stress und burnout am arbeitsplatz -...
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INSTITUT UND POLIKLINIK FÜR S U U O ÜARBEITS-, SOZIAL- UND UMWELTMEDIZIN
DIR.: PROF. DR. MED. DENNIS NOWAK
Stress und Burnout am Arbeitsplatz
U h d b t i bli h P ä tiUrsachen und betriebliche Prävention
Jürgen Glaser
Vortrag bei der Tagung „Psychisch krank im Job“ des BKK Landesverbandes Bayern am 05. April 2011
Fallvignette: Burnout?
kein Hin eis a f Arbeitsbe gkein Hinweis auf Arbeitsbezug
kein Burnout !
Glaser / 2
Burnout – das wissenschaftliche Konzept
Emotionale ErschöpfungGefühle einer Person, durch ihren Kontakt mit anderen Menschen überbeansprucht und ausgelaugt zu sein.
Depersonalisation (Zynismus)Gefühllose, abgestumpfte Reaktion auf die Empfänger ihrerDienstleistungen und FürsorgeDienstleistungen und Fürsorge.
Reduzierte Erfüllung und Leistungsfähigkeit (Ineffizienz)Abnahme ihres Gefühls an Kompetenz und erfolgreicherAbnahme ihres Gefühls an Kompetenz und erfolgreicher Ausführung in ihrer Arbeit mit Menschen.
Maslach & Jackson (1981)Maslach & Jackson (1981)
später generalisiert für alle Berufe (MBI-GS, Schaufeli et al., 1996)
Glaser / 3
g
Ausgewählte Konzepte zu Stress und Burnout
• Transaktionales Stresskonzept (Lazarus, 1974; Cherniss, 1980)
• Demand-Control (-Support) Modell (Karasek 1979)• Demand-Control (-Support) Modell (Karasek, 1979)
• Faktorenanalytisches Burnout-Konzept (Maslach & Jackson, 1981)
• Emotional Labor (Hochschild, 1983)
• Conservation of Resources (Hobfoll, 1989)
• Burnout-Prozessmodell (Leiter, 1991)
Eff t R d I b l / G tifik ti k i• Effort-Reward-Imbalance / Gratifikationskrise (Siegrist, 1996)
bzw. mangelnde Reziprozität (Schaufeli et al., 1996)
• Job Demand Resources Modell (Demerouti et al., 2001)
• u.v.m.
Glaser / 4
Systematik der Konzepte zu Stress und Burnout
Individuenbezogene / interpersonale Ansätze
Maßgeblich sind individuelle Faktoren, z.B. Missverhältnis zwischen zu hohen Erwartungen und Realität im Beruf, misslungener sozialer Tauschg
Personalentwicklung, ggf. Therapie Verhalten
Organisationsbezogene Ansätze
Maßgeblich sind widrige Arbeitsbedingungen,z.B. high demand – low control Konstellationen, widersprüchliche AnforderungenAnforderungen
Arbeits- und Organisationsgestaltung Verhältnisse
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Diagnostik und Messung von Burnout
ICD-10F 48.0 (Arbeitsbezogene) Neurasthenie
Z 00 – Z 99 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen undzur Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten führen
Z 73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei derZ 73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung
Z 73.0 AusgebranntseinBurn-out, Zustand der totalen ErschöpfungBurn out, Zustand der totalen Erschöpfung
DSM-IV: Burnout nicht genannt ( 68.20 Probleme im Beruf)
Maslach Burnout Inventory (MBI): über 90% aller wiss. Studien
gute psychometrische Qualität; Normierung in Vorbereitunggute psychometrische Qualität; Normierung in Vorbereitung
[andere: CBI (nur Erschöpfung), OLBI (bipolar), etc. ]
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Beispiel: Prävalenz von Burnout in der Pflege
Emotionale Erschöpfung (%)N=10179
40
45
50
30
35
40
15
20
25 Risikokritisch
5
10
15
0Altenpflege Ambulante
PflegeKrankenpflege Psychiatrische
PflegeKlinikärzte Psychiatr.
Therapeuten
N 1973 N 721 N 1017 N 2324 N 601 N 3543
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N=1973 N=721 N=1017 N=2324 N=601 N=3543
Beispiel: Prävalenz von Burnout in der Pflege
Depersonalisation (%)N=10179
40
45
50
30
35
40
15
20
25 Risikokritisch
5
10
15
0Altenpflege Ambulante
PflegeKrankenpflege Psychiatrische
PflegeKlinikärzte Psychiatr.
Therapeuten
N 1973 N 721 N 1017 N 2324 N 601 N 3543
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N=1973 N=721 N=1017 N=2324 N=601 N=3543
Beispiele für evidenzbasierte betriebliche Prävention
Studie 1:Arbeitsgestaltung durch Reorganisation von ArbeitsabläufenSetting: Pflege / Förderung: BMBFSetting: Pflege / Förderung: BMBF
Studie 2:GesundheitszirkelSetting: Ärztlicher Dienst / Förderung: Bundesärztekammer
Studie 3:St ä tiStresspräventionSetting und Auftraggeber: DAX-30 Konzern in der Metallverarbeitung
Studie 4:Studie 4:Gesund FührenSetting und Auftraggeber: Europäische Behörde
Studie 5:Kreativitäts- und GesundheitsförderungSetting: KMU Informationsdienstleistung / Förderung: BMAS
Glaser / 9
Setting: KMU, Informationsdienstleistung / Förderung: BMAS
Studie 1: Arbeitsgestaltung in der Pflege
Längsschnittstudie zu psychischem Stress und Burnout
Projektauftrag (BMBF)
„ Analyse von Anforderungen, Ressourcen und Stressoren in der Kranken-fl d ih Z hä hi h St d B t “pflege und ihren Zusammenhängen zu psychischem Stress und Burnout “
Methodik
• Längsschnittstudie in drei Allgemeinkrankenhäusern zu drei Messzeitpunkten
• Fragebogenstudie bei 482 Krankenpflegekräften zu Arbeitsbedingungenund individuellen Folgen im Erleben, Befinden und Verhalten;
• Ganzschichtbeobachtungen auf allen Pflegestationen;
• Interviews mit Pflegekräften und anderen betrieblichen Experten.
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Studie 1: Arbeitsgestaltung in der Pflege
Implementierung von ProjektstrukturenMaßnahmen:
(Steuerungsgruppe, Projektteam, Modellstationen, Arbeitsgruppen, ext. Evaluation)
Einrichtung von Arbeitsgruppen(Themen: Arbeitszeit Bereichspflege Pflege-/Ärztlicher Dienst Rahmen-(Themen: Arbeitszeit, Bereichspflege, Pflege-/Ärztlicher Dienst, Rahmen-organisation, Dokumentation, Schüler-/Praxisanleitung, Pflegeleitbild)
Einführung von patientenorientierter Bereichspflege(u.a. Zuständigkeiten, Pflegeprozess, Arbeitsweisen)
Entlastung von pflegefremden Aufgaben (u.a. Außendienst, Botendienste)
Veränderung von Arbeitszeiten und Arbeitsabläufen(u.a. Hauptarbeitszeit, Übergaben, Visitenzeiten, Ansprechpartner)
Q lifi i d Mit b it / iQualifizierung der Mitarbeiter/-innen(u.a. durch Innerbetriebliche Fortbildung, Workshops, Arbeitsgruppen)
Bü i B kh Gl & S h itt (1998)
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Büssing, Barkhausen, Glaser & Schmitt (1998)
Studie 1: Arbeitsgestaltung in der Pflege
Abbau psychischer Belastungen = Qualität des Arbeitslebens
Weniger Fehlhandlungen, höhere Patientenzufriedenheit = Qualität der Versorgung
Bü i & Gl (2001 2003)
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Büssing & Glaser (2001, 2003)
Studie 2: Gesundheitszirkel im ärztlichen Dienst
Analyse und Gestaltung der Arbeits- und Gesundheitssituation von Klinikärzten zur Förderung von Versorgungsqualität (BÄK) ÄsQuLAP
Chi i h I t i ti h W it F kti
- Kohortenstudie und Gestaltungsprojekt in einem Kreiskrankenhaus
Chirurgische Abteilungen
Internistische Abteilungen
Weitere Fachabteilungen
Funktion
Allgemeinchirurgie Gastroenterologie Gynäkologie AnästhesieKontrolle
Unfallchirurgie Kardiologie Psychosomatik RadiologieIntervention (Gesundheitszirkel)
Wirbelsäulenchirurgie Onkologie Lymphangiologie
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Studie 2: Gesundheitszirkel im ärztlichen Dienst
Exemplarische Themen im Ges ndheits irkel
Entwickelte Maßnahmen i G dh it i k lim Gesundheitszirkel in Gesundheitszirkeln
Arbeitsabläufe- Koordination Pflege/Ärzte (morgens)Koordination Pflege/Ärzte (morgens)- Anrufumleitung CA-Sekretariat (morgens)- verbindliche Sprechzeiten
FührungFührung- (Wieder-)Einführung Mitarbeitergespräche- Präsenz CA/OA auf Station
Information nd Q alifi ier ngInformation und Qualifizierung- internetgestützte Informationsplattform- verbesserter Zugang zu Fachliteratur- abteilungsbezogene Fallbesprechungenabteilungsbezogene Fallbesprechungen
Weigl Hornung Glaser & Angerer (2010)
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Weigl, Hornung, Glaser & Angerer (2010)
Studie 2: Gesundheitszirkel im ärztlichen Dienst
Evaluationsbeispiel: Arbeitsunterbrechungen
in Schichtbeobachtungen
Abbau von Arbeitsstressoren und Förderung von arbeitsbezogenenRessourcen, tendenziell bessere Gesundheit (Engagement, Burnout)
bessere Patientenurteile bzgl. Organisation ärztlicher Behandlung
Weigl Müller Zupanc Glaser & Angerer (in press)
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Weigl, Müller, Zupanc, Glaser & Angerer (in press)
Studie 3: Stressprävention in der Metallverarbeitung
Stressbewältigungstraining
2-tägiges Training 2 „Auffrischungen“ nach ca. 4 und 8 Monaten
Ziele
Gruppengröße 8–12 TN
ZieleSchulung der Fähigkeiten, gesundheitsschädlichen beruflichen Stress und eigene Frühsymptome von S f l b i i h lb kStressfolgen bei sich selbst zu erkennenVerbesserung individueller StressbewältigungsfähigkeitenV b t R t i b d i lVerbesserte Ressourcennutzung, insbesondere soziale Unterstützung
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Informationsveranstaltung
Studie 3: Stressprävention in der Metallverarbeitung
Gesundheitscheck IStudiendesign
Informationsveranstaltung
(Ein/Ausschluss der Teilnehmer)
Aufnahme in die StudieRandomisierung
Warte-KG (n=87)IG (n=87)
Einzelberatungauf Anfrage möglich
Stressbewältigungstraining+ 2 Auffrischungssitzungen
Gesundheitscheck II(nach 12 Monaten)
Gesundheitscheck IInach 1 Jahr (n= 75)
Gesundheitscheck IInach 1 Jahr (n=79)
G dh it h k III
Einzelberatungauf Anfrage möglich
G dh it h k III
Stressbewältigungstraining+ 2 Auffrischungssitzungen
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Gesundheitscheck IIInach 2 Jahren (n=64)
Gesundheitscheck IIInach 2 Jahren (n=67)
Studie 3: Stressprävention in der Metallverarbeitung
SRS-Summenwert
t1-t2 p = 002
Stress-Reaktivitäts-Skala
t1-t2 p = .002
t2-t3p = 0.795
**
t2 t3p 0.795
Effektstärke IG vs. CGT1/T2 = 0.25
Effektstärke IG
MZP
T1/T3 = 0.56
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Limm, Gündel, Heinmüller, Marten-Mittag, Nater, Siegrist & Angerer (2010)
Studie 4: Gesund Führen in einer Europäischen Behörde
Eintägiger Workshop für Führungskräfte (N=134)
InhalteGrundprinzipien mitarbeiterorientierter Führungp p gBeruflicher Stress und Gesundheit / ArbeitsgestaltungBasiswissen DepressionBasiswissen muskuloskeletale SchmerzsyndromeBasiswissen muskuloskeletale SchmerzsyndromeGrundprinzipien der Kommunikation mit Mitarbeitern über gesundheitliche ThemenKonstruktive Rückkehrgespräche
Lehrmethoden: Informationen, Übungen, Fallbesprechungen, g , p g
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Studie 4: Gesund Führen in einer Europäischen Behörde
In how far do you feel competent in dealing with staff with more severe health problems, such as depression?1 = not at all; 2 = slightly; 3 = moderately; 4 = quite a bit; 5 = very much; g y; y; q ; y
n = 61p = .004(Wilcoxon test)
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Angerer, Gündel, Marten-Mittag, Fass & Glaser (2011)
Studie 5: Förderung von Kreativität und Gesundheit in KMU
Laufende Studie zu kreativitätsförderlicher Arbeitsgestaltung in der WirtschaftFörderung: BMAS / BAuA
(Online-)Bestandsaufnahme zu kreativitäts- undgesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen
Entwicklung einer betrieblichen Intervention (create!health-Zirkel)
Evaluation der Wirksamkeit
Ursache-Wirkungs-Analysen
Handlungsempfehlungen für die Praxis
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Studie 5: Förderung von Kreativität und Gesundheit in KMUModelfit:χ2/ df = 1.81; RSMEA = .042CFI = .962; IFI = .962; TLI = .957kognitive
Anforderungen .83
.73KA1
KA3
.70KA2
.21***
Anforderungen +
.82GS1
.49*** Kreativität.79
.85 KR1
KR3
.86KR2
Leistung +
-.19***
Gestaltungs-spielraum.87
GS1
GS3
.91GS2
.57*** Muskel-Skelett
.79 MS1
.88MS2
.33***
.40***
Leistung +
Handlungs-spielraum.70
.90HS1
HS3
.83HS2
.57 Muskel Skelett.53
MS3
MS2
emotionaleIrritation
.55***
R
zeitlicheZÜ1
-.10+
Herz-Kreislauf.73
.73 HK1
HK3
.66HK2
.77.73
EI1 EI3
.76
EI2.36***
.61***Ressourcen +
zeitlicheÜberlastung
.71
.79
*** p ≤ 001 ** p ≤ 01 * p ≤ 05 + < 10
ZÜ3
.85ZÜ2
Stressoren +Gesundheit -
Glaser & Herbig (2010)
Glaser / 22
p ≤ .001, p ≤ .01, p ≤ .05, < .10 Glaser & Herbig (2010)
T1: Kreativitäts- Kreativitäts-Auftakt Zwischenbilanz Aufgabenbezogene Intervention
Studie 5: Förderung von Kreativität und Gesundheit in KMUMessung Baseline
Kreativitätstraining 1
Kreativitätstraining 2
Auftakt
Führen
Zwischenbilanz
Führung
T3: Messung Wirkung 2
T4: MessungNachhaltigkeit
T2: Messung Wirkung 1
Aufgabenbezogene Intervention (4 Einheiten)
Geführt werdenKreatives Arbeiten im Team 1
Kreatives Arbeiten im Team 2Geführt werden
Kreatives Arbeiten im Team 3Geführt werden
Vergleichbares Training für die Wartegruppen
ab Okt.2010
bis Ende2010
bis April2011
bis Juli2011
Frühjahr 2010T0: online-Befragung
Sommer 2011T5: online-Befragung
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■ Führungskräfte ■ Team 1 ■ Team 2 ■ Team 3 ■ Wartegruppen
Integriertes Modell zu Arbeit, Gesundheit und Leistung
Psychische Belastung
Kurzfristig: Chronifiziert: Chronifiziert:
Psychische Beanspruchungsfolgen
Anforderungen, u.a.- Anforderungsvielfalt
Kurzfristig: „Befinden“
Chronifiziert: „Gesundheit“
Chronifiziert: „Verhalten“
Aktivität und Leistung(+)- Lernen in der ArbeitVERA (Volpert)JCM (Hackman)Vollst. Tätigk. (Hacker)
MotivationZufriedenheit
KreativitätEngagement
LeistungAnwesenheit
Aktivität und Leistung
}(+)
Ressourcen, u.a.- Autonomie- Soz. Unterstützung
DCSM (Karasek)
}}
(+)(-)
(-)(-)(-)
Stressoren, u.a.- Überforderung
DCSM (Karasek)DRM (Demerouti) Erholungsunfähigkeit
IrritationErschöpfung
PsychosomatikKrankheitFehlzeiten
Befindensbeeinträchtigungen
}(+)
- HindernisseWAA (Moldaschl)RHIA (Leitner et al.)
Befindensbeeinträchtigungen( )
(Glaser & Herbig, 2010)
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(Glaser & Herbig, 2010)
Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsprävention
verhältnispräventiv u.a.
Gefährdungsbeurteilungg g
Monitoring von Frühindikatoren
Ursachenanalyse von FehlzeitenUrsachenanalyse von Fehlzeiten
Abbau von Arbeitsüberlastung/-verdichtung durch Reorganisation
Schaffung von Freiräumen / Mitbestimmung (u a Gesundheitszirkel)Schaffung von Freiräumen / Mitbestimmung (u.a. Gesundheitszirkel)
Aufbau sozialer Unterstützungssysteme (inkl. Führung)
W t hät d A k ( Füh )Wertschätzung und Anerkennung (v.a. Führung)
Möglichkeiten des kollegialen / fachlichen Austauschs
Hilfssysteme im und außerhalb des Betrieb(s)
Einbezug von wiss. Expertise (u.a. bei Analyse, Qualifizierung)
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