sozialismus. wählerstimmenanteile der bundesratsparteien: nationalratswahlen 1919-1999

58
Sozialismus

Upload: gerlinde-westen

Post on 06-Apr-2015

110 views

Category:

Documents


4 download

TRANSCRIPT

Page 1: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Page 2: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien:

Nationalratswahlen 1919-1999

0

5

10

15

20

25

30

35

1919

1922

1925

1928

1931

1935

1943

1947

1951

1955

1959

1963

1967

1971

1975

1979

1983

1987

1991

1995

1999

SPS

FDP

CVP

SVP

Page 3: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Aktuelle Themenschwerpunkte und Herausforderungen

• Die SP und die Westschweiz• Die SP und die Neue Mitte• Die SP und der Service publique• Die SP und die Frauen• Die SP und die Gewerkschaften• Die SP und ihre Organisationsstrukturen• Die SP und Bodenmann und andere Ikonen

Page 4: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Parteigründung

Die Gründung der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz erfolgte am 21. Oktober 1888 in Bern.

Page 5: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

In der Geschichte der SP Schweiz wurden bisher 6 Parteiprogramme verabschiedet

Programm vom 14. November 1982 in LuganoProgramm vom 27./28. Juni 1959 in WinterthurProgramm vom 26./27. Januar 1935 in LuzernProgramm vom 10./12. Dezember 1920Programm von 1904Programm vom 21. Oktober 1888Das siebte Programm ist in Vorbereitung (Parteitagsauftrag 1992)

Page 6: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

SP-Politik kurz & bündig

Page 7: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

„Beispiel Sportpolitik“

Page 8: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Page 9: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Mitgliederzahl

Aufgrund der neuen Statuten wurde per 1. Januar 1995 ein schweizerisches Mitgliederregister eingeführt. Die Mitgliederbeiträge werden seit 1995 auf der Grundlage des neuen Registers erhoben. Die Mitgliederzahl beträgt per 31.12.1999 ca. 38'000.

Page 10: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Bekannte Urabstimmungen• September 1919 zur Frage des Beitritts zur III. Internationale. Der

Parteitag hatte den Beitritt zur III. Internationale beschlossen, die Urabstimmung hat mit 14612 Nein gegen 8722 Ja den Beitritt verworfen.

• Januar 1921: 21 Bedingungen für die Aufnahme in die Kommunistische Internationale. Der Parteitag hatte die Bedingungen, weil unerfüllbar, abgelehnt. Die Urabstimmung bestätigt diesen Entscheid mit 25475 Ja gegen 8777 Nein. Dieser Entscheid führte zur Parteispaltung.

• Urabstimmung über die Parole zur 10. AHV-Revision. Der Parteivorstand hat die Durchführung der Urabstimmung am 19. November 1994 aufgrund der neuen Statuten entschieden, die neu auch Urabstimmungen über wichtige politische Fragen erlauben, also nicht nur Urabstimmungen gegen Parteitagsentscheide. Die Urabstimmung fand im März 1995 statt. Zwei Drittel entschieden sich für ein Ja zur 10. AHV-Revision.

Page 11: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Die „jüngsten“ ParteipräsidentInnen

......Ernst Reinhard, Bern, 1919 - 1936Hans Oprecht, Zürich, 1937 - 1952Walther Bringolf, Schaffhausen, 1953 - 1962Fritz Grüter, Bern, 1962 - 1970Arthur Schmid, Aarau, 1970 - 1974Helmut Hubacher, Basel, 1974 - 1990Peter Bodenmann, Brig, 1990 - 1997Ursula Koch, Zürich, 1997 - 2000Christiane Brunner, seit Oktober 2000

Page 12: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

SP-BundesrätInnen

Moritz Leuenberger (1995 - )Ruth Dreifuss (1993 - )Otto Stich (1983 - 1995)René Felber (1987 - 1993)Pierre Aubert (1977 - 1987)Willi Ritschard (1973 - 1983)Pierre Graber (1969 - 1977)Hans Peter Tschudi (1959 - 1973)Willy Spühler (1959 - 1969)Max Weber (1951 - 1953)Ernst Nobs (1943 - 1951)

Page 13: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Kapitel 6: Sozialismus

1 Begriffliches

2 Sozialismus als Ideologie

3 Träger sozialistischer Ideen

4 Sozialismus in der Schweiz – am Beispiel der SP

5 Perspektiven des demokratischen Sozialismus

Page 14: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

6.1 Begriffliches

Page 15: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Begriffliches: Sozialismus • Neben Liberalismus und Konservatismus eine der grossen

politischen Strömungen des 19. und 20. Jahrhunderts.• Kern liegt in der Neugestaltung der Wirtschaftsordnung

(Eigentums- und Produktionsverhältnisse) zugunsten einer gesellschaftlich gesteuerten und egalitär geordneten Ökonomie.

• Diese bildet gemäss die Grundlage für eine umfassende politische und gesellschaftliche Emanzipation unterdrückter Gruppen, zunächst der Arbeiterschaft.

• Bei der Erlangung dieser Ziele haben soziale Bewegungen und die Solidarität unter ihnen vorrangige Bedeutung.

Page 16: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Begriffliches: Demokratischer Sozialismus • "Sozialismus wird nur durch die Demokratie verwirklicht;

die Demokratie jedoch nur durch den Sozialismus erfüllt." • Seit der Spaltung der Arbeiterbewegung in eine

sozialdemokratische und kommunistische Richtung beinhaltet der demokratische Sozialismus eine doppelte Abgrenzung: Gegenüber konservativen und bürgerlichen Absichten, den Sozialismus als undemokratisch auszugrenzen, und dem gegenüber dem real existierenden Sozialismus, der die 'Diktatur des Proletariats' vertritt.

• Der demokratische Sozialismus prägt das Grundverständnis der 1951 gegründeten Sozialistischen Internationalen.

Page 17: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Begriffliches:Ökosozialismus

• Bezeichnung für einen ökologisch aufgeklärten demokratischen Sozialismus.

• Er hält an den menschlichen und sozialen Grundintentionen des Sozialismus fest.

• Unter dem Eindruck der sichtbar werdenden natürlichen und sozialen Grenzen des Wachstums kritisiert er aber die wirtschaftlich-industrielle Entwicklung und nimmt Korrekturen an den überkommenen Leitbildern, Methoden und Organisationsformen des Sozialismus vor.

Page 18: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

6.2 Sozialismus als Ideologie

Page 19: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Kritik an Eigentum und Markt • Markt und Eigentum an Produktionsmittel sind nicht

geeignet, allen Gruppen und Schichten Wohlstand und gerechten Anteil am gesellschaftlichen Reichtum zu gewähren.

• Dies zu erreichen, ist Ziel aller wirtschaftspolitischen Eingriffe.• Unterschiedliche, eher pragmatische Stossrichtungen:

- Agrar- und Bodenreformen in einzelnen Ländern,- Nationalisierung von Schlüsselindustrien oder Dienstleistungsbetrieben in Industriegesellschaften (z.B. GB, FR), - Ausdehnung des öffentlichen Dienstleistungssektors (z.B. Sozialdienste für Erwerbstätige mit Kindern) oder- Arbeitnehmerfonds zur Neutralisierung von Gewinnen (vor allem skandinavische Länder). 

Page 20: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Gezielte Beeinflussung gesellschaftlich-ökonomischer Entwicklung über den Staat

In der Nachkriegszeit z.B. ....• die staatliche Intervention in die Wirtschaft, • die Orientierung an der politischen Planung

(vor allem F), • die Globalsteuerung und Strukturpolitik (BRD)

oder • eine konzeptionell-langfristige Bildungs- und

Sozialpolitik (S) durch den Staat.

Page 21: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Der Sozial- und Wohlfahrtsstaat • Vertrauen in die Reformfähigkeit des

Kapitalismus, in die Möglichkeit der Lösung der sozialen Frage, und in die Beteiligung der Lohnabhängigen am wirtschaftlichen Fortschritt durch eine Umverteilung materieller Güter über staatliche Politik (wo Abgrenzung gegenüber traditionellem Marxismus).

• Glaube an die Möglichkeit der Umverteilung gesellschaftlicher Macht durch den Mechanismus der Demokratie, und der politischen Wirksamkeit von Solidarität mit Benachteiligten.

Page 22: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft

• Historisch: Kampf um allg. Wahlrecht (Frauen), Beseitigung von Diskriminierungen der Arbeiterschaft durch Wahlsystem.

• Später: Anerkennung der Arbeitnehmer-organisationen als gleichberechtigte Sozialpartner, direkte Beteiligung der ArbeiterInnen und Angestellten in den Betrieben über Mitbestimmung; Selbstverwaltung und Demokratisierung nicht-staatlicher Lebensbereiche.

Page 23: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Die ökologische Frage

• Einbruch in die klassische Doktrin, soziale Struktur- und Verteilungsprobleme über wirtschaftlich-technisches Wachstum (und Umverteilung) zu lösen.

• Vorstellungen "qualitativen Wachstums" unter Eingriff in Marktstrukturen und unter Berücksichtigung der (Um-)verteilungsfragen.

Page 24: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Verhältnis zu andern Bewegungen, unterschiedliche Richtungen

"Die Sozialdemokratie ist immer von rechts bekämpft und von links oft verspottet worden. Ihr Jahrhundertentscheid, Evolution statt Revolution, Reform statt Umsturz anzustreben, löste gewaltige Diskussionen aus. Bekanntlich aber beginnt auch der längste Weg mit dem ersten Schritt. Und jeder Schritt ist von Bedeutung, wenn die Richtung stimmt, sagte Erich Fromm" (Hubacher, 100 Jahre SPS).

Page 25: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Als wichtigste Abgrenzungen gegenüber anderen Bewegungen der Linken:

Reform (nicht Revolution) und Umverteilung von Macht durch

Demokratie.

Page 26: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Aus Zwischenposition und Reformismus werden verständlich:

• historisch: Spaltungen und Sammlungen • grundsätzliche, aber konkret sich

verändernde Oppositionsrolle auf der einen, Versuch der Erringung von Regierungsmacht auf der andern Seite

• unterschiedliche Richtungen heutiger europäischer SD-Parteien

• regelmässige Revisionen kurz- und mittelfristiger Programme aufgrund parteiinterner Auseinandersetzung

Page 27: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Weltliche Utopie

Das Festhalten an Realisierbarkeit von mehr menschlicher Würde, des Abbaus von Ungleichheit und Herrschaft, von solidarischer Gesellschaft stützt sich auf verschiedenste Quellen (Marxismus, Aufklärung, christliche Religion).

Page 28: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

6.3 Träger sozialistischer Ideen

Page 29: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Gründung (1830-1864)

• Theoretische Entwicklung des Sozialismus als eine von verschiedenen konkurrierenden politischen Denkweisen der Arbeiterschaft; unter den Frühsozialisten sind Sozialreformer, deklassierte Intellektuelle und gebildete Handwerker von besonderer Bedeutung.

• Mit Karl Marx beginnt die Kritik am 'utopischen' Sozialismus, die in einen 'wissenschaftlichen Sozialismus' mündet und die Arbeiterschaft zu organisieren beginnt.

Page 30: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Aufstieg und Zerfall der internationalen Arbeiterbewegung (1864-1917)

• Mit der Gründung der Ersten Internationalen (1864-1872) werden die ursprünglichen Ideen in eine politische Kraft umgewandelt.

• In den meisten europäischen Ländern entstehen Arbeiterparteien, im lateinischen Sprachraum eher anarchistisch oder syndikalistisch ausgerichtet, im Norden und Zentrum Europas eher marxistisch orientiert.

• Innerhalb der SPD beginnt die Auseinandersetzung mit den Prinzipien des Marxismus (Revisionismus-Streit), der die ideologische Spaltung der Arbeiterschaft vorzeichnet.

• Die internationale Arbeiterbewegung zerbricht am Vorabend des Ersten Weltkrieges, indem nationale Interessen über Klasseninteressen siegen und der Ausbruch des Krieges nicht verhindert werden kann.

Page 31: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Spaltung in zwei Lager und faschistische Herausforderung (1917-1945)

• Der Erfolg der Russischen Revolution 1917 spaltet die Arbeiterbewegung in zwei unversöhnliche Lager: Gründung der Kommunistischen Internationale 1919 unter leninistischer Vorherrschaft.

• In verschiedenen europäischen Staaten kommt der Sozialismus an die Macht.

• Er kann trotz verschiedenen politischen Allianzen den Aufstieg des Faschismus nicht verhindern.

• Während des Zweiten Weltkriegs wird der internationale Sozialismus erneut geschwächt.

 

Page 32: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Aufstieg der Sozialdemokratie (nach 1945)

• Der Demokratische Sozialismus entwickelt sich zu einer führenden politischen Kraft der Nachkriegszeit Europas; 1951 wird die Sozialistische Internationale gegründet.

• Beteiligung an der Regierung in den meisten westeuropäischen Staaten während der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs.

• Übergang von Arbeiter- zu Volksparteien; das 'Godesberger-Programm' der SPD als Leitbild des 'gemässigten Sozialismus'.

Page 33: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Generationenkonflikte, Wirtschaftskrisen und Wertwandel als Herausforderung (nach 1968)

• Die kritische Auseinandersetzung der 1968er mit der Rolle der USA in Europa, Vietnam und der Dritten Welt, aber auch mit der Wohlstandsgesellschaft und der herrschenden Moral fordern die bestehenden politischen Verhältnisse heraus.

• Übergang zu einer sozial-liberalen Phase mit Mitte/Links-Regierungen, die aber durch Wirtschaftskrisen einerseits, durch die Kritik der neuen sozialen Bewegungen (Frauen-, Umwelt-, Friedensbewegung) anderseits herausgefordert sind.

Page 34: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Die Sozialdemokratie auf dem Weg zur Mitte? • In zahlreichen Ländern (v.a. aber in England und

Deutschland) findet eine Öffnung zur Mitte statt. • Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind in den meisten

europäischen Ländern sozialdemokratische Parteien an der Macht oder zumindest an der Regierung beteiligt.

• Neben dem traditionellen, gewerkschaftlichen Flügel und den ehemaligen Exponenten von Linkaussenparteien und Aktivisten der neuen sozialen Bewegungen beginnt sich ein neues Potential zu formulieren, welches sich vor allem von der Fortschrittlichkeit der SP im lebensweltlichen Bereich, den grundsätzlichen Gerechtigkeits- und Solidaritätsansprüchen und den transnationalen Integrationsbemühungen der Sozialdemokratie angezogen fühlt.

Page 35: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

6.4 Der Sozialismus in der Schweiz - am

Beispiel der SPS

Page 36: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Gründungszeit • Vom internationalen Sozialismus nur wenig beeinflusst,

gibt sich der Sozialismus in der Schweiz betont nicht-klassenkämpferisch.

• Schwache Basis. • Albert Steck, Jurist, Berner Patrizier und erster

Parteipräsident verfasst das 'Berner Programm': Organisation aller wirtschaftlichen Tätigkeiten durch das Volk als Leitgedanke; der Kampf 'aller gegen alle' soll durch wirtschaftliche Reformen überwunden werden; der legale und evolutionäre Weg steht im Vordergrund (1. Volksinitiative Recht auf Arbeit 1894).

• Offizielle Parteigründung 1888. • Erste sozialdemokratische Parteien tauchten in der

Schweiz schon 1850 auf (GE, BE, ZH).

Page 37: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Internationalisierung bis zum Generalstreik • 1904 neues, marxistisch orientiertes Programm. Gründe:

Grosse Depression, zunehmende Sozialkonflikte, bürgerliche Repression (Militäreinsätze gegen Streikende).

• Otto Lang, Oberrichter und Verfasser der Grundsätze, befürwortet den 'proletarischen Klassenkampf' zur Überführung der Produktionsmittel in den Besitz der Gesellschaft und verlangt den Ersatz der kapitalistischen Wirtschaftsordnung durch eine Gemeinwirtschaft auf demokratischer Grundlage. Ziel, die Arbeiterschaft zu einem Zusammenschluss zu bewegen, um ihren Einfluss zu erhöhen.

• Nach dem Zerfall der internationalen Sozialdemokratie finden 1915 in der Schweiz zwei Kongresse (Zimmerwald und Kiental) zur Neubelebung des Internationalismus statt.

Page 38: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Radikalisierung und Spaltung der Sozialdemokratie

• Generalstreik 1918. 9 Forderungen: sofortige Neuwahl des Nationalrates auf der Grundlage des Proporzes; aktives und passives Frauenwahlrecht; Einführung einer allgemeinen Arbeitspflicht; 48-Stunden-Woche; Reorganisation der Armee als Volksheer; Sicherung der Lebensmittelversorgung; Schaffung der AHV; Staatsmonopol im Aussenhandel; Tilgung der Staatsschulden durch die Besitzenden.

Page 39: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

• Im Gefolge des abgebrochenen Generalstreiks zweite Programmrevision unter Robert Grimm (1920): Das radikalisierte Programm fordert die Eroberung der politischen Macht als nächstes Ziel der Arbeiterklasse, wenn nötig durch die 'Diktatur des Proletariates'; nur Einzelaktionen und Putschversuche werden abgelehnt.

• Die SPS geht auf kritische Distanz zur bürgerlichen Demokratie als 'Unterdrückungsapparat der Bourgeoisie' und erweitert ihre Kapitalismuskritik durch die Ablehnung des Imperialismus.

• Die 21 Bedingungen für die Aufnahme in die Kommunistische Internationale werden jedoch von einer Mehrheit abgelehnt, was zur Abspaltung des linken Flügels und zur Gründung der KPS führt.

Page 40: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Schrittweise Integration unter dem Eindruck des Nationalsozialismus

• Die offensive Phase, während der auch die Beteiligung an der Landesregierung verlangt wird (1929), findet durch die Machtergreifung Hitlers 1933 ein rasches Ende.

• Dritte Programmrevision unter Robert Grimm bringt Abkehr vom Marxismus: Streichung der 'Diktatur des Proletariates', Aufwertung der Demokratie und Bekenntnis zum bewaffneten Grenzschutz; weiterhin Kapitalismuskritik, jedoch verstanden als Kampfgemeinschaft aller 'ausgebeuteten Volksschichten'.

Page 41: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

• 'Plan der Arbeit' als Aktionsprogramm; Kriseninitiative als Antwort der Gewerkschaften auf die Wirtschaftslage.

• Die SPS tritt der 'Richtlinien-Bewegung' bei, die über die Arbeiterbewegungen hinaus alle fortschrittlichen Kräfte gegen den Faschismus sammeln will.

• Der SMUV geht das Friedensabkommen ein und begründet die Sozialpartnerschaft.

• Trotz vier Vakanzen im Bundesrat 1940 wird kein Sozialdemokrat gewählt.

Page 42: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

• Im Hinblick auf die Nachkriegszeit gibt sich die SPS 1942 das Aktionsprogramm 'Neue Schweiz', das die Verknüpfung von Armeeanerkennung und Ausbau der Sozialpolitik bringt.

• 1943 Ernst Nobs erster SP-Bundesrat; sein Nachfolger, Max Weber, verlässt 1953 die Landesregierung nach der Ablehnung seiner Finanzreform durch das Stimmvolk.

Page 43: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Regierungsbeteiligung, Pragmatismus und Gesellschaftsreform unter dem Eindruck des

Wirtschaftswachstums (1959-1873)

• Die vierte Programmrevision unter W. Bringolf ('Winterthurer Programm', 1959) schreibt den Übergang zur gemässigten Volkspartei fest und ist eine Vorbereitung auf den konkordanzmässigen Eintritt in die Landesregierung (Zauberformel 2:2:2:1 ab 1959).

• Produktivitätssteigerung, Vollbeschäftigung, gerechte Verteilung materieller Güter, Steuergerechtigkeit, Demokratisierung, soziale Sicherheit und Chancengleichheit als "Fortschritts"-Forderungen.

Page 44: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Neuorientierungen angesichts der Wirtschaftskrise und neuen sozialen Bewegungen

• Ideen eines radikalen Programmentwurfs (Bruch mit dem Kapitalismus; Selbstverwaltung als Grundlage der gesamten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung) werden im 1982 beschlossenen Programms von Lugano relativiert. Hingegen: grundsätzliche Kritik am Fortschrittsglauben der 60er Jahre, z.T. auch an der "Staatsgläubigkeit" und öffnet die Sozialdemokratie für die Anliegen der neuen sozialen Bewegungen, insbesondere der Umwelt- und der Frauenbewegung.

• Vor allem die Nicht-Wahl der ersten Frau in den Bundesrat (L. Uchtenhagen) führt 1984 zu einer Grundsatzdebatte über den Verbleib in der Regierung.

• Erneute Diskussionen nach den Nationalratswahlen von 1987. • Nationalratswahlen 1995: Aufwärtstrend. Ursachen: Erfolgreiches

Vordringen in Teile der neuen Mittelschichten, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit seit Beginn 1990er Jahre, solide konzeptuelle Arbeit verknüpft geschicktem Politikmarketing. Verluste der Grünen.

Page 45: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

6.5 Perspektiven des demokratischen Sozialismus

Page 46: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Ende des sozialdemokratischen Zeitalters?

• Schwinden der klassischen Wählerbasis im Zuge der Tertiärisierung und Individualisierung der Beschäftigung;

• "Selbsteliminierung" durch "Verbürgerlichung" des "Arbeiters";

• Ende der "Gleichheitspolitik": das Problem der positionellen Güter;

• Schwinden von Klassenbewusstsein und Solidarität der Benachteiligten;

• Überlebtheit keynesianischer und sozialdemokratischer Wirtschaftsrezepte gegenüber Neoliberalimus und -konservatismus;

• Grenzen gesellschaftlicher Gestaltungsfähigkeit staatlicher Politik.

Page 47: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Neue Rollen neben klassischer Funktion

• Klassische Verteilungskonflikte im Beschäftigungssektor nehmen nicht ab, sondern bleiben. Einmal erreichte Verteilungskompromisse müssen dauernd neu erkämpft werden. Daraus: notwendige Integrationsfunktion in entwickelten kapitalistischen Demokratien, die in Westeuropa nur durch S.-D.-Parteien wahrgenommen wird.

Page 48: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Risiken struktureller Arbeitslosigkeit nehmen nicht ab; mit der Globalisierung der Märkte verschieben sich die Machtanteile zwischen Arbeit und Kapital zugunsten des letzteren (höhere Mobilität). Politischer "Markt" für ArbeitnehmerInnenpartei. Jedoch: Erfolgschancen nur bei verstärkter internationaler Zusammenarbeit.

Page 49: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Neue Wählerpotentiale (Frauen, neue Professionelle und Bildungsschichten etc.).

Page 50: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Alle wichtigen Ökologiefragen (Definition von Risiken, Berücksichtigung der Ansprüche künftiger Generationen, Internalisierung sozialer/ökologischer Kosten in die Marktpreise, Verbote von Tätigkeiten mit irreparablen Schadensfolgen) sind zugleich strukturelle und verteilungspolitische Ökonomiefragen. Sie bedingen politisch-demokratische Festlegung von Marktbedingungen und Interventionen, Nutzung zentraler und dezentraler staatlicher Strukturen.

Page 51: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Aktuelle Themenschwerpunkte und Herausforderungen

• Die SP und die Westschweiz• Die SP und die Neue Mitte• Die SP und der Service publique• Die SP und die Frauen• Die SP und die Gewerkschaften• Die SP und ihre Organisationsstrukturen• Die SP und Bodenmann und andere Ikonen

Page 52: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Die Neue Linke: Linke Politik statt Neue Mitte?

Was ist mit der Linken los? So fragte die WoZ im Sommer 1998 und lancierte eine politische Debatte zum Zustand der Linken in der Schweiz. Zwölf ExponentInnen aus Politik und Politologie meldeten sich in dieser Debatte zu Wort, darunter auch die ehemalige SP-Präsidentin Koch.

Page 53: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Die Titel waren vielfältig und aufschlussreich:

• Andreas Herzcog: «Vom Rudern zum Segeln» (WoZ Nr. 27/98)

• Werner Seitz: «Die SP braucht Konkurrenz» (WoZ Nr. 28/98)

• André Daguet: «Links der SP ist Wüste» (WoZ Nr. 30/98)

• Christine Goll: «André, die Wüste lebt!» (WoZ Nr. 31/98).

• Ruedi Baumann: «Karawanen und grüne Oasen» (WoZ Nr. 32/98

• Ursula Meyer-Tschanz: «Die SVP hat etwas, das bei der SP fehlt» (WoZ Nr. 37/98

• Ursula Koch: «Die Linke braucht unerschrockene Menschen» (WoZ Nr. 38/98)

Page 54: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Nur einer blieb aussen vor, der heutige Walliser Staatsrat und Koch-Vorgänger Peter Bodenmann. Doch einen Monat nach dem SP-Parteitag in Montreux streifte der versierte Parteistratege jede Zurückhaltung ab und präsentierte ein provokatives Strategiepapier.

Page 55: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Bodenmann in seinem Woz-Strategiepapier (1998): Linke Politik statt Neue Mitte

  Viele fordern in der SP eine inhaltliche Debatte über die Linie der Partei, über die von ihr zu vertretenden politischen Inhalte. Diese Debatte findet bisher nur in Ansätzen statt. Dieses Papier versucht in der Logik der in den neunziger Jahren entwickelten Politik der Partei eine weitergedachte linke Positionierung zu formulieren. Nichts nützt der SP in der heutigen Lage mehr als eine inhaltliche Debatte.

 

Page 56: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Bodenmann: Die SP Schweiz ist - im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Sozialdemokratien - keine

Partei der Neuen Mitte, sondern eine linke Partei:

• Die SP muss konzeptionell zukunftsgerichtete linke Politik formulieren, ohne ständig zur politischen Mitte zu schielen.

• Die SP muss klarmachen, dass Innovation nicht politische Mitte bedeutet, sondern politische Hegemonie im Bereich zukunftsgerichteter Antworten.

• Die SP Schweiz muss in der Lage sein, Referenden und Volksinitiativen zu ergreifen - und dort, wo sie diese mehrheitsfähig konzipiert hat, auch durchzubringen.

Page 57: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

• Sie muss dies in einer Schweiz tun, deren politische Landschaft sich verändert hat. In vielen wichtigen politischen Fragen ist der bürgerliche Block gespalten.

• Die SP konnte sich deshalb in den neunziger Jahren aus der Rolle der Juniorpartnerin lösen und in einer zunehmend variabler werdenden politischen Geometrie fallbezogen erfolgreich Bündnisse eingehen. So gelang es ihr, zu einem selbstbewussteren Faktor im politischen System zu werden. Diese Position darf sie nicht aufgeben.

Page 58: Sozialismus. Wählerstimmenanteile der Bundesratsparteien: Nationalratswahlen 1919-1999

Sozialismus

Elektorale Erfolge vs. Politikgestaltung

• Die Links-Orientierung der SP-Schweiz führt sie dazu, dass in der sozialdemokratischen Hochkonjunkturphase der 1990er Jahre 25 Prozent Wähleranteile als anspruchsvolles Wahlziel betrachtet werden.

• Der Argumentation von Bodenmann liegt der Gedanke zugrunde, dass in der Realpolitik mit einer klaren Links-Positionierung bessere Verhandlungsergebnisse zu erzielen sind.