in einer Verbindung enthaltenen chemischenElemente an.
Dabei wird nach steigender Elektronegativitat sortiert.
Es gibt Falle, in denen eine Formel fur eine bestimmte Verbindung ange-geben wird, welche wenig mit der tatsachlichen Struktur zu tun hat. AlsBeispiel sei hier Borax genannt, dessen Formel Na2B4O7 · 10H2O oder besserNa2B4O7(H2O)10 nichts uber die Zusammensetzung des in dieser festen Ver-bindung vorliegenden Tetraboratanions [B4O6(OH)2]
2− aussagt.
Die Formel fur Borax sollte also besser Na2[B4O6(OH)2](H2O)9 lauten.
Die Formel AsO2F6 lasst vermuten, dass zehnwertiges Arsen vorliegt, wasunmoglich ist.
Eine gute Beschreibung fur diese Verbindung, in der das DioxygenylkationO +
2 vorliegt, ist [O2]+[AsF6]
−.
Die Mennige, Pb3O4, enthalt kein Blei in der Oxidationsstufe 83, sondern wird
besser als [PbO]2[PbO2] beschrieben.
Wichtige chemische Gruppierungen von Atomen (Molekule, Komplexe, Clu-ster bzw. spezielle Teilstrukturen) konnen separat geklammert werden.
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2.1 Die chemische Reaktion
2.1.2 Die Chemische Gleichung
Mit der chemischen (Reaktions-)Gleichung werden Ausgangsstoffe (Edukte)und Endstoffe (Produkte) quantitativ miteinander in Beziehung gesetzt:
Edukt A + Edukt B −→ Produkt C + Produkt D
Die Reaktion von Schwefelwasserstoff (H2S ) mit Schwefeldioxid (SO2) z.B.liefert Schwefel (S8, Kronenschwefel) und Wasser ( H2O):
2H2S + SO2 3
8S8 + 2H2O
16H2S + 8SO2 3S8 + 16H2O
Der Claus-Prozess
Die Molzahlen (Stochiometriezahlen) der beteiligten (Elemente und) Ver-bindungen mussen so gewahlt werden, dass jede Atomsorte gleichhaufig aufder linken und auf der rechten Seite der Gleichung auftritt.
Das gilt auch fur Ladungen, sodass deren Summen auf der linken und undder rechten Seite gleich sind.
4K+ + Cr2O2−7 + H2O 4K+ + 2CrO2−
4 + 2H+.
Die meisten Reaktionen konnen in Halb- oder Teilgleichungen aufgespaltenwerden, wie
Cr2O2−7 + H2O 2CrO2−
4 + 2H+,
die einen oder mehrere wesentliche Aspekte der Gesamtreaktion beschreiben.
Das Chromat – Dichromat-Gleichgewicht
Die Teilreaktion Cu+Ag+ −→ Cu2+ +Ag der Silberbaum- Reaktion mussvollstandig lauten:
Cu + 2Ag+ −→ Cu2+ + 2Ag (1)
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2.1 Die chemische Reaktion
oderCu + 2AgNO3 −→ Cu(NO3)2 + 2Ag.
Silber- und Bleibaum
Man spaltet z.B. in Teilreaktionen auf, um den Erhalt von Atomen undLadungen leichter uberprufen zu konnen.
16 S2− + 8 S4+ 3 S8
32 H+ + 16 O2− 16 H2O
16 H2S + 8 SO2 3 S8 + 16 H2O
Ausserdem konnen quasi unabhangig zu betrachtende Prozesse, wie z.B.Elektrodenreaktionen separat formuliert werden.
Die Teilreaktionen konnen addiert werden.
Treten keine Ladungen auf, so spricht man von Stoffgleichungen, sonstvon Ionengleichungen. In letzteren werden nur die reagierenden Speziesaufgefuhrt.
In derselben Weise konnen die im nachsten Kapitel angefuhrten Reaktionenin Ionengleichungen umgeschrieben werden:
NH3(aq) + H+(aq) −→ NH+4 (aq)
Ni2+(aq) + 6NH3(aq) −→ [Ni(NH3)6]2+aq
Ni2+(aq) + EDTA4−(aq) −→ [NiEDTA]2−aq
5Fe2+(aq) + MnO−4 (aq) + 8H+(aq) −→5Fe3+(aq) + Mn2+(aq) + 4H2O
HgCl2 + Hg(l) −→ Hg2Cl2(s)
Cu2+(aq) + S2−(aq) −→ CuS(s) ↓
Ag+(aq) + Cl−(aq) −→ AgCl(s) ↓
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2.1 Die chemische Reaktion
Das Ausfallen einer festen Phase wird gewohnlich durch Einfuhrung von (s)fur solidus gekennzeichnet.
Dem Chemiker stehen somit bei der Diskussion von Reaktionen mehrereSchreibweisen fur ein und dieselbe Reaktionsgleichung zur Verfugung.
Die Neutralisation von Salzsaure mit Natronlauge in wassriger Losung z.B.kann man wie folgt formulieren:
H+ + OH− H2O.
Andere Moglichkeiten sind:
H3O+ + OH− 2H2O
H+(aq) + OH−(aq) H2O
Welche Notation man wahlt, wird davon abhangen, welchen Teilaspekt derReaktion man naher herausheben mochte.
Durch die Schreibweise H3O+ wird betont, dass das Wasserstoffion in Was-
ser hydratisiert vorliegt. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass alleTeilchen in wassriger Losung hydratisiert vorliegen, womit die dritte Formu-lierung die eigentlich sinnvollste ist.
In allen drei Gleichungen wurden die Natrium- und die Chloridionen wegge-lassen, weil diese durch die Reaktion nicht betroffen sind.
2.1.3 Arten von chemischen Reaktionen
Man unterscheidet zwei Grenzfalle:
1. Atom A zieht weniger stark Elektronen an als B, dann findet ein Elek-tronenubertrag von A nach B statt.
2. Atom A ist von derselben Sorte wie Atom B, dann teilen sich die zweiAtome einige ihrer Elektronen.
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2.1 Die chemische Reaktion
Man kann dies wie in den Abbildungen 2 veranschaulichen.Beispiele:
Neonkonfiguration Neonkonfiguration
Heliumkonfiguration
H: O: :
Argonkonfiguration
HH ::: N|
Heliumkonfiguration
H |Cl |NCl |:
Abbildung 2: Durch die gemeinsame Nutzung von Elektronen erreichen alle Atomeeines Molekuls eine Edelgaskonfiguration
Dabei wird klar, dass es zwischen den Grenzfallen eines kompletten Ubertragsvon Valenzelektronen zwischen den ausseren Schalen der Atome A und B,namlich dem ideal ionischen Fall,
A + B Am+Bm−
z.B. bei
Na +1
2Cl2 Na+Cl− (m = 1)
eine grosse Zahl von intermediaren Fallen geben kann, bei denen ein unvoll-standiger Ladungsubertrag δ stattfindet:
A + B Aδ+Bδ− (δ ≤ m)
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2.1 Die chemische Reaktion
Abbildung 3: Bindung im Ethen, C2H4.a) Lewisformel.b) Valenzelektronenkonfiguration des angeregten C-Atoms. Drei Valenzelektronenbilden sp2-Hybridorbitale.c) Jedes C-Atom bildet mit seinen drei sp2-Hybridorbitalen drei σ-Bindungen.d) Die p-Orbitale, die senkrecht zur Molekulebene stehen, bilden eine π-Bindung.
Die wahren Ladungen, man spricht von effektiven Ladungen, in NaCl sindetwa bei δ=0.75. Also liegen Na0.75+ und Cl0.75−–Ionen vor.
Ein positiv geladenes Naδ+ -Ion kann also genauso stark Elektronen anziehenwie ein negativ geladenes Clδ−–Ion, namlich wenn δ = 0.75 ist.
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2.1 Die chemische Reaktion
Na+Cl−
Elektronen-
Ionenradius Na+
Ionenradius Cl−
a)
dichte
Abbildung 4: (a) Schematischer Verlauf der Elektronendichte bei der Ionen-bindung. Die Na+ - und Cl− -Ionen im NaCl-Gitter beruhren sich, die Elek-tronenhullen durchdringen sich nicht. Die Elektronendichtesinkt daher an derBeruhrungsstelle der Ionen auf annahernd null.(b) Rontgenographisch bestimmte Elektronendichten in einem NaCl-Kristall.Die Linien verbinden Stellen gleicher Elektronendichte (die Zahlen bedeutenElektronen/10−30m3). Sie nimmt mit der Entfernung vom Atomkern rasch ab. Aufder Verbindungslinie zwischen Na+ - und Cl− -Ionen nimmt sie auf nahezu null ab.Integriert man die Elektronendichte in den dadurch abgegrenzten kugelformigenIonenvolumina, erhalt man fur Na+ 10,05, fur Cl− 17,70 Elektronen. dies beweistden Aufbau des Gitters aus Ionen. Die fehlenden 0,25 Elektronen befinden sich inZwischenraumen ausserhalb der Kugeln.
Verbindungen, bei denen der Ladungsubertrag relativ gross ist, werden nachdem Konzept der formalen Ladungen behandelt.
Man nennt sie Ionenverbindungen.
Es gibt keine Verbindung mit vollstandigem effektiven Ladungsubertrag. Dervollstandige Ladungsubertrag ist ein formales Konzept (formale Ladungen),
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2.1 Die chemische Reaktion
das sich aber als uberaus erfolgreich erwiesen hat.
Dieser Erfolg ist nicht zufallig, sondern er kann heute auf quantenmechani-scher Basis erklart werden.
Verbindungen, bei denen der effektive Ladungsubertrag relativ klein ist,werden als kovalente Verbindungen bezeichnet, auch wenn der effektive La-dungsubertrag nicht gleich null ist. Man spricht im letzteren Fall von pola-risierten kovalenten Bindungen.
Obwohl es also keine wirkliche Grenze zwischen kovalenten und ionischen Ver-bindungen gibt, hat sich die Einteilung als sehr wirksames Klassifikations-und Arbeitskonzept bewahrt.
Um die Vielfalt der moglichen chemischen Reaktionen uberblicken zu konnen,teilt man diese in Gruppen ein. Man unterscheidet dabei zwischen folgendenReaktionstypen:
• Saure–Base–Reaktionen
HCl + NaOH H2O + NaCl
HCl + NH3 NH4Cl
Darstellung von Ammoniumchlorid
• Komplexbildungsreaktionen
NiCl2 + 6NH3 [Ni(NH3)6]Cl2
NiCl2 + Na4EDTA Na2[NiEDTA] + 2NaCl
13
2.1 Die chemische Reaktion
Nickelkomplexe
• Redoxreaktionen
5FeSO4 + KMnO4 + 4H2SO4
MnSO4 + 52Fe2(SO4)3 + 4H2O + 1
2K2SO4
HgCl2 + Hg(l) Hg2Cl2
Redoxreaktionen von Kaliumpermanganat
• Fallungsreaktionen
CuCl2 + H2S CuS(s) + 2HCl
AgNO3 + NaCl AgCl(s) + NaNO3
Sulfid und Silberniederschlage
Wenn die Reaktion der zwei Ausgangsstoffe (Edukte) A und B unter sehrgrossem Energiegewinn ∆G stattfindet, z.B.
H2 +1
2O2 −→ H2O,
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2.1 Die chemische Reaktion
dann kann sie unter denselben Bedingungen nicht umgekehrt werden, wasman durch die Richtung des Reaktionspfeiles angibt.
Reaktionen, die spontan bei gegebenem Druck und gegebener Temperaturin die gewunschte Richtung ablaufen konnen, zeigen eine negative Reakti-onsenergie ∆G < 0 und werden als exergonisch bezeichnet.
Solche, fur die das Umgekehrte gilt, werden als endergonisch bezeichnet(∆G > 0).
Obwohl bei 600C eine Boltzmannverteilung von heisseren und kalteren H2O–Molekulen vorliegt, ist die Chance, dass eines davon so heiss wird, dass eswieder dissoziiert
H2O −→ H2 +1
2O2
ausserst gering.
Bei 2000C hingegen treten beide Reaktionsarten mit recht grosser Haufig-keit bzw. Wahrscheinlichkeit auf - es entsteht ein dynamisches Gleichgewichtzwischen den Teilreaktionen, was durch einen Doppelpfeil angegeben wird:
H2 +1
2O2 H2O
Allgemein bezeichnet man diese Situation als chemisches Gleichgewicht
A + B AB
oder wenn man mit A und B keine Elemente sondern Molekule aus mehrerenAtomen bezeichnet:
Edukte (Verbindungen) Produkte (Verbindungen)
A + B C + D
Die Lage des Gleichgewichtes hangt also von der Temperatur, aber auch vomDruck ab.
15
2.1 Die chemische Reaktion
Theoretisch ist jede chemische Reaktion (Hinreaktion) umkehrbar (Ruckre-aktion).
Man bezeichnet dies als Prinzip der mikroskopischen Reversibilitat.
Sinnvollerweise wird dies jedoch nur dann berucksichtigt, wenn beide Teilre-aktionen mit genugend grosser Haufigkeit auftreten.Das dynamische Gleichgewicht von zwei chemischen Reaktionen fuhrt zu kei-nem Nettostoffumsatz, und es wird deshalb keine Reaktionsenergie gebildet.
Pro Zeiteinheit
H2 + I2 ←− 2 HI
Ruckreaktion (Zerfallsreaktion)
Gleichgewicht
zerfallene
H2 + I2 2 HI
HI-Molekule
H2 + I2 −→ 2 HI
HI - Molekule
Zeit
Hinreaktion (Bildungsreaktion)gebildetePro Zeiteinheit
Abbildung 5: Bei der Reaktion von H2 mit I2 zu HI werden nicht nur HI-Molekulegebildet, sondern gleichzeitig zerfallen auch gebildete HI-Molekule wieder. Vor er-reichen des Gleichgewichtszustandes bilden sich pro Zeitintervall aber mehr HI-Molekule als zerfallen, die Bildungsreaktion ist schneller als die Zerfallsreaktion. ImGleichgewichtszustand ist die Anzahl sich bildender und zerfallender HI-Molekulegleich gross geworden.
16
2.1 Die chemische Reaktion
0
HI
H2 + I2 ←− 2 HI
HI
Zeit
HI
0
2
Zeit
0,228 Mol H2
490C
Gleichgewicht
H2, I2 H2· I2H2· I2
490C
1 1
2
Zeit
MolMol
1 Mol H2
1 Mol I22 Mol HI
1,544 Mol HI
0,228 Mol I2
Bildung von HI Zerfall von HI
H2 + I2 2 HIH2 + I2 −→ 2 HI
Abbildung 6: Gleichgewichtskonzentration im dynamischen Gleichgewicht der Bil-dung und des Zerfalls von Iodwasserstoff.
Fur alle chemischen Gleichgewichte gilt ∆G = 0.
Das Iod – Wasserstoff-Gleichgewicht
Werden bei einer ungestorten Reaktion die Edukte scheinbar komplett ver-braucht, so ist kein nennenswertes Gleichgewicht vorhanden.
Die Konzentrationen von Edukten ([A], [B]) und Produkten ([C], [D]) konnenalso dafur benutzt werden, den Grad des chemischen Gleichgewichtes zu de-finieren:
[C] · [D]
[A] · [B]= K
Diese Gleichung wird als Massenwirkungsgesetz bezeichnet und wurdeerstmals von dem norwegischen Mathematiker C. M. Guldberg und dem nor-wegischen Chemiker P. Waage im Jahre 1867 aufgestellt.
Man sieht leicht ein, dass die Lage des chemischen Gleichgewichtes und da-mit die Grosse von K von der Temperatur abhangt (s. Gl. 2 auf Seite 18 ).
17
2.1 Die chemische Reaktion
Die Gleichgewichtskonstante K hat fur gegebenen Druck und gegebene Tem-peratur fur jede Reaktion, allgemein
aA + bB + cC + . . . lL + mM + . . .
einen charakteristischen Wert
[L]l · [M ]m · . . .[A]a · [B]b · [C]c . . .
= Kc =Πi[Produkt]ei
Πj[Edukt]ej
Fur jede Reaktion besteht also ein Konzentrationsverhaltnis, das bei un-veranderten Zustandsvariablen Druck und Temperatur unabhangig ist vonEinzelkonzentrationen.
Der Index c steht fur Konzentration.
Werden Drucke (p) in das Massenwirkungsgesetz als Konzentrationsangabeeingesetzt, so heisst die Konstante Kp.
Zwischen der freien Reaktionsenthalpie und der Massenwirkungskonstantenbesteht ein einfacher Zusammenhang:
∆G = −RT ln K (2)
Ausserdem hangen Druck und Konzentration bei Gasreaktionen wie folgtzusammen:
c =p
RT
und damitKp = Kc · (RT )(l+m+...)−(a+b+...)
Da die K-Werte sich uber viele Grossenordnungen erstrecken konnen, ver-wendet man haufig die sogenannten pK-Werte, die dem negativen Logarith-mus zur Basis 10 von K entsprechen.
pK = − lg K
Insgesamt hangt also jede chemische Reaktion ab von:
• den beteiligten Stoffen,
18
2.1 Die chemische Reaktion
• den Konzentrationen der beteiligten Stoffe,
• der Temperatur und
• dem Druck.
Ausserdem wirkt das Prinzip des kleinsten Zwanges nach Le Chatelierund Braun:
• Temperaturerhohung fordert endotherme Reaktion
• Temperaturerniedrigung fordert exotherme Reaktion
• Druckerhohung bewirkt Volumenabnahme
• Druckerniedrigung bewirkt Volumenzunahme
Das Gleichgewicht NO2 - N2O4
2.1.4 Berechnung der Konzentrationen aller Spezies in Losung
Angenommen eine Losung von Fe2+(aq) wird mit einer bekannten Mengeeiner KMnO4–Losung bei gegebenen pH-Wert versetzt.
Es konnen nun Fragen wie die folgenden gestellt werden:
• Ist die angegebene Reaktion spontan (d. h. verlauft sie freiwillig in diegewunschte Richtung)?
• Verlauft die Reaktion quantitativ?
• Kann sie z.B. als Grundlage fur die quantitative Bestimmung von Fe2+
verwendet werden?
• Wie gross sind die Gleichgewichtskonzentrationen vonMnO−4 , Mn2+, Fe2+ und Fe3+?
19
2.1 Die chemische Reaktion
Einfachshalber wird die Reaktionsgeschwindigkeit nicht berucksichtigt undangenommen, dass sich das System in chemischem Gleichgewicht befindet.
Zur Losung dieses Problems benotigen wir die Kenntnis der Gleichgewichts-konstanten folgender Reaktion:
MnO−4 (aq) + 8H+(aq) + 5Fe2+(aq)
Mn2+(aq) + 5Fe3+(aq) + 4H2O
K =[Fe3+]5[Mn2+]
[MnO −4 ][H+]8[Fe2+]5
Die Gleichgewichtskonstante lasst sich aus den Standardreduktionspo-tenzialen berechnen. Standardreduktionspotenziale sind tabellierte Werte,mit deren Hilfe entschieden werden kann, ob und unter welchen Bedingungeneine Redoxreaktion ablauft.
Ahnliche Fragestellungen findet man bei Saure–Base–, Komplexbildungs–und Fallungsreaktionen. Die benotigten Gleichgewichtskonstanten fur dieseReaktionen sind oft bekannt. Andernfalls konnen die oben erwahnten Stan-dardreduktionspotenziale entsprechenden Tabellen entnommen werden. Dasheisst, eine quantitative Berechnung ist fast immer moglich.
2.1.5 Konzentrationseinheiten
Bei der Angabe der Konzentrationen konnen verschiedene Einheiten verwen-det werden, welche bezogen auf wassrige Systeme nachfolgend eingefuhrtwerden:
• Massenprozente (Gramm Substanz pro 100 g Losung)
• Molaritat (Mol Substanz in 1 Liter Losung)
• Molalitat (Mol Substanz in 1 kg Losungsmittel)
• Molenbruch (Der Quotient der Stoffmenge in mol einer Komponenteund der Summe der Stoffmengen aller Komponenten eines Gemisches)
Loslichkeitsangaben werden oft auf 100 g Wasser bezogen. Dies ist ein Bei-spiel dafur, dass die Verwendung bestimmter Einheiten nicht selten von ihrerspeziellen Anwendung abhangt.
20
3 Sauren und Basen
Schon sehr fruh versuchte man, Ursache und Wirkung von Sauren und Basenzu erforschen.A. L. Lavoisier (1743 - 1794) hielt noch den Sauerstoff (Oxygenium =
Saurebildner) fur die Ursache der sauren Wirkung eines Stoffes, da beimAuflosen vieler Nichtmetalloxide (vgl. Tabelle 1 Saureanhydride) in Wassersaure Losungen (Sauren) entstehen.
Spater wiesen dann H. Davy (1779 - 1829) und vor allem J. Liebig (1803 -1873) dem durch Metalle ersetzbaren Wasserstoff die saurebildende Rolle zu.Unser heutiges Verstandnis der Saurewirkung in wassrigen Losungen geht
auf S. Arrhenius (1859 - 1927) zuruck, der die sauren Eigenschaften einerVerbindung nicht auf das Wasserstoffatom, sondern auf das Wasserstoffion(Proton, H+) zuruckfuhrte.Im folgenden seien einige Eigenschaften von Sauren und Basen zusammen-gefasst:
Sauren: – saurer Geschmack
– farben manche blauen Pflanzenfarbstoffe rot (Indikator)
– losen Marmor
– enthalten Sauerstoff (Lavoisier)
– enthalten Wasserstoff, der durch Metalle ersetzt werden kann (Lie-big)
Basen: – schmecken unangenehm scharf und seifig
– laugenartiges Gefuhl
– enthalten OH–Gruppen
– OH ist durch Saurereste ersetzbar
Sauren und Basen neutralisieren sich gegenseitig, wenn auch nicht notwen-digerweise komplett.
21
3.1 Die Theorien von Arrhenius, Bronsted und Lewis
3.1 Die Theorien von Arrhenius, Bronsted und Lewis
Arrhenius (1883):
• Sauren:Wasserstoffverbindungen, die in wassriger Losung H+–Ionen abge-ben(z.B. HX (X = Cl, Br, I), H2SO4, HNO3, H3PO4, HAcaber auch NH4Cl ).
Kleine, hochgeladene, elektronegative (Nichtmetall-)Kationen bildenmit Sauerstoff i.d.R. Saureanhydride oder saure Oxide
E +y
2O2 EOy
bzw.
S + O2 SO2,
die sich mit Wasser zu Sauren umsetzen.(Formulieren Sie einige solcher Umsetzungen).
• Basen:Hydroxylverbindungen, die in wassriger Losung OH−–Ionen bilden(z.B. MOH (M = Li, Na, K, Rb, Cs), M ′(OH)2
(M ′ = Ca, Sr, Ba )
Grosse, niedriggeladene, elektropositive Kationen bilden mit Sauerstoffi.d.R. Basenanhydride oder basische Oxide
M +y
2O2 MOy
bzw.
2Na +1
2O2 Na2O,
22
3.1 Die Theorien von Arrhenius, Bronsted und Lewis
Tabelle 1: Anhydride, ihre Sauren, Basen und Wertigkeit
Anhydrid Saure Wertigkeit
N2O5 HNO3 1
P2O5 H3PO4 3
SO2 H2SO3 2
CO2 H2CO3 2
I2O7 = I2O5 + O2 H5IO6 = HIO4(H2O)2 1
Base
Na2O NaOH 1
CaO Ca(OH)2 2
Al2O3 Al(OH)3 3
die sich mit Wasser zu Basen umsetzen.(Formulieren Sie einige solcher Umsetzungen).
• Neutralisation:Bildung von Wasser und Saure–Base–Paaren (= Salze)
H+ + OH− H2O ∆H 0 (3)
NaOH + HCl NaCl + H2O ∆H 0 (4)
Arrheniussauren und -basen dissoziieren in H2O mehr oder weniger stark:
HXOy H+ + XOy MOH M+ + OH−
Die Starke von Sauren und Basen (Saurestarke, Basenstarke) wird durchdie Dissoziationskonstanten bestimmt.
Die Neutralisationswarme geht im wesentlichen auf die Bildung von undis-soziiertem H2O zuruck (s. Gleichung 3 und 4) .Die Arrheniusdefinition ist auf Wasser als Losungsmittel beschrankt.
23
3.1 Die Theorien von Arrhenius, Bronsted und Lewis
Bronsted (1923):
• Protonen werden von Sauren abgegeben und von Basen aufgenom-men.HA H+ + A− Saure H+ + konjugierte Base
H+ + B HB+ H+ + Base konjugierte Saure
Zwischen Sauren und Basen entsteht eine Konkurrenz um das Proton,das sogenannte Protolysengleichgewicht:
HA + B HB+ + A−
NH3 + H2O NH+4 + OH−
Ammoniak-Springbrunnen
• Ampholyte (amphotere Stoffe) konnen je nach Reaktionspartner odernach Losungsmittel als Sauren oder Basen wirken:H2O, NH3, Al(OH)3, . . .
Protolyse eines Aluminiumsalzes
Die Bronsted–Definition ist nicht mehr auf Wasser als Losungsmittel be-schrankt. Sie gilt fur alle protischen, d.h. H+-liefernden Losungsmittel.Lewis (1923):
• Sauren sind Elektronenpaarakzeptoren
24
3.1 Die Theorien von Arrhenius, Bronsted und Lewis
Bestimmung der Akzeptorfahigkeit (Lewis-Saure-Charakter) von Losungsmitteln
• Basen sind Elektronenpaardonatoren
Bestimmung der Donorfahigkeit (Lewis-Base-Charakter) von Losungsmitteln
• Saure-Base-Reaktion: Bildung einer Bindung zwischen einer Saure undeiner Base uber ein Elektronenpaar.
BF3 + NH3 −→ BF3NH3
Lewissaureverhalten der Borsaure gegenuber Mannit
SnCl4 + Cl− −→ SnCl −5
SnCl −5 + Cl− −→ SnCl 2−6
Cu2+ + NH3 −→ CuNH 2+3
(Machen Sie sich klar welche Spezies Sauren und welche Basen sind).
Die Theorie von Lewis (1875 - 1946) hat den Saure-Base-Begriff nochmalserweitert und vom Proton bzw. vom Hydroxidion vollig unabhangig gemacht.
25
3.2 Protolysengleichgewicht im Wasser und pH-Wert
3.2 Protolysengleichgewicht im Wasser und pH-Wert
Die Messung der elektrischen Leitfahigkeit von reinem Wasser zeigt, dassdieses in geringem Masse Ionen enthalt. Diese Ionen entstehen aus der soge-nannten Eigendissoziation des Wassers (Autoprotolyse).
Die Konzentrationen der beiden entstehenden Teilchen H+(aq) und OH−(aq)betragen jeweils 1.0 · 10−7 mol · l−1 bei 25C . Im Protolysengleichgewichtkann Wasser als Ampholyt formuliert werden
H2O + H2O H3O+ + OH−(aq) =⇒ S1 + B1 B2 + S2
oder einfacher als
H2O H+(aq) + OH−(aq).
Danach ist das sogenannte Ionenprodukt des Wassers
[H+] · [OH−] = Kw = 1.0 · 10−14M2 (25oC)
Die eckigen Klammern [ ] bezeichnen Konzentrationsangaben.
In einer sauren Losung ist [H+]>[OH−], in einer alkalischen dagegen [OH−]>[H+].Bei [H+] = [OH−] spricht man von einer neutralen Losung.
Es ist ublich zur Charakterisierung einer wassrigen Losung den pH-Wertanzugeben
pH = − log[H+] und pH + pOH = 14,
zu dessen Berechnung naherungsweise die Konzentration anstelle der Akti-vitat (Wirkkonzentration) der Wasserstoffionen eingesetzt wird.
Der pH-Wert einer Losung kann mit Hilfe einer galvanischen Zelle und einempH-Meter gemessen werden.
Sein Wert liegt in wassrigen Losungen in einem Bereich zwischen pH = 0([H+] = 1 M; stark saure Losung), pH = 7 (neutral) und pH = 14 ([H+] =10−14 M und [OH−] = 1 M; stark alkalische bzw. basische Losung).
26
3.2 Protolysengleichgewicht im Wasser und pH-Wert
10−11
10−14
10−12
10−7
10−9 10−1010−8
10−210−5
cH3O+
110−110−310−410−610−8
pH < 7
10−1110−1010−9
10−13
pH > 7cOH− > cH3O+
Basischer Bereich
10−14
10−12
10−210−1
pH
cOH−10−3
10−13
1 10−510−4
0 8 9 10 11
10−710−6
1413121 32 764 5
pH = 7
NeutralitatcH3O+ = cOH−
zunehmende Aciditat
cH3O+ > cOH−
Saurer Bereich
zunehmende Basizitat
Abbildung 7: Aciditat wassriger Losungen.Fur wassrige Losungen gilt das Ionenprodukt des Wassers. Es betragt bei 25C :cH3O+ · cOH− = 10−14mol2l−2.
Anmerkung:Der pH-Wert einer 1 · 10−4 M HCl ist 4, der einer 1 · 10−10 MHCl jedoch nicht 10 sondern etwa 7.
3.2.1 Indikatoren
Der pH–Wert kann elektrochemisch oder uber Indikatoren bestimmt wer-den. Indikatoren sind Farbstoffsauren oder Farbstoffbasen, die stark gefarbteLosungen haben und deren Uberfuhrung zur konjugierten Base oder Saurevon einer deutlichen Farbanderung begleitet wird. (s. Tabelle 2 fur die Saur-en: HMO, HMR und HBTB).
Farbreaktionen des Phenolphthaleins
Indikatoren konnen daher sowohl zur Abschatzung als auch zur genauen Mes-sung des pH-Wertes einer Losung verwendet werden, wobei im zweiten Fallnicht mehr das Auge, sondern ein Spektralphotometer oder ein Kolorimeterzur Farbbestimmung eingesetzt wird.
Indikatoren werden oft zur Anzeige von pH-Anderungen bei Saure-Base-Titrationen eingesetzt. Dabei sollte die beigefugte Menge Indikator moglichst
27
3.2 Protolysengleichgewicht im Wasser und pH-Wert
klein sein, sodass die Titration durch ihn nicht verfalscht wird.Eine entsprechende Kontrolle ist immer empfehlenswert.
Fur eine Farbstoffsaure H(Ind) gilt:
H(Ind) + H2O (Ind)− + H3O+
KHInd =[H+][Ind−]
[HInd]
Wenn HInd und Ind− unterschiedlich gefarbt sind, lasst sich zeigen, dassmit dem Auge ein Farbumschlag im pH-Intervall
pH = pK(HInd)± 1
wahrgenommen werden kann.
28
3.2 Protolysengleichgewicht im Wasser und pH-Wert
4,0rot
gelb 3,0-4,6 violett
2,9-
1,3-3,2 gelb Tropaolin 00
Dimethylgelbgelb
Bromphenolblau
4,0-5,6 blau Bromkresolgrun
Mehtylrotgelb
gelb
Methylorangeorange3,1-3,3
rot
rot
violett Methylorange
Thymolblaugelbrot
0,1-3,2
4,4-6,2
gelb 11,0-13,0 orangebraun
orange12,0-
gelb
9,4-10,5
blau
rot10,0-12,0
13,5
Phenolphthalein
Thymolphthalein
Alizaringelb
Sym. Trinitrobenzoesaure
1,2-2,8
Neutralrot
farblos
4,5-8,3Lackmus
Thymolblau
Kresolrot
farblos
p-Nitrophenol
Bromthymolblaublau6,2-7,6
gelb
rot
rot
Tropaolin 0
farblos 5,0-7,0
gelb
8,0-9,6 blau
rot8,0-10.0farblos
gelb
rot6,8-8,0
gelb
7,2-8,8gelb
8765420 9 pH1410 11 12 131
654320 1 7 pH1413128 9 10 11
3
gelb
Tabelle 2: Umschlagintervalle einiger Saure–Base–Indikatoren bei Raumtem-peratur
29
3.3 Schwache Sauren und Basen
3.3 Schwache Sauren und Basen
Arrhenius hat gezeigt, dass bei schwachen Sauren und Basen Dissoziations-konstanten definiert werden konnen nach:
HA(aq) H+(aq) + A−(aq)
als
KS =[H+][A−]
[HA]
und nach
B(aq) + H2O BH+(aq) + OH−(aq)
als
KB =[BH+][OH−]
[B].
Ausserdem gilt
pKB(B) = pKw − pKS(HB+)
KS und KB werden als Aciditats– und Basizitatskonstante bezeichnet.
Schwache Sauren werden durch KS-Werte charakterisiert, die wesentlich klei-ner als 10−1 sind. Entsprechendes gilt fur schwache Basen.
Starke Sauren und Basen haben KS- bzw. KB-Werte grosser als 100. IhreBestimmung ist in diesem Falle schwierig, da die Konzentrationen von H+
bzw. OH− nahezu identisch mit der eingesetzten Saure– oder Basekonzen-tration sind.
Anstelle der KS- bzw. KB-Werte werden oft ihre negativen Dezimallogarith-men verwendet, die sogenannten pKS- bzw. pKB-Werte. Eine Liste haufiggebrauchter pKS-Werte ist in der Tabelle 3 zu finden.
30
3.3 Schwache Sauren und Basen
Tabelle 3: Gleichgewichtskonstanten fur die Protonenabspaltung einigerSauren in wassriger Losung.
pKs−Werte einiger Saure-Base-Paare bei 25C (pKs = - lg Ks)
Saure Base pKs
Starke derSaure nimmtzu x
HClO4 ClO−4 -10
yStarke derBase nimmtzu
HCl Cl− - 7
H2SO4 HSO−4 - 3,9
H3O+ H2O - 1,74
HNO3 NO−3 - 1,37
HSO−4 SO2−4 + 1,96
H2SO3 HSO−3 + 1,90
H3PO4 H2PO−4 + 2,16
[Fe(H2O)6]3+ [Fe(OH)(H20)5]
2+ + 2,46
HF F− + 3,18
CH3COOH CH3COO− + 4,75
[Al(H2O)6]3+ [Al(OH)(H2O)5]
2+ + 4,97
CO2 + H2O HCO−3 + 6,35
[Fe(H2O)6]2+ [Fe(H2O)5OH]+ + 6,74
H2S HS− + 6,99
HSO−3 SO2−3 + 7,20
H2PO−4 HPO2−4 + 7,21
[Zn(H2O)6]2+ [Zn(H2O)5OH]+ + 8,96
HCN CN− + 9,21
NH+4 NH3 + 9,25
HCO−3 CO2−3 +10,33
H2O2 HO−3 +11,65
HPO2−4 PO3−
4 +12,32
HS− S2− +12,89
H2O OH− +15,74
OH− O2− +29
31
3.3 Schwache Sauren und Basen
In der Tabelle 3 werden auch zwei- und dreiprotonige Saurenaufgefuhrt. Deren pKS-Werte wurden durch Extrapolation derpKS-Werte bei gegebenen Konzentrationen der Komponentenund unter Berucksichtigung der entsprechenden IonenstarkenI, fur I −→ 0 erhalten ( I = 1
2
∑ciz
2i , wobei ci die molare Kon-
zentration und zi die Ladung der Komponente i in der Losungdarstellt).
Dieses Vorgehen ist notwendig um den Einfluss der interionischenWechselwirkungen auf die Konstanten zu eliminieren, die propor-tional zur Ionenstarke sind.
Es ist bei potentiometrischen Messungen ublich alle Losungenmit dem gleichen Inertsalz der gleichen molaren Konzentrationzu versehen, um durch die Aktivitatskoeffizienten wie auch dieDiffussionspotenziale an den Phasengrenzen der verwendeten Mes-szellen konstant halten zu konnen.
Zwischen der Aktivitat a und der Konzentration c eines Ions gilt, wie schonerwahnt, folgende Beziehung
a = fc · c
wobei der Aktivitatskoeffizient fc mit der Ionenstarke variiert nach
lg fc = −0.5z2
i
√I
1 +√
I
fur Ionenstarken < 0.1.
Die Konstanten KS und KB lassen sich mit verschiedenen Methoden bestim-men:
• pH-Messungen
• Leitfahigkeitsmessungen
• kolligative Eigenschaften (Gefrierpunktserniedrigung,...)
• spektrophotometrisch
32
3.3 Schwache Sauren und Basen
Eine Bestimmung der Dissoziationskonstanten KS der Saure HA lasst sichleicht durch Messung des pH-Wertes einer wassrigen Losung bekannter Kon-zentration c durchfuhren.
Durch Einstellung des Gleichgewichts werden die fur die verschiedenen Spe-zies angegebenen Konzentrationen erreicht.
HA H+ + A−
Anfang: c 0 0
Gleichgewicht: c− [H+] [H+] [A−] = [H+]
Die Berechnung von KS erfolgt dann leicht durch Einsetzen:
KS =[H+][A−]
[HA]=
[H+]2
[HA]− [H+]=
[H+]2
c− [H+](5)
Aus dem gemessenen pH-Wert erhalt man die Wasserstoffionenkonzentration[H+], die zusammen mit c, der Menge der zugegebenen Saure, die Berech-nung von KS erlaubt.
Diese Methode kann zu wesentlich genaueren Werten fuhren, wenn man dieAusgangslosung mit starker Base titriert und damit die Saure neutralisiert.Man erhalt dann eine sogenannte Titrationskurve, deren Auswertung denWert fur KS ergibt.
Man kann in etwa folgende Einteilung der Sauren treffen:
• Starke Sauren: pKS ≤ 0
• Mittelstarke Sauren: 0 ≤ pKS ≤ 4
• Schwache Sauren: 4 ≤ pKS ≤ 9
• Sehr schwache Sauren: pKS ≥ 9
Verdunnte Losungen haben Konzentrationen von cs/cb ≤ 1M.
Damit ersteckt sich der pH-Bereich auf 0 ≤ pH ≤ 14.Vollstandige Protonierung von H2OReines Wasser —- 55.55M
33
3.3 Schwache Sauren und Basen
Tabelle 4: Selbstprotonierung von Supersauren
Saure Formel x saurer
Dischwefelsaure H2S2O7 1015
Fluoroschwefelsaure HSO3F 1015
Magische Saure (HSO3F )3(SbF5) 1021.5
pH zwischen -1 und -2
Starke Sauren und Supersauren protonieren sich selbst
Konz. H2SO4 ist ca 1012 mal saurer als 1M H2SO4 Alle Sauren, die nochstarker sind heissen SupersaurenSuperlewissauren erniedrigen die Konzentration der konjugierten Base.
Supersauren konnen extrem schwache Basen protonieren:
HCOOH + HA+ HCOOH+2
HCHO + HA+ HCHOH+
D2 + HA+ DH + DS+ Spaltung von D2
HNO3 + H2SO4 H2NO+3 + HSO−4 Nitriersaure
Darstellung und Verbrennung von Schiessbaumwolle
(CH3)3CH + HS+ −→ (CH3)3C+ + H2 + S Hydridabspaltung
Ausserhalb des (normalen) pH-Bereiches (0-12) konnen die Spezies H3O+
und OH− nicht mehr vollstandig von H2O hydratisiert sein.
34
3.3 Schwache Sauren und Basen
Zusatzlich konnen sie auch direkt von der Saure bzw. Base geliefert werden.
Damit sind die normalen pH-Messungen gestort.
3.3.1 Trends
Bei Arrheniussauren und –basen hangt der jeweilige Charakter von der ge-genseitigen Starke der Bindungen
Mn+−−−O2−−−−H+
ab.
• Je kleiner das Kation Mn+ desto starker die M—O–Bindung (Polari-sation von O2− ).
• Je hoher geladen das Kation desto starker die M—O–Bindung (Coulomb-Wechselwirkung).
• Je elektronegativer das Kation desto starker die M—O–Bindung (ko-valenter Anteil).
• Je starker die M—O–Bindung desto hoher der Saurechar-akter.
Saurestarke in einer Gruppe:
Be(OH)2 > Mg(OH)2 > Ca(OH)2 > Sr(OH)2 > Ba(OH)2
Saurestarke in einer Periode:
Na(OH) < Mg(OH)2 < Al(OH)3 < Si(OH)4
< OP (OH)3 = (H3PO4) < O2S(OH)2 = (H2SO4)
< O3Cl(OH) = (HClO4)
35
3.3 Schwache Sauren und Basen
Tabelle 5: pKs-Werte einiger Sauren in Wassser und flussigem Ammoniak alsLosungsmittel
Saure pKs in Wasser pKs in flussigem Ammoniak
NH+4 9,3 -1,62
H2N–CN 10,4 0
PH3 27 16
3.3.2 Aciditatsregeln nach Pauling
Fur Sauren der Form OnE(OH)m hat L.Pauling folgende Regeln angegeben:
1. Fur eine stufenweise Dissoziation solcher Sauren gilt mit
Kl =[OnE(OH)m]
[H+]l[On+lE(OH)m−l]
K1
K2
' K2
K3
' 105
bzw.
pKS ' 8− 5m.
2. Damit erhalt man folgende Klassifizierung:
n pK1 Art der Saure Ladung von E
0 ' 7 sehr schwach Em+
1 ' 2 schwach E(m+2)+
2 ' -3 stark E(m+4)+
3 ' -8 sehr stark E(m+6)+
In anderen Losungsmitteln als Wasser treten andere pKS- und pKB-Werteauf.
36
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vom pH-Wert
Neutralisation in flussigem Ammoniak
Der Bereich der Saurestarken, der in einem Losungsmittel untersucht werdenkann ist umso grosser, je geringer die Autoprotolyse des Losungsmittels ist.(vgl. Zunahme der Saurestarke von HCl in Alkoholen).
+20 +25 +300-5-20 -15 -10 +5 +10 +15
H2SO4
H2O
pKs
NH3
HCOOH
CH3COOH
(C2H5)2O
Abbildung 8: pKs-Bereiche fur verschiedenen Losungsmittel, innerhalb derereine Differenzierung nach Saurestarken moglich ist.
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vompH-Wert
Aus der Definition von KS (s. Gl. 5) erhalt man durch Logarithmieren
pKS = pH − lg[A−]
[HA](Henderson-Hasselbalch-Gleichung) (6)
Diese Gleichung kann zur Berechnung der sogenannten Pufferkurve imNeutralisationsgrad–pH–Diagramm verwendet werden.
Der Neutralisationsgrad ist wie folgt definiert:
g =[A−]
[A−] + [HA]
37
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vom pH-Wert
Wie der Name Neutralisationsgrad schon sagt, stellt dieser den Anteil derSaure dar, der neutralisiert wurde. Das bedeutet, dass sein Wert nur zwischen0 und 1 liegen kann und dass ausserdem
[A−]
[HA]=
g
1− g
gilt.
Eine Anderung des pKS fuhrt wegen Gleichung 6 zu einer entsprechendenVerschiebung der Pufferkurve, deren Form aber erhalten bleibt.
Aus der graphischen Darstellung der Pufferkurve kann man fur beliebige pH-Werte entnehmen, welcher Neutralisationsgrad erreicht wurde.
Abbildung 9: Pufferkurve einer einprotonigen Saure mit pKS = 5
Die Abbildung 9 zeigt die Pufferkurve einer Essigsaure-Acetat-Pufferlosung.Die beste Pufferwirkung hat eine 1:1 Mischung (pH =4,75). H3O
+ -Ionenwerden von CH3COO− -Ionen, OH− -Ionen von CH3COOH gepuffert:
CH3COOH + H2OPufferung von OH−−−−−−−−−−−−−→←−−−−−−−−−−−−−
Pufferung von H3O+
CH3COO− + H3O+
38
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vom pH-Wert
Solange dabei das Verhaltnis CH3COOH/CH3COO− im Bereich 0,1 bis 10bleibt, andert sich der pH-Wert nur wenig.
Aus dieser Abbildung konnen also die Konzentrationen der vorhandenenSaure und ihrer konjugierten Base ermittelt werden. Sie eignet sich hervor-ragend zur anschaulichen Darstellung der Uberfuhrung einer Saure in diekonjugierte Base.
Man erkennt, dass bei einem Neutralisationsgrad von 0.5 der pH-Wert nurminimal mit der Basenzugabe steigt.
Dieser Bereich ist also der gunstigste zur Verwendung des konjugierten Saure-Base-Paares als Puffer.
Das Puffersystem Essigsaure - Natriumacetat
Eine Pufferlosung verhalt sich so, dass ihr pH-Wert sich,auch bei Zugabe erheblicher Mengen starker Sauren oder Ba-sen, nur unwesentlich andert. Dies gilt besonders im BereichpH = pKS ± 0.5.
Als Beispiel betrachten wir eine Essigsaure-Natriumacetat–Pufferlosung( pH = pKS = 4.75) mit [HOAc] = 0.5 M und [NaOAc] = 0.5M. In 100 ml einer solchen Losung werden 0,05 mol HCl gegeben.
Wie gross ist die resultierende pH-Anderung?
HCl, als starke Saure, wird vollstandig dissoziieren.
Die dadurch entstehenden Protonen werden quantitativ mit demaus Natriumacetat entstandenen Acetatanion reagieren und esentsteht Essigsaure.
39
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vom pH-Wert
Daher wird also die Essigsaurekonzentration um diesen Betragerhoht, die Acetationenkonzentration jedoch um denselben Be-trag verringert.
Die neuen Gleichgewichtskonzentrationen der relevanten Kompo-nenten in Losung sind also:
[HOAc] = 0.5 + 0.05 = 0.55M
[OAc−] = 0.5− 0.05 = 0.45M
Der pH-Wert der Losung kann dann mit Hilfe der Gleichung 6berechnet werden:
pH = pKS +[OAc−]
HOAc]= 4.75 + log
0.45
0.55= 4.66
Die berechnete pH-Anderung betragt also 0.09.
Ohne Puffer ware die Losung am Anfang neutral und nach derReaktion hatte sie mit [H+] = 0.05 M einen pH-Wert von 1.30,was einer Anderung um 5.7 pH-Einheiten entsprache.
Bei Pufferlosungen ist aber nicht nur der pH-Wert, sondern auchdie Konzentration der Komponenten wichtig. Dies wird deutlich,wenn wir fur die oben betrachtete Reaktion eine verdunntere Puf-ferlosung verwenden.
Bei einer 5mal verdunnteren Losung seien folgende Anfangskon-zentrationen gegeben:
[HOAc] = 0.1M und [OAc−] = 0.1M
Die neuen Gleichgewichtskonzentrationen und der pH-Wert sinddann
[HOAc] = 0.15M und [OAc−] = 0.05M
40
3.4 Abhangigkeit des Saure-Base-Gleichgewichts vom pH-Wert
sowiepH = 4.75− 0.48 = 4.27,
d.h. die pH-Anderung ware also in diesem Fall ca. 5mal grosser.
Der Stoffwechsel von Organismen beruht auf Saure-Base-Reaktionen und vie-le dieser Reaktionen reagieren sehr empfindlich auf pH-Anderungen.
So sind z. B. Enzyme der meisten Lebewesen nur in einem eng begrenztenpH-Bereich katalytisch wirksam.
Hydrogencarbonat- und Phosphatpuffer sind Puffersysteme, die in Organis-men haufig anzutreffen sind. Sie zeigen eine grosse Pufferwirkung, die auchnotig ist, wenn man z.B. nur den weiten pH-Bereich der eingenommen Nah-rungsmittel betrachtet.
Das Puffersystem Essigsaure - Natriumacetat,Hydrogencarbonat - Carbonat Gleichgewicht
41
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
3.5 Berechnungen von pH-Werten fur wassrige Losun-gen von Sauren oder Basen
Der pH-Wert ist das Bindeglied zur Ermittlung aller Gleichgewichtskonzen-trationen in wassriger Losung. Man geht so vor, dass man so viele Gleichge-wichtsbedingungen formuliert, wie Unbekannte (Konzentrationen) ermitteltwerden mussen. Wir betrachten folgende Konzentrationen:
[HA] Konzentration an nicht dissoziierter Saure
[H+] Wasserstoffionenkonzentration
[A−] Konzentration der Saureanionen
[OH−] Hydroxidionenkonzentration.Die folgenden vier Grundbedingungen konnen nun immer aufgestellt werden:
1. Massenwirkungsgesetz
KA =[H+][A−]
[HA]
2. Massenerhaltung
[HA]0 = [HA] + [A−]
3. Elektroneutralitat
[H+] = [OH−] + [A−]
4. Ionenprodukt des Wassers
KW = [OH−][H+]
Durch Kombination dieser Gleichungen erhalt man:
KA =[H+][A−]
[HA]0 − [A−]=
[H+]([H+]− [OH−])
[HA]0 − ([H+]− [OH−])=
[H+]([H+]− KW
[H+])
[HA]0 − ([H+]− KW
[H+])
und damit die Gleichung 3. Grades in [H+]
[H+]3 + KA · [H+]2 − (KW + KA · [HA]0)[H+]−KW KA = 0, (7)
42
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
die mit x = 10lg x als
[HA]0 = 10pKA−2pH + 10−pH + 10pKA−pKW = 10pH−pKW
formuliert werden kann.
Jede Saure bzw. Base hat einen eigenen pKA- bzw. pKB-Wert; deren Wertekonnen uber den gesamten pH-Bereich streuen.
Stellt man entsprechende [HA0] / pH -Abhangigkeiten dar, so ergibt sich dieAbbildung 10.
Abbildung 10: [HA0]/pH-Abhangigkeiten fur verschiedene pKA- Werte.[B0]/pH-Abhangigkeit fur verschiedene pKB-Werte.
Was kann man uber kleine bzw. grosse Konzentrationen [HA0] aussagen?
43
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Abbildung 10 kann direkt zum Abschatzen von pH-Werten benutzt werden.
3.5.1 Logarithmische pH-Diagramme
In logarithmischen pH-Diagrammen wird der pH-Wert gegen den Logarith-mus der Konzentration (lg[ ] ) einer eingesetzten Substanz (Saure, Base, Salz)aufgetragen.
In Abbildung 11 ist das fur eine 0.01M-Losung von Benzoesaure (pKA = 4.19)dargestellt.
Abbildung 11: Logarithmisches pH-Diagramm der Benzoesaure fur die Kon-zentration [HA]0 = 0, 01M
Daraus konnen zunachst viele prinzipielle Details entnommen werden
(Je nach Situation konnen Vereinfachungen angebracht werden, bei denenTeilbedingungen vernachlassigt werden konnen):
44
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
• Bei niedrigen pH-Werten liegt die Saure praktisch undissoziiert vor.
• Bei P1 ist immer noch [HA] ' [HA]0 = [H+]. Das entspricht einerMischung einer starken und einer schwachen Saure.
• Die Benzoesaure als schwache Saure erreicht bei dieser Konzentrationnur den Wert pH1 (P2). Es gilt:
[A−] = [H+] > [HA] ' [HA]0 [OH−]
Genauso wie mit reiner Benzoesaure kann dieser pH-Wert aber auchmittels einer aquimolaren Mischung von K-Benzoat und HCl eingestelltwerden, da die HCl die A−-Anionen komplett protoniert unter Bildungvon HA und gelostem KCl.
• Bei P3 knicken die [HA] und [A−]-Geraden ab; das zeigt, dass hierstarke Abhangigkeiten auftreten. Mit pH = pKA gilt auch:
[HA] = [A−] > [H+] [OH−]
Diesen Punkt ( pKA/ lg[HA]0 − 0.3010 ) erreicht man immer dann,wenn manaquimolare Mengen von einer schwachen Saure und ihrem Salz mit einerstarken Base vorlegt (Pufferlosung).
• P4 bezeichnet KW in reinem Wasser.
• P5 wird eingestellt durch eine Losung eines Salzes der schwachen Saure(mit einer starken Base), z.B. K-Benzoat.
Folgende Reaktionen sind zu berucksichtigen
A− + H2O OH− + HA und 2H2O OH− + H+
woraus
[OH−] = [HA] + [H+] folgt.
Ausserdem ist aber im alkalischen Bereich
45
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
[HA] [H+] und damit
[OH−] ' [HA].
Naturlich kann dies auch erreicht werden, indem das Salz in situ gebil-det wird; z.B. aus aquimolaren Mengen von HA und einer starken Basewie KOH.
• Bei P6 liegt analg zu P1 eine Mischung einer starken Base (z.B. KOH)mit einer schwachen Base vor.
Dabei ist dann die schwache Base vollstandig deprotoniert, und derpH-Wert wird ausschliesslich durch die Konzentration der starken Basebestimmt.
3.5.2 Losungen starker Sauren HA bzw. Basen MOH
Bei starken Sauren lasst sich der pH-Wert direkt berechnen mit
pH = − lg[HA]0; (8)
bei starken Basen gilt
pH = 14 + lg[MOH]0. (9)
(Der Index 0 steht wieder fur die zugegebene Menge Verbindung bzw. furZeitpunkt t=0).
Die Gleichungen 8 und 9 gelten aber nur fur Konzentrationen von
[HA]0 bzw. [MOH]0 > 10−5 M.
Unterschreitet die Konzentration der zugegebenen Saure bzw. Base dieseGrenze so muss die Autoprotolyse des Wassers berucksichtigt werden.
Beispiel:
46
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
starke Saure:[HA]0 = 1 · 10−7M
HA −→ H+ + A−
10−7 + 10−7
schwache Saure:H2O −→ H+ + OH−
x + x
Wir wollen die beiden Teilsysteme, Wasser und Saure, getrennt betrachten.Wir wissen, dass die starke Saure vollstandig dissoziiert. Dabei entstehenProtonen und Anionen.
Bei der Dissoziation des Wassers entstehen ebenso viele OH−- wie H+-Ionen.Die Konzentrationen hangen von KW und [HA]0 ab.
Damit konnen die folgenden Zusammenhange abgeleitet werden:
[H+] = [HA]0 + x (10)
[OH−] = x (11)
Mit Hilfe der Ionenproduktgleichung des Wassers,
[H+] · [OH−] = 10−14,
die in wassrigen Systemen fur 0 ≤ pH ≤ 12 immer gilt, und mit Gl. 10 folgt
([HA]0 + x) · [OH−] = 10−14,
Ersatz von x mit Gl. 11 ergibt
([HA]0 + [OH−]) · [OH−] = 10−14,
und mit [HA]0 = 10−7 erhalt man
(10−7 + [OH−]) · [OH−] = 10−14
47
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
sowie[OH−]2 + 10−7 · [OH−]− 10−14 = 0,
Dann ist
[OH−] = −0.5 · 10−7 +
√10−14
4+ 10−14 = 6.18 · 10−8M,
pOH = 7.209 sowie pH = 14 - pOH = 14 - 7.209 = 6.791 und
[H+] = 1.618 · 10−7
Von der letzteren Konzentration stammen 1 · 10−7 aus [HA] und 0.618·10−7
aus H2O.
Zeigen Sie in Abbildung 10, wie sich der pH-Wert andert in Abhangigkeitvon der Konzentration einer starken Saure zwischen 1 M und 10−14M .Die pH-Wertberechnung fur die Mischung einer starken (HA2) und einerschwachen Saure (HA1) kann auch auf einfache Weise gleich als Funktion derProtonenkonzentration geschrieben werden. Dabei ist der Korrekturfaktorvor der Wurzel nun positiv, weil [H+] um diesen Betrag grosser ist (um den[OH−] kleiner ist):
[H+] =[HA2]0
2+
√[HA2]20
4+ KHA1 · [HA1]0
Die Differenz zwischen [H+] und [OH−] ist also [HA2]0, die Ausgangskon-zentration der starken Saure.
48
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
3.5.3 Losungen schwacher Sauren bzw. Basen
Wir haben bereits besprochen, wie aus der pH-Messung einer Losung einerschwachen Saure HA die Dissoziationskonstante dieser Saure erhalten wer-den kann.
Ist die Dissoziationskonstante KA einer solchen Saure bekannt, so kann manaus Gl. 5 den pH-Wert fur eine Losung der Gesamtkonzentration c bestim-men.Die stochiometrischen Gleichungen lauten wie folgt:
c = [HA]0 = [HA] + [A−]
In dieser Bilanz liegt die zugegebene Saure in Form eines dissoziierten Anions(A−) und eines nicht dissoziierten Anteils HA in Losung vor.
c = [H+]t = [HA] + [H+]− [OH−] (12)
Diese Gleichung beschreibt die Protonenbilanz des Systems.
Alle zugegebenen Protonen [H+]t konnen entweder als H+ oder als HAvorliegen.
Die aus der Dissoziation des Wassers entstehenden Protonen mussen nochabgezogen werden. Ihre Konzentration ist mit [OH−] identisch.
Des weiteren gelten die bekannten Beziehungen[H+] · [OH−] = 10−14 und
KA = [H+][A−][HA]
.
49
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Abbildung 12: Logarithmisches pH-Diagramm einer Saure mit pKA = 6.8 furdie Konzentration [HA]0 = 10−6.5M
Insgesamt mussen wir hier ein System von vier Gleichungen mit vier Un-bekannten ([H+], [HA], KA und [OH−]) berucksichtigen. Dies fuhrt zu einerGleichung dritten Grades in [H+].
[H+]3 + KA[H+]2 − (KW + KA · [HA]0)[H+]−KW ·KA = 0 (13)
– vgl. Gl. 7 .
In den meisten Fallen ist eine der Konzentrationen [H+] oder [OH−] ge-genuber der anderen vernachlassigbar klein
und kann aus der zweiten stochiometrischen Gleichung (12) eliminiert wer-den.
50
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Das gilt fur die in Abbildung 13 dargestellte Situation.
Abbildung 13: Logarithmisches pH-Diagramm einer Saure mit pKA = 6.8 furdie Konzentration [HA]0 = 10−4M
Damit gilt [A−] [OH−] und [H+] = [A−]. Hieraus folgt
[H+]2 = KA[HA] bzw. [H+]2 = KA([HA]0 − [H+]
und[H+]2 + KA · [H+]−KA · [HA]0 = 0
sowie schliesslich
[H+] =
√KA · [HA]0 +
K2A
4− KA
2(14)
Diese Gleichung liefert in weiten Konzentrationsbereichen genaue Ergebnisse.
51
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Liegt eine Situation wie in Abbildung 11 vor, so kann auch noch die Abnahmeder Konzentration der undissoziierten Saure ([HA] = [HA]0) vernachlassigtwerden, und es gilt naherungsweise
[H+] =√
KA · [HA]0 (15)
oder
pH =pKA − log[HA]0
2. (16)
Abbildung 14: Logarithmisches pH-Diagramm einer Saure mit pKa=4.2 furdie Konzentration [HA]0=10−4M .
Die Gleichungen 15 (16), 14 und 13 gelten also fur zunehmende Verdunnung.
Wird die Losung aus der schwachen Saure HA und dem Salz NaA hergestellt,so mussen die stochiometrischen Gleichungen wie folgt geandert werden:
52
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
[HA] + [NaA]0 = [HA] + [A−]
Die Bilanz des Anions verandert sich hier, weil nun nicht nur die Saure,sondern auch das eingesetzte Salz Anionen liefern. Wenn dieses das Salzmit einer starken Base (z.B. NaOH/Na+ wie im vorliegenden Fall) ist, sodissoziert es vollstandig. Die moglichen Spezies, namlich dissoziiert oder nichtdissoziiert, bleiben naturlich gleich (nicht aber deren Konzentrationen)
[H+]t = [HA]0 = [HA] + [H+]− [OH−]
(Da Na+ nicht mit dem Wasser reagiert, beeinflusst es diese Beziehungennicht und taucht deshalb nicht auf). In der Protonenbilanz andert sich ge-genuber dem ersten Fall nichts, da nach wie vor Protonen nur aus der Saureund der Eigendissoziation des Wassers entstehen konnen. Allerdings geht nundie geanderte [A−]-Konzentration in das Massenwirkungsgesetz (KA) ein. Esresultiert die Henderson-Hasselbalch-Gleichung 6.
3.5.4 Praktische Beispiele zur Berechnung des pH-Wertes
0.01M CH3COOH
Aufstellen der Gleichungen(1) [OAc−]t = 0.01 = [HOAc] + [OAc−]Acetat kann entweder als Essigsaure HOAc oder als Acetatanion OAc− vor-liegen. Die Summe beider Komponenten ergibt die Gesamtmenge:(2) [H+]t = 0.01 = [HOAc] + [H+]− [OH−].
[OH−] aus der Dissoziation des Wassers ist vernachlassigbar, weil bei einerSaurekonzentration von 0.01 M im allgemeinen [H+]>>[OH−] ist. Naturlichhangt das vom pKA-Wert der Saure und deren Konzentration ab (wieso?).
Aus (1) und (2) folgt [H+] = [OAc−].Dies ist vernunftig, da ja die Eigendissoziation des Wassers keine Rolle spie-len soll und damit alle Protonen und alle Acetatanionen aus der Essigsaureentstehen.Nun konnen wir die oben gewonnenen Beziehungen in die Gleichung fur die
53
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Dissoziationskonstante einsetzen :
(3) KA = [H+][OAc−][HOAc]
= [H+]2
0.01−[H+]= 10−4.75
Nach Auflosung von (3) erhalt man:
(4) [H+]2 + 10−4.75 · [H+]− 10−6.75 = 0 und
(5) [H+] = 12[10−4.75 +
√10−9.5 + 4 · 10−6.75]
= 4.13 · 10−4M
pH = 3.38; [OAc−] = 4.13 · 10−4 M;[HOAc] = 9.587 · 10−3M
Kontrolle der Annahme [H+]>>[OH−]:[OH−] = 10−10.62M <<[H+]!
2. 0.01M CH3COOH und 0.01M CH3COONa
(1) [OAc−]t = 0.02 = [HOAc] + [OAc−]Im Gegensatz zu Beispiel 1 wird hier ein Teil des Anions als Salz zugegeben.
(2) [H+]t = [HOAc]o = 0.01 = [HOAc] + [H+]− [OH−]
Die Gesamtkonzentration der Protonen bleibt unverandert, da ja auch dieSauremenge konstant bleibt. Wie wir vorher gesehen haben, betragt derpH-Wert der reinen Saurelosung etwa 3.4. Da durch die Zugabe des Sal-zes der pH-Wert sich sicher erhohen wird (versuchen Sie dies anhand desAusdrucks fur die Dissoziationskonstante zu verifizieren!), konnen wir an-nehmen, dass die Saurekonzentration durch die Dissoziation nur in geringemund deshalb vernachlassigbarem Rahmen verandert wird. Es gilt daher:
[H+]<<[HOAc] und damit [HOAc] ' [OAc−].
Mit dem Ausdruck fur die Dissoziationskonstante
54
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
KA = [H+]·[A−]HA]
= 10−4.75
ergibt sich dann [H+] = 10−4.75M = 1.78 · 10−5M << 0.01 M
Kontrolle: [OH−] = 10−9.25 M <<[H+]
3. 0.1M NH3
NH3 kann in wassriger Losung wie folgt reagieren:
NH3 + H2O −→ NH +4 + OH−
Wir konnen also folgende Bilanzgleichungen aufstellen:
(1) [NH3]t = 0.1 = [NH3] + [NH +4 ]
(2) [H+]t = 0 = [NH +4 ] + [H+]− [OH−].
Es wurde also keine Saure zugegeben. Fur diesen Fall wird die Basizitatskon-stante benutzt:
(3) Kb =[NH +
4 ]·[OH−]
[NH3]= 10−14+9.245 = 10−4.755
Die Beziehung pKb = pKW − pKA gilt fur jedes System.
Durch Einsetzen in Gleichung (3) werden folgende Ausdrucke erhalten:
10−4.755 = [OH−]2
0.1−[OH−]und
[OH−]2 + 10−4.755[OH−]− 10−5.755 = 0 sowie
[OH−] = 12[−10−4.755 +
√10−9.510 + 4 · 10−5.755] = 1.317 · 10−3M.
Damit ist pOH = 2.88; pH = 14 - 2.88 = 11.12;−→ ([H+]<<[OH−])
[NH+4 ] = [OH−]; [NH3] = 9.868 · 10−2M
55
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Zusammenfassend gilt fur diesen Fall
pH = 7 +1
2(pKA + log[B])
56
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
3.5.5 Schwache Saure und schwache Base
In Abbildung 15 sind die Konzentrationsverhaltnisse fur Losungen von NH3
und CH3COOH (HAc) angegeben. Es treten prinzipiell die drei Reaktionenauf:
HAc + H2O Ac− + H3O+
NH3 + H2O NH+4 + OH−
HAc + NH3 Ac− + NH+4 (17)
Zunachst sieht man, dass bei einer Saure-Base-Titrationeines Gemisches zweier schwacher Sauren, zuerst die starkere und dann dieschwachere deprotoniert wird.
Abbildung 15: Logarithmisches pH-Diagramm einer Losung von NH+4 und
CH3COOH
57
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Im Punkt P (pH=7) gilt [NH+4 ] = [Ac−], was man auch durch Auflosen von
Ammoniumacetat (NH4Ac) erreichen kann.
(Warum ist die Lage von P bei pH=7 rein zufallig?)
Generell gilt fur P
pH =1
2(pKA1 + pK[A2) (18)
und fur alle anderen pH-Werte mit
KA1 =[H+][Ac−]
[HAc]
KA2 =[H+][NH4]
[NH+4 ]
schliesslich
[H+] = KA1 ·KA2
[HAc][NH+4 ]
[Ac−][NH3]. (19)
In Abbildung 15 ist klar zu erkennen, dass [H+] und [OH−] zwischen P1und P2 vernachlassigt werden konnen. Damit wird der Bruch in Gl. 19 gleicheins, weil nur noch Reaktion 17 gilt. Es resultiert dann Gl. 18. Ersetzt mannoch pKA2 durch pKB2 , so wird Gl. 18 zu
pH = 7 +1
2(pKA1 − pKB2)
Damit kann man leicht sehen, dass
1. die Losung sauer reagiert, wenn Saure 1 starker ist als Base 2
2. die Losung basisch reagiert, wenn Base 2 starker ist als Saure 1.
3.5.6 Zweiprotonige Sauren
Im Falle der zweiprotonigen Saure H2SeO3 gibt es drei wichtige Gleichge-wichtsreaktionen
HSeO−3 + H2O SeO2−3 + H3O
+, (20)
HSeO−3 + H2O H2SeO3 + OH− (21)
58
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
undHSeO−3 + HSeO−3 H2SeO3 + SeO2−
3 . (22)
Abbildung 16: Logarithmisches pH-Diagramm der selenigen Saure (0.1M)
Wir analysieren Abbildung 16:
1. Im Bereich pKA1 = 2.6<pH<pKA2 = 7.2 liegt uberwiegend der Am-pholyt HSeO−3 vor und nur Gl. 22 ist von Bedeutung, da in diesemBereich einerseits [OH−]<<[H2SeO3] andererseits [H+]<<[SeO2−
3 ]ist.Dann sollte im gesamten Bereich [H2SeO3] ' [SeO2−
3 ] sein. Damitwird der explizite Ausdruck
KA1KA2 =[HSeO−3 ][H+]
[H2SeO3]· [SeO2−
3 ][H+]
[HSeO−3 ]
zu[H+]2 = KA1KA2
59
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
oder
pH =1
2(pKA1 + pKA2) (23)
Die letzten beiden Gleichungen gelten auch fur Losungen eines entspre-chenden Salzes, z.B. Natriumhydrogenselenit NaHSeO3.
2. Handelt es sich um Salze von starken Sauren, so sind die Gln. 20 und21 nicht mehr von untergeordneter Bedeutung und die Naherung 23stimmt nicht mehr.
Aber auch dann gibt 23 noch den Punkt an,
an dem die Konzentration des Ampholyten (z.B. HSO−4 ) maximal ist.Hier ist das Ausmass der Saurereaktion des Ampholyten HA− (Gl. 20)gleich dem der Basenreaktion (Gl.21), und man spricht vom isoelek-trischen Punkt.
3. Liegen die pKA-Werte mindestens 4 pH-Einheiten auseinander, so kannman die steilen Aste fur H2A und A2− ganz vernachlassigen. Damitliegt praktisch eine Mischung zweier schwacher Sauren vor (vgl. Gl. 18).
3.5.7 Titrationskurven
Titrieren heisst, die unbekannte Menge eines gelosten Stoffes dadurch zuermitteln, dass man ihn durch Zugabe einer geeigneten Reagenzlosung mitgenau bekanntem Gehalt (Wirkungsgrad, Titer) quantitativ von einem che-misch definierten Anfangszustand in einen ebenso gut bestimmten End-zustand uberfuhrt. Man misst dabei die verbrauchte Menge Reagenzlosung.
60
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Abbildung 17: Links: Titration von 0.1N Sauren mit einer 0.1N Base;Rechts: Titration von jeweils zwei Konzentrationen einer starken und einerschwachen Saure.
Gesucht wird der Aquivalenzpunkt, bei dem gerade die zugegebene Mengedes Titers der der Saure entspricht; an diesem Punkt ist der Titrationsgradeins.
τ =[Base]
[Base]0,
wobei [Base]0 der Erwartungswert fur den Titer darstellt. Fur eine Base istder Titer naturlich eine starke Saure.
Die folgenden Angaben fur Titrationen gelten fur Raumtemperatur, da sichdas Verhalten chemischer Stoffe mit der Temperatur verandern kann:
• der Wert des Aquivalenzpunktes kann auch aus den logarithmischenDiagrammen entnommen werden (vgl. P5 in Abbildung 11,
61
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
• starke Saure / starke Base — Aquivalenzpunkt fallt mit dem Neutral-punkt zusammen,
• schwache Saure / starke Base — Aquivalenzpunkt liegt im alkalischenBereich,
• starke Saure / schwache Base — Aquivalenzpunkt liegt im sauren Be-reich,
• schwache Saure / schwache Base — Aquivalenzpunkt liegt am odernahe des Neutralpunktes, ist aber nur schwer festzustellen,
• die pH-Wertberechnung fur schwache Sauren wird nach
pH = pKA + lg [A−][HA]
durchgefuhrt,
• die Kurven der schwachen Sauren zeigen bei τ = 0.5 einen Wendepunkt,und hier liegt die grosste Pufferwirkung vor.
3.5.8 Titrationskurven und logarithmische pH-Diagramme
Die folgenden drei Abbildungen zeigen Zusammenhange zwischen Titrations-kurven und logarithmischen pH-Diagrammen an:
62
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Abbildung 18: Titrationskurven (rechte Teile) und logarithmische pH-Diagramme (linke Teile) der Ameisensaure (links: 0.1M = 0.1N; rechts:0.001M = 0.001N)
Abbildung 19: Titrationskurve (rechts) und logarithmisches pH-Diagramm(links) von Salzsaure und Essigsaure (jeweils 0.1M = 0.1N)
63
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Abbildung 20: Titrationskurve (rechts) und logarithmisches pH-Diagramm(links) von 0.1M NH4Cl bzw. von 0.1M NH3
64
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Abbildung 21: Titrationskurve (rechts) und logarithmisches pH-Diagramm(links) von Phosphorsaure ( 0.1M = 0.3N)
Die Konzentration einer starken Base, die in Wasser zu einer schwachen SaureHA zugegeben wird, lasst sich wie folgt ausdrucken:
[OH]t = [A−] + [OH−]− [H+]
und der Neutralisationsgrad τ damit auch als
a =[OH−]t[HA]t
=[A−]t[HA]t
+[OH−]− [H+]
[HA]t= g +
[OH−]− [H+]
[HA]t
Wenn [OH−]− [H+] vernachlassigbar klein ist, dann ist die Titrationskurve(τ , pH) mit der Pufferkurve (g, pH) identisch.Bei tiefen oder hohen pH-Werten ist dagegen [H+] gegenuber [OH−]t nichtmehr vernachlassigbar. Die zwei Kurven fallen nicht mehr zusammen. Wirbetrachten den Fall, bei dem die Grossen τ bzw. g verschieden sind, wie z.B.bei pKA(HA) = 3. Bei einer totalen Konzentration [HA]o = 1 · 10−2 Mberechnet man die folgende Wertetabelle pH vs.([OH−]− [H+])/[HA]o :
pH 5 4 3 2 1 0
[OH−]−[H+][HA]0
−10−3 −10−2 −10−1 -1 -10 -100
65
3.5 Berechnung von pH-Werten wassriger Losungen
Es zeigt sich, dass es bei den vorliegenden Bedingungen durch eine starkeSaurezugabe praktisch unmoglich ist, eine Losung der undissozierten SaureHA zu erhalten. Und zwar deshalb, weil die Zugabe der starken Saure keineweitere Protonierung von A− ermoglicht, sondern nur zur Herabsetzung despH-Wertes der Losung beitragt.
66
4 Redoxreaktionen
Der Begriff Redoxreaktion geht auf Lavoisier zuruck, der fur Vorgange,bei denen sich eine andere Substanz mit Sauerstoff verbindet, den AusdruckOxidation einfuhrte, wie z.B. bei
2Ni + O2 −→ 2NiO
2Mg + O2 −→ 2MgO
3Fe + 2O2 −→ Fe3O4
und
S + O2 −→ SO2
Die Bezeichnung Reduktion wurde entsprechend fur den Entzug von Sau-erstoff verwendet (vgl. Gewichtsreduktion):
CuO + H2 −→ Cu + H2O
Pyrophore Eigenschaften des Raney-Nickels,Oxidation von Eisen,Reduktion von Kupfer(II)-oxid
Fe2O3 + 3C −→ 1Fe + 3CO (24)
Die Reaktion 24 beschreibt den wesentlichen Vorgang beim Hochofenprozesszur Darstellung von Roheisen.Viele Oxide lassen sich mit elementarem Aluminium reduzieren(−→aluminothermische Reaktionen, Thermitversuch) unter Bildung von Alu-miniumoxid:
3SiO2 + 4Al −→ 3Si + 2Al2O3
Die Aluminothermische Darstellung von Silicium
67
4.1 Die Oxidationszahl
bzw.
Fe2O3 + 2Al −→ 2Fe + Al2O3
Reduktion und Oxidation gehen immer miteinander einher. Deshalb nenntman solche Reaktionen Redoxreaktionen. Heute versteht man unter die-sem Begriff ganz allgemein Reaktionen, bei denen Elektronen zwischen denKomponenten ubertragen werden.
4.1 Die Oxidationszahl
Der Formalismus der Oxidationszahlen ist besonders bei der Beschreibungvon Redoxvorgangen wichtig. Die Oxidationszahl gibt an, wieviele Elek-tronen ein neutrales Atom innerhalb einer Verbindung aufgenommen (+e−)bzw. abgegeben (−e−) hat. Die Oxidationszahl lasst sich leicht mit Hilfefolgender Regeln herleiten:
• Jedes Atom im elementaren Zustand hat die Oxidationszahl Null. Diesgilt auch fur die Elemente, die als Molekule oder Polymere (z.B. Gra-phit, Silicium, etc.) vorliegen.
• Bei Ionenverbindungen ist die Oxidationszahl eines Elementes identischmit seiner Ionenladung.
68
4.1 Die Oxidationszahl
Abbildung 22: Wichtige Oxidationszahlen der Elemente der ersten drei Peri-oden
• Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome einer mehratomigen Ver-bindung ist gleich Null.
Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome eines mehratomigen Ionsist gleich der Gesamtladung dieses Ions.
• Bei kovalent (mit Lewis-Bindestrichen) formulierten Verbindungen wirddie Verbindung formal in Ionen aufgeteilt.Dabei wird angenommen, dass die an jeder Bindung beteiligten Elek-tronen vom elektronegativeren Atom vollstandig ubernommen werden.
69
4.1 Die Oxidationszahl
• Die positive Oxidationszahl eines Elementes kann nicht grosser sein alsdie Gruppennummer dieses Elementes(Das gilt fur die alte und die neue Gruppeneinteilung).
• Die maximale negative Oxidationszahl eines Elementes ist nach deralten Gruppeneinteilung: Gruppennummer - 8;nach der neuen Gruppeneinteilung : Gruppennummer - 18.
• Die hochsten bisher beobachteten Oxidationstufen sind +8 in OsO4
70
4.1 Die Oxidationszahl
und -5 in Verbindungen mit E13 (E13=Elemente der Gruppe 13 nachder neuen Einteilung; B, Ga). Die grosste Spanne von Oxidationszah-len ist bisher mit ∆OZ=10 bei schwereren Ubergangsmetallen wie Os(Os2− bis Os8+) gefunden worden. Bei den Maximalwerten kommt dasKonzept an seine Belastungsgrenze.
• Die meisten Elemente treten in mehreren Oxidationsstufen auf.
Oxidationsstufen
In der chemischen Formel wird die Oxidationszahl uber dem zugehorigenElementsymbol als arabische oder als romische Zahl geschrieben. Fruher wur-den auch oft romische Zahlen in () hinter das Elementsymbol geschrieben.Das Vorzeichen steht vor der Zahl, im Gegensatz zu dem der Ladungszahl.Einige Oxidationszahlen ausgewahlter Elemente in Verbindungen:
−I
F ; Alkalimetalle(I); Erdalkalimetalle(II);III
Al,III
Sc,III
Y ,III
LaII
O (mit Ausnahmen).
Fruher war es ublich romische Zahlen zu benutzen; heute wahlt man uberwie-gend arabische, weil man auch die 0 und gebrochene Zahlen zur Verfugunghat.Einige weitere Beispiele:
NaCl :+1
Na−1
Cl HCl :+1
H−1
Cl
Cl2O :+1
Cl2−2
O OF2 :+2
O−1
F 2
HOCl :+1
H−2
O+1
Cl HClO4 :+1
H+7
Cl−2
O4
H2SO4 :+1
H2
+6
S−2
O4 NaH :+1
Na−1
H
Fe3O4 :+ 8
3
Fe3
−2
O4
Oxidationszahlen (OZ) sind zur systematischen Klassifizierung von Verbin-dungen nutzlich, dienen zur Interpretation bestimmter Eigenschaften von
71
4.2 Grundsatzliches
Verbindungen (z.B. magnetischer Eigenschaften) und sind hilfreich beim For-mulieren von Redoxgleichungen.Das Ausgleichen der Halbreaktion (27) lasst sich problemlos durchfuhren,wenn die OZ angegeben werden.
+7
Mn−→+2
Mn
Die Differenz der OZ von oxidierter und reduzierter Form ergibt die benotigteAnzahl Elektronen.
+7
Mn + 5e− −→+2
Mn
4.2 Grundsatzliches
Man kann bei Redoxreaktionen immer Teilreaktionen formulieren, die jedender Einzelvorgange separat beschreiben:
1. Bei der Oxidation werden von der betrachteten Komponente Elektro-nen abgegeben, und die Oxidationszahl erhoht sich.
0
A−→+z
A +z · e− (25)
0
Fe−→+2
Fe +2e−
0
Na−→+1
Na +e−
2. Bei der Reduktion werden von der betrachteten Komponente Elektro-nen aufgenommen, und die Oxidationszahl erniedrigt sich.
0
B +z · e− −→−z
B (26)
0
Cl2 +2e− −→ 2−1
Cl
+3
Fe +e− −→+2
Fe
72
4.2 Grundsatzliches
Redoxreaktionen mit Phosphor
Oxidierte und reduzierte Form einer Komponente bilden ein Redoxpaar
(z.B.0
Na /+1
Na+,+2
Fe /+3
Fe, 2−1
Cl− /0
Cl2).
An jeder Redoxreaktion sind immer zwei Redoxpaare beteiligt.
Redoxpaar 1 Red1 Ox1 + e−
Redoxpaar 2 Red2 Ox2 + e−
Redoxreaktion:
Red1 + Ox2 Ox1 + Red2
Silber- und Bleibaum
Je starker bei einem Redoxpaar die Tendenz der reduzierten Form ist, Elek-tronen abzugeben, um so schwacher ist die Tendenz der oxidierten Form,Elektronen aufzunehmen. Man kann die Redoxpaare nach dieser Tendenz ineiner Redoxreihe oder Spannungsreihe anordnen. Je hoher in der Re-doxreihe ein Redoxpaar steht, um so starker ist die reduzierende Wirkung derreduzierten Form. Weit oben stehende Spezies werden als Reduktionsmit-tel bezeichnet, weit unten stehende als Oxidationsmittel. Metalle, die einpositives Normalpotenzial haben heissen edel, die anderen unedel. Jede re-duzierte Form einer Spezies kann auf eine unter ihr stehende oxidierte Formeiner anderen Spezies Elektronen ubertragen. Nur solche Redoxreaktionenlaufen freiwillig ab.
73
4.2 Grundsatzliches
Tabelle 6: Redoxreihe
reduzierte Form oxidierte Form + e−
xZunehmendeTendenz derElektronenab-gabe;zunehmendereduzierendeWirkung
Na Na+ +1 e−Zunehmende
Tendenz derElektronen-aufnahme;zunehmendeoxidierendeWirkungy
Zn Zn2+ +2 e−
Fe Fe2+ +2 e−
H2 + 2 H2O 2 H3O+ +2 e−
2 I− I2 +2 e−
Cu Cu2+ +2 e−
Fe2+ Fe3+ +1 e−
2 Br− Br2 +2 e−
2 Cl− Cl2 +2 e−
Nicht moglich ist z.B. das Auflosen von Kupfer in wassrigen Losungen (nichtoxi-dierender) Sauren
Cu + 2H3O+ 6−→ Cu2+ + H2 + 2H2O
Reaktion von Sauren mit Metallen
Beispiele fur in wassriger Losung ablaufende Redoxreaktionen:
Zn + Cu2+ −→ Zn2+ + Cu
Fe + Cu2+ −→ Fe2+ + Cu
2Na + 2H3O+ −→ 2Na+ + H2 + 2H2O
2I− + Br2 −→ I2 + 2Br−
2Br− + Cl2 −→ Br2 + 2Cl−
74
4.3 Ausgleichen von Redoxreaktionen
ECu
EWasser
EZn
EAl
6
?
6
? 6?
ENa
EAgEH = 0
-3
-2
-1
edle Metalle
unedle Metalle
E(V)
+1
6
?6?
6
?
6
?
Abbildung 23: Potenzialdiagramm verschieden edler Metalle
Oxidationsreaktionen,Der Silber- und Bleibaum
4.3 Ausgleichen von Redoxreaktionen
Bei der Formulierung von Redoxgleichungen stellt sich oft das Problem derVervollstandigung der Gleichung. Dabei wird verlangt, dass die freiwerdendenElektronen vollstandig verbraucht werden. Da es keine feststehenden Regelnfur die zahlenmassige Vervollstandigung dieser Gleichungen gibt, erfolgt diesemeist empirisch. Grundsatzlich ist es aber empfehlenswert sich zunachst dieFrage zu stellen, ob uberhaupt eine Redoxreaktion vorliegt.Die Reaktion
Cu2+aq + Zn(s) −→ Zn2+
aq + Cu(s)
besteht aus den zwei Halbreaktionen
Cu2+aq + 2e− −→ Cu(s) Reduktion
Zn(s) −→ Zn2+aq + 2e− Oxidation
75
4.3 Ausgleichen von Redoxreaktionen
Hier ist das Ausgleichen der Reaktion trivial, es gibt aber Falle, bei denenetwas mehr Vorsicht angebracht ist. Wie kann man z.B. die Oxidation vonFe2+ zu Fe3+ mit KMnO4 in saurer Losung formulieren, wenn man weiss,dass Mn2+ entsteht?Man beginnt, die Halbgleichungen zu formulieren, indem man die darin vor-kommenden Komponenten auflistet. Die Reduktion lautet dann
K+7
Mn O4 + H+ + e− −→Mn2+ + . . . , (27)
und die Oxidation wird, wie folgt, formuliert:
Fe2+ −→ Fe3+ + e−.
Die erste Halbreaktion kann durch folgende Uberlegungen vervollstandigtwerden:
• Aus O-Atomen kann mit H+ H2O gebildet werden. (Auf der linkenSeite der Halbgleichung konnen, sofern die Reaktion in saurer Losungstattfindet, soviele H+−Ionen, wie benotigt, eingesetzt werden).
• Ausgleichen der Ladungen, indem 5e− zur Kompensation der funf uberschussi-gen positiven Ladungen auf der linken Seite eingesetzt werden.
K+7
Mn O4 + 8H+ + 5e− −→Mn2+ + 4H2O + K+
Ladungen : 3+ −→ 3+
• Durch Kombination der beiden Halbreaktionen verschwinden die Elek-tronen aus der resultierenden Gleichung.
KMnO4 + 8H+ + 5e− −→Mn2+ + 4H2O + K+
5Fe2+ −→ 5Fe3+ + 5e−
• Addition der beiden Halbgleichungen ergibt die vollstandige Redoxglei-chung:
K7+
Mn O4 + 8H+ + 5Fe2+ −→ 5Fe3+ + Mn2+ + 4H2O + K+
76
4.3 Ausgleichen von Redoxreaktionen
Redoxreaktionen von Kaliumpermanganat
Ein anderes Beispiel ist das Auflosen von Kupfer in einer oxidierenden Saure:
Redoxsystem 1 Cu −→ Cu2+ + 2e− x3
Redoxsystem 2 4H3O+ + NO −
3 + 3e− −→ NO + 6H2O x2
Redoxgleichung 3Cu + 8H3O+ + 2NO −
3 −→ 3Cu2+ + 2NO + 12H2O
Darstellung von NO
Man kann also folgendes Schema zur Vervollstandigung von Redoxgleichun-gen angeben:
• Stellen Sie aus den Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukten eine Glei-chung auf, in der die Elemente, die ihre Oxidationsstufe wechseln, ent-halten sind.
• Bestimmen Sie die Halbreaktion, in welcher die Oxidation bzw. dieReduktion auftritt.
• Vervollstandigen Sie die Halbreaktion so, dass die Zahl der einzelnenElemente auf beiden Seiten gleich wird. Die Sauerstoffbilanz ist dabeials erstes auszugleichen (Notigenfalls H2O, H+ oder OH− hinzufugen,niemals jedoch O2 oder H2 (!), sofern dies keine Reaktanden sind).
In saurem Milieu konnen begreiflicherweise nur H+ und H2O, in alka-lischem Milieu nur H2O und OH− als Reaktanden eingesetzt werden!
• Nachdem die Erhaltung der Atome gewahrleistet ist, wird durch Einfuhrungvon Elektronen fur die Ladungserhaltung gesorgt.
77
4.3 Ausgleichen von Redoxreaktionen
• Multiplizieren Sie die Halbreaktionen mit entsprechenden Zahlenfakto-ren derart, dass die Gesamtzahl der vom Reduktionsmittel abgegebe-nen Elektronen derjenigen vom Oxidationsmittel aufgenommenen ent-spricht.
• Addieren Sie beide Halbreaktionen.
• Prufen Sie die Richtigkeit der Endgleichung durch Abzahlen der Atomejedes Elements auf beiden Seiten der Gleichung, und kontrollieren Siedie Ladungserhaltung.
Reaktionsverhalten von Metallen
Ein Redoxprozess kann durch Mischen der notigen Edukte auftreten.
Die Reaktion liefert dann eine bestimmte Warmemenge, die von der gewahl-ten Zusammensetzung und der Enthalpie der Reaktion abhangt.
Dieser Prozess kann auch in galvanischen Zellen durchgefuhrt werden.
Redoxreaktionen
78
4.4 Galvanische Zellen
4.4 Galvanische Zellen
Die Abscheidung von Silber aus Silbernitratlosung an metallischem Kupferist bereits in Gleichung 1 formuliert worden. Eine weitere, lange bekannteRedoxreaktion ist die Abscheidung von Kupfer aus einer Kupfersalzlosungauf metallischem Zink.
Abbildung 24: Schematische Darstellung einer Redoxreaktion (links). Sche-matische Darstellung einer galvanischen Zelle (rechts, sogenanntes Daniell-Element).
Das Daniell Element
In der Versuchsanordnung in Abbildung 4.4 rechts ist der Reaktionsraum inzwei Halbzellen, Halbelemente bzw. Halbraume aufgeteilt. Diese Anordnungwird als Kette, Zelle, galvanische Zelle, Galvanisches Element oder Volta–Element bezeichnet. Entscheidend ist, dass die beiden Halbelemente so ge-trennt werden, dass die reagierenden Komponenten nicht direkt in Losungmiteinander zur Reaktion kommen (innerer Kurzschluss). Das wird durcheine halbdurchlassige Membran oder eine semipermeable Membran (Dia-phragma) bzw. durch eine Salzbrucke (Stromschlussel) gewahrleistet. Dabeimuss aber eine Ionenwanderung moglich bleiben, da sonst kein Stoffumsatzund kein Ladungstransport moglich ist.
Bei der Oxidation werden die freiwerdenden Elektronen an die Anode abge-geben und uber einen elektrischen Leiter, der an ein Messgerat oder einenVerbraucher angeschossen ist, zur Kathode uberfuhrt, wo sie fur den Reduk-tionprozess verbraucht werden. Der Fluss der Elektronen wird durch die
79
4.4 Galvanische Zellen
Wanderung von Anionen kompensiert, sodass die Elektroneutralitat gewahr-leistet ist.In diesem Fall liefert die chemische Reaktion also direkt elektrische Ener-gie, deren Menge von der Zahl der uberfuhrten Elektronen und vonder freien Enthalpie der Reaktion, ∆G, abhangt. Durch letztere wirdauch die Spannung zwischen den beiden Elektroden bestimmt. Diese wirdauch als Elektromotorische Kraft EMK bezeichnet. Auf Grund der EMKkann das galvanische Element Arbeit leisten und zwar entsprechend ∆G derzugrundliegenden chemischen Reaktion.
Redoxpaar 1 (Halbelement1) Redoxpaar 1 (Halbelement1)
Zn −→ Zn2+ + 2e− Cu2+ + 2e− −→ CuGesamtreaktion
Zn + Cu2+ −→ Zn2+ + Cu
Redoxpotenzial 1 Redoxpotenzial 2
EZn = EZn + 0,0592
lg cZn2+ ECu = ECu + 0,0592
lg cCu2+
Gesamtpotenzial∆E = ECu − EZn = ECu − EZn + 0,059
2lg
cCu2+
cZn2+
Die in Abbildung 4.4 dargestellte Reaktion verlauft spontan. Diese Aussa-ge kann entweder bei Kenntnis von ∆G oder der bekannten Potenziale derbeiden Elektroden machen. Es gilt namlich
∆G = −nFE = −96487 nE (28)
und∆G = −RTlnK = −5.707 lgK (29)
mit der Faradaykonstante F=96487 Asmol−1 und der Gaskonstanten R=8.314JK−1mol−1.K ist die Gleichgewichtskonstante und n die Zahl der bei der Reaktion be-teiligten Elektronen in mol.Die Potenziale erhalt man durch Anwendung der Nernstschen Gleichung, diefur eine Halbzelle wie folgt zu formulieren ist
E1 = E1 −RT
nFln
[Red1]
[Ox1](30)
80
4.4 Galvanische Zellen
und fur die Reaktionsgleichung
Red1 −→ Ox1 + n1e−
gilt.
Beim Vertauschen von [Ox] und [Red] andert sich das Vorzeichen vor demkonzentrationsabhangigen zweiten Glied.
E1 heisst Normal- oder Standardpotenzial der Halbzelle 1 fur den Fall, dassdie Aktivitaten von Red1 und Ox1 eins betragen. Diese Werte sind fur vie-le Halbreaktionen tabelliert, so dass nach Gleichung 30 viele Halbzellenpo-tenziale fur beliebige Aktivitaten der Reaktionspartner berechnet werdenkonnen.Eine ahnliche Gleichung gilt fur die zweite Halbzelle:
E2 = E2 −RT
nFln
[Red2]
[Ox2]
Fur eine spontane Reaktion sind E1 und E2 so zu kombinieren, dass die Diffe-renz der beiden Werte positiv ist. Im speziellen Fall E1 = E2 ist die Differenzder beiden Werte Null, und das System befindet sich im Gleichgewicht. Nureine Kombination der Halbreaktionen ergibt eine spontane Reaktion.
Bei Anwendung der Nernstschen Gleichung werden nur die Komponenten,die als Ionen in Losung oder als Gase auftreten, berucksichtigt. Fur festeStoffe und Wasser ist die Aktivitat eins.
Der Umsatz von Permanganat mit Eisen(II)–Salzen wurde bereits bespro-chen:
+7
Mn O −4 + 8H+ + 5e− −→Mn2+ + 4H2O
E = E − RT
5Fln
[Mn2+]
[MnO −4 ][H+]8
Galvanische Zellen bestehen immer aus zwei Halbzellen.
Als Beispiel sei noch einmal das Daniellelement angefuhrt:Hier bestimmt das grossere Bestreben von Kupfer, Elektronen aufzunehmen,die Richtung des Elektronenflusses.
81
4.4 Galvanische Zellen
Abbildung 25: Bestimmung von Standardpotenzialen mit einer Standardwasser-stoffelektrode als Bezugselektrode
Potenzialmessungen mit der Normalwasserstoffelek-trode
82
4.4 Galvanische Zellen
Die Bestimmung von Standardpotenzialen: Als Bezugselektro-de dient eine Standardwasserstoffelektrode. Die Standardwas-serstoffelektrode hat das Potenzial null, da ihr Standardpoten-zial willkurlich mit null festgesetzt wird. Die gesamte EMKder Anordnung a) ist also gleich dem Elektrodenpotenzial derZn-Elektrode:∆E = EZn = EZn + 0,059
2lg aZn2+ . Betragt die Aktivitat von Zn2+
eins (aZn2+ = 1, ) so ist die EMK gleich dem Standardpotenzialvon Cu. Standardpotenziale sind Relativwerte bezogen auf dieStandardwasserstoffelektrode.
Das Standardreduktionspotenzial E einer Halbzelle wird durch Messung derSpannung zwischen dieser Halbzelle und einer Standardelektrode Standard-wasserstoffelektrode unter Standardbedingungen (25C , 1 bar H2 undAktivitaten aller Reaktanden gleich eins) erhalten. Das Standardreduktions-potenzial der Standardwasserstoffelektrode wird definitionsgemass gleich Nullgesetzt.Das Vorzeichen von E ist nur dann positiv, wenn die Halbzelle bei obigerReaktion als Kathode wirkt (vgl. Tab. 7). Die E-Werte von Halbreaktio-nen sind wichtige Grossen, weil sie die Berechnung der freien Enthalpie ∆G(kJ/mol) und der Gleichgewichtskonstanten K mit Hilfe der Gleichungen 28und 29 erlauben.Gleichung 28 ergibt bei einem spontanen Prozess (E>0) einen negativenWert fur ∆G, wie es die Thermodynamik verlangt. Aus den Gleichungen 28und 29 folgt:
E =RT
nFlnK =
0.0592
nlgK (31)
Damit kann aus dem E−Wert die zur Reaktion gehorende Gleichgewichts-konstante K berechnet werden. Diese ist besonders wichtig, weil sie es er-laubt, die jeweiligen Gleichgewichtskonzentrationen fur einen Redoxprozesszu berechnen und zu entscheiden, ob z.B. eine volumetrische Titration fureine quantitative Bestimmung herangezogen werden kann.
83
4.4 Galvanische Zellen
Tabelle 7: Standardreduktionspotenziale, gultig bei 25C und 1 bar, in saurerLosung.
reduzierte Form oxidierte Form e− StandardpotenzialE in V
Li Li+ +1 e− -3,04K K+ +1 e− -2,92
Ba B2+ +2 e− -2,90Ca Ca2+ +2 e− -2,87Na Na+ +1 e− -2,71Mg Mg2+ +2 e− -2,35Al Al3+ +3 e− -1,68
Mn Mn2+ +2 e− -1,19Zn Zn2+ +2 e− -0,76Cr Cr3+ +3 e− -0,74
S2− S +2 e− -0,48Fe Fe2+ +2 e− -0,41Cd Cd2+ +2 e− -0,40Co Co2+ +2 e− -0,28Sn Sn2+ +2 e− -0,14Pb Pb2+ +2 e− -0,13Fe Fe3+ +3 e− -0,036
H2 + 2 H2O H3O+ +2 e− 0Sn2+ Sn4+ +2 e− +0,15Cu+ Cu2+ +1 e− +0,15
SO3 + 6 H2O SO2−4 + 4 H3O+ +2 e− +0,17
Cu Cu2+ +2 e− +0,34Cu Cu+ +1 e− +0,52
2 I− I2 +2 e− +0,54H2O2 + 2 H2O O2 + 2 H3O+ +2 e− +0,68
Fe2+ Fe3+ +1 e− +0,77Ag Ag+ +1 e− +0,80Hg Hg2+ +2 e− +0,85
NO + 6 H2O NO−3 + 4 H3O+ +3 e− +0,56
2 Br− Br2 +2 e− +1,076 H2O O2 + 4 H3O+ +4 e− +1,23
2 Cr3+ + 21 H2O Cr2O2−7 + 14 H3O+ +6 e− +1,33
2 Cl− Cl2 +2 e− +1,36Pb2+ + 6 H2O PbO2 + 4 H3O+ +2 e− +1,46
Au Au3+ +3 e− +1,50Mn2+ + 12 H2O MnO−
4 + 8 H2O +5 e− +1,513 H2O + O2 O3 + 2 H3O+ +2 e− +2,07
2 F− F2 +2 e− +2,8784
4.5 Die Standardwasserstoffelektrode
Das Daniell Element
4.5 Die Standardwasserstoffelektrode
Die Standard– oder Normalwasserstoffelektrode ist eine Halbzelle. Sie be-steht aus einer Elektrode, die mit fein verteiltem Platin beschichtet ist unddie bei 25C von Wasserstoffgas unter einem konstantem Druck von 1 barumspult wird. Diese Elektrode ist in eine wassrige Losung einer Saure (pH= 0 bzw. [H+] = 1 mol · l−1 oder besser aH+ = 1) eingetaucht.Die zugehorigen Gleichungen lauten
H+ + e− 1
2H2(g)
und
E = E +RT
Fln
aH+
p1/2H2
= E − 0.0592
1lg
p1/2H2
aH+
.
Abbildung 26: Schematischer Aufbau einer Wasserstoffelektrode
85
4.6 Anwendung der Nernstschen Gleichung
Redoxsystem H2 + 2H2O 2H3O+ + 2e−
Redoxpotenzial EH = EH + 0.0592
lga2
H3O+
pH2
Das Standardpotenzial einer Wasserstoffelektrode wirdwillkurlich null gesetzt. Fur die Standardwasserstoffelektrodeist daher EH = 0 .
Die Normalwasserstoffelektrode
4.6 Anwendung der Nernstschen Gleichung
In den folgenden Beispielen wird gezeigt, wie man mit Hilfe der NernstschenGleichung das Potenzial E einer Halbzelle fur beliebige Konzentrationen derbeteiligten Reaktanden berechnet.
a) E′ einer Elektrode unter Standardbedingungen, aber bei einem von 0verschiedenen pH-Wert :
Das Standardreduktionspotenzial einer H2-Elektrode bei pH = 7.
E = E − 0.0592 lga1/2H2
[H+]
= −0.0592 · pH − 0.0592 lg a1/2H2
= −0.414− 0.0592 lg a1/2H2
= −0.414V
mit aH2 = 1.Unter Standardbedingungen und pH = 7 ist das Auflosen von Ni unterH2−Entwicklung nicht mehr moglich (E(Ni2+/Ni) = -0.25 V!).
b) E bei gegebener Konzentration bzw. Aktivitat:
Das Potenzial einer H2−Elektrode bei pH = 2 und aH2 = 0.1 betragt:
E = 0− 0.0592 lg0.11/2
10−2= −0.89V
86
4.7 Faradaysches Gesetz
4.7 Faradaysches Gesetz
Das Faradaysche Gesetz beschreibt den quantitativen Zusammenhang zwi-schen elektrischer Ladung und der an einer Elektrode abgeschiedenen Stoff-menge. Man erhalt die durch die Strommenge Q abgeschiedene Masse m desStoffes mit der Molmasse M und der Ladung n nach:
m =MQ
nF
F ist die sogenannte Faradaykonstante, ihr Wert betragt 96485 Cmol−1.
87
4.8 Einige Beispielaufgaben zu Standardreduktionspotenzialen
4.8 Einige Beispielaufgaben zu Standardreduktionspo-tenzialen
4.8.1 Die EMK der Kette Zn/0.1 M ZnSO4//0.5 M CuSO4/Cu
Es gilt zunachst E(Zn2+/Zn) = -0.763 V und E(Cu2 + /Cu) = 0.340V. Fur die Anode erhalten wir mit Gl. 30
EA = −0.763− RT
nF· ln 1
[Zn2+]= −0.763− 0.0592
2· lg 10 = −0.793V
und fur die Kathode
EK = +0.340− 0.0592
2· lg 0.5−1 = 0.331V.
Die Zellspannung (stromlos gemessen) ist dann
EMK = EK − EA = 1.124V.
4.8.2 Berechnng von Gleichgewichtskonzentrationen
Es sollen Gleichgewichtskonzentrationen berechnet werden, die man erhalt,wenn man eine 0.1 M CuSO4−Losung mit Zn−Pulver versetzt.
Cu2+ + Zn Zn2+ + Cu K =[Zn2+]
[Cu2+]
Die EMK dieser Kette unter Standardbedingungen betragt:
E = 0.340 + 0.763 = 1.103V
Die Gleichgewichtskonstante K kann dann nach Gl. 31 berechnet werden:
K = 101.103·20.0592 = 1037.26
Die Konzentration von Zn2+ betragt 0.1 M (es wird angenommen, dass na-hezu das gesamte Cu2+ durch Zn umgesetzt wird). Die verbleibende Kon-zentration von Cu2+ lasst sich dann mit dieser Annahme wie folgt berechnen:
[Cu2+] =[Zn2+]
K=
[Zn2+]
1037.26= 10−38.26 M
Dieses Ergebnis rechtfertigt auch die Annahme, dass die Zn2+−Konzentrationam Ende etwa gleich 0.1 M sei.
88
4.8 Einige Beispielaufgaben zu Standardreduktionspotenzialen
4.8.3 Titration einer+2
Fe −Losung mit+4
Ce −Losung
100 ml 0.01 M+2
Fe −Losung sollen mit 0.100 M+4
Ce −Losung titriert werden.Die Titration soll in 1 M H2SO4 erfolgen.
E(+3
Fe /+2
Fe) = 0.77V E(+4
Ce /+3
Ce) = 1.44V
Die Messkette enthalt eine Platinelektrode zur Messung des Potenzials E(+3
Fe
/+2
Fe). Mit Gl. 30 erhalt man
E = E(+3
Fe /+2
Fe)− 0.24− 0.0592 lg[Fe2+]
[Fe3+].
Als Referenzelektrode wird eine Kalomelelektrode mit E = +0.24 V ver-wendet.Die Potenziale E sollen berechnet werden:
a) nach Oxidation der Halfte der+2
Fe −Losung,
b) nach Zugabe der zu+2
Fe aquivalenten Menge+4
Ce,
c) fur einen Uberschuss an+4
Ce, so dass gilt: [+4
Ce] = [+3
Ce].
Wir gehen nach folgendem Schema vor:Zuerst wird die Gleichgewichtskonstante der Reaktion ermittelt:
+2
Fe ++4
Ce+3
Fe ++3
Ce
K = 101.44−0.77
0.0592 = 1011.3
Daraus folgt, dass die Reaktion praktisch vollstandig ablauft.
Wir konnen nun die Gleichgewichtskonzentrationen berechnen.
(a) In diesem Fall sind 5 ml 0.1 M+4
Ce −Losung notwendig.Berucksichtigt man die zugehorige Volumenanderung, so wird die Aus-
gangskonzentration von+2
Fe:
89
4.8 Einige Beispielaufgaben zu Standardreduktionspotenzialen
[+2
Fe]o =0.01 · 100
100 + 5= 0.00952M
und die eingesetzte+4
Ce −Konzentration
[+4
Ce]o =[+2
Fe]o2
= 0.00476M.
Da die Reaktion, wie schon erwahnt, praktisch vollstandig verlauft,folgt:
[+3
Fe] = [+3
Ce] = [+2
Fe] =1
2[+2
Fe]o und E = 0.53V.
Die tatsachliche+4
Ce −Konzentration ergibt sich aus:
[+4
Ce] = [+3Fe][
+3Ce]
[+2Fe]·K
= [+3
Ce] · 10−11.3
= 2.38 · 10−14M
(b) Fur diese Aufgabe sind 10 ml 0.1 M+4
Ce −Losung notwendig. Die ur-
sprungliche Konzentration an+2
Fe ergibt sich damit zu:
[+2
Fe]o =0.01 · 100
100 + 10= 0.00909M.
Da laut Aufgabenstellung das gesamte+2
Fe durch+4
Ce zu+3
Fe oxidiertwerden soll, folgt
[+3
Fe] = [+3
Ce] = [+2
Fe]o.
Mit [+4
Ce] = [+2
Fe] gilt weiter
[+4
Ce] = [+2
Fe] = [+2
Fe]o√
10−11.3 = 2.03 · 10−8M.
90
4.9 Konzentrationsketten
Mit Hilfe des Massenwirkungsgesetzes (K) ergibt sich
[+2
Fe]
[+3
Fe]
= 2.24 · 10−6
undE = 0.53− 0.0592 · lg 2.24 · 10−6 = 0.864V
(c) In diesem Fall werden 20 ml 0.1 M+4
Ce −Losung benotigt. Man erhaltweiter:
[+3
Ce] =[+4
Ce]o2
=0.1 · 20
(100 + 20)2= 8.33 · 10−3M
Mit Hilfe der Massenwirkungskonstante K ergibt sich wieder
[+2
Fe]
[+3
Fe]
= 10−11.3, [+3
Fe] = 8.33 · 10−3, [+2
Fe] = 4.17 · 10−14.
und E = 0.53− 0.0592 · lg 10−11.3 = 1.19V.
4.9 Konzentrationsketten
Nach Gleichung 30 hangt das Elektrodenpotenzial von der Ionenkonzentra-tion in einer elektrochemischen Zelle ab.Das heisst, dass man mit ein und demselben Elektrodentyp aber mittelsKonzentrationsunterschieden in den Halbzellen ein galvanisches Element auf-bauen kann.
In der folgenden Abbildung ist eine Silberkonzentrationskette als Beispielangegeben. Auch die EMK dieser Kette ist gleich der Differenz der Potenzialeder beiden Halbelemente:
∆E = EAg(1)− EAg(2) = 0, 059 lgcAg+(1)
cAg+(2)
91
4.9 Konzentrationsketten
Reaktion im Halbelement 1 Reaktion im Halbelement 2
Ag+ + e− −→ Ag Ag −→ Ag+ + e−
Redoxpotenzial 1 Redoxpotenzial 2
EAg(1) = EAg + 0, 059 lg cAg+(1) EAg(1) = EAg + 0, 059 lg cAg+(1)
Abbildung 27: Konzentrationskette: Ag-Elektroden tauchen in Losungen mit un-terschiedlicher Ag+-Konzentration. Losungen verschiedener Konzentration habendas Bestreben, ihre Konzentrationen auszugleichen. Im Halbelement 2 gehen daherAg+-Ionen in Losung, im Halbelement 1 werden Ag+-Ionen abgeschieden, Elek-tronen fliessen vom Halbelement 2 zum Halbelement 1.
Mit Konzentrationsketten lassen sich sehr kleine Ionenkonzentrationen mes-sen und Loslichkeitsprodukte bestimmen.
Beispiel: Loslichkeitsprodukt von AgI
Versetzt man eine AgNO3-Losung mit I−-Ionen, fallt AgI aus. Es gilt dasLoslichkeitsprodukt
cAg · cI = LAgI
Verwendet man eine I−-LOsung der Lonzentration 10−1mol/l, so kann durchMessung der Ag+-Konzentration das Loslichkeitsprodukt bestimmt werden.
92
4.10 Elektroden zweiter Art
Man erhalt die Ag+-Konzentration durch Messung der EMK einer Konzen-trationskette, die aus einem Halbelement Ag|AgI|Ag+ und dem Referenzele-ment besteht
∆E = 0, 059 lg cAg + (R)− 0, 059 lg cAg+
lg cAg+ =∆E
0, 059+ lg cAg+(R)
Betragt die Ag+-Konzentration der Referenzelektrode cAg+ = (R) = 10−1mol/lund ∆E = 0, 832V, ist CAg+ = 8 · 1016mol/l und lAgI = 8 · 10−17mol2/l2.
4.10 Elektroden zweiter Art
Setzt man einem Ag+/Ag−Halbelement Anionen zu, die mit Ag+−Ionenein schwerlosliches Salz billden, so wird die Ag+−Ionenkonzentration durchdas Loslichkeitsprodukt des Salzes bestimmt. Das Potenzial einer solchenElektrode erhalt man also mit
E = E + 0.059 lg[Ag+]
und[Ag+][Cl−] = L.
zu
E = EAg + 0.0592 lgL
[Cl−].
Elektroden zweiter Art eignen sich sehr gut als Vergleichselek-troden.
• Sie lassen sich leicht herstellen.
• Ihr Potenzial ist gut reproduzierbar.
Potenzialmessungen an Elektroden
93
4.11 Elektroden fur EMK-Messungen
Eine in der Praxis haufig gebrauchte Vergleichselektrode ist die Kalomel-elektrode, die aus einem Pt-Draht, Quecksilber, Quecksilberchlorid, undeiner gesattigten Kaliumchloridlosung besteht:
Pt/Hg/Hg2Cl2/KCl(ges.) E = +0.24V
Der Pt-Draht dient nur als Zuleitung.
4.11 Elektroden fur EMK-Messungen
Bei jeder Halbreaktion wird immer ein System zur Ubertragung der Ladun-gen bzw. zur Abscheidung oder Auflosung eines Reaktanden benotigt. DieseFunktionen werden durch geeignete Elektroden realisiert.
Durch Anwendung sehr kleiner Strommengen treten i.d.R. vernachlassigbarkleine Anderungen der Konzentrationen der Ionen in Losung auf. Das heisstzugleich, dass die gemessene EMK zeitlich praktisch unverandert bleibt. Beivielen Messungen sind Phasengrenzen zwischen zwei Losungen unvermeidlich(pH-Messung, Anwendungen von Referenzelektroden, etc.).Diese verursachensogenannte Diffusionspotenziale, die eine genaue EMK-Messung erschweren.Alle Teile einer Messkette konnen die Messergebnisse beeinflussen, weil auchsie mitgemessen werden.Die folgende Uberlegungen mussen bei der Auswahl von Elektroden angestelltwerden:
• Wenn bei der Halbreaktion ein Metall und seine Ionen auftreten, dannwirkt das Metall als Elektrode (z.B. Cu, Zn, Ag, etc.)
• Platinschwarz oder Platinschwamm kann sehr grosse Mengen an H2
aufnehmen und abgeben. Es kann daher als Basismaterial fur eine Was-serstoffelektrode verwendet werden.
• Elektroden fur Anionen erhalt man, indem man ein Metall, mit einemschwerloslichen Salz des betreffenden Anions beschichtet.So erlauben die Elektrodensysteme Ag/AgX, Hg/Hg2X2 die Messungvon X−−Anionen (X = Cl−, Br−, I−).
• Bei Halbreaktionen zwischen loslichen Reaktanden mit verschiedenenOxidationszahlen konnen inerte Metallelektroden verwandt werden, zum
94
4.12 Potenzialdiagramme
Beispiel Pt oder Au fur die Redoxpaare
+3
Fe /+2
Fe,+2
Hg /Hg 2+2 , CrO 4−
2 /Cr+3 und+7
Mn O−4 /+2
Mn
• Das Potenzial zwischen zwei Losungen gegebener Wasserstoffionenkon-zentration, getrennt durch eine geeignete Membran (z.B. ionendurchlassi-ges Spezialglas), kann mittels Glaselektroden gemessen werden.
Man verlangt dabei, dass eine Elektrode ein Verhalten aufweisst, das dieNernstsche Gleichung der entsprechenden Halbzelle erfullt. Zusatzlich istfur die Praxis ein rasches Einstellen der entsprechenden Gleichgewichte er-forderlich. Diese Bedingungen sind nicht immer erfullt.
4.12 Potenzialdiagramme
Fur Elemente, die in mehreren Oxidationsstufen stabil auftreten, konnenin einem Diagramm alle E−Werte angegeben werden. Anhand dieser so-genannten Potenzialdiagramme konnen Disproportionierungen und andereRedoxprozesse diskutiert werden.
0,522 V
1) 2)
Cu2+ Cu+0,158 V
Cu (saure Ls.)
0,340 V
- -
Aus obigem Diagramm ist auch ersichtlich, dass das Standardpotenzial keineZustandsgrosse ist, wohl aber die freie Enthalpie ∆G (E1 +E2 6= E3 ; ∆G1+∆G2 = ∆G3) :
0.158 + 0.522 = 0.680 = 2 · 0.340.
Fur die Disproportionierung gilt:
2Cu+ −→ Cu2+ + Cu
und E = 0.522 - 0.158 = 0.364 < 0! Danach ist klar, dass diese Reaktionspontan ablauft.
95
4.12 Potenzialdiagramme
Eine Disproportionierung von Teilchen tritt dann auf, wenndas Redoxpotenzial fur die Reduktion zum nachstniedrigerenOxidationszustand positiver ist als das Redoxpotenzial fur dieOxidation zum nachsthoheren Oxidationszustand.
Die Disproportionierung von Fe2+, hingegen, ist nicht spontan:
-0,037 V
0,770 V -0,440 V
1) 2)
(saure Ls.)Fe2+Fe3+ Fe- -
Als Beispiel fur ein komplizierteres Potenzialdiagramm wird das von Chlorin saurer Losung wiedergegeben:
+1,21
+1,47
Cl−Cl2
+1,65-1,19
+1,43 +1,49
+1,358+1,63HOCl ----- HClO2ClO−3ClO−4
Diese Daten erlauben die Berechnung der E−Werte beliebiger Redoxpaarezwischen den beteiligten Spezies. Im Falle der Dissoziation von schwachenSauren (HClO und HClO2) ist die Kenntnis der zugehorigen Dissoziations-konstanten unerlasslich.
Das entsprechende Potenzialdiagramm in alkalischer Losung erhalt man,wenn man als Reaktanden die in diesem Medium stabilen Teilchen einsetzt.Als Beispiel sei hier die Berechnung von E(ClO−4 /ClO−3 ) aufgefuhrt: DieGleichung der Halbzelle in sauerem Milieu lautet:
2H+ + ClO−4 + 2e− −→ ClO−3 + H2O E = 1.19V
und die zugehorige Nernstsche Gleichung ist:
E = 1.19− 0.0592
2lg
[ClO−3 ]
[H+][ClO−4 ]. (32)
96
4.13 Gleichgewichtslage bei Redoxprozessen
Die Anionen ClO −3 und ClO −
4 sind auch im alkalischen Milieu stabil, unddie zugehorige Gleichung fur E erhalt man durch Substitution von [H+] mitHilfe des Ionenproduktes des Wassers Kw/[OH−] = 10−14/[OH−]:
E = 1.19− 0.05922
lg[ClO−
3 ][OH−]2
10−28[ClO−4 ]
= 1.19− 0.05922· 28− 0.0592
2lg
[ClO−3 ][OH−]2
[ClO−4 ]
= 0.36− 0.05922
lg[ClO−
3 ][OH−]2
[ClO−4 ]
Die letzte Gleichung entspricht dem GleichgewichtH2O + ClO−4 + 2e− −→ ClO−3 + 2OH− mit E = 0.36V.
Naturlich kann die Berechnung von E fur beliebige pH-Werte durchgefuhrtwerden. Fur pH = 5 erhalt man mit Gl. 32
E = 1.19− 0.05922
lg[ClO−
3 ]
(10−5)2[ClO−4 ]
= 1.19− 0.05922· 10− 0.0592
2lg
[ClO−3 ]
[ClO−4 ]
.
Das heisst, E=0.894 V fur diese Halbkette bei pH=5.
4.13 Gleichgewichtslage bei Redoxprozessen
Bei einem Redoxprozess liegt Gleichgewicht vor, wenn die Potenziale derbeiden Redoxpaare gleich gross sind.
E1 +RT
zFln
[Ox1]
[Red1]= E2 +
RT
zFln
[Ox2]
[Red2]
E2 − E1 =RT
zFln
[Ox1][Red2]
[Red1][Ox2]=
RT
zFln K
Fur 25oC erhalt man
(E2 − E1)z
0.0592= lg K.
Je grosser die Differenz der Standardpotenziale, um so weiterauf einer Seite liegt das Gleichgewicht.
97
4.14 pH-E-Diagramme
4.14 pH-E-Diagramme
Fur jede Halbkette kann man E−Werte in Abhangigkeit vom pH-Wert be-rechnen und erhalt durch Auftragen von E gegen pH pH-E-Diagramme.
Mit Hilfe solcher Darstellungen konnen ermittelt werden:
1. Die Richtungen von Redoxreaktionen beim beliebigen pH-Werten. Manvergleicht hierzu resultierenden E-Werte der zwei Halbketten.
2. Die stabilste Komponente eines galvanischen Elementes bei gegebenenBedingungen (pH,E).
Dabei soll beachtet werden, dass das Diagramm einer Halbkettenreaktion diepH / E-Wertepaare angibt, bei denen die Konzentrationen von Red und Ox1 M betragen:
Ox + ne− −→ Red
E = E − 0, 059
nlg
Red
Ox
Je positiver der E-Wert, desto stabiler ist die oxidierte Form, und je negativerder E-Wert, desto stabiler ist die reduzierte Form der Verbindung.Bemerkung:Aussagen uber den Verlauf einer Reaktion mittels Standardreduktionspoten-zialen gelten fur Systeme, die im Gleichgewicht stehen. Sehr oft lasst sich dasaus kinetischen Grunden nicht realisieren!Anwendungsbeispiele:
Elektrolyse,Brennstoffzelle,Das Kupfer – Eisen-Element,Oxidation von Zink
98
5 Komplexverbindungen
5.1 Aufbau und Eigenschaften
Komplexverbindungen werden oft auch als Koordinationsverbindungenbezeichnet.
Ein Komplex besteht aus einem Koordinationszentrum undder Ligandenhulle. Zum Zentrum konnen ein oder mehrereZentralatome oder Zentralionen gehoren. Die Liganden sindIonen oder Molekule bzw. Molekulionen.
Koordinations- Ligand Komplex KZ
zentrum
Al3+ F− [AlF6]3− 6
Cr3+ NH3 [Cr(NH3)6]3+ 6
Fe3+ H2O [Fe(H2O)6]3+ 6
Ni CO Ni(CO)4 4
Ag+ CN− [Ag(CN)2]− 2
Die Zahl der an das Zentrum gebundenen Liganden heisst Koordinations-zahl (Abkurzung: KZ bzw. CN). Komplexionen werden in [ ] gesetzt. DieGesamtladung ist die Summe aller Einzelladungen im Komplex. Komplexekonnen oft an ihren typischen Eigenschaften erkannt werden:
• Komplexionen zeigen haufig charakteristische Farben.
Cu2+aq + SO 2−
4 +4NH3 −→ [Cu(NH3)4]2++ SO 2−
4
schwachblau tiefblau
Fe2+aq +6CN− −→ [Fe(CN)6]
4−
schwachgelb gelb
• Losungen von Komplexen haben charakteristische elektrolytischeEigenschaften. Die gemessene Leitfahigkeit kann nicht nach der fol-genden Gleichung
K4[Fe(CN)6] −→ 4K+ + Fe2+ + 6CN−
99
5.1 Aufbau und Eigenschaften
sondern nur nach
K4[Fe(CN)6] −→ 4K+ + [Fe(CN)6]4−
erklart werden (vgl. auch Kap. 5.11 Doppelsalze).
• Die fur die freien Ionen typischen Ionenreaktionen werden haufignicht beobachtet, weil viele Komplexe in wassriger Losung in nur ge-ringem Masse dissoziieren. Solche Komplexe sind also recht stabil bzw.robust, und ihre Zentralionen sind maskiert:
Ag+ + Cl− −→ AgClfest LAgCl = 10−10
[Ag(NH3)2]+ + Cl− ←− AgClfest,weiss + 2NH3 (33)
Fallung und Auflosung von Silberniederschlagen
aber
[Ag(NH3)2]+ + I− −→ AgIfest,gelblich + 2NH3 LAgI = 10−16
Fe2+ + S2− −→ FeSfest,schwarz
[Fe(CN)6]4− + S2− ←− FeSfest,schwarz + 6CN− (34)
In den Gln. 33 und 34 sind die Silber- bzw. die Eisenionen maskiert.
Der Komplex [Fe(CN)6]4− reagiert aber in typischer Weise mit Fe3+−Ionen
zu Berliner Blau bzw. Turnbulls Blau.
[Fe(CN)6]4− + Fe3+ ←− Fe4[Fe(CN)6]3,fest
tiefblau
100
5.2 Gleichgewichte
Bei Ligandenaustauschreaktionen bildet sich immer der stabilere Komplex.Beispiele:
[Cu(H2O)4]2+ +4NH3 −→ [Cu(NH3)4]
2+ +4H2O
hellblau tiefblau
[Ag(NH3)2]+ +2CN− −→ [Ag(CN)2]
− +2NH3
Darstelung von “Berliner Blau”,Komplexreaktionen
5.2 Gleichgewichte
In wassriger Losung sind Metallionen von einer gewissen Zahl von Wasser-molekulen in der ersten Koordinationssphare umgeben. Darum wird fur dieseIonen oft die Bezeichnung M z+
aq verwendet. Ist die Anzahl der koordiniertenH2O-Molekule bekannt, dann kann dies in der Formel explizit angegebenwerden. Beim Aluminiumaquaion sind sechs H2O-Liganden vorhanden, sodass [Al(H2O)6]
3+ geschrieben werden kann. Das Zentralion Al3+ hat alsodie Koordinationszahl KZ=6 bzw CN=6.
Schon Alfred Werner (1866 - 1919) konnte zeigen, das die Koordinationszahlsechs haufig von einer oktaedrischen Anordnung der Ligandatome beglei-tet wird. In Wasser konnen sogenannte Ligandaustauschreaktionen auftre-ten. Dabei werden koordinierte H2O-Molekule gegen andere Liganden aus-getauscht. Dieser Prozess tritt in der Regel schrittweise auf, wie es in derfolgenden Reihe von Gleichungen dargestellt ist von
[Al(H2O)6]3+ + F− [Al(H2O)5F ]2+ + H2O
uber
[Al(H2O)7−nFn−1](4−n) + F− [Al(H2O)6−nFn](3−n) + H2O n = 2, 3, 4, 5
zu[Al(H2O)F5]
2− + F− [AlF6]3− + H2O.
Maskierung eines Aluminiumsalzes mittels Fluorid
101
5.2 Gleichgewichte
Tabelle 8: Komplexbildungskonstanten einiger Komplexe in Wasser
Komplex lg β Komplex lg β
[Ag(NH3)2]+ 7 [Cu(NH3)4]
2+ 13
[Ag(S2O3)2]3− 13 [Fe(CN)6]
3− 44
[Ag(CN)2]− 21 [Fe(CN)6]
4− 35
[Au(CN)2]− 37 [Ni(CN)4]
2− 29
[Co(NH3)6]2+ 5 [Zn(NH3)4]
2+ 10
[Co(NH3)6]3+ 35 [Cu(CN)4]
− 27(In der Literatur sind z.T. sehr unterschiedliche Werte angegeben.)
Bei F−-Zugabe werden also sukzessive sechs verschiedene Fluorokomplexegebildet. Es handelt sich dabei um Gleichgewichte mit den zugehorigen Sta-bilitatskonstanten Kn:
Kn =[Al(H2O)6−nFn]
[Al(H2O)7−nFn−1][F−]n = 1, 2, . . . , 6
und den Brutto-Komplexbildungskonstanten βn:
βn =[Al(H2O)6−nFn]
[Al(H2O)6][F−]n= K1 ·K2 · . . . ·Kn =
n∏i=1
Ki (35)
In Gleichung 35 wurden die Ladungen weggelassen. Die Bruttokonstanten βn
konnen experimentell ermittelt werden.
Je grosser die Komplexbildungskonstanten sind, um sobestandiger ist ein Komplex.
Das Einstellen der Gleichgewichte kann bei labilen Komplexen sehr rasch(t < 1s), bei robusten, inerten Komplexen sehr langsam (t > 1s, Minuten,Tage, u.m.) erfolgen. Labile Komplexe eignen sich besser fur Gleichgewichts-studien, robuste hingegen fur praparative Arbeiten. Fur die Katalyse mitUbergangsmetallionen werden labile Komplexgleichgewichte benotigt.Auch fur Komplexe konnen quantitative stochiometrische Beziehungen auf-gestellt werden. Die Beziehungen fur Aluminiumkomplexe, die durch Mischen
102
5.3 Liganden
einer Al(ClO4)3 mit einer HF−Losung (teilweise durch starke Base neutra-lisiert) erhalten werden, sind wie folgt zu formulieren:
[Al3+]t =6∑
n=0
[Al(H2O)6−nFn3−n] = [Al(H2O)63+] · (1 +6∑
n=1
βn[F−]n)
(36)
[F−]t = [F−] + [HF ] +6∑
n=1
n · [Al(H2O)6−nFn3−n]
[OH−]t = [F−] +6∑
n=1
n · [Al(H2O)6−nFn3−n] + [OH−]− [H+]
(Wegen der Koinzidenz von Konzentrations- und Komplexbezeichnungen wer-den hier die Komplexe in angegeben). Die zwei letzten Gleichungen lassensich unter Berucksichtigung von Gl. 36 und von Kw umformen zu:
[F−]t = [F−] · (1 + K−1s [H+]) + [Al(H2O)63+] · (1 +
6∑n=1
nβn[F−]n) (37)
[OH−]t = [F−] + [Al(H2O)63+] · (1 +6∑
n=1
nβn[F−]n) + Kw[H+]−1 − [H+].
(38)Man erhalt also ein System von drei Gleichungen 36, 37 und 38 mit den dreiUnbekannten [Al(H2O)63+], [F−] und [H+].Fur bekannte Konzentrationen von [Al3+]t, [F
−]t und [OH−]t kann man dieGleichgewichtskonzentrationen aller Spezies ermitteln, sofern die Konstantenβn (n = 1,2,...,6), Ks und Kw bekannt sind:
Ks =[H+][F−]
[HF ].
5.3 Liganden
In Wasser konnen Liganden fur die Metallkomplexbildung eingesetzt werden,die in der Lage sind, die am Metallatom koordinierten H2O−Molekule zu er-setzen.Man kennt sehr viele solcher Liganden, wie z.B. die einfach koordinierenden,
103
5.3 Liganden
einzahnigen
F−, Cl−, Br−, I−, OH−, CO2−3 , NH3, S
2−, u.a.
Einzähnige Liganden
C O C N N
O
O
N O NH3 NR3
S C N SR2 H2O ROH C
O
O
R OH
F Cl Br I
Eisenkomplexe
die zweizahnigen
Ethylendiamin, Oxalatanion, Glycinat, Mercaptoacetat, Acetylacetonat, Imi-nodiacetat und 2,2’Dipyridyl
104
5.3 Liganden
Zweizähnige Liganden
C C
O
OO
O
Oxalat
H2C CH2
NH2H2N
Ethylendiamin (en)
C
C
CH3N
N CH3
OH
OH
Diacetyldioxim
N N
2,2´-Dipyridyl (dipy)
CCH
CH3C CH3
O O
Acetylacetonat (acac-)
Ni-Komplexe
sowie die mehrzahnigen
Diethylendiamin (dreizahn.), Nitriloacetat (vierzahn.), Bis-(2,2’Dipyridyl)(vierzahn.), Anion der Ethylendiamintriessigsaure (funfzahn.) und Ethylen-diamintetraacetat (EDTA4−, sechszahn.).
Komplexierung
105
5.3 Liganden
NH
CH2
CH2
H2N
CH2
CH2
NH2
Dreizähniger Ligand
Diethylentriamin (dien)
N
CH2COO
CH2COO
CH2COO
Vierzähniger Ligand
Anion der Nitrilotriessigsäure
NCH2CH2N
CH2
CH2
OOC
OOC
CH2
CH2
COO
COO
Sechszähniger Ligand
Anion der Ethylendiamin-tetraessigsäure (EDTA)
NCH2CH2N
CH2
OOC
CH2
CH2
COO
COO
Fünfzähniger Ligand
Anion der Ethylendiamin-triessigsäure
H
Abbildung 28: Mehrzahnige Liganden
Die Pfeile deuten die freien Elektronenpaare an, die die Koordinationsstellenbesetzen. Weitere Beispiele sind sogenannte makrozyklische Liganden,von denen hier nur18-Krone-6, Cryptand C222 sowie C221 (jeweils sechszahn.) genannt seien,die in Wasser stabile Komplexe mit einigen Alkali- und Erdalkalimetallen-ionen bilden.
106
5.3 Liganden
O O
OO
O O
O O
OO
N N
OO
OO
N N
OO
O
18-Krone-6
O O
OO
O OK F
Kronenetherkomplex des KF(Dieses Salz ist in CHCl3 löslich.)
C222
C221
Abbildung 29: Makrozahnige Liganden
Ferner sind in lebenden Organismen Metallkomplexe mit sehr kompliziertenStrukturen vorhanden, die als (Enzyme) wirken. Als Beispiel sei hier dieCarboxypeptidase aufgefuhrt, ein Zinkkomplex der Summenformel
C1561H2352O465N465S5Zn (M = 34472amu)
bestehend aus 307 Aminosauren. Der Zn-Gehalt betragt 0,19 %. Das Zn2+−Ionist mit zwei N-Atomen aus Histidin (69 und 196), einem O-Atom aus Glutaminsaure72 und einem O-Atom eines H2O-Molekuls koordiniert.
107
5.3 Liganden
Tabelle 9: Zusammensetzung, Name und Kurzbezeichnung einiger gebrauch-licher Liganden
Oxalat ox2-OOC COO
H2N CH2COO Aminoacetat, Glycinat gly -
S CH2COO Mercaptoacetat
HN
CH2COO
CH2COO
Iminodiacetat IDA2-
N
CH2COO
CH2COO
Nitrilotriacetat NTA3-CH2COO
OOCH2C
NCH2CH2N
OOCH2C
CH2COO
CH2COO
Ethylendiamintetraacetat EDTA4-
H2NCH2CH2NH2 Ethylendiamin en
H2NCH2CH2NHCH2CH2NH2 Diethylentriamin dien
H2NCH2CH2
NCH2CH2N
H2NCH2CH2
CH2CH2NH2
CH2CH2NH2
penten
C
O
HC
C
O
CH3H3CAcetylacetonat acac
N CH2CH2OCH2CH2OCH2CH2
CH2CH2OCH2CH2OCH2CH2
CH2CH2OCH2CH2OCH2CH2
N Kryptand-2,2,2
108
5.3 Liganden
Tabelle 10: Strukturformeln einiger komplizierterer Liganden
OH
N N
OH
SO3
NO2
Erio T
N N
1,10-Phenanthrolin(phen)
N
O
Oxinat
N N
α,α´-Bipyridyl(bipy)
109
5.4 Nomenklatur von Komplexverbindungen
5.4 Nomenklatur von Komplexverbindungen
Fur einen Komplex wird zuerst der Name der Liganden und dann der desZentralatoms angegeben. Anionische Liganden werden durch Anhangen eineso an den Stamm des Ionennamens gekennzeichnet:
Tabelle 11: Beispiele fur die Bezeichnung von Liganden
F− fluoro H2O aqua
Cl− chloro NH3 ammin
OH− hydroxo CO carbonyl
CN− cyano
Die Anzahl der Liganden wird mit vorangestellten griechischen Zahlen mono,di, tri, tetra, penta, hexa bezeichnet. Die Oxidationszahl des Zentralatomswird am Ende des Namens mit in Klammern gesetzten romischen Zifferngekennzeichnet.
AnionzahlOxidations-
TeilchenZentral-
kationischer Komplex
chlorid(I)silberamminDi
Anion
LigandLigandenAnzahl der
Abbildung 30: Schema fur kationische Komplexe am Beispiel von[Ag(NH3)2]Cl.
Weitere Beispiele
[Cu(NH3)4]2+ Tetraamminkupfer(II)
[Ni(CO)4] Tetracarbonylnickel(0)
[Cr(H2O)6]Cl3 Hexaaquachrom(III)-chlorid(Die Zahl de Cl-Atome braucht nicht bezeichnet zu weren, sie ergibt sich
aus der Ladung des Komplexes.)
110
5.5 Zusammensetzung und Struktur von Komplexen
In negativ geladenen Komplexen endet der Name des Zentralatoms auf -at.Erwird in einigen Fallen vom lateinischen Namen abgeleitet.
LigandKation
Kation anionischer Komplex
zahlat
(I)atargentcyanodiNatrium
Oxidations-teilchenZentral-
LigandenAnzahl der
Abbildung 31: Schema fur anionische Komplexe am Beispiel vonNa[Ag(CN)2].
Weitere Beispiele:
[CoCl4]2− Tetrachlorocobaltat(II)
[Al(OH)4]− Tetrahydroxoaluminat(III)
K4[Fe(CN)6] Kalium-hexacyanoferrat(II)(Die Zahl der K-Atome wird nicht bezeichnet. Sie ergibt sich aus der
Ladung – 4 des Komplexes).
Bei verschiedenen Liganden ist die Reihenfolge alphabetisch.Beispiel:
[Cr(H2O)4Cl2]+ Tetraaquadichlorochrom(III)
5.5 Zusammensetzung und Struktur von Komplexen
Verbindungen wie CoCl3(NH3)6, CoCl3(NH3)5 oder PtCl4(NH3)3, die schonvor 100 Jahren bekannt waren, konnten nach der damals geltenden Valenz-lehre nicht verstanden werden und wurden darum Verbindungen hohererOrdnung genannt. Es war z.B. schon bekannt, dass es in Losungen vonChlorokomplexen nicht immer moglich war, alle enthaltenen Cl−−Ionen mitAgNO3−Losung zu bestimmen. So werden bei CoCl3(NH3)6 drei, bei CoCl3(NH3)5
nur zwei und bei PtCl4(NH3)2 kein Chloridion bestimmt. Diese Befundekonnten von A. Werner durch Einfuhrung von Koordinationszuordnungenerklart werden.
111
5.5 Zusammensetzung und Struktur von Komplexen
Formel Alte Valenzlehre
.
.
.
Co
NH3
NH3
NH3
Cl
Cl
NH3 NH3 NH3 Cl
Co
NH3
Cl
NH3
Cl
NH3 NH3 NH3 Cl
Pt
Cl
Cl
NH3 NH3 Cl
[Co(NH3)6]Cl3
[Co(NH3)5Cl]Cl2
[Pt(NH3)2Cl4]
KZ: 6
KZ: 6
KZ: 6
CoCl3 6 NH3
CoCl3 5 NH3
PtCl4 2 NH3
In den drei angegebenen Beispielen ist die Koordinationszahl immer sechs.
Bei robusten Komplexen (III
Co −,IV
Pt −) werden Liganden der ersten Koordi-nationssphare nur sehr langsam ersetzt, und darum konnen bei der Titrationmit Ag+ nicht alle Cl− quantitativ erfasst werden.Die Untersuchungen von Werner haben gezeigt, dass besonders bei Verwen-dung von einzahnigen Liganden eine grosse Vielfalt von Komplexen gefun-den werden kann. Dabei tritt die Koordinationszahl sechs sehr haufig, abernicht aussschliesslich auf. Fur viele Ionen gibt es bei wechselnden LigandenKomplexe mit unterschiedlicher Koordinationszahl. Fur Ni2+ sind oktaedri-sche, tetraedrische und quadratisch-planare Komplexe bekannt. Einige Ionenbevorzugen eine ganz bestimmte Koordinationszahl und Koordinationsgeo-metrie.
112
5.5 Zusammensetzung und Struktur von Komplexen
Tabelle 12: Raumliche Anordnung der Liganden
KZ
2
4
4
6
linear
tetraedrisch
quadratisch-planar
oktaedrisch
Räumliche Anordnungder Liganden Beispiele
[Ag(NH3)2]+, [Ag(CN)2]-, [AuCl2]-, [CuCl2]-
[BeF4]2-, [ZnCl4]2-, [Cd(CN)4]2-, [CoCl4]2-
[FeCl4]-, [Cu(CN)4]3-, [NiCl4]2-
[PtCl4]2-, [PdCl4]2-, [Ni(CN)4]2-,
[Cu(NH3)4]2+, [AuF4]-
[Ti(H2O)6]3+, [V(H2O)6]3+, [Cr(H2O)6]3+,
[Cr(NH3)6]3+, [Fe(CN)6]4-, [Fe(CN)6]3-,
[Co(NH3)6]3+, [Co(H2O)6]2+, [Ni(NH3)6]2+,
[PtCl6]2-
Kupfer-Cadmium-Trennung
Die Koordinationszahl drei tritt sehr selten auf, Beispiele sind aber be-kannt:
113
5.5 Zusammensetzung und Struktur von Komplexen
[HgI3]− trigonal planar
[SnCl3]− trigonal pyramidal
[Pt(P (C6H5)3)3]− trigonal planar
Ag NH3H3N
CO
NiOC CO
CO
Ni(CO)4
NiNC
NC CN
CN
[Ni(CN)4]2-
PtH3N
H3N NH3
NH3
[Pt(NH3)4]2+
OC FeCO
CO
CO
CO
Fe(CO)5
CoH3N
H3N NH3
NH3
NH3
NH3
[Co(NH3)6]3+
[Ag(NH3)2]+
zwei sp-Hybridorbitale,lineare Anordnung
vier sp3-Hybridorbitale,Tetraeder
vier dsp2-Hybridorbitale,Quadrat
vier dsp2-Hybridorbitale,Quadrat
fünf dsp3-Hybridorbitale,trigonale Bipyramide
sechs d2sp3-Hybridorbitale,Oktaeder
Abbildung 32: Beispiele fur Komplexe mit einzahnigen Liganden und ver-schiedener Koordinationszahl
114
5.6 Isomerie von Komplexen
H2N
H2C
H2CNH2
H2N
NH2
CH2
CH2
Cu
[Cu(en)2]+
N
N
N
N
Cu
[Cu(dipy)2]+
Abbildung 33: Beispiele fur Chelatkomplexe
5.6 Isomerie von Komplexen
Treten zwei chemische Spezies mit unterschiedlicher raumlicher Struktur abermit derselben Summenformel und Ladung auf, so spricht man von Isomerie.
Die Isomerie ist in den Komplexverbindungen ziemlich weit verbreitet, u.a.deshalb weil gewisse Liganden nicht nur in der ersten Koordinationssphareauftreten konnen.
5.6.1 Konformationsisomerie
Im Falle der Komplexe von+4
Pt mit NH3 und Cl− sowie K+ als Gegenionkennt man z. B. die ganze Reihe:
[Pt(NH3)6]Cl4, [Pt(NH3)5Cl]Cl3, [Pt(NH3)4Cl2]Cl2, [Pt(NH3)3Cl3]Cl,
[Pt(NH3)2Cl4], K[Pt(NH3)Cl5] und K2[PtCl6].
Dabei sind fur den an der dritten und an der funften Stelle stehenden Kom-plex je zwei Formen (Isomere, cis und trans - s. Abb. 34),
115
5.6 Isomerie von Komplexen
H3N NH3
Cl NH3
Cr
Cl
NH3
H3N NH3
N NH3
Cr
Cl
Cl
H3
cis-Form trans-Form
Abbildung 34: cis-trans Isomerie
sowie fur den an der vierten Stelle stehenden Komplex ebenfalls zwei Isomere(facial und meridional - s. Abb. 35) moglich.
Beispiel [Rh(H2O)3Cl3]
Cl OH2
Cl OH2
Rh
Cl
OH2
Cl Cl
Cl OH2
Rh
OH2
OH2
fac-Form mer-Form
Abbildung 35: Facial- und Meridionalisomerie
Verhalten sich zwei Isomere wie Bild und Spiegelbild so spricht man vonSpiegelbild– bzw. optischer Isomerie (Abb. 36).
116
5.6 Isomerie von Komplexen
I
C
BrCl
FC
I
BrF
Cl
Spiegelbild Bild
Spiegelebene
Abbildung 36: Spiegelisomerie
Optische Isomere oder auch Enantiomere zeigen identische physikalischeEigenschaften mit Ausnahme einer Drehung von linear polarisiertem Licht.
Cl
Co
Cl
Cl
Co
Cl
en en
en en
en = Ethylendiamin
Abbildung 37: Optische Isomerie
Sie drehen die Schwingungsebene des polarisierten Lichtes um den selbenBetrag aber in umgekehrter Richtung (optische Aktivitat).
Wird die Polarisationsebene des Lichts im Uhrzeigersinn gedreht, so bezeich-net man das Enantiomer als rechtsdrehend und kennzeichnet es durch dasSymbol (+) vor der Formelbezeichnung, z.B. (+) − [Co(en)3]
3+. Bei Dre-hung gegen den Uhrzeigersinn heisst das Enantiomer linksdrehend und wirdentsprechend gekennzeichnet, z.B. als (−)− [Co(en)3]
3+.Ein Enantiomerengemisch von 1:1 nennt man Racemat bzw. racemischesGemisch.Die drei hier vorliegenden Isomerieformen fasst man unter dem Begriff Ste-reoisomerien zusammen.
117
5.6 Isomerie von Komplexen
Abbildung 38: Drehung der Polarisationsebene einer gelosten Substanz ineinem neutralem Medium
Die Polarisationsebene wird im chiralen Medium zum verdrehten Band. DasAusmass der Drehung ist proportional der Konzentration c der Losung undder Schichtdicke l. Ausmass und Vorzeichen hangen ferner ab von der Art desLosungsmittels, der Temperatur T und der Wellenlange λ des verwendetenLichts. Eine Substanz wird durch einen spezifischen Drehwert α charakteri-siert:
[α]Tλ =αT
λ gemessen
l[dm] · c[g/ml]
5.6.2 Ionen– bzw. Ionisationsisomerie
Verschiedene Ionen konnen als Liganden im Komplex oder als Gegenionengebunden sein.
[Pt(NH3)4Cl2]Br2 und [Pt(NH3)4Br2]Cl2oder
[Co(NH3)5Cl]SO4 und [Co(NH3)5SO4]Cl.
Die Hydrat– bzw. Hydratationsisomerie ist eine spezielle Form:
[Cr(H2O)6]Cl3 und [Cr(H2O)5Cl]Cl2(H2O)und
[Cr(H2O)4Cl2]Cl(H2O)2.
118
5.7 Praparative Arbeiten mit robusten Komplexen
5.6.3 Koordinationsisomerie
Diese Variation kann auftreten, wenn Anionen und Kationen in Form vonKomplexen vorliegen:
[Pt(NH3)4][PtCl6] und [Pt(NH3)4Cl2][PtCl4]oder
[Cu(NH3)4][PtCl4] und [Pt(NH3)4][CuCl4].
5.6.4 Bindungsisomerie
Sie tritt dann auf, wenn mehrkernige Liganden durch verschiedene Ato-me an das Zentrum gebunden sind. Bekannt hierfur sind die CN−− undNO−2 −Anionen:
Cyano-Komplex Isocyano-KomplexMe− C ≡ N | Me−N ≡ C|
O
OMe−O −N = OMe−N
Nitrito-Komplex
HHHHHH
HHNitro-Komplex
LL
Abbildung 39: Beispiele fur die Bindungsisomerie
[Co(NH3)5NO2]Cl2 und [Co(NH3)5ONO]Cl2
5.7 Praparative Arbeiten mit robusten Komplexen
Bei der Herstellung vonIII
Co −Komplexen wird oft der Umweg uberII
Co−Verbindungen gewahlt. Man profitiert dabei von der Labilitat der letzte-ren, wodurch Ligandenaustauschreaktionen praktisch momentan verlaufen.
Den gewunschtenIII
Co −Komplex erhalt man anschliessend durch Oxidation
desII
Co −Komplexes. Durch ahnliche Verfahren war es A. Werner in mehrals zwanzig Jahren Arbeit moglich gewesen, eine sehr grosse Zahl von Kom-
plexen vonIII
Co,III
Cr undIV
Pt zu synthetisieren. Damit konnte er seine Theoriebestatigen. Besonders hervorzuheben ist die Trennung der optischen Antipo-den (Enantiomeren) von [Co(en)2NH3Br]Cl2.
119
5.8 Bestimmung der Stabilitatskonstanten
Cobalt(II)-Komplex
5.8 Bestimmung der Stabilitatskonstanten
Eine wichtige Methode zur Bestimmung der Stabilitatskonstanten bestehtdarin, fur Losungen bekannter Zusammensetzung (z.B. [Al3+]t, [F
−]t oder[OH−]t) den pH-Wert zu messen (vgl. hierzu Gln. 36, 37 und 38).Das ermoglicht die Berechnung von [H+], die mit Hilfe einer Kombinationder Gln. 37 und 38 die Gleichgewichtskonzentration [F−] liefert. Diese ergibt
mit [H+] und Ks die Konzentration [HF] ( Ks = [H+][F−][HF ]
).Somit kann man fur beliebige Gesamtkonzentrationen die am Aluminiumgebundene Menge Fluorid
∑6n=1 n · [AlFn] und den Komplexbildungsgrad
n =∑6
n=1 n [AlFn][Al3+]t
erhalten. Fur die Ermittlung der Bruttostabilitatskon-stanten βn wird Gl. 39 verwendet, die zu Systemen linearer Gleichungen inden gesuchten βn fuhrt.
6∑n=1
(n− n) · βn[F−]n + n = 0. (39)
Fur eine genaue Ermittlung aller βn werden ([F−], n)-Wertepaare im ganzenn−Bereich 0 ≤ n ≤ 6 benotigt. Die sich im Wasser abspielenden Gleich-gewichte sind gekoppelt. Deshalb erlaubt die Messung nur einer Konzentra-tion die Berechnung der Konzentrationen aller vorhandenen Spezies. Somitist die Ermittlung von Stabilitatskonstanten verschiedenster Metallkomple-xe moglich, wenn man die erforderlichen Titrationskurven aufgenommen hat.
In der folgenden Abbildung sind die Titrationskurven von 100 ml
1. einer reinen Fluorwasserstoffsaurelosung (6 · 10−2 M) und
2. in Anwesenheit von Al3+aq (1 · 10−2 M) mit starker Base (1 M NaOH)angegeben.
120
5.8 Bestimmung der Stabilitatskonstanten
Abbildung 40: Titrationskurve von HF allein ([F]t = 6·10−2 M) und mit Al3+
([Al]t:[F]t = 1:6)
Wie man leicht erkennt, ist die Losung in Anwesenheit von Metallionen in-folge Komplexbildung deutlich saurer.
Ahnliche Titrationskurven fur 100 ml protoniertes Glycin H2L+ (5 ·10−3), al-
lein und in Anwesenheit von Cu2+ bzw. Ni2+, bei verschiedenen Metall/Ligand-Molverhaltnissen mit 0.1 M KOH sind in den nachsten zwei Abbildungenzu finden.
121
5.8 Bestimmung der Stabilitatskonstanten
Abbildung 41: Titrationskurve von Glycin allein ([L]t = 5·10−3 M) und mitverschiedenen Mengen Cu ([Cu]t:[L]t = 1:1; 1:2; 1:3)
Sie zeigen eindeutig Im ersten Fall ist ganz eindeutig die Bildung von zweiKomplexen, namlich CuL+ und CuL2 festzustellen.
Im zweiten Fall treten drei Komplexe auf, namlich NiL+, NiL2 und NiL −3 .
122
5.8 Bestimmung der Stabilitatskonstanten
Abbildung 42: Titrationskurve von Glycin allein ([L]t = 5·10−3 M) und mitverschiedenen Mengen Ni2+ ([Ni]t:[L]t = 1:1; 1:2; 1:3)
Man erkennt dies daran, dass beim entsprechenden [M ]t/[L]t−Verhaltnis ei-ne pH-Erniedrigung des Puffergebietes HL/L− als Folge der Komplexbildungauftritt. Die Moglichkeit, aus den erhaltenen Titrationskurven mit sehr klei-nem Aufwand eine sinnvolle Angabe der gebildeten Komplexe zu erhalten,ist eine grosse Hilfe bei der Ermittlung der Komplexbildungskonstanten.
Fur Cd2+−Ionen in Cyanid-haltiger Losung findet man sogar vier Einzel-gleichgewichte:
Cd2+ + CN− [Cd(CN)]+ K1 = 105.5
[Cd(CN)]+ + CN− [Cd(CN)2] K2 = 105.2
[Cd(CN)2] + CN− [Cd(CN)3]− K3 = 104.6
[Cd(CN)3]− + CN− [Cd(CN)4]
2− K4 = 103.5 β4 = 1018.8
123
5.9 Komplexometrische Titration
1,04
32
0lg cCN−
anteilmengen-Stoff-
0,51
0
Abbildung 43: Auftragung der Gleichgewichtskonzentration von Cd2+ undder Komplexe [Cd(CN)]+, [Cd(CN)2], [Cd(CN)3]
− und [Cd(CN)4]2− in
abhangigkeit von der CN− Konzentration. Die Ziffern an den Kurven gebendie Anzahl der Liganden an (0 bedeutet Cd2+, 4 bedeutet [Cd(CN)4]
2−). Mitsteigender CN−-Konzentration wird zunachst der Komplex [Cd(CN)]+ ge-bildet, dann [Cd(CN)2] usw. Die Konzentrationen der Komplexe [Cd(CN)]+,[Cd(CN)2] und [Cd(CN)3]
− durchlaufen ein Maximum. auf ihre Kosten bildetsich [Cd(CN)4]
2−), der schliesslich der allein vorhandene Komplex ist.
Die hier angegeben, sehr einfache Beschreibung der Bildung von einkernigenKomplexen MLn (n = 1, ..., n) ist oft deutlich erschwert, wenn TeilchenMqHpLn mit q > 1 und p ≥ 1 auftreten (die elektrische Ladung ist nichtangegeben).Dann gilt z.B. die Gleichung 39 nicht mehr.Neben der pH-Methode, existieren noch weitere Verfahren, mit denen auchandere Grossen experimentell erfasst werden konnen wie [M z+], [ML], [L], ...(die elektrischen Ladungen der Teilchen werden oft weggelassen; L steht alsAbkurzung fur Ligand). Uber die Anwendung von EMK-Messungen wurdeim letzten Kapitel berichtet.
5.9 Komplexometrische Titration
Einzahnige Liganden bilden mit wenigen Ausnahmen schwache, labile Kom-plexe mit kleinen Komplexbildungskonstanten. Dagegen bilden mehrzahnigeLiganden (Chelatliganden) stabilere Komplexe. Diesen Befund nennt manChelateffekt, welcher sich auf entropische Grunde zuruckfuhren lasst.
Ni2+ + 6NH3 [Ni(NH3)6]2+ β ' 109
124
5.9 Komplexometrische Titration
Ni2+ + 3en [Ni(en)3]2+ β ' 1018
Ni(II)-Komplexbildungsgleichgewichte
Da Metallionen sehr oft die Koordinationszahl sechs aufweisen, ist EDTA mitsechs Ligandatomen, die funf Chelat-Funfringe bilden, ein gunstiger Kom-plexbildner. Die mit EDTA erhaltenen Stabilitatskonstanten zeigen, dassbereits mit Erdalkalimetallionen die Werte zwischen 108 und 1011 liegen,wahrend zweiwertige Ubergangsmetallionen, wie auch dreiwertige Lanthani-de, Werte von mehr als 1014 erreichen. In den meisten Fallen zeigt es sich, dassEDTA eine gunstige Verbindung fur die volumetrische Bestimmung vonMetallionen ist. Bei dieser Methode wird ein Metallion mit einer EDTA-Losung titriert, wobei sich folgendes Gleichgewicht einstellt:
M z+ + H2EDTA2− MEDTA(4−z)− + 2H+
Ein Puffersystem sorgt fur die Aufnahme der freigesetzten H+−Ionen. Beieiner genugend grossen Stabilitatskonstanten ist dann zu erwarten, dass amEndpunkt eine grosse Anderung der M z+−Konzentration stattfindet. Diesewird mit einem angezeigt, dessen Farbe sich andert (Farbumschlag). Der Me-tallindikator HiFI bildet mit M z+−Ionen einen MF (z−i)+−Komplex, dessenFarbe sich wesentlich von der des protonierten Indikators HiFI bei gleichempH-Wert unterscheidet. Der Komplex MF (z−i)+ ist unter den verwendetenBedingungen weniger stabil als MEDTA(4−z)−, womit am Endpunkt die fol-gende Reaktion eintritt:
H2EDTA2− + MFI(z−i)+ −→MEDTA(4−z)− + HiFI
Beispiele sind:
M z+ − FI HiFI Arbeitspunkt MFI(z−i)
Zn2+ − ErioT rot pH = 10 blau
Ca2+ −Murexid rot pH = 12 violett
Da Metallindikatoren auch pH-Indikatoren sind, mussen die pH-Bedingungenstrikt eingehalten werden. Die verwendeten Puffersysteme enthalten oft Li-ganden (z.B. NH3), die durch teilweise Komplexbildung die Hydrolyse von
125
5.10 Beeinflussung des Standardreduktionspotenzials
Metallionen und damit die Bildung von schwerloslichen Hydroxiden verhin-dern. EDTA4− ist eine Base, die bei pH ' 10.2 ein Proton, bei pH ' 6.2 daszweite, bei pH ' 2.6 das dritte und bei pH ' 2 das vierte Proton aufnimmt:
H4EDTA H3EDTA− + H+ pK = 2.0
H3EDTA− H2EDTA2− + H+ pK = 2.67
H2EDTA− HEDTA3− + H+ pK = 6.16
HEDTA− EDTA4− + H+ pK = 10.26
Damit nimmt die Konzentration an EDTA4− durch Verringerung des pH-Wertes stark ab: [EDTA]t = [EDTA4−] + [HEDTA3−] + [H2EDTA2−]
+[H3EDTA3−] + [H4EDTA]
[EDTA]t = [EDTA4−](1 + [H+]1010.26 + [H+]21016.42
+[H+]31019,09 + [H+]41021.09
[EDTA]t = αH · [EDTA4−]
pH 11 10 9 8 7 6 5 4 3
lg αH 0.07 0.45 1.3 2.3 3.3 4.7 6.5 8.4 10.6
Bei pH = 4 ist die Konzentration von EDTA4− durch Protonierung 8.4Grossenordnungen kleiner als bei pH = 11. Bei einem pH-Wert von vier findetalso bei Ca2+ (lgK1 = 10.7) schon eine teilweise Dissoziation des Komplexesstatt, wahrend bei Zn2+ (lgK1 = 16.4) eine komplexometrische Titrationimmer noch zu korrekten Ergebnissen fuhrt, sofern ein geeigneter Indikatorverwendet wird. Zn2+ titriert man oft bei pH = 5 komplexometrisch, wobeiXylenolorange als Indikator verwendet wird.
5.10 Beeinflussung des Standardreduktionspotenzialsdurch Komplexbildung
Die Standardreduktionspotenziale werden durch die Anwesenheit von Komplex-bildnern in der Messlosung stark verandert. Das Potenzial einer Metallelek-trode
M z+ + 2e− −→Ms
126
5.10 Beeinflussung des Standardreduktionspotenzials
E = E − RT
2Fln
1
[M z+]
wird negativer durch die Abnahme der Konzentration von [M z+] durch dieKomplexbildung.
Das Daniell Element, Redoxsystem Co(III) / Co(II)
Beispiel:
AlF 3−6 + 3e− −→ Als + 6F− E = −2.07V (E
Al3+aq= −1.66V)
[Zn(NH3)4]2+ + 2e− −→ Zns + 4NH3 E = −1.04V (EZn2+
aq= −0.763V)
[Zn(CN)4]2− + 2e− −→ Zns + 4CN− E = −1.26V (EZn2+
aq= −0.763V)
Die E−Werte zur Berechnung der Bruttokomplexbildungskonstanten be-nutzt werden:
E =0.0592
nlgK
β6(AlF 3−6 ) = 10
3·0.410.0592 = 1020.8 β4(Zn(NH3)
2+4 ) = 109.36
β4(Zn(CN)2−4 ) = 1016.8
Im Falle von Redoxpaaren zwischen Ionen verschiedener Oxidationsstufenkonnen gegenuber dem Fall der Aquaionen E-Werte erwartet werden, diepositiver oder negativer sind.
Das hangt davon ab, ob die reduzierte oder die oxidierte Form starkere Kom-plexe bildet.
Ox + ze− −→ Red E = E − RT
2Fln
[Red]
[Ox]
Beispiele:
Fe(phen) 3+3 + e− −→ Fe(phen)2+
3 E = 1.10V
Fe(EDTA)− + e− −→ Fe(EDTA)2− E = 0.12V
127
5.11 Doppelsalze
5.11 Doppelsalze
Doppelsalze wie KAl(SO4)2(H2O)12 oder KMgCl3(H2O)6 mussen aufgrundihrer Eigenschaften von den Komplexen unterschieden werden.
Solche Salze dissoziieren namlich in wassriger Losung in die einfachen Einze-lionen, und es entsteht kein bestandiger Sulfato– bzw. Chlorokomplex.
128
6 Fallungsreaktionen
Die Zustandsform von Stoffen (Aggregatzustand, Reaktivitat, usw.) wirddurch die Gibbsche Freie Energie bestimmt, wenn sich Gleichgewichte ein-stellen konnen (keine kinetische Hinderung).
Feste Stoffe losen sich auf, wenn die in ihnen enthaltenen Teilchen (Ionen,Molekule) in Losung einen energetisch niedrigeren Zustand erreichen konnen.
Das kann z.B. durch Bindungskrafte zwischen den Stoffteilchen und denLosungsmittelteilchen oder durch (entropische) Verteilungseffekte, i.d.R. durchbeides, bewirkt werden.
Umgekehrt fallt ein Feststoff aus einer Losung aus, wenn der feste Zustanddenjenigen der niedrigsten Gesamtenergie liefert.
In der Realitat treten zwischen den idealen Grenzfallen, fest und komplettgelost, immer Zwischenzustande auf.
6.1 Loslichkeitsprodukt und Loslichkeit von Festkorpern
Das Gleichgewicht zwischen einem Feststoff und seinen Ionen in Losung kanndurch das Loslichkeitsprodukt KL bzw. LAB charakterisiert werden.Ist eine schwerlosliche Verbindung auch in Losung vorhanden, so wird diesdurch Angabe der entsprechenden Konstanten berucksichtigt.Fur AgCl findet man folgendes Gleichgewicht:AgCls Ag+
aq + Cl−aq mit dem Loslichkeitsprodukt: KL = [Ag+aq][Cl−aq]
und entsprechend fur ein komplizierteres Salz: A2B3,s 2A+aq + 3B−aq; mit
dem Loslichkeitsprodukt: KL = [A+aq]
2[B−aq]3
Man unterscheidet drei verschiedene Falle von Losungsgleichgewichten:
1. Gesattigte Losungin einer solchen Losung von AgCl in H2O ist bei 25oC[Ag+] = [Cl−] =
√KL = 10−5 mol · l−1.
2. Ubersattigte LosungKL < [Ag+
aq][Cl−aq];in diesem Fall wird festes AgCl ausfallen bis die Losung gesattigt ist.
129
6.1 Loslichkeitsprodukt und Loslichkeit von Festkorpern
3. Ungesattigte LosungKL > [Ag+
aq][Cl−aq];das Salz ist vollstandig gelost, und weiteres festes Salz (AgCl) kannsich auflosen.
Oft kann die Konstante KL experimentell (z. B. durch EMK-Messungen)ermittelt werden. Manchmal ist KL mit gewissen Kationen besonders klein,so dass diese aus einer Losung in Form von schwerloslichen Verbindungenabgetrennt werden konnen.
Calciumphosphat in den Knochen oder Calciumcarbonat in der Schale einerMuschel sind Beispiele von Fallungen, die fur Lebewesen von grosser Bedeu-tung sind.
Die Metallionen (Cu2+, Cd2+, Hg2+, P b2+, Bi3+, As3+, Sb3+, Sn2+) konnenmit H2S leicht als Sulfide aus einer Losung gefallt werden.
Zn2+, Ni2+, Co2+ werden mit NH4HS bzw. NH4Sx als feste Sulfide undFe3+, Al3+, Cr3+, Mn2+ mit NH3 als feste Hydroxide in der qualitativenAnalyse abgetrennt.
Schwerlosliche Metallsulfide,Kristallisation von Natriumacetat aus einerubersattigten Losung
In photographischen Prozessen werden die Silberhalogenide, die durch dasLicht nicht verandert wurden (unbelichtete Filmbereiche), mit Natriumthio-sulfat (Fixiersalz) entfernt. S2O
3−2 bildet dabei losliche Silberkomplexe.
In Tabelle 13 ist eine Liste von KL-Werten angegeben. Beim Vergleich derLoslichkeiten (in M) dieser Verbindungen konnen die angegebenen Wertenur dann direkt verwendet werden, wenn die betrachteten Verbindungen diegleiche Zahl von Ionen in Losung bilden. Dagegen lasst sich zeigen, dass z.B. Ag3PO4 eine grossere Loslichkeit in mol · l−1 aufweisst (1.60 · 10−5 M) alsAgCl (1.33 · 10−5 M), obwohl KL fur die erste Verbindung wesentlich kleinerist als fur die zweite (KL = 1.8 · 10−18 bzw. 1.79 · 10−10).
130
6.1 Loslichkeitsprodukt und Loslichkeit von Festkorpern
Tabelle 13: Loslichkeitsprodukte einiger schwerloslicher Salze in H2O bei25oC
Halogenide Sulfide Sulfate
MgF2 6·10−9 SnS 1·10−26 CaSO4 2·10−5
CaF2 2·10−10 PbS 3·10−28 SrSO4 8·10−7
BaF2 2·10−6 MnS 7·10−16 BaSO4 1·10−9
PbF2 4·10−8 NiS 1·10−21 PbSO4 2·10−8
PbCl2 2·10−5 FeS 4·10−19
PbI2 1·10−8 CuS 8·10−45 Hydroxide
CuCl 1·10−6 Ag2S 5·10−51
CuBr 4·10−8 ZnS 1·10−24 Be(OH)2 3·10−19
CuI 5·10−12 CdS 1·10−28 Mg(OH)2 1·10−12
AgCl 2·10−10 HgS 2·10−54 Ca(OH)2 4·10−6
AgBr 5·10−13 Ba(OH)2 4·10−3
AgI 8·10−17 Carbonate Al(OH)3 2·10−33
AgCN 2·10−14 Pb(OH)2 4·10−15
Hg2Cl2 2·10−13 Li2CO3 2·10−3 Mn(OH)2 7·10−13
Hg2I2 1·10−23 MgCO3 3·10−5 Cr(OH)3 7·10−31
CaCO3 5·10−9 Ni(OH)2 3·10−17
Chromate SrCO3 2·10−9 Fe(OH)2 2·10−15
BaCO3 2·10−9 Fe(OH)3 5·10−38
BaCrO4 8·10−11 Pb2CO3 3·10−14 Cu(OH)2 2·10−19
PbCrO4 2·10−14 Zn2CO3 6·10−11 Zn(OH)2 2·10−17
Ag2CrO4 4·10−12 Ag2CO3 6·10−12 Cd(OH)2 2·10−14
131
6.1 Loslichkeitsprodukt und Loslichkeit von Festkorpern
Die Loslichkeit von schwerloslichen Verbindungen kann auf unterschiedlicheArt und Weise verandert werden:
1. Durch Zugabe eines Inertsalzes, das nicht direkt am betrachteten Gleich-gewicht teilnimmt.
KL = aAg+ · aCl− = [Ag+][Cl−] · fAg+fCl−
Durch Anderung der Aktivitatskoeffizienten variiert der Wert von KcL.
Gewohnlich werden bei Zugabe von Inertsalzen die Aktivitatskoeffizi-enten kleiner als eins, wobei diese Veranderung von der Ionenstarkeund vom verwendeten Salz abhangt.
2. Durch Zugabe eines Reaktanden, z.B. eines komplett loslichen Salzesmit mindestens einem identischen Ionentyp. Damit wird die Loslichkeitdes schlecht loslichen Salzes deutlich weiter verkleinert.Beispiel: Zugabe von NaCl zum System AgCls/AgClsolv.
[Cl−] = 10−2 und [Ag+] =10−9.75
[Cl−]10−7.75M
So kann man die Konzentration einer Komponente in Losung stark ver-ringern und gleichzeitig eine quantitative Bestimmung des Feststoffesdurchfuhren.
Andere typische Beispiele sind:
• Fallung der Metallhydroxide
• Fallung der Metallsulfide, wobei neben einer Zugabe von H2S dieKonzentration von S2− auch durch pH-Anderung variiert werdenkann.
Schwerlosliche Sulfide werden besonders von d9− und d10−Kationengebildet.Auch bei anderen schwachen Sauren (H3PO4, H2CO3, HSO −
4 , HCrO −4 )
ist die Bildung von schwerloslichen Salzen pH abhangig.
3. Durch Zugabe von Komplexbildnern kann die Loslichkeit stark erhohtwerden.
132
6.2 Berechnung der Loslichkeit von AgCls in NH3-Losungen
Al(OH)3 + OH− −→ [Al(OH)4]−
schwerlosl. loslich
AgCl + Cl− −→ [AgCl2]−
schwerlosl. besser loslich
Fallungsreaktionen
6.2 Berechnung der Loslichkeit von AgCls in NH3-Losun-gen
In Anwesenheit von NH3 nimmt die Loslichkeit von AgCls deutlich zu.
Fallung und Auflosung von Silberniederschlagen
AgCls + 2NH3 [Ag(NH3)2]+ + Cl− (40)
Dabei werden zwei Komplexe, [AgNH3]+ und [Ag(NH3)2]
+ gebildet.Aus dem Vergleich der zwei Konstanten,
K1 =[Ag(NH3)
+]
[Ag+][NH3]= 103.37
K2 =[Ag(NH3)
+2 ]
[Ag(NH3)+][NH3]= 103.85
kann man entnehmen, dass fur [NH3] = 0.1 M die Konzentration des 1:2-Komplexes 700mal grosser ist als diejenige des 1:1-Komplexes und dass letz-tere wiederum 234mal grosser ist als diejenige des Silberions [Ag+].
Unter diesen Umstanden kann man fur die Berechnung der Loslichkeit vonAgCls die Konstante des Gleichgewichts 40 verwenden:
K3 =[Ag(NH3)2]
+[Cl−]
[NH3]2= 107.22 · 10−9.75 = 10−2.53
133
6.2 Berechnung der Loslichkeit von AgCls in NH3-Losungen
Fur [NH3] = 0.1 M ergibt sich dann,
[Ag(NH3)+
2 ] = [Cl−] = 10−4,53/2 M = 10−2.265 M = 5.43· 10−3 M,
d. h. eine im Vergleich zu einer gesattigten AgCl−Losung (1.33·10−5 M)400mal grossere Loslichkeit.
Da NH3 immer teilweise hydrolysiert wird, konnen wir noch die NH +4 -Konzentration
berucksichtigen:
KB =[NH+
4 ][OH−]
[NH3]= 10−4.755
Einsetzen von [NH3] = 0.1 M ergibt:
[NH+4 ] = [OH−] = 10−5.755/2 = 10−2.878 = 1.32·10−3 M
pH = 14 - pOH = 14 - 2.88 = 11.12
Es folgt weiter
[NH3]t = [NH3] + [NH+4 ] + 2·[Ag(NH3)
+2 ]
= 0.1 + 0.00132 + 0.01086 = 0.11218 M
Fur niedrige NH3−Konzentrationen mussen auch die Beitrage der anderenGleichgewichte betrachtet werden:
AgCls + NH3 Ag(NH3)+ + Cl−
AgCls Ag+ + Cl−,
wobei die folgende Komplexbildungskonstanten benutzt werden:
K4 =[Ag(NH3)
+][Cl−]
[NH3]2= 103.37 · 10−9.75 = 10−6.38
K5 = [Ag+][Cl−] = 10−9.75
Da in allen Gleichgewichten die Konzentration des Chloridions erscheint, giltauch:
[Ag+] + [Ag(NH3)+] + [Ag(NH3)
+2 ] = [Cl−],
134
6.2 Berechnung der Loslichkeit von AgCls in NH3-Losungen
Tabelle 14: Gleichgewichtskonzentrationen in verd. NH3 (M)
NH3-Konzentration
0,01 M 0,001 M 0,0001 M 0,00001 M
[Ag+] 2,90·10−7 2,71·10−6 1,13·10−5 1,32·10−5
[Ag(NH3)+] 6,49·10−6 6,06·10−6 2,53·10−6 2,96·10−7
[Ag(NH3)+2 ] 6,06·10−4 5,66·10−5 1,81·10−6 2,19·10−8
[Cl−] 6,13·10−4 6,55·10−5 1,57·10−5 1,35·10−5
oder anders ausgedruckt: Fur jedes freiwerdende Cl−-Ion muss auch ein Ag+-Ion in irgendeiner Form in Losung gehen.Die Summe der Konzentrationen aller moglichen Teilchen, die Ag+ enthaltenkonnen, muss also gleich der Cl−-Konzentration sein.
Es folgt dann mit Hilfe von K1 und K2,
[Ag+](1 + 103.37[NH3] + 107,22[NH3]2) = [Cl−]
woraus sich durch Ersetzen von [Ag+] mit 10−9.75/[Cl−] die Cl−-Konzentrationberechnen lasst:
[Cl−] =√
10−9.75(1 + 103.37[NH3] + 10.7.22[NH3]2)
Anschliessend werden mit den vorausgegangenen Gleichungen
[Ag+], [Ag(NH3)+] und [Ag(NH3)
+2 ]
erhalten.
In dieser Rechnung wurde der pH-Wert der Losung nicht berucksichtigt. SeineAngabe wurde es erlauben, mit der Dissoziationskonstanten Ks von NH+
4 , dieNH+
4 -Konzentration zu ermitteln.Man kann aber auch umgekehrt fur eine bekannte Gesamtkonzentration [NH3]tmit Hilfe des pH-Werts die [NH3] berechnen.
Eigentlich liegen hier Pufferlosungen vor, die eine genauere Festsetzung dergewunschten Konzentrationen erlauben.
135
6.3 Standardreduktionspotenziale von Losungen mit Feststoffen
6.3 Standardreduktionspotenziale von Losungen in An-wesenheit von Feststoffen
Fur die Halbzellenreaktion
AgCls + e− Ags + Cl−
erhalt man ein Standardreduktionspotenzial E = 0.222 V. Dies lasst sichkombinieren mit dem Wert fur E = 0.799 V von
Ag+ + e− Ags.
Damit erhalt man furAgCls ←− Ag+ + Cl−
die Konstante KL = 10−0.577/0,0592 = 10−9.75. Diese Zahl stimmt mit demWert in Tabelle 13 nicht uberein, weil in dieser der Unterschied zwischenAktivitat und Konzentration noch nicht berucksichtigt ist. Extrapoliert manauf unendliche Verdunnung, so erhalt man genau diesen Wert. EntsprechendeWerte sind auch fur andere Systeme bekannt.Also konnen Loslichkeitsprodukte durch Messungen an galvanischenZellen bestimmt werden.
Potenzialmessungen zwischen Silberelektroden
Andere Beispiele:
(a)
CuIs + e− ←− Cus + I− E = −0.185V
Cu+ + e− ←− Cus E = +0.522V
CuIs ←− Cu+ + I− E = −0.707V
KL = 10−0.707/0.0592 = 10−11.94
136
6.4 Leitfahigkeitsmessungen
(b)
Hg2Cl2,s + 2e− ←− 2Hgfl + 2Cl− E = 0.268V
Hg 2+2 + 2e− ←− 2Hgfl E = 0.798V
Hg2Cl2,s ←− Hg 2+2 + 2Cl− E = −0.530V
KL = 10−0.530/0.0296 = 10−17.90
6.4 Leitfahigkeitsmessungen
Fur Elektrolytlosungen gilt das Ohmsche Gesetz
U = R · I
und fur den elektrischen Widerstand einer Losung, gemessen zwischen zweiElektrodenflachen mit dem Abstand d
R = ρd
A.
ρ ist der spezifische Widerstand [Ωcm] und sein reziproker Wert die spezifi-sche Leitfahigkeit κ [Ω−1cm−1] = [Scm−1].Ublicherweise ist es sinnvoll, die Leitfahigkeiten von Elektrolyten zu verglei-chen, wenn die Losungen gleiche Stoffmengenkonzentrationen bezogen aufIonenaquivalente haben.
Man definiert als Aquivalentleitfahigkeit Λ die Leitfahigkeit einer Losungbezogen auf die Aquivalentkonzentrationc( 1
z∗X) als
Λ =κ
c( 1z∗X)
[cm2Ω−1mol−1]
Die molare Grenzleitfahigkeit Λ∞ bzw. Λ0 erhalt man durch Extrapolation:
Λ∞ = limc→0
Λc
Die molaren Grenzleitfahigkeiten Λ∞ zeigen, dass die Ionen unabhangig von-einander wandern (Gesetz von Kohlrausch, 1879) und fur einen ElektrolytenAaBb aufgeteilt werden konnen:
Λ∞ = a · λ+∞ + b · λ−∞
137
6.4 Leitfahigkeitsmessungen
Tabelle 15: Aquivalentleitfahigkeiten (Scm2mol−1) in H2O bei 25oC
Aquivalenzleitfahigkeit in mol/l
0,0001 0,0010 0,0100 0,1000
Aquivalenzleitfahigkeit in cm2/(Ω mol)
NaCl 126,5 123,7 118,5 106,7 = 0,84 Λ∞BaCl2 140,0 134,3 123,9 105,2 = 0,75 Λ∞CuSO4 133,0 115,2 83,3 50,5 = 0,38 Λ∞
Tabelle 16: Ionengrenzleitfahigkeiten (Scm2mol−1) in H2O bei 25oC
H3O+ 349,8 Mg2+ 53,1 Br− 78,4
LI+ 38,7 Ba2+ 63,6 I− 76,8
Na+ 50,1 Fe3+ 68,0 NO−3 71,4
K+ 73,5 OH− 198,0 SO2−4 79,8
NH+4 73,4 Cl− 76,3 CO2−
3 70,0
Dabei bedeuten λ+∞ und λ−∞ die Ionengrenzleitfahigkeiten der Kationen und
der Anionen.Die Tabelle 15 zeigt sehr schon, dass die Aquivalentleitfahigkeiten stark vonden Ionenkonzentrationen abhangen.
Leitfahigkeitsmessungen werden u.a. dazu verwandt, die Zusammensetzun-gen von Komplexsalzen zu bestimmen.Auch die Endpunkte von Fallungstitrationen konnen mit ihrer Hilfe erkanntwerden.Fur die Deutung der Daten in Tabelle 16 mussen folgende Uberlegungenberucksichtigt werden, wobei λ+
∞ und λ−∞ als Mass fur die Geschwindigkeitender Ionen im ausseren elektrischen Feld verstanden werden:
1. Zur Beurteilung der Daten sollen die solvatisierten Ionen betrachtetwerden.
138
6.4 Leitfahigkeitsmessungen
Tabelle 17: Weitere Beispiele molarer Grenzleitfahigkeitswerte [Scm2 ·mol−1]
NaCl 126.5 MgSO4 266 LaCl3 428.2
CsI 154.0 MgCl2 258.8
2. Die hohe Ionenleitfahigkeit von H2O kommt dadurch zustande, dassnur Platzwechselvorgange der Protonen uber die Wasserstoffbruckendes Wassers stattfinden (Grothus–Mechanismus) und keine echte Wan-derung von H3O
+ und OH−.
3. Innerhalb einer Ladungsklasse sind die Unterschiede klein.
4. Die Grenzleitfahigkeit hangt vorwiegend von der Ladung ab.
Man erkennt deutlich, wie sich Ladung und Zahl der Ionen pro Formeleinheitauf die Leitfahigkeit auswirken.Mit Hilfe von Leitfahigkeitsmessungen kann man darum die Gesamtzahl derIonen pro Formeleinheit bestimmen, eine Methode, die in der praparativenKomplexchemie oft zur Charakterisierung der erhaltenen Komplexsalze be-nutzt wird.Ferner wurde diese Methode ausgiebig zur Bestimmung der Dissoziationskon-stanten von schwachen Sauren und Basen verwendet (W. Ostwald, 1889).Weitere Anwendungen sind die Messungen von Gefrierpunktserniedrigung,Siedepunktserhohung und osmotischem Druck.
6.4.1 Konduktometrie
Wenn eine wassrige, chloridhaltige Losung mit einer AgNO3−Losung titriert,wird findet eine sukzessive Abscheidung von AgCls statt. Dabei wird ein inLosung befindliches Cl−−Ion durch durch ein Nitrat-Ion ersetzt.Das bewirkt eine nur sehr kleine Abnahme der Leitfahigkeit (siehe Tab. 16).Die graphische Darstellung von ml AgNO3−Ls. gegen die Leitfahigkeit ergibteine Gerade.Diese setzt sich bis zur vollstandigen Fallung von AgCls, d.h. bis zum End-punkt der Chloridausscheidung, fort.
139
6.5 Gravimetrie
Anschliessend tragt die zugegebene Menge AgNO3, die ja vollstandig inLosung geht, zur stetigen Erhohung der Leitfahigkeit bei. Da diese Zunah-me direkt proportional zur zugegebenen Menge Titrierlosung ist, bilden dieLeitfahigkeitwerte in diesem Bereich eine neue, steilere Gerade.
Der Schnittpunkt der beiden Geraden ergibt die Menge AgNO3-Losung, die zur Titration des Cl−-Ions notig war.
6.5 Gravimetrie
Eine weitere Anwendung von Fallungsreaktionen ist die Gravimetrie. Es han-delt sich hierbei um eine quantitative Analysenmethode zur Bestimmung derin einer Losung vorhandenen Kationen und Anionen.Man nutzt dabei die Schwerloslichkeit gewisser Verbindungen aus. Die be-treffende Fallungsreaktion muss selektiv fur die zu bestimmenden Ionen seinund unter den gewahlten Bedingungen quantitativ ablaufen.
Das gefallte Produkt soll moglichst leicht filtrierbar sein und eine grosse Mol-masse besitzen.
Man kennt verhaltnismassig viele Verbindungen, die schwerloslich sind, abertrotzdem nicht fur gravimetrische Bestimmungen verwendet werden konnen,weil die Trennung des kristallinen Niederschlags oder die Uberfuhrung zueinem leicht wagbaren Produkt mit konstanter Zusammensetzung nicht ge-lingt.
Aus diesem Grund werden z.B. die meist schwerloslichen Sulfide und Hy-droxide sehr selten in der Gravimetrie verwendet.
Das Nickel-Ion wird z.B. mit Dimethylglyoxim bestimmt.
Die Gravimetrie erlaubt Bestimmungen mit einer wesentlichhoheren Genauigkeit als die Volumetrie (Titration). Sie wirddaher oft zur Kontrolle der anderer Methoden verwandt, auchwenn sie relativ zeitraubend ist.
140
Index
Aquivalenzpunkt, 61Arrhenius, S., 21, 22Bronsted, 22, 24Davy, H., 21Faraday, 87Gay-Lussac, 4Grothus, 139Guldberg, C. M., 17Humbold, A. von, 4Kohlrausch, 137Lavoisier, A. L., 4, 21, 67Le Chatelier und Braun, 19Lewis, 22, 24Liebig, J., 21Nernst, 86Ostwald, W., 139Waage, P., 17Werner, A., 101, 111
Aktivitatoptische, 117
Aktivitatskoeffizient, 132ampholyte, 24Analyse
konduktometrische, 139Autoprotolyse, 26
Base, 21Basenanhydride, 22Benzoesaure, 44Berliner Blau, 100Berthollide, 3Bestimmung
volumetrische, 125Bindung
kovalente, 13polarisierte, 13
Bindungsisomerie, 119Borax, 6Bronsted
-Base, 23-Saure, 23
Chelatligand, 124chemische Reaktionen, Arten, 9chemisches Gleichgewicht, 15chirales Medium, 118
Daltonide, 3Daniell Element, 79Diaphragma, 79Disproportionierung, 96Doppelsalz, 128
EDTA, 125Edukt, 7effektive Ladung, 11Elektrode
fur EMK Messungen, 94Elektroden
-reaktion, 8Auswahl, 94
Elektroden zweiter Art, 93Elektronenubertrag, 9Elektronenschalen, 5Elektroneutralitat, 42EMK, 80, 88, 130
Messung, 94enantiomer, 117endergonisch, 15endotherme Reaktion, 19
141
INDEX
Enzym, 107Essigsaure, 53exergonisch, 15exotherme Reaktion, 19
Fallungsreaktion, 129Faradaykonstante, 80Faradaysches Gesetz, 87Festkorper
Loslichkeitsprodukt, 129freie Enthalpie, 83
galvanische Zelle, 79Gefrierpunktserniedrigung, 139Gemisch
racemisches, 117gesattigte Losung, 129Gesetz der konstanten und multiplen
Proportionen, 4Gibbsche Freie Energie, 129Gleichgewicht, 101Gleichgewichtskonstante, 18, 83Gleichgewichtskonzentration, 88Gravimetrie, 140Grothus–Mechanismus, 139
Halbzelle, 79Hauptschalen, 5Hinreaktion, 16Hydratationsisomerie, 118Hydratisierung, 9
Indikatoren, 27Inertsalz, 132Ionengleichungen, 8Ionenprodukt des Wassers, 26, 42Ionenverbindungen, 12Ionenwanderung, 79isoelektrischer Punkt, 60
IsomerieBindungs-, 119Hydrat-, 118Hydratations-, 118Ionen-, 118optische, 117
Kalomelelektrode, 89, 93Kernladung, 5Komplex
-bildungskonstante, 102, 127Isomerie, 115Nomenklatur, 110Struktur, 111Zusammensetzung, 111
Komplexbildner, 132Komplexe
Praparation, 119komplexometrische Titration, 124Komplexverbindung, 99Konduktometrie, 139Konformationsisometrie, 115konstante Proportionen, Gesetz, 4Konzentrationseinheiten, 20Konzentrationsketten, 91Konzept der formalen Ladungen, 12Koordination
-sisomerie, 119-szahl, 99-szentrum, 99
Koordinationsverbindung, siehe Kom-plexverbindung
Koordinationsverbindungen, 99Koordinationszahl, 99Koordinationszentrum, 99kovalente Bindung, 13Kp, 18Kronenschwefel, 7
142
INDEX
LoslichkeitBerechnung, 133
Loslichkeitsprodukt, 129Losung
ubersattigte, 129gesattigte, 129ungesattigte, 130
Ladung, formale, 12Ladungsubertrag, 10Leitfahigkeit, 137
Messung, 138Lewis
-Base, 24-Saure, 24
Licht, 118polarisiertes, 117
Ligand, 99, 101, 103-austauschreaktion, 101Chelat-, 124einzahniger, 104makrozyklischer, 106mehrzahniger, 105zweizahniger, 104
Maskierung, 100Massenerhaltung, 42
Gesetz, 4Massenprozente, 20Massenwirkungsgesetz, 17, 42, 90Medium
chirales, 118Metallindikator, 125Metallion
volumetrische Bestimmung, 125Metallkomplex
-bildung, 103mikroskopische Reversibilitat, 16Molenbruch, 20
Multiple Proportionen, 4
Nernstsche Gleichung, 80, 86, 88Neutralisation, 9Nomenklatur
Komplexverbindungen, 110Normalpotenzial, 81
Orbital, 5osmotischer Druck, 139Oxidation, 67, 79Oxidationsmittel, 73Oxidationszahl, 68
pH-E-Diagramm, 98-Messung, 49-Wert, 26, 42
Berechnung, 48, 53Diagramm, 44
Phasenbreite, 3photografischer Prozess, 130pK-Wert, 18, 43polarisierte kovalente Bindung, 13polarisiertes Licht, 117Potenzialdiagramme, 95Prinzip des kleinsten Zwanges, 19Produkt, 7Proportionen
konstante, 4multiple, 4
protische Losungsmittel, 24Protolyse
Gleichgewicht, 26Puffer, 123, 125, 135Pufferkurve, 37
Ruckreaktion, 16Racemat, 117
143
INDEX
ReaktionFallung, 14, 129Gas, 18Komplexbildung, 13Redox, 14Saure-Base, 13Teil-, 8
Reaktionsenergie, 15Reaktionsenthalpie, 18Reaktionsgeschwindigkeit, 20Reaktionsgleichung, 7Redox
-reaktion, 14, 67ausgleichen, 72, 75
-reihe, 73Gleichgewichtslage, 97
Reduktion, 67Reduktionsmittel, 73Reversibilitat
mikroskopische, 16
Saure, 21einprotonige, 38mehrprotonige, 31schwache, 57zweiprotonige, 58
Saureanhydride, 22Schwefel, 7Schwefeldioxid, 7Schwefelwasserstoff, 7semipermeable Membran, 79solidus, 9Spannungsreihe, 73Stochiometriezahlen, 7Stabilitatskonstante, 102
Bestimmung, 120Brutto-, 120
Standardpotenzial, 81
Bestimmung, 82Standardreduktionspotenzial, 20
Beeinflussung, 126Beispielaufgaben, 88Losung mit Festkorper, 136
Standardwasserstoffelektrode, 83, 85Stereoisomerie, 117Stoffgleichungen, 8
Teilreaktion, 8Titration, 89
komplexometrische, 124Titrationskurve, 33
Stabilitatskonstante, 120Titrieren, 60Turnbulls Blau, 100
Umschlagsintervalle, 29ungesattigte Losung, 130Unterschalen, 5Urstoff, 1
Valenzelektronen, 10Volta-Element, 79Volumengesetz, 4
Xylenolorange, 126
144