standorte und logistik von kurier-, express- und...
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52Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Verkehr und Kommunikation
Standorte und Logistik von Kurier-, Express- und PaketdienstenRudolf Juchelka
Seit Mitte der 1970er Jahre entstand –neben der traditionellen Post-Dienstlei-stung – in Deutschland ein eigenständi-ger Markt für Paketdienste. United Par-cel Service (UPS), ein bereits 1908 ge-gründetes Unternehmen aus den USA,und der Deutsche Paket Dienst (DPD),ein Zusammenschluss mittelständischerSpediteure, waren die ersten privatenAnbieter im deutschen Paketdienst-
mittelständischer bzw. regional täti-ger Dienstleister.
3. Diese Entwicklungen sind eingebet-tet in die Deregulierung der europäi-schen Transport- und Postmärkte.
Insbesondere in Folge des dritten Punk-tes gerät der gesamte KEP-Markt in Be-wegung. Bisher mussten die nationalenPostgesellschaften Pakete an den Gren-zen in die Hände einer anderen natio-nalen Postgesellschaft übergeben. Nureinige private Anbieter wie die großenIntegrators konnten schon seit länge-rem grenzüberschreitende Dienstleistun-gen aus einer Hand anbieten, weil sieüber hoch integrierte Netze verfügen.Dieser Vorteil verringert sich mit derZeit, da die nationalen Postgesellschaf-ten zunehmend internationale Koopera-tionen oder sogar Verbünde eingehen.Folgende Trends kennzeichnen die zu-künftigen Entwicklungen im KEP-Markt:• Die Postgesellschaften und die großen
KEP-Dienstleister lassen unabhängigeNetze entstehen, vereinzelt kommt eszu Integrationen oder partiellen Ko-operationen, langfristig sind auchÜbernahmen denkbar.
• Alle Marktteilnehmer versuchen, dieglobale Präsenz weiter auszubauen.
• Für den Kunden soll möglichst einA One-Stop-Shopping-System ange-boten werden.
• Die Informationstechnologie, bei-spielsweise der Einsatz vonA Tracking-and-Tracing-Systemenoder elektronischer Verzollung, wirdden KEP-Markt in erheblicher Weiseweiter beeinflussen und prägen.
• Die Produktbasis wird zunehmendverbreitert, d.h. es findet eine Ab-wendung vom Standardprodukt hinzu individuellen Angeboten statt.
Kernbestandteile eines KEP-Logistik-Dienstleisters sind ein Netzwerk vonStandorten und die Verknüpfung dieserStandorte unter Beibehaltung des Ser-vice-Anspruches. Ein feinmaschigesNetzwerk mit Depots oder Niederlas-sungen (Standorte der Lieferfahrzeuge,Vorsortierung) wird durch ein Netz vonHauptumschlagsbasen (A Hubs) überla-gert. Manchmal sind noch sog. Sub-Hubs zwischengeschaltet. Daraus ergibtsich das aus der Luftfahrt bekannteA Hub-and-Spoke-System. Für interna-tionale und teilweise auch für nationaleTransporte gibt es in einigen FällenSonder-Hubs an Flughäfen. Beispiels-weise besitzt UPS seine Europa-Hub amFlughafen Köln-Bonn 7, und TNT ver-lagerte Ende der 1990er Jahre seine Eu-ropa-Hub vom Flughafen Köln-Bonnzum belgischen Flughafen Lüttich-Bier-set (westlich von Aachen). Eine weite-re Modifizierung findet auf zeitkritischenStrecken statt, indem das Hub-and-Spo-ke-System durch Direktlinienverbindun-
Markt. Die Schnelligkeit der Lieferungals spezifische Kundenanforderung ent-wickelte sich dabei zunehmend zu ei-nem Qualitätsmerkmal. Wenig späterwurden auch die ersten Niederlassungender großen internationalen Express-Dienste wie DHL, TNT und Federal Ex-press in der BRD eröffnet. Heute wirdder europäische Markt von den „großenVier“ DHL, FedEx, UPS und TNT so-wie den nationalen Postgesellschaftenbeherrscht. Hinzu kommen national tä-tige Firmen. Auch im Stadtbereich er-öffneten sich neue Märkte, die vor al-lem durch in ihrem Aktionsbereich be-schränkte City-Kurier-Dienste bedientwerden.
Die großen internationalen Kurier-,Express- und Paketdienste (KEP) wer-den als A Integrators bezeichnet, da sieein verknüpftes Dienstleistungsproduktvom Versender bis zum Empfänger inForm eines A Door-to-Door-Service an-bieten. Weltweit existieren sieben Fir-men, die als Integrator bezeichnet wer-den können:• United Parcel Service (UPS, Atlanta,
Georgia, USA)• Federal Express (FedEx, Memphis,
Tenn., USA)• Thomas Nationwide Transport (TNT,
Hoofddorp, NL)• Dalsey-Hillblom-Lynn (DHL, Red-
wood City, Calif., USA)• Emery Worldwide (Redwood City,
Calif., USA
• BAX-Global, ehem. Burlington Ex-press (Irvine, Calif., USA)
• Airborne Express International (Se-attle, Wash., USA)
Die Bedeutung dieser Firmen zeigt sichinsbesondere im Luftfrachtverkehr, beidem die Rolle von FedEx und UPS her-ausragend ist.
Die Liberalisierung im Postbereichund der zunehmende Wunsch von Wirt-schaftsunternehmen nach• Zeitgenauigkeit der Zustellung• flächendeckendem Service• A Overnight-Service• hohem Zuverlässigkeitsgrad (u.a. Sen-
dungsverfolgung, A Online-Tracking)sowie
• Zustellkontrolle unmittelbar nachAuslieferung
führten zu einer starken Expansion desKEP-Marktes in den 1990er Jahren. DerMarkt weist in Deutschland Zuwachsra-ten von jährlich ca. 15 Prozent, einUmsatzvolumen von über 16 Mrd. DM(1997) und einen Arbeitsplatzeffektvon knapp 100.000 Beschäftigten auf.Ende der 1990er Jahre ist er durch dreigrundlegende Trends gekennzeichnet:1. Es engagieren sich – im Rahmen der
allgemeinen Internationalisierungder Wirtschaft – verstärkt die natio-nalen Post- und Paketunternehmen.
2. Es kommt zunehmend zu Übernah-men mittelständischer Anbieterdurch die großen internationalenIntegrators oder zu Kooperationen
UnitedAirlines
KLM
BritishAirways
JapanAirlines
Air France
SingaporeAirlines
KoreanAirlines
UnitedParcel
Service
Lufthansa
FederalExpress
Frachttonnen-Kilometerin 1000
0 2000 4000 6000 8000 10000
3422
3709
4047
4050
4596
4828
5125
5516
6221
9615
Integrator
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000
Die zehn größten Luftfracht-Carrier 1998
Kiel
SchwerinHamburg
BERLIN
Potsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Saarbrücken
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
Hannover
Kiel
SchwerinHamburg
BERLINPotsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Saarbrücken
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
Hannover
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000
Dalsey-Hillblom-Lynn (DHL) Kurier-, Express- undPaketdienste 2000
Netzwerk der Standorte
Autor: R.Juchelka
Deutscher Paket Dienst (DPD)
* Hauptumschlagsbasis
Zeichenerklärungzur Kartenreihe
AutobahnVerdichtungsraumLandeshauptstadtBundeshauptstadtBERLIN
Standorte
Headquarter
Hub*
Sub-Hub
Niederlassung
Air Hub
Air Sub-Hub
C
A
B
53Standorte und Logistik von Kurier-, Express- und Paketdiensten
60°
40°
0° 20° 30°10°
50°
Ebro
Väner- see
Dnepr
Wo lga
Donau
Weichs
el
Lo ire
Rhein
Nördl. Dwina
Ladoga- see
Madrid
Vitoria
BarcelonaZaragoza
Valencia
Alicante
Málaga
Sevilla
Porto
Santiagode Compostela
Bordeaux
Lissabon
Palmade Mallorca
Paris
Dublin
Oslo
Stockholm
Kopen-hagen
Warschau
Wien
Rom
London
Sofia
Tirana
Riga
Minsk
Kiew
Moskau
Zagreb
Athen
Prag
Berlin
Laibach(Ljubljana)
Pressburg(Bratislava)Rennes
Toulouse
Nizza
Lyon
Straßburg
GenfBasel
Mailand
Bologna
Venedig
Linz
Köln
Hannover
Frankfurt
Nürnberg
München
Istanbul
Saloniki
Malta
Billund
Göteborg
Helsingborg
Cork
Shannon
Edinburgh
EastMidlands
Reykjavik
Maßstab 1 : 30000000
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000
Europa-Netzwerk des United Parcel Service (UPS)
Autor: R.Juchelka
Standorte des Europa-Netzwerks
Direktlinienverbindung(für Standorte außerhalb Mittel- undWesteuropas in Auswahl)
Europa-Hub
sonstigerFlughafenstandort
Kiel
SchwerinHamburg
Potsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Saarbrücken
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
Hannover
Kiel
SchwerinHamburg
Potsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Saarbrücken
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
Hannover
Kiel
SchwerinHamburg
Potsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Saarbrücken
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
HannoverBERLIN BERLIN BERLIN
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2000
Federal Express (FedEx) German Parcel
Autor: R.Juchelka
United Parcel Service (UPS)
eine Cluster-Bildung von KEP-Standor-ten anzutreffen, z.B. an Flughäfen. In-nerhalb Deutschlands zeigt sich eineBallung innerhalb Hessens.
Die großen KEP-Dienstleister wieUPS, TNT, DHL, FedEx und die ehernational agierenden Firmen DPD oderGerman Parcel besitzen im Prinzip ähn-liche, in ihrer Standortwahl und hierar-chischen Struktur jedoch unterschiedli-che Netzwerke 2 bis 6.
Merkmale der Standortmuster sind:• je nach Firma unterschiedlich hierar-
chisch differenzierte Depotstrukturen• Nähe zu Autobahnanschlüssen• Nähe zu Verdichtungsräumen, aller-
dings regelhaft keine Standorte imKernbereich
• Konzentration im Sinne eines Hub-and-Spoke-Systems
• variierende Bedeutung des Luftver-kehrs für den Transport
Das Beispiel DPDAm Beispiel des Deutschen Paket Dien-stes (DPD) kann die Standortwahl ver-deutlicht werden. Heute ist der DPD in18 europäischen Ländern vertreten. DieDepotstandorte, insgesamt 400, werdennach ihrer Verkehrslage und dem Be-völkerungspotenzial ausgewählt, d.h.bei Abholung und Zustellung muss je-der Ort im Einzugsbereich eines Depotsinnerhalb eines Tages zu erreichen sein.Um für Versender und Empfänger glei-chermaßen erreichbar zu sein, werdendie Depots vorzugsweise in der Nähevon Ballungsräumen angelegt, so dassdie garantierten Laufzeiten einesA Overnight-Service eingehalten wer-den können.
Die verkehrslogistische Abwicklungbei DPD erfolgt in zwei Varianten: ein-mal als Systemverkehr Depot – Hub –
Door-to-Door-Service – Haus-zu-Haus-Lieferung
Hub – engl. Nabe; Hauptumschlagsbasis
Sub-Hub – untergeordnete Umschlags-basis
Hub-and-Spoke-System – Verteilersy-stem nach dem „Nabe und Speichen“-Sy-stem, bei dem Fluggäste bzw. Sendungenzur besseren Auslastung von Transport-mitteln zu einem zentralen Verteiler ge-bracht werden, von dem aus sie zu denEnddestinationen weiterverteilt werden
Integrator – Unternehmen, das mehrereDienstleistungen kombiniert anbietet
KEP-Dienste – Kurier-, Express- und Pa-ketdienste
One-Stop-Shopping-System – kunden-freundliches Dienstleister-System, das fürden Kunden lediglich eine Anlaufstellevorsieht, auch wenn mehrere Unterneh-men beteiligt sind
Online-Tracking – computergesteuerteVerfolgung des jeweiligen Standorts ei-ner Sendung
Overnight-Service – Lieferung, die amMorgen des darauf folgenden Tages aus-geliefert wird
Tracking-and-Tracing-System – Systemder Nachforschung über den Verbleib ei-ner Sendung im Nachhinein bzw. online
gen umgangen wird. Bei den KEP-Dien-sten kommt es im Laufe des Transportge-schehens zu einer Verknüpfung vonNah- und Fernverkehrstransporten.
Standortkriterien für das Netzwerkder Niederlassungen oder Depots sindverkehrsgünstige Lage, d.h. Nähe zumöglichst mehreren Autobahnanschlüs-sen und geringe Stauanfälligkeit, Ver-fügbarkeit von Arbeitskräften aus demunteren Einkommenssegment und gün-stige Grundstückspreise. Vielfach ist
Depot, zum anderen als Direktverkehr.Bei ersterem erfolgt – nach der Abho-lung beim Versender – die Weiterlei-tung über ein Umschlagdepot, derTransport über einen Hauptumschlagbe-trieb, und von dort die Weiterleitungzum Empfangsdepot und die Zustellung
beim Empfänger. Wenn möglich, wer-den allerdings die Sendungen unmittel-bar als Direktverkehr von Depot zu De-pot geleitet, da so Laufzeiten optimiertund zusätzliche Sortierungen vermiedenwerden können. Für nationale Transpor-te wird diese Variante bevorzugt.?
4 E F
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