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Technische Universität Dresden Fakultät Maschinenwesen Institut für Luft- und Raumfahrttechnik Professur für Thermofluiddynamik/Angewandte Aerodynamik Prof. Dr.-Ing. Roger Grundmann Numerische Methoden (CFD) Dieser Studienbrief zur Vorlesung Numerische Methoden (CFD) basiert überwiegend auf dem Von Karman Institute Book Computational Fluid Dynamics, An Introduction von John F. Wendt (Editor); Autoren: John D. Anderson, Gerard Degrez, Eric Dick, Roger Grundmann; Springer Verlag, 2. Edition, 1996

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Page 1: Technische Universität Dresden Fakultät … · dem Von Karman Institute Book Computational Fluid Dynamics, An Introduction von John F. Wendt (Editor); Autoren: John D. Anderson,

Technische Universität Dresden Fakultät Maschinenwesen Institut für Luft- und Raumfahrttechnik Professur für Thermofluiddynamik/Angewandte Aerodynamik Prof. Dr.-Ing. Roger Grundmann Numerische Methoden (CFD) Dieser Studienbrief zur Vorlesung Numerische Methoden (CFD) basiert überwiegend auf dem Von Karman Institute Book Computational Fluid Dynamics, An Introduction von John F. Wendt (Editor); Autoren: John D. Anderson, Gerard Degrez, Eric Dick, Roger Grundmann; Springer Verlag, 2. Edition, 1996

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Inhaltsverzeichnis 1 Einführung in die numerische Grenzschichttheorie 9 1.1 Einblick in reibungsbehaftete, dreidimensionale Strömungen 9 1.2 Beschreibung der Prandtlschen Grenzschichtgleichungen 11 1.3 Hierarchie der Grenzschichtgleichungen 17 1.4 Transformation der Grenzschichtgleichungen 26 1.5 Numerische Lösungsmethoden 29 1.5.1 Wahl eines Diskretisationsmodells 29 1.5.2 Verallgemeinertes Crank-Nicholson Verfahren 31 1.5.3 Diskretisierung der Grenzschichtgleichungen 34 1.5.4 Lösung eines tridiagonalen Systems algebraischer Gleichungen 41 1.6 Beispielrechungen 43 1.6.1 Dreidimensionale Grenzschichten entlang Symmetrielinien 43 1.6.2 Geometrische Bedingungen 44 1.6.3 Strömungsmechanische Gleichungen 46 1.6.4 Randbedingungen 48 1.6.5 Lösungsschema 49 1.6.6 Numerische Ergebnisse 50 2 Diskretisierung von partiellen Differentialgleichungen 53 2.1 Ableitung von elementaren finiten Differenzenquotienten 54 2.1.1 Partielle Ableitung erster Ordnung 55 2.1.2 Partielle Ableitungen zweiter Ordnung 57 2.1.3 Gemischte partielle Ableitungen zweiter Ordnung 58 2.1.4 Partielle Ableitungen an Rändern 59 2.2 Transformationen und Gittergittergenerierung 61 2.2.1 Einleitung 61 2.2.2 Allgemeine Transformation von Gleichungen 64 2.2.3 Metrische Koeffizienten und Jacobische Determinante 70 2.2.4 Beispiele von Koordinatentransformationen 73 2.2.4.1 Koordinatenstreckung 73 2.2.4.2 Randangepaßte Koordinatensysteme 77 2.2.4.3 Adaptive Gitter 82 2.3 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen 87 2.3.1 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen 87 2.3.1.1 Einleitung 87 2.3.1.2 Klassifizierung der partiellen Differentialgleichungen 87 2.3.1.3 Verhalten hyperbolischer, parabolischer und elliptischer Differentialgleichungen 90 2.3.2 Fehler und Stabilitätsanalyse 95 3 Finite Differenzen Methoden (FDM) 104 3.1 Explizite Differenzenverfahren 104 3.1.1 Lax-Wendroff-Methode (Direkte Methode) 104 3.1.2 MacCormack-Methode (Prediktor-Korrektor-Verfahren) 107

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3.1.3 Stabilitätsbetrachtungen 110 3.2 Implizite Differenzenverfahren 111 3.2.1 Einführung 111 3.2.2 Iterationsmethode nach Jacobi 113 3.2.3 Iterationsmethode nach Gauss-Seidel 114 3.2.4 Iterationsmethode der sukzessiven Überrelaxation (SOR) 115 3.2.5 Iterationsmethode der alternierenden Richtung (ADI) 116 4 Finite Elemente Methoden (FEM) 119 4.1 Einleitung 119 4.2 Starke und schwache Formulierung eines Randwertproblems 121 4.2.1 Starke Formulierung 121 4.2.2 Gewichtete Residuenformulierung 125 4.2.3 Galerkin Formulierung 126 4.2.4 Schwache Formulierung 128 4.2.5 Variationsformulierung 131 4.2.6 Schlußbemerkungen 131 4.3 Stückweise definierte Formfunktionen 132 4.3.1 Finite Elementinterpolation 132 4.3.2 Finite Elemente mit C°-Kontinuität in zwei Dimensionen 139 4.3.2.1 Dreieckige Elemente 139 4.3.2.2 Vierseitige Lagrange Elemente 144 4.3.2.3 Vierseitige Serendipity Elemente 145 4.3.2.4 Isoparametrige Elemente 146 4.3.3 Finite Elemente mit C1- Kontinuität 147 4.4 Ausführung der Finite Elemente Methode 149 4.4.1 Assemblierung 149 4.4.2 Numerische Integration 150 4.4.3 Lösungsverfahren 152 4.5 Beispiele 152 4.5.1 Stationäre inkompressible Potentialströmung 152 4.5.2 Inkompressible Navier-Stockessche Gleichungen in - -Formulierung 156 4.5.3 Stationäre inkompressiblen Navier-Stockesgleichungen in der u-v-p-Formulierung 163 4.5.4 Kompressible Eulergleichungen 166 5 Finite Volumen Methoden (FVM) 169 5.1 Einführung 169 5.2 Finite Volumen Technik in Anlehnung an die FEM 174 5.2.1 Zellzentrierte Formulierung 175 5.2.1.1 Lax-Wendroff Zeitschrittverfahren 177 5.2.2 Zelleckenformulierung 183 5.2.2.1 Mehrstufen-Zeitschrittverfahren bei überlappenden Kontrollvolumen 184 5.2.2.2 Lax-Wendroff Zeitschrittverfahren bei nichtüberlappenden Kontrollvolumen 185 5.3 FDM ähnliche Finite Volumentechniken 187 5.3.1 Diskretisierung vom zentrierten Typ 188

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5.3.2 Diskretisierung nach dem Upwind Typ 189 5.4 Andere Formulierungen 195 5.5 Behandlung von Ableitungen 196

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1 Einführung in die numerische Grenzschichttheorie

1.1 Einblick in reibungsbehaftete, dreidimensionale Strömungen

Das Ziel der numerischen Strömungsmechanik ist, ein vollständiges Strömungsfeld um einen

beliebig geformten Körper oder durch einen Kanal mit beliebiger Kontur zu berechnen. Die

Strömung mag dabei instationär, dreidimensional, kompressibel und turbulent sein. Bei

hypersonischen Strömungen können auch lokale Regionen mit chemischen Reaktionen wie

Dissoziation, Ionisation und Strahlung betrachtet werden. Das Gleichungssystem, das diese

Aufgabe beschreiben kann, besteht dazu aus den Navier–Stokesschen Bewegungsgleichungen

mit ihren drei Geschwindigkeitskomponenten, den verschiedensten Energiegleichungen, der

globalen und den partiellen Kontinuitätsgleichungen und etlichen Schließungsannahmen,

welche die Transition, die Turbulenz und die physikalisch– chemischen Gaseffekte

beschreiben können. Es kann leicht gezeigt werden, dass heutzutage noch kein Computer in

der Lage ist, weder die benötigte Speicherkapazität noch die erforderliche

Rechengeschwindigkeit bereit zu stellen, um diese enorme Aufgabe zu erfüllen.

Daher müssen, um der heutigen Realität gehorchen zu können, die die Strömung

beschreibenden Gleichungssysteme so vereinfacht werden, dass sie dennoch die

Eigenschaften der Strömung ausreichend korrekt darstellen. Beispielsweise erhält man aus

den Navier– Stokesschen Gleichungen bei Vernachlässigung der Reibungsterme die

bekannten Eulerschen Gleichungen. Diese können zur Berechnung der Fernfeldbedingungen

herangezogen werden, wo die Wechselwirkungen mit reibungserzeugenden wandnahen

Strömungsschichten bedeutungslos sind. Jedoch kann ein Strömungsablösegebiet auf der

Oberfläche von Flugzeugtragflügeln nicht ohne die Hinzunahme der Reibungsterme berechnet

werden, denn Ablösung ist ein Strömungsphänomen in viskosen Medien.

Wie bereits angesprochen, können verschiedenste Strömungsformen durch

Detailbetrachtungen ihrer physikalischen Eigenschaften durch eigens dafür reduzierte

Gleichungssysteme dennoch korrekt beschrieben werden. Solch eine Betrachtungsweise

wendete Prandtl (1904) im Jahre 1904 auf eine wandnahe, sehr dünne Schicht in einer

umgebenden Strömung an, wo die viskosen Kräfte senkrecht zu Oberfläche dominant

erschienen. Er nannte diese so ausgezeichnete Schicht Grenzschicht. Das wichtigste

strömungsmechanische Detail innerhalb dieser Schicht ist, dass die

Geschwindigkeitskomponente in Hauptströmungsrichtung mit Annäherung an die Wand

langsam zu Null wird, das heißt, die Fluidmoleküle haften an der Oberfläche des benetzten

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Körpers. Ebenso ist der Gradient dieser Geschwindigkeit normal zur Oberfläche wesentlich

größer, als der in Hauptströmungsrichtung.

Diese Feststellung bringt einen entscheidenden Wechsel im mathematischen Charakter der

beschreibenden Differentialgleichungen nämlich vom elliptischen zum parabolischen Typ mit

sich. Das ermöglicht einen Lösungsansatz, der nur eine dominante, numerische

Fortschrittsrichtung bedarf. Daraus ergibt sich eine bedeutende Vereinfachung bezüglich des

zu erbringenden Lösungsaufwandes. Rückströmungen, die innerhalb von Ablöseblasen

vorkommen, können jedoch damit nicht berechnet werden. Das Strömungsfeld bis sehr nahe

an diesen Ablösungspunkt heran ist trotzdem sehr gut erfassbar.

Die numerische Behandlung der Grenzschichttheorie wird der spezielle Gegenstand dieses

Studienbriefes sein. Der Anteil, der die numerische Thermofluiddynamik oder auch die

numerischen Methoden der Strömungsmechanik (CFD) allgemein beinhaltet, wird jeweils bei

Kapitelwechsel ausführlich erörtert. Die Kapitel gestalten sich folgendermaßen: Prandtl's

Idee zu seiner Grenzschichttheorie wird in Form einer Einleitung vorgestellt und die

Hierarchie der Grenzschichtgleichungen innerhalb einer sehr dünnen Schicht wird diskutiert,

das heißt, die Relationen einiger Grenzschichttheorien verschiedenen Näherungsgrades zu

den vollständigen Navier– Stokesschen Gleichungen werden aufgezeichnet. Weiterhin werden

Transformationsvorschriften, die auf die Grenzschichtgleichungen angewendet werden

können, demonstriert. Dieser Schritt kann zu einer erheblichen Lösungsvereinfachung führen.

Ein verallgemeinertes Diskretisierungsschema wird auf einen Satz laminarer, kompressibler

Grenzschichtgleichungen angewendet und ein numerisches Lösungsschema zur Lösung des

verbleibenden tridiagonalen Differenzengleichungssystemes wird vorgeschlagen. Eine

Beispielrechung einer Grenzschichtströmung an einem angestellten ellipsoidförmigen

Flugkörper beendet diese Diskussion.

Dieser Studienbrief befasst sich nur mit der laminaren Grenzschichttheorie. Die

Beschäftigung mit der Turbulenz benötigt weiteren Aufwand, besonders im Hinblick auf

passende Turbulenzmodelle für die speziellen Bedürfnisse der Strömungsprobleme, die

jedoch das zu beschreibende prinzipielle Lösungsverfahren nicht generell verändern. Da diese

Unterlagen nur eine Einleitung in die Grenzschichttheorie und deren numerische

Lösungsverfahren beinhaltet, werden turbulente Grenzschichten hier nicht behandelt, aber ein

allgemeiner Überblick über Turbulenzmodellierung kann bei Schlichting (1956) und Rotta

(1972) gefunden werden.

Kapitel 1 dient zunächst ein wenig vorgreifend als komplettes an einer Grenzschichtströmung

ausgelegtes Beispiel für Lösungsverfahren mittels numerischer Methoden. In den folgenden

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Kapiteln werden die einzelnen Schritte, die zu einer Lösung eines Gleichungssystems der

Strömungsmechanik zu durchlaufen sind, im Einzelnen ausführlicher behandelt.

1.2 Beschreibung der Prandtlschen Grenzschichtgleichungen

Im Jahre 1904 leistete Prandtl (1904) einen wichtigen Beitrag zu einem speziellen Typ von

Strömungen, für den die Reynoldszahl sehr groß ist. Die Reynoldsche Zahl hat die Form eines

dimensionslosen Parameters.

µ

ρν

LVLVeR == (1.1)

Hierin ist L eine charakteristische Länge, gewöhnlich die Länge des betrachteten Körpers, V

ist die Geschwindigkeit der Strömung, wo sie ungestört und wohl definiert ist. Die

kinematische und die dynamische Zähigkeit sind durch ν und µ gekennzeichnet. Die Dichte

des Fluids ist mit ρ beschrieben. Die Reynoldszahl stellt dem Ähnlichkeitsprinzip folgend das

Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar.

kräfteZähigkeits

räfteTrägheitsk

xu

xuueR ≡=

22 /

/

∂∂µ∂∂ρ

(1.2)

Die Geschwindigkeit V an irgendeinem Punkt im Geschwindigkeitsfeld ist der

Geschwindigkeit in der freien ungestörten Strömung V proportional. Der

Geschwindigkeitsgradient ∂ u/∂ x ist proportional zu V/L und so ist vergleichbar ∂ 2u/∂ x2

proportional zu V/L2.

Folglich ergibt das Verhältnis aus Gl. (1.1):

µ

ρµ

LV

dV

LVeR ==

2

2

/

/ (1.3)

Zwei Strömungen sind vom Standpunkt der relativen Bedeutung von Trägheits- und

Zähigkeitseffekten gleich, wenn ihre Reynoldszahlen gleich sind. Nun werden die

physikalischen Phänomene einer Strömung mit hoher Reynoldszahl an einem unendlich

langen zylindrischen Körper, wie er in dem folgenden Bild 1.1 dargestellt ist, beschrieben.

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Bild 1.1 Grenzschichtverlauf entlang eines keilförmigen Körpers

Mit Ausnahme der unmittelbaren Nachbarschaft der Körperoberfläche ist die

Strömungsgeschwindigkeit U(x) vergleichbar mit der freien Anströmung V. Diese

Strömungsregion ist nahezu reibungsfrei, sie folgt einer Potentialströmung. Allerdings in

unmittelbarer Wandnähe herrscht Reibung in der Strömung, das heißt, dass die Strömung, je

näher man der Oberfläche kommt, immer mehr verzögert wird, bis sie letztlich an der

Oberfläche haftet. Der Übergang von keiner Bewegung an der Wand bis hin zur maximalen

Geschwindigkeit in einem gewissen Abstand dazu findet innerhalb einer sehr dünnen Schicht,

der von Prandtl so bezeichneten Grenzschicht, statt. Ihre Dicke ist δ, die eine Funktion der

Stromabkoordinate x ist und vergleichsweise sehr klein ist zu der Körperlänge L. In der y–

Richtung normal zur Wand innerhalb dieser sehr dünnen Schicht ist der

Geschwindigkeitsgradient ∂ u/∂ y wesentlich größer als der Gradient in x–Richtung, ∂ u/∂ x.

Obwohl die Zähigkeit innerhalb der Strömung als sehr gering einzuschätzen ist, kann die

Schubspannung τ = µ (∂ u/∂ y) sehr große Werte annehmen. Außerhalb der Grenzschicht sind

die Geschwindigkeitsgradienten vernachlässigbar klein und der Einfluss der Zähigkeit ist

folglich unwichtig. Die Strömung gilt als reibungsfrei und potentialtheoretisch.

Die oben genannten Annahmen werden nun zur Vereinfachung der Navier–Stokesschen

Gleichungen für die Beschreibung stationärer, zweidimensionaler, laminarer und

inkompressibler Strömungen herangezogen. Inklusive der Kontinuitätsgleichung haben sie

folgendes Aussehen in einem zweidimensionalen kartesischen Koordinatensystem:

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++−=+

2

2

2

21

y

u

x

u

x

p

y

uv

x

uu

∂∂

∂∂

ρµ

∂∂

ρ∂∂

∂∂

(1.4)

++−=+

2

2

2

21

y

v

x

v

y

p

y

vv

x

vu

∂∂

∂∂

ρµ

∂∂

ρ∂∂

∂∂

(1.5)

0=+y

v

x

u

∂∂

∂∂

(1.6)

Hierin sind die Geschwindigkeitskomponenten u und v in der x –Richtung stromab und

normal in der y –Richtung definiert. Der statische Druck ist durch p , die Dichte durch ρ

und durch µ die dynamische Zähigkeit des Mediums gekennzeichnet.

Aus Bequemlichkeits- und Normierungsgründen wird das System von partiellen

Differentialgleichungen dimensionslos gemacht. Dadurch kommt die zuvor beschriebene

Reynoldszahl in das Gleichungssystem. Sie ist notwendig, um eine korrekte

Größenordnungsabschätzung der einzelnen Terme in den Gleichungen durchführen zu

können. Für die dimensionslose Schreibweise sind die folgenden Vorschriften zu beachten:

)1(0==V

uu (1.7)

)(0 ε==V

vv (1.8)

)1(02

==V

pp

ρ (1.9)

)1(0==L

xx (1.10)

)(0 ε==L

yy (1.11)

==2

10

εµρ LV

eR (1.12)

2

2

1Vq ρ= (1.13)

V ist die ungestörte Geschwindigkeit der Umgebungsströmung und der statische Druck wird

durch das Doppelte des dynamischen Druckes 22/1 Vq ρ= dimensionslos gemacht. Wenn

man diese Definitionen in das Gleichungssystem, Gln. (1.4) bis (1.6) einsetzt, erhält man:

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++−=+

2

2

2

21

y

u

x

u

eRx

p

y

uv

x

uu

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(1.14)

)(

)1(

)1(

)1()()1(

)(

)1()(

)1(

)1()1(

22

εε

εε

++−=+

2

2

2

21

y

v

x

v

eRy

p

y

vv

x

vu

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(1.15)

)(

)(

)1(

)()(

)(

)()(

)1(

)()1(

22

εεεε

εεεε

0=+y

v

x

u

∂∂

∂∂

(1.16)

)(

)(

)1(

)1(

εε

Nun stellt sich die Frage nach der individuellen Größenordnung der dimensionslosen Terme

in den Gln. (1.14) bis (1.16). Wie bereits vorab besprochen, ist die Grenzschichtdicke δ sehr

klein und folglich auch die normale Koordinate y, wenn man sie mit der Körperlänge L

vergleicht. Konsequenterweise ist y von der Größenordnung O(ε ), was verglichen mit dem

Wert 1 sehr klein ist. Die u–Geschwindigkeitskomponente kann maximal von der

Größenordnung der Anströmgeschwindigkeit V werden. Wie aus der Kontinuitätsgleichung

entnommen werden kann, muss die Normalgeschwindigkeitskomponente v die

Größenordnung O(ε ) besitzen, um die Gleichung erfüllen zu können. Da die Ableitung ∂ u/∂

x von der Ordnung O(1) ist, weil x maximal die Körperlänge L annehmen kann, muß der

zweite Term in der Kontinuitätsgleichung ∂ v/∂ y auch von der Größenordnung O(1) sein.

Folgerichtig ist die Normalgeschwindigkeitskomponente v von der Ordnung O(ε ). Mit Hilfe

dieser Annahmen kann die vollständige Größenordnungsabschätzung durchgeführt werden.

Es folgt aus der ersten Bewegungsgleichung, Gl. (1.14), dass die Reibungskräfte von

derselben Größenordnung sind wie die Trägheitskräfte, wenn nur die Reynoldszahl von der

Ordnung O(1/ε 2) ist.

Die Kontinuitätsgleichung bleibt unverändert. Die Bewegungsgleichung in

Hauptströmungsrichtung kann um die zweite Ableitung der u–Geschwindigkeitskomponente

∂ 2u/∂ x2 reduziert werden, weil sie multipliziert mit 1/Re den kleinsten Wert in der Gleichung

besitzt. Letztlich muss noch erfüllt sein, dass die Ableitung des Druckes (-∂ p/∂ x) die

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Größenordnung O(1) nicht überschreitet, um mit den anderen Termen dieser Gleichung

vergleichbar zu sein.

Alle Terme der Bewegungsgleichung in Normalenrichtung sind von kleinerer Ordnung als die

der ersten Gleichung. Daher ist das Ergebnis dieser Betrachtung, dass in der Richtung normal

zu jeder Oberfläche der Druckgradient von vernachlässigbarer Größenordnung ist, d.h.:

)(0 ε∂∂ =

y

p (1.17)

Das bedeutet physikalisch, dass der Druck in Normalenrichtung konstant ist. Er wird durch

die reibungsfreie Außenströmung der Grenzschicht aufgeprägt. Daher ist der Druck

gewöhnlich nur eine Funktion der Richtung stromab.

Die Entwicklung der Bewegungsgleichung, Gl. (1.14), am äußeren Rand der Grenzschicht bei

bekannter reibungsfreier Geschwindigkeit U(x) ergibt:

VxuxU /)()( = (1.18)

dx

dp

dx

dUU

ρ1−= (1.19)

Die anderen Terme, die ∂ u/∂ y beinhalten, können vernachlässigt werden, da am Außenrand

der Grenzschicht keine Normalgradienten dieser Geschwindigkeitskomponente mehr

existieren. Nach Integration von Gl. (1.19) entsteht die wohlbekannte Bernoullische

Gleichung für reibungsfreie Strömungen.

constUp =+ 2

2

1 ρ (1.20)

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß durch die Prozedur einer

Größenordnungsabschätzung der Navier–Stokesschen Gleichungen, Gln. (1.14) und (1.15),

und der Kontinuitätsgleichung, Gl. (1.16), ein vereinfachtes Gleichungssystem zur

Beschreibung einer Strömung innerhalb einer kleinen wandnahen Schicht erstellt werden

kann. Diese Gleichungen sind bekannt als die Prandtlschen Grenzschichtgleichungen. Diese

lauten nochmals zusammengestellt:

2

21

y

u

eRx

p

y

uv

x

uu

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

+−=+ (1.21)

0 =

y

p

∂∂

(1.22)

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0=+y

v

x

u

∂∂

∂∂

(1.23)

Die Randbedingungen lauten an der Oberfläche für dieses Gleichungssystem:

0,00 === vuyfür (1.24)

und am äußeren Rand der Grenzschicht:

)(xUuL

yfür === δδ (1.25)

Die unabhängigen Variablen dieses Gleichungssystems können nun mit Hilfe der

Bernoullischen Gleichung um den Druck reduziert werden, wenn nur die reibungsfreie

Geschwindigkeitsverteilung U(x) vorgegeben ist.

Die allgemeine Form der Größenordnungsabschätzung ist auch in Schlichting (1956)

beschrieben. Sie ist ebenfalls geeignet, wesentlich komplexere Formen der Navier–

Stokesschen Gleichungen beispielsweise in oberflächenorientierten Koordinatensystemen zu

behandeln. Hier erschweren zusätzliche Coriolis- und Zentifugalterme, die durch die

gekrümmte Oberfläche hinzukommen, die Beurteilung der Größenordnung. Schließlich gibt

die Größenordnungsabschätzung eine Vorstellung des Approximationsgrades der

Grenzschichtgleichungen zu den Navier–Stokesschen Gleichungen, was im nächsten

Abschnitt im Detail behandelt wird.

1.3 Hierarchie der Grenzschichtgleichungen

Um eine Hierarchie der strömungsmechanischen Gleichungen zu entwickeln, sollte man die

Navier– Stokesschen Gleichungen, die Kontinuitätsgleichung und die Energiegleichung für

eine stationäre, kompressible, laminare und zweidimensionale Strömung innerhalb einer

wandnahen dünnen Schicht, der Grenzschicht, aufstellen. Zur Beschreibung dieser

Gleichungen bedarf es eines Koordinatensystems, das oberflächenorientiert ist. Es verläuft

entlang einer Wand zur besseren Auflösung der wandnahen Umgebung und kann innerhalb

des Euklidischen Raumes wechselweise in ein kartesisches Koordinatensystem umgerechnet

werden. Beispielsweise folgen das Polarkoordinatensystem und das kartesische

Koordinatensystem den Regeln des Euklidischen Raumes. Mit anderen Worten ausgedrückt,

es muss die Jacobische Determinante existieren, was im Abschnitt 2.2.3 erklärt wird.

Wenn die Navier–Stokesschen Gleichungen und die zugehörigen anderen Gleichungen für

solch ein oberflächenorientiertes Koordinatensystem formuliert werden können, dann werden

sie eine Vielzahl von zusätzlichen Termen enthalten, die aufgrund der gekrümmten

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Koordinatenachsen entstehen. Diese Terme können als Coriolis- und Zentrifugalkräfte

gedeutet werden, die durch die Verdrängungswirkung der Oberfläche entstehen und deshalb

eine Stromlinienänderung stromab und senkrecht dazu bewirken. Krümmungsinduzierte

Terme können eine unterschiedliche Größenordnung besitzen. Einige sind von Bedeutung und

andere können wegen eines spezifischen Strömungsproblems einfach vernachlässigt werden.

Nun kann durch die bereits vorgegebene Größenordnungsabschätzung eine Beziehung

zwischen den vollständigen und krümmungsbehafteten Gleichungen und den zuvor

vorgestellten Prandtlschen Grenzschichtgleichungen hergestellt werden.

Bild 1.2 Oberflächenorientiertes Koordinatensystem

Ein einfaches zweidimensionales, oberflächenorientiertes Koordinatensystem nach Bild 1.2,

wie es zum Beispiel an einer Tragflügelkontur bestehen könnte, wird für diese

Untersuchungen ausgewählt. Diese Koordinatenabhängigkeiten sehen folgendermaßen aus:

)()(0

xnsindsxoscxS

∫ −= θθ (1.26)

∫ +=S

xoscndsxnsiy0

)()( θθ (1.27)

Das resultierende Differentialgleichungssystem besteht aus den beiden Impuls- oder

Bewegungsgleichungen in Stromabrichtung und in Normalenrichtung, der Energiegleichung

sowie der Kontinuitätsgleichung. Aus Bequemlichkeitsgründen werden die einzelnen

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Strömungsgrößen nicht mit einem Balken versehen, wie es im vorhergehenden Abschnitt mit

den dimensionsbehafteten Größen geschehen war.

Impulsgleichung in tangentialer Richtung

−++

−+−=

++

HHH

HHH

u

n

u

s

v

n

n

v

s

u

ss

pv

n

uv

s

uu

κµ∂∂µ

∂∂µ

∂∂

∂∂µµ

∂∂µ

∂∂

∂∂κ

∂∂

∂∂ρ

3

2

3

4

3

4+

(1.28)

Impulsgleichung in normaler Richtung

−−+

−++

−−+

−=

−+

HH

HH

HHH

HH

v

s

u

n

v

n

u

s

v

s

v

s

u

n

v

n

n

pu

n

vv

s

vu

κµ∂∂µ

∂∂µκ

κµ∂∂µ

∂∂µ

∂∂

κµ∂∂µ

∂∂µ

∂∂

∂∂κ

∂∂

∂∂ρ

2

3

2

3

2

3

4

2

(1.29)

Energiegleichung

2

222

1

3

2

1222

2

2

++−

−++

+

++

+

++

=

+

n

vv

s

u

u

n

u

s

v

n

vv

s

u

n

T

ns

T

sn

pv

s

pu

n

Tv

s

Tucp

∂∂κ

∂∂µ

κ∂∂

∂∂

∂∂κ

∂∂µ

∂∂λ

∂∂

∂∂λ

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂ρ

HHH

HHHHH

HH

H

(1.30)

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Kontinuitätsgleichung

0)()( =+

n

v

s

u

∂ρ∂

∂ρ∂ H

(1.31)

mit

R

nRn

+=+= κ1H (1.32)

Hierin sind u und v die Geschwindigkeitskomponenten in tangentialer s–Richtung und

normaler n–Richtung. Die Temperatur ist mit T, der Druck mit p und die Dichte ist mit ρ

gekennzeichnet, µ und λ sind die dynamische Viskosität und die Wärmeleitfähigkeit. Die

Krümmung der Oberfläche ist in dem geometrischen Koeffizienten H enthalten. Dieses

dimensionsbehaftete System von Differentialgleichungen beschreibt eine laminare,

kompressible und zweidimensionale, stationäre Strömung in einer gekrümmten, wandnahen

Umgebung.

Nun werden diese Gleichungen Term für Term auf ihre Größenordnung hin analysiert. Wie es

üblicherweise gehandhabt wird, werden die Gleichungen zunächst in eine dimensionslose

Schreibweise überführt und zwar die geometrischen Größen werden durch eine

charakteristische Länge, die unveränderbare Körperlänge L, dividiert, und die verbleibenden

anderen Strömungseigenschaften durch ihre Bedingungen in der ungestörten Strömung. Diese

sind durch das Zeichen ∞ definiert. Die Größenordnung dieser Terme wird nun wie bei der

einfachen Grenzschicht ohne gekrümmte Oberfläche im vorigen Abschnitt bestimmt.

)1(0==L

ss

)(0 ε==L

nn

)1(0== Lκκ

)1(01 =+= nκH

)1(0==∞u

uu

)(0 ε==∞u

vv (1.33)

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)1(0==∞T

TT

)1(02

==∞∞ u

pp

ρ

)1(0==∞ρ

ρρ

)1(0==∞µ

µµ

)1(0==∞λ

λλ

)1(0==p

pp c

cc

Hinzu kommen drei dimensionslose Kennzahlen, die in den Gln. (1.34) bis (1.36) als die

bereits bekannte Reynoldszahl, die Prandtlzahl und die Eckertzahl bekannt sind. Die

Prandtlzahl beschreibt das Verhältnis der Wärmeleitung zur Wärmekonvektion und die

Eckertzahl das Verhältnis von kinetischer Energie zur Enthalpie.

==∞

∞∞2

10

εµρ Lu

eR Reynoldszahl (1.34)

)1(0==∞

∞∞

λµpC

rP Prandtlzahl (1.35)

)1(02

==∞

∞TC

uEc

p

Eckertzahl (1.36)

Es muss erwähnt werden, dass der Krümmungsradius der lokalen Oberflächengeometrie nicht

viel größer als die charakteristische Körperlänge L sein darf, da sonst das daraus resultierende

κ, die Krümmung, einer anderen Größenordnung angehören würde. Der Krüm-mungsradius R

steht zu der Krümmung κ in dem folgenden Verhältnis:

R

LL == κκ (1.37)

Wenn, wie man erkennt, der Radius R sehr klein ist, im Vergleich zur Länge L, dann kann die

geforderte Größenordnung erheblich überschritten werden.

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Die Kombination der dimensionslos gemachten Terme, Gln. (1.33) bis (1.36), mit den

strömungsmechanischen Gleichungen liefert die Möglichkeit der

Größenordnungsabschätzung eines jeden Terms. Eine nochmalige detaillierte Ableitung

dieser Abschätzung ist hier nicht mehr nötig, da sie ebenso verläuft, wie im vorigen Abschnitt

bereits beschrieben. Aber um einen Einblick in die angestrebte Hierarchie der

Grenzschichtgleichungen zu erhalten, werden hier zwei Sätze von Gleichungen gezeigt,

wovon der erste nur Terme der Größenordnung O(1) enthält und der zweite die Terme der

Ordnungen O(1) und O(ε ). Die ausgesuchten Gleichungen sind die beiden

Bewegungsgleichungen in tangentialer und normaler Richtung.

Grenzschichttheorie erster Ordnung

+−=

+

n

u

ns

p

n

uv

s

uu

∂∂µ

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂ρ HH (1.38)

0=n

p

∂∂

(1.39)

R

nRn

+=+= κ1H (1.40)

Diese Gleichungen einschließlich der Kontinuitätsgleichung werden Gleichungen der

Grenzschichtheorie erster Ordnung genannt. Krümmungseffekte sind in dem Term H

enthalten, Gl. (1.40). Diese Gleichungen werden identisch mit den Gleichungen von Prandtl,

wenn man die Krümmung gegen Null gehen läßt. Daher befinden sich Prandtls Gleichungen

auf der niedrigsten Stufe der Hierarchie und können Gleichungen der Grenzschichttheorie

nullter Ordnung genannt werden.

Nun werden die Terme der Ordnung O(1) und der Ordnung O(ε ) berücksichtigt.

Grenzschichttheorie zweiter Ordnung

n

uu

n

u

n

u

ns

pvu

n

uv

s

uu

∂∂µκ

∂∂κ

∂∂µ

∂∂

∂∂κ

∂∂

∂∂ρ +−

+−=

++ HH (1.41)

H

2u

n

p ρκ∂∂ = (1.42)

Diese Gleichungen zeigen eine entscheidende Erweiterung zu den vorhergehenden. In der

Bewegungsgleichung, Gl. (1.41), erscheinen ein zusätzlicher Zentrifugalterm κuv sowie ein

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krümmungsbedingter Dissipationsterm auf der rechten Seite der Gleichung. Die wichtigste

Erweiterung ergibt sich jedoch aus der Bewegungsgleichung in Normalenrichtung, Gl. (1.42).

Der Druckgradient normal zur Strömung ist nicht mehr von vernachlässigbarer Größe. Gl.

(1.42) ist eine Integralgleichung für den Druck, der nun nicht mehr einfach durch die

reibungsfreie äußere Strömung aufgeprägt wird. Es gibt nunmehr einen Druckverlauf auch in

Normalenrichtung.

Diese Gleichungen sind die Gleichungen der Grenzschichttheorie zweiter Ordnung, die

sogar mit einbeziehen, dass selbst die reibungsfreie Strömung normal zur Oberfläche wegen

der Stromlinienkrümmung einen Geschwindigkeitsgradienten besitzt. Der äußere Rand der

Grenzschicht wird an diesen Gradienten, der nicht mehr wie in der Grenzschichttheorie erster

Ordnung als verschwindend klein vorgeschrieben ist, angepasst.

Wenn nun Terme der Größenordnung kleiner als O(ε ), also der Ordnung O(ε 2) und kleiner,

in das Gleichungssystem aufgenommen werden sollen, entsteht Tabelle 1.1:

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Tabelle 1.1 Hierarchie der Bewegungs- und der Energiegleichung von den

Prandtlschen Grenzschichtgleichungen bis zu den Navier–Stokesschen Gleichungen

Theorie Bewegungsgleichungen Energiegleichung

Aus der Tabelle ist zu entnehmen, dass eine bedeutende Veränderung stattfindet, wenn man

den Schritt von der zweiten zur dritten Ordnung der Grenzschichttheorie durchführt. Der

mathematische Charakter der Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung wechselt vom

parabolischen zum elliptischen Typ.

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Die Lösung elliptischer Differentialgleichungen gehört zu den reinen Randwertproblemen,

wohingegen die Lösung parabolischer Differentialgleichungen zu den Anfangs–

Randwertproblemen gehört. Die letzteren können mit Hilfe einfach zu erstellender

Raumschrittverfahren, sogenannter marching–procedures, gelöst werden. Die ersteren

benötigen die Berechnung des gesamten Strömungsfeldes, das durch die Randbedingungen

umrandet ist, was einen erheblichen numerischen Mehraufwand bedeutet.

Das Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass eine Grenzschichttheorie höher als zweiter

Ordnung unmittelbar zu einem Gleichungssystem elliptischen Charakters führt. Dieses

verkompliziert das Lösungsverfahren erheblich und führt weg von der ursprünglichen Idee,

die den parabolischen Grenzschichtgleichungen zugrunde liegt.

Der Gegenstand des folgenden Kapitels ist, einen Eindruck zu gewähren, wie

Transformationen der Gleichungen der Grenzschichttheorie erster Ordnung den Lösungsweg

positiv beeinflussen können.

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1.4 Transformation der Grenzschichtgleichungen

In diesem Abschnitt werden die Grenzschichtgleichungen für eine Strömung um einen

Rotationskörper ohne Anstellwinkel betrachtet. Diese Strömung ist zweidimensional, weil sie

sich in Umfangsrichtung nicht ändert. Das Koordinatensystem aus Bild 1.2 wurde benutzt, um

das dimensionsbehaftete Gleichungssystem für die Grenzschichttheorie erster Ordnung für

eine laminare und kompressible Strömung aufzustellen.

Kontinuitätsgleichung

0)()( =+ vrn

urs

jj ρ∂∂ρ

∂∂

H (1.43)

Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung

+−=+

n

u

nn

p

n

uv

s

uu

∂∂µ

∂∂

∂∂

∂∂ρ

∂∂ρ

HH1

(1.44)

Energiegleichung

+

+=+

n

T

nn

u

s

pu

n

Tvc

s

Tucp

p

∂∂λ

∂∂

∂∂µ

∂∂

∂∂ρ

∂∂ρ 2

HH (1.45)

mit

nH κ+= 1 (1.46)

Die Bedeutung der einzelnen Symbole ist bereits im vorhergehenden Abschnitt angegeben

worden. Für j = 0 ist die Strömung zweidimensional und im Falle j = 1 ist sie

achsensymmetrisch.

Diese Gleichungen repräsentieren ein System von gekoppelten, nichtlinearen, partiellen

Differentialgleichungen, die von den räumlichen Koordinaten s und n abhängig sind. Ihr

mathematischer Charakter ist parabolisch, was bei der Lösung auf ein Anfangs–

Randwertproblem führt. Dieses kann mit Hilfe eines Raumschrittverfahrens gelöst werden.

Häufig helfen Transformationen das Gleichungssystem zu reduzieren, was letztlich zu einer

einfacheren Lösung führt. Wenn beispielsweise die Gleichungen, die die kompressible

Strömung beschreiben, wie die für inkompressible Strömungen behandelt werden könnten,

dann würde die Dichte ρ keiner besonderen Beachtung bei der Lösung bedürfen. Wenn

außerdem die Krümmung der Oberfläche in Stromabrichtung nicht allzu stark variiert, werden

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sich die Formen der Geschwindigkeitsprofile ebenfalls nur schwach verändern. Wenn sich nur

ihre Größe deckungsgleich ändert, werden diese Profile quasi–ähnliche Profile genannt. Eine

Transformation kann diese Eigenschaft berücksichtigen, so daß eine Grenzschicht in der

transformierten Ebene nahezu von konstanter Dicke bleibt. Eine Transformationsvorschrift,

die die Dichte und die Ähnlichkeit von Geschwindigkeitsprofilen als Parameter beinhaltet

wird als Kompressibilitäts- und Ähnlichkeitstransformation bezeichnet. Erstmals wurde sie

von Levy–Lees (1976) angewendet und oft in der Literatur in abgewandelter Form

weiterverwendet. Für axialsymmetrische Körperkonturen lautet sie:

∫=s

sdjRe

uee

s0

2)( µρξ (1.47)

∫=n

j

e

ee ndrns02

),(ρρ

ξµρη (1.48)

Der Index e bezeichnet die Werte am Außenrand der Grenzschicht und R ist der lokale Radius

des Rotationskörpers. Nach Einführung der Transformationsvorschriften, Gln.(1.47) und

(1.48), in die oben gegebenen strömungsmechanischen Gleichungen, Gln. (1.43) bis (1.46),

ergibt sich:

Kontinuitätsgleichung

02 =++ FVF

η∂∂

ξ∂∂ξ (1.49)

Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung

+−=+∞∞ η∂

∂µρµρ

∂∂

ξξ

η∂∂

ξ∂∂ξ F

R

r

nd

ud

u

FFVFF

j

e

e

2222

HHH (1.50)

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Energiegleichung

+

+=

=+

∞∞

∞∞

η∂∂

µρµρ

∂∂

η∂∂

µρµρ

ξξ

∂η∂

ξ∂∂ξ

S

R

r

n

F

Tc

u

R

rS

d

Td

T

F

SVSF

j

ep

e

j

e

e

Pr

1

2

2

2

222

H

HH

(1.51)

mit F = u/ue und F = u/ue. Die Geschwindigkeit V repräsentiert die transformierte

Normalgeschwindigkeitskomponente.

+

=

ξρ

∂η∂

µρξ

2

22

j

jeee

rv

sF

RuV (1.53)

Für den Fall, dass ξ gegen Null geht, entsteht in der Gleichung für die neue Koordinate η, Gl.

(1.48), eine Singularität. Auf der anderen Seite erlaubt das, in den transformierten

Gleichungen, Gln. (1.49) bis (1.51), alle Terme mit einer ξ–Ableitung zu streichen. Für ξ = 0

bietet das die Möglichkeit, einfache Anfangsbedingungen für das Gleichungssystem zur

Verfügung zu stellen. Wenn nun eine grobe Anfangslösung für F und S vorgeschätzt wurde,

kann die transformierte Normalgeschwindigkeitskomponente V aus der Kontinuitätsgleichung

berechnet werden. Einige weiter Iterationen werden die Anfangsschätzungen von F und S

verbessern.

Der Sinn dieses Abschnittes war, mit den transformierten Gleichungen bekannt zu werden.

Ihre Vorteile wurden bereits diskutiert. Die Nachteile sind neben der recht komplizierten

Schreibweise, dass direkt vom Anfang der Grenzschicht an die gesamte Punktzahl der

diskretisierten Gleichungen mitberechnet werden muss, obwohl hier physikalisch gesehen nur

sehr wenige Punkte nötig wären, da die Grenzschicht sehr dünn ist. In der physikalischen

Ebene bedarf es also nur sehr weniger Gitterpunkte, die allerdings mit wachsender

Grenzschichtdicke Schritt für Schritt erhöht werden müssen. Der andere Nachteil ist, wie

bereits erwähnt, die geometrische Singularität für ξ = 0 sinnvoll zu überwinden.

Weitere Details, die sich mit Transformationen von Grenzschichtgleichungen befassen, sind in Wendt (1989) zu finden.

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1.5 Numerische Lösungsmethoden

1.5.1 Wahl eines Diskretisierungsmodells

Um zu einer Lösung eines partiellen nichtlinearen Differentialgleichungssystems zu kommen,

ist es gewöhnlich nötig, die vorhandenen Differentialquotienten durch endliche

Differenzenquotienten zu ersetzen. Man nimmt in Kauf, dass dadurch ein endlicher

Abbruchfehler einer bestimmten Größenordnung in das zu lösende

Differenzengleichungssystem eingeführt wird. Durch Umschreiben der finiten

Differenzengleichungen wird ein tridiagonales algebraisches Gleichungssystem erreicht für

das die Möglichkeit geboten ist, es durch bekannte Methoden zu lösen.

Die Methode der Diskretisierung wird im Abschnitt 2.1 ausführlich beschrieben. Es wird

hier nochmals bestätigt und ausgeführt, dass die Wahl eines Diskretisierungsgitters von

großer Bedeutung ist, da es den Abbruchfehler und die Stabilität über den Rundungsfehler des

Rechners zwischen der Differential- und der Differenzengleichung beeinflusst. Die Form

dieser Gitter und die Lösungsmethoden, zu denen sie führen, werden nun vorab

zusammengefasst.

Bild 1.3 Gitter für eine explizite Methode

Parabolische Gleichungen, wie sie in der hier besprochenen Grenzschichttheorie vorkommen,

besitzen eine erste Ableitung in der vorwärtsschreitenden Richtung, also hier der

Hauptströmungsrichtung. Da die Strömung nicht stromauf gerichtet sein darf – es darf also

keine abgelöste Strömung vorliegen – sind alle Werte an der letzten Berechnungsebene immer

bekannt. Wenn man ein Gitter betrachtet, wie es in Bild 1.3 dargestellt ist, wo ∆x und ∆y die

Schrittweiten in Tangential- und Normalrichtung sind, so liegen die bekannten Punkte auf der

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linken und die unbekannten Punkte auf der rechten Seite. Zudem sind die Punkte auf den

Rändern bekannt. Daher ist es recht einfach, die fehlenden Werte an den Gitterpunkten mit

den offenen Kreisen zu berechnen. Aufgrund der direkten Lösung der Differenzengleichungen

nach einem einzigen Gitterpunkt hin, werden diese Lösungsmethoden explizite

Lösungsverfahren genannt. Die expliziten Methoden verursachen allerdings eine sehr starke

Restriktion bezüglich der Schrittweite stromab, was noch anhand einer Stabilitätsanalyse in

Abschnitt 1.5.2 nachgewiesen wird. Diese Methoden sind daher sehr rechenzeitintensiv.

Bild 1.4 Gitter für eine voll implizite Methode

Bild 1.4 zeigt ein Rechengitter anderer Art. Es dient zur Verwendung der sogenannten voll

impliziten Methode. Nur ein Punkt der vorhergehenden bekannten Ebene geht in die

Berechnung ein, wohingegen alle drei Punkte der neuen Berechnungsebene unbekannt sind.

Ausgenommen davon sind die bekannten Randpunkte, wo die Bedingungen vorgeschrieben

sind. Dieses führt zu der tridiagonalen Form der algebraischen Gleichungen, die aus den

Differenzengleichungen gewonnen werden. Ein Beispiel dazu wird in den nächsten

Abschnitten angegeben. Diese Methode ist, betrachtet man die Wahl der Schrittweite in

Hauptströmungsrichtung, bedingungslos stabil, kann aber wegen zu großer Schrittweiten zu

sehr geringer Genauigkeit führen. Wenn also die Wahl der Schrittweite keinerlei

Beschränkung unterliegt, dann ist diese Methode äußerst schnell, was natürlich

wünschenswert ist.

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Bild 1.5 Gitter für eine allgemeine implizite Methode

Nun ist es offensichtlich, dass eine Methode zwischen den beiden Extremen gefunden werden

kann, die schnell und auch noch genau ist. In Bild 1.5 ist ein Berechnungsgitter gezeigt, das

ursprünglich von Crank–Nicholson vorgeschlagen wurde, hier aber in einer generalisierteren

Form. Somit sind darin die anderen vorher diskutierten Fälle als Sonderfälle enthalten. Bei

diesem Gittervorschlag sind alle Punkte, die drei bekannten der vorhergehenden Rechenebene

und die drei unbekannten Punkte der nächsten Ebene in die Methode miteinbezogen. Zudem

liegt das Diskretisierungszentrum an der Stelle i+λ, so dass die Gewichtung der einzelnen

Ebenen korrekt vorgenommen werden muss. Bei Crank-Nicholson galt λ=1/2. Anhand einer

Modellgleichung, die je einen konvektiven und dissipativen Term enthält, wird die

Diskretisierung nach der generalisierten Methode von Crank–Nicholson durchgeführt und

später auf einen Satz von Grenzschichtgleichungen angewendet.

1.5.2 Verallgemeinertes Crank–Nicholson Verfahren

Um eine Aussage über die Stabilität und die Genauigkeit des verallgemeinerten Crank-

Nicholson Verfahrens zu erhalten, ist es gewöhnlich sinnvoll, sich einer vereinfachten

linearen Differentialgleichung, einer konvektiven–dissipativen Modellgleichung, zu bedienen.

2

2

ya

x ∂φ∂

∂φ∂

= (1.53)

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Gl. (1.53) wird um das Diskretisierungszentrum (i+λ,j) herum diskretisiert, wobei λ von 0 bis

1 laufen kann. Für λ = 0 wird ein explizites Verfahren angestrebt und für λ = 1 ein voll

implizites. Wenn das Gitter mit konstanter x–Schrittweite gebildet ist, kann die erste

Ableitung ∂ φ /∂ x durch die folgende finite Differenzenbeziehung approximiert werden:

)(0)(02

1 2,,1

,

xxxx

jiji

ji

∆+∆

−+∆

−=

+

+

λφφ

∂φ∂

λ

(1.54)

Die zweite Ableitung nach y wird durch ein gewichtetes Mittel ersetzt:

jijijiyyy

,

2

2

,1

2

2

,

2

2

)1(

−+

=

++ ∂φ∂λ

∂φ∂λ

∂φ∂

λ

(1.55)

Jede zweite Ableitung wird dann durch die übliche zentrale Differenzenapproximation mit

Hilfe dreier Punkte repräsentiert:

)(2 2

2

1,,1,

,

2

2

yyy

jijiji

ji

∆+∆

+−=

−+ φφφ∂

φ∂ (1.56)

Durch Einsetzen von den Gln. (1.54) bis (1.56) in die Modellgleichung, Gl. (1.53), entsteht

eine lineare Differenzengleichung:

( ) ( )[ ]1,,1,1,1,11,12

,,1 2)1(2 −+−+++++ +−−++−

∆=

∆−

jijijijijijijiji

y

a

xφφφλφφφλ

φφ (1.57)

Diese kann wiederum in die bekannte tridiagonale Form überführt werden:

jjijiji Dy

xa

y

xa

y

xa =

+

−+

− +++−+ 1,12,121,12 21 φ

∆∆λφ

∆∆λφ

∆∆λ (1.58)

mit Dj als Funktion der Werte von φ, die bereits an der Stelle i berechnet wurden.

Um die von Neumann Stabilitätsanalyse durchführen zu können, ist es üblich, die

numerische Lösung durch eine Fourier–Reihe zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, dass

sich keine der harmonischen Schwingungen in der Entwicklungsrichtung x anfacht. Eine

kurze Beschreibung wird hier angegeben.

Für die numerische Lösung setzt man:

)(,

yjIiji e ∆= ωρφ (1.59)

hierin ist I im Exponenten die komplexe Einheitszahl, ρ i ist der Verstärkungsfaktor auf der

Berechnungsebene i. Je nach Indizierung der Lösung anhand der Lage der zugehörigen

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Gitterpunkte wird dieser aktualisierte Fourier–Ansatz in die Gl. (1.58) eingesetzt und es ergibt

sich nach einiger Rechnung und Berücksichtigung von trigonometrischen Beziehungen das

folgende Kriterium:

[ ]

[ ]1)(cos21

1)(cos)1(21

2

21

−∆∆∆+

−∆∆∆−+

==+

yy

xa

yy

xa

Gi

i

ωλ

ωλ

ρρ

(1.60)

Damit Stabilität für alle harmonischen Schwingungen ω ∆y besteht, muß gelten:

1≤G (1.61)

Diese Ungleichung zusammen mit Gl. (1.60) liefert eine Stabilitätsbedingung für den Bereich

0 ≤ λ < 1/2

)21(2

1

λ−≤C (1.62)

mit C = a ∆x/∆y2. Für den Bereich 1/2 ≤ λ ≤ 1 wird keine Stabilitätsbeschränkung für C

gefordert. Das Schema ist folglich für λ größer gleich 1/2 bedingungslos stabil. Im Falle eines

expliziten Verfahrens (λ = 0) gibt es eine starke Einschränkung für die Schrittweite ∆x, wenn

∆y bereits wegen hoher Genauigkeitsansprüche sehr klein gewählt werden muss.

Die Konsistenz des Lösungsschemas kann leicht dadurch geklärt werden, dass man alle

Terme der Gl. (1.58) in Taylor–Reihen um den Punkt (i+λ, j) herum entwickelt. Es kann

nachgewiesen werden, dass der Diskretisierungsfehler von der Ordnung O(∆x, ∆y2) ist, wenn

gilt (λ ≠ 1). Das Schema ist daher nach der zweiten Ordnung genau in der y–Richtung und

von einer Genauigkeit erster Ordnung in x–Richtung. Um auch eine zweite

Ordnungsgenauigkeit in x-Richtung zu erzielen, sollte für (λ=1/2) gewählt werden (Crank–

Nicholson–Verfahren) oder ein wenig abweichend davon, vergl. Gl. (1.54). Für praktische

Probleme, nämlich für die Lösung von nicht–linearen Problemen, muss λ eher größer gewählt

werden, um Stabilitätsprobleme zu vermeiden, Wie bereits gesagt, ist das voll implizite

Verfahren bedingungslos stabil, führt aber zu geringer Genauigkeit.

Die Gl. (1.53) stellt eine lineare partielle Differentialgleichung dar, die benutzt wurde, um das

häufig angewendete und weit verbreitete verallgemeinerte Crank–Nicholson Schema zu

demonstrieren. Im folgenden wird dieses Schema auf die Grenzschichtgleichungen

angewendet werden.

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1.5.3 Diskretisierung der Grenzschichtgleichungen

Die Grenzschichtgleichungen, Gln. (1.43) bis (1.46), werden nun dimensionslos gemacht,

indem man die dimensionslosen Definitionen, Gln. (1.33) bis (1.36), verwendet. Somit ergibt

sich folgendes neue Aussehen der Grenzschichtgleichungen:

Kontinuitätsgleichung

[ ] [ ] 0=+ vrn

urs

jj ρ∂∂ρ

∂∂

H (1.63)

mit

nκ+=1H

Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung

+−=+

n

u

ns

p

n

uv

s

uu

∂∂µ

∂∂

∂∂

∂∂ρ

∂∂ρ

Re

11

HH (1.64)

Energiegleichung

+

+=+

n

T

nn

uEc

s

puEc

n

Tvc

s

Tucp

p

∂∂λ

∂∂

∂∂µ

∂∂

∂∂ρ

∂∂ρ

PrRe

1

Pr

2

HH (1.65)

Der Bequemlichkeit halber werden die geometrischen und physikalischen Größen nicht mit

einem Balken versehen, um sie als dimensionslose Größen zu kennzeichnen. Die

Randbedingungen am Außenrand der Grenzschicht sind dieselben, wie in Abschnitt 1.2

bereits beschrieben. Da die Geschwindigkeit ue entweder durch Messungen oder durch eine

Berechnung der reibungsfreien Außenströmung bekannt sein muß, kann Gl. (1.64) am Punkt

n=δ entwickelt werden:

s

p

s

uu e

ee ∂∂

∂∂ρ −= (1.66)

Die Forderung nach konstanter Enthalpie in der äußeren Strömung liefert die Randbedingung

für die Temperatur Te:

)1(1 2ece uET −+= (1.67)

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Die Randbedingungen an der Wand sind durch die Haftbedingung der Strömung an der

Oberfläche gekennzeichnet:

0=wu (1.68)

Das gilt auch für die Normalgeschwindigkeitskomponente, wenn weder an der Oberfläche

ausgeblasen noch abgesaugt wird.

0=wv (1.69)

Für die Wandtemperatur Tw kann je nach Forderung eine konstante Verteilung oder ein

adiabater Temperaturverlauf vorgegeben werden.

)(sTT ww = ( vorgeschrieben ) (1.70)

0=w

n

T

∂∂

( adiabate Wand ) (1.71)

Da die strömungsmechanischen Gleichungen, Gln. (1.63) bis (1.65), vier Unbekannte

beinhalten, muß folglich eine weitere Gleichung das System schließen. Diese ist die

Gleichung für ideale Gase.

TRp ρ= (1.72)

Hierin ist R die ideale Gaskonstante für Luft. Die Lösung des Gleichungssystems könnte nun

in der folgenden Weise erfolgen:

1. zunächst Lösung der Bewegungsgleichung nach der

Geschwindigkeitskomponente u, simultan dazu die Lösung der Energiegleichung

nach der Temperatur T

2. da der Druck p senkrecht zur Wand, also in Richtung der

Grenzschichtdicke konstant ist, liefert die ideale Gasgleichung eine einfache

Beziehung zwischen der bekannten Dichte ρ und der Temperatur T

3. mit bekannter Dichte und der Körperkontur kann die

Kontinuitätsgleichung nach der Normalgeschwindigkeitskomponente ν gelöst

werden.

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Da das System nicht–linearer, partieller Differentialgleichung gekoppelt ist, was bedeutet,

dass jede strömungsmechanische Größe direkt oder indirekt in alle diese Gleichungen

verwickelt ist, muss bei der Lösung des Gesamtsystems besondere Vorsicht vorgenommen

werden. Beispielsweise wird nach dem obigen Lösungsvorschlag die

Normalgeschwindigkeitskomponente v erst im letzten Schritt gelöst, obwohl sie im ersten

bereits in der Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung für die Strömungskomponente

u benötigt wird. Daraus wird ersichtlich, dass Iterationen den gesamten Lösungsprozess zu

begleiten haben. Äußere Iterationsschleifen folgen inneren, die korrekte Anwendung von

solchen Iterationsschleifen ist von der Erfahrung abhängig. Ein Beispiel dazu wird im

folgenden Text gegeben.

Nun wird am Beispiel der Bewegungsgleichung in der Hauptgeschwindigkeitsrichtung die

Diskretisierung mit Hilfe der bekannten Differenzenapproximationen vorgenommen. Nach

Bild 1.5 wurden diese Diskretisierungsvorschriften auf das generalisierte Crank–Nicholson–

Verfahren angewendet.

Erste Ableitung in Hauptströmungsrichtung

s

uu

s

u jiji

ji∆

−=

+

+

,,1

,λ∂∂

(1.73)

Erste Ableitung in Normalenrichtung

( )jijiji

n

u

n

u

n

u

,,1,

1

−+

=

++ ∂∂λ

∂∂λ

∂∂

λ

(1.74)

Hierin soll beispielsweise die Ableitung am Punkt (i+1, j) eine zentrale

Differenzenapproximation sein, die nach der zweiten Ordnung genau ist.

n

uu

n

u jiji

ji∆−

=

−+++

+ 21,11,1

,1∂∂

(1.75)

Zweite Ableitung in Normalenrichtung

n

u

nn

u

n

u

n ∂∂

∂µ∂

∂∂µ

∂∂µ

∂∂ +=

2

2

(1.76)

Der zweite Term auf der rechten Seite der Gl. (1.76) muss zunächst nach der Kettenregel

ausdifferenziert werde.

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Da die dynamische Zähigkeit µ eine analytische Funktion der Temperatur T und bei sehr

hohen Temperaturen auch eine Funktion des Druckes p ist, und weniger der räumlichen Lage,

kann Gl. (1.76) auch umgeschrieben werden.

n

u

n

T

Tn

u

n

u

n ∂∂

∂∂

∂µ∂

∂∂µ

∂∂µ

∂∂ +=

2

2

(1.77)

Nun wird die zweite Ableitung gemäß den Gln. (1.55) und (1.56) in finiter Differenzenform

geschrieben:

( ) ( ) ( )[ ]1,,1,1,1,11,12

,

2

2

2121

−+−+++++

+−−++−=

jijijijijiji

ji

uuuuuunn

u λλ∆∂

λ

(1.78)

Der nichtlineare Koeffizient vor der Ableitung ∂ u/∂ s wird folgendermaßen diskretisiert:

[ ] Auu

jiji

jiji

ji

=−+

=

++ ,,1

,,

, )1( HHH λλρρ

λ

(1.79)

Die Körpergeometrie ist vorab bekannt, die Dichte ρ und die Geschwindigkeit u nicht bevor

das ganze Gleichungssystem gelöst ist. So kann nur empfohlen werden, diese Daten von der

vorherigen Stelle i zu wählen. Das führt natürlich Fehler in die Berechnung ein. Man

korrigiert das, indem man bei dem nächsten notwendigen Iterationsschritt den neu

berechneten Zwischenwert von der Stelle i+1 gewichtet hinzufügt. Dieses kostet weiteren

Aufwand, der aber formal ist und deshalb hier nicht gezeigt wird. Die anderen Koeffizienten

werden ähnlich behandelt.

Bvv jijiji ==+ ,,,)( ρρ λ (1.80)

Cjiji ==+ ,,)( µµ λ (1.81)

Dn

TT

Tn

T

Tjiji

jiji

=

∆−

=

−+

+ 21,1,

,,∂∂µ

∂∂

∂∂µ

λ

(1.82)

Schließlich muss der Druckgradient ∂ p/∂ s diskutiert werden. Die Grenzschichttheorie erster

Ordnung schreibt vor, dass keine Druckvariation in Normalenrichtung vorhanden ist. Das

bedeutet, dass der Druck nur eine Funktion der tangentialen Richtung s sein kann, zudem muß

er aus einer reibungsfreien Berechnung oder einer Messung bekannt sein. Dieser bekannte

Druckgradient hat das folgende Aussehen:

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Es

p

s

p

s

p

jiji

=

−+

−=−

+ ,,1

1)1(

11

∂∂λ

∂∂λ

∂∂

HHH (1.83)

Die Bewegungsgleichung, Gl. (1.64), kann nun in abgekürzter Form geschrieben werden:

02

2

=−−−+ En

uD

n

uC

n

uB

s

uA

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(1.84)

Durch Einsetzen der Differenzenmodellierungen, Gln. (1.73) bis (1.83), in die Gleichung, Gl.

(1.64), und anschließendem Sortieren nach den drei unbekannten Stützstellen folgt eine

tridiagonale Gleichungsform.

FuDn

CB

n

un

C

S

AuD

n

CB

n

ji

jiji

=

+

∆−−

∆+

∆+

∆+

∆−

−+

+++

1,1

,121,1

Re

2

2

Re

2

Re

2

2

λ

λλ

(1.85)

EuDn

CB

n

un

C

SuD

n

CB

nF

ji

jiji

+∆

−−∆−−

∆−+

∆−

−∆

−∆−−=

+

1,

,21,

Re

2

2

)1(

Re

)1(2

Re

2

2

)1(

λ

λλ

(1.86)

Die Einführung der neuen Koeffizienten aj bis dj reduziert die Gl. (1.85) zu der Form:

jjijjijjij ducubua =++ −++++ 1,1,11,1 12 −≤≤ Mj (1.87)

Folgt man derselben langwierigen Prozedur der Diskretisierung erhält die Energiegleichung,

Gl. (1.65), dieselbe verkürzte Schreibweise:

jjijjijjij hTgTfTe =++ −++++ 1,1,11,1 12 −≤≤ Mj (1.88)

Auf der linken Seite der Gln. (1.87) und (1.88) sind die unbekannten Werte der Strömungs-

geschwindigkeitskomponente u und der Temperatur T an den jeweiligen Stützstellen

arrangiert, während die bekannten aus der vorher berechneten Ebene zusammengefasst in den

Koeffizienten dj bis hj auf der rechten Seite der Gleichungen stehen.

Die Koeffizienten aj bis hj sind aus den vorherigen räumlichen oder iterativen Schritten

bekannt. Die Gleichungen, Gln. (1.87) und (1.88) sind tridiagonale Matrizen die durch

gewöhnliche Rekursionsformeln, beispielsweise den Thomas–Algorithmus, oder durch

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iterative Lösungsmethoden – Jacobi– oder Gauss–Seidel–Iterationsverfahren – gelöst werden

können.

Nun wird die Kontinuitätsgleichung, Gl. (1.63), neu arrangiert und diskretisiert.

( )ursr

vn

r

rnnn

v jj

j

j ρ∂∂

ρ∂∂

∂∂

∂ρ∂

ρ∂∂

HH

H1111 −=

+++ (1.89)

Wenn angenommen werden kann, daß die Koeffizienten des zweiten Terms auf der linken

Gleichungsseite und der rechten Seite bereits aus einem räumlichen oder iterativen Schritt

bekannt sind, dann kann in abgekürzter Form Gl. (1.89) geschrieben werden:

HvGn

v =+∂∂

(1.90)

Die Diskretisierung der gekürzten Kontinuitätsgleichung, Gl. (1.90), hat dann mit Hilfe der

Differenzenformulierung, Gl. (1.74), und der Mittelung für das lineare Glied das folgende

Aussehen:

( ) jijiji vvv ,,1, 1 λλλ −+= ++ (1.91)

[ ] Ivn

vGvn jijiji =

∆−++

∆ −++++ 1,1,11,1 22

λλλ (1.92)

Dabei ist die bekannte rechte Seite:

( ) ( )[ ] ( )Hv

nvGv

nI jijiji +

∆−−−−−

∆−−= −+ 1,,1, 2

11

2

1 λλλ (1.93)

Gl. (1.93) entspricht in ihrem Aufbau Gl. (1.92). Alle bekannten Größen sind in dieser

Gleichung zusammengefasst, wohingegen alle unbekannten Werte in Gl. (1.93) enthalten

sind. Auch hier lassen sich Koeffizienten pj bis sj für eine verkürzte Schreibweise nutzen und

es entsteht für die Kontinuitätsgleichung:

jjijjijjij srqp =++ −++++ 1,1,11,1 ννν 12 −≤≤ Mj (1.94)

Leicht ist zu erkennen, daß Gl. (1.94) dieselbe Form hat wie die Gln. (1.87) und (1.88) und

folglich mit ein und demselben Lösungsschema behandelt werden kann.

Die einzige Unbekannte, die bisher noch nicht behandelt wurde, ist die Dichte ρ. Wie oben

schon erwähnt, ist die Zustandsgleichung für ein ideales Gas geeignet, diese zu berechnen.

Für die Grenzschichttheorie erster Ordnung ist ein Druckgradient senkrecht zur

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Körperoberfläche nicht vorhanden. Der dynamische Druck ist also konstant. Daher wird aus

Gl. (1.72):

constT =ρ (1.95)

In diskretisierter Form ergibt das:

1,1

,1,11,1

++

++++ =

ji

jijiji T

Tρρ (1.96)

Da die Temperatur T und die Dichte ρ am vorhergehenden räumlichen Schritt bekannt sind

und die Temperatur T in der neuen Berechnungsebene von der Wand herkommend ebenfalls

bekannt ist, kann die Dichte folglich berechnet werden.

Wie schon vorher erwähnt formen die Gleichungen, Gln. (1.63) bis (1.65), einen Satz von

gekoppelten, nicht–linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Zunächst ist das

Ergebnis einer jeden Gleichung in der anderen von Nöten und umgekehrt ebenso. Weiterhin

ist aufgrund der Nichtlinearität jede Gleichung für sich iterativ zu lösen. Daher beinhaltet das

zu wählende Lösungschema auf jeden Fall zwei Iterationsschritte, einen für die Lösung einer

jeden einzelnen Gleichung und einen weiteren für die Kopplung des ganzen

Gleichungssystems. Die Vorgehensweise kann nun wie folgt beschrieben werden:

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1. Lösung der Bewegungs- und der Energiegleichung bis zur Konvergenz

2. Lösung der Kontinuitätsgleichung bis zur Konvergenz

3. Berechnung der Dichte

4. Wiederholung der ersten drei Schritte bis gesamte Konvergenz erreicht

5. Start einer neuen Rechnung in einer neuen Ebene stromab

Die hier beschriebene Vorgehensweise ist eine der vielen möglichen. Die Lösung solcher

Gleichungssysteme kann durchaus auch in einer anderen Reihenfolge ablaufen. Diese

Beschreibung ist daher nur als ein funktionstüchtiges Beispiel zu werten.

Der folgende Abschnitt beschreibt in Kürze ein vielfach angewendetes Lösungsverfahren, um

die diskretisierten strömungsmechanischen Gleichungen zu lösen. Der Thomas–Algorithmus

ist ein gutes Mittel, tridiagonale Matrizen, wie sie hier vorkommen, exakt zu lösen. Im

folgenden wird diese Methode beschrieben.

1.5.4 Lösung eines tridiagonalen Systems algebraischer Gleichungen

Eine effektive Technik zur Lösung eines tridiagonalen Systems von algebraischen

Gleichungen ist von Thomas (1977) vorgeschlagen worden. Dieser sogenannte Thomas–

Algorithmus löst mit Hilfe einer Rekursionsformel eine tridiagonale Matrix, die durch die

folgenden Gleichungen beschrieben wird.

=+=++

=+

+−

lllll

iiiiiii

dxcxb

dxcxbxa

dxbxa

1

11

12111

2 1≤ ≤ −i I (1.97)

Hierin sind die Größen xi die Unbekannten und die Größen ai, bi, ci, di die bekannten Werte.

Es ist nun möglich, die Unbekannten xi mit Hilfe der folgenden Rekursionsformel zu

berechnen.

( ) ( ) 1,...,2,11 −−=+= + IIixx iiii βα (1.98)

Die Ausdrücke αi und βi in dieser Rekursionsformel sind zunächst unbekannt, sie können aber

durch Rückeinsetzen mit aktualisiertem Index i berechnet werden.

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011 =

−−+

++ −− i

i

iiiii

i

iiii dcx

cba

αββα

αα (1.99)

Diese Gleichung kann nur für jeden Wert xi erfüllt werden, wenn αi und βi auf folgende

Weise gewählt werden:

iii

iiii

iii

ii

ab

ad

ab

c

1

1

1

+−=

+−=

αββ

αα

1...,,2=i (1.100)

Um die Randbedingungen an der Stelle i=1 einarbeiten zu können, wird Gl. (1.98)

umgeschrieben.

1211 βα += xx (1.101)

Dieser Ausdruck reduziert sich auf die erste der Gleichungen, Gl. (1.97), wenn die

Koeffizienten αi und βi folgendermaßen gewählt werden:

1

11

1

11

b

d

b

c

=

−=

β

α

(1.102)

Die Rekursionsformeln, Gln. (1.100) und (1.101) , werden danach benutzt, die verbliebenen

noch unbekannten αi und βi zu ermitteln. Für den Außenrand i = I - 1 schreibt sich Gl. (1.98):

111 −−− += IIII xx βα (1.103)

Durch Eliminieren von xI-1 zwischen dieser Beziehung und der letzten der Gln. (1.97) ergibt

sich:

1

1

+−=

III

IIII ab

adx

αβ

(1.104)

Die Rekursionsformel, Gl. (1.98), wird schließlich zur Berechnung der unbekannten xi

verwendet und zwar für i = I - 1,......,1. Es kann bewiesen werden, dass die verschiedenen

Rekursionen nicht zu Stabilitätsproblemen oder zu unerlaubter Akkumulation von

Abbruchfehlern führen können. Dieses hat Gültigkeit, wenn die vorhandene tridiagonale

Matrix diagonal–dominant ist, also wenn gilt:

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II

iii

ab

Iiallefüracb

cb

−=+≥

1,...,2

11

(1.105)

Diese ausreichenden Bedingungen, die in der Praxis weit von den notwendigen entfernt sind,

sollten durch die Grenzschichttheorie immer erfüllt sein.

1.6 Beispielrechnungen

1.6.1 Dreidimensionale Grenzschichten entlang Symmetrielinien

Grenzschichtberechnungen entlang Symmetrielinien, Grundmann (1976), müssen in drei

räumlichen Dimensionen ausgeführt werden. Ein Beispiel ist in Bild 1.6 aufgezeigt.

Bild 1.6 Beispiel einer leeseitigen Grenzschicht entlang einer Symmetrielinie

eines angestellten Flugkörpers

Die Strömung um Körper mit einer sehr starken Anstellung bewegt sich von der dem Wind

zugewandten Seite auf die windabgewandte Seite, von Luv nach Lee. Offensichtlich fördert

das eine Verdickung der leeseitigen Grenzschichtdicke. Dieser Umstand ist

Kontinuitätsgründen zuzuordnen. Falls der Einfluß der Umfangsströmungskomponente der

Geschwindigkeit in der Rechnung nicht berücksichtigt werden würde, wäre der

offensichtlichen Dreidimensionalität der Strömung nicht korrekt begegnet worden.

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Die numerische Berechnung solcher Grenzschichtströmungen wird erheblich vereinfacht,

wenn die äußeren Randbedingungen, d.h., die reibungsfreie Strömung, in analytischer Form

vorliegt. Das Ellipsoid hat eine der wenigen Körperkonturen, für die eine dreidimensionale

potentialtheoretische, also reibungsfreie Geschwindigkeitsverteilung vorliegt. Für alle

Anstellwinkel und Halbachsenverhältnisse ist dieses erstmals bei Lamb (1956) und Maruhn

(1945) angegeben worden.

Die ersten Grenzschichtberechnungen dazu wurden von Eichelbrenner und Oudart (1955) mit

Hilfe eines Integralverfahrens vorgestellt. Sie benutzten ein Stromlinienkoordinatensystem,

das allerdings einen erheblichen Mehraufwand an geometrischen Vorberechnungen nötig

macht. Später wurden Berechnungen von Geissler (1979) und Schönauer et. al. (1975)

vorgestellt, die auch Stromlinienkoordinatensysteme verwendeten, aber finite

Differenzenmethoden zur Lösung nahmen. Andere Autoren wie Wang (1976) und Hirsch und

Cebici (1974) führten ein elliptisches, orthogonales Koordinatensystem ein, das den Nachteil

besitzt, eine geometrische Singularität an den Polen des Ellipsoids zu verursachen. Hierdurch

wird es unmöglich größere Anstellwinkel zu berechnen, ohne daß die Singularität die

Berechnung zum Erliegen bringt. Zusätzliche Transformationen können dieses Problem

verschieben. Blottner und Ellis (1979) sowie Stock (1980) entwickelten den elliptischen

Koordinatensystemen ähnliche, die aber einfacher zu behandeln sind.

Im Folgenden wird gezeigt, daß oberflächenorientierte, gekrümmte und orthogonale

Koordinatensysteme geometrische Singularitäten an den Polen umgehen, wodurch keine

Transformationen benötigt werden und dennoch der numerische Aufwand doch klein gehalten

werden kann.

1.6.2 Geometrische Bedingungen

Zunächst muß das Ellipsoid in eine Nasen- und eine Körperregion getrennt werden. In der

ersteren ist der Staupunkt gelegen.

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Bild 1.7 Koordinatensystem im Nasenbereich eines angestellten Ellipsoids

Das neue Koordinatensystem wird nun in der Frontpartie angeordnet, während das elliptische

für den Nachkörper beibehalten wird.

Bild 1.8 Oberflächenorientiertes Koordinatensystem am Ellipsoid

Das Koordinatensystem an der Nase ist ein modifiziertes sphärisches, für das sich der Radius

dem Ellipsoid gemäß verhält. Mit Hilfe der geometrischen Definitionen in Bild 1.8 sind

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folgende Beziehungen zwischen dem neuen und dem kartesischen Koordinatensystem

herzuleiten.

θ

ϕθ

ϕθ

sin

coscos

coscos

rz

ry

rx

=

=

=

(1.106)

Der Radius r ist eine Funktion der neuen unabhängigen Variablen θ und ϕ und von den

Halbachsen des Ellipsoids a und b.

( )[ ] 2/12222222 sinsincoscoscos−++= θϕθϕθ ababr (1.107)

1.6.3 Strömungsmechanische Gleichungen

Das System von Differentialgleichungen, das die quasi–dreidimensionale, laminare,

kompressible Strömung entlang einer Symmetrielinie eines angestellten Ellipsoids gemäß

Bild 1.8 beschreibt, wird nach der Methode von Robert (1976) abgeleitet. Im Falle

inkompressibler Strömung und unter Berücksichtigung der individuellen Koordinatensysteme

entsprechen die so abgeleiteten Gleichungen denen von Wang (1979) und Cebeci, Khattab

und Stewartson (1981).

( )

22111

11

01

aak

n

ww

nAuk

k

=

=+++∂∂ρ

∂∂ρρρ

∂θ∂

(1.108)

21

223

11

112

2

2

32

2

21

k

ak

a

ak

n

upkuk

u

nw

uu

−==

+=+

−+

∂θ∂

∂∂µ

∂θ∂ρ

∂θ∂

∂∂µρ

∂θ∂ρ

(1.109)

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( )

21

115

22224

2

2

2

2

542

/1k

ak

aak

n

ApkuAkA

n

A

nw

Au

−==

+=++

−+

ϕ∂∂

∂∂µ

ϕ∂∂ρρ

∂∂

∂∂µρ

∂θ∂ρ

(1.110)

ϕ∂∂ v

A = (1.111)

2

112

2

PrPr

1

++=

−+

n

uaEc

n

TkpEcu

n

T

n

kwc

Tuc pp ∂

∂∂∂

∂θ∂

∂∂

∂∂ρ

θ∂∂ρ µ

(1.112)

Hierin sind u, v und w die dimensionslosen Geschwindigkeitskomponenten in den

dimensionslosen räumlichen Richtungen θ, ϕ und n. T, ρ und p sind die ebenso in

dimensionsloser Form geschrieben Größen für die Temperatur, die Dichte und den Druck. Die

Größen µ, k und cp sind die dynamische Zähigkeit, die Wärmeleitfähigkeit und die

spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck, wobei diese Größen auf die Werte der

ungestörten Strömung bezogen sind. Pr und Ec sind die Prandtl- und die Eckertzahl.

Gl. (1.110) beschreibt die Ableitung der Bewegungsgleichung in Querströmungsrichtung

mit der Quergeschwindigkeitskomponente v nach der Richtung ϕ. Da entlang der

Symmetrielinie die Quergeschwindigkeitskomponente v verschwindet, jedoch nicht ihr

Gradient, kann durch Hinzunahme der Gradientengleichung der dreidimensionale Status der

Strömung beschrieben werden. Die geometrischen Koeffizienten ki setzen sich aus den

Elementen des metrischen Tensors der Oberfläche aij und dessen Ableitungen zusammen.

Entlang der Symmetrielinie und aufgrund der Wahl eines orthogonalen Koordinatensystems

gibt es nur zwei Elemente dieses Oberflächentensors:

( )

θ

∂θ∂

2222

2211

cos

/

ra

rra

=

+= (1.113)

Außer einer Koordinatenstreckung wird keine Transformation des Gleichungssystems

eingeführt. Eine derartige Wahl eines solchen Koordinatensystems vermeidet die Bildung von

Singularitäten an den Polen des Ellipsoids.

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1.6.4 Randbedingungen

Das Ellipsoid ist einer der ganz wenigen Körper, für den eine dreidimensionale, reibungsfreie,

inkompressible Geschwindigkeitsverteilung analytisch angegeben werden kann. Das Potential

φ auf der Oberfläche des Ellipsoids kann nach Lamb (1945) für das kartesische

Koordinatensystem folgendermaßen geschrieben werden:

zCxB +=φ (1.114)

( ) αcos1 akB += (1.115)

( ) αsin1 ckC += (1.116)

( ) ( ) ( )[ ]( )[ ] ( ) ( ) ( )[ ]eeee

eeeka −+−−

−−+=1/1ln2/11/1

11/1ln2/12

(1.117)

( )ac kk 21/1 += (1.118)

( ) 2/122 /1 abe −= (1.119)

Hierin bedeutet α den Anstellwinkel. Weitere Details zur Beschreibung der Potentialströmung

sind in Lamb (1945) gegeben. Durch die Transformationsvorschrift Gl. (1.106) kann das

Potential in das neue körperorientierte Koordinatensystem überführt werden.

θϕθφ sincoscos CrBr += (1.120)

Die Ableitung des Potentials nach den jeweiligen Koordinatenachsen ergibt die reibungsfreie

Geschwindigkeitskomponente ue in der Hautströmungsrichtung und in der

Querströmungsrichtung nach zweimaliger Ableitung den Gradienten der Querkomponente Ae

entlang der Symmetrielinie.

( ) ∂θ∂φ //1 11aue = (1.121)

( )

−=

=

e

e

e

ua

a

A

∂ϕ∂

∂ϕφ∂

∂ϕ∂ν

122

2

11/1 (1.122)

Gln. (1.121) und (1.122) charakterisieren die äußeren Randbedingungen der

Grenzschichtströmung. An der Wand gilt die Haftbedingung.

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0=wu (1.123)

0==

w

wA∂ϕ∂ν

(1.124)

Da das Differentialgleichungssystem, Gln. (1.108) bis (1.112), eine kompressible Strömung

beschreibt, bedarf es auch noch der Randbedingungen für die Energiegleichung. Die

Forderung nach konstanter Enthalpie am Außenrand der Grenzschicht verhilft zu einer

Beziehung für die Temperatur Te.

( ) ( )22 12/1 epe uTcuT −+= ∞∞ (1.125)

An der Wand kann die Temperaturverteilung vorgeschrieben werden oder das Verhalten einer

adiabaten Wand.

0

)(

=

=

w

ww

n

T

TT

∂∂

θ (1.126)

1.6.5 Lösungsschema

Die Differentialgleichungen werden im Sinne eines impliziten Differenzenverfahrens

diskretisiert. Das Differenzenmolekül ist so gewählt, daß die drei neuen Werte mit Hilfe

dreier bekannter aus dem letzten Berechnungsschritt gelöst werden. Das

Diskretisierungszentrum liegt in der Mitte zwischen den beiden Stützstellen und ist daher mit

dem nach Crank–Nicholson vergleichbar. Der Abbruchfehler ist demnach nicht größer als von

der zweiten Ordnung.

Das Lösungsverfahren folgt dem Richtmyer–Algorithmus, Ref.[ ]. Der Lösungsvektor enthält

drei Komponenten, nämlich die Hauptströmungskomponente, den

Quergeschwindigkeitsgradienten und die Temperatur. Die

Normalgeschwindigkeitskomponente wird unabhängig mit dem Thomas–Algorithmus

berechnet.

1.6.6 Numerische Ergebnisse

Messungen an einem Ellipsoid mit den Halbachsen b/a = 1/6 wurden von Meier und Kreplin

(1975) durchgeführt. Ein Beispiel ist in Bild 1.9 zu sehen, in dem die Ergebnisse entlang der

dem Wind zugeneigten Symmetrielinie für eine Anstellung von α = 10° gezeigt werden. Die

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dimensionsbehaftete Wandschubspannung τw entlang der dimensionslosen x–Achse wird mit

den theoretischen Ergebnissen von Geissler (1974) und von Stock (1975) verglichen. Die

Übereinstimmung aller Daten ist sehr gut.

Bild 1.9 Wandschubspannung entlang der windzugewandten Symmetrielinie an

einem Ellipsoid mit dem Anstellwinkel α = 10° und dem Halbachsenverhältnis b/a = 1/6

In Bild 1.10 sind die Ergebnisse einer Berechnung entlang der Symmetrielinie an einem nicht

angestellten Ellipsoid mit den Halbachsen b/a = 1/4 dargestellt. Der dimensionslose

Wandreibungskoeffizient cf Re1/2 ist entlang der dimensionslosen x–Achse aufgetragen, wobei

die Reynoldszahl Re = u∞ a/ν mit der Anströmgeschwindigkeit u∞, der Halbachse a und der

kinematischen Zähigkeit ν gebildet wurde.

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Bild 1.10 Wandschubspannung entlang der leeseitigen Symmetrielinie an einem

Ellipsoid mit dem Anstellwinkel α = 0° und dem Halbachsenverhältnis b/a = 1/4

Der Vergleich mit anderen theoretischen Ergebnissen nach Wang (1976) und Hirsch und

Cebici (1978) ergibt eine recht gute Übereinstimmung mit den hier vorgestellten Ergebnissen.

Bild 1.11 zeigt vergleichbare Ergebnisse mit der hier beschriebenen Methode für ein Ellipsoid

mit b/a = 1/6 für sehr hohe Anstellwinkel. Der dimensionslose Reibungsbeiwert cf Re1/2 ist

hier entlang dem Winkel θ aufgetragen, ausgehend vom Staupunkt über die Leeseite bis zu

einem vorgeschriebenen Punkt. Die erzielten Ergebnisse sind qualitativ vergleichbar mit

denen von Cebeci, Khattab und Stewartson (1978). Allgemein kann festgestellt werden, daß

bei Überschreiten eines Winkels α = 10° sofort an der Nase des Ellipsoids Ablösung auftritt.

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Bild 1.11 Wandschubspannung entlang der leeseitigen Symmetrielinie an einem

Ellipsoid mit verschiedenen Anstellwinkeln α und dem Halbachsenverhältnis b/a = 1/6

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2 Diskretisierung von partiellen

Differentialgleichungen

Unter Diskretisierung versteht man die räumliche Aufteilung eines beliebig gestalteten

Kontrollvolumes, durch das eine Strömung verläuft, in ein Gebiet von diskreten Punkten, an

denen die Geometrie durch das verwendete Koordinatensystem bekannt ist. An denselben

Gitterpunkten können die Strömungsgrößen über das beschreibende

Differentialgleichungssystem bestimmt werden. Innerhalb der Räume zwischen den

Gitterpunkten bestehen – abgesehen von Ergebnissen durch die Anwendung von

Interpolationsverfahren – im allgemeinen keine eindeutigen Zuordnungen von

Strömungsgrößen.

Bei analytischen Lösungen können kontinuierlich innerhalb des Kontrollvolumens die

Werte der Strömungsgrößen bestimmt werden. Die hier zu beschreibenden numerischen

Lösungen sind nur diskret im Lösungsgebiet zu erzielen.

Prinzipiell gibt es drei häufig verwendete Diskretisierungsverfahren, diese sind:

• Finite Differenzenverfahren

• Finite Volumenverfahren

• Finite Elementeverfahren

Die erstgenannten sind die ältesten Verfahren und haben demzufolge die längste Entwicklungszeit hinter sich gebracht. Das folgende finite Volumenverfahren basiert auf integralen Bilanzerhaltungssätzen und das finite Elementeverfahren hat seinen Ursprung in der Strukturmechanik, wo das Variationsprinzip als Grundlage für die Berechnung von Schub- und Druckkräften in Stabsystemen angewendet wird. Die beiden letztgenannten Verfahren werden in den Kapitel 4 und 5 dieser Studienbriefe beschrieben. Das Verfahren der finiten Differenzen wurde bereits in Kapitel 1 angewendet und in diesem Kapitel noch näher erläutert.

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2.1 Ableitung von elementaren finiten Differenzenquotienten

Das partielle, inhomogene, nichtlineare, gekoppelte Differentialgleichungssystem zweiter

Ordnung, das einen Strömungsverlauf innerhalb eines Kontrollvolumens beschreibt, ist auf

Grund seiner Nichtlinearität keiner analytischen Lösung zugänglich. Folglich kann mit Hilfe

eines finiten Differenzenverfahrens ein Satz von diskreten Lösungen erzeugt werden, wenn

die Differentialgleichungen in einen entsprechenden Satz von Differenzengleichungen

überführbar sind.

Hierzu ist es vorab notwendig, ein Differenzengitter zur Diskretisierung der Differentialgleichungen zur Verfügung zu haben. In Bild 2.1 ist ein solches finites Gitter oder Diskretisierungsgitter aufgezeichnet.

Bild 2.1 Diskretisierungsgitter für finite Differenzenverfahren

Wenn Differentialgleichungen in Differenzengleichungen überführt werden können, so

können zur Lösung dieser Gleichungen gewöhnliche algebraische Lösungsmethoden zum

Einsatz kommen. Dazu ist es aber notwendig, die Differentialquotienten erster und zweiter

Ordnung in Differenzenformulierungen umzuschreiben.

In den folgenden Abschnitten werden diese Differenzenformeln zur Verfügung gestellt.

2.1.1 Partielle Ableitung erster Ordnung

Kennt man im Raum – hier in Form eines zweidimensionalen kartesischen

Koordinatensystems mit den unabhängigen Variablen x und y dargestellt – an der Stelle Pi,j

nach Bild 2.1 einen Funktionswert ui,j, seine erste Ableitung (∂ u/∂ x)i,j, seine zweite (∂ 2u/∂

x2)i,j und weitere Ableitungen, so kann man in naher Umgebung dieses räumlichen Punktes Pi,j

den Wert der Funktion ui+1,j an der Stelle Pi+1,j ermitteln. Dieses kann über die sogenannte

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Taylor–Reihenentwicklung bewerkstelligt werden. Diese Entwicklung um einen Punkt Pi,j

lautet mit dem Satz von Taylor:

( ) ( )......

62

3

,

3

32

,

2

2

,

,,1 +

+

+

+=+

x

x

ux

x

ux

x

uuu

jijiji

jiji

∆∂∂∆

∂∂∆

∂∂

(2.1)

Diese Reihe ist im Fall der Gl. (2.1) nach dem 4. Glied aus Platzgründen nicht verlängert

worden. Sie ist aber mathematisch exakt, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

• Anzahl der Terme gegen unendlich

• konvergente Reihe

• ∆x → 0, Schrittweite gegen null

Bei den finiten Differenzenverfahren ist es üblich, die Reihe nach dem dritten Glied

abzubrechen.

( ) ( )32

,

2

2

,

,,1 02

xx

x

ux

x

uuu

jiji

jiji ∆∆∂∂∆

∂∂ +

+

+≈+

(2.2)

Diese abgebrochene Reihe, Gl. (2.2), wird als zweiter Ordnung genau bezeichnet, da sie

Terme dieser Ordnung noch nicht vernachlässigt. Der letzte Term 0(∆x3) ist der

Abbruchfehler.

Wenn Terme 0(∆x2) und größer vernachlässigt werden – wie in Gl. (2.3) dargestellt – wird die

Reihe als erster Ordnung genau bezeichnet.

( )2

,

,,1 0 xxx

uuu

ji

jiji ∆∆∂∂ +

+≈+

(2.3)

Allgemein sind die Abbruchfehler wie folgt definiert:

( ) ( )∑∞

=

∆=∆

2 ,

0!n

nn

ji

n

n

xn

x

x

u

∂∂

(2.4)

Aus Gl. (2.3) ergibt sich ein vorwärts gerichteter Differenzenquotient, wenn man die

Gleichung nach dem Differentialquotienten auflöst.

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Damit erhält man für eine Ableitung erster Ordnung einen Differenzenquotienten mit einer

Genauigkeit von ersten Ordnung.

( )xx

uu

x

u jiji

ji

∆∆∂

∂0,,1

,

+−

=

+

(2.5)

Wollte man einen rückwärts gerichteten Differenzenquotient, nämlich ein

Differenzenquotienten mit einer Genauigkeit von ersten Ordnung erzeugen, so wählt man

folgende Schritte: Gemäß der Gl. (2.1) und Bild 2.1 muß zunächst die Reihe für ui-1,j um Pi,j

entwickelt werden.

( ) ( ) ( )....

62

3

,

3

32

,

2

2

,

,,1 +∆−

+∆−

+∆−

+=−

x

x

ux

x

ux

x

uuu

jijiji

jiji ∂∂

∂∂

∂∂

(2.6)

Die negativen Vorzeichen vor der Schrittweite (∆x) zeigen, daß die Reihenentwicklung in

negativer Richtung erfolgt.

Aus Gl. (2.6) ergibt sich bei Abbruch nach dem zweiten Glied ein rückwärts gerichteter

Differenzenquotient für eine Ableitung erster Ordnung mit einer Genauigkeit von ersten

Ordnung.

( )xx

uu

x

u jiji

ji

∆∆∂

∂0,1,

,

+−

=

(2.7)

Differenzenquotienten mit einer Genauigkeit erster Ordnung werden oftmals für die

geforderten Genauigkeiten von Strömungsberechnungen nicht ausreichen. Folglich ist eine

Genauigkeit zweiter Ordnung anzustreben. Durch Subtraktion von Gl. (2.6) und (2.1) ergibt

sich der folgende Zwischenstand:

( )....

32

3

,

3

3

,

,1,1 +

+

=− −+

x

x

ux

x

uuu

jiji

jiji

∆∂∂∆

∂∂

(2.8)

Durch die Subtraktion ist die zweite Ableitung aus Gl. (2.8) herausgefallen. Gewöhnlich wird

die verbliebene dritte Ableitung ohnehin vernachlässigt, als Ergebnis entsteht ein zentraler

Differenzenquotient für eine Ableitung erster Ordnung mit einer Genauigkeit von zweiter

Ordnung.

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( )2,1,1

,

02

xx

uu

x

u jiji

ji

∆∆∂

∂ +−

=

−+

(2.9)

Dieses Ergebnis ist auch geometrisch bezüglich der Genauigkeitsanforderung leicht

verständlich. In dieser Gleichung wird auf den zentralen Wert der Funktion ui,j zugunsten der

benachbarten Werte verzichtet. Eine Sekante durch die beiden Werte ui+1,j und ui-1,j gelegt

wird der Steigung der Tangente an den Funktionswert ui,j bezüglich möglichst genauer

Übereinstimmung sehr viel näher kommen als jede der Sekanten aus der Gl. (2.5) mit der

Genauigkeit erster Ordnung, die mit den Funktionswerten ui+1,j und ui,j und den

Funktionswerten ui-1,j und ui,j gebildet werden.

2.1.2 Partielle Ableitungen zweiter Ordnung

In diesem Abschnitt werden partielle Ableitungen zweiter Ordnung als zentrale

Differenzenapproximation abgeleitet. Zentrale Differenzenapproximation heißt, daß das

Diskretisierungszentrum an der Stelle Pi,j nach Bild 2.1 liegt, also im Zentrum des

Differenzenmoleküls. Hierzu wird Gl.(2.8) nach (∂ u/∂ x)i,j aufgelöst. Diese Formulierung der

ersten Ableitung ist bereits von der Genauigkeit zweiter Ordnung.

( )....

62

2

,

3

3,1,1

,

+∆

∆−

=

−+ x

x

u

x

uu

x

u

ji

jiji

ji∂∂

∂∂

(2.10)

In Gl. (2.1) kann damit die erste Ableitung (∂ u/∂ x)i,j ersetzt werden.

( )

( ) ( ) ( )....

2462

....62

4

,4

43

,3

32

,2

2

2

,

3

3,1,1

,,1

+∆

+∆

+∆

+∆

+∆

∆−

+= −++

x

x

xx

x

ux

x

u

xx

x

u

x

uuuu

jijiji

ji

jijijiji

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(2.11)

Es entsteht daraus ein zentraler Differenzenquotient für eine zweite Ableitung mit der

Genauigkeit zweiter Ordnung, wenn man auf die Ableitungen 3. Ordnung und höher

verzichtet.

( )( )2

2

,1,,1

,

2

2

02

xx

uuu

x

u jijiji

ji

∆∆∂

∂ ++−

=

−+

(2.12)

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Mit Gl. (2.12) ist ein Beispiel für die Näherung eines Differentialquotienten zweiter Ordnung durch einen zentralen Differenzenausdruck von der Genauigkeit zweiter Ordnung für nicht–gemischte Ableitungen angegeben.

2.1.3 Gemischte partielle Ableitungen zweiter Ordnung

Bei der Beschreibung von Strömungsfeldern, die in krummlinigen – auch schiefwinkligen – Koordinatensystemen vorgenommen sind, werden oftmals auch Approximationen für Differentialquotienten zweiter Ordnung durch zentrale Differenzenausdrücke von der Genauigkeit zweiter Ordnung für gemischte Ableitungen benötigt. Eine gemischte Ableitung kann die Form ∂ 2u/(∂ x∂ y) haben. Hierin sind x und y die unabhängigen Variablen. Es wird dazu der folgende Ansatz gewählt.

x

A

y

u

xyx

u

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂∂ =

=

2

(2.13)

mit

y

uA

∂∂=

Gl. (2.9) stellt eine Differenzenapproximation der Genauigkeit zweiter Ordnung für eine erste

Ableitung dar. Wendet man diese Formulierung zweimal auf die Gl. (2.13) an – einmal für die

x–Richtung und danach für die y–Richtung – erhält man eine zweite, gemischte Ableitung in

zentraler Differenzenformulierung.

( ) ( ) ( )[ ]221,111,11,11,1

,

2

,04

1yxuuuu

yxyx

ujjijiji

ji

∆∆∆∆∂∂

∂ +−−+=

+−−+−−++

(2.14)

Aus dem Fehlerglied 0 [(∆x2), (∆y2)] erkennt man, daß nun die Genauigkeit der Näherung

nicht nur von der einen räumlichen Richtung abhängt sondern gleichberechtigt und additiv

von der anderen auch.

2.1.4 Partielle Ableitungen an Rändern

Die Ränder, die ein Berechnungsgebiet umgeben, müssen als sogenannte Randbedingungen in

die Berechnung mit einbezogen werden. Zum einen kann das ein feststehender Zahlenwert der

Funktion selbst sein, dann heißt diese Randbedingung Dirichlet–Randbedingung. Eine

Genauigkeitsanforderung besteht dann an einen Näherungswert nicht mehr, da diese Form der

Randbedingung bereits exakt zu nennen ist. Zum anderen kann die Randbedingung durch eine

erste Ableitung bestimmt sein. Diese Form der Randbedingung wird dann Von–Neumann–

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Randbedingung genannt. Hier besteht allerdings wie bei den vorhergehenden

Differenzenapproximationen eine Genauigkeitsforderung an die Formulierung.

In Bild 2.2 ist eine Verteilung von Gitterpunkten in Wandnähe dargestellt. Eine zentrale

Differenzenbeschreibung ist in diesem Fall nicht möglich, zumal Gitterpunkte innerhalb des

Wandmaterials nicht vorhanden sind.

Bild 2.2 Gitterpunktverteilung normal zur Berandung

Versucht man es zunächst mit einer Näherung der Genauigkeit erster Ordnung so entsteht die

einfache Aussage gemäß der Gl. (2.5):

( )yy

uu

y

u ∆∆∂

∂012

1

+−

=

(2.15)

Für die Erstellung einer Differenzenformel mit einer Genauigkeit der zweiten Ordnung 0(∆x2)

wird ein Umweg über einen Polynomansatz gewählt.

2ycybau ++=

(2.16)

Gl. (2.16) ist eine Parabel mit den konstanten Koeffizienten a, b und c. Weiterhin ist y die

unabhängige Variable, die den Abstand normal zur Wand beschreibt. Die Funktion u ist die

abhängige Variable in Gl. (2.16).

Die Anwendung dieser Gleichung auf die drei wandnahen Punkte ergibt einen Satz von drei

algebraischen Gleichungen zur Bestimmung der Koeffizienten.

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( )

( )23

22

1

2)2( ycybau

ycybau

au

∆+∆+=

∆+∆+=

=

(2.17)

Durch Eliminieren von c aus den letzten beiden Gleichungen und durch Auflösung nach b,

erhält man zunächst:

y

uuub

∆−+−=

2

43 321

(2.18)

Die erste Ableitung von Gl. (2.16) lautet:

ycby

u2+=

∂∂

(2.19)

Für die Wand, y = 0, ergibt sich aus Gl. (2.19):

by

u =

1∂∂

(2.20)

Der Koeffizient b ist bereits aus Gl. (2.18) bekannt und in Gl. (2.20) eingesetzt ergibt das eine

Näherung für eine erste Ableitung an der Wand mit einer Genauigkeit der zweiten Ordnung

0(∆x2).

( )2321

1

02

43y

y

uuu

y

u ∆∆∂

∂ +−+−

=

(2.21)

Ein Beweis dieser Gl. (2.21) läßt sich auch durch eine Taylor–Reihenentwicklung an der

Wand erbringen, indem mit dem Ansatz aus Gl. (2.16) über einen Koeffizientenvergleich und

die Division durch y∆ das Resultat der Gl. (2.21) bestätigt werden kann. Die Gln. (2.15) und

(2.21) sind einseitige Differenzenquotienten.

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2.2 Transformationen und Gittergenerierung

2.2.1 Einleitung

Wenn sich alle CFD–Anwendungen in einem einheitlichen, rechtwinkligen

Koordinatensystem in einem physikalischen Raum problemlos abbilden ließen, gäbe es keine

Notwendigkeit, die strömungsmechanischen Gleichungen durch Transformationen in irgend

einer Weise zu verändern. Man würde diese Gleichungen einfach für ein kartesisches

Koordinatensystem mit den Koordinaten x, y, z und gegebenenfalls der Zeit t anwenden, sie

diskretisieren und wie vorgeschlagen zur Lösung bringen. Dieses ist jedoch nur bei sehr

wenigen tatsächlichen Problemen so durchführbar. Betrachtet man den Tragflügelschnitt im

Bild 2.3 und legt ein kartesisches Gitter darüber, so ergeben sich folgende Probleme:

• Einige Gitterpunkte liegen innerhalb des Profils, wo es nichts zu

berechnen gibt.

• Nahezu kein Gitterpunkt fällt mit der Oberfläche zusammen, wo er

zur günstigen numerischen Formulierung liegen sollten.

Bild 2.3 Tragflügelprofil im Gitternetz eines kartesischen Koordinatensystems

Diese Betrachtungen sagen aus, daß solch ein Gitter zur Berechnung von gekrümmten

Oberflächen nur bedingt nutzvoll ist, da die Oberfläche allenfalls durch Interpolationen

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kartesisch bestimmt werden kann. Für die Strömungsberechnung ist aber eine möglichst

oberflächenorientierte Koordinatenlinienführung bedeutsam. Das zeigt Bild 2.4 für denselben

Tragflügelschnitt.

Bild 2.4 Oberflächenorientiertes Koordinatensystem am Tragflügelschnitt im physikalischen Raum

Hier sieht man ein nichteinheitliches, krümmungsbezogenes Gitter, das um die Oberfläche

herumgewickelt ist. Die neuen Koordinatenlinien ξ und η sind so gewählt, daß für die

Oberfläche des Tragflügelschnittes η=const gilt. Das ist ein oberflächenangepaßtes

Koordinatensystem, denn einige Gitterpunkte fallen natürlicherweise auf die

Körperoberfläche. Gleichfalls bedeutsam ist, daß im physikalischen Raum im Bild 2.4 die

Gitterabstände nicht äquidistant sein müssen und das gesamte Netz auch nichtorthogonal sein

muß. Daraus folgt, daß die Differenzenbildung, wie sie bereits in Abschnitt 2.1 für kartesische

Koordinatensysteme abgeleitet wurde, hier nicht mehr so anzuwenden ist. Allerdings macht

eine Transformation es möglich, das nicht–orthogonale, oberflächenorientierte

Koordinatensystem im physikalischen Raum in ein orthogonales, äquidistantes im

numerischen Raum ξ und η zu überführen. Bild 2.5 stellt die transformierte Ebene im

numerischen Raum dar.

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Bild 2.5 Koordinatensystem in der transformierten, numerischen

Berechnungsebene

Die Bilder 2.4 und 2.5 stehen in direkter Beziehung zueinander. Betrachtet man die Punkte a,

b und c in der physikalischen Ebene, so entsprechen sie den Punkten a, b und c der

numerischen Ebene, die hier allerdings äquidistante Schrittweiten ∆ξ und ∆η bewirken. Die

berechneten Informationen müssen dann in die physikalische Ebene zurücktransformiert

werden, d.h., die strömungsmechanischen Gleichungen werden in der numerischen Ebene als

Funktionen von ξ und η ausgedrückt und gelöst. Sie müssen also von (x,y) auf (ξ,η) als den

neuen unabhängigen Variablen transformiert werden.

Der Hintergrund dieses Abschnittes 2.2 ist, zunächst die allgemeine

Transformationsvorschrift zu finden, die die Gleichungen vom x–y–Koordinatensystem des

physikalischen Raumes in das ξ–η–Koordinatensystem des numerischen Raumes

transformieren. Danach werden verschiedenste spezielle Gitter diskutiert.

2.2.2 Allgemeine Transformation von Gleichungen

Der Einfachheit halber wird hier nur eine zweidimensionale, instationäre Strömung mit den

unabhängigen Variablen x,y und t betrachtet. Die Variablen x,y und t werden nun in den

numerischen Raum ξ,η und τ transformiert.

Es wird folgender Zusammenhang angenommen:

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( )tyx ,,ξξ =

(2.22)

( )tyx ,,ηη =

(2.23)

( )tττ =

(2.24)

In dieser Transformationsvorschrift wird τ nur als Funktion von t betrachtet, oft wird auch

τ = t gesetzt. Dieses scheint recht trivial, aber wenn Gl. (2.24) nicht formal mitbehandelt

wird, tauchen manche notwendigen Terme nicht auf. Von der Kettenregel der

Differentialrechnung ist bekannt, daß gilt:

tytytytyxxxx

,,,,,,,

+

+

=

∂τ∂

τ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

ηξτξτη

(2.25)

Die Indizes in Gl. (2.25) sind eingeführt, um zu verstärken, daß einige Variablen bei dieser

partiellen Differenzierung konstant gehalten werden. In der folgenden Herleitung werden sie

jedoch nicht mehr aufgeführt, obwohl ihre Bedeutung erhalten bleiben soll. Aus Gl. (2.25)

wird dann:

+

=

xxx ∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

(2.26)

Auf ähnliche Weise ergibt sich die verbleibende Ableitung.

+

=

yyy ∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

(2.27)

Für die Zeitableitung ergibt sich:

yxyxyxyxtttt

,,,,,,,

+

+

=

∂τ∂

τ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

ηξηξτη

(2.28)

oder abgekürzt:

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td

d

ttt

ττ∂

∂∂

η∂η∂

∂∂

ξ∂ξ∂

∂∂∂

+

+

=

(2.29)

Die Gln. (2.26), (2.27) und (2.29) sind die Ableitungen nach x,y und t, die aus Ableitungen

nach ξ, η und τ erstellt werden können. Die Koeffizienten der Ableitungen nach ξ, η und τ

werden metrische Koeffizienten genannt. Diese werden durch die generellen

Transformationsvorschriften, Gln. (2.22) bis (2.24), erzeugt. Wenn diese analytisch vorliegen,

geschieht das in geschlossener Form. Gewöhnlich liegen diese geometrischen Beziehungen in

numerischer oder tabellarischer Form vor, so daß sie mit finiten Differenzenapproximationen

modelliert werden müssen. Dieses ist recht genau mit zentralen Differenzen zu

bewerkstelligen.

Transformationsvorschriften für zweite Ableitungen müssen auch zur Verfügung gestellt

werden. Am Beispiel der Gl. (2.26) kann eine Abkürzung eingeführt werden:

+

=≡

xxxA

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

(2.30)

Eine weitere Ableitung der Größe A nach x ergibt:

+

+

+

=

+

==

xxxxxx

xxxxx

A

η∂∂∂

∂η∂

∂η∂

η∂∂

ξ∂∂∂

∂ξ∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

22

2

2

2

2

(2.31)

B

C

Die gemischten Ableitungen B und C können mit Hilfe der Kettenregel umgeschrieben

werden:

===

=

xxxxB

∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂∂

ξ∂∂∂

ξ∂∂

∂∂ 22

(2.32)

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Aus Gl. (2.26) folgt wegen der Vertauschbarkeit der Ableitungen damit für B:

+

=

xxB

∂η∂

ξη∂∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂ 2

2

2

(2.33)

Auf ähnliche Weise erhält man für C:

+

=

=

=

==

xx

xxxC

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ηξ∂∂∂

∂∂

η∂∂

η∂∂

∂∂

η∂∂∂

2

22

2

(2.34)

Nach Einsetzen von B und C in Gl. (2.31) ergibt sich nach Umordnung einiger Terme für die

zweite Ableitung nach x:

+

+

+

+

=

xxxx

xxx

2

22

2

22

2

2

2

2

2

2

2

2

2∂

ξ∂∂

η∂ηξ∂∂

∂∂

η∂η∂

∂∂

ξ∂ξ∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

(2.35)

Genau so geht man vor, um die zweite Ableitung nach y als Funktion der ersten, zweiten und

gemischten Ableitungen nach ξ und η mit einigen metrischen Koeffizienten zu entwickeln.

+

==

η∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

η∂∂

yD

(2.36)

Hieraus wird nach nochmaliger Ableitung von D nach y:

+

+

+

=

+

==

yyyyyy

yyyyy

D

η∂∂∂

∂η∂

∂η∂

η∂∂

ξ∂∂∂

∂ξ∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

22

2

2

2

2

(2.37)

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E

F

Mit Hilfe der Gl. (2.27) können ebenso die gemischten Ableitungen E und F in Gl. (2.37)

ersetzt werden.

+

=

==

=

yy

yyyE

∂η∂

ηξ∂∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂∂

ξ∂∂

∂∂

2

2

2

2

(2.38)

+

=

==

=

yy

yyyF

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ηξ∂∂∂

∂∂

η∂∂

η∂∂∂

η∂∂

∂∂

2

22

2

(2.39)

Wenn E und F in Gl. (2.37) eingesetzt werden und einige Umschreibungen erfolgen, erhält

man für die zweite Ableitung nach y:

+

+

+

+

=

yyyy

yyy

∂ξ∂

∂η∂

ηξ∂∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

22

2

22

2

2

2

2

2

2

2

2

2

(2.40)

Die gemischte Ableitung nach x und y ist zunächst:

+

+

+

=

+

==

=

η∂∂∂

∂η∂

∂∂η∂

η∂∂

ξ∂∂∂

∂ξ∂

∂∂ξ∂

ξ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂∂

xyyxxyyx

yyxx

D

yxyx

222

2

2

2

(2.41)

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B

C

Für die Ausdrücke B und C sind bereits die Gln. (2.33) und (2.34) bekannt, eingesetzt in Gl.

(2.41) ergibt das nach Umstellung der Terme für die gemischte zweite Ableitung nach x und

y:

+

+

+

+

+

=

yxyxx

yxyx

yxyyxyx

∂η∂

∂ξ∂

∂ξ∂

∂η∂

η∂∂∂

∂η∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂η∂

∂∂

∂∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂∂

2

2

2

2

2

222

(2.42)

Die metrischen Koeffizienten zu den Ableitungen nach ξ und η sind, wie bereits gesagt,

entweder numerisch über zentrale Differenzenapproximationen oder analytisch durch

geschlossene Formen als bekannt vorauszusetzen.

Nur die Gln. (2.26), (2.27), (2.29), (2.35), (2.40) und (2.42) sind nötig, um Gleichungen,

die in einem kartesischen Koordinatensystem mit den unabhängigen Variablen x, y, und t

formuliert sind, in ein neues Koordinatensystem mit den neuen unabhängigen Variablen ξ, η

und τ zu transformieren.

Alle strömungsmechanischen Gleichungssysteme können mit diesen

Transformationsvorschriften in ein anderes Koordinatensystem überführt werden. Die

abhängigen Variablen wie etwa die Komponenten des Geschwindigkeitsvektors ändern sich

dabei nicht. Sie erfahren keine Transformationen. Sie müssen nicht auf die Basisvektoren

eines neuen Koordinatensystems abgebildet werden, wie das jedoch mit Hilfe der

Tensoranalysis vorgenommen werden könnte.

Die beispielsweise im kartesischen Koordinatensystem definierten

Geschwindigkeitsvektorkomponenten u und v behalten ihre physikalische Bedeutung und

Definition im neuen ξ–η–Koordinatensystem bei.

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Am Beispiel der strömungsmechanischen Gleichung für die reibungsfreie, drehungsfreie,

stationäre und inkompressible Strömung soll die vorgestellte Transformation erörtert werden.

Die beschreibende Gleichung für das Strömungspotential φ ist eine Laplace–Gleichung.

02

2

2

2

=+yx ∂φ∂

∂φ∂

(2.43)

Es werden die Gln. (2.35) und (2.40) für die beiden zweiten Ableitungen nach x und y

benötigt, um die Laplace–Gleichung (2.43) vom kartesischen Koordinatensystem in ein neues

ξ–η–System zu transformieren, wobei das Potential φ unverändert bleibt.

0

2

2

2

2

2

2

2

2

222

2

2

2

2

2

2

2

2

222

2

2

=

+

+

+

+

+

+

+

+

+

yy

yyyy

xx

xxxx

∂η∂

η∂φ∂

∂ξ∂

ξ∂φ∂

∂η∂

η∂φ∂

∂ξ∂

∂η∂

ηξ∂∂φ∂

∂ξ∂

ξ∂φ∂

∂η∂

η∂φ∂

∂ξ∂

ξ∂φ∂

∂η∂

η∂φ∂

∂ξ∂

∂η∂

ηξ∂∂φ∂

∂ξ∂

ξ∂φ∂

(2.44)

Ein Umordnen der Terme von φ nach den entsprechenden Ableitungen unter

Zusammenfassung der metrischen Koeffizienten ergibt aus Gl. (2.44):

0

2

2

2

2

2

22

2

2

2

2

2

222

2

222

=

++

++

+

+

+

+

+

η∂φ∂

∂η∂

∂η∂

∂φ∂

∂ξ∂

∂ξ∂

ηξ∂∂φ∂

∂η∂

∂ξ∂

∂ξ∂

∂η∂

η∂φ∂

∂η∂

∂η∂

ξ∂φ∂

∂ξ∂

∂ξ∂

yxxyx

yyxx

yxyx

(2.45)

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Gl. (2.45) ist die in den numerischen ξ−η–Raum transformierte Laplace–Gleichung (2.43),

die im physikalischen Raum gültig ist.

Für die Transformation eines beliebigen Strömungsgleichungssystems, das im kartesischen

Koordinatensystem orientiert ist und beispielsweise aus Lösungsgründen in ein numerisches

transferiert werden soll, benötigt man die Gln. (2.22) bis (2.24), welche die geometrischen

Beziehungen im Euklidischen Raum zwischen den beiden Koordinatensystemen herstellen.

Dazu kommen die Transformationsvorschriften, Gln. (2.26), (2.27) und (2.29) sowie (2.35),

(2.40) und (2.42), für die Ersetzung der ersten und zweiten Ableitungen innerhalb des

Koordinatensystems der physikalischen Ebene.

Die Ursache für die Transformation von den meisten CFD–Anwendungen ist der Wunsch,

aus Vereinfachungsgründen von einem nicht–äquidistanten Gitter im physikalischen Raum in

ein äquidistantes Gitter des Berechnungsraumes überzuwechseln. Die anschauliche

Begründung liegt in den beiden Bildern 1.4 und 1.5.

2.2.3 Metrische Koeffizienten und Jacobische Determinante

Die in den Gln. (2.26) bis (2.45) vorhandenen Größen, wie beispielsweise ∂ξ/∂η und ähnliche,

werden metrische Koeffizienten oder Metrik genannt. Liegen die Gln. (2.22) bis (2.24) in

analytischer Form vor, so lassen sich durch Ableiten dieser Gleichungen analytische

Ausdrücke für die Metrik erzielen. Liegen die Gln. (2.26) bis (2.24) allerdings in

tabellarischer also diskreter Form vor, so können zentrale Differenzenapproximationen die

entsprechenden Ableitungen ersetzen. Es gibt jedoch noch eine andere Möglichkeit, solche

Transformationen durchzuführen. Diese besteht darin, daß eine inverse

Transformationsvorschrift der Gln. (2.22) bis (2.24) vorliegen kann. Eine solche

Transformation lautet beispielsweise:

( )τηξ ,,xx =

(2.46)

( )τηξ ,,yy =

(2.47)

( )τtt =

(2.48)

Für diese Art der Formulierung sind nun die unabhängigen Variablen ξ ,η und τ . Die Metrik

dazu wird nun ebenso invers formuliert werden müssen. Die bereits genannten metrischen

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Koeffizienten haben folglich jetzt die Form ∂ x/∂ξ und so fort. Diese sollen nun ermittelt

werden, indem man von der abhängigen Variablen, nämlich der x–Komponente des

Geschwindigkeitsvektors u(x,y) mit x = x(ξ, η) und y = y(ξ, η), das totale Differential bildet.

dyy

udx

x

udu

∂∂

∂∂ +=

(2.49)

Darin sind die partiellen Ableitungen ∂ u/∂ x und ∂ u/∂ y über die neuen unabhängigen

Variablen ξ und η auszudrücken.

ξ∂∂

∂∂

ξ∂∂

∂∂

ξ∂∂ y

y

ux

x

uu +=

(2.50)

η∂∂

∂∂

η∂∂

∂∂

η∂∂ y

y

ux

x

uu +=

(2.51)

Mit Hilfe der Cramerschen Regel können diese beiden Gleichungen, die jeweils die

Unbekannte ∂ u/∂ x und ∂ u/∂ y enthalten, gelöst werden.

η∂∂

η∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂

η∂∂

η∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂

∂∂

yx

yx

yu

yu

x

u =

(2.52)

η∂∂

η∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂

η∂∂

η∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂

∂∂

yx

yx

ux

ux

y

u =

(2.53)

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Die Nenner der Gln. (2.52) und (2.53) sind identisch und beinhalten nur inverse metrische

Koeffizienten. die Determinante wird Jacobi–Determinante genannt.

η∂∂

η∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂

ηξ∂∂

yx

yx

yxJ ≡≡

),(

),(

(2.54)

Mit ihrer Hilfe können nun die gesuchten ersten Ableitungen von der abhängigen Variablen

u(x,y) nach x und y in Abhängigkeit der neuen Koordinatenachsen ξ und η ausgedrückt

werden.

=

ξ∂∂

η∂∂

η∂∂

ξ∂∂

∂∂ yuyu

Jx

u 1

(2.55)

=

η∂∂

ξ∂∂

ξ∂∂

η∂∂

∂∂ xuxu

Jy

u 1

(2.56)

Für die Beschreibung der zweiten Ableitungen der reinen oder gemischten Form bedarf es

einer weiteren konsequenten Ableitung der Gln. (2.55) und (2.56).

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2.2.4 Beispiele von Koordinatentransformationen

2.2.4.1 Koordinatenstreckung

Für die Auflösung einer wandnahen Schicht, in der sich beispielsweise die laminare

Unterschicht einer turbulenten Grenzschicht befinden kann, benötigt man normalerweise viele

diskrete Gitterpunkte. Die Zahl kann zum Grenzschichtrand geringer sein. Bild 2.6 zeigt

anhand eines Geschwindigkeitsprofils u(x,y) im kartesischen Koordinatensystem eine

sinnvolle Verteilung von Gitterpunkten in einer solchen reibungsbehafteten wandnahen

turbulenten Strömung.

Bild 2.6 Grenzschichtprofil im physikalischen und numerischen Raum

Im unteren Teil des Bildes 2.6 ist ein numerischer Raum ξ und η mit jeweils konstanten

Schrittweiten ∆ξ und ∆η abgebildet. Dieselbe Bildung von Differenzennäherungen ist im

Gegensatz dazu im physikalischen Raum in y–Richtung nicht mehr mit konstanten

Schrittweiten zu erstellen. Das ist im oberen Teil des Bildes 2.6 zu erkennen. Die

Grenzschicht ist, wie gewünscht, wesentlich besser in Wandnähe aufgelöst. Variable

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Schrittweiten würden erheblich kompliziertere Differenzenapproximationen nach sich ziehen,

wenn sie zur selben numerischen Genauigkeit führen sollten.

Bild 2.6 zeigt nun ein Koordinatensystem mit den Achsen ξ und η in einem numerischen

Berechnungsraum mit erwünschten konstanten Schrittweiten. Das im Bild 2.6 gezeigte

Geschwindigkeitsprofil verzerrt sich, bleibt aber physikalisch gesehen identisch.

Eine einfache und analytische Transformation, die diese Streckung ermöglichen kann, wird

im Folgenden gegeben:

x=ξ

(2.57)

)1(ln += yη

(2.58)

Deren inverse Transformation ist:

ξ=x

(2.59)

1−= ηey

(2.60)

woraus sich für die inverse Metrik folgendes ergibt:

η

η∂∂

ξ∂∂

η∂∂

ξ∂∂

eyyxx ==== 001

(2.61)

Für eine stationäre, zweidimensionale und kompressible Darstellung der

Kontinuitätsgleichung in der physikalischen Ebene in der Form der Gl. (2.62)

( ) ( )0=+

yx

u

∂νρ∂

∂ρ∂

(2.62)

erhält man zunächst nach formaler Transformation mit Hilfe der Gln. (2.55) und (2.56):

( ) ( ) ( ) ( )0

11 =

+

η∂∂

ξ∂νρ∂

ξ∂∂

η∂νρ∂

ξ∂∂

η∂ρ∂

η∂∂

ξ∂ρ∂ xx

J

yuyu

J

(2.63)

Setzt man nun in Gl. (2.63) die Metrik Gl. (2.61), so ergibt sich:

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( ) ( )0=+

η∂νρ∂

ξ∂ρ∂η u

e

(2.64)

Die direkte Transformation, Gln. (2.57) und (2.58), muß zu demselben Ergebnis führen. Die

direkte Metrik wäre in diesem Fall:

1

1001

+====

yyxyx ∂η∂

∂η∂

∂ξ∂

∂ξ∂

(2.65)

Man benutzt für die Ableitungen nun die Gln. (2.25) und (2.26). Folglich wird aus der

Kontinuitätsgleichung, Gl. (2.62):

( ) ( ) ( ) ( )0=

+

+

+

y

vv

x

u

x

u

∂η∂

η∂ρ∂

η∂ξ∂

ξ∂ρ∂

∂η∂

η∂ρ∂

∂ξ∂

ξ∂ρ∂

(2.66)

Hierin werden die metrischen Koeffizienten, Gl. (2.65), eingesetzt.

( )( )

( )0

1

1 =+

+η∂νρ∂

ξ∂ρ∂

y

u

(2.67)

Mit Gl. (2.58) kann eine weitere Umschreibung von Gl. (2.67) erfolgen.

( ) ( )0=+

η∂νρ∂

ξ∂ρ∂η u

e

(2.68)

Diese Gleichung entspricht der Gl. (2.64), die durch eine inverse Transformation erzeugt

wurde.

Ein Beispiel einer wesentlich komplexeren Gitterstreckung in x– wie in y–Richtung wird nun

angegeben. Es geht um eine in Strömungsrichtung rückpringende Stufe, backward facing

step, die in Bild 2.7 dargestellt ist. Im oberen Teil des Bildes ist diese Stufe im kartesischen

Koordinatensystem dargestellt und in der unteren Hälfte in der zweifach gestreckten

Berechnungsebene.

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Bild 2.7 Backward Facing Step in der physikalischen und der rechnerischen

Ebene

Um die zwei wichtigsten Punkte im Strömungsfeld wurde eine große Punktdichte gelegt.

Diese sind der obere und der untere Eckpunkt. Das macht Streckungen oder Verdichtungen in

zwei Richtungen notwendig. Diese x–Transformation lautet:

( )( )[ ]AxA

x xoo +−= βξξ

sinh

(2.69)

Hierin ist

( )ox xA βsinh=

(2.70)

und

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( )( )

−+−+

= −o

o

xo

x

x

e

ex

ξξ

β β

β

11

11ln

2

1

(2.71)

ξ0 ist in der Berechnungsebene der Punkt, wo die größte Punktedichte sein soll und βx ist eine

Konstante, die den Grad der Verdichtung an ξ0 beschreibt, wobei größere Werte von βx zu

einem feineren Gitter führen.

Die Streckung in y–Richtung geschieht in zwei Schritten, wobei der erste sich auf den Bereich

unmittelbar hinter der Stufe und der zweite oberhalb der Stufe bezieht, sowohl davor als auch

dahinter. Die zugehörige y–Transformationsvorschrift lautet:

( ) ( ) ( )( )

( ) ( )( )( )ααη

ααη

αββ

−−−−

−−−−

++−−+

= 11

11

112

11c

eyy

e

ey

(2.72)

worin

−+

=1

1log

y

ycββ

(2.73)

βy und α sind wiederum passende Konstanten, unterschiedlich für den unteren und oberen

Bereich in y–Richtung. Die Kombination der beiden Transformationsvorschriften, Gl. (2.69)

und (2.72), sind in dem komprimierten Gitter im Bild 2.7 zur Anwendung gekommen.

2.2.4.2 Randangepaßte Koordinatensysteme

Für ein oberflächenangepaßtes Koordinatensystem ist ein Beispiel in Bild 2.8 angegeben. Hier

ist nun eine um die x–Achse symmetrische zweidimensionale Düsenkontur nachgebildet,

deren äußere Begrenzung durch die Punkte d und e gegeben ist und deren Mittellinie durch

die Punkte f und g führt.

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Bild 2.8 Düsenkontur in der physikalischen und der rechnerischen Ebene

Ein einfaches orthogonales Netz ist hier nicht sinnvoll anwendbar, statt dessen aber ein

schiefwinkliges und krummliniges, dessen Begrenzungen d–e und f–g natürliche

oberflächenorientierte Koordinatenlinien sind. Für eine einfache numerische Berechnung

sollte nun das randangepaßte Koordinatensystem des Bildes 2.8 in ein orthogonales

äquidistantes Koordinatensystem, das in der unteren Hälfte des Bildes 2.8 dargestellt ist,

transformiert werden. Wenn ys = f(x) die Konturfunktion der Düse ist, dann bewirkt die

folgende Transformation die Erstellung eines orthogonalen Gitters mit den Koordinaten ξ und

η.

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x=ξ

(2.73)

sy

y=η

(2.74)

mit

( )xfys =

(2.75)

Dieses ist ein einfaches Beispiel für ein konturgebundenes Koordinatensystem.

Bild 2.9 Oberflächenangepaßtes O–Netz um ein Tragflügelprofil in der

physikalischen Ebene

Ein wesentlich komplizierteres Koordinatensystem ist in Bild 2.9 dargestellt. Dieses

entspricht etwa der Umschreibung eines Tragflügelprofils mit geschlossenen Linien, die mit

größer werdendem Abstand von der Körperoberfläche dessen Kontur immer weniger

widerspiegeln. Senkrecht auf diesen Linien stehen die Koordinatenlinien, die von der

Oberfläche wegzeigen.

Die Körperkontur ist durch eine Linie η=const beschrieben, die im Bild 2.9 mit Γ1

bezeichnet ist. Die äußere Berandung des oberflächenangepaßten Koordinatensystems wird

mit Γ2 bezeichnet und entspricht auch einer Linie η=const des um den Tragflügelprofil

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herumgewickelten ξ–η–Koordinatensystems. Die Linien, die den inneren und äußeren Rand

verbinden, sind die ξ–Koordinaten. Ein Gitter diesen Typs, das ein Tragflügelprofil in

geschlossenen Kurven umgibt, wird O–Netz genannt, ein nach hinten offenes Gitter heißt C–

Netz. Das zugehörige numerische Netz mit seinen konstanten Schrittweiten ist in Bild 2.10

angegeben.

Bild 2.10 Das oberflächenangepaßte O–Netz um ein Tragflügelprofil aus Bild 2.9

in der numerischen Ebene

Die Transformation für ein O–Netz kann auf die folgende Weise erzeugt werden. Die Kontur

des Körpers im physikalischen Raum und der äußere Rand sind entlang der jeweiligen

Begrenzungen Γ1 und Γ2 bekannt. Das bedeutet, daß für die Lösung aus mathematischer Sicht

ein Randwertproblem vorliegt. Alle Randwerte in Form von Punkten P(x,y) müssen gegeben

sein.

Wenn Punkte im Inneren eines so aus bekannten Größen umschriebenen Feldes gesucht

werden, kann das durch einen Satz von einfachen elliptischen Differentialgleichungen

bewerkstelligt werden. Die einfachsten Gleichungen diesen Typs sind Laplace–Gleichungen.

Zwei davon sind nötig, um die hier abhängigen Variablen ξ und η durch die unabhängigen

Variablen x und y berechnen zu können.

02

2

2

2

=+yx ∂ξ∂

∂ξ∂

(2.76)

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02

2

2

2

=+yx ∂η∂

∂η∂

(2.77)

wobei die Randbedingungen für η lauten

const== 1ηη entlang Γ1

(2.78)

const== 2ηη entlang Γ2

(2.79)

Diese Randbedingungen in Gln. (2.78) und (2.79) sind Dirichlet–Randbedingungen, die die

feste Werte darstellen.

Ebenso ergibt sich für die Randbedingungen von ξ:

( )yx,ξξ = entlang Γ 3 und Γ 4

(2.80)

Die erste Arbeit zur sogenannten Elliptischen Gittergenerierung wurde von Thompson (1967)

veröffentlicht.

Zu bemerken ist, daß die Laplace–Gleichungen, Gln. (2.76) und (2.77), keinerlei

strömungsmechanischen Hintergrund haben, sondern lediglich zur Lösung eines

geometrischen Randwertproblems herangezogen werden, das zwei Koordinatensysteme in ein

besonderes Verhältnis zueinander setzt.

Um die Randbedingungen für ξ1=const und ξ2=const auf den Rändern Γ3 und Γ4 näher

beschreiben zu können, ist im Bild 2.9 eine geteilte Linie Γ3 und Γ4 gezeichnet worden.

Normalerweise besteht hier nur eine im physikalischen Raum, die entlang einer Stromlinie

von der Hinterkante des Tragflügelprofiles ausgeht. Im numerischen Berechnungsraum des

Bildes 2.10 hingegen müssen es zwei sein.

Der numerische Berechnungsraum ist der, von dem man ausgeht, um den Vorteil konstanter

∆ξ– und ∆η–Schrittweiten zu nutzen. Das heißt, daß man zu räumlichen Wertepaaren (ξi,η j )

die anderen im physikalischen Raum (xi,yj) suchen muß. Deren Werte sind allerdings auf den

Rändern Γ1 bis Γ4 bekannt. Damit wird klar, daß nicht die Gln. (2.76) und (2.77) gelöst

werden müssen, sondern ihre inversen. Aus diesem Grund werden nun die Koordinaten x und

y zu den abhängigen Variablen und ξ und η zu den unabhängigen.

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02 2

22

2

2

=+−η∂

∂γηξ∂∂

∂βξ∂

∂α xxx

(2.81)

02 2

22

2

2

=+−η∂

∂γηξ∂∂

∂βξ∂

∂α yyy

(2.82)

mit

022

=

+

=

η∂∂

η∂∂α yx

(2.83)

+

=

η∂∂

ξ∂∂

η∂∂

ξ∂∂β yyxx

(2.84)

22

+

=

ξ∂∂

ξ∂∂γ yx

(2.85)

Die Gleichungen (2.81) und (2.82) müssen mit Hilfe eines geeigneten numerischen

Verfahrens gelöst werden. Eine analytische geschlossene Form ist nicht mehr zu erwarten. Im

allgemeinen werden Relaxationsverfahren hierfür angewendet. Für die metrischen

Koeffizienten in den Termen für α, β und γ in den Gln. (2.83) bis (2.85) werden

üblicherweise zentrale Differenzenapproximationen gewählt.

Es wird nochmals wiederholt, daß die Lösung der Laplace–Gleichungen, Gln. (2.74) und

(2.77), lediglich zur Berechnung der Geometrie von Gittern auf der Basis von elliptischen

Randwertproblemen dient. Erst nach Kenntnis der Netzgeometrie erfolgt die Berechnung

eines Strömungsfeldes innerhalb eines solchen sinnvollen Berechnungsgitters durch die

strömungsmechanischen Gleichungen.

2.2.4.3 Adaptive Gitter

Ein adaptives Gitter ist ein Netzwerk, das während des Laufes der Strömungsberechnung das

Gitter permanent verändert, bis am Berechnungsende das optimale Gitter gefunden ist.

Gradienten von Strömungsgrößen beliebiger Art können beispielsweise solche

Gittergenerierungssteuerparameter sein. Ändern sich Strömungsgradienten in einem kleinen

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räumlichen Bereich sehr stark, so bedeutet das, daß dieser von einer höheren Punktedichte

besser aufzulösen ist. Ein Beispiel einer solchen Transformation, die über Gradienten

gesteuert wird, ist von Corda (1969) auf eine Überschallströmung entlang einer sich in

Strömungsrichtung erweiternden Stufe angegeben worden.

x

gb

Bx

∂∂ξ

+

∆=∆1

(2.86)

y

gc

Cy

∂∂η

+

∆=∆1

(2.87)

Hierin haben b und c die Aufgabe als Koeffizienten den Effekt der Gradienten

abzuschwächen oder zu verstärken. B und C sind Maßstabsfaktoren, die linear die

Abhängigkeit der Schrittweiten ∆ξ zu ∆x steuern. Die Größe g steht für beliebige primitive

Variable wie zum Beispiel für die Temperatur T oder für den Druck p, je nachdem nach

welcher Variablen das angepaßte Gitter gesteuert werden soll.

Im Fall einer zeitabhängigen Strömungsberechnung würde sich das Gitter gemäß

zunehmender Zeit verändern. Im Gegensatz zur vorher beschriebenen elliptischen

Gittergenerierung besteht hier ein intensiver Austausch von Strömungsberechnung und

gleichzeitiger Gitterberechnung.

Für die Berechnungsebene gilt, daß sich das Gitter nicht mit zunehmender Zeit verändert,

sondern daß ∆ξ und ∆η weiterhin konstant und unbeweglich bleiben. Nur im physikalischen

Raum ändert sich das Gitter gemäß der Gln. (2.86) und (2.87) und über den darin

verwendeten Gradienten von g. Die strömungsmechanischen Gleichungen werden in der

transformierten Berechnungsebene gelöst, was durch die Transformationsvorschriften,

Gln. (2.26), (2.27) und (2.29), vorbereitet werden kann. Insbesondere ist die Transformation

für die zeitliche Ableitung, Gl. (2.29), zu beachten.

In den bereits gezeigten Transformationsbeispielen für die Streckung eines

Grenzschichtkoordinatensystems oder das oberflächenorientierte Koordinatensystem an

einem Tragflügelprofil verschwinden die metrischen Koeffizienten der Art ∂ξ/∂ t. Folglich

ergab sich aus Gl. (2.29) ∂/∂ t = ∂/∂ τ. Hingegen für adaptive Gitter gilt, da sich ja die neue

numerische Gitterkonfiguration mit jedem Zeitschritt ändern darf:

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yxtt

,

∂ξ∂

∂ξ∂

(2.88)

yxtt

,

∂η∂

∂η∂

(2.89)

Diese Werte sind in diesem Fall nicht null. Die physikalische Bedeutung der beiden Gln.

(2.88) und (2.89) ist die zeitliche Änderung von ξ und η um einem festen Punkt P(x,y) in der

physikalischen Ebene. Betrachtet man einen festen Punkt P(x,y) in der physikalischen Ebene,

so müssen die zugehörigen Werte ξ und η mit der Zeit t eine Änderung erfahren. Das ergibt

endliche Werte für die Ableitungen der Metrik nach t, wie etwa ∂ξ/∂ t und ∂η/∂ t. Als Folge

sind die Terme der rechten Seite von Gl. (2.29), wie nochmals an der folgenden Gleichung

ersichtlich, in der Berechnungsebene endlich und müssen in eine Transformation unbedingt

eingeschlossen werden.

0≠

+

+

=

tttt ∂τ∂

τ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

(2.90)

Auf diese Weise berücksichtigen die Zeitableitungen ∂ξ/∂ t und ∂η/∂ t die Bewegung des

adaptiven Gitters in der physikalischen Ebene bei der Lösung der strömungsmechanischen

Gleichungen.

Es ist mühevoll, die zeitliche Ableitung der Metrik in der Gl. (2.90) zu bestimmen.

Wesentlich einfacher sind die Zeitableitungen im physikalischen Koordinatensystem zu

bewerkstelligen, wie etwa der Terme ∂ x/∂ t und ∂ y/∂ t. Diese können nämlich in folgende

Relationen gesetzt werden.

t

x

t

x

∆∆≈

ηξ∂∂

,

(2.91)

t

y

t

y

∆∆≈

ηξ∂∂

,

(2.92)

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Wobei ∆x und ∆y direkt aus der Transformationsvorschrift, Gln. (2.86) und (2.87),

entnommen werden können. Nun soll die Verbindung zwischen diesen beiden Sätzen von

Zeitableitungen hergeleitet werden. Zunächst gilt:

( )τηξ ,,xx =

(2.93)

( )τηξ ,,yy =

(2.94)

Deren vollständige Differentiale sind:

ττ∂

∂η∂

∂ξξ∂

ηξτξτη

dxx

dx

dx,,,

+

+

=

(2.95)

ττ∂

∂η∂

∂ξξ∂

ηξτξτη

dyy

dy

dy,,,

+

+

=

(2.96)

Bildet man formal die Zeitableitung ∂/∂ t dieser vollständigen Differentiale, so erhält man:

yxyxyxyxt

x

t

x

t

x

t

x

,,,,,,,

+

+

=

∂τ∂

τ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

ηξτξτη

(2.97)

yxyxyxyxt

y

t

y

t

y

t

y

,,,,,,,

+

+

=

∂τ∂

τ∂∂

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

∂∂

ηξτξτη

(2.98)

Eine Umschreibung dieser Gleichung zeigt eine Lösungsmöglichkeit nach der Cramerschen

Regel für die zeitlichen Ableitungen, Gln. (2.88) und (2.89).

yxyxt

x

t

xx

,,,,,

+

=

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

τ∂∂

τξτηηξ

(2.99)

yxyxt

y

t

yy

,,,,,

+

=

∂η∂

η∂∂

∂ξ∂

ξ∂∂

τ∂∂

τξτηηξ

(2.100)

Für die unbekannte Ableitung (∂ξ/∂ t)x,y folgt somit

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τξτη

τξτη

τξηξ

τξηξ

η∂∂

ξ∂∂

η∂∂

ξ∂∂

η∂∂

τ∂∂

η∂∂

τ∂∂

∂ξ∂

,,

,,

,,

,,

,

=

yy

xx

yy

xx

tyx

(2.101)

Erkennt man, daß τ = t ist und der Nenner von Gl. (2.101) die Jacobi–Determinante, so kann

vereinfacht geschrieben werden:

+

−=

η∂∂

∂∂

η∂∂

∂∂

∂ξ∂ x

t

yy

t

x

Jt

1

(2.102)

=

ξ∂∂

∂∂

ξ∂∂

∂∂

∂η∂ x

t

yy

t

x

Jt

1

(2.103)

Die Indizes sind hier nicht mehr aufgeführt.

Für ein adaptives Netz müssen bei der Transformation der strömungsmechanischen

Gleichungen in eine Berechnungsebene (ξ, η ) alle Zeitableitungen der Metrik in der Gl.

(2.29) nachgewiesen werden. Die zeitlichen Ableitungen ∂ξ/∂ t und ∂η/∂ t werden der

Einfachheit halber über die Gln. (2.102) und (2.103) aus den zeitlichen Ableitungen ∂ x/∂ t

und ∂ y/∂ t ermittelt. Diese können ersatzweise über die Gln. (2.91) und (2.92) und die

Transformationsvorschriften für adaptive Gitter, Gln. (2.86) und (2.87), selbst in Zahlen

gefaßt werden.

Von Corda (1978) ist eine Beispielrechnung – Gittermetrik zusammen mit dem

Strömungsfeld – an einer stromab sich erweiternden Stufe durchgeführt worden. Bild 2.11

zeigt dieses im Laufe der Rechenzeit entstandene Gitter. Man erkennt, daß sich die

Gitterpunkte entlang des Stoßes, der von der Stufenecke ausgeht, und des Stoßes, der von der

Wiederanlegestelle unterhalb der Stufe ausgeht, verdichten. Es ist deutlich erkennbar, daß ein

adaptives Gitter eine zwar primitive aber dennoch deutlich erkennbare Art der

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Strömungssichtbarmachung darstellt. Verdichtungsstöße und ähnliche Gradientenänderungen

von Strömungsgrößen können so leicht identifiziert werden.

Ein weiterer Vorteil ist die Reduzierung der Gitterpunktzahl dort, wo sie nicht nötig ist

zugunsten der Verdichtung an anderen Stellen. Das heißt, es ist bei einer vorgegebenen

Punktezahl eine ökonomische Nutzung der vorhandenen Computerkapazität möglich, denn

der schnell verfügbare Speicherplatz ist sehr teuer.

Bild 2.11 Adaptives Gitter für eine Überschallströmung über eine rückspringende

Stufe

2.3 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen

2.3.1 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen

2.3.1.1 Einleitung

Die strömungsmechanischen Gleichungen, ob sie für reibungsfreie oder reibungsbehaftete

Strömungen Gültigkeit haben sollen, stellen sich immer so dar, daß ihre höchste Ableitung

linear auftritt. Das heißt, es gibt keine Quadrate oder sonstige exponentielle Formen von ihr.

Gewöhnlich gibt es aber vor anderen ersten Ableitungen Koeffizienten in Form der

abhängigen Variablen selbst. Das macht die Gleichung zu einem System quasilinearer

Differentialgleichungen. Die mathematische Untersuchung dieser Gleichungen ergibt je nach

zu beschreibendem Strömungszustand sogenannte elliptische, hyperbolische oder

parabolische Eigenschaften des Systems.

2.3.1.2 Klassifizierung der partiellen Differentialgleichungen

Ein Modellsatz von quasilinearen Differentialgleichungen, der den strömungsmechanischen

Gleichungen ähnelt, wird nun zur Diskussion der mathematischen Eigenschaften ausgewählt.

11111 fy

vd

x

vc

y

ub

x

ua =+++

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(2.104)

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22222 fy

vd

x

vc

y

ub

x

ua =+++

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(2.105)

Hierin sind u und v die abhängigen Variablen nämlich Funktionen von den unabhängigen

Variablen x und y. Die Koeffizienten a1 bis d2 seien selbst Funktionen von x, y, u und v.

Betrachtet man nun einen Raumpunkt in der x–y–Ebene, so kann es Linien oder auch

Richtungen geben, in denen die Ableitungen von u und v unbestimmt sind oder über welche

hinweg sich Sprünge ergeben, sogenannte Diskontinuitäten. Solche Linien werden

Charakteristiken genannt. Um diese mit Hilfe der Gleichungen (2.104) und (2.105) zu finden,

bedarf es noch zweier weiterer Gleichungen, die sich aus den vollständigen Differentialen der

abhängigen Variablen u(x,y) und v(x,y) gewinnen lassen.

dyy

udx

x

udu

∂∂

∂∂ +=

(2.106)

dyy

vdx

x

vdv

∂∂

∂∂ +=

(2.107)

Die Gl. (2.104) bis (2.107) stellen ein System von vier linearen Gleichungen mit den vier

Unbekannten ∂ u/∂ x, ∂ u/∂ y, ∂ v/∂ x und ∂ v/∂ x dar. In Matrixform lautet das

Gleichungssystem:

dydx

dydx

dcba

dcba

00

002222

1111

yv

xv

yu

xu

∂∂∂∂∂∂∂∂

/

/

/

/

=

dv

du

f

f

2

1

(2.108)

[ A ] sei nun die 4 x 4–Koeffizientenmatrix des Gleichungssystems (2.108), und ihre

Determinante sei | A |. Nach der Cramerschen Regel hat das System eine bestimmte Lösung,

wenn | A | ≠ 0 ist. Gesucht wird aber eine unbestimmte Lösung für | A | = 0. Folglich ergibt

sich nach Lösung der Determinante und Division durch dx2:

( ) ( ) ( ) 0122112211221

2

1221 =−+−+−−

− dbdbdx

dycbcbdada

dx

dycaca (2.109)

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Das ist eine quadratische Gleichung für die Steigung ∂ y/∂ x einer Charakteristik für jeden

Punkt in der x–y–Ebene, für den die Steigung der abhängigen Variablen u und v im besten

Fall unbekannt ist. Vereinfacht man Gl. (2.109) durch Abkürzungen, so ergibt sich

02

=+

+

cdx

dyb

dx

dya

(2.110)

mit der Lösung

a

cabb

dx

dy

2

42 −±−=

(2.111)

Die Diskriminante D

cabD 42 −=

(2.112)

bestimmt die Lage der Charakteristiken. Insbesondere gilt:

für 0>D :

Zwei reale, bestimmte Charakteristiken existieren in jedem Punkt der x–y–Ebene. Das

Gleichungssystem (2.104) und (2.105) heißt dann hyperbolisch.

für 0=D :

Eine reale, bestimmte Charakteristik existiert. Das System gilt als parabolisch.

für 0<D :

Nur imaginäre Charakteristiken existieren. Das System wird dann elliptisch.

Das sogenannte Charakteristikenverfahren zieht einen Nutzen aus diesen Betrachtungen der

mathematischen Eigenschaften solcher Gleichungssysteme. Im Falle hyperbolischer partieller

Differentialgleichungen existieren zwei Charakteristiken, woraus man sich einfache Lösungen

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für diese Gleichungen beschaffen kann. Löst man mit Hilfe der Cramerschen Regel Gl.

(2.108) nach ∂ u/∂ y so ergibt sich

0

0==A

N

y

u

∂∂

(2.113)

Da | A | = 0 und ∂ u/∂ y ein unbestimmter Ausdruck sein sollen, muß auch | N | = 0 sein. Nur

in diesem Fall ist ∂ u/∂ y auch ein unbestimmter Ausdruck.

0

0

002222

111

==

dydxdv

dudx

dcfa

dcfa

N

i

(2.114)

Aus der Lösung der Gleichung (2.114) ergibt sich eine gewöhnliche Differentialgleichung

erster Ordnung und in manchen Fällen eine algebraische Gleichung, die auch

Kompatibilitätsgleichung genannt wird. Diese numerische Lösungsmethode heißt auch

Charakteristikenverfahren, eine CFD–Methode aus den Anfängen der Methoden der

numerischen Strömungsmechanik. Sie wurde zur Lösung reibungsfreier

Überschallströmungen eingesetzt.

2.3.1.3 Verhalten von hyperbolischer, parabolischer und elliptischer

Differentialgleichungen

Es werden die strömungsmechanischen Gleichungen in Bezug auf ihr mathematisches

charakteristisches Verhalten untersucht. Verschiedene Strömungen können auch

unterschiedlichen Näherungsgrad zu den vollständigen Navier–Stokes Gleichungen, zu der

Energiegleichung und zu den Kontinuitätsgleichungen haben. Ist eine Strömung als nahezu

reibungsfrei zu betrachten, so reduziert sich das System von partiellen

Differentialgleichungen zweiter Ordnung auf ein System erster Ordnung. Die für den Impuls

zuständigen Gleichungen werden dann zu den Euler–Gleichungen. Diese sind beispielsweise

vom elliptischen Typ im stationären Fall einer Strömung. Ist jedoch die Strömung instationär,

so werden sie durch die zusätzliche Zeitableitung hyperbolisch.

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Die Beantwortung der Fragen nach dem mathematischen Charakter einer Gleichung ist

Aufgabe des mehr mathematischen Aspektes der numerischen Strömungsmechanik. Hier

werden deshalb nur Ergebnisse ohne Beweise dargestellt.

Ein Gleichungssystem partieller Differentialgleichungen bedarf eines vollständigen Satzes

von Randbedingungen. Erst danach kann eine Lösung erzeugt werden.

well–posed:

Ein solches Problem ist definitionsgemäß well–posed, also korrekt gestellt, wenn die

Lösung für eine Differentialgleichung existiert, eindeutig ist und ihre Lösung

kontinuierlich von den Anfangs- und Randbedingungen abhängt.

ill–posed:

So ein Problem ist ill–posed, also nicht korrekt gestellt, wenn man falsche oder

unvollständige Anfangs- oder Randbedingungen wählt.

Hyperbolische Gleichungen Wie aus Bild 2.12 zu erkennen ist, werden durch die zu berechnenden links- und

rechtsläufigen Charakteristiken Einflußgebiete A und Abhängigkeitsgebiete C und B

voneinander getrennt. Die Werte von den abhängigen Variablen u(x,y) und v(x,y) im Punkt

P(x,y) werden nur durch das Einflußgebiet A berechnet. Wenn a, b und c

Anfangsbedingungen sind, so hat c keinen Einfluß auf den Punkt P.

So gilt weiterhin, daß die Werte in Punkt P innerhalb des Abhänigkeitsgebietes B alle anderen

Lösungen darin beeinflussen. Gleiches gilt für die Anfangsbedingung c für das

Abhängigkeitsgebiet C.

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Bild 2.12 Ränder und Gebiete für die Lösung von hyperbolischen Gleichungen

für zweidimensionale stationäre Strömungen

Beispiel 1

Stationäre, reibungsfreie Überschallströmung

Ist die Strömung dreidimensional, erfolgt dieselbe Behandlung der Einfluß- und

Abhänigkeitsgebiete wie im beschriebenen zweidimensionalen Fall, allerdings auf

dreidimensionalen charakteristischen Flächen. Reibungsfreie Überschallströmungen sind im

allgemeinen hyperbolisch wie in Bild 2.13 dargestellt.

Bild 2.13 Ränder und Gebiete für die Lösung von hyperbolischen Gleichungen

für stationäre, dreidimensionale Strömungen

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Beispiel 2

Instationäre, reibungsfreie und kompressible Strömung

Für instationäre, reibungsfreie Strömungen werden die Gleichungen durch das

hinzukommende zeitabhängige Glied hyperbolisch, gleich ob sich die Strömung in Unter-

oder Überschall befindet. Hier gilt die Zeit als die vorwärtsschreitende Richtung.

Reibungsfreie und stationäre Unterschallströmungen sind im allgemeinen vom elliptischen

Typ. Für zweidimensionale, instationäre Strömung gilt das, was bereits für Bild 2.13

beschrieben wurde, allerdings ist für die dortige z–Achse die Zeitachse t zu wählen was in

Bild 2.14 gezeigt ist.

Bild 2.14 Rand und Gebiet für die Lösung von hyperbolischen, eindimensionalen

und instationären Strömungen

Parabolische Gleichungen Für parabolische Gleichungen existiert nur eine charakteristische Linie, entlang der sich die

Informationen nach Bild 2.15 ausbreiten können. In Richtung kleiner werdender

x–Werte kann keine Information fortschreiten, jedoch sind die Randbedingungen entlang der

y–Koordinate ausgehend von b notwendige Informationen für den Punkt P. Die Werte auf

Punkt P und die benachbarten auf der parallelen Linie zur y–Koordinate beeinflussen das

gesamte rechtsliegende Gebiet. Hieraus resultiert ebenso wie bei den hyperbolischen

Gleichungen eine dominante Fortschrittsrichtung, deren Lösungsverfahren

Fortschrittsverfahren – Marching–Procedures – genannt werden.

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Bild 2.15 Ränder und Gebiete für die Lösung von zweidimensionalen,

parabolischen Gleichungen

Beispiel 1

Grenzschichtströmungen

Die Grenzschichtgleichungen entstehen aus den Navier–Stokes Gleichungen, der

Energiegleichung und der Kontinuitätsgleichung, indem nach einer dynamischen

Kräfteabschätzung die Terme mit den zweiten Ableitungen in Hauptströmungsrichtung

vernachlässigt werden können. Diese Approximation macht aus dem elliptischen

vollständigen Gleichungssystem ein parabolisches. Für ein solches sind lediglich Anfangs-

und Randbedingungen in der Querströmungsrichtung vorzugeben.

Beispiel 2

Grenzschichtähnliche Strömungen

Die Parabolisierten Navier–Stokes Gleichungen machen Gebrauch von der vorhergenannten

Vereinfachung, nämlich der Vernachlässigung aller zweiten und gemischten Ableitungen in

Hauptströmungsrichtung. In Querströmungsrichtung bleiben die Gleichungen elliptischer

Natur. Somit ergibt sich die Möglichkeit, Kanalströmungen und Außenströmungen, die weit

über eine Grenzschichtdicke hinausgehen, auf einfache Weise berechnen zu können.

Strömungsablösungen, die auf elliptischen Einfluß der Gleichungen zurückgehen, dürfen

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nicht auftreten. Das Strömungsverhalten muß somit vorher bekannt sein. Die parabolisierten

Navier–Stokes Gleichungen erlauben also auch den Einsatz von numerischen

Fortschrittsverfahren.

Elliptische Gleichungen Die Navier–Stokes Gleichungen, die Energiegleichung und die Kontinuitätsgleichung

ergeben, je nach dem ob sie stationär oder instationär betrachtet werden, ein elliptisch–

hyperbolisches Differentialgleichungssystem. Sind sie elliptisch, was bei stationären,

reibungsfreien oder als Unterfall bei inkompressiblen Strömungen der Fall ist, so beeinflussen

alle Werte in Punkt P alle im Gebiet befindlichen anderen Werte. Bild 2.16 zeigt diesen

Zustand. Das kann selbst für die Randbedingungen gelten, wenn Von Neumann–

Randbedingungen – Ableitungen an offenen Rändern – vorliegen. Abhängigkeits- und

Einflußgebiete verschmelzen. Zur Berechnung müssen alle Randbedingungen vorab bekannt

sein, damit sie ihren Einfluß auf die Lösung innerhalb des Strömungsfeldes ausüben können.

Bild 2.16 Ränder und Gebiet für die Lösung von elliptischen Gleichungen für

zweidimensionale Strömungen

2.3.2 Fehler und Stabilitätsanalyse

Im Grunde genommen besteht keine Garantie für die Genauigkeit und Stabilität eines Systems

von finiten Differenzengleichungen unter allen Konditionen. Jedoch besteht ein formaler Weg

zur Beurteilung der Genauigkeit und Stabilität von linearen Gleichungen. Dieser erlaubt unter

der Voraussetzung lokaler Linearität ein näherungsweises Verständnis des Verhaltens von

komplexeren nichtlinearen Systemen. Die strömungsmechanischen Gleichungen stellen ein

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solches komplexes, nichtlineares Gleichungssystem dar. Bei der Betrachtung einer linearen

Modellgleichung des Typs

2

2

x

u

t

u

∂∂

∂∂ =

(2.115)

und ihrer Differenzenapproximation mit einer Vorwärtsdifferenz in der Zeit und einer

zentralen Differenz für den Raum

211

1 2

x

uuu

t

uu ni

ni

ni

ni

ni

∆+−=

∆− −+

+

(2.116)

können zwei Fehlerquellen bei der numerischen Lösung beschrieben werden:

Diskretisierungsfehler

Dieser stellt die Differenz zwischen der analytischen Lösung zu Gl. (2.115) und der

exakten rundungsfehlerfreien Lösung von Gl. (2.116) dar. Der Diskretisierungsfehler ist

also der Abruchfehler von der Differenzengleichung plus ein Fehler, der durch die

numerische Behandlung der Randbedingungen hinzukommt.

Rundungsfehler

Dieser wird durch die wiederholte Zahl der Rechnungen verursacht, bei denen der

Computer permanent einige signifikante Stellen auf- oder abrundet.

Folgendes kann definiert werden:

A ≡ analytische Lösung der partiellen

Differentialgleichung (2.115)

D ≡ exakte Lösung der Differenzengleichung (2.116)

N ≡ numerische Lösung von Gl. (2.116) eines realen

Computers mit

endlicher Genauigkeit

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Somit gilt für den

Diskretionsationsfehler DA −

Rundungsfehler DN −=ε

(2.117)

oder auch aus Gl. (2.117)

ε+= DN

(2.118)

Gl. (2.118) wird numerische Lösung genannt. Diese numerische Lösung muß die

Differenzengleichung (2.116) erfüllen.

21111

11 22

x

DDD

t

DD ni

ni

ni

ni

ni

ni

ni

ni

ni

ni

∆++−−+=

∆−−+ −−++

++ εεεεε (2.119)

Definitionsgemäß muß auch die exakte Lösung D der Differenzengleichung Gl. (2.118) exakt

erfüllen.

211

1 2

x

DDD

t

DD ni

ni

ni

ni

ni

∆+−=

∆− −+

+

(2.120)

Die Subtraktion beider Gleichungen (2.119) und (2.120) ergibt:

211

1 2

xt

ni

ni

ni

ni

ni

∆−−=

∆− −+

+ εεεεε

(2.121)

Aus Gl. (2.121) ist ersichtlich, daß auch der Rundungsfehler ε die Differenzengleichung

erfüllt. Diese Feststellung erlaubt die folgende Betrachtung der Fehlerfortsetzung in einer

computergeführten numerischen Berechnung von Differenzengleichungen und deren

Stabilität.

Sicher ist, daß innerhalb eines Rechenprozesses Rundungsfehler εi in einer Zeitebene

vorhanden sind. Wenn diese in den folgenden Zeitebenen kleiner werden, so kann der

Lösungsvorgang stabil genannt werden. Zumindest müssen die Rundungsfehler folgender

Zeitebenen gleich groß bleiben, was aber bei den normalerweise vorliegenden nichtlinearen

Gleichungssystemen bereits zur Instabilität der Lösungen führen kann.

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Diese Lösung ist also stabil, wenn zwischen zwei Zeitebenen das Verhältnis gilt:

11

≤+

ni

ni

εε

(2.122)

Nun kann untersucht werden, unter welchen Bedingungen für die Gl. (2.116) die Gl. (2.122)

erfüllt wird.

Es kann angenommen werden, daß sich die Fehlerverteilung entlang der x–Achse in Form

einer Fourier–Reihe in x darstellen läßt, und daß sich die zeitliche Variant exponentiell

verhält.

( ) ∑=m

xikat meetx,ε

(2.123)

Hierin ist km die Wellenzahl.

Da die Differenzengleichung, Gl. (2.121), linear bleibt, wenn Gl. (2.123) in sie eingesetzt

wird, so verhält sich jeder einzelne Term der Reihe wie die Reihe selbst. Damit kann man sich

mit einem einzigen Term der Reihe, der folgendermaßen aussieht, begnügen.

( ) xikatm

meetx =,ε

(2.124)

Gl. (2.124) wird dann in die Gl. (2.121) für den Rundungsfehler eingesetzt.

( ) ( ) ( )

2

2

x

eeeeee

t

eeee xxikatxikatxxikatxikatxiktta mmmmm

∆+−=

∆− ∆−∆+∆+

(2.125)

Division von Gl. (2.125) durch xikat mee ergibt:

2

21

x

ee

t

e xikxikta mm

∆+−=

∆− ∆−∆∆

(2.126)

oder auch:

( )212

−+∆∆+= ∆−∆∆ xikxikta mm eex

te

(2.127)

Mit der Identität

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( )2

cosxikxik

m

mm eexk

∆−∆ +=∆

(2.128)

kann Gl. (2.127) umgeschrieben werden:

( )[ ]1cos2

12

−∆∆

∆+=∆ xkx

te m

ta

(2.129)

Eine weitere trigonometrische Identität ist:

( )2

cos1

2sin2 xkxk mm ∆−=

(2.130)

Damit ergibt sich letztlich für Gl.(2.129):

∆∆

∆−=∆

2sin

41 2

2

xk

x

te mta

(2.131)

Aus Gl. (2.124) folgt:

( )ta

xikat

xiktta

ni

ni e

ee

eem

m∆

∆++

==ε

ε 1

(2.132)

Aus der Kombination der Gln. (2.131) und (2.132) mit Gl. (2.122) folgt:

12

sin4

1 22

1

∆∆

∆−== ∆+ tk

x

te mta

ni

ni

εε

(2.133)

Die Stabilitätsbedingung (2.133) muß erfüllt sein, um eine stabile Lösung zu gewährleisten.

Als Verstärkungsfaktor G wird in Gl. (2.133) der folgende Term bezeichnet:

Gxk

x

t m ≡

∆∆

∆−2

sin4

1 22

(2.134)

Um die Ungleichung, Gl. (2.133), zu erfüllen, nämlich G ≤ 1. Es gibt zwei Wege, die simultan

gelten müssen, um Stabilität bei der Lösung der Modellgleichung Gl. (2.116) zu erhalten.

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Zum einen muß gelten:

12

sin4

1 22

∆∆

∆− xk

x

t m

(2.135)

Das bedeutet gleichzeitig, daß:

02

sin4 2

2≥

∆∆

∆ xk

x

t m

(2.136)

Die Funktion sin kann die Werte -1, 0 und +1 annehmen. Das Quadrat erlaubt nur eine

positive Deutung. Da ∆t/∆x2 immer positiv ist, besteht diese Bedingung.

Zum anderen gilt:

12

sin4

1 22

−≥

∆∆

∆+ xk

x

t m

(2.137)

was auch bedeutet, daß

112

sin4 2

2≤−

∆∆

∆ xk

x

t m

(2.138)

Auch hier wird wie in der vorhergehenden Diskussion, daß die Funktion sin2 nur positive

Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Für diese Bedingung bedeutet das, daß ein

bestimmtes Verhältnis der Schrittweiten ∆t/∆x eingehalten werden muß.

2

12

≤∆∆x

t

(2.139)

Diese Stabilitätsbedingung aus Gl. (2.139) gilt für die Modellgleichung

2

2

x

u

t

u

∂∂

∂∂ =

(2.140)

für die man ein in der Zeit voll explizites, fortschreitendes Lösungsverfahren gemäß

Gl. (2.116) gewählt hat. Die Schrittweitenbeschränkung ist beträchtlich, für welches das

Verfahren kein Anfachen des Rundungsfehlers mit zunehmenden Zeitschritten erfährt. So gilt:

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2

2xt

∆≤∆

(2.141)

Wenn die dimensionslose x–Schrittweite mit ∆x = 0.01 vorgewählt wird, ergibt sich für

5105 −⋅≤t∆

(2.142)

Hierbei ist ∆x = 0.01 bereits eine recht große Schrittweite. Die Einschränkungen für diese

expliziten Differenzenverfahren, wie durch Gl. (2.116) definiert, sind recht rigoros und

machen ein solches Lösungsverfahren wegen der sich ergebenden sehr kleinen Schrittweite in

der Zeit unwirtschaftlich.

Die oben angewandte Analyse zur Bestimmung der Kriterien für die Stabilität einer

Differenzengleichung, Gl. (2.115), wird Von Neumann–Stabilitätsanalyse genannt. Das zu

suchende Stabilitätskriterium wird sich nach der Form der Differenzengleichung richten. Im

folgenden wird eine Differentialgleichung hyperbolischen Typs untersucht. Eine dazu

passende Modellgleichung ist die Differentialgleichung erster Ordnung für die

Wellenausbreitung.

0=+x

uc

t

u

∂∂

∂∂

(2.143)

Die räumliche Ableitung wird durch eine zentrale Differenzenapproximation ersetzt.

x

uu

x

u ni

ni

∆−= −+

211

∂∂

(2.144)

Die zeitliche Ableitung wird durch eine Differenzenapproximation erster Ordnung ersetzt,

wobei die Geschwindigkeit u(t) durch eine Mittelwertbildung zwischen den Punkten (i+1)

und (i-1) in der Zeitebene n ersetzt wird.

( ) ( )ni

ni uutu 112

1−+ +=

(2.145)

Dann folgt für die Zeitableitung erster Ordnung in Gl. (2.143):

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( )t

uuu

t

uni

ni

ni

+−=

−++

111

2

1

∂∂

(2.146)

Gl. (2.145) und (2.146) in Gl. (2.143) eingesetzt ergeben:

−∆∆−−= −+−++

2211111

ni

ni

ni

nin

i

uu

x

tc

uuu

(2.147)

Nimmt man nun einen Rundungsfehler der Form

( ) xikatm

meetx =,ε

(2.148)

an und setzt diesen – wie vorher schon praktiziert – in Gl. (2.147) ein, so erhält man im Falle

der Gleichung für die Wellenausbreitung diesen Verstärkungsfaktor:

( ) ( )xkCixke mmat ∆−∆= sincos

(2.149)

Hierin ist

x

tcC

∆∆=

(2.150)

Mit der Forderung nach Stabilität, nämlich daß gilt:

1≤ate

(2.151)

folgt für die sogenannte Courant–Zahl C:

1≤∆∆=

x

tcC

(2.152)

Hiermit ergibt sich bei vorgegebener räumlichen Schrittweite ∆x ein maximaler zeitlicher

Schritt ∆t der Größe:

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c

xt

∆≤∆

(2.153)

Es besteht also eine lineare Abhängigkeit zwischen den beiden Schrittweiten. Das Verhalten

der Stabilität für hyperbolische Differentialgleichungen ist folglich günstiger, als im

vorhergehenden Fall für die parabolischen. Allerdings muß daran erinnert werden, daß die

Differenzengleichung, Gl. (2.116), in der voll expliziten, also ungünstigen Form diskretisiert

wurde.

Die Gl. (2.152) wird in der Literatur auch als die Courant–Friedrichs–Levy–Bedingung –

CFL–Bedingung – für hyperbolische Differentialgleichungen genannt.

Bild 2.17 beschreibt die geometrische Deutung der CFL–Bedingung für die Stabilität. Wäre

entgegen der CFL–Bedingung die Courantzahl c > 1, so lägen aufgrund der Vorgabe der

rechts- und linkslaufenden Charakteristiken für eine Wellenausbreitungsgleichung zweiter

Ordnung

2

2

2

2

x

uc

t

u

∂∂

∂∂ =

(2.154)

das schraffierte analytische Gebiet außerhalb des numerischen Gebietes. Dieses wird durch

die Gitterpunkte auf der x–Achse (i-1) und (i+1) festgelegt. Für den Fall ist gerade noch

gewährleistet, daß das numerische Gebiet auch das analytische einschließt. Sehr viel kleiner

als c = 1 sollte die Courantzahl nicht sein, da sonst größere Ungenauigkeiten auftreten. Das

ist dann auf das Mißverhältnis in den Größen zwischen dem Einfluß- und

Abhängigkeitsgebiet zurückzuführen.

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Bild 2.17 Geometrische Deutung der CFL–Bedingung

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3 Finite Differenzenverfahren (FDM)

Dieses Kapitel beschreibt häufig verwendete Lösungsmethoden für die finiten

Differenzenverfahren. Innerhalb der Diskretisierungsmethoden sind die finiten

Differenzenmethoden die ältesten. Hier wurde bisher die längste Entwicklungszeit

eingebracht. Mehr und mehr werden sie durch die finiten Volumen- und finiten

Elementmethoden abgelöst. Allerdings werden vielfach die Grundlagen der finiten

Differenzenverfahren in der Entwicklung der moderneren Verfahren benötigt. Somit ist eine

Darstellung der finiten Differenzenmethoden unerläßlich. Anhand von einer Düsenströmung

werden die einfachsten expliziten Methoden vorgestellt. Bei den impliziten Methoden werden

wohlbekannte numerische Lösungsverfahren auf eine einfache Modellgleichung zur

Strömungsmechanik angewendet und vorgestellt.

3.1 Explizite Differenzenverfahren

3.1.1 Lax–Wendroff–Methode (Direkte Methode)

Der Beginn des Einsatzes von zeitabhängigen Methoden ist etwa in das Jahr 1960 zu legen.

Diese Methode nutzt die normalerweise für instationäre Strömungen notwendigen

Zeitableitungen als künstliche Zeitterme. Damit kann die Lösung einer stationäre Strömung,

bei denen normalerweise kein Zeitterm in den Differentialgleichungen auftaucht, solange

künstlich in Zeitebenen vorwärtsmarschieren bis sich der stationäre Zustand einstellt. Eine

Anfangslösung für das künstliche System wird vorausgeschätzt, um dann in iterativen

Schritten korrigiert zu werden.

Solch ein Lösungsansatz kann durch eine Taylor–Reihe mit Entwicklung in der Zeit

erreicht werden:

( ) ( ) ( )....

2

2

2

2

+∆

+∆

+=∆+ t

t

gt

t

gtgttg

ii

ii ∂∂

∂∂

(3.1)

oder in anderer Notation:

( )....

2

2

2

2

+∆

+∆

+=∆+ t

t

gt

t

ggg

t

i

t

i

ti

tti ∂

∂∂∂

(3.2)

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Diese Reihe ergibt eine Lösung git+∆t , wenn die erste und die zweite Ableitung in Gl. (3.2)

bekannt sind, damit ist der nächste Zeitschritt mit einiger Genauigkeit berechenbar.

Am Beispiel einer eindimensionalen Düsenströmung wird die sogenannte direkte Methode

der expliziten Differenzenverfahren beschrieben. In Bild 3.1 ist eine Düsenkontur, Gl. (3.3),

mit variablem Düsendurchmesser A(x) dargestellt.

Bild 3.1 Verlauf einer symmetrischen Düsenkontur A(x)

( ) ( )25,12,21 −+== ∗ xA

AxA (3.3)

Durch Gl. (3.3) wird die dimensionslose Düsenkontur A(x) beschrieben. Die mit Balken

versehenen Größen sind dimensionsbehaftet, wobei ∗A der engste Querschnitt ist. Die

dimensionslose Länge der Düse wird mit x dargestellt.

Das Gleichungssystem, das eine instationäre, eindimensionale und kompressible

Düsenströmung beschreibt, ist:

Kontinuitätsgleichung

( )x

uA

At ∂ρ∂

∂∂ρ 1−= (3.4)

Impulsgleichung

+−=

x

uu

x

p

t

u

∂∂ρ

∂∂

ρ∂∂ 1

(3.5)

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Energiegleichung

( )

++−=

x

eu

x

Apu

x

up

t

e

∂∂ρ

∂∂

∂∂

ρ∂∂ ln1

(3.6)

In Gl. (3.1) steht g stellvertretend für die entsprechenden Größen der Gln. (3.4) bis (3.6),

nämlich für die Dichte ρ, die Geschwindigkeitskomponente u und die innere Energie e. Die

nun folgenden Betrachtungen werden nur an der Kontinuitätsgleichung, Gl. (3.4)

vorgenommen. Das Vorgehen bei den anderen Gleichungen ist identisch.

Zunächst wird die Kontinuitätsgleichung ausdifferenziert.

x

u

xu

x

Au

At ∂∂ρ

∂∂ρ

∂∂ρ

∂∂ρ −−−= 1

(3.7)

Die Differentialquotienten der rechten Seite werden durch zentrale Differenzenquotienten

ersetzt. Der Exponent t steht für den künstlichen Zeitschritt.

∆−−

∆−−

∆−−=

−+−+−+

x

uu

xu

x

AAu

At

ti

tit

i

ti

tit

iiit

iti

t

i222

1 111111 ρρρρ∂∂ρ

(3.8)

Damit existiert eine Beschreibung der ersten Ableitung für Gl. (3.1). Zudem gilt Gl. (3.8) für

die Anfangszeit t = 0.

Nochmalige Differentiation der Gl. (3.7) ergibt einen Ausdruck für die zweite Ableitung

von ρ nach der Zeit in Gl. (3.1).

−−

−−

+−=

tx

u

tx

u

t

u

xtxu

tu

t

u

x

A

At

∂∂ρ

∂∂

∂∂∂ρ

∂∂

∂∂ρ

∂∂ρ∂

∂∂ρ

∂∂ρ

∂∂

∂ρ∂

22

2

2 1

(3.9)

Ableitungen der Kontinuitätsgleichung Gl. (3.7) und der Impulsgleichung Gl. (3.5) nach x

beschreiben die fehlenden gemischten zweiten Ableitungen in Gl. (3.9).

−−

−−

+

+−=

xx

u

x

u

x

u

xxu

xu

x

u

x

A

x

Au

Atx

∂∂ρ

∂∂

∂∂ρ

∂∂

∂∂ρ

∂ρ∂

∂∂ρ

∂∂ρ

∂∂

∂∂ρ

∂∂ρ∂

2

2

2

2

2

22 1

(3.10)

Mit den Differenzenapproximationen

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x

uu

x

u ti

ti

∆−= −+

211

∂∂

(3.11)

und

( )211

2

2 2

x

uuu

x

u ti

ti

ti

∆+−= −+

∂∂

(3.12)

ist das System zur numerischen Schließung der Kontinuitätsgleichung im Tayloransatz von

Gl. (3.1) möglich. Der nächste Zeitwert für ρ t+∆t kann ermittelt werden.

( ) ( )32

2

2

02

tt

tt

ti

t

i

ti

tti ∆+∆

+∆

+=∆+

∂ρ∂

∂∂ρρρ (3.13)

Gleiches muß für die Impulsgleichung Gl. (3.5) und die Energiegleichung Gl. (3.6)

durchgeführt werden.

3.1.2 MacCormack–Methode (Prediktor–Korrektor–Verfahren)

Diese Methode wurde 1969 von MacCormack erstmals veröffentlicht. Weitere 15 Jahre galt

dieses Verfahren als die beliebteste explizite Methode. Ebenso hier beruht diese Methode auf

der Taylor–Reihe:

tt

average

ti

tti ∆

+=∆+

∂∂ρρρ (3.14)

Diese Reihe ist nach dem zweiten Glied, das von der Größenordnung 0(∆t2) ist, abgebrochen

und folglich ist sie von der Genauigkeit erster Ordnung. Die Zeitableitung wird jedoch als

Mittelwert–Ableitung zwischen t und t+∆t gebildet, wodurch sie von zweiter Ordnung genau

wird.

Um zu einem Mittelwert zu gelangen, wird von MacCormack eine Wertvorhersage mit

einer anschließenden Korrektur versehen. Diese Methode wird Prediktor–Korrektor–

Verfahren genannt. Die Ausführung der Berechnung wird in zwei Schritten vorgenommen:

Prediktorschritt

Der Vorhersageschritt wird auf die Kontinuitätsgleichung der eindimensionalen

Überschalldüsenströmung angewendet.

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x

u

xu

x

Au

At ∂∂ρ

∂ρ∂

∂∂ρ

∂ρ∂ −−−= 1

(3.15)

Aus Gl. (3.15) wird durch Vorwärtsdifferenzen für die räumlichen Schritte zur Zeit t die

folgende diskretisierte Kontinuitätsgleichung:

∆−−

∆−−

∆−−=

+++

x

uu

xu

x

AAu

At

ti

tit

ii

tit

iiit

iti

t

i

1111 ρρρρ∂

ρ∂ (3.16)

Somit kann ein vorhergesagter vorläufiger Wert für ρ-(t+∆t) aus der Gl. (3.14) mit

Unterstützung der Gl. (3.16) erhalten werden.

tt

t

i

ti

tti ∆

+=∆+

∂∂ρρρ )( (3.17)

Dasselbe Vorgehen wird auf Prediktorwerte für ui(t+∆t) und ei

(t+∆t) angewendet.

Korrektorschritt

Hier erhält man erste korrigierte Werte für die Zeitableitung ( ) tt

it∆+

∂∂ρ / durch Einsetzen der

im Prediktorschritt vorhergesagten Werte von ui(t+∆t) und ρi

(t+∆t) mit Hilfe von

Rückwärtsdifferenzen in Gl. (3.15).

∆−

∆−

∆−−=

∆+−

∆+∆+

∆+−

∆+∆+

−∆+∆+

∆+

x

uu

xu

x

AAu

At

tti

ttitt

i

tti

ttitt

i

iitti

tti

tt

11

11

ρρρ

ρ∂∂ρ

(3.18)

Nun wird der Mittelwert aus den Gln. (3.16) und (3.18) für die gemittelte Zeitableitung

gebildet.

+

=

∆+ tt

i

t

iaveragettt ∂

∂ρ∂∂ρ

∂∂ρ

2

1 (3.19)

Letztlich ist der korrigierte Wert für ρ t+∆t mit Gl. (3.14)

tt

average

ti

tti ∆

+=∆+

∂∂ρρρ (3.20)

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Dieser Prediktor–Korrektor–Ansatz wird für alle räumlichen Gitterpunkte durchgeführt.

Simultan dazu wird er auch auf die Impuls- und Energiegleichung zur Berechnung von uit+∆t

und eit+∆t angewendet.

Nach einer großen Zahl von Zeitschritten, wird nun der stationäre Fall der

eindimensionalen Düsenströmung erreicht.

Da in den zwei Lösungsschritten einmal eine Rückwärts- und eine Vorwärtsdifferenz angewendet wird, erfährt das Verfahren eine Genauigkeit der zweiten Ordnung, wie das Lax–Wendroffverfahren aus dem vorherigen Abschnitt.

Weiterhin ist das MacCormack–Verfahren schneller zu erstellen, da keine zweiten

Zeitableitungen oder gemischten Zeit–Raum–Ableitungen benötigt werden.

Zu den Anfangsbedingungen kann gesagt werden, daß für p, ρ und T die Kessel- oder

Ruhebedingungen gewählt werden. Da die Geschwindigkeit u am Eintritt im sehr niedrigen

Unterschallbereich liegt, kann sie entweder durch lineare Interpolation mit Hilfe der nächsten

Gitterpunktwerte gewonnen werden, oder durch die am Eintritt mit Vorwärtsdifferenzen

gebildete Bewegungsgleichung.

Am Düsenaustritt können alle Strömungswerte durch lineare Extrapolation der inneren

Gitterpunktwerte erzeugt werden oder auch durch Aufstellen der Gleichungen am

Düsenaustritt mit Hilfe von Rückwärtsdifferenzen.

Die Ergebnisse der Lösung der Strömungsprobleme durch die Lax–Wendroff oder

MacCormack–Prediktor–Korrektor Methoden sind nahezu identisch.

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3.1.3 Stabilitätsbetrachtungen

Die Gleichung für die Wellenausbreitung lautet:

0=+x

uc

t

u

∂∂

∂∂

(3.21)

Hierin bedeutet c die Geschwindigkeit der Wellenausbreitung, die mit der

Schallgeschwindigkeit gleichzusetzen ist. Diese Gleichung ist vom hyperbolischen Charakter.

Die im Abschnitt 2.3.2 durchgeführte Stabilitätsanalyse nach von Neumann ergab eine

Stabilitätsbedingung, die den Zeitabschnitt zum Wegschritt in ein besonderes Verhältnis setzt.

Die Gleichung lautet Courant–Friedrichs-Lewy–Bedingung oder auch in abgekürzter Form

CFL–Bedingung.

1≤∆∆=

x

tcC (3.22)

Die Zahl C heißt Courant–Zahl.

Wenn sich innerhalb eines mit der Geschwindigkeit u strömenden Mediums eine Welle mit

der Geschwindigkeit c ausbreitet, lautet Gl. (3.22)

1≤

+∆=∆ C

cu

xCt (3.23)

C ist wiederum die Courant–Zahl und c ist die Schallgeschwindigkeit

=

ρ∂∂ p

c (3.24)

Die physikalische Aussage der CFL–Bedingung (3.23) ist:

Der explizite Zeitschritt darf nicht größer sein als die Zeit, die die Strömung benötigt, um von

einem zum anderen Gitterpunkt zu gelangen. Die Courant–Zahl liegt dann bei

0,15,0 −=C

Dieses gilt für lineare Differentialgleichungen. Strömungsmechanische Gleichungen sind

jedoch nichtlinear und daher ist nach Erfahrung ein C in der Nähe von C = 1 zu wählen. An

jedem Ort x sind die Geschwindigkeiten u und c jedoch anders und somit auch der lokale

Zeitschritt ∆t. Man muß folglich nach dem minimalen Zeitschritt ∆tmin suchen, der dem

Strömungsfeld zu Grunde liegt, um keine Instabilitäten in das Berechnungsfeld zu ziehen. Es

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gibt jedoch auch die Möglichkeit, jeweils den lokalen Zeitschritt zu benutzen, was eine nicht

physikalische Zeitebene erzeugt, die aber zu weniger Zeititerationen führen kann.

Im Falle mehrdimensionaler Strömungsfelder muß eine Erweiterung der Gl. (3.23)

vorgenommen werden.

( )yx ttMint ∆∆=∆ , (3.25)

wobei

cu

xCtx +

∆=∆ (3.26)

und

cu

yCt y +

∆=∆ (3.27)

Hier kann ebenfalls die Methode der lokalen Zeitschritte gewählt werden.

3.2 Implizite Differenzenverfahren

3.2.1 Einführung

Differentialgleichungssysteme, für die ein Raumschrittverfahren zur Lösung benutzt werden

soll und kein künstliches Zeitglied zum Erlangen einer stationären Lösung eingeführt wird,

können mit impliziten Lösungsverfahren berechnet werden. Dieses wurde bereits mit Hilfe

des verallgemeinerten Crank–Nicholsonverfahrens, dessen Diskretisierungszentrum an einer

Stelle λ ≠ 1/2 lag, durchgeführt.

Für die Modellgleichung

02

2

=+y

ax ∂

θ∂∂∂θ

(3.28)

gilt die Diskretisierung nach Crank–Nicholson:

)2()1(

)2(

1,,1,

1,1,11,12

,,1

−+

−+++++

+−−+

+−∆

−=∆

jijiji

jijijijiji

y

a

x

θθθλ

θθθλθθ

(3.29)

Der dimensionslose Koeffizient λ, dessen Wert sich zwischen 0 und 1 bewegt, kennzeichnet

gemäß Bild 3.2 die Lage des Diskretisierungszentrums. Bei der Lageänderung kann λ die

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folgenden verschiedenen Werte annehmen, die gleichbedeutend mit den gewählten

Eigenschaften der Differenzenverfahren und deren Stabilitätseigenschaften sind.

Bild 3.2 Diskretisierungsmolekül für das generalisierte Crank–Nicholson–Verfahren

Die verschiedenen Werte von λ ergeben die folgenden Eigenschaften:

• λ = 0 explizit,

Stabilitätsbedingung

• λ = 1/2 Crank–Nicholson, bedingungslos

stabil

• λ = 1 voll implizit, bedingungslos

stabil

• ½ ≤ λ ≤ 1 bedingungslos stabil und

konvergent

• 0 ≤ λ < ½ Stabilitätsbedingung

)21(2

12

λ−≤∆∆=y

xaC

Gl. (3.29) führt zu einem System tridiagonaler, linearer und algebraischer Gleichungen, das

mit Hilfe der Randbedingungen durch eine Rekursionsformel, beispielsweise dem Thomas–

Algorithmus, aus Abschnitt 1.5.4 gelöst werden kann. Die Gauss–Eliminationsmethode

verfährt sehr ähnlich.

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Die Benutzung einer Rekursionsformel stellt keine Näherungslösung dar, sondern ergibt

das exakte Ergebnis der Differenzengleichung für eine Stelle x.

Eine iterative Methode erzeugt eine Lösung von linearen algebraischen Gleichungen, wenn

für einen neuen Lösungsschritt dieselbe Gleichung allerdings mit einem alten

Näherungsdatensatz bestückt wird. Jeder iterative Prozeß konvergiert, wenn mit zunehmender

Iterationszahl, die exakte Lösung sukzessive erreicht wird. Die Differenz zwischen der

exakten und der Näherungslösung wird zu Null.

3.2.2 Iterationsmethode nach Jacobi

Zur Beschreibung der Iterationsmethode nach Jacobi wird in der Gl. (3.29 für λ = 1/2

angesetzt. Damit ist das reine Crank–Nicholson–Verfahren gewählt.

∆+−

+

∆+−

−=∆

−+

−+++++

2

1,,1,

2

1,1,11,1,,1

2

2

2

1

y

ya

x

jijiji

jijijijiji

θθθ

θθθθθ

(3.30)

oder auch

)2()2(2

11,,1,1,1,11,12,,1 −+−+++++ +−++−

∆∆−= jijijijijijijiji y

xa θθθθθθθθ (3.31)

Die Einführung von Iterationen erfordert einen weiteren Index n, der gemäß der Definition in

die Exponentenposition geschrieben wird, und lediglich die Aufgabe hat, eine ältere von einer

neueren Iterationsebene zu unterscheiden. Im übrigen bleibt Gl. (3.31) erhalten und

unverändert.

)2(2(2

11,,1,1,1,11,12,

1,1

nji

nji

nji

nji

nji

nji

nji

nji y

xa −+−++++

++ +−++−

∆∆−= θθθθθθθθ (3.32)

Die Werte mit dem Index i sind bekannt und können deshalb in ϑ i zusammengefaßt werden.

Die Konvergenz ist nur mäßig gut, da recht kleine Schritte für ∆x gewählt werden müssen.

Jacobi führte durch Umschreiben von Gl. (3.32) eine Konvergenzverbesserung ein.

in

jin

jin

jin

ji y

xa ϑθθθ∆

∆θ ++−−= −++

++++

+ )2(2

11,1

1,11,12

1,1 (3.33)

Auflösung nach 1,1

++n

jiθ und Einführungen von Abkürzungen führt zu:

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BA nji

nji

ni ++= −+++

++ )( 1,11,1

11 θθθ (3.34)

mit

∆∆−

∆∆−

=

2

2

2

112

2

1

y

xa

y

xa

A (3.35)

und

∆∆−

=

22

11

y

xaB iϑ

(3.36)

Die Iterationsformel (3.34) heißt Jacobische Iteration zu Gleichung (3.32). Sie konvergiert

schneller als Gl. (3.32) für alle Werte von C aus Gl. (3.30).

3.2.3 Iterationsmethode nach Gauss–Seidel

Wenn man die Iterationsschritte n während des Fortschreitens in j–Richtung jedesmal

aktualisiert, nämlich auf n+1 setzt, erhält man eine weitere Konvergenzbeschleunigung. Aus

Gl. (3.33) ergibt sich dann:

( ) in

jin

jin

jin

ji y

xa ϑθθθθ ++−∆

∆−= +−+

++++

++

11,1

1,11,12

1,1 2

2

1 (3.37)

oder geschrieben wie Gl. (3.34)

( ) BA nji

nji

nji ++= +

−++++

+1

1,11,11,1 θθθ (3.38)

Die Iterationsformel (3.38) nennt man Gauss–Seidel Iteration zu Gleichung (3.32). Sie

konvergiert etwa doppelt so schnell wie die Jacobi–Iteration und ist ebenso konvergent für

alle C aus Gl. (3.30).

3.2.4 Iterationsmethode der sukzessiven Überrelaxation (SOR)

Ausgehend von Gl. (3.38) der Gauss–Seidel–Iteration zur Gl.(3.32)

( ) BA nji

nji

nji ++= +

−++++

+1

1,11,11,1 θθθ (3.39)

kann durch Addition und gleichzeitiger Subtraktion von θni,j eine neue Form einer

Iterationsformel gefunden werden:

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[ ]nji

nji

nji

nji

nji BA ,

11,11,1,

1,1 θθθθθ −+++= +

−++++

+ (3.40)

Die eckige Klammer stellt den Zuwachs nach einer Gauss–Seidel–Iteration dar, der auf nji ,θ

zugezählt werden muß, um 1,1

++n

jiθ zu ergeben.

Die Iterationsmethode der Sukzession Überrelaxation führt einen Relaxationsfaktor ω ein,

der diesen obengenannten Zuwachs künstlich vergrößert.

[ ]nji

nji

nji

nji

nji BA ,

11,11,1,

1,1 θθθωθθ −+++= +

−+−++

+ (3.41)

oder

[ ] ( ) nji

nji

nji

nji BA ,

11,11,1

1,1 1 θωθθωθ −−++= +

−++++

+ (3.42)

Der Relaxationsfaktor ω für eine Überrelaxation liegt etwa bei:

21 bis=ω (3.43)

Für besonders gute Konvergenz gilt:

( )211

2

µω

−+= (3.44)

mit

Ny

xa

y

xa

πµ cos1

2

2

∆∆−

∆∆−

= (3.45)

wobei N - 1 die innere Anzahl der Punkte in der y–Richtung darstellt. Young (1954) nennt

diese Methode sukzessive Überrelaxation – Successive Overrelaxation, SOR. Wenn ω > 1

liegt Überrelaxation vor und wenn 0 <ω < 1 liegt Unterrelaxation vor. Die Konvergenz nach

der SOR kann etwa doppelt so schnell, wie die der Gauss–Seidel–Iterationsmethode.

3.2.5 Iterationsmethode der alternierenden Richtung (ADI)

Die Methode der Alternierenden Richtungen ist auf dreidimensionale parabolische

Differentialgleichungen anzuwenden. Die Modellgleichung sei von dem Typ:

02

2

2

2

=

++

zya

x ∂θ∂

∂θ∂

∂θ∂

(3.46)

Ihr Gültigkeitsbereich liege innerhalb folgender Grenzen:

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m

m

zz

yy

≤≤

≤≤

0

0

(3.47)

Die Funktion θ sei in einer Anfangsebene x = x0 und auf den Rändern Gl. (3.47) bekannt.

Für die Diskretisierung wird folgende Indizierung gewählt:

( ) ( )zkyjxizyx kji ∆∆∆== •,•,•,, ,, θθθ (3.48)

wobei die x–Richtung die parabolische vorwärtsschreitende Berechnungsrichtung

kennzeichnet und die y–z–Ebene, die verbleibende elliptische Querströmungsebene bestimmt.

Die diskretisierte Gl. (3.46) hat folgendes Aussehen:

( )

( )1,,,,1,,2

,1,,,,1,2

,,,,1

2

2

−+

−++

+−∆

+−∆

−=∆

kjikjikji

kjikjikjikjikji

z

a

y

a

x

θθθ

θθθθθ

(3.49)

Löst man Gl. (3.49) in der so dargestellten Form – also explizit – besteht eine

Schrittweiteneinschränkung nach der Form:

2

11122 ≤∆

∆+

∆x

zyk (3.50)

Diese Bedingung erzwingt eine extrem kleine Schrittweite in x–Richtung.

Nutzt man die voll implizite Methode nach Crank–Nicholson, also:

++

+−=

∆−

+

+

kjikji

kjikji

zyzy

a

x,,1

2

2

2

2

,,

2

2

2

2,,,,1

2 ∂θ∂

∂θ∂

∂θ∂

∂θ∂θθ

(3.51)

dann muß man simultan einen Satz von (m-1)(n-1) algebraischen Gleichungen lösen, wobei m

und n die jeweils maximale Stützstellenzahl in y– und z–Richtung darstellen. Einfache

Rekursionsformeln sind hier nicht mehr anwendbar. Iterationsverfahren führen zu recht

schnellen Lösungen.

Peaceman und Rachford haben 1955 die Methode der Alternierenden Richtungen für

implizite Differenzengleichungen – Alternating Direction Implicit (ADI) – vorgeschlagen. In

jeweils aufeinander folgenden x–Schritten i+1 und i+2 werden abwechselnd die zweiten

Ableitungen in y– und dann in z–Richtung implizit diskretisiert, wobei die jeweils

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verbleibende Richtung explizit formuliert wird. Die beiden alternierenden Schritte haben

folgendes Aussehen:

1. Schritt:

∆+−

+

∆+−

−=∆

−+

−+++++

2

1,,,,1,,

2

,1,1,,1,1,1,,,,1

2

2

z

ya

x

kjikjikji

kjikjikjikjikji

θθθ

θθθθθ

(3.52)

In der nächsten x–Ebene i+2 lautet die zweite Gleichung:

2. Schritt:

∆+−

+

∆++−

−=∆−

−++++

−+++++++

2

1,,2,,21,,2

2

,1,1,,1,,1,1,1,,1,,2

2

2

z

ya

x

kjikjikji

kjikjikjikjikjikji

θθθ

θθθθθθ

(3.53)

Es erweist sich, daß die ADI–Methode um vieles schneller ist als explizite und ebenfalls

schneller als vollimplizite Methoden.

Das gilt mit Einschränkungen für die Modelldifferenzengleichung Gl. (3.51). Für

gekoppelte Systeme von nichtlinearen, inhomogenen Differentialgleichungen ist der doppelte

Schritt von i auf i+1 und i+2 bei nur jeweils einer impliziten Formulierung einer zweiten

Ableitung nicht möglich, jedoch können zusätzliche Iterationen an jeder Stelle x zur Lösung

der Gleichungen führen. Die Gln. (3.52) und (3.53) gelten nur für die

Modelldifferentialgleichung Gl. (3.46).

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4 Finite Elemente Methoden (FEM)

4.1 Einleitung Die Finite Elemente Methode (FEM) ist eine Technik zur Lösung von partiellen

Differentialgleichungen (PDE). Die erste besondere Eigenschaft ist, daß ein kontinuierliches

Feld in Zellen, oder auch Elemente genannt, unterteilt wird, die zusammen ein Gitterwerk

bilden. Diese Elemente haben eine drei- oder viereckige Geometrie. Die Elemente können

geradlinig oder krummlinig sein. Das Gesamtgitter kann unstrukturiert sein. Wegen dieser

Unstrukturiertheit können auf leichte Weise recht komplexe Geometrien abgebildet werden.

Das wird offenkundig zum entscheidenden Vorteil der FEM gegenüber den Finiten

Differenzenmethoden (FDM), die im allgemeinen ein strukturiertes Gitter benötigen. Daher

müssen bei der FDM die Berechnungsfelder durch Abbilden komplexer Gebiete in einer

Reihe rechtwinkliger zusammenhängender Untergebiete regularisiert werden. Zu erwähnen

ist, daß die Finite Volumen Methode (FVM) denselben geometrischen Eigenschaften

unterliegt wie die FEM, also ebenso frei in der Wahl der Lage unstrukturierter Elemente oder

Zellen ist.

Die zweite besondere Eigenschaft ist, daß die Lösung des diskreten Problems a priori eine

vorgeschriebene Form hat. Die Lösung muß zu einem Funktionalraum gehören, der durch

variierende Funktionswerte in einer gegebenen Form so aufgebaut sein muß, daß sich ein

linearer oder quadratische Zusammenhang der Funktionswerte zwischen benachbarten

Knotenpunkten ergibt. Die Knotenpunkte, oder auch Knoten, sind typische Punkte auf den

Elementen wie etwa Eckpunkte, Punkte zwischen zwei Eckpunkten oder Mittelpunkte von

Elementen usw. Entsprechend dieser Wahl ist die Lösung der Differentialgleichungen streng

an die geometrische Aufteilung der Berechnungsgebiete gekoppelt. Diese Kopplung ist bei

FVM nicht so stark.

Die dritte besondere Eigenschaft ist, daß die FEM nicht nach der Lösung der PDE sieht

sondern nach einer integralen Form der PDE. In ihrer allgemeinsten Form ist das eine

gewichtete Residuenformulierung. Durch diese Formulierung erfährt diese Methode die

Fähigkeit, auf natürliche Weise differentielle Randbedingungen einzuarbeiten. Diese

Eigenschaft beschreibt den zweiten Vorteil dieser Methode, denn keine andere verfügt über

diese Möglichkeit.

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Die Kombination der Repräsentation der Lösung in einem gegebenen Funktionalraum mit der

integralen Formulierung und der rigorosen Randbedingungsbehandlung gibt der FEM eine

strenge und rigorose mathematische Grundlage. Dieses erlaubt beispielsweise eine präzise

Definition der Genauigkeit. Das Konzept der Genauigkeit ist dazu im Gegensatz bei FDM nur

schwach definiert, da es dort oft auf die analytische Regularität der Lösung ankommt.

Die vierte besondere Eigenschaft der FEM ist die modulare Art, in der die Diskretisierung von statten geht. Die diskreten Gleichungen sind aus Beiträgen auf Elementebene konstruiert, die anschließend zusammengesetzt werden. Historisch gesehen hat die FEM ihren Ursprung in der Strukturmechanik. Das ergibt einige

Namensgebungen aus dieser Terminologie. In der Strukturmechanik kann eine partielle

Differentialformulierung immer in eine Variationsformulierug überführt werden. Was einer

Minimierung gewisser Energieintegrale über ein Gebiet entspricht. Diese Formulierung

erstellt eine natürliche Integralformulierung für die FEM. In der Strömungsmechanik ist eine

Variationsformulierung im allgemeinen nicht möglich. Das macht es weniger anschaulich,

wie eine finite Elemente Methode in der Strömungsmechanik konstruiert werden kann.

Die Geschichte der numerischen Strömungsmechanik (CFD) zeigt, daß jeder entscheidende

Durchbruch zunächst in der FDM erzielt wurde und es immer etwa eines Jahrzehnts bedurfte,

um diesen auch in der FEM einzuführen. Es ist aber auch zu erkennen, daß, wenn einmal die

neue Idee auch in der FEM Fuß gefaßt hatte, die FEM danach fast ausschließlich angewendet

wurde. Das liegt einfach an der mathematischen Eleganz und Rigorosität dieser Verfahren.

Die Entwicklung der FEM ist bis heute für die Strömungsmechanik noch nicht abgeschlossen.

Es ist bestimmt anzunehmen, daß die Entwicklung der FEM für inkompressible und

kompressible Potentialprobleme und inkompressible Navier–Stokesprobleme niedriger bis

mittlerer Reynoldszahl nahezu abgeschlossen ist. Für komplexere Probleme wie kompressible

Euler– oder Navier–Stokes–Probleme ist diese bis heute noch nicht voll ausgereift. Das

erklärt sich von selbst, da diese Thematik auch für FDM noch nicht endgültig bewältigt ist.

In dem folgenden Text wird die FEM auf sehr einfache, rein mathematische Weise erklärt,

Bezug auf strömungsmechanische Probleme wird nur in verkürzter Form genommen. Zudem

wird aber auf mathematische Aspekte bei der Erklärung der FEM verzichtet, so daß

Kenntnisse in Funktionalanalysis und numerischer Mathematik kaum notwendig sind.

4.2 Starke und schwache Formulierung eines Randwertproblems

4.2.1 Starke Formulierung

Zur Betrachtung der starken Formulierungsweise wird das folgende eindimensionale

Randwertproblem bestehend aus einer Differentialgleichung gewählt:

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Xxfdx

du

dx

d ≤≤=

0λ (4.1)

mit den beiden unterschiedlichen Randbedingungen:

0)0( uu = (4.2)

und

( ) qXdx

du =λ (4.3)

Um allgemein zu bleiben, wird im folgenden für die Differentialgleichung folgendes

geschrieben:

fua =)( im Gebiet Ω (4.4)

Das Gebiet, auf das sie Anwendung findet, wird mit Ω bezeichnet. Die Randbedingung der

Form von Gl. (4.2) wird Dirichlet–Randbedingung genannt. Im folgenden wird sie generell

vereinfacht geschrieben:

00 )( gub = auf dem Rand δ Ω0 (4.5)

Die Randbedingung des Typs von Gl. (4.3), die auf der Basis des Flusses der Variablen

aufgebaut ist, wird Von–Neumann–Randbedingung genannt. Im folgenden wird sie abgekürzt,

allgemeingültig formuliert:

11 )( gub = auf dem Rand δ Ω1 (4.6)

Der Rand des Gebietes Ω wird mit δ Ω beschrieben. Der Teil, zu dem die Dirichlet–

Bedingung gehört, ist mit δ Ω0 bezeichnet und der, der mit der Von–Neumann–Bedingung

verbunden ist, mit δ Ω1.

Das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), wird in dieser Formulierung als starke Form

bezeichnet, da sie die Forderung nach Erfüllung der Differentialgleichung, Gl. (4.1), in allen

Punkten des Gebietes Ω stellt, ebenso die Erfüllung der Dirichlet–Randbedingung, Gl. (4.2),

in allen Punkten des Randes δ Ω0, hier in diesem Beispiel ist es nur einer, und die Erfüllung

der Von–Neumann–Randbedingung, Gl. (4.3), in allen Punkten des Randes δ Ω1, gleichfalls

hier nur ein Punkt.

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Bild 4.1 Finites Differenzengitter über das Intervall 0 ≤ x ≤ X

Einen Lösungsweg, die Forderungen dieses Randwertproblems zu erfüllen, bildet

bekannterweise die Finite Differenzen Methode (FDM). Diese besteht in der näherungsweisen

Lösung der Differentialgleichungen und der Randbedingungen in einer endlichen Zahl von

Punkten im Lösungsgebiet und auf den Rändern. Diese Punkte werden gewöhnlich so

gewählt, daß sie zu einem Gitter gehören, das eine gewisse Regularität aufweist. Für ein

eindimensionales Gebiet wird ein Netz oder Gitter mit konstanten oder auch äquidistant

genannten Gitterabständen gewählt, wie es in Bild 4.1 dargestellt ist. Der Gitterabstand

zwischen zwei Gitterpunkten wird mit ∆x bezeichnet. Wenn man den allgemeinen

Differenzenapproximationen folgt, so wird für die Ableitung du/dx eine zentrale

Formulierung innerhalb des Intervalls (xl,xl+1) angewendet.

x

uu

dx

du ll

l ∆−≈

+

+

1

2/1

(4.7)

Gleiches gilt für den Mittelpunkt des Intervalls (xl-1,xl)

x

uu

dx

du ll

l ∆−≈

1

2/1

(4.8)

Mit Hilfe der Gleichungen, Gln. (4.7) und (4.8), kann die Differentialgleichung, Gl. (4.1),

approximiert werden.

( ) ( )l

llllll fx

uuuu =∆

−−− −−++2

12/112/1 λλ (4.9)

Für konstantes λ vereinfacht sich das zu:

1211 2

fx

uuu lll =∆

+− −+λ (4.10)

Die Dirichlet–Randbedingung ist dann einfach

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00 uu = (4.11)

Die Von–Neumann–Randbedingung kann durch die sogenannte Spiegelungsmethode ins

Lösungssystem eingeführt werden. Es wird ein Punkt, der normalerweise außerhalb des

Gebietes liegt, eingeführt und dann anschließend eliminiert, wenn die Spiegelung vollzogen

ist. Dieser Punkt liegt bei (L+1). Die Diskretisierung der Differentialgleichung, Gl. (4.1), am

Endpunkt des Gebietes für L=1 wird bei richtiger Indizierung aus Gl. (4.9) entnommen.

Die Diskretisierung der Von–Neumann–Randbedingung, Gl. (4.3), lautet:

( ) ( )q

x

uu

x

uu LLLLLL =∆

−+∆

− −−++ 12/112/1

21

21 λλ

(4.12)

Die Kombination dieser Gleichung mit der diskretisierten Differentialgleichung ergibt somit:

xfx

uuq L

LLL ∆=

∆−− −

− 211

2/1λ (4.13)

Die Diskretisierung, die hier erreicht wurde, ist eine mit der Genauigkeit zweiter Ordnung

O(∆x2). Dieses wird klar, wenn man die Taylor–Reihenentwicklung für konstantes λ auf Gl.

(4.10) innerhalb des Gebietes anwendet. Am Von–Neumann–Rand ergibt sich für die Taylor–

Reihe nach Abbruch nach dem dritten Glied:

LLLL dx

udx

dx

duxuu

∆+

∆−≈− 2

22

1 2

1 (4.14)

Mit der Von–Neumann–Randbedingung

qdx

du

L

=

λ (4.15)

und der Differentialgleichung im Knoten L

L

L

fdx

ud =

2

2

λ (4.16)

wird das zu

LLL fx

qx

uuλλ

2

1 2

1 ∆+∆−≅− (4.17)

Für konstantes λ ist diese Gleichung mit Gl. (4.13) identisch.

Das ursprüngliche kontinuierliche Randwertproblem wird nun durch ein diskretes Problem

ersetzt, das aus der Lösung eines Satzes algebraischer Gleichungen besteht

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FUK = (4.18)

worin U ein Vektor ist, der aus den Elementen (u1, u2, ...., uL) besteht, und K eine Matrix, die

bei konstantem λ durch den folgenden Ausdruck gegeben ist:

−−−

−−−

=

11

121

.....

121

12

K (4.19)

Schließlich ist F die rechte Seite von Gl. (4.18) in der folgenden Weise bestimmt:

∆−∆

∆−

∆−

∆−

=

L

L

fx

qx

fx

fx

fx

u

F

λλ

λ

λ

λ

2

1

2

2

2

1

2

0

. (4.20)

Als Kommentar sei noch hinzugefügt, daß die typischste Eigenschaften der finiten

Differenzenmethoden (FDM) die Berechenbarkeit der Lösung nur auf den vorgewählten

Gitterpunkten ist, und nicht zwischen zwei benachbarten.

4.2.2 Gewichtete Residuenformulierung

Die erste wichtigste Eigenschaft der finiten Elementmethoden ist, daß eine Näherungslösung

gesucht wird, die in einen endlich dimensionierten Funktionalraum gehört. Dieser

Funktionalraum wird ein wenig später im Detail erklärt. Zunächst wird eine approximative

Lösung für das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), gesucht. Diese hat die Form:

∑=

+=N

kkk uu

1

ˆ φψ (4.21)

worin ψ eine Funktion ist, die die Randbedingungen Gln. (4.2) und (4.3) erfüllt und φk

Funktionen sind, welche die Randbedingungen derselben Form erfüllen, nur seien deren

rechte Seiten identisch Null. Für das gegebene Problem ist die Konstruktion von ψ

offensichtlich. Die Elemente des Funktionalraumes φk werden allgemein Basisfunktionen

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(base funktions) oder Formfunktionen (shape funktions) genannt. Da die Anzahl der Elemente

des Funktionalraumes endlich ist,

Nkk ....,,2,1; ==Φ φ (4.22)

kann im allgemeinen ein Ausdruck der Art von Gl. (4.21) die Differentialgleichung Gl. (4.1)

in jedem Punkt des Raumes nicht erfüllen. Das bedeutet, daß die Näherungslösung u mit der

exakten Lösung u nicht übereinstimmt. Natürlich sollte die Anzahl der Elemente des

Funktionalraums möglichst groß sein, um eine gute Übereinstimmung der

Näherungsgleichung, Gl. (4.21), mit dem exakten Problem zu erreichen. Das bedeutet, daß die

Näherung auf die exakte Lösung konvergiert. Diese Bedingung wird

Vollständigkeitsbedingung genannt.

Da eine Funktion u , Gl. (4.21), die Differentialgleichung, Gl. (4.1), nicht erfüllen kann, bleibt

nach Einsetzen der Gl. (4.14) in Gl. (4.1) ein Residuum, ein Rest, übrig:

( ) fuar −= ˆΩ in Ω (4.23)

Eine Näherungslösung des Randwertproblems wird nun gefunden, wenn man dieses

Residuum möglichst klein macht. In der FEM wird das dadurch erreicht, daß eine passende

Anzahl von gewichteten Integralen des Residuums über Ω identisch Null sein muß.

Nldrwl .....,,2,10 ==ΩΩΩ∫ (4.24)

worin

NlwW l .....,,2,1; == (4.25)

ein Satz von Wichtungsfunktionen ist. Offensichtlich erfordert die Konvergenzforderung

ebenso eine Vollständigkeitsforderung für den Raum der Wichtungsfunktionen. Das bedeutet,

daß für N → ∞ auch rΩ → 0 gehen muß.

Natürlich ist mit der Forderung nach der Vollständigkeit für N → ∞ eine Formulierung mit

gewichteten Residuen, Gl. (4.24), für eine Funktion der Form Gl. (4.21) äquivalent mit der

starken Formulierung des Randwertproblems, Gln. (4.1) bis (4.3). Eine Näherungslösung wird

dann mit einer nur endlichen Zahl N der gewichteten Integrale erzielt.

4.2.3 Galerkin Formulierung

Unter den möglichen Sätzen von Wichtungsfunktionen sind die folgenden die Verbreitetsten.

Die Gewichtsfunktionen können Dirac–Delta–Funktionen in N Punkten sein. Diese Methode

wird Punkt–Kollokationsmethode genannt. Offensichtlich hat das auch eine Ähnlichkeit mit

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der FDM–Herangehensweise. Eine weitere Wahl der Wichtungsfunktionen wird durch die

folgenden Bedingungen gegeben:

1=lw für xl ≤ x ≤ xl+1 (4.26)

0=lw für x < xl oder x > xl+1 (4.27)

Der gewichtete Residuenansatz, Gl. (4.24), fordert nun, daß das Integral über das Residuum in

N Untergebieten ebenso Null wird. Diese Methode wird Untergebiets–Kollokationsmethode

genannt. Ganz offensichtlich ist die Finite Volumen Methode (FVM), in der nicht die

differentielle Form der Gleichungen sondern eine integrale Form der Differentialgleichungen

diskretisiert wird, eine spezielle Klasse dieser Kollokationsmethode.

Die beliebteste Wahl für die Wichtungsfunktionen in der FEM ist die Wahl der Formfunktion

selbst.

llw φ= (4.28)

Diese Vorgehensweise wird Galerkinmethode genannt. Das beinhaltet, daß das Residuum als

senkrecht gegenüber dem Raum der Formfunktionen angenommen wird, das ist ein Ergebnis

der Skalarproduktbildung.

Um die Galerkinmethode zu illustrieren, wird das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), für

konstantes λ betrachtet. Für die Randbedingungsfunktion ψ wird eine lineare Verteilung

angenommen:

xq

ψ += 0 (4.29)

Gleichfalls wird als ein Beispiel der Gl. (4.21) für den Ansatz der Näherungslösung eine

Fourier–Sinus–Reihenentwicklung gewählt für u:

∑∑==

++=′

+=N

hkk

N

kk ux

qh

X

xkuu

10

1

sinˆ φλ

πψ (4.30)

worin 21−=′ kk ist. Dann wird aus dem Residuum, Gl. (4.22):

fX

xk

X

kur

N

kk −

′−= ∑

=

ππλΩ1

2

sin (4.31)

Die Galerkinmethode ergibt dann:

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∫∑

′−

=′′

=

X

o

X

o

N

kk

dxfX

xl

dxX

xl

X

xk

X

ku

π

πππλ

sin

sinsin2

1

(4.32)

Es ist bekannt, daß:

2sinsin

Xdx

X

xl

X

xkX

o

=′′

∫ππ

für k´ = l´ (4.33)

0sinsin =′′

∫ dxX

xl

X

xkX

o

ππ für k´ ≠ l´ (4.34)

und daraus ergibt sich dann für einen Punkt:

dxX

xlf

l

Xu

X

l ∫′

′−=

022 sin

2 πλπ

(4.35)

Die bisher beschriebene Methode, um ein Randwertproblem mit Hilfe einer Näherungslösung

zu bestimmen, ist keine FEM, sondern sie gehört zu den sogenannten Spektralmethoden. Die

FEM hat allerdings denselben Startpunkt. Bevor der nächste Abschnitt zu der FEM begonnen

wird, sollte noch erwähnt werden, daß noch eine weitere grundsätzliche Forderung zur Basis,

auf der die Methode der finiten Elemente beruhen, existiert. Das ist die sogenannte Methode

der kleinsten Fehlerquadrate oder least–squares–Formulierung, die auf der Basis der

Minimierung des folgenden Integrals beruht:

∫Ω

Ω Ωdr 2 (4.36)

4.2.4 Schwache Formulierung

Bei vielen Problemen ist es nicht möglich, eine Funktion dergestalt zu formulieren, daß sie

die Randbedingungen korrekt erfüllt und einen Ausdruck für einen Näherungslösung ähnlich

der Gl. (4.21) erzeugt. Allgemein kann aber eine Näherungslösung etwa so ausgedrückt

werden:

∑=

=N

kkk uu

1

ˆ φ (4.37)

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Jetzt hat die Näherungslösung nicht nur ein Residuum in Bezug auf die Feldgleichung,

Gl. (4.4), sondern auch auf die Randbedingungen, Gln. (4.5) und (4.6):

000 )ˆ( gubr −= (4.38)

und

111 )ˆ( gubr −= (4.39)

Ein gewichtetes Residuum in nun von der Form:

010

11

00

∫∫∫ΩΩΩ

Ω =Ω+Ω+Ω∂∂

drwdrwdrw lll (4.40)

Das verkompliziert die Formulierung, da weitere Wichtungsfunktionen auf den Rändern

bestimmt werden müssen. Da die Anzahl der Freiheitsgrade der Näherungslösung, Gl. (4.37),

N ist, kann eine gleiche Zahl von unabhängigen Wichtungsfunktionen wi ausgesucht werden,

während wl0 und wl

1 von wl abhängig sind. In der Praxis gibt es sehr oft einen natürlichen

Weg, diese Wichtungsfunktionen zu bestimmen. Für das vorliegende Problem, Gln. (4.1) bis

(4.3), wird aus Gl. (4.40):

[ ] 0)(ˆ

)0(ˆˆ 1

00

0

=

−+−+

∫ qX

dx

udwuuwdxf

dx

ud

dx

dw ll

X

l λλ (4.41)

Natürlich reduzieren sich die Gewichtsfunktionen dieses Problems auf den Rändern zu

Gewichtsfaktoren wl0 und wl

1.

Bei der partiellen Integration angewendet auf den ersten Term ergibt sich aus Gl. (4.41):

[ ] 0)(ˆ

)0(ˆ

ˆˆ

10

0

000

=

−+−+

−− ∫∫

qXdx

udwuuw

dxfwdxdx

ud

dx

dw

dx

udw

ll

X

l

Xl

X

l

λ

λλ

(4.42)

Diese gewichtete Residuenformulierung wird erheblich durch eine geschickte Wahl des

Wichtungsfaktors für die Von–Neumann–Randbedingung vereinfacht.

)(1 Xww ll = (4.43)

Die gewichtete Residuenformel, Gl. (4.42) vereinfacht sich zu:

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[ ] 0)()0(ˆ

)0(ˆ

)0(ˆ

00

00

=+−+

−−− ∫∫

qXwuuw

dxfwdx

udwdx

dx

ud

dx

dw

ll

X

ll

Xl λλ

(4.44)

Falls weiterhin die Dirichlet–Randbedingung in die Näherungslösung eingebunden werden

könnten, dann können die Wichtungsfunktionen und -faktoren am Dirichlet–Rand zu Null

gefordert werden. Daraus ergibt sich eine weitere Vereinfachung.

0)(ˆ

00

=+−− ∫∫ qXwdxfwdxdx

ud

dx

dwl

X

l

Xlλ (4.45)

Dabei gilt am Dirichlet–Rand für die Näherungslösung:

0)0(ˆ uu = (4.46)

und für den Wichtungsfaktor:

0)0( =lw (4.47)

Die Gleichung für das gewichtete Residuum, Gl. (4.45), wird schwache Formulierung

genannt. Es ist klar, daß die schwache Formulierung der Gln. (4.45) bis (4.47) keineswegs

identisch ist mit der starken Formulierung der Gln. (4.1) bis (4.3), auch wenn N → ∞ erreicht

wird. Bei der Konstruktion der schwachen Formulierung erfüllt jede Lösung der starken

Lösung die der schwachen. Das Umgekehrte gilt dagegen nicht. Die schwache Formulierung

erlaubt Lösungen, die eine geringere Regularität haben als sie für die starken gefordert wird.

Das nun ist der Ursprung für die Bezeichnung stark und schwach. So muß für das

Gleichungssystem, Gln. (4.1) bis (4.3), die erste Ableitung zusammenhängend kontinuierlich

sein. Man beschreibt das so, indem man von einem Grad der Regularität C1 spricht. Die

entsprechende schwache Formulierung des Problems, Gln. (4.45) bis (4.47), fordert nur die

Stetigkeit von der Funktion selbst. Der dazu notwendige Grad der Regularität ist C0.

Für die Strömungsmechanik ist dieses aber genau das Erwünschte. Die Gleichungen der

Strömungsmechanik entstehen aus integralen Annahmen, das bedeutet, sie entstehen aus den

sogenannten Erhaltungssätzen, die ein um ein Grad niedrigere Regularität besitzen als die

partiellen Differentialgleichungen, die man aus diesen integralen Betrachtungen gewinnen

kann.

Abschließend kann noch bemerkt werden, daß die schwache Formulierung, Gl. (4.45), im

Falle ausreichender Regularität durch partielle Rückwärtsintegration zu einer Vereinfachung

der Gl. (4.41) führt.

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0)(ˆ

)(ˆ

0

=

−+

∫ qX

dx

udXwdxf

dx

ud

dx

dw l

X

l λλ (4.48)

Für eine unendliche Zahl von Freiheitsgraden für N → ∞ bestätigt das eine exakte Erfüllung

der Differentialgleichung und der Von–Neumann–Randbedingung.

In der schwachen Formulierung müssen die Von–Neumann–Randbedingungen nicht in einer

expliziten Form der Lösung aufgeprägt werden. Randbedingungen diesen Typs werden auf

natürliche Weise über die partielle Integration in die Formulierung aufgenommen. Aus

diesem Grund werden diese Randbedingungen natürliche Randbedingungen genannt. Die

Randbedingungen, die dennoch explizit in die schwache Formulierung aufgenommen werden

müssen, werden notwendige Randbedingungen genannt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die schwache Formulierung in die folgende Form

gebracht werden kann:

∫ ∫ ∫Ω Ω Ω

Ω−Ω=Ω1

1)ˆ()(∂

dgwdfwdudwc lll (4.49)

mit den Dirichlet–Randbedingungen

0gu = (4.50)

0=lw auf ∂ Ω0 (4.51)

worin die Operatoren c(..) und d(..) durch die partielle Integration von:

∫Ω

Ωduawl )ˆ( (4.52)

entstehen.

4.2.5 Variationsformulierung

Im Falle von elliptischen selbstadjungiert Randwertproblemen ist die schwache Formulierung

äquivalent der Minimierung des Funktionals verbunden mit dem Randwertproblem.

Historisch gesehen hat die Minimierungsformulierung oder auch Variationsformulierung

genannt eine dominante Rolle in der Entwicklung der Finiten Element Methoden gespielt.

Variationsmethoden haben weiterhin eine wichtige Funktion in der Strukturmechanik wie

auch in der mathematischen Theorie der FEM, insbesondere im Hinblick auf die Lösbarkeit

und ihre Eindeutigkeit. Hier sollen diese Methoden nicht diskutiert werden.

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4.2.6 Schlußbemerkungen

Die erste wichtige Eigenschaft bei der Entwicklung der FEM ist die Möglichkeit der

schwachen Formulierung eines Randwertproblems. Obwohl andere Möglichkeiten der

Formulierung wie die gewichtete Residuenformulierung oder die Formulierung der least–

squares bestehen, ist die Standard–FEM auf der schwachen Formulierung aufgebaut. Im

folgenden Text wird nur Bezug auf diese Formulierung genommen. Falls möglich wird der

Galerkin–Ansatz gewählt, bei dem die Formfunktionen den Gewichtsfunktionen gleichgesetzt

werden. Man wird allerdings sehen, daß Modifikationen der Standardmethode manchmal

notwendig sind. Die Standardwahl ist mit dem Namen Bubnov–Galerkin–Methode verbunden.

Wenn modifizierte Gewichtsfunktionen angewendet werden müssen, dann heißt die Methode

Petrov–Galerkin–Methode.

4.3 Stückweise definierte Formfunktionen

4.3.1 Finite Element Interpolation

Eine zweite wichtige Eigenschaft der FEM ist die stückweise Methode, in der die Form- und

Gewichtsfunktionen aufgebaut werden können. Das Gebiet Ω ist in nichtüberlappende

Untergebiete Ωe den Elementen einfacher geometrischer Form untergliedert. Beispielsweise

ist in Bild 4.2 die Wahl eines solchen Elementes offensichtlich ein Intervall xl-1 ≤ x ≤ xl

Bild 4.2 Konstruktion eines Finite Elemente Gitters im Intervall 0 ≤ x ≤ X

Das Integral in der schwachen Formulierung, Gl. (4.45), kann in eine Summe von Integralen

über Elemente aufgeteilt werden:

( ) ( )∫ ∑ ∫Ω Ω

Ω=Ωe

e

dd (4.54)

In einer solchen stückweisen Zusammensetzung eines Gebietes ist es von der numerischen

Betrachtungsweise her sinnvoll, so viel wie möglich Nullbeiträge von solchen Integralen zu

erzielen. Dieses kann erreicht werden, wenn die Formfunktionen und die Gewichtsfunktionen,

die zu einem Index gehören, nur in einer möglichst geringen Zahl zu diesem Index

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verschieden von Null sind. Form- und Gewichtsfunktionen, die nur in einem kleinen Satz von

Elementen verschieden von Null sind, von denen wird gesagt, daß sie einen kompakten

Träger haben. In der FEM werden Form- und Gewichtsfunktionen mit kompaktem Träger

über ein Interpolationsproblem über das Gebiet konstruiert. Eine Näherungsfunktion u , die

durch lineare Interpolation zwischen Funktionswerten uk, die in Gitterpunkten des Gitters aus

Bild 4.2 erzeugt werden kann, ist folgendermaßen definierbar:

k

L

kk uu ∑

=

=0

ˆ φ (4.55)

Die Formfunktionen φk in diesem Ausdruck haben die Hutform, die in Bild 4.3 dargestellt ist.

Bild 4.3 Stückweise lineare Formfunktion für ein eindimensionales Gebiet

Für eine Darstellung einer Funktion, die auf der Basis einer Interpolation erzeugt wurde,

haben die Werte uk in der Formel, Gl. (4.55), die Bedeutung von Funktionswerten in

Gitterpunkten. Andere Interpolationsschemata sind auch möglich. In Bild 4.4 ist die

stückweise konstante Formfunktion als Interpolationsschema dargestellt.

Bild 4.4 Stückweise konstante Formfunktion für ein eindimensionales Gebiet

Die Werte uk müssen hier als Funktionswerte in den Mittelpunkten der Elemente angesehen

werden. Ähnlich ist die stückweise quadratische Interpolation in Bild 4.5.

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Bild 4.5 Stückweise quadratische Interpolation für ein eindimensionales Gebiet

In allen aufgezeigten Fällen repräsentieren die Werte uk Funktionswerte in besonderen

Punkten, die mit den Elementen verbunden sind. In der Technik der finiten Elemente heißen

diese Punkte Knoten. Es ist sicher auch möglich, Interpolationsformeln zu konstruieren, in

denen die Werte uk nicht notwendigerweise auch Funktionswerte oder Werte von Ableitungen

in Knoten darstellen müssen. Diese werden dann knotenfreie Variable genannt. In diesem

Text werden nur Knotenvariablen behandelt.

Als einfaches Beispiel soll das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), mit stückweise linearer

Formfunktion und der schwachen Formulierung nach Standard–Galerkin betrachtet werden.

Die Näherungslösung wird dann durch die folgende Gleichung darstellbar:

∑ ∑∑==

==e j

jejk

L

kk uuu

2

10

ˆ φφ (4.56)

In Gl. (4.56) ist die Summe über die Knoten als Doppelsumme ausgedrückt worden, die erste

zählt über die Elemente und die zweite über die Knoten, die zu den Elementen gehören. Die

Formfunktionen φk die mit den Knoten verbunden sind, heißen globale Formfunktionen. Auf

der Ebene der Elemente heißen die Formfunktionen φje lokale Formfunktionen oder

Elementformfunktionen.

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Bild 4.6 Stückweise lineare Elementformfunktionen.

Bild 4.6 zeigt eine Formfunktion auf der Elementbasis. Die Basisfunktionen können

folgendermaßen geschrieben werden:

e

ee

e

ee

x

xx

x

xx

∆−

=

∆−=

−12

1

φ

φ

(4.57)

Hieraus folgt nach Ableitung:

e

e

e

e

xdx

d

xdx

d

∆=

∆−=

1

1

2

1

φ

φ

(4.58)

Die schwache Formulierung nach Galerkin, Gl. (4.45), ist dafür:

0)(ˆ

00

=+−= ∫∫ qXwdxfwdxdx

ud

dx

dwl

X

l

Xlλ (4.59)

Für l = e ≠ L gilt für das Integral auf der linken Seite von Gl. (4.59) für konstantes λ:

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∆−

∆+

∆+

∆−=

∆+

∆−

∆−+

∆+

∆−

∆=

++

+=

+++

Ω+

+++Ω−

Ω+

+++

Ω−

∫∫

∫∫

+

+

111

1

1111

1

1

12

11

112

112

1

1111

111111

1

1

ee

ee

ee

ee

ee

eee

ee

eee

e

e

e

ee

e

e

e

eee

ux

ux

ux

ux

dxux

uxx

dxux

uxx

dxudx

du

dx

d

dx

ddxu

dx

du

dx

d

dx

dI

ee

ee

λ

λ

φφφφφφλ

(4.60)

Für l = L wird aus dem Integral:

∆+

∆−= − L

LL

L

L ux

ux

I11

11 λ

(4.61)

Zu bemerken ist, daß wegen der notwendigen Randbedingung im Knoten 0, w0 = 0. Daher gilt

auch I10 = 0. Nach der Interpolation von f ebenso wie bei uk wird das Integral auf der rechten

Seite von Gl. (4.59) für l = e ≠ L:

[ ] [ ]

∆+∆+

∆+∆=

+++=

=

+++

Ω+

+++

Ω−

=

∫∫

∫ ∑

+

111

1

11

21

11

12112

0 02

6336

1

ee

ee

ee

ee

ee

eee

ee

eee

X L

kkke

e

fx

fx

fx

fx

dxffdxff

dxfwI

ee

φφφφφφ

φ

(4.62)

Für l = L ergibt das Integral

LL

LLL f

xf

xI

36 12

∆+∆= − (4.63)

Für l = 1,...,L-1 wird die schwache Formulierung im Falle konstanter Intervallänge

[ ]

++∆−=−+−∆ +−+− 1111 6

1

3

2

6

12 llllll fffxuuu

x

λ (4.64)

Die Gleichung, die zu dem letzten Knoten gehört, ist:

[ ] qffxuux LLLL +

+∆−=+−∆ −− 3

1

6

111

λ (4.65)

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Diese Gleichungen sind verglichen mit denen der Finiten Differenzenverfahren (FDM) nicht

wesentlich anders, was typisch für die einfachsten FEM ist. Das vorgestellte einfache Beispiel

erlaubt drei Feststellungen allgemeiner Art zu treffen.

1. Obwohl bei der stückweisen linearen Repräsentation die Näherungslösung die starke

Form des Randwertproblems in keinem Punkt des Gebietes erfüllen kann, zeigt jedoch

die Lösung über die schwache Formulierung eine gültige Approximation des Problems.

Tatsächlich ist nämlich die zweite Ableitung der Näherungslösung innerhalb der

Elemente Null oder endlich auf Gitterpunkten. Somit gibt es keine Möglichkeit, die

Differentialgleichung durch eine solche Funktion zu erfüllen.

2. Im Vergleich der FEM Ausdrücke, Gln. (4.64) und (4.65), mit den entsprechenden der

FDM, Gln. (4.10) und (4.13), sieht man, daß die Genauigkeit nicht durch Hinzufügen

der Beiträge für nichtdifferenzierte Terme wie etwa f von nichtzentralen zu zentralen

Knoten verletzt wird. Dieser Prozeß wird lumping (zusammenfassen) genannt. Er wird

oft zur Vereinfachung von finiten Elementausdrücken verwendet. In diesem Beispiel

faßt man:

++ +− 11 6

1

3

2

6

1lll fff zu fl

zusammen und

+− LL ff3

1

6

11 zu ½ fL

Das Ergebnis dieser Zusammenfassung hätte automatisch erzielt werden können, wenn

f durch eine stückweise konstante Funktion in einem verflochtenen Gitter aus Bild 4.7

repräsentiert worden wäre.

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Bild 4.7 Stückweise konstante Interpolation des nicht abgeleiteten Terms in einem verflochtenen finite Elementgitter, das zu Lumping führt.

Diese Bemerkung ist auch deshalb von Bedeutung, weil sie zeigt, daß Variablen, die

mit unterschiedlichen Ableitungen auftreten, auf verschiedene Weisen approximiert

werden können, also mit unterschiedlichen Interpolationsstrukturen oder sogar in

unterschiedlichen Gittern. Das bedeutet, daß die FEM keine starre Methode ist, sondern

recht viele Varianten erlaubt. Daher ist es mehr gerechtfertigt, von einer Finite

Elemente Technik zu sprechen.

3. Weiterhin kann bemerkt werden, daß die FEM als ein systematischer Weg zur

Erstellung von Differenzennäherungen bezeichnet werden kann. Für das einfache hier

behandelte Beispiel für konstante Schrittweite, für konstanten Feldparameter λ und

unter der Anwendung der Zusammenfassung (lumping) reproduziert die FEM mit

stückweise linearer Formfunktion eine finite Differenzenapproximation zweiter

Ordnung. Daraus folgt, daß die FEM für allgemeinere Anwendungen wie variable

Gitterabstände und nicht konstante Feldparameter unter Benutzung von stückweisen

Formfunktionen durchaus weiterhin Differenzenapproximationen zweiter Ordnung

erzeugt. Diese systematische Natur der FEM wird in den nächsten Abschnitten weiter

erörtert.

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4.3.2 Finite Elemente mit C0–Kontinuität in zwei Dimensionen

4.3.2.1 Dreieckige Elemente Bild 4.8 zeigt ein Gebiet mit Unterteilung in nichtüberlappende Elemente mit geradliniger

Dreieckform. In jedem Element wird eine lokale Interpolation definiert. Nun werden

Interpolationen betrachtet, die eine Kontinuität der interpolierten Funktionen garantieren.

Bild 4.8 Dreieckbildung eines zweidimensionalen Gebietes

Bild 4.9 stellt ein dreieckiges Element dar, das Knoten an den Ecken besitzt. Eine Funktion

kann in dem Dreieck in einer linearen Weise interpoliert werden, die auf den Werten der

Funktion in den Knoten aufbaut.

Bild 4.9 Lineares Dreieck

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In dem lokalen Koordinatensystem (ξ,η) wird eine solche interpolierte Funktion

folgendermaßen geschrieben:

∑=

=3

1

),(j

jej uu ηξφ (4.66)

worin φje die lokalen Interpolationsfunktionen sind. In diesem Fall müssen die φj

e die

folgenden Ansatz erfüllen:

ηξφ 21 bbaej ++= (4.67)

dabei ist φje eine lineare Funktion von ξ und η und zwar:

ijfür

ijfür

iiej

iiej

≠=

==

0),(

1),(

ηξφ

ηξφ (4.68)

Es ist leicht nachzuvollziehen, daß für die Elemente dargestellt in Bild 4.9 die folgenden

Interpolationsfunktionen gelten:

ηηξφ

ξηξφ

ηξηξφ

=

=

−−=

),(

),(

1),(

3

2

1

e

e

e

(4.69)

Diese sind in Bild 4.10 dargestellt.

Bild 4.10 Lineare Elementformfunktionen für ein Dreieck

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Natürlich kann auch die lokale Interpolationsfunktion auch als eine Funktion der globalen

Koordinaten ausgedrückt werden, indem man eine Koordinatentransformation zwischen (ξ,η)

und (x,y) durchführt.

=

=

=

=

3

1

3

1

),(

),(

jj

ej

jj

ej

yy

xx

ηξφ

ηξφ

(4.70)

Es ist natürlich, daß in der Koordinatentransformation, Gl. (4.70), dieselbe lokale

Interpolationsfunktion auftaucht wie in der Interpolation der Funktionswerte, Gl. (4.66),

selbst.

Wenn diese beschriebene Interpolationsstruktur auf jedes Element angewendet wird, so ist

klar, daß eine C0–Kontinuität in dem gesamten Gebiet erreicht wird. Die Interpolation selbst

ist stückweise linear. Durch Summation über alle Elemente erhält man:

∑ ∑=e ej

jej uu

,

),( ηξφ (4.71)

Hierin bedeutet Σe die Summe über alle Elemente Ωe des Gebietes Ω und Σj,e die Summe über

alle Knoten des Elementes Ωe. Gl. (4.71) kann auch in ihrer inversen Form geschrieben

werden.

∑ ∑ ∑==k ke k

kkkej uuu

,

),( φηξφ (4.72)

Hierin bedeutet Σk die Summe über alle Knoten des Gebietes Ω und Σe,k die Summe über

Elemente in der Umgebung des Knotens k. In Gl. (4.72) sind die φk die globalen

Interpolationsfunktionen oder Formfunktionen. Bild 4.11 zeigt einige Beispiele. Die Ordnung

der Interpolation innerhalb eines jeden Dreiecks kann durch Erhöhung der Knotenzahl

vergrößert werden.

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Bild 4.11 Lineare Formfunktion für dreieckige Elemente

Um quadratische Interpolationsfunktionen benutzen zu können, müssen natürlich sechs Knoten eingeführt werden; für kubische Funktionen braucht man zehn Knoten und so fort.

In Bild 4.12 sieht man ein quadratisches Element mit sechs Knoten, drei Knoten in den Ecken und drei Knoten auf den Seitenmitten.

Bild 4.12 Quadratisches Dreieck

Die hierzu notwendigen lokalen Interpolationsfunktionen müssen folgender Gleichung genügen:

22212

21121 ηηξξηξφ cccbbae

j +++++= (4.73)

mit

ijfür

ijfür

iiej

iiej

≠=

==

0),(

0),(

ηξφ

ηξφ (4.74)

Als Beispiel gilt:

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)221()1(1 ηξηξφ −−−−=e (4.75)

Obwohl innerhalb der Elemente eine höhere Ordnung der Interpolation gewählt wird, bleibt

die Kontinuität C0 zwischen den Elementen wie in dem linearen Fall erhalten. Auch kann die

Koordinatentransformation, Gl. (4.70), mit Basisfunktionen erster Ordnung gegeben sein.

Eine andere Möglichkeit wird im Abschnitt über isoparametrische Elemente besprochen. Bild

4.13 beschreibt die sogenannten Pascal Dreiecke mit den dazugehörigen C0

Dreieckelementen.

Bild 4.13 Lagrangefamilie von dreieckigen Elementen

Diese Elemente sind aus der Lagrange Familie der dreieckigen Elemente. Die Beschränkung

dieser Elemente auf eine Dimension und die Erweiterung auf drei Dimensionen, nämlich

Tetraeder, ist offensichtlich. Der Vorteil, Elemente höherer Ordnung zu verwenden, liegt in

ihrer Fähigkeit, für eine gegebene Elementgröße eine genauere Repräsentation von beliebig

variierenden Funktionen zu erzielen. Eine genauere Repräsentation kann auch durch eine

kleinere Elementgröße von Elementen niedrigerer Ordnung erreicht werden. In der Praxis

müssen die Ordnung der Elemente und ihre Größe gemäß der zu erwartenden Computerarbeit

wechselseitig optimiert werden. Üblicherweise sind quadratische Elemente vorzuziehen.

4.3.2.2 Vierseitige Lagrange Elemente In Bild 4.14 ist ein geradliniges vierseitiges Element mit vier Knoten gezeigt. Es ist in einem

lokalen ( , )ξ η –Koordinatensystem abgebildet.

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Bild 4.14 Bilineare viereckige Elemente

Lokale bilineare Interpolationsfunktionen können folgendermaßen dafür gebildet werden:

ξηηξφ 1221 cbbaej +++= (4.75)

)1()1(1 ηξφ −−=e (4.76)

)1(2 ηξφ −=e (4.77)

ηξφ =e3 (4.78)

ηξφ )1(4 −=e (4.79)

Indem man zu der Elementform von Bild 4.14 Knoten hinzufügt, kann man biquadratische,

bikubische oder ähnliche Konstruktionen ausführen. Beispielsweise beinhaltet ein

biquadratisches Element neun Knoten. Bild 4.15 zeigt ein Pascal–Dreieck mit den

assoziierten vierseitigen Elementen.

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Bild 4.15 Lagrange–Familie von vierseitigen Elementen

Diese Vierseitenelemente formen ebenso eine Lagrange–Familie.

4.3.2.3 Vierseitige Serendipity Elemente Eine Begutachtung eines Pascal–Dreieckes mit Vierseitigen Lagrange–Elementen zeigt, daß

ein quadratisches Element Terme der dritten und vierten Ordnung in dem Ausdruck für die

lokale Formfunktion entwickelt. Diese höheren Ordnungsterme formen kein vollständiges

Polynom und folglich führen sie zu keiner Erhöhung der Interpolationsordnung. Auf der

anderen Seite fördern diese höheren Ordnungsterme in den lokalen Basisfunktionen

unliebsame Oszillationen in den interpolierten Daten. Daher werden im allgemeinen die

Terme höchster Ordnung dadurch eliminiert, daß man die inneren Knoten in den Elementen

wegläßt.

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Bild 4.16 Serendipityfamilie von vierseitigen Elementen

Das erzeugt die sogenannte serendipity–Familie, für welche das Pascal–Dreieck und einige

Beispiele in Bild 4.16 gegeben sind. In der Praxis wird das quadratische serendipity Element

wegen seiner Attraktivität häufig benutzt.

4.3.2.4 Isoparametrische Elemente Es ist natürlich viel sinnvoller, für Körper mit gekrümmten Oberflächen auch Elemente mit

gekrümmten Seiten zu verwenden. Elemente mit krummlinigen Seiten können offensichtlich

durch Abbildungen von einem geradlinigen Koordinatensystem, das vorzugsweise in den

vorherigen Abschnitten verwendet wurde, in ein krummliniges transformiert werden. Um

diese Abbildungen nicht zu sehr zu verkomplizieren, werden gewöhnlich die Vorschriften zur

Koordinatentransformation, Gln. (4.70), basierend auf den lokalen Formfunktionen gewählt.

=

=

jj

ej

jj

ej

yy

xx

),(

),(

ηξφ

ηξφ

(4.80)

Bild 4.17 demonstriert, wie eine Koordinatentransformation mit den Gln. (4.80) ein

quadratisches serendipity Element im Vergleich zu einem linearen Element verformt. Daraus

erkennt man, daß mit quadratischen Elementen durchaus geometrisch komplexe Oberflächen

nachgebildet werden können.

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Bild 4.17 Isoparametrische Abbildung von Elementen

Elemente, für die die Transformationsvorschriften identisch sind mit denen der

Interpolationsformeln, werden isoparametrische Elemente genannt. Wie in Bild 4.17 gezeigt,

können diese Elemente so betrachtet werden, als wären sie von einem quadratischen Element

in einem rechtwinkligen (ξ,η)–Koordinatensystem abgebildet worden. Das Basiselement in

dem nicht gekrümmten Koordinatensystem wird Mutter- oder Elternelement genannt.

4.3.3 Finite Elemente mit C1–Kontinuität

Wenn gewichtete Residuenformulierungen zweite Ableitungen besitzen, ist unbedingt

Kontinuität bis zu den Ableitungen erster Ordnung vorgeschrieben. In einer Dimension ist das

ohne weiteres dadurch möglich, daß man Knotenwerte der Steigungen von Funktionen mit

einschließt. Für ein Element mit zwei Eckpunkten lautet die Interpolationsfunktion:

'24

'132211 )()()()( uuuuu ξψξψξψξψ +++= (4.81)

mit

)1(

)0(

)1(

)0(

''2

''1

2

1

==

==

==

==

ξ

ξ

ξ

ξ

uu

uu

uu

uu

(4.82)

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Mit Hilfe eines kubischen Polynoms findet man:

21 )1()21( ξξψ −+= (4.83)

22 )23( ξξψ −= (4.84)

23 )1( ξξψ −= (4.85)

24 )1( ξξψ −= (4.86)

Ein Element diesen Typs heißt Hermit–Element.

Im mehrdimensionalen Raum kann keine Kontinuität bis zur Ableitung erster Ordnung auf

diese einfache Art erreicht werden. Zum Beispiel ist es unmöglich, C1–Kontinuität mit nur

Eckpunkten zu erreichen insbesondere, wenn man nur Funktionswerte und erste Ableitungen

an diesen Knoten erzeugt. Mit einem dreieckigen Element wird das einfachste Element

erzielt, wenn Seitenmittelpunkte hinzugefügt werden, in denen die Normalableitung

vorgeschrieben ist. Für solch ein Element sind jedoch die Zahlen der Freiheitsgrade für die

Seitenmittenknoten und die Eckknoten unterschiedlich. Das ist rechentechnisch recht

kompliziert und es müssen kompliziertere Elemente mit einheitlichen Freiheitsgraden

vorgezogen werden. Es muß allerdings bemerkt werden, daß es durchaus üblich ist, auch bei

Problemen, in denen zweite Ableitungen auftauchen, Elemente zu benutzen, die keine C1–

Kontinuität besitzen. Diese Elemente werden dann nicht–konforme Elemente genannt. Für

eine weitere Diskussion über konforme und nicht–konforme Elemente wird auf die Literatur

verwiesen. Dieses Thema ist nicht unbedingt in Zusammenhang mit der Strömungsmechanik

zu setzen, da hier überwiegend erste Ableitungen auftauchen und die zweiten in der

Minderzahl sind. Nur in seltenen Fällen, in denen Stromfunktionen eingeführt werden, liegen

partielle Differentialgleichungen höherer Ordnung vor.

4.4 Ausführung der Finite Elemente Methode

4.4.1 Assemblierung

Der dritte und letzte wichtige Punkt der FEM ist der Weg, wie die Knotengleichungen

arrangiert werden. Wie im Beispiel des letzten Abschnittes zu sehen war, führt die Integration

der schwachen Lösung zu einer Summe von Beiträgen auf Elementen, die an dem zu

behandelnden Knoten anschließen. Statt die Integration über einen Satz von Elementen, die

sich um einen Knotenpunkt herumlegen, auszuführen, könnte man die Integration erst an allen

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Elementen einzeln ausführen, um anschließend die Knotengleichungen durch Addition der

Beiträge der benachbarten Elemente zu konstruieren. Dieser Prozeß wird Assemblierung

genannt. Das hat den Vorteil, daß die Integration an allen Elementen auf dieselbe Weise

gemacht werden kann, sozusagen mit ein und derselben Routine. Beispielsweise ist für Gl.

(4.59) das Integral auf der linken Seite an einem Element Ωe bei weggelassenem Index l:

dxudx

du

dx

dw

dx

dw

dx

ddx

dx

ud

dx

dw ee

ee

ee

ee

ee

+

+= ∫∫

ΩΩ2

21

12

21

1ˆ φφφφλλ (4.87)

Eine Elementmatrix Keij kann definiert werden als:

dx

d

dx

dK

ej

eie

ij

e

φφλ ∫Ω

= (4.88)

Offensichtlich ist diese Matrix:

−−

∆=

11

11

e

e

xK

λ (4.89)

Die Komponenten der Systemmatrix in dem globalen System

FUK = (4.90)

können somit durch Addition von Komponenten der Elementmatrix gefunden werden.

Beispielsweise gilt:

lll KK 211, =− (4.91)

11122,

++= llll KKK (4.92)

1121,

++ = l

ll KK (4.93)

Die Systemmatrix K in Gl. (4.90) wird im allgemeinen Steifigkeitsmatrix genannt. Dieser

Ausdruck hat offensichtlich seinen Ursprung in der Strukturmechanik.

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Bild 4.18 Schematische Darstellung des Zusammenbaus einer Steifigkeitsmatrix

für ein eindimensionales Problem

In Bild 4.18 wird eine schematische Darstellung des Kompositionsprozesses oder der

Assemblierung der Steifigkeitsmatrix gezeigt. Natürlich kann ein entsprechender Prozeß auch

für die rechte Seite der Gl. (4.90) definiert werden.

4.4.2 Numerische Integration

In allgemeinen Problemen kann die Berechnung der Element–Steifigkeitsmatrix und der

rechten Seite auf Grund der Komplexität des Integranden und der Elemente nicht analytisch

durchgeführt werden.

Benutzt man gekrümmte Elemente, so führt eine Koordinatentransformation für zwei

Dimensionen zu folgender Gleichung:

=

=

y

xJ

y

x

yx

yx

∂∂∂∂

∂∂∂∂

η∂∂η∂∂ξ∂∂ξ∂∂

η∂∂ξ∂∂

/

/

/

/

//

//

/

/ (4.94)

oder

=

η∂∂ξ∂∂

∂∂∂∂

/

/

/

/ 1Jy

x (4.95)

mit J als Jacobi–Determinante.

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Mit Hilfe der isoparametrischen Abbildung von Gl. (4.80) kann die Jacobi–Determinante

leicht als Funktion von ξ und η umgeschrieben werden. Folglich wird ein infinitesimales

Gebiet dΩe:

ηξ ddJDetd e )(=Ω (4.96)

Durch Gln. (4.95) und (4.96) werden alle Elementintegrale auf Elternintegrale zurückgeführt.

Wenn die lokale Formfunktion von der Ordnung p ist, d.h. wenn sie als höchstes

geschlossenes Polynom ein Polynom der Ordnung p einschließen, werden die Funktionswerte

dadurch bis zur Ordnung p repräsentiert. Der Integrand in Gl. (4.88) ist dann beispielsweise

bis zur Ordnung 2( p-1 ) repräsentiert. Allgemein würde eine m–te Ableitung einen

Integranden der Ordnung 2( p-m ) hervorrufen. Es kann gezeigt werden, daß die

Konvergenzordnung für eine exakte Integration der Terme im gewichteten Residuenansatz hp-

m+1 ist. Das ist die Genauigkeit der Lösung, die erreicht wird, wenn die Elementgröße gegen

Null geht. Es gibt dann keinen Konvergenzverlust, auch wenn gekrümmte

Elementbegrenzungen gewählt werden, falls die numerische Quadratur den Fehler der

Ordnung

O(h2(p-m)+1) oder kleiner aufweist, worin h eine typische Dimension eines Elementes darstellt.

Daher sollte für C0–Probleme die Integrationen folgender Vorschrift genügen:

( )

( )

( )5

3

hOElementeKubische

hOheElementeQuadratisc

hOElementeLineare

(4.97)

Das bedeutet, daß Gauss–Formeln mit einem Punkt, 2x2 Punkten und 3x3 Punkten für die

obige Reihenfolge ausreichend für einen zweidimensionalen Raum sind.

4.4.3 Lösungsverfahren

Die hier beschriebene Prozedur setzt indirekt voraus, daß der diskrete Gleichungssatz,

Gl. (4.90), tatsächlich aufgestellt ist und eine Lösung mit einem direkten Lösungsalgorithmus

erfährt. Das ist das gewöhnliche Vorgehen für lineare Probleme. In der Strömungsmechanik

ist das auf Grund der Nichtlinearität des Gleichungssystems ineffizient, da zumindest eine

globale Iteration mit der Lösung eines linearisierten Gleichungsystems der Form von Gl.

(4.90) innerhalb eines jeden Iterationsschrittes benötigt wird. Daher ist es wesentlich

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effizienter, direkt eine iterative Lösungsmethode auf die nichtlineare Form der Gl. (4.90)

anzuwenden. Bei Relaxationsverfahren gilt, daß die Gleichungen in den Knotenpunkten nur

dann konstruiert werden, wenn sie auch wirklich in dem Relaxationsverfahren benötigt

werden. Der globale Satz von Gleichungen, Gl. (4.90), wird oft nie geformt.

4.5 Beispiele

In diesem Abschnitt werden einige Anwendungen der FEM in der Strömungsmechanik

diskutiert. Das Ziel ist, einige Einsichten in die Konstruktionsweise der FEM an Beispielen zu

ermöglichen. Gleichfalls wird demonstriert, daß ein allgemeines Rezept für die Verwendung

der FEM nicht existiert. Ähnlich wie in der FDM stellt die FEM nur einen Rahmen, innerhalb

dessen die jeweilige Strömungsproblematik eingepaßt werden muß.

4.5.1 Stationäre inkompressible Potentialströmung

Für eine stationäre rotationsfreie Strömung eines inkompressiblen Fluids lauten die

Bewegungsgleichungen:

0=⋅∇ V (4.98)

0=×∇ V

(4.99)

worin V

der Geschwindigkeitsvektor ist. Gl. (4.99) erlaubt die Einführung eines

Geschwindigkeitspotentials:

φ∇=V

(4.100)

Setzt man Gl. (4.100) in (4.98), so erhält man:

02 =∇ φ

(4.101)

Mögliche Randbedingungen können eine Dirichlet– und eine Von–Neumann–Bedingung sein.

0g=φ

(4.102)

1gn

=∂

φ∂

(4.103)

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Bild 4.19 Durchströmungsproblem

Für einen zweidimensionalen Strömungskanal wie er in Bild 4.19 dargestellt ist, können die

Randbedingungen mit u und v als den kartesischen Geschwindigkeitsvektoren am

Eintrittsrand AB unter der Bedingung paralleler ungestörter Anströmung sein:

ikonst

y

v

φφ

∂φ∂

==→

=→

=

0

0

(4.104)

Am Austritt der Kanalströmung CD wird ebenso wegen der Parallelität der Strömung

vorgeschrieben:

0

0

φφ =→

=v

(105)

Da in diesem Beispiel keine Strömung durch die Begrenzungswände AC und BD erlaubt ist,

sind die hier zu verwendenden Randbedingungen:

0

0

=→

=⋅

n

nV

∂φ∂

(4.106)

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Für diese Randbedingungen wird die Strömung durch den Unterschied des Potentials am

Eintritt und dem des Potentials am Austritt φi - φ0 durch den Kanal getrieben. Falls

gewünscht, kann man auch am Ein- oder Austritt die Bedingung u = ∂ φ/∂ x vorgeben.

Mit diesen Gleichungen, Gln. (4.98) bis (4.106), wird die gewichtete Residuenformulierung der FEM unter Erfüllung der notwendigen Randbedingungen folgendermaßen geschrieben:

∫ ∫∫Ω ΩΩ

=Ω+Ω∇∇−=Ω∇ 01

2 dn

wdwdw∂ ∂

φ∂φφ

(4.107)

mit ∑= kkφφφ ˆ und kw φ= worin kφ die Formfunktion, die mit dem Knoten k verbunden sind.

Bild 4.20 Element- und Zusammenbauschema für bilineare quadratische

Elemente

Um einen Einblick in die Koeffizientenstruktur der Steifigkeitsmatrix zu erhalten, wird die

Elementsteifigkeitsmatrix für bilineare Elemente auf einem quadratischen Gitter des

Bildes 4.20 berechnet.

dydxK jieij

e

φφ ˆˆ ∇∇= ∫Ω

(4.108)

Das Ergebnis daraus ist:

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−−−−−−−−−−−−

=

3/26/13/16/1

6/13/26/13/1

3/16/13/26/1

6/13/16/13/2

eK

(4.109)

Auf Grund des Zusammensetzungsmusters werden einige Koeffizienten:

3/84,43,32,21,1, =+++= IVIIIIIIkk KKKKK

(4.110)

3/13,24,1, −=+= IIInk KKK

(4.111)

3/13,1, −== Inek KK

(4.112)

worin n und ne die Knoten nord und nord–ost von Knoten k sind. Das Koeffizientenmolekül

ist:

)3/1()3/1()3/1(

)3/1()3/8()3/1(

)3/1()3/1()3/1(

−−−

−−

−−−

(4.113)

Die Steifigkeitsmatrix ist von positivem Typ, der Diagonalkoeffizient ist positiv, die

Nebendiagonalkoeffizienten sind negativ und es herrscht eine geringe Diagonaldominanz vor.

Als Konsequenz kann die Matrix direkt oder über ein iteratives Verfahren gelöst werden.

Wenn deformierte Elemente benutzt werden, verformt sich auch das Koeffizientenmolekül,

die Matrix bleibt aber positiv.

Weiterhin ist es instruktiv zu wissen, daß ein Koeffizientenmolekül aufbauend auf linearen

finiten Elementen, Gl. (4.113), eine Approximation der Ordnung h2 zu der Laplace–Gleichung

hat und nicht der Ordnung h4, was möglich wäre bei einem neun–Punkte Molekül in einem

quadratischen Gitter.

4.5.2 Inkompressible Navier–Stokes Gleichungen in ω –ψ Formulierung

Die zweidimensionalen Bewegungsgleichungen lauten:

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+=+++ 2

2

2

2

y

u

x

u

x

p

y

uv

x

uu

t

u

∂∂

∂∂ν

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(4.114)

+=+++ 2

2

2

2

y

v

x

v

y

p

y

vv

x

vu

t

v

∂∂

∂∂ν

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

(4.115)

0=+y

v

x

u

∂∂

∂∂

(4.116)

worin p den sogenannten kinematischen Druck – Druck dividiert durch Dichte – darstellt. Die

Kontinuitätsgleichung, Gl.(4.116), kann durch die Einführung einer Stromfunktion ψ erfüllt

werden.

xv

yu

∂ψ∂

∂ψ∂

−=

=

(4.117)

Durch Einführen der Drehung ω in Form

y

u

x

v

∂∂

∂∂ω −=

(4.118)

und unter Benutzung der y–Ableitung aus Gl.(4.114) und Subtraktion der x–Ableitung aus

Gl.(4.115) kann der Druck aus beiden Gleichungen eliminiert werden.

+=++ 2

2

2

2

yxyv

xu

t ∂ω∂

∂ω∂ν

∂ω∂

∂ω∂

∂ω∂

(4.119)

Weiterhin ergibt die Kombination der Gln.(4.117) und (4.118):

ω∂

ψ∂∂

ψ∂ −=

+ 2

2

2

2

yx

(4.120)

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Bild 4.21 Rückspringende Stufe ( backward facing step )

Für das in Bild 4.21 gezeigte Strömungsproblem gibt es die folgenden Randbedingungen:

1. Am Eintrittsrand (∂ Ωa ): Hier kann u durch ein parabolisches Anfangsprofil

approximiert werden, Ableitungen von Geschwindigkeitskomponenten in x–Richtung

können zu Null angenommen werden. Das erlaubt die Berechnung von ψ nach

Gl. (4.117) und ω nach Gl. (4.118).

)(

)(

y

y

a

a

ωω

ψψ

=

=

(4.121)

2. Am Austrittsrand (∂ Ωa ): Hier kann v zu Null angenommen werden, ebenso alle

Ableitungen der Geschwindigkeitskomponenten in x–Richtung. Das ergibt:

0

0

=

=

n

n

∂ω∂

∂ψ∂

(4.122)

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3. An den festen Rändern (∂ Ωc, ∂ Ωd ):

0=

=

=

n

und

oder

d

c

∂ψ∂

ψψ

ψψ

(4.123)

Es ist zu bemerken, daß die Randbedingungen für das Poisson–Problem, Gl. (4.120), an den

festen Rändern überbestimmt sind, während an den festen Rändern für ω in der Gl. (4.119)

die Randbedingungen fehlen.

Das Poisson–Problem der Gl. (4.120) kann mit (∂ Ωa ) als notwendiger Bedingung und mit

(∂ Ωb ) und (∂ Ωc, ∂ Ωd ) als natürlicher Randbedingung behandelt werden. Die schwache

Formulierung für Gl. (4.120) lautet dann:

∫ ∫Ω Ω

Ω−=Ω∇⋅∇− dwdw ωψ

(4.124)

Es gibt hier keinen Beitrag der natürlichen Randbedingung, da ∂ ψ/∂ n = 0.

Bild 4.22 Diskretisierung bei einer rückspringenden Stufe

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Mit bilinearen Elementen auf dem Gitter in Bild 4.22 können ψ und ω im Inneren des

Gebietes und auf dem Rand (∂ Ωa ) bestimmt werden. Mit Hilfe des Lumping bei der rechten

Seite der Gl. (4.124) ist die Kenntnis von ω entlang den Rändern (∂ Ωc, ∂ Ωd ) nicht nötig, um

ψ zu bestimmen. Das bringt diese Formulierung sehr nahe an die FDM Formulierung.

Die Benutzung der gegebenen Werte von ψ entlang (∂ Ωc, ∂ Ωd ), die die

Knotengleichungen aus Gl. (4.121) ergeben haben, bestimmen im Prinzip die Werte von ω

auf diesen Rändern. Ohne dieses Lumping ist dieses resultierende System von Gleichungen

nicht vom positiven Typ. Das erlaubt Schwingungen von nicht–physikalischen Lösungen

(wiggles). Das kann durch Zusammenfassen von ω kuriert werden und macht die Lösung von

ω sogar explizit darstellbar. Nachdem nun ω auf (∂ Ωc, ∂ Ωd ) bekannt ist, wird das Problem,

Gl. (4.119), sogar korrekt gestellt, was es vorher durch die mangelnde Randbedingung ja nicht

war. Die schwache Formulierung der Gl. (4.119) schreibt man dann:

Ω∇=Ω∇⋅+Ω ∫∫∫ΩΩΩ

dwvdVwdt

w ωω∂

ω∂ 2

(4.125)

Nach einer partiellen Differentiation wird daraus:

0=Ω∇∇+Ω∇⋅+Ω ∫∫∫ΩΩΩ

dwvdVwdt

w ωω∂

ω∂

(4.126)

Wiederum gibt es keinen Beitrag der natürlichen Randbedingung, da gilt ∂ ψ/∂ n = 0.

Die Struktur der Knotengleichung, die man aus der Gl. (4.126) erhält, ist der Struktur der

zentralen FDM sehr ähnlich. Lumping wird auf den zeitabhängigen Term angewendet.

Die diskretisierte Gleichung, die der Gl. (4.126) entspricht, hat nach Anwendung des Lumping folgendes Aussehen:

∑ =+j

jiji

i At

M 0ω∂ω∂

(4.127)

worin der Index j die Knoten beschreibt, die in der Nähe des Knotens i liegen. Gl. (4.127)

kann beispielsweise wie eine finite Differenzengleichung mit Hilfe eines Zweistufen–

Zeitschrittverfahrens, das zweite Ordnung Genauigkeit in der Zeit aufweist, integriert werden.

( ) ( )[ ] ( ) ( )∑∆−=−∆+

jiijiii ttA

ttttM ωωω

22/1

(4.128)

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( ) ( )[ ] ( ) ( )∑ ∆+∆+∆−=−∆+j

iijiii ttttAttttM 2/12/1 ωωω (4.129)

Nach jedem Zeitschritt muß ψ aus Gl. (4.124) erneut berechnet werden, ebenso neue Werte

für ω auf den Rändern und ein neues Geschwindigkeitsfeld aus der Gl. (4.117). Das kann über

den Weg der Finiten Elemente Methoden gemacht werden.

∫ ∫

∫ ∫

Ω Ω

Ω Ω

Ω−=Ω

Ω=Ω

dx

wdvw

dy

wduw

∂ψ∂

∂ψ∂

(4.130)

Natürlich ist Lumping auf den rechten Seiten von Gl. (4.130) notwendig, um den nicht

positiven Typ des Systems zu umgehen und um die Lösung explizit zu gestalten. Die

vorangegangene Methode muß bis zur Konvergenz fortgesetzt werden.

Bei diesem Beispiel wurde versucht, so eng wie möglich bei der FDM Formulierung zu

bleiben, um zu zeigen, daß viele Techniken der FDM auch für die FEM Gültigkeit haben.

Man sieht es beispielsweise daran, daß bei vorzugsweiser konvektiver Strömung, das heißt bei

kleiner kinematischer Zähigkeit ν, Schwingungen (Wiggles) im stationären Fall für

Gl. (4.126) auftreten. Man kann das anhand des eindimensionalen Analogons der Gl. (4.119)

erklären.

2

2

xd

d

xd

du

ωνω =

(4.131)

Die Diskretisation dieser Gleichung mit zentralen Differenzenapproximationen bei konstanter

Schrittweite ∆x ergibt:

( ) ( )11211 22 −+−+ +−

∆=−

∆ lllll x

v

x

u ωωωωω

(4.132)

oder

( ) ( ) 02/Re122/Re1 11 =++−− −+ lcllc ωωω

(4.133)

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worin Rec = u∆x/ν die sogenannte Gitter–Reynoldszahl darstellt, die als charakteristische

Länge die Gitterschrittweite ∆x annimmt. Es ist bekannt, daß für |Rec| > 2 Gl.(4.133)

oszillierende Lösungen zuläßt. In der FDM ist es üblich, daß oszillationsfreie Lösungen durch

partielle Rückwärtsdiskretisierung (Upwinding) der Gl. (4.140) für u > 0 erzielt werden.

( ) ( ) ( )

( )112

111

2

21

−+

−−+

+−∆

=

−∆

+−∆

lll

llll

x

v

x

u

x

u

ωωω

ωωαωωα

(4.134)

Bei der Wahl des Upwind–Faktors α:

( ) cc Re/22/Recoth −=α

(4.135)

folgen bei der Lösung von Gl. (4.134) exakte Knotenpunktwerte und bei einer Wahl von α:

cRe/21 −≥α für |Rec| ≥ 2

(4.136)

ist die Lösung oszillationsfrei.

Es kann gezeigt werden, daß über eine Modifizierung der linearen zu quadratischen

Gewichtsfunktionen nach Bild 4.23 dieses Differenzenschema, Gl. (4.134), durch eine

Petrov–Galerkin Formulierung reproduziert werden kann.

Bild 4.23 Gewichts- und Formfunktionen bei der Petrov–Galerkin Formulierung

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Für zwei Dimensionen kann diese Petrov–Galerkin Formulierung auf vierseitigen Elementen

mit Gewichtsfunktionen, die aus Produkten der eindimensionalen Gewichtsfunktionen, Gl.

(4.137), bestehen, gebildet werden.

)1(3)(

)(

)(

22

11

ξξξ

ξαφ

ξαφ

−=

+=

−=

F

Fw

Fw

(4.137)

Bild 4.24 Stromlinien aus der FEM nach Petrov–Galerkin mit der ω - ψ Formulierung für (Red = 250)

Bild 4.24 zeigt eine Lösung, die mit den Gewichtsfunktionen, Gl. (4.137), erstellt wurde. Gl.

(4.136) lieferte den minimal möglichen Wert für den Upwind–Faktor α. Für das recht grobe

Gitter aus Bild 4.21 konnten dennoch gute Ergebnisse für eine Reynoldszahl

Red = Ud/ν = 250 erzielt werden. Hierin ist U die ungestörte Anströmgeschwindigkeit und d

die Höhe des Kanaleintritts.

Bemerkungen zu diesen Konvektions–Diffusions–Strömungsproblemen sind folgende:

1. Es hat sich bewährt, daß Upwinding ausschließlich in Hauptströmungsrichtung

eingeführt wird. Diese Methoden werden dann streamline–upwind/Petrov–Galerkin

Methode ( SUPG ) genannt. Diese SUPG Methode wird auch nicht mehr durch

explizite Formulierung der Gewichtsfunktionen erzeugt, sondern durch eine

konvektive Form der Galerkin–Gewichtsfunktionen:

wVw ∇⋅+

τ (4.138)

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hierin ist τ ein zeitabhängiger Parameter. In Bezug auf den konvektiven Anteil der

Gl. (4.119) kann diese Wichtungsfunktion als eine Kombination der Galerkin–

Gewichtsfunktion und der least–squares Gewichtsfunktion angesehen werden. Deshalb

ist dafür auch der Name Galerkin/least–squares Methode bekannt geworden.

2. In der FDM hat die Upwindmethode einen schlechten Ruf, zumal durch die

Einführung von Differenzenapproximationen erster Ordnung die Gesamtgenauigkeit

des Systems auch darauf reduziert wird. Das gilt nicht für die FEM, wenn die

Upwindmethode konsequent angesetzt wird. Im vorangegangenen Beispiel ist die

Lösung in einem stückweise linearen Funktionsraum repräsentiert worden und das

wird nicht durch das Upwinding berührt. Als Konsequenz wird davon die Genauigkeit

mit oder ohne Upwinding erhalten. Der Hauptunterschied mit der FDM ist, daß die

Petrov–Galerkin Formulierung auch die Diffusionsterme beeinflußt.

3. Was die Nicht–Eindeutigkeit bei der schwachen Formulierung angeht, ist zu

bemerken, daß bei der partiellen Integration, die zu der Gl. (4.126) führt, der

konvektive Term eingeführt werden könnte. Die damit verbundene natürliche

Randbedingung würde dann die Vorschrift für den Gesamtfluß, bestehend aus dem

konvektiven und dem diffusiven Fluß, durch die Ränder sein:

nnV

∂ω∂νω −⋅

(4.139)

Es gibt jedoch kein vernünftiges physikalisches Argument für den Gesamtfluß in der

Austrittsebene beispielsweise eines Kanals. Daher ist es sinnvoller auf eine

Einbeziehung des konvektiven Term in die partielle Integration zu verzichten.

4.5.3 Stationäre inkompressible Navier–Stokesgleichungen in der

u–v–p–Formulierung

Die stationären inkompressiblen Navier–Stokes Gleichungen können folgendermaßen für ihre

primitiven Variablen geschrieben werden:

VpVV

2∇=∇+∇⋅ ν (4.140)

0=∇ V

(4.141)

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Bei Einführung einer Gewichtsfunktion W

, die mit der Gl. (4.140) verbunden ist, und einer

Gewichtsfunktion q, die zu Gl. (4.141) gehört, erhält man für die gewichtete

Residuenformulierung:

( )

Ω∇⋅=

Ω⋅∇−Ω∇⋅+Ω∇⋅⋅

∫∫∫

Ω

ΩΩΩ

dVW

dVqdpWdVVW

(4.142)

Nach der Anwendung der partiellen Integration wird daraus:

( ) ( )

( ) ΩΩν

ΩΩνΩ

Ω∂Ω∂

ΩΩΩ

∂⋅−∂⋅∇⋅=

⋅∇+⋅∇−∇∇+∇⋅⋅

∫∫

∫∫∫

dnWpdnVW

dVqWpdVWdVVW

(4.143)

Die Formulierung der Gl. (4.143) beinhaltet eine bilineare Form:

( ) Ω=Ω∇∇= ∫ ∑ ∫Ω Ω

dx

W

x

VdVWWVa

j

i

ij j

i

∂∂

∂∂

•, (4.144)

und eine trilineare Form:

( ) ( ) Ω=Ω∇⋅⋅= ∫ ∑ ∫Ω Ω

dx

VUWdVUWWVUb

ij i

jij ∂

,, (4.145)

somit kann man Gl. (4.143) in die folgende verkürzte Form umschreiben:

( ) ( ) ( ) cdVqWpWVUbWVa =Ω⋅∇+⋅∇−+ ∫Ω

,,,ν (4.146)

Die rechte Seite von Gl. (4.146) ist in zwei Dimensionen:

( ) ( ) ( )( ) ΩννΩ∂

∂+−⋅∇+⋅∇= ∫ dnwnwpnvwnuwc yyxxyx

(4.147)

Für ein Randwertproblem, wie es in Bild 4.19 beschrieben ist, gelten folgende

Randbedingungen:

1. An festen Rändern gilt die Haftbedingung:

0== vu (4.148)

Die Randbedingungen sind notwendige Randbedingungen.

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2. Am Eintrittsrand wird ein Geschwindigkeitsprofil vorgeschrieben:

0

0

=

=

v

uu

(4.149)

Dieser Satz von Randbedingungen ist ebenso ein notwendiger.

3. Am Austrittsrand, wo (nx = 1, ny = 0) wird aus der rechten Seite von Gl. (4.147):

Ω

++−= ∫

Ω

dx

vw

x

uwwpc yxx

∂ ∂∂

∂∂ν (4.150)

Als natürliche Randbedingungen können folgende Werte vorgeschrieben werden:

x

upfn ∂

∂ν+−= (4.151)

x

vft ∂

∂ν= (4.152)

Da der Druck nur bis auf eine additive Konstante vorzuschreiben ist, können mögliche

Randbedingungen am Austritt die natürlichen Randbedingungen sein:

0=nf (4.153)

0=tf (4.154)

Mit dieser Auswahl von Randbedingungen für das Randwertproblem aus Bild 4.19

verschwindet die rechte Seite der Gl. (4.146), da die Randbedingungen zu den

Gewichtsfunktionen im Zusammenhang mit den notwendigen Randbedingungen von u und v

folgendes ergeben:

0== yx ww (4.155)

In beiden Fällen, für die Feldgleichung, Gl. (4.146), und die Randbedingung, Gl. (4.160), tritt

der Druck in linearer, d.h. in nicht abgeleiteter Form auf, während die

Geschwindigkeitskomponenten in Form erster Ableitungen vorkommen. Das wiederum

erlaubt die Wahl von unterschiedlichen Basisfunktionen für die

Geschwindigkeitskomponenten und den Druck.

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=

=

=

NN

kk

kk

pp

vv

uu

φ

φ

φ

~

(4.156)

Setzt man diese Ansätze in die schwache Formulierung ein, so führt das auf einen diskreten

Satz von Gleichungen:

gUC

fCPUUK

T =

=+)(

(4.157)

worin U der globale Vektor der Knotengeschwindigkeitskomponenten u und v ist, P der

globale Vektor des Druckes in den Knotenpunkten und f und g Funktionen sind, die die

Randbedingungen einbringen. K(U) ist eine positiv definite symmetrische Matrix und C eine

unsymmetrische indefinite rechtwinklige.

Wegen dieser indefiniten Matrix ist es einzusehen, daß Gl. (4.157) irreguläre Lösungen

zulassen kann. Beispielsweise kann für u = v = f = g = CP = 0 eine nichttriviale Lösung für P

herauskommen.

4.5.4 Kompressible Eulergleichungen

Die Eulergleichungen bilden das folgende Gleichungssystem:

0=++y

g

x

f

t

U

∂∂

∂∂

∂∂

(4.158)

Hierin bedeuten:

+=

+=

=

Hv

pv

uv

v

g

Hu

uv

pu

u

f

E

v

uU

ρρ

ρρ

ρρ

ρρ

ρρρρ

2

2

(4.159)

worin E die Gesamtenergie und H die Gesamtenthalpie ist. Das System, Gl. (4.158), ist

hyperbolisch in Bezug auf die Zeit und besitzt die Jacobi–Determinanten:

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U

gB

U

fA

∂∂

∂∂

=

=

(4.160)

Mit einem Taylor–Reihenansatz bis zur zweiten Ordnung für U ergibt sich:

2

22

2)()(

t

Ut

t

UttUttU

∂∂

∂∂ ∆+∆+≅∆+ (4.161)

Für die zweite und die erste Ableitung kann eine Vereinfachung gefunden werden:

++

+=

−=

+−=

=

y

g

x

fB

yy

g

x

fA

x

t

UB

yt

UA

x

y

g

x

f

t

t

U

tt

U

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

(4.162)

Damit wird aus Gl. (4.161):

++

+∆+

+∆−≅∆+

y

g

x

fB

yy

g

x

fA

x

t

y

g

x

fttUttU

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

)()(

2

(4.163)

Eine FDM bezogen auf zentrale Differenzenapproximationen für die Gl. (4.163) wird Ein-

Schritt Lax–Wendroff Methode genannt. Offensichtlich ist das Analogon bei der FEM die

Galerkin–Formulierung der Gl. (4.163). Diese hat folgendes Aussehen:

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( )

( ) Ω⋅+

+∆+

Ω

+

+∆−

Ω

+∆−=

Ω−∆+

Ω

Ω

Ω

Ω

dnlBlAy

g

x

fW

t

dy

g

x

f

y

WB

x

WA

t

dy

g

x

fWt

dtUttUW

yxT

TT

T

T

∂ ∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

)()(

2

2

(4.164)

worin W ein Vektor der Gewichtsfunktionen ist. Auf die linke Seite der Gl. (4.164) kann das

Lumping angewendet werden, f und g können durch stückweise lineare Funktionen und A und

B durch stückweise konstante Funktionen ersetzt werden. Eine FEM, die auf dieser Methode

basiert, wird Taylor–Galerkin Methode genannt.

So wie für die FDM können Zwei–Schritt Lax–Wendroff Methoden verwendet werden, wie

etwa die Richtmyer–Lax–Wendroff Methode. Andere Zeitschrittmethoden sind ebenfalls

anwendbar, so auch das Runge–Kutta Verfahren.

Durch das in diesem Abschnitt gegebene Beispiel wurde gezeigt, daß alles was für die

FDM und die FVM in zentraler Diskretisierung gemacht wurde, auch auf die FEM

angewendet werden kann. Dabei bleiben die daran beteiligten Probleme dieselben. Die

Verwendung des Lax–Wendroff Zeitschrittverfahrens auf die Bubnov–Galerkin Formulierung

der Gl. (4.158) benötigt ebenso die Einführung der künstlichen Viskosität. Natürlich verliert

die FEM an Rigorosität durch solche Maßnahmen und sie wird der FVM immer ähnlicher.

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5 Finite Volumen Methoden (FVM)

5.1 Einführung

Die Grundgleichungen der Strömungsmechanik sind Erhaltungssätze. Das sind Regeln, die

die Erhaltung der Masse, des Impulses und der Energie innerhalb eines von einer Oberfläche

eingeschlossenen Volumens beschreiben. Nur mit einer zusätzlichen Forderung nach

hinreichender Regularität der Lösung, können diese Regeln in partielle

Differentialgleichungen umgewandelt werden. Hinreichende Regularität kann nicht immer

garantiert werden. Überschallstöße bilden die üblichste Form solcher Singularitäten innerhalb

von Strömungsfeldern. Für den Fall, daß eine solche Diskontinuität auftritt, muß die Lösung

der partiellen Differentialgleichung in der schwachen Form interpretiert werden, also als

Lösung der integralen Form der Gleichungen. Beispielsweise sind die Gleichungen, die einen

Stoß beschreiben, nämlich die Rankine–Hugoniot Gesetze, Kombinationen dieser

Erhaltungssätze in integraler Form. Es ist selbstverständlich, daß diese Regeln auch in den

numerischen Methoden berücksichtigt werden müssen.

Es gibt auch andere Anlässe, in denen es wichtig ist, eine korrekte Repräsentation der

Erhaltungsgesetze in den numerischen Methoden einzuhalten. Ein solches Beispiel ist die

Diskontinuitätsfläche hinter Tragflügeln oder Schaufelgittern, wo bei unterschiedlicher

Entropie die Strömungen der Ober- und der Unterseite an der Hinterkante solcher

Strömungskörper zusammentreffen. In solch einem Fall entsteht eine tangentiale

Diskontinuität. Ein weiterer Fall findet sich bei einer inkompressiblen Strömung, wo durch

die Aufprägung der Inkompressibilität als einer Erhaltungsform für Masse das Druckfeldes

bestimmt wird.

Offensichtlich ist, daß in den oben angeführten Fällen eine exakte Erfüllung der

Erhaltungsgesetze gefordert werden muß. Die natürlichste Weise, dieses zu erzielen, ist die

Diskretisierung der integralen Form der Gleichungen und nicht die der differentiellen. Das ist

die Basis der Methode der finiten Volumen (FVM). Natürlich ist es durchaus physikalisch

sinnvoll auch dort, wo keine strikte Einhaltung der integralen Erhaltungsform geboten ist, die

Grundgesetze in ihrer primitivsten Form zu verwenden.

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In der reinsten Form der FVM wird ebenso wie bei der finiten Elementmethoden (FEM)

das Strömungsfeld oder das Gebiet in nichtüberlappende Untergebiete, die Zellen, unterteilt,

auf denen die Erhaltungssätze angewendet werden. Bei der FVM wird der Begriff Zelle

gewählt und nicht Element wie es in der FEM üblich ist. In jeder Zelle werden die

Erhaltungsgesetze angewendet, um die Variablen des Strömungsfeldes in diskreten Punkten

der Zellen, den sogenannten Knoten, zu bestimmen. Diese können Zellmittelpunkte, –ecken

oder –seitenmittenpunkte sein. Bei der Wahl der Zellformen und der Knotenpunkte ist große

Freiheit gewährleistet. Solche Zellen können dreieckig, vierseitig und so fort sein. Sie können

Teile von strukturierten oder unstrukturierten Gittern sein. Die Freiheit, die bei der FEM bei

der Wahl der Form der Elemente herrschte, gilt auch für die Zellen. Bild 5.1 zeigt einige

typische FVM–Gitterkonstruktionen.

Bild 5.1 Typische Gitter der FVM: a strukturiertes quadrilaterales, b

strukturiertes triangulares, c unstrukturiertes triangulares Gitter

Die Wahl der Knoten kann wie bei der FEM durch den Wunsch, die Lösung durch eine

Interpolationsstruktur zu erzeugen, vorgegeben werden. Eine typische Wahl wäre im Falle der

Repräsentation durch stückweise konstante Funktionen, sie zellzentriert anzusetzen oder in

den Zellecken für die Repräsentation durch stückweise lineare oder bilineare Funktionen. In

der FVM muß der Funktionsraum für die Lösung nicht notwendigerweise definiert sein, noch

müssen die Knoten so gewählt werden, daß sie eine Interpolationsstruktur ergeben. Bild 5.2

zeigt einige typische Beispiele von Knoten mit den zugehörigen Definitionen der Variablen.

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Bild 5.2 Typische Wahl der Knoten in der FVM: a stückweise konstante

Interpolationsstruktur, b stückweise lineare Interpolationsstruktur, c keine

Interpolationsstruktur, Variable an allen Knoten definiert, d keine

Interpolationsstruktur, nicht alle Variable an allen Knoten definiert

Die ersten beiden stellen eine Interpolationsstruktur dar, die folgenden beiden nicht. Im

letzten Beispiel sind die Funktionswerte nicht in allen Knoten bestimmt. Das Gitter aus

Knoten, an denen der Druck und die Dichte definiert sind, ist nicht dasselbe wie das, auf dem

die unterschiedlichen Geschwindigkeitskomponenten des Strömungsgeschwindigkeitsvektors

errechnet werden. Dieser Ansatz wird gewöhnlich staggered grid approach, versetzter oder

gestaffelter Gitteransatz genannt. Das dritte Beispiel in Bild 5.2 zeigt, daß das Volumen, auf

dem die Erhaltungsgesetze angewendet werden, nicht unbedingt Hand in Hand mit den Zellen

verlaufen muß. Volumen können sogar überlappend sein.

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Bild 5.3 Wahl von Volumen, die nicht mit den Zellen übereinstimmen,

überlappend und nichtüberlappend, a versetzt Volumen bezüglich der Zellen,

nichtüberlappender Fall, b nichtversetzt Volumen bezüglich der Zellen, überlappender Fall,

c nichtversetzt Volumen bezüglich der Zellen, überlappender Fall, dversetzt Volumen

bezüglich der Zellen, überlappender Fall

Bild 5.3 stellt einige Fälle für überlappende und nicht–überlappende Gitter dar, wo die

Volumen nicht mit den Zellen übereinstimmen müssen. Im Folgenden wird der Term

Volumen mit dem Kontrollvolumen verbunden, auf welches die Erhaltungssätze angewendet

wurden, d.h., verbunden mit der Funktionswertbestimmung, während der Term Zelle einen

Teil des Gitters darstellt, also mit der Geometrie zusammenhängt. Daher ist eine

Konsistenzforderung an die Zelle, daß sie nicht überlappend sein dürfen und das gesamte

Gebiet bedecken müssen. Die Konsistenzforderung für die Volumen ist wesentlich

schwächer. Diese können überlappend sein, so daß ganze Familien von Volumen geformt

werden können. Jede Familie sollte nicht–überlappend sein und das gesamte Gebiet

überspannen.

Aus diesem Grund wird es einsichtig, daß die Entkopplung von Volumen und Zellen, einen

wesentlich größeren Freiheitsgrad in der Bestimmung der Funktionsrepräsentation des

Strömungsfeldes ergibt, als das für die FEM und die Methode der finiten Differenzen (FDM)

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gilt. Insbesondere ist es die Kombination der Formulierung eines Strömungsproblems auf

einem Kontrollvolumen, was den physikalischsten Weg einer Diskretisierung beinhaltet, mit

der geometrischen Flexibilität bei der Wahl des Gitters und mit der Flexibilität bei der

Definition der diskreten Strömungsvariablen, die die FVM besonders einsetzbar in

Ingenieursanwendungen macht.

Man kann sagen, daß die FVM die Vorteile der FEM, nämlich die geometrische

Flexibilität, mit der Flexibilität in der Wahl des diskreten Strömungsfeldes, nämlich den

diskreten Werten der abhängigen Variablen und den zugehörigen Flüssen, der FDM

verbindet.

Einige Formulierungen sind den FEM Formulierungen sehr nahe und können als

Untergebiet–Kollokations–FEM nach Bild 5.2a interpretiert werden. Andere sind denen der

FDM sehr nahe und können deshalb als Erhaltungs–FDM bezeichnet werden, wie es in Bild

5.3a gezeigt ist. Andere Formulierungen liegen wiederum in der Mitte dieser Extreme.

Diese Mischung aus FEM– und FDM–ähnlichen Ansätzen führt öfter zu Verwirrungen in

der Terminologie. Häufig wird der Ausdruck Element für Zelle gewählt, ebenso Kontrollzelle,

wenn Kontrollvolumen gemeint ist. Jedoch sind die Bedeutungen für die Ausdrücke Zelle und

Element festgelegt. Das Gitter besteht aus einem Netzwerk, das nur aus Zellen besteht, wenn

das auf geometrischer Basis entsteht. Wenn es jedoch wie bei der FEM die Unterteilung eines

Funktionsraumes darstellt, dann ist es ein Element.

Aus diesem könnte man schließen, daß die FVM nur Vorteile über die FDM und die FEM

besitzt; also kann die Lösung der strömungsmechanischen Probleme ausschließlich von der

FVM bewältigt werden. Wie bereits angedeutet, gibt es bei der FVM Schwierigkeiten bei der

Erstellung von Ableitungen. Wenn ein Gitter nichtorthogonal und krummlinig ist, gibt es

Probleme bei der Benutzung der Taylor–Reihe, die äquidistante Gitterschritte für die FDM

benötigt, um Ableitungen bilden zu können. Außerdem gibt es auch keine Möglichkeit, wie

bei der FEM, höhere Ableitungen in nächst niedrigere durch eine schwache Formulierung zu

konvertieren. Somit ist die FVM wohl geeignet für die Lösung von Strömungsproblemen in

primitiven Variablen und in Abwesenheit von Reibungstermen zu liefern. Das betrifft

beispielsweise die Eulergleichungen oder die Navier-Stokes Gleichungen bei hohen

Reynoldszahlen, wo die Reibungseffekte eine untergeordnete Rolle spielen.

5.2 Finite Volumen Technik in Anlehnung an die FEM

FEM–ähnliche Finite Volumen Methoden benutzen Zellen, zu denen eine

Interpolationsstruktur gehört. In einem solchen Fall formen die Zellen Elemente im FEM

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Sinn. Zwei unterschiedliche Interpolationsstrukturen können gewählt werden: stückweise

konstante und stückweise lineare oder bilineare Interpolationen.

Bild 5.4 Einige FEM-ähnliche FVM-Gitter, a zellzentriert, b Zellecken mit

überlappenden und nicht–überlappenden Volumen auf quadrilateralen Zellen, c Zellecken

auf triangularen Zellen

Bild 5.4 zeigt einige Möglichkeiten für strukturierte vierseitige und dreieckige Gitter. Die

stückweise konstante Interpolation wird durch die zellzentrierte Methode gekennzeichnet, die

stückweise lineare Interpolation durch die Zelleckenmethode. Formulierungen, die denen in

Bild 5.4 folgen, sind heutzutage die populärsten.

Im Folgenden werden einige Formulierungen für die Eulergleichungen aufgeführt. Die

Eulergleichungen lauten folgendermaßen:

0=++y

g

x

f

t

U

∂∂

∂∂

∂∂ (5.1)

mit

+=

+=

=

Hv

pv

uv

v

g

Hu

uv

pu

u

f

E

v

uU

ρρ

ρρ

ρρ

ρρ

ρρρρ

2

2

(5.2)

Hierin ist ρ die Dichte, u und v sind die kartesischen Komponenten der Geschwindigkeit, p ist

der Druck, E die Gesamtenergie und H die Gesamtenthalpie. Die letzten beiden sind wie folgt

definiert:

22

2

1

2

1

1

1vu

pE ++

−=

ργ (5.3)

ρp

EH += (5.4)

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Bild 5.5 Zellzentrierte Formulierung

5.2.1 Zellzentrierte Formulierung

Für eine Zelle, wie sie in Bild 5.5 dargestellt ist, werden die abhängigen Variablen in der

Zellenmitte gespeichert. Diese Werte sollten nicht als Knotenwerte betrachtet werden, eher als

Mittelwerte über die Zelle. Deshalb werden zum besseren Verständnis bei der zellzentrierten

Methode nach Beendigung der Berechnung den Gittereckpunkten die Werte zugeordnet, die

aus Mittelwerten der benachbarten Zellwerte entstehen.

Bei Benutzung des Kontrollvolumens in Bild 5.5 kann bereits eine Semidiskretisierung der

Gl. (5.1) erreicht werden:

∫ =⋅+Ωabcd

ij dSnFt

U0

∂∂

(5.5)

worin Ωij das Volumen der Kontrollvolumen darstellt. F

ist der Flußvektor bestehend aus

yx lglfF

+= , dS ist ein Oberflächenelement und n

ist die auswärtsgerichtete Normale.

Indem man einen positiven Drehsinn wie in Bild 5.5 voraussetzt, ergibt sich:

yx ldxldySn

−= (5.6)

Durch Einsetzen von Gl. (5.6) in Gl. (5.5) erhält man:

( )∫ =−+abcd

ij dxgdyft

U0

∂∂Ω (5.7)

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Weiterhin müssen f und g auf den Ränder bestimmt werden. Eine Mittelwertbildung zwischen

benachbarten Knoten scheint die einfachste Wahl zu ergeben.

( )

( )1,,

1,,

2

1

2

1

+=

+=

jijiab

jijiab

ggg

fff

(5.8)

Es muß bemerkt werden, daß die Flußfunktionen nichtlineare Funktionen der abhängigen

Variablen sind. Eine Alternative zu Gl. (5.8) ist:

( )

( )

+=

+=

1,,

1,,

2

1

2

1

jijiab

jijiab

UUgg

UUff

(5.9)

Gln. (5.9) bedeuten, daß die abhängigen Variablen erst gemittelt und danach die Flußvektoren

berechnet werden. Das ist nicht sehr vorteilhaft, da doppelt so viele Flußberechnungsvorgänge

gemacht werden müssen, wie es für Gln. (5.8) nötig ist. Wenn es tatsächlich in einem

vierseitigen strukturierten Gitter nx Elemente in longitudinaler Richtung und ny in

transversaler gibt, dann gibt es auch nx ny Zellen aber nx (ny+1)+ ny (nx+1) Zellflächen. Das

bedeutet allerdings nicht, daß die Arbeit, die in den Gln. (5.9) steckt doppelt so groß ist wie

die in den Gln. (5.8). Eine Menge Berechnungsarbeit kann gespart werden, wenn man sich

erinnert, daß ein Impulsfluß ein Massenfluß multipliziert mit einer gemittelten

Geschwindigkeit ist, usw. Dennoch sind die Gln. (5.8) die günstigste Wahl. Somit werden die

Gln. (5.8) im Folgenden als die einzige zellzentrierte Flußdefinition benutzt.

Mit der Definition der diskreten Flüsse f und g ist die semidiskretisierte Gl. (5.7)

vollständig. Es folgt nun die Zeitintegration.

5.2.1.1 Lax–Wendroff–Zeitschrittverfahren

Da die Lax–Wendroff–Zeitschrittmethode die populärste in der FDM für die Zeitintegration

ist, wird nun hier diese Methode auf die FVM angewendet.

Zunächst wird das Prinzip der Lax–Wendroff–Methode mit Anwendung auf eine

eindimensionale skalare Modellgleichung des folgenden Typs in Erinnerung gerufen:

0)( =+

t

uf

t

u

∂∂

∂∂

(5.10)

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Bei Anwendung einer Taylor–Reihe, die nach dem dritten Glied abgebrochen wird, fühert in

Bezug auf die Gl. (5.10) zu:

2

221

2 t

ut

t

utuu nn

∂∂

∂∂ ∆+∆+≈+ (5.11)

und

−=

−=

=

t

f

xx

f

tt

u

tt

u

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

(5.12)

oder

=

−=

x

fa

xt

u

u

f

xt

u

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

(5.13)

mit

u

fa

∂∂= (5.14)

Die Kombination der Gl. (5.11) und (5.12) ergibt:

∆+

−∆+≈+

x

fa

x

t

t

ftuu nn

∂∂

∂∂

∂∂

2

21 (5.15)

Das zweidimensionale Analogon zu Gl. (5.15) angewendet auf die Eulergleichungen,

Gl. (5.1), ist:

++

+∆+

−−∆+≈+

y

g

x

fB

yy

g

x

fA

x

t

y

g

t

ftUU nn

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

2

2

1

(5.16)

worin A und B die Jacobimatrizen der Flußvektoren sind:

U

gB

U

fA

∂∂

∂∂

=

=

(5.17)

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In der FDM wird die Diskrertisierung von partiellen Differentialgleichungen in der Form der

Gl. (5.16) oder (5.17) Einschritt–Lax–Wendroff–Methode genannt. Da diese Formulierung ein

Gleichgewicht der Flußterme, die Ableitungen enthalten, impliziert und Ableitungen nur sehr

schwer in der FVM zu beschreiben sind, wird solch eine Einschrittmethode nie benutzt.

Dagegen werden Zweischrittmethoden wie die von Richtmyer oder MacCormack problemlos

anwendbar für die FVM.

Die Variante nach Richtmyer schreibt die GL. (5.15) folgendermaßen:

∆+∆+≈+

t

utu

ttuu nn

∂∂

∂∂

21 (5.18)

mit

t

utuun

∂∂

22/1 ∆+=+ (5.19)

Gl. (5.19) kann in der FDM durch folgenden Ausdruck diskretisiert werden:

x

fftuu

ni

nin

in

i ∆−∆−= −++

22112/1 (5.20)

Gl. (5.18) kann ähnlich diskretisiert werden:

x

fftuu

ni

nin

in

i ∆−∆−=

+−

+++

2

2/11

2/111 (5.21)

In der Form der Gl. (5.20) und (5.21) ist der Zeitschritt nicht stabil, deshalb ersetzt Richtmyer

den sogenannten Eulerzeitschritt in Gl. (5.20) durch den Laxzeitschritt:

( )x

fftuuu

ni

nin

ini

ni ∆

−∆−+= −+−+

+

222

1 1111

2/1 (5.22)

Da uin+1/2 nur bis zur ersten Ordnung bestimmt werden muß, um eine Genauigkeit der

Gl. (5.18) von zweiter Ordnung zu erreichen, schadet das nicht der Gesamtgenauigkeit.

Um das Schema interpretieren zu können, muß man die Semidiskretisierung der Gl. (5.10)

betrachten:

x

ff

t

u iii

∆−−= −+

211

∂∂

(5.23)

Dieser Formulierung zu folge können die beiden Gln. (5.20) und (5.21) als eine

Zweischrittzeitintegration von Gl. (5.23) betrachtet werden. In der Terminologie der

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gewöhnlichen Differentialgleichungen ist das ein Zweistufen–Runge–Kutta–Verfahren. Somit

kann das Richtmyerschema als ein zweistufiges stabilisiertes Schema angesehen werden.

Die Implementierung der Richtmyervariante des Lax–Wendroff–Schemas in der FVM mit der

zellzentrierten Formulierung ist recht konsequent.

Tatsächlich stellt man fest, daß die Semidiskretisierung von Gln. (5.7) mit den Flüssen

Gln. (5.8) auch so geschrieben werden können:

( )

( )

( )

( ) 02

1

2

1

2

1

2

1

,1,1

1,1,

,1,1

1,1,

=∆−∆+

∆−∆+

∆−∆+

∆−∆+Ω

−−

++

++

−−

jidajida

jicdjicd

jibcjibc

jiabjiabij

gxfy

gxfy

gxfy

gxfyt

U

∂∂

(5.24)

Es gibt keinen Beitrag vom zentralen Knoten in der Flußbalance in Gl. (5.24), da das

Gleichgewicht der Flüsse auf einer geschlossenen Oberfläche bei konstanten Flüssen Null ist.

Als Konsequenz ist die Gl. (5.24) ein direktes Analogon zu Gl. (5.23) und die Schritte der

Gln. (5.21) und (5.22) können unmittelbar angewendet werden.

An Ein– und Austrittsrändern kann die FVM genau wie die FDM angewendet werden. Das

heißt allgemein, daß Extrapolationsformeln benutzt werden dürfen. Beispielsweise ist es bei

einer Unterschallanströmung üblich, die Machzahl des Strömungsfeldes zu extrapolieren und

die Gesamtzustandsgrößen und die Strömungsrichtung vorzuschreiben. Bei einer

Unterschallausströmung kann das Umgekehrte getan werden, nämlich die Extrapolation von

Gesamtzustandsgrößen und der Strömungsrichtung aus dem Strömungsfeld und Festlegen

einer Machzahl.

An festen Rändern wird der konvektive Fluß Null gesetzt. Das bedeutet, daß in den Flüssen

durch eine Zelle an einer festen Oberfläche nur die Drücke zum Tragen kommen.

−=−

0

0

dx

dypdxgdyf (5.25)

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Der Druck am Rand der Zelle kann dann mit dem des Zellinneren gleichgesetzt werden.

Manchmal wie bei der FDM wird eine Extrapolation des Druckes gemacht. Jedoch ist es nicht

immer einfach, an gekrümmten Oberflächen solche Extrapolationsformeln zu konstruieren.

In der MacCormack–Variante der Lax–Wendroff–Methode wird Gl. (5.10) folgendermaßen

geschrieben:

∆+∆++∆+=+

t

utu

ttu

t

utuu nnn

∂∂

∂∂

∂∂

2

1

2

1

2

1

2

11 (5.26)

mit

t

utuun

∂∂∆+=+1 (5.27)

Gl. (5.26) kann auch anders geschrieben werden:

∆++=

+++

t

utuuu

nnnn

∂∂ 1

11

2

1 (5.28)

Die Diskretisierung nach MacCormack der Gl. (5.27) und (5.28) ergibt:

∆−∆−= −++

x

fftuu

ni

nin

ini

111 (5.29)

∆−∆++=

+−

+++

x

fftuuu

ni

ninnn

11

111

2

1 (5.30)

Die Gln. (5.29) und (5.30) bilden die vorwärts–rückwärts Variante dieser Formulierung.

Natürlich kann die Reihenfolge beliebig getauscht werden. In der Terminologie der

numerischen Berechnung von gewöhnlichen Differentialgleichungen heißt diese Methode

Prediktor–Korrektor–Methode nach MacCormack.

Die Implementation der MacCormack–Variante des Lax–Wendroff–Schemas ist ebenso

einfach einzuführen. In der vorwärts–rückwärts Formulierung innerhalb des Prediktor–

Korrektorschrittes aus Bild 5.5 sind die Flüsse ab, bc, cd und da mit Hilfe von

Funktionswerten in den Knotenpunkten (i,j), (i+1,j), (i,j+1) und (i+1,j+1) gebildet. Im

Korrektorschritt sind das die Knoten (i,j-1), (i-1,j-1), (i,j) und (i-1,j). Wieder geschieht die

Beschreibung von Flüssen über die Annahme, daß die konvektiven Flüsse an der Wand null

sein müssen, der Druck an der Wand wird dem Zelldruck gleichgesetzt.

Offensichtlich sind vier geometrische Varianten in der Beschreibung der Flüsse möglich.

Bild 5.6 zeigt die Möglichkeiten bei dem Prediktorschritt. Beim Korrektorschritt sind die

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Formulierungen invertiert. In der Anwendung werden diese vier Möglichkeiten alternativ

benutzt.

Bild 5.6 Mögliche Varianten in der Beschreibung der Flußfunktionen im

Prediktorschritt der MacCormack–Methode

Ein Ergebnis, das über das beschriebene zellzentrierte MacCormack–Prediktor–Korrektor–

Verfahren erzielt wurde, ist in den Bildern 5.7 und 5.8 dargestellt. Das Gitter ist in Bild 5.7

vorgegeben.

Bild 5.7 Testgitter zum Strömungsproblem im GAMM-Kanal

Die zu untersuchende Strömung ist transonisch und geht durch den GAMM–Testkanal über

eine kreisförmige Erhebung. Damit die von dieser Stelle bei einer Machzahl von 0.85

ausgehenden Stöße auch genügend gut erfassen zu können, muß wie bei den FDM auch hier

eine künstliche Viskosität eingeführt werden.

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Bild 5.8 Linien konstanter Mach–Zahlen berechnet nach dem zellzentrierten

MacCormack–Verfahren

Durch die Einführung der künstlichen Viskosität wird die Lösung um Stöße herum stabilisiert.

Dieses wird erreicht durch die Addition eines Dämpfungstermes bei jedem Rechenschritt.

Dieser hat hier das folgende Aussehen:

( )nji

nji

nji

nji

nji UUUUU ,1,1,,1,1 4−+++ −+−+µ (5.31)

worin µ der physikalischen Zähigkeit gemäß ein nur sehr kleiner Koeffizient ist. Für das

Ergebnis in Bild 5.8 wurde ein Wert von µ = 0.001 gewählt, was ausreichend für die

Stabilisierung des Stoßes ist. Natürlich können auch bei Erhöhung des Wertes die

auftretenden sogenannten wiggles vollständig eliminiert werden. Das geht allerdings zu

Lasten eines Verschmierens des eigentlich recht scharf strukturierten Stoßes. Daher zieht man

einige wiggles in der Lösung vor.

Die CFL–Bedingung für den Zeitschritt im MacCormack–Schema lautet:

( ) ( )

∆+

∆+

∆+

≤∆

22

11

1

yxc

y

v

x

ut (5.32)

worin

2

2

1,1,

,1,1

−+

−+

−=∆

−=∆

jiji

jiji

yyy

xxx

(5.33)

Darin ist c die Schallgeschwindigkeit.

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5.2.2 Zelleckenformulierung

In der Zelleckenformulierung werden die Variablen in den Ecken des Gitters gespeichert. Das

Kontrollvolumen stimmt mit den Zellen im überlappenden Fall überein oder es besteht im

nicht–überlappenden Fall aus einer Gruppe von Zellen, die um einen Knoten herumliegen.

Bild 5.9 Zelleckenformulierung, a quadrilaterale Zellen mit nicht–

überlappenden Volumen, b quadrilaterale Zellen mit überlappenden Volumen, c

triangulare Zellen mit nicht überlappenden und überlappenden Volumen

Bild 5.9 zeigt dafür einige Beispiele. In allen Fällen ist nun eine lineare Interpolation der

Flüsse möglich, was eine räumliche Genauigkeit der zweiten Ordnung ergibt.

5.2.2.1 Mehrstufen–Zeitschrittverfahren für überlappende Kontrollvolumen

Für die überlappenden Fälle können die in den vorherigen Abschnitten diskutierten Verfahren

sofort angewendet werden. Sehr gebräuchlich sind daher die Mehrstufen–Zeitschrittverfahren.

Für die überlappenden Kontrollvolumen aus Bild 5.9 sind die Semidiskretisierungen sehr

ähnlich der Gl. (5.24), allerdings sind hier sieben oder neun umgebende Knoten vorhanden.

An festen Wänden werden Halbvolumen formuliert. Die Impermeabilität kann durch die

Null–Formulierung des Flusses beschrieben werden. Ein viel einfacherer Ansatz ist die

Annahme der Permeabilität bei Forderung der Tangentialität. Das bedeutet, daß zwischen

einzelnen Schritten die Normalgeschwindigkeitskomponente zu Null wird.

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Auch hier muß zur Stabilisierung des Schemas künstliche Viskosität eingeführt werden. Die

künstliche Viskosität ist auch nötig, um die unechten Moden zu eliminieren. Bild 5.10 zeigt

diese Moden, die es bei vier- und dreieckigen Gittern gibt.

Bild 5.10 Unechte Moden für die Zellecken–Runge–Kutta–Methode

Ebenso kann hier die Dämpfung zweiter oder vierter Ordnung eingeführt werden. Oft wird

der dissipative Operator der zellzentrierten Methode benutzt.

5.2.2.2 Lax–Wendroff–Zeitschrittverfahren bei nicht überlappenden

Kontrollvolumen

Für den nichtüberlappenden Fall existiert eine Lax–Wendroffvariante, die sehr wirkungsvoll

ist. Diese benötigt einen zweiten Satz von Kontrollvolumen um den Knoten herum, wie es in

Bild 5.9 dargestellt wurde. Diese Methode starten von der Lax–Wendroff–Formulierung der

Gln. (5.8) und (5.9). Ohne Genauigkeitsverlust in Gl. (5.9) kann ∂ f/∂ t durch eine nach der

ersten Ordnung genaue Differenzenapproximation ∆f/∆t ersetzt werden. Das Ergebnis wird

dann:

( )fx

t

x

ftuu nn ∆∆−∆−=+

∂∂

∂∂

21 (5.34)

Für die Eulergleichung ist das in zwei Dimensionen:

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( ) ( ) ( )

−+−−=− ∫ ∫+ dxgdyfdxgdyftUU nn

ji ∆∆∆Ω2

11, (5.35)

Für das viereckige Gitter aus Bild 5.9 ergibt sich folgende Methode. Basierend auf den Zellen

1-2-3-4 unter Benutzung eines Eulerschrittes, was ein Schritt vorwärts in der Zeit ist, erhält

man eine erste Ordnungsapproximation des Zuwachses vom Flußvektor:

( )n

aa dxgdyftU ∫ −−=1234

∆∆Ω (5.36)

und

aa

aa

UBg

UAf

∆=∆

∆=∆ (5.37)

worin A und B die Jacobideterminanten der Flußvektoren f und g in der Ableitung nach U

darstellen. A und B sind darin die Mittelwerte der Jacobideterminanten an den Knoten 1,2,3

und 4.

Indem man einen über die Fläche gewichteten Mittelwert über die vier Zellen um den

Knoten 1 herum bildet, was durch die Gl. (5.36) gegeben ist, erhält man einen ersten

Ordnungszuwachs für die abhängige Variable, nämlich in Form von ∆U11.

Für die Diskretisierung der Gl.(5.35) auf der Zelle abcd ergibt sich dann:

( ) ( )∫ −−=−+

abcd

nn dxgdyftUUU ∆∆∆∆ΩΩ2

11111

111 (5.38)

Die räumliche Integration wird wiederum als stückweise linear angenommen.

Die CFL–Bedingung für den Zeitschritt lautet:

+∆

+∆≤∆

cv

y

cu

xt ,min (5.39)

mit

2

2

1,1,

,1,1

−+

−+

−=∆

−=∆

jiji

jiji

yyy

xxx

(5.40)

Die Randbedingungen an festen Oberflächen können für den ersten Schritt, Gl. (5.36), wie bei

der vorhergehenden Methode durch Nullsetzen der konvektiven Flüsse beschrieben werden.

Im zweiten Schritt, Gl. (5.39), wird ein Halbvolumen um einen Randknoten herum gebildet.

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Dieses Halbvolumen kann als die Hälfte des vollständigen Volumens in Bild 5.9a betrachtet

werden. Der Schritt, Gl. (5.39), kann so ausgeführt werden, daß man die erste

Ordnungsänderungen in den fiktiven Zellen c und d gleich Null setzt. Somit erhält der

Randknoten Informationen der ersten und zweiten Ordnung aus den inneren Zellen a und b.

Als Konsequenz findet man in der Randknotenformulierung im Schritt der Gl. (5.38) keine

implizite Anwendung der Wandundurchlässigkeit. Tangentialität wird im Nachhinein durch

Nullsetzen der Normalkomponente der Geschwindigkeit erreicht.

Es muß erwähnt werden, daß diese Methode, obwohl ein vorübergehendes Gitter

genommen wird, eine wahre Zelleckenmethode ist. Tatsächlich gibt es – wenn die

Flußbalance gewährleistet ist – keine Beiträge zu den Termen erster und zweiter Ordnung.

Deshalb wird der Schritt, Gl. (5.38), oftmals Verteilungsschritt genannt, da seine Funktion

darin besteht, die Verteilung der Änderungen innerhalb des Kontrollvolumens zum Knoten zu

sein.

In einem dreieckigen Gitter gibt es etwa doppelt so viele Zellen wie Knoten. Das heißt, daß

bei der Zell–Eckenformulierung die Flußbalancen nicht für alle Zellen erfüllt sein können.

Das stationäre Ergebnis eines Zell–Ecken Zeitschrittverfahrens entspricht folglich einer

Kombination aus den zu Null gesetzten Flußbalancen. In einem vierseitigen Gitter können alle

Flußbalancen im stationären Zustand erfüllt werden.

5.3 FDM–ähnliche Finite Volumentechniken

In der Finiten–Differenzenmethode (FDM) sind die Knoten gleichzeitig die Ecken des Gitters.

Das ist im besonderen Maße bei der Behandlung der Ränder von Vorteil. Beispielsweise ist

eine Druckextrapolation an festen Rändern nicht notwendig. Auch ist man oftmals nur an der

Druckverteilung entlang von Rändern interessiert. Eine zellzentrierte FVM ist dazu nicht sehr

geeignet. Eine Zelleckenformulierung leidet nicht unter diesem Nachteil, jedoch ist auf der

anderen Seite der Fluß durch eine Zelloberfläche kontinuierlich. Das erlaubt keine Upwind–

Definition des Flusses. Als eine Konsequenz dieser Eigenschaft sind

Zelleckenformulierungen Diskretisierungen vom zentrierten Typ.

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Bild 5.11 Zelleckenbasierte FVM

Mehr Freiheit in der Definition der Flüsse kombiniert mit den Knoten an den Zellecken erhält

man, indem man ein verschobenes (interweaving) Gitter in Bild 5.11 wählt. Dieses Gitter

entsteht, wenn man die Zellzentren miteinander verbindet. Die Zellen eines solchen

verschobenen Gitters kann man als Kontrollvolumen der darinliegenden Knoten betrachten.

Flüsse an Volumenflächen können als Mittelwerte von Flüssen betrachtet werden, die aus

Funktionswerten in benachbarten Knoten berechnet werden. Diese Semidiskretisierung ist

dann sehr ähnlich einer FDM Semidiskretisierung und kann konservative FDM genannt

werden.

5.3.1 Diskretisierung vom zentrierten Typ

Die Übernahme eines Lax–Wendroff–Zeitschrittverfahrens oder eines Mehr–Stufen

Zeitschrittverfahrens wie es für die zellzentrierte FVM diskutiert wurde, ist auf die

eckengestützte FVM leicht anzuwenden. Die mit beiden Methoden erreichten Ergebnisse sind

sehr ähnlich, bis auf die Ergebnisse an festen Wänden. Die eckengestützte Methode ist hier

jedoch vorzuziehen.

5.3.2 Diskretisierung nach dem Upwind Typ

Als typisches Beispiel für eine in der FDM üblicherweise benutzte Upwind–Diskretisierung,

die auf einfache Weise auf die FVM angewendet werden kann, wird hier die sogenannte flux–

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difference–splitting Technik nach Roe vorgeführt. Die hier beschriebene Anpassung ist für die

stationären Eulergleichungen entwickelt worden.

Der Fluß durch eine Oberfläche (i+1/2) des Kontrollvolumens in Bild 5.11 kann

folgendermaßen geschrieben werden:

2/12/12/12/12/1 +++++ ∆−∆= iiiii gxfyF (5.41)

worin fi+1/2 und gi+1/2 definiert werden müssen, im allgemeinen unter Benutzung der Werte des

Flußvektors in den Knoten (i,j) und (i+1,j). Hier wird die übliche FDM–Notation mit den

Halbschritten gewählt, um die dazwischenliegenden Punkte zu markieren. Ebenso werden

unwichtige Indizes weggelassen. Es wird mit Fi der Wert von Fi+1/2 mit den Funktionswerten

in (i,j) bezeichnet und mit Fi+1 die Werte unter Benutzung der Funktionswerte in (i+1,j). Der

Fluß der Gl. (5.41) kann nun geschrieben werden:

( )2/122/112/12/1 ++++ +∆= iiii gfsF αα (5.42)

mit

2/12/11 / ++ ∆∆= ii syα (5.43)

2/12/12 / ++ ∆∆−= ii sxα (5.44)

2

2/12

2/12

2/1 +++ ∆+∆=∆ iii yxs (5.45)

Um einen Upwind–Fluß definieren zu können, muß man bei der flux–difference–splitting–

Methode eine Flußdifferenz bilden:

( )1,21,12/11, ++++ ∆+∆∆=∆ iiiiiii gfsF αα (5.46)

worin

jijiii fff ,,11, −=∆ ++

jijiii ggg ,,11, −=∆ ++

Da die Komponenten des Flußvektors Polynome mit Bezug auf die primitiven Variablen ρ, u,

v und p bilden, können die Komponenten der Flußdifferenzen geschrieben werden:

uuu ∆+∆=∆ ρρρ (5.47)

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( )

( ) puuuu

puuuupu

∆+∆++∆=

∆+∆+∆=+∆

ρρρ

ρρρ

2

2

(5.48)

( )

( ) ( )

puvvuup

uuuuvuuvu

puuvuvuuHu

∆−

+∆+∆−

+

∆+∆++∆+=

∆−

+∆++

∆+∆=∆

11

2

1

2

1

12

1

2

1

2

1

2222

2222

γγρ

γγ

ρρρ

γγρρρ

(5.49)

wobei der Balken über den Werten einen Mittelwert darstellt.

Mit der Definition von ( )222/1 vuq += kann die Flußdifferenz ∆f folgendermaßen

geschrieben werden:

W

uvupuuquq

uvvu

uuu

u

f ∆

−−++

+=∆

11

0

10

002

γγρ

γγρρ

ρρρρ

ρ

(5.50)

worin WT=ρ,u,v,p.

Mit den Definitionen von u durch uu ρρ = wird die Flußdifferenz ∆f angegeben:

W

up

u

u

u

vuq

v

uf ∆

=∆

00

000

/100

00

1/1

00

00

0001

γ

ρρ

γρρρ

ρ (5.51)

Durch Ersetzen der ersten Matrix in Gl. (5.51) durch T ist leicht zu erkennen, daß die

Flußdifferenz ∆g leicht auf ähnliche Weise geschrieben werden kann.

W

vp

v

v

v

Tg ∆

=∆

γρ

ρ

00

/100

000

00

(5.52)

worin vv ρρ = .

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Jede Linearkombination von ∆f und ∆g kann die Form haben:

WATgf ∆=∆+∆=∆ ~21 ααφ (5.53)

worin

=

wpp

w

w

w

A

γαγαραρα

ραρα

21

2

1

21

0

/00

/00

0

~ (5.54)

mit vuwvuw 2121 , αααα +=+= .

Differenzen von konservativen Variablen werden durch folgende Ausdrücke angegeben:

( ) pvvuuE

vvv

uuu

∆−

+∆+∆=∆

∆+∆=∆

∆+∆=∆

∆=∆

1

1

γρρ

ρρρ

ρρρ

ρρ

Daher ist

WTU ∆=∆

mit

EvuU T ρρρρ ,,,=

Als Konsequenz ergibt sich:

UAU

TAT

∆=∆

=∆ −1~φ (5.53)

Es ist leicht nachzuvollziehen, daß die Matrix A~

Eigenwerte besitzt und einen vollständigen

Satz von Eigenvektoren. Für 122

21 =+ αα werden die Eigenwerte durch die folgenden

Ausdrücke beschrieben:

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cw

cw

w

w

−=

+=

=

=

~

~

4

3

2

1

λ

λ

λ

λ

Hierin ist w~ :

( )

( ) 4//

2/~

2

2

wwp

cwww

++=

+=

ργ

Die Matrix A~

kann in positive und negative Anteile zerlegt werden:

LRA

LRA

−−

++

Λ=

Λ=

~

~

(5.54)

Darin stellen R und L die rechte und die linke Eigenvektormatrix in orthonormaler Form dar

und weiterhin

( )

( )−−−−−

+++++

4321

4321

,,,

,,,

λλλλ

λλλλ

diag

diag

mit

( )

( )0,min

0,max

ii

ii

λλ

λλ

=

=

+

Positive und negative Matrizen bezeichnen Matrizen mit jeweils nicht–negativen und nicht–

positiven Eigenwerten. Das erlaubt eine Zerlegung der Flußdifferenzen, Gl. (5.54), durch:

UAUA ∆+∆=∆ −+φ

Als Konsequenz kann Gl. (5.43) umgeschrieben werden:

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1,1,2/1

11,

+++

++

∆∆=

−=∆

iiiii

iiii

UAs

FFF

Weiterhin kann die Matrix Ai,i+1 in einen positiven und negativen Anteil zerlegt werden. Das

ermöglicht die Definition des Absolutwertes der Flußdifferenz durch

( ) 1,1,1,2/11, +−

++

+++ ∆−∆=∆ iiiiiiiii UAAsF (5.55)

Basierend auf der Gl. (5.55) gilt als eine Upwind–Definition des Flusses:

[ ]1,12/1 2

1+++ −+= iiiii FFFF (5.56)

Daß diese Formulierung einen Upwind–Fluß definiert, kann bewiesen werden, indem man Gl.

(5.56) in einer der beiden folgenden Schreibweisen darstellt. Beide führen auf dasselbe

Ergebnis.

1,1,2/1

1,1,2/1 2

1

2

1

++

++

+++

∆∆+=

∆−∆+=

iiiiii

iiiiii

UAsF

FFFF

(5.57)

1,1,2/11

1,1,12/1 2

1

2

1

++

+++

++++

∆∆−=

∆−∆−=

iiiiii

iiiiii

UAsF

FFFF

(5.58)

Wenn Ai,i+1 positive Eigenwerte hat, wird der Fluß Fi+1/2 mit Fi angesetzt und wenn Ai,i+1 nur

negative Eigenwerte besitzt, wird der Fluß Fi+1/2 mit Fi+1 ersetzt.

Die Flüsse auf der anderen Seite des Kontrollvolumens Si-1/2, Sj+1/2, Sj-1/2, können auf

ähnliche Weise wie der Fluß Si+1/2 behandelt werden. Mit Hilfe der Gl. (5.57) und (5.58) kann

die Flußbilanz auf dem Kontrollvolumen in Bild 5.13 folgendermaßen gebildet werden:

[ ] [ ]

[ ] [ ] 011,2/111,2/1

11,2/111,2/1

=−∆+−∆+

−∆+−∆

−+

−−+−

++

−+

−−+−

++

jjjjjjjjjj

iiiiiiiiii

UUAsUUAs

UUAsUUAs

(5.59)

oder

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( )

( ) 1,1,2/11,1,2/1

,11,2/1,11,2/1,

+−

++−+

−−

+−

++−+

−−

−∆+∆+

−∆+∆=

jijjjjijjj

jiiiijiiiiji

UAsUAs

UAsUAsCU

(5.60)

worin C die Summe der Matrixkoeffizienten der rechten Seite ist. Die Matrixkoeffizienten in

Gl. (5.60) haben nichtnegative Eigenwerte. Die Positivität der Koeffizienten auf der rechten

Seite der Gl. (5.60) und die schwache Dominanz der zentralen Koeffizienten garantieren, dass

die Lösung durch eine Variante einer skalaren Relaxationsmethode gewonnen werden kann.

Mit einer kollektivenVariante ist eine simultane Relaxation aller Komponenten des Vektors

der abhängigen Variablen U in jedem Knoten.

Um die Behandlung der festen Ränder zu verdeutlichen, betrachtet man ein Halbvolumen in

Bild 5.13. Dieses Halbvolumen kann als Grenze eines ganzen Volumens verstanden werden,

das einseitig zum Rand tendiert. Als Konsequenz kann der Fluss durch die Fläche Sj des

Kontrollvolumens an der festen Begrenzung folgendermaßen ausgedrückt werden:

( )1, −+ −∆− jjjijj UUAsF (5.61)

worin die Matrix Ai,j mit Hilfe der Funktionswerte in dem Knoten (i,j) berechnet wird.

Mit der Definition, Gl. (5.61), nimmt die Flußbilanz die Form der Gl. (5.59) an, worin einer

der Knoten außerhalb des Gebietes liegt. Dieser Knoten kann allerdings eliminiert werden. Es

ist leicht zu erkennen, daß im Falle eine festen Begrenzung drei Möglichkeiten für die Gl.

(5.61) bestehen, um den außerhalb liegenden Knoten zu eliminieren. Diese Gleichungen

müssen durch die Tangentialitätsbedingung unterstützt werden. Zur Illustration zeigt Bild

5.14 die Lösung, die durch die vorhergehende Methode berechnet wurde. Sie sind für

denselben Testfall in Bild 5.7 unter denselben Bedingungen wie für Bild 5.8 erzeugt worden.

Vergleiche der Upwind–Ergebnisse mit denen der zentralen Methode zeigen eine deutliche

Überlegenheit der Upwind–Methode in Bezug auf die Schärfe des Stoßes.

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Bild 5.12 Linien konstanter Mach–Zahlen berechnet durch eine zelleckenbasierte

FVM

In Bild 5.12 ist die Upwind–Diskretisierung in Form der ersten Ordnung gewählt worden. Für

komplexere Strömungen werden Diskretisierungstechniken höherer Ordnung anzuwenden

sein.

5.4 Andere Formulierungen

Finite Volumenmethoden, die weder als FEM noch als FDM–ähnlich klassifiziert werden

können, sind Methoden, die keine Knoten an Zellzentren und Zellecken benutzen. Ein

Beispiel dafür ist in Bild 5.2c gegeben. Auch kann das Volumen horizontal sein. Für

Kontrollvolumen diesen Typs können einige Flüsse über Funktionswerte in Knoten an

Oberflächen ausgedrückt werden. Andere Flüsse bedürfen einer Mittelwertbildung. Methoden

dieser Art sind generell von erster Ordnung genau auf irregulären Gittern. Da das Volumen

zwei Zellen beinhaltet, ist die Genauigkeit geringer als in der zellzentrierten oder der auf

Ecken konstruierten Formulierung.

Ein etwas anderes Beispiel ist die Formulierung, die zu Bild 5.2d gehört. Das schattierte

Volumen ist das Volumen, auf dem die Impuls– und die Energiegleichung angewendet

werden, während die Dichte und der Druck im Zentrum des Volumens definiert sind. Die x–

Impulsgleichung in einem Volumen wird entsprechend der x–Richtung entwickelt, die y–

Impulsgleichung gemäß der y–Richtung. Diese Methode wird gewöhnlich Marker and Cell

Method (MAC) genannt. Diese Methode ist sehr bekannt und wird in der einschlägigen

Literatur beschrieben. Manchmal wird sie als FVM klassifiziert, da sie Volumen verwendet.

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Da aber die u– und die v–Geschwindigkeitskomponenten nicht für ein und dieselbe Stelle

gespeichert werden, kann diese Methode nur bei kartesischen Koordinatensystemen eingesetzt

werden. Benutzt man allerdings die kontravarianten Geschwindigkeitskomponenten der

Tensornotation, dann kann diese Methode auch für komplexere orthogonale

Koordinatensysteme Anwendung finden. Prinzipiell kann man dieses Verfahren allerdings als

eine Form der konservativen FDM ansehen. Sie wird häufig bei inkompressiblen und

konvektiven–diffusiven Strömungsproblemen benutzt.

Die Methode erlaubt die Formulierung einer Inkompressibilitätsbedingung. Es muß

angemerkt werden, daß es für die FVM kein Äquivalent gibt, das alle berechneten Variablen

an einem Punkt gespeichert existieren. Die Inkompressibilität ist bei der FVM eine besondere

Schwierigkeit.

5.5 Behandlung von Ableitungen

Wenn Ableitungen für die Formulierung von reibungsbehafteten Termen benötigt werden,

werden, diese gewöhnlich mit Hilfe des Gauss–Theorems berechnet.

Bild 5.13 Raumpunkte zur Definition einer Ableitung

Beispielsweise wird für die zellzentrierte Formulierung in Bild 5.13 zur Definition der

Ableitung in der Ecke a eine Integration über das schattierte Volumen durchgeführt.

dy

dydxxx

a

a

Sa

aa

Ω=

Ω≈

Ω

φ

∂∂φ

∂φ∂

1

1

(5.62)

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Dieses ergibt:

−+

−+

−+

−Ω

+++

++

+++

++++

22

22

1

,1,1,1

1,,1,

1,1,1,

,11,1,1

jijiji

jijiji

jijiji

jijiji

aa

yyyy

yyyy

x

φφ

φφ∂∂φ

(5.63)

mit

( ) ( )jijijiji

jijijiji

a xxyy

xxyy

,1,1,11,

1,,1,1,1

22−

−+−

−≈Ω ++

++++

++ (5.64)

Eine ähnliche Prozedur kann für die anderen Eckpunkte der Zelle abcd gefunden werden.

Diese Formulierung erlaubt eine Definition der reibungsbehafteten Terme an den Ränder

einer Zelle.