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Social Media als Herausforderung für Wissenschaftskommunikation und Meinungsbildung
Jan‐Hinrik Schmidt @janschmidt Zürich 14.12.2017
2/9Worüber spreche ich heute?
Wissenschaftskommunikation findet in unterschiedlichen Arenen statt.
Soziale Medien fungieren als Intermediäre, die nach einer eigenen Medienlogik (auch) zwischen diesen Arenen
vermitteln.
3/9Arenen der (Wissenschafts‐)Kommunikation online
Massenmediale Öffentlichkeit (z.B. srf.ch; @nzzwissen)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator; disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach journalistischen Nachrichtenfaktoren
• Präsentation von Informationen folgt etablierten & neuen journal. Gattungen
Expertenöffentlichkeiten(z.B. PLOS one; arxiv.org)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator; Publikum sind academic peers
• Selektion von Informationen nach disziplinären Themen; peer review
• Präsentation von Informationen intersub‐jektiv nachvollziehbar & falsifizierbar
Kollaborative Öffentlichkeit (z.B. Wikipedia)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunikator; disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach enzyklopädischer Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt Ideal des „neutralen Standpunkts“
Persönliche Öffentlichkeit (z.B. privates FB‐Profil; @janschmidt)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunik.; eigenes soziales Netzwerk als Publikum
• Selektion von Informationen nach Kriterien persönlicher Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt Leitbild der Authentizität
4/9Arenen der (Wissenschafts‐)Kommunikation online
Massenmediale Öffentlichkeit (z.B. srf.ch; @nzzwissen)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator; disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach journalistischen Nachrichtenfaktoren
• Präsentation von Informationen folgt etablierten & neuen journal. Gattungen
Expertenöffentlichkeiten(z.B. PLOS one; arxiv.org)
• Hohe Zutrittshürden als Kommunikator; Publikum sind academic peers
• Selektion von Informationen nach disziplinären Themen; peer review
• Präsentation von Informationen intersub‐jektiv nachvollziehbar & falsifizierbar
Kollaborative Öffentlichkeit (z.B. Wikipedia)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunikator; disperses, unverbundenes Publikum
• Selektion von Informationen nach enzyklopädischer Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt Ideal des „neutralen Standpunkts“
Persönliche Öffentlichkeit (z.B. privates FB‐Profil; @janschmidt)
• Niedrige Zutrittshürden als Kommunik.; eigenes soziales Netzwerk als Publikum
• Selektion von Informationen nach Kriterien persönlicher Relevanz
• Präsentation von Informationen folgt Leitbild der Authentizität
5/9Intermediäre und Kommunikationsarenen
• Soziale Medien sind nicht 1:1 einer Kommunikationsarena zuzuordnen, sondern fungieren als Intermediäre: sie bündeln und vermitteln Informationen aus unterschiedlichen Arenen
• Intermediäre generieren also selbst keine eigenen Inhalte, stellen aber Voraussetzungen zur Verfügung, dass andere diese verbreiten bzw. auffinden können
• Dabei bringen sie eine eigene Medienlogik ins Spiel, die Kommmunikationspraktikenentscheidend prägt
Angebote
Wikis
Gattung
Netzwerk‐plattform
Microblogs
Weblogs
Multimedia‐plattform
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• Intermediäre erschließen den „Microcontent“ aus unterschiedlichen Kanälen – darunter auch Wissenschaftskommunikation –und bündeln ihn zu einem konstanten Informationsfluss („streams“; „feeds“)
• Sie filtern und priorisieren dabei auch – aber in der Regel nicht redaktionell, sondern algorithmisch
Organisationsprinzipien (1/3): Ent‐ & Neubündelung
6 von 12
7/9
• Intermediäre fördern die Personalisierung von Informations‐repertoires in zweierlei Hinsicht:
(a) das Kontaktnetzwerk, das den Informationsstrom einer Person speist, ist individuell einzigartig;
(b) Empfehlungs‐ und Filteralgorithmen beziehen früheres Verhalten und Metadaten einer Person ein, um Inhalte oder Kanäle vorzuschlagen
• Diese Form von Personalisierung verspricht „bessere / relevantere“ Informationen (& Werbung)
• Setzt aber umfassende „Verdatung“ von Aktivitäten, Präferenzen und sozialen Geflechten voraus
• Birgt zudem Risiko von Filterblasen und Echokammern
Organisationsprinzipien (2/3): Personalisierung
7 von 12
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Intermediäre sorgen für eine Konvergenz bislang getrennter Kommunikationsmodi: von Konversation und Publikation
(Wissenschafts‐)Journalistische Angebote führen eigene Kanäle, um ihre Inhalte zugänglich zu machen
Aktive Nutzer kommentieren, verlinken, retweeten, favorisieren, teilen, empfehlen, etc. diese Inhalte
Organisationsprinzipien (3/3): Konvergenz
9/9Fazit
• Soziale Medien fungieren als Intermediäre in der Wissenschafts‐kommunikation, weil und insofern sie den Informationsfluss in und zwischen verschiedenen Arenen der Wissenschaftsöffentlichkeit strukturieren – sie sind aber nicht „per default“ einer der Arenen zuzuordnen
• Die derzeitige dominierende „Intermediärsgestalt“ ist durch drei zentrale Organisationsprinzipien gekennzeichnet, der sich auch die Wissenschaftskommunikation nicht entziehen kann: • Ent‐ und Neubündelung von Informationen• Personalisierung von Informationsrepertoires• Konvergenz von Konversation und Publikation
• Ausblick: Die Wissenschaftskommunikation sollte in besonderem Maße daran mitwirken, dem beobachtbaren Trend zu „Plattformisierung“ und Konzentration auf wenige machtvolle Intermediäre entgegen zu wirken – eine offene digitale Gesellschaft braucht alternative Finanzierungsmodelle; offene Schnittstellen; transparente Algorithmen und freie Daten auch und gerade für Wissenschaftskommunikation
10/9Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Dr. Jan‐Hinrik Schmidt
Hans‐Bredow‐InstitutRothenbaumchaussee 36, 20148 Hamburg
j.schmidt@hans‐bredow‐institut.dewww.hans‐bredow‐institut.de
www.schmidtmitdete.de
11/9Quellennachweise
AbbildungenFolie 3:• [Massenmedien]: CC by 2.0, NASA, http://www.flickr.com/photos/gsfc/3726614425 • [Experten] CC by 2.0, usarmyafrica, http://www.flickr.com/photos/usarmyafrica/4077018383/• [Kollaboration] CC by‐nc 2.0, santheo, http://www.flickr.com/photos/santheo/3244627450/• [Stammtisch] CC by‐nc 2.0, Juso Unterbezirk Saarlouis, https://www.flickr.com/photos/51110108@N02/5194988993//
Folie 8:[Konversation]: CC‐BY‐NC‐ND‐2.0, Dominic Dada, http://www.flickr.com/photos/ogil/274628990/
Weiterführende Literatur• Schmidt, Jan‐Hinrik (2018): Social Media. Wiesbaden.• Schmidt, Jan‐Hinrik (2017): Soziale Medien als Intermediäre in der Wissenschaftskommunikation. In: Peter
Weingart / Holger Wormer / Andreas Wenninger / Reinhard F. Hüttl (Hrsg.): Perspektiven der Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 82–115.