sonnenklar, september 2010

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Das Magazin zur Energiewende in der Schweiz Nr. 4, September 2010 Die neue Monte-Rosa-Hütte des Schweizerischen Alpenclubs vereint verschiedene in der Schweiz entwickelte Neuerungen. Sie steht für neue, ökologische Technologien. Die SP will mit ihrer Cleantech-Initiative solche sauberen Technologien fördern. Sie kann dabei auf die Unterstützung der Gewerkschaften zählen. Für den ökosozialen Umbau der Wirtschaft Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde die Forderung nach einem ökologischen Umbau der Wirt- schaft als Utopie von Öko-Fanati- kerInnen abgetan. Doch angesichts des Klimawandels und der knapper und damit teurer werdenden Roh- stoffe gelten ökologisch nachhalti- ge Innovationen – die Cleantech- Industrie – heute zu Recht als Zu- kunfts- und Wachstumsmarkt. Die deutsche Regierung schätzt den weltweiten Umsatz der ökologi- schen Industrien für 2020 auf rund 3100 Milliarden Euro. Das ent- spricht einer Verdoppelung des Umsatzes innerhalb von zehn Jah- ren. Für einzelne Branchen, wie beispielsweise die erneuerbaren Energien, werden jährliche Wachs- tumsraten von bis zu acht Prozent prognostiziert. In den ökologischen Industrien werden in den nächsten Jahren Millionen von neuen Ar- beitsplätzen entstehen. Bereits 2020 dürfte Cleantech global zur Leitindustrie werden. Schweiz verschläft Trend Cleantech ist also der Megatrend der nächsten Jahrzehnte. Doch die Schweiz läuft Gefahr, den An- schluss an diese Entwicklung zu verlieren. Und das, obwohl sie in einer guten Ausgangslage ist, um an diesem internationalen, auf Foto: Keystone von Andreas Rieger, Co-Präsident Gewerkschaft Unia

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Das Magazin zur Energiewende in der Schweiz

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Trotz vielen noch ungeklärten Fragen sucht das Bundesamt für Energie bereits nach einem Standort für ein Atommülllager. Die Bevölkerung der sechs zur Auswahl stehenden Regionen wird angehört. Mitentscheiden kann sie nicht. Es bleibt nur der Widerstand.

Atommüll XY ungelöst

Radioaktive Abfälle strahlen teil-weise während gut einer MillionJahre. Diese enorme Zeitspannemacht es schwierig, einen ange-messenen Umgang mit dem Atom-müll zu finden. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra hat zwarein Konzept zur Lagerung vorge-legt, doch es ist ungenügend unddas Grundproblem bleibt bestehen:Die Sicherheit ist über die notwen-digen Zeiträume nicht garantiert.

Nagra-Konzept ist zu kurzsichtigViele technische Unklarheiten wur-den im Nagra-Konzept nicht besei-tigt: zum Beispiel Fragen der Gas-bildung, der Wärmeabfuhr oder desLagerdesigns. Doch die grösste He-rausforderung ist die extrem langeStrahlungsdauer der radioaktivenAbfälle. Auf diese Fragen hat dieNagra keine Antworten:

´ Wie kann das Lager während1 000 000 Jahren kontrolliert wer-den? ´ Wie kann das Lager während1 000 000 Jahren markiert bleiben?´ Wie kann das Lager während1 000 000 Jahren vor Naturereignis-sen geschützt werden?

Es kann nicht sein, dass derAtommüll nach dem Prinzip «Ausden Augen, aus dem Sinn» vergra-ben wird. Doch heute ist genau dasvorgesehen: Weder eine langfristi-ge Überwachung noch Möglichkei-ten der Rückholbarkeit sind einge-plant.

Standortwahl: Mitspracheoder Alibiverfahren?Trotz diesen und anderen unbeant-worteten Fragen wird die Standort-suche vorangetrieben – mit Hilfeeines «Sachplans geologische Tie-fenlagerung». Im Rennen für einsolches Lager sind der Südranden(SH), das Gebiet nördlich der Lä-gern (AG, ZH), der Bözberg (AG),das Zürcher Weinland, der Jura-südfuss (AG, SO) und der Wellen-berg (NW).

Das Bundesamt für Energie hatauf kantonaler und regionaler Ebe-ne bereits eine Vielzahl von Gre-mien und Treffen organisiert. Mo-mentan führt es öffentliche Info-

veranstaltungen in den betroffenenRegionen durch. Die Schweizeri-sche Energie-Stiftung begleitet die-se Anhörung kritisch.

Die Bevölkerung wird damitzwar in den Prozess einbezogen,rechtliche Möglichkeiten, sich ge-gen ein Lager zu wehren, bestehenallerdings keine. Das mittelbareVetorecht wurde der Bevölkerungmit dem neuen Kernenergiegesetz2005 entzogen: Es sind keine kan-tonalen Abstimmungen mehr mög-lich. Es bleibt nur noch die Optioneines fakultativen Referendumsauf nationaler Ebene.

Hinzu kommt, dass der Wissens-stand über die Geologie in densechs Regionen sehr unterschied-lich ist. Es ist denkbar, dass mitneuen Erkenntnissen gewisseStandorte gar nicht mehr in Fragekommen. Dies zeigt deutlich: DasVerfahren ist eine politische Farce,die dazu dienen soll, den Wider-stand zu brechen.

Die Schweizerische Energie-Stif-tung lädt die Widerstandsgruppie-rungen aller betroffenen Regionenregelmässig zu Absprachen ein.Ziele sind eine gemeinsame Strate-gie und ein besseres Lagerkonzept.

Weitere Informationen: www.energiestiftung.ch/atommuell

Der Bözberg im Kanton Aargauist einer der zur Diskussionstehenden Standorte für einAtommülllager. Es bleibt zuhoffen, dass sich der Weg inRichtung sicheres Lager nichtim Nebel verliert.

Meine Umwelt ist miretwas wertWenn Sie die umweltpoliti-schen Projekte der SP Schweiz unterstützen und «sonnen-klar!» vierteljährlich erhalten wollen, senden Sie bitte IhreAdresse an [email protected]

von Sabine von Stockar,Schweizerische Energie-Stiftung

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Impressum sonnenklar! Herausgeberin: SP Schweiz, Postfach, 3011 Bern, [email protected]. Redaktion: Pierre Bonhôte, alt Ständerat; Thomas Christen, Generalsekretär; Chantal Gahlinger, politische Fachsekretärin; Reto Gamma, Projektleiter Fundraising; Beat Jans, Nationalrat; Barbara Marty Kälin, alt Nationalrätin; Roger Nordmann, Nationalrat; Eric Nussbaumer, Nationalrat; Gisèle Ory, Regierungsrätin; Rudolf Rechsteiner, alt Nationalrat; Doris Stump, Nationalrätin; Ursula Wyss, Nationalrätin. Redaktionelle Bearbeitung und Produktion: Gallati Kommunikation, Zürich. Gestaltung: Purpur AG für Publishing und Communication, Zürich. Druck: Abächerli Druck AG, Sarnen. sonnenklar! erscheint viermal im Jahr in Deutsch und Französisch. Postkonto: 30-665681-6, sonnenklar!, 3001 Bern.

Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier, SQS-COC-2086 «FSC Trademark 1996,Forest StewardshipCouncil A. C.»

Der Arbeitskreis «sonnenklar!»Der Arbeitskreis «sonnenklar!»will die Energie- und Umwelt-politik der SP Schweiz bekanntmachen und umsetzen. Er setztsich aus Energie- und Umwelt-fachleuten der SP-Fraktion derBundesversammlung sowie wei-teren interessierten Fachleutenzusammen. Die Spendeneinnah-men von «sonnenklar!» werdenzweckgebunden für politischeKampagnen und Projekte in derEnergie- und Umweltpolitik ein-gesetzt.

Bisher wurden folgende Vor-haben und Organisationen mit finanziellen Beiträgen unter-stützt: R Einsprache gegen das Gesuch um eine unbefristete Betriebsbewilligung des AKWMühleberg 2009R Klima-Initiative, die von derSP mitlanciert wurde (www.klimainitiativeja.ch)R Allianz «Nein zu neuenAKW» und Verein Klima-InitiativeR SP-Energiegipfel «erneuer-bar statt atomar» vom 22. 9. 2007R Erarbeitung des Perspektiv-papiers der SP Schweiz «Sicher und effizient umsteigen: Unter-wegs zur Vollversorgung mit erneuerbaren Energien»R «KLAR! Schweiz» für die Unterstützung der Expertise von John Large zum so genannten Entsorgungsnachweis der NagraR Finanzierung des juristischenGutachtens «Mitsprache beimBau neuer AKW»

Das Magazin zur Energiewende in der SchweizNr. 4, September 2010

Die neue Monte-Rosa-Hütte des Schweizerischen Alpenclubs vereint verschiedene in der Schweiz entwickelte Neuerungen. Sie steht für neue, ökologische Technologien. Die SP will mit ihrer Cleantech-Initiative solche sauberen Technologien fördern. Sie kann dabei auf die Unterstützung der Gewerkschaften zählen.

Für den ökosozialen Umbau der Wirtschaft

Noch vor nicht allzu langer Zeitwurde die Forderung nach einemökologischen Umbau der Wirt-schaft als Utopie von Öko-Fanati-kerInnen abgetan. Doch angesichtsdes Klimawandels und der knapperund damit teurer werdenden Roh-stoffe gelten ökologisch nachhalti-ge Innovationen – die Cleantech-Industrie – heute zu Recht als Zu-kunfts- und Wachstumsmarkt. Diedeutsche Regierung schätzt den

weltweiten Umsatz der ökologi-schen Industrien für 2020 auf rund3100 Milliarden Euro. Das ent-spricht einer Verdoppelung desUmsatzes innerhalb von zehn Jah-ren. Für einzelne Branchen, wiebeispielsweise die erneuerbarenEnergien, werden jährliche Wachs-tumsraten von bis zu acht Prozentprognostiziert. In den ökologischenIndustrien werden in den nächstenJahren Millionen von neuen Ar-

beitsplätzen entstehen. Bereits2020 dürfte Cleantech global zurLeitindustrie werden.

Schweiz verschläft TrendCleantech ist also der Megatrendder nächsten Jahrzehnte. Doch dieSchweiz läuft Gefahr, den An-schluss an diese Entwicklung zuverlieren. Und das, obwohl sie in einer guten Ausgangslage ist, uman diesem internationalen, auf

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Welche Sparten zählen zu Cleantech?

Cleantech umfasst branchenübergreifend alle Produkte, Dienst-leistungen und Prozesse, die einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaft leisten. Dieser Beitrag besteht in einer gesteigerten Ressourceneffizienz, einem geringeren Bedarfan natürlicher Fläche, weniger Ausstoss von Schadstoffen sowieder Reduktion sonstiger negativer Umwelteinflüsse.

Cleantech steht für saubere Technologien u. a. in den Sparten: R Energieerzeugung und -rückgewinnungR Effiziente Energiesysteme und EnergieanwendungenR rationelle Energienutzung, Bau, SanierungenR Altlastensanierung und BodenaufbereitungR Abfallbehandlung und RecyclingR Abgas- und AbluftbehandlungR Wasser- und AbwasserbehandlungR Schutz vor Emissionen und NaturgefahrenR Beratungs-, Planungs- und IngenieurdienstleistungenR Mess-, Steuer- und RegeltechnikR Mobilität

Nachhaltigkeit zielenden Wachstumsmarkt teilzunehmen. Dafürgibt es mehrere Gründe.´ Die Schweiz betreibt keine Industriepolitik: Viele neue Techno-logien werden in der Schweiz entwickelt. Hierzulande gibt esmehr als 100 Lehrstühle im Bereich Energie, Umwelt oder Clean-tech. Allein für die Energieforschung werden jedes Jahr 700 Mil-lionen Franken aufgewendet. Ausserdem verfügt die SchweizerIndustrie über das Wissen und Können hochqualifizierter Arbeit-nehmender. Doch nur allzu oft werden die Jobs im Ausland ge-schaffen. Die Förderagentur für Innovation des Bundes KTI hatzwar in zwei Berichten das Potenzial der Cleantech-Industrie un-tersuchen lassen. Doch aus den Erkenntnissen folgen keine kon-kreten Taten. Die Schweiz braucht endlich eine aktive Industrie-politik – alle anderen Länder haben eine.´ Zu schwache Anreize: Strenge Umweltnormen wirken sich positiv auf den Cleantech-Markt aus. Sie sind Markttreiber fürCleantech-Anwendungen. Der europäische GewerkschaftsbundEGB verlangt deshalb die Reduktion der Treibhausgasemissionenund des Energieverbrauchs im EU-Raum um 20 Prozent bis 2020.«Besser wären 30 Prozent», so der EGB. In der Schweiz wehrensich Wirtschaftsverbände und bürgerliche PolitikerInnen selbstgegen einen moderaten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «fürein gesundes Klima». Diese verlangt eine Reduktion der Treib-hausgasemissionen bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990.

Für einen starken Werkplatz Die Cleantech-Industrie wird sich so oder so durchsetzen. Die Frage aus schweizerischer Sicht ist, ob unser Land seine Stärkenausnutzen und bei der Entwicklung von neuen energiesparendenIndustrieprodukten eine führende Rolle übernehmen kann. Ver-schläft die Schweiz den Anschluss an die internationale Entwick-lung, führt das zu einer weiteren Schwächung des industriellenSektors und zu einem Verlust qualifizierter Arbeitsplätze. DieUnia kämpft darum für einen starken Werkplatz, der sich auf dieProduktion von Gütern der Cleantech-Industrie spezialisiert.

Die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, wohin das kurzfristigeGewinnmaximierungsdenken führt. Im Gegensatz zur Finanz-branche, die sich in den letzten Jahren aufs Spekulieren konzen-trierte, schaffen die neuen Industrien nachhaltige Werte, die einen Nutzen für die Gesellschaft bringen. Die Gewerkschaft Uniahat deshalb letzten Herbst den «Pakt für eine produktiveSchweiz» initiiert. Ein konkreter Vorschlag ist dabei die Schaffungeines Produktionsfonds, der unter anderem mit Pensionskassen-geldern geäufnet wird. Der Produktionsfonds soll die ökosozialeInnovation in der Schweizer Wirtschaft fördern. Ökologisch sinddiese Innovationen, weil sie die Ressourceneffizienz verbessern.Sozial sind sie, weil die Investitionen nur Unternehmen zustehen,die einem Gesamtarbeitsvertrag angeschlossen sind.

Damit lösen wir gleich mehrere Probleme: Erstens wird ein Teilder Wirtschaft dem kurzfristigen Gewinnmaximierungsdenkender Finanzindustrie entzogen. Und zweitens stellen wir sicher,dass mit der neuen Cleantech-Industrie ein Zweig entsteht, dersoziale Mindeststandards einhält.

Mehr als umweltverträglichDer ökosoziale Umbau der Wirtschaft bedeutet so gesehen mehrals die Produktion umweltverträglicher Produkte: Wir müssenden Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaftswende beschreiten,die den Menschen und die Umwelt ins Zentrum stellt. Diesen Wegwill die Unia gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Kräften gehen, die auch unseren Kindern und Kindeskindern eine lebens-werte Welt hinterlassen möchten. Deshalb unterstützt die Uniadie Cleantech-Initiative der SP Schweiz.

70 Prozent – entfällt auf die fossilenEnergieträger Erdöl, Erdgas undKohle. Die Atomenergie macht einZehntel des Gesamtbedarfs aus(siehe Grafik). Diese Energieträgerwerden vollumfänglich importiert.

Die Menge an Energie aus fossi-len Energieträgern, die wir heuteverbrauchen, ist horrend. Es wäreweder realistisch noch nützlich, diegleiche Menge durch erneuerbareEnergiequellen zu produzieren.Wichtig ist vielmehr, die Effizienz-gewinne zu nutzen, um die Ener-gieverschwendung im Verkehr undin Gebäuden zu vermindern. Hierbesteht ein beachtliches Potenzial.

Wenn sich der weltweite Bedarfan fossilen Energieträgern reduzie-ren lässt, steigt der Anteil der er-neuerbaren Energien ganz automa-tisch. Die Zielsetzung von 50 Pro-zent erneuerbaren Energien lässtsich jedoch nur erreichen, wenn die Energie aus Atomkraftwerkendurch solche aus erneuerbarenEnergiequellen ersetzt wird. VierSchritte sind dazu nötig:

1) Der Schweizer Gebäudebestandsoll mittels Wärmedämmung sa-niert, erneuerbare Wärmequellensollen genutzt werden. Bis 2030muss der fossile Energiebedarf ummehr als die Hälfte vermindertwerden. Dieses Ziel kann ohneKomforteinbussen erreicht werden.2) Der öffentliche Verkehr soll aus-gebaut, die individuelle Mobilitätteilweise elektrifiziert werden.Dank höherer Effizienz des Elektro-motors kann der Energieverbrauchbei gleicher Leistung auf einenViertel gedrosselt werden. Der da-mit verbundene Mehrverbrauch anStrom muss mit Effizienzsteigerun-gen bei den Stromanwendungenkompensiert werden.3) Effizientere Geräte und Maschi-nen sollen den Stromverbrauchsenken helfen. Es sollen nur dieleistungsfähigsten Geräte zum Ver-kauf zugelassen werden. Das ver-langt auch die Cleantech-Initiative.Standortgebundene Anlagen, zum

Wir verbrauchen täglich horrende Mengen Energie.Die Cleantech-Initiative der SP verlangt, dass künftigmindestens die Hälfte der Energie in der Schweiz aus erneuerbaren Quellen stammt. Wichtig ist aber vor allem, dass Energie viel effizienter eingesetzt wird.

In 20 Jahren ist dieHälfte der Energieerneuerbar

Die Initiative «Neue Arbeitsplätzedank erneuerbaren Energien»(Cleantech-Initiative) verlangt, dasskünftig mindestens die Hälfte derEnergieversorgung in der Schweizdurch erneuerbare Quellen sicher-gestellt wird. Derzeit werden nurgerade 19 Prozent des inländischenEnergieverbrauchs durch erneuer-bare Energien gedeckt.

Fünf Prozent entfallen auf Wär-me aus Holz, Sonne und Geother-mie; Strom aus Wasserkraft liefertdie restlichen 14 Prozent. Diese 14 Prozent entsprechen allerdingsmehr als der Hälfte des SchweizerStromverbrauchs. Der Löwenanteildes Energieverbrauchs – nämlich

von Roger Nordmann, Nationalrat

von Beat Jans, Nationalrat

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Nach neun Jahren im Grossen Rat vonBasel-Stadt hat Beat Jans Ende Mai denNationalratssitz von Ruedi Rechsteinerübernommen. Beat Jans ist Umwelt-naturwissenschaftler und Co-Präsidentder Antiatomgruppierung NWA. Sechs Jahre lang war er Präsident derSP Basel-Stadt.

Umweltpolitikaus Über-zeugung

Die Cleantech-InitiativeIm Frühling hat die SP Schweiz die eidgenössische Volks-initiative «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien»lanciert. Sie verlangt, dass bis 2030 die Hälfte der Energie-produktion mit erneuerbaren Energien gedeckt wird. Das hatauch Auswirkungen auf den Werkplatz Schweiz: Es entstehenTausende zukunftsfähige Arbeitsplätze. Unterschreiben Sienoch heute die Initiative: www.cleantech-initiative.ch

Ein Techniker prüft einenStromsammler, der denelektrischen Kontakt zwischen Brennstoffzellengewährleistet.

Beispiel in der Industrie, haben eine lange Lebensdauer. DerenModernisierung soll mit finanziel-len Mitteln unterstützt werden.4) Die gesteigerte Effizienz im Elek-trizitätssektor wird allerdings weit-gehend durch neue Anwendungen,vor allem in der Mobilität, kompen-siert werden. Der Strombedarf wirdnicht zurückgehen. Deshalb ist esnötig, die derzeit produzierte Atom-energie vollumfänglich durch er-neuerbare Elektrizität zu ersetzen.Zu diesem Zweck muss die Begren-zung der kostendeckenden Ein-speisevergütung (KEV) aufgehobenwerden. Und unsere Elektrizitäts-unternehmen müssen verpflichtetwerden, ihre Investitionen auf dieerneuerbare Energiegewinnungauszurichten.

Alle diese Investitionen schaffenneue Arbeitsplätze und werden un-sere Abhängigkeit von Energieim-porten massiv reduzieren.

Schweizer Energieproduktion: Ausbau von 19 auf 50 Prozent erneuerbare Energien bis 2030

´ Nuklearwärme´ Kohle´ Fossile Elektrizität´ Wärme fossile Abfälle´ Nuklearstrom´ Erdgas´ Erdölbrennstoff´ Erdöltreibstoff´ Andere erneuerbare

Elektrizität´ Erneuerbare Wärme

(Holz, Sonnenkraft, Geothermie)

´ Hydroelektrizität2008

254 TWh2030

177,5 TWh

1,1

Reduktion dernicht erneuer-baren Energien

50% nicht erneuerbareEnergien

50% erneuerbareEnergien

Ausbau der erneuerbarenEnergien

TWh/Jahr

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55,8

13,034,9

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Umweltpolitik ist mein Metier. Zehn Jahre war ichin der Geschäftsleitung von Pro Natura tätig. Ichwar zuständig für die Politik der Organisation. Da-zu gehörte auch die Durchführung von Abstim-mungskampagnen – zuletzt gegen die Initiativeder FDP, welche faktisch das Verbandsbeschwer-derecht abschaffen wollte. Der Abstimmungs-kampf wurde zum Erfolg. Alle Kantone lehnten dieSchwächung der Rechte von Natur und Umwelt ab.

Begonnen habe ich meine berufliche Laufbahnals Landwirt. Die Bauernlehre war eine nachhal-tige Lebensschule. Ich lernte hart zu arbeiten unddie natürlichen Prozesse im Jahresrhythmus zuverstehen. Später wurde ich Agrotechniker und arbeitete für Helvetas in Haiti und in Paraguay.Dort musste ich erleben, wie der Urwald gerodetwurde. Als Folge einer kurzfristig denkenden Poli-tik wurde er der Sojaproduktion, bestimmt für denExport, geopfert – mit katastrophalen Folgen fürdie Umwelt. Das war mein Schlüsselerlebnis. Ichwollte mich fortan Umwelt- und Politikfragen wid-men. Deshalb studierte ich an der ETH Umweltna-turwissenschaften und trat der SP bei.

Seither politisiere ich mit grosser Überzeugungfür eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Res-sourcen, für die Erhaltung der Natur und für eineEnergiepolitik ohne AKW und Klimaschleudern.Ausserdem sind mir Wirtschafts- und Finanzfra-gen wichtig.

Neben der Basler Bevölkerung, die mir auf derSP-Liste hinter Ruedi Rechsteiner und SilviaSchenker am drittmeisten Stimmen gegeben hat,habe ich es Ruedi Rechsteiner zu verdanken, dassich meine politische Überzeugung nun auf Bun-desebene einbringen kann. Er gibt mir mit seinemRücktritt die Chance, seine grossartige Arbeit weiterzuführen.

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Welche Sparten zählen zu Cleantech?

Cleantech umfasst branchenübergreifend alle Produkte, Dienst-leistungen und Prozesse, die einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaft leisten. Dieser Beitrag besteht in einer gesteigerten Ressourceneffizienz, einem geringeren Bedarfan natürlicher Fläche, weniger Ausstoss von Schadstoffen sowieder Reduktion sonstiger negativer Umwelteinflüsse.

Cleantech steht für saubere Technologien u. a. in den Sparten: R Energieerzeugung und -rückgewinnungR Effiziente Energiesysteme und EnergieanwendungenR rationelle Energienutzung, Bau, SanierungenR Altlastensanierung und BodenaufbereitungR Abfallbehandlung und RecyclingR Abgas- und AbluftbehandlungR Wasser- und AbwasserbehandlungR Schutz vor Emissionen und NaturgefahrenR Beratungs-, Planungs- und IngenieurdienstleistungenR Mess-, Steuer- und RegeltechnikR Mobilität

Nachhaltigkeit zielenden Wachstumsmarkt teilzunehmen. Dafürgibt es mehrere Gründe.´ Die Schweiz betreibt keine Industriepolitik: Viele neue Techno-logien werden in der Schweiz entwickelt. Hierzulande gibt esmehr als 100 Lehrstühle im Bereich Energie, Umwelt oder Clean-tech. Allein für die Energieforschung werden jedes Jahr 700 Mil-lionen Franken aufgewendet. Ausserdem verfügt die SchweizerIndustrie über das Wissen und Können hochqualifizierter Arbeit-nehmender. Doch nur allzu oft werden die Jobs im Ausland ge-schaffen. Die Förderagentur für Innovation des Bundes KTI hatzwar in zwei Berichten das Potenzial der Cleantech-Industrie un-tersuchen lassen. Doch aus den Erkenntnissen folgen keine kon-kreten Taten. Die Schweiz braucht endlich eine aktive Industrie-politik – alle anderen Länder haben eine.´ Zu schwache Anreize: Strenge Umweltnormen wirken sich positiv auf den Cleantech-Markt aus. Sie sind Markttreiber fürCleantech-Anwendungen. Der europäische GewerkschaftsbundEGB verlangt deshalb die Reduktion der Treibhausgasemissionenund des Energieverbrauchs im EU-Raum um 20 Prozent bis 2020.«Besser wären 30 Prozent», so der EGB. In der Schweiz wehrensich Wirtschaftsverbände und bürgerliche PolitikerInnen selbstgegen einen moderaten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «fürein gesundes Klima». Diese verlangt eine Reduktion der Treib-hausgasemissionen bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990.

Für einen starken Werkplatz Die Cleantech-Industrie wird sich so oder so durchsetzen. Die Frage aus schweizerischer Sicht ist, ob unser Land seine Stärkenausnutzen und bei der Entwicklung von neuen energiesparendenIndustrieprodukten eine führende Rolle übernehmen kann. Ver-schläft die Schweiz den Anschluss an die internationale Entwick-lung, führt das zu einer weiteren Schwächung des industriellenSektors und zu einem Verlust qualifizierter Arbeitsplätze. DieUnia kämpft darum für einen starken Werkplatz, der sich auf dieProduktion von Gütern der Cleantech-Industrie spezialisiert.

Die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, wohin das kurzfristigeGewinnmaximierungsdenken führt. Im Gegensatz zur Finanz-branche, die sich in den letzten Jahren aufs Spekulieren konzen-trierte, schaffen die neuen Industrien nachhaltige Werte, die einen Nutzen für die Gesellschaft bringen. Die Gewerkschaft Uniahat deshalb letzten Herbst den «Pakt für eine produktiveSchweiz» initiiert. Ein konkreter Vorschlag ist dabei die Schaffungeines Produktionsfonds, der unter anderem mit Pensionskassen-geldern geäufnet wird. Der Produktionsfonds soll die ökosozialeInnovation in der Schweizer Wirtschaft fördern. Ökologisch sinddiese Innovationen, weil sie die Ressourceneffizienz verbessern.Sozial sind sie, weil die Investitionen nur Unternehmen zustehen,die einem Gesamtarbeitsvertrag angeschlossen sind.

Damit lösen wir gleich mehrere Probleme: Erstens wird ein Teilder Wirtschaft dem kurzfristigen Gewinnmaximierungsdenkender Finanzindustrie entzogen. Und zweitens stellen wir sicher,dass mit der neuen Cleantech-Industrie ein Zweig entsteht, dersoziale Mindeststandards einhält.

Mehr als umweltverträglichDer ökosoziale Umbau der Wirtschaft bedeutet so gesehen mehrals die Produktion umweltverträglicher Produkte: Wir müssenden Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaftswende beschreiten,die den Menschen und die Umwelt ins Zentrum stellt. Diesen Wegwill die Unia gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Kräften gehen, die auch unseren Kindern und Kindeskindern eine lebens-werte Welt hinterlassen möchten. Deshalb unterstützt die Uniadie Cleantech-Initiative der SP Schweiz.

70 Prozent – entfällt auf die fossilenEnergieträger Erdöl, Erdgas undKohle. Die Atomenergie macht einZehntel des Gesamtbedarfs aus(siehe Grafik). Diese Energieträgerwerden vollumfänglich importiert.

Die Menge an Energie aus fossi-len Energieträgern, die wir heuteverbrauchen, ist horrend. Es wäreweder realistisch noch nützlich, diegleiche Menge durch erneuerbareEnergiequellen zu produzieren.Wichtig ist vielmehr, die Effizienz-gewinne zu nutzen, um die Ener-gieverschwendung im Verkehr undin Gebäuden zu vermindern. Hierbesteht ein beachtliches Potenzial.

Wenn sich der weltweite Bedarfan fossilen Energieträgern reduzie-ren lässt, steigt der Anteil der er-neuerbaren Energien ganz automa-tisch. Die Zielsetzung von 50 Pro-zent erneuerbaren Energien lässtsich jedoch nur erreichen, wenn die Energie aus Atomkraftwerkendurch solche aus erneuerbarenEnergiequellen ersetzt wird. VierSchritte sind dazu nötig:

1) Der Schweizer Gebäudebestandsoll mittels Wärmedämmung sa-niert, erneuerbare Wärmequellensollen genutzt werden. Bis 2030muss der fossile Energiebedarf ummehr als die Hälfte vermindertwerden. Dieses Ziel kann ohneKomforteinbussen erreicht werden.2) Der öffentliche Verkehr soll aus-gebaut, die individuelle Mobilitätteilweise elektrifiziert werden.Dank höherer Effizienz des Elektro-motors kann der Energieverbrauchbei gleicher Leistung auf einenViertel gedrosselt werden. Der da-mit verbundene Mehrverbrauch anStrom muss mit Effizienzsteigerun-gen bei den Stromanwendungenkompensiert werden.3) Effizientere Geräte und Maschi-nen sollen den Stromverbrauchsenken helfen. Es sollen nur dieleistungsfähigsten Geräte zum Ver-kauf zugelassen werden. Das ver-langt auch die Cleantech-Initiative.Standortgebundene Anlagen, zum

Wir verbrauchen täglich horrende Mengen Energie.Die Cleantech-Initiative der SP verlangt, dass künftigmindestens die Hälfte der Energie in der Schweiz aus erneuerbaren Quellen stammt. Wichtig ist aber vor allem, dass Energie viel effizienter eingesetzt wird.

In 20 Jahren ist dieHälfte der Energieerneuerbar

Die Initiative «Neue Arbeitsplätzedank erneuerbaren Energien»(Cleantech-Initiative) verlangt, dasskünftig mindestens die Hälfte derEnergieversorgung in der Schweizdurch erneuerbare Quellen sicher-gestellt wird. Derzeit werden nurgerade 19 Prozent des inländischenEnergieverbrauchs durch erneuer-bare Energien gedeckt.

Fünf Prozent entfallen auf Wär-me aus Holz, Sonne und Geother-mie; Strom aus Wasserkraft liefertdie restlichen 14 Prozent. Diese 14 Prozent entsprechen allerdingsmehr als der Hälfte des SchweizerStromverbrauchs. Der Löwenanteildes Energieverbrauchs – nämlich

von Roger Nordmann, Nationalrat

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Nach neun Jahren im Grossen Rat vonBasel-Stadt hat Beat Jans Ende Mai denNationalratssitz von Ruedi Rechsteinerübernommen. Beat Jans ist Umwelt-naturwissenschaftler und Co-Präsidentder Antiatomgruppierung NWA. Sechs Jahre lang war er Präsident derSP Basel-Stadt.

Umweltpolitikaus Über-zeugung

Die Cleantech-InitiativeIm Frühling hat die SP Schweiz die eidgenössische Volks-initiative «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien»lanciert. Sie verlangt, dass bis 2030 die Hälfte der Energie-produktion mit erneuerbaren Energien gedeckt wird. Das hatauch Auswirkungen auf den Werkplatz Schweiz: Es entstehenTausende zukunftsfähige Arbeitsplätze. Unterschreiben Sienoch heute die Initiative: www.cleantech-initiative.ch

Ein Techniker prüft einenStromsammler, der denelektrischen Kontakt zwischen Brennstoffzellengewährleistet.

Beispiel in der Industrie, haben eine lange Lebensdauer. DerenModernisierung soll mit finanziel-len Mitteln unterstützt werden.4) Die gesteigerte Effizienz im Elek-trizitätssektor wird allerdings weit-gehend durch neue Anwendungen,vor allem in der Mobilität, kompen-siert werden. Der Strombedarf wirdnicht zurückgehen. Deshalb ist esnötig, die derzeit produzierte Atom-energie vollumfänglich durch er-neuerbare Elektrizität zu ersetzen.Zu diesem Zweck muss die Begren-zung der kostendeckenden Ein-speisevergütung (KEV) aufgehobenwerden. Und unsere Elektrizitäts-unternehmen müssen verpflichtetwerden, ihre Investitionen auf dieerneuerbare Energiegewinnungauszurichten.

Alle diese Investitionen schaffenneue Arbeitsplätze und werden un-sere Abhängigkeit von Energieim-porten massiv reduzieren.

Schweizer Energieproduktion: Ausbau von 19 auf 50 Prozent erneuerbare Energien bis 2030

´ Nuklearwärme´ Kohle´ Fossile Elektrizität´ Wärme fossile Abfälle´ Nuklearstrom´ Erdgas´ Erdölbrennstoff´ Erdöltreibstoff´ Andere erneuerbare

Elektrizität´ Erneuerbare Wärme

(Holz, Sonnenkraft, Geothermie)

´ Hydroelektrizität2008

254 TWh2030

177,5 TWh

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Reduktion dernicht erneuer-baren Energien

50% nicht erneuerbareEnergien

50% erneuerbareEnergien

Ausbau der erneuerbarenEnergien

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Umweltpolitik ist mein Metier. Zehn Jahre war ichin der Geschäftsleitung von Pro Natura tätig. Ichwar zuständig für die Politik der Organisation. Da-zu gehörte auch die Durchführung von Abstim-mungskampagnen – zuletzt gegen die Initiativeder FDP, welche faktisch das Verbandsbeschwer-derecht abschaffen wollte. Der Abstimmungs-kampf wurde zum Erfolg. Alle Kantone lehnten dieSchwächung der Rechte von Natur und Umwelt ab.

Begonnen habe ich meine berufliche Laufbahnals Landwirt. Die Bauernlehre war eine nachhal-tige Lebensschule. Ich lernte hart zu arbeiten unddie natürlichen Prozesse im Jahresrhythmus zuverstehen. Später wurde ich Agrotechniker und arbeitete für Helvetas in Haiti und in Paraguay.Dort musste ich erleben, wie der Urwald gerodetwurde. Als Folge einer kurzfristig denkenden Poli-tik wurde er der Sojaproduktion, bestimmt für denExport, geopfert – mit katastrophalen Folgen fürdie Umwelt. Das war mein Schlüsselerlebnis. Ichwollte mich fortan Umwelt- und Politikfragen wid-men. Deshalb studierte ich an der ETH Umweltna-turwissenschaften und trat der SP bei.

Seither politisiere ich mit grosser Überzeugungfür eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Res-sourcen, für die Erhaltung der Natur und für eineEnergiepolitik ohne AKW und Klimaschleudern.Ausserdem sind mir Wirtschafts- und Finanzfra-gen wichtig.

Neben der Basler Bevölkerung, die mir auf derSP-Liste hinter Ruedi Rechsteiner und SilviaSchenker am drittmeisten Stimmen gegeben hat,habe ich es Ruedi Rechsteiner zu verdanken, dassich meine politische Überzeugung nun auf Bun-desebene einbringen kann. Er gibt mir mit seinemRücktritt die Chance, seine grossartige Arbeit weiterzuführen.

soklar_410_d.qxp 6.9.2010 11:48 Uhr Seite 2

Trotz vielen noch ungeklärten Fragen sucht das Bundesamt für Energie bereits nach einem Standort für ein Atommülllager. Die Bevölkerung der sechs zur Auswahl stehenden Regionen wird angehört. Mitentscheiden kann sie nicht. Es bleibt nur der Widerstand.

Atommüll XY ungelöst

Radioaktive Abfälle strahlen teil-weise während gut einer MillionJahre. Diese enorme Zeitspannemacht es schwierig, einen ange-messenen Umgang mit dem Atom-müll zu finden. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle Nagra hat zwarein Konzept zur Lagerung vorge-legt, doch es ist ungenügend unddas Grundproblem bleibt bestehen:Die Sicherheit ist über die notwen-digen Zeiträume nicht garantiert.

Nagra-Konzept ist zu kurzsichtigViele technische Unklarheiten wur-den im Nagra-Konzept nicht besei-tigt: zum Beispiel Fragen der Gas-bildung, der Wärmeabfuhr oder desLagerdesigns. Doch die grösste He-rausforderung ist die extrem langeStrahlungsdauer der radioaktivenAbfälle. Auf diese Fragen hat dieNagra keine Antworten:

´ Wie kann das Lager während1 000 000 Jahren kontrolliert wer-den? ´ Wie kann das Lager während1 000 000 Jahren markiert bleiben?´ Wie kann das Lager während1 000 000 Jahren vor Naturereignis-sen geschützt werden?

Es kann nicht sein, dass derAtommüll nach dem Prinzip «Ausden Augen, aus dem Sinn» vergra-ben wird. Doch heute ist genau dasvorgesehen: Weder eine langfristi-ge Überwachung noch Möglichkei-ten der Rückholbarkeit sind einge-plant.

Standortwahl: Mitspracheoder Alibiverfahren?Trotz diesen und anderen unbeant-worteten Fragen wird die Standort-suche vorangetrieben – mit Hilfeeines «Sachplans geologische Tie-fenlagerung». Im Rennen für einsolches Lager sind der Südranden(SH), das Gebiet nördlich der Lä-gern (AG, ZH), der Bözberg (AG),das Zürcher Weinland, der Jura-südfuss (AG, SO) und der Wellen-berg (NW).

Das Bundesamt für Energie hatauf kantonaler und regionaler Ebe-ne bereits eine Vielzahl von Gre-mien und Treffen organisiert. Mo-mentan führt es öffentliche Info-

veranstaltungen in den betroffenenRegionen durch. Die Schweizeri-sche Energie-Stiftung begleitet die-se Anhörung kritisch.

Die Bevölkerung wird damitzwar in den Prozess einbezogen,rechtliche Möglichkeiten, sich ge-gen ein Lager zu wehren, bestehenallerdings keine. Das mittelbareVetorecht wurde der Bevölkerungmit dem neuen Kernenergiegesetz2005 entzogen: Es sind keine kan-tonalen Abstimmungen mehr mög-lich. Es bleibt nur noch die Optioneines fakultativen Referendumsauf nationaler Ebene.

Hinzu kommt, dass der Wissens-stand über die Geologie in densechs Regionen sehr unterschied-lich ist. Es ist denkbar, dass mitneuen Erkenntnissen gewisseStandorte gar nicht mehr in Fragekommen. Dies zeigt deutlich: DasVerfahren ist eine politische Farce,die dazu dienen soll, den Wider-stand zu brechen.

Die Schweizerische Energie-Stif-tung lädt die Widerstandsgruppie-rungen aller betroffenen Regionenregelmässig zu Absprachen ein.Ziele sind eine gemeinsame Strate-gie und ein besseres Lagerkonzept.

Weitere Informationen: www.energiestiftung.ch/atommuell

Der Bözberg im Kanton Aargauist einer der zur Diskussionstehenden Standorte für einAtommülllager. Es bleibt zuhoffen, dass sich der Weg inRichtung sicheres Lager nichtim Nebel verliert.

Meine Umwelt ist miretwas wertWenn Sie die umweltpoliti-schen Projekte der SP Schweiz unterstützen und «sonnen-klar!» vierteljährlich erhalten wollen, senden Sie bitte IhreAdresse an [email protected]

von Sabine von Stockar,Schweizerische Energie-Stiftung

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Impressum sonnenklar! Herausgeberin: SP Schweiz, Postfach, 3011 Bern, [email protected]. Redaktion: Pierre Bonhôte, alt Ständerat; Thomas Christen, Generalsekretär; Chantal Gahlinger, politische Fachsekretärin; Reto Gamma, Projektleiter Fundraising; Beat Jans, Nationalrat; Barbara Marty Kälin, alt Nationalrätin; Roger Nordmann, Nationalrat; Eric Nussbaumer, Nationalrat; Gisèle Ory, Regierungsrätin; Rudolf Rechsteiner, alt Nationalrat; Doris Stump, Nationalrätin; Ursula Wyss, Nationalrätin. Redaktionelle Bearbeitung und Produktion: Gallati Kommunikation, Zürich. Gestaltung: Purpur AG für Publishing und Communication, Zürich. Druck: Abächerli Druck AG, Sarnen. sonnenklar! erscheint viermal im Jahr in Deutsch und Französisch. Postkonto: 30-665681-6, sonnenklar!, 3001 Bern.

Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier, SQS-COC-2086 «FSC Trademark 1996,Forest StewardshipCouncil A. C.»

Der Arbeitskreis «sonnenklar!»Der Arbeitskreis «sonnenklar!»will die Energie- und Umwelt-politik der SP Schweiz bekanntmachen und umsetzen. Er setztsich aus Energie- und Umwelt-fachleuten der SP-Fraktion derBundesversammlung sowie wei-teren interessierten Fachleutenzusammen. Die Spendeneinnah-men von «sonnenklar!» werdenzweckgebunden für politischeKampagnen und Projekte in derEnergie- und Umweltpolitik ein-gesetzt.

Bisher wurden folgende Vor-haben und Organisationen mit finanziellen Beiträgen unter-stützt: R Einsprache gegen das Gesuch um eine unbefristete Betriebsbewilligung des AKWMühleberg 2009R Klima-Initiative, die von derSP mitlanciert wurde (www.klimainitiativeja.ch)R Allianz «Nein zu neuenAKW» und Verein Klima-InitiativeR SP-Energiegipfel «erneuer-bar statt atomar» vom 22. 9. 2007R Erarbeitung des Perspektiv-papiers der SP Schweiz «Sicher und effizient umsteigen: Unter-wegs zur Vollversorgung mit erneuerbaren Energien»R «KLAR! Schweiz» für die Unterstützung der Expertise von John Large zum so genannten Entsorgungsnachweis der NagraR Finanzierung des juristischenGutachtens «Mitsprache beimBau neuer AKW»

Das Magazin zur Energiewende in der SchweizNr. 4, September 2010

Die neue Monte-Rosa-Hütte des Schweizerischen Alpenclubs vereint verschiedene in der Schweiz entwickelte Neuerungen. Sie steht für neue, ökologische Technologien. Die SP will mit ihrer Cleantech-Initiative solche sauberen Technologien fördern. Sie kann dabei auf die Unterstützung der Gewerkschaften zählen.

Für den ökosozialen Umbau der Wirtschaft

Noch vor nicht allzu langer Zeitwurde die Forderung nach einemökologischen Umbau der Wirt-schaft als Utopie von Öko-Fanati-kerInnen abgetan. Doch angesichtsdes Klimawandels und der knapperund damit teurer werdenden Roh-stoffe gelten ökologisch nachhalti-ge Innovationen – die Cleantech-Industrie – heute zu Recht als Zu-kunfts- und Wachstumsmarkt. Diedeutsche Regierung schätzt den

weltweiten Umsatz der ökologi-schen Industrien für 2020 auf rund3100 Milliarden Euro. Das ent-spricht einer Verdoppelung desUmsatzes innerhalb von zehn Jah-ren. Für einzelne Branchen, wiebeispielsweise die erneuerbarenEnergien, werden jährliche Wachs-tumsraten von bis zu acht Prozentprognostiziert. In den ökologischenIndustrien werden in den nächstenJahren Millionen von neuen Ar-

beitsplätzen entstehen. Bereits2020 dürfte Cleantech global zurLeitindustrie werden.

Schweiz verschläft TrendCleantech ist also der Megatrendder nächsten Jahrzehnte. Doch dieSchweiz läuft Gefahr, den An-schluss an diese Entwicklung zuverlieren. Und das, obwohl sie in einer guten Ausgangslage ist, uman diesem internationalen, auf

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von Andreas Rieger, Co-Präsident Gewerkschaft Unia

soklar_410_d.qxp 6.9.2010 11:48 Uhr Seite 4