spektroskopische methoden in der organischen chemie. von m. hesse, h. meier, b. zeeh. georg thieme...

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pharmakologisch und chemisch Interessier- ten erschliegt sich schnell ein komplexes Na- turstoffgebiet. Informationsdichte und Ak- tualitat rechtfertigen den zweifellos hohen Preis. Eine fehlerhafte Bindung beim Probe- exemplar enttauschte dagegen. R. Mayer, Bonn Spektroskopische Methoden in der orga- nischen Chemie. Von M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1995,364 S. mit 221 Abbildungen und 100 Tabellen, kartoniert, D M 82,-, ISBN 313 5761053. Die neue Auflage des bekannten und belieb- ten Buches iiber die Anwendung spektrosko- pischer Methoden zur Strukturaufklarung unterscheidet sich von ihren Vorgangern zunachst durch ein mehrfarbiges (iiberwie- gend blaues), ansprechendes Layout. Zahlrei- che Modernisierungen wurden vorgenom- men, z. B. die Streichung des Gitter-Spektro- meters (das aber aus Kostengriinden noch haufiger benutzt werden mui3) oder die Be- schreibung der 2D-NMR-Techniken, die "N-NMR-Spektroskopie und die modernen Ionisierungsmethoden der Massenspektro- metrie. Wie seine Vorganger wird das Buch ein unentbehrlicher Helfer bei der Anwen- dung spektroskopischer Methoden sein und kann ohne Einschrankung empfohlen wer- den. G. Rucker, Bonn Gunver Sophia Kienle: Der sogenannte Pla- ceboeffekt. Illusion, Fakten, Realitat. 11 Tab. Schattauer Verlag Stuttgart, New York 1995. DM 34,-. Der Titel macht den Leser schon neugierig: ,,sogenannter" Placeboeffekt. Tatsachlich raumt das Buch mit vielen Vorstellungen zum Placeboeffekt, also dem Effekt eines Schein- medikamentes, auf. Bis zum Jahr 1945 gab es iiberhaupt keine einzige Publikation, die sich mit diesem Phanomen beschaftigte. Ab 1955 wurde das Problem bewui3t: Seit der Publi- kation von Beecher ,,The powerful placebo" wird allgemein in der Literatur die Wirksam- keit (nicht Wirkung!) von Placebos mit durchschnittlich 35 % beziffert. Tumoren ge- hen zuriick, Dosis-Wirkungs-Beziehungen werden beobachtet, sogar kumulative und der Arzneimittelpriifung die placebokontrol- lierte Doppelblindstudie ist. Die Autorin lenkt aber prazise auf das eigentliche Pro- blem hin, dai3 vielfach fahrlassig vereinfa- chend alle unerklarbaren Phanomene einer ,,Placebo-Wirkung" zugeordnet werden. Sie scharft beim Leser das BewuGtsein, da8 von einem Placeboeffekt nur dann gesprochen werden darf, wenn das ,,Phanomen", die Wirkung nicht auch ohne Placebogabe zu- stande kommt. Eine Veranderung eines Krankheitszustandes ohne Gabe eines Place- bos, die ja verschiedene Ursachen haben kann, ist kein Placeboeffekt. Das heii3t es miissen fur die Placebogabe bzw. -wirkung Kontrollbedingungen existieren: Neben der Placebobehandlung mui3 es eine Kontrollbe- handlung (Nullbehandlung) geben. Das be- obachtete Phanomen darf also ohne Gabe von Placebo nicht auftreten. Kritisiert wer- den mui3 auch, dai3 Beurteilungskategorien haufig asymmetrisch sind und daher die Aus- wertung verbogen wird Beispiel: ,,starke Ver- besserung", ,,mai3ige Verbesserung", aber nur ,,Verschlechterung", heii3t also nur eine Ver- schlechterungskategorie. Einseitige Nennung der Verbesserungen bei Verschweigen der Verschlechterungen (Spontanschwankungen) sind dubios und machen Placeboeffekte ,,plausibel" . Die Autorin hat sich die Miihe gemacht, sehr viele Arbeiten aufgrund dieser stringenten Definition durchzusehen. Sie ist zu dem auf- sehenerregenden Schlui3 gekommen, dai3 haufig in der Literatur von Placebowirkung gesprochen wird, aber es sich dann in Wirk- lichkeit in den meisten Fallen gar nicht um eine Placebowirkung handelt (fehlende Kon- trolle zur Placebogruppe). Das heii3t es mui3 scharf abgetrennt werden gegen Spontanbes- serungen (,,regression to the mean", also der Tendenz, dai3 sich Effekte immer zu einem stabilisierenden Mittelwert zuriickbewegen). Somit mui3 festgehalten werden, dai3 die Nichtexistenz einer Sache nicht nachgewiesen werden kann (Grundlagen der Logik). Es wird angefragt, ob nicht im Prinzip die Exi- stenz eines Placeboeffekts erneut nachgewie- sen werden mui3, weil - und da scheint die Autorin etwas zu iiberziehen - der Placebo- effekt Jediglich eine medizinhistorische Illu- sion'' ist. Man kann den Gedanken auch wei- terfiihren, indem man fragt, ob man nicht ein homoopathisches Arzneimittel falschlich in die vie1 zu positive Rolle eines Placebos drangt, dessen stringente Qualitatsbeurtei- lungen gar nicht erfiillt. Eine wahrhaft anre- gende, empfehlenswerte Lektiire! E. J. Verspohl, Miinster G. Fiillgraff, D. Palm Pharmakotherapie - Klinische Pharma- kologie. 9. neubearbeitete Auflage 1995, XXVI, 503 Seiten, kt. D M 64,-. ISBN 3-437-00794-7. Die Tatsache, dai3 dieses Buch nun in schnel- ler Folge in einer weiteren Auflage (der neunten) erschienen ist, zeigt schon seine Be- liebtheit. Sie ist auch gerechtfertigt, weil es sich um ein sehr kompetent, prazise ge- schriebenes Buch handelt, das einen sehr ra- schen Zugriff auf Informationen erlaubt. Dem Leser werden die rationalen AnsatTe der Therapie sehr gut vermittelt. Besonders gelungen ist die Bewertung der Arzneistoff- gruppen und die Abwagung ihrer klinischen Bedeutung (Ausnahme in einigen Kapiteln, wo sich um die exakte Bewertung gedriickt wird, wie z. B. Antidiabetika). Man mui3 ein- schrankend darauf hinweisen, dai3 kontrovers beurteilte Arzneistoffe aui3en vor bleiben, gar nicht bearbeitet sind (z. B. strittige Vitamine wie E, Q usw.), wahrenddessen die medi- kamentose Beeinflussung des hirnorgani- schen Psychosyndroms erfrischend kritisch abgehandelt wird. Es fehlt ja gerade an kom- petenter Information bei Arzneistoffen der therapeutischen Grauzone. Wenn man die nach Krankheitsbildern geordneten Kapitel ansieht, fallt die (fur die deutsche Pharmako- logie insgesamt typische) Dominanz von HedKreislauf auf. ZNS- und endokrine Er- krankungen sind unterreprasentiert und wa- ren es leider auch in friiheren Auflagen. Das sollte in der Zukunft geandert werden. Auf- grund der insgesamt sehr praxisnahen Kapi- tel, die auch fur den Apotheker und nieder- gelassenen Arzt als Lektiire empfohlen wer- den, seien genannt: Erkrankungen und Scha- digungen der Haut, ferner des Auges, Schwangerschaft und Stillperiode, Besonder- heiten der Therapie in besonderen Altersab- schnitten, Allergie und akute Vergiftungen. Selbst wenn man schon iiber einen gewissen Fundus an Pharmakologiebiichern verfiigt, sollte man sich unbedingt iiberlegen, dieses Therapie-bezogene Nachschlagewerk zusatz- lich bei einer rationalen Therapie zu Rate zu ziehen. E. J. Verspohl, Miinster 1995 - carry-over-Effcktc wcrden beschrieben. Dar- aus leitct sich auch ab, daR dcr Goldstandard 220 Pbarmazie in unserer Zeit / 2j.jabrg. 1996 /Nx 4

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Page 1: Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie. Von M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1995, 364 S. mit 221 Abbildungen und 100 Tabellen, kartoniert,

pharmakologisch und chemisch Interessier- ten erschliegt sich schnell ein komplexes Na- turstoffgebiet. Informationsdichte und Ak- tualitat rechtfertigen den zweifellos hohen Preis. Eine fehlerhafte Bindung beim Probe- exemplar enttauschte dagegen.

R. Mayer, Bonn

Spektroskopische Methoden in der orga- nischen Chemie. Von M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1995,364 S. mit 221 Abbildungen und 100 Tabellen, kartoniert, D M 82,-, ISBN 313 5761053.

Die neue Auflage des bekannten und belieb- ten Buches iiber die Anwendung spektrosko- pischer Methoden zur Strukturaufklarung unterscheidet sich von ihren Vorgangern zunachst durch ein mehrfarbiges (iiberwie- gend blaues), ansprechendes Layout. Zahlrei- che Modernisierungen wurden vorgenom- men, z. B. die Streichung des Gitter-Spektro- meters (das aber aus Kostengriinden noch haufiger benutzt werden mui3) oder die Be- schreibung der 2D-NMR-Techniken, die "N-NMR-Spektroskopie und die modernen Ionisierungsmethoden der Massenspektro- metrie. Wie seine Vorganger wird das Buch ein unentbehrlicher Helfer bei der Anwen- dung spektroskopischer Methoden sein und kann ohne Einschrankung empfohlen wer- den.

G. Rucker, Bonn

Gunver Sophia Kienle: Der sogenannte Pla- ceboeffekt. Illusion, Fakten, Realitat. 11 Tab. Schattauer Verlag Stuttgart, New York 1995. DM 34,-.

Der Titel macht den Leser schon neugierig: ,,sogenannter" Placeboeffekt. Tatsachlich raumt das Buch mit vielen Vorstellungen zum Placeboeffekt, also dem Effekt eines Schein- medikamentes, auf. Bis zum Jahr 1945 gab es iiberhaupt keine einzige Publikation, die sich mit diesem Phanomen beschaftigte. Ab 1955 wurde das Problem bewui3t: Seit der Publi- kation von Beecher ,,The powerful placebo" wird allgemein in der Literatur die Wirksam- keit (nicht Wirkung!) von Placebos mit durchschnittlich 35 % beziffert. Tumoren ge- hen zuriick, Dosis-Wirkungs-Beziehungen werden beobachtet, sogar kumulative und

der Arzneimittelpriifung die placebokontrol- lierte Doppelblindstudie ist. Die Autorin lenkt aber prazise auf das eigentliche Pro- blem hin, dai3 vielfach fahrlassig vereinfa- chend alle unerklarbaren Phanomene einer ,,Placebo-Wirkung" zugeordnet werden. Sie scharft beim Leser das BewuGtsein, da8 von einem Placeboeffekt nur dann gesprochen werden darf, wenn das ,,Phanomen", die Wirkung nicht auch ohne Placebogabe zu- stande kommt. Eine Veranderung eines Krankheitszustandes ohne Gabe eines Place- bos, die ja verschiedene Ursachen haben kann, ist kein Placeboeffekt. Das heii3t es miissen fur die Placebogabe bzw. -wirkung Kontrollbedingungen existieren: Neben der Placebobehandlung mui3 es eine Kontrollbe- handlung (Nullbehandlung) geben. Das be- obachtete Phanomen darf also ohne Gabe von Placebo nicht auftreten. Kritisiert wer- den mui3 auch, dai3 Beurteilungskategorien haufig asymmetrisch sind und daher die Aus- wertung verbogen wird Beispiel: ,,starke Ver- besserung", ,,mai3ige Verbesserung", aber nur ,,Verschlechterung", heii3t also nur eine Ver- schlechterungskategorie. Einseitige Nennung der Verbesserungen bei Verschweigen der Verschlechterungen (Spontanschwankungen) sind dubios und machen Placeboeffekte ,,plausibel" .

Die Autorin hat sich die Miihe gemacht, sehr viele Arbeiten aufgrund dieser stringenten Definition durchzusehen. Sie ist zu dem auf- sehenerregenden Schlui3 gekommen, dai3 haufig in der Literatur von Placebowirkung gesprochen wird, aber es sich dann in Wirk- lichkeit in den meisten Fallen gar nicht um eine Placebowirkung handelt (fehlende Kon- trolle zur Placebogruppe). Das heii3t es mui3 scharf abgetrennt werden gegen Spontanbes- serungen (,,regression to the mean", also der Tendenz, dai3 sich Effekte immer zu einem stabilisierenden Mittelwert zuriickbewegen).

Somit mui3 festgehalten werden, dai3 die Nichtexistenz einer Sache nicht nachgewiesen werden kann (Grundlagen der Logik). Es wird angefragt, ob nicht im Prinzip die Exi- stenz eines Placeboeffekts erneut nachgewie- sen werden mui3, weil - und da scheint die Autorin etwas zu iiberziehen - der Placebo- effekt Jediglich eine medizinhistorische Illu- sion'' ist. Man kann den Gedanken auch wei- terfiihren, indem man fragt, ob man nicht ein homoopathisches Arzneimittel falschlich in die vie1 zu positive Rolle eines Placebos drangt, dessen stringente Qualitatsbeurtei- lungen gar nicht erfiillt. Eine wahrhaft anre- gende, empfehlenswerte Lektiire!

E. J. Verspohl, Miinster

G. Fiillgraff, D. Palm Pharmakotherapie - Klinische Pharma- kologie. 9. neubearbeitete Auflage 1995, XXVI, 503 Seiten, kt. D M 64,-. ISBN 3-437-00794-7.

Die Tatsache, dai3 dieses Buch nun in schnel- ler Folge in einer weiteren Auflage (der neunten) erschienen ist, zeigt schon seine Be- liebtheit. Sie ist auch gerechtfertigt, weil es sich um ein sehr kompetent, prazise ge- schriebenes Buch handelt, das einen sehr ra- schen Zugriff auf Informationen erlaubt. Dem Leser werden die rationalen AnsatTe der Therapie sehr gut vermittelt. Besonders gelungen ist die Bewertung der Arzneistoff- gruppen und die Abwagung ihrer klinischen Bedeutung (Ausnahme in einigen Kapiteln, wo sich um die exakte Bewertung gedriickt wird, wie z. B. Antidiabetika). Man mui3 ein- schrankend darauf hinweisen, dai3 kontrovers beurteilte Arzneistoffe aui3en vor bleiben, gar nicht bearbeitet sind (z. B. strittige Vitamine wie E, Q usw.), wahrenddessen die medi- kamentose Beeinflussung des hirnorgani- schen Psychosyndroms erfrischend kritisch abgehandelt wird. Es fehlt ja gerade an kom- petenter Information bei Arzneistoffen der therapeutischen Grauzone. Wenn man die nach Krankheitsbildern geordneten Kapitel ansieht, fallt die (fur die deutsche Pharmako- logie insgesamt typische) Dominanz von HedKreislauf auf. ZNS- und endokrine Er- krankungen sind unterreprasentiert und wa- ren es leider auch in friiheren Auflagen. Das sollte in der Zukunft geandert werden. Auf- grund der insgesamt sehr praxisnahen Kapi- tel, die auch fur den Apotheker und nieder- gelassenen Arzt als Lektiire empfohlen wer- den, seien genannt: Erkrankungen und Scha- digungen der Haut, ferner des Auges, Schwangerschaft und Stillperiode, Besonder- heiten der Therapie in besonderen Altersab- schnitten, Allergie und akute Vergiftungen. Selbst wenn man schon iiber einen gewissen Fundus an Pharmakologiebiichern verfiigt, sollte man sich unbedingt iiberlegen, dieses Therapie-bezogene Nachschlagewerk zusatz- lich bei einer rationalen Therapie zu Rate zu ziehen.

E. J. Verspohl, Miinster 1995

- carry-over-Effcktc wcrden beschrieben. Dar- aus leitct sich auch ab, daR dcr Goldstandard

220 Pbarmazie in unserer Zeit / 2j.jabrg. 1996 / N x 4