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Technische Universität Dresden Fakultät Maschinenwesen Institut für Luft- und Raumfahrttechnik Professur für Thermofluiddynamik/Angewandte Aerodynamik Prof. Dr.-Ing. Roger Grundmann Numerische Methoden (CFD) Dieser Studienbrief zur Vorlesung Numerische Methoden (CFD) basiert überwiegend auf dem Von Karman Institute Book Computational Fluid Dynamics, An Introduction von John F. Wendt (Editor); Autoren: John D. Anderson, Gerard Degrez, Eric Dick, Roger Grundmann; Springer Verlag, 2. Edition, 1996
Inhaltsverzeichnis 1 Einführung in die numerische Grenzschichttheorie 9 1.1 Einblick in reibungsbehaftete, dreidimensionale Strömungen 9 1.2 Beschreibung der Prandtlschen Grenzschichtgleichungen 11 1.3 Hierarchie der Grenzschichtgleichungen 17 1.4 Transformation der Grenzschichtgleichungen 26 1.5 Numerische Lösungsmethoden 29 1.5.1 Wahl eines Diskretisationsmodells 29 1.5.2 Verallgemeinertes Crank-Nicholson Verfahren 31 1.5.3 Diskretisierung der Grenzschichtgleichungen 34 1.5.4 Lösung eines tridiagonalen Systems algebraischer Gleichungen 41 1.6 Beispielrechungen 43 1.6.1 Dreidimensionale Grenzschichten entlang Symmetrielinien 43 1.6.2 Geometrische Bedingungen 44 1.6.3 Strömungsmechanische Gleichungen 46 1.6.4 Randbedingungen 48 1.6.5 Lösungsschema 49 1.6.6 Numerische Ergebnisse 50 2 Diskretisierung von partiellen Differentialgleichungen 53 2.1 Ableitung von elementaren finiten Differenzenquotienten 54 2.1.1 Partielle Ableitung erster Ordnung 55 2.1.2 Partielle Ableitungen zweiter Ordnung 57 2.1.3 Gemischte partielle Ableitungen zweiter Ordnung 58 2.1.4 Partielle Ableitungen an Rändern 59 2.2 Transformationen und Gittergittergenerierung 61 2.2.1 Einleitung 61 2.2.2 Allgemeine Transformation von Gleichungen 64 2.2.3 Metrische Koeffizienten und Jacobische Determinante 70 2.2.4 Beispiele von Koordinatentransformationen 73 2.2.4.1 Koordinatenstreckung 73 2.2.4.2 Randangepaßte Koordinatensysteme 77 2.2.4.3 Adaptive Gitter 82 2.3 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen 87 2.3.1 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen 87 2.3.1.1 Einleitung 87 2.3.1.2 Klassifizierung der partiellen Differentialgleichungen 87 2.3.1.3 Verhalten hyperbolischer, parabolischer und elliptischer Differentialgleichungen 90 2.3.2 Fehler und Stabilitätsanalyse 95 3 Finite Differenzen Methoden (FDM) 104 3.1 Explizite Differenzenverfahren 104 3.1.1 Lax-Wendroff-Methode (Direkte Methode) 104 3.1.2 MacCormack-Methode (Prediktor-Korrektor-Verfahren) 107
3.1.3 Stabilitätsbetrachtungen 110 3.2 Implizite Differenzenverfahren 111 3.2.1 Einführung 111 3.2.2 Iterationsmethode nach Jacobi 113 3.2.3 Iterationsmethode nach Gauss-Seidel 114 3.2.4 Iterationsmethode der sukzessiven Überrelaxation (SOR) 115 3.2.5 Iterationsmethode der alternierenden Richtung (ADI) 116 4 Finite Elemente Methoden (FEM) 119 4.1 Einleitung 119 4.2 Starke und schwache Formulierung eines Randwertproblems 121 4.2.1 Starke Formulierung 121 4.2.2 Gewichtete Residuenformulierung 125 4.2.3 Galerkin Formulierung 126 4.2.4 Schwache Formulierung 128 4.2.5 Variationsformulierung 131 4.2.6 Schlußbemerkungen 131 4.3 Stückweise definierte Formfunktionen 132 4.3.1 Finite Elementinterpolation 132 4.3.2 Finite Elemente mit C°-Kontinuität in zwei Dimensionen 139 4.3.2.1 Dreieckige Elemente 139 4.3.2.2 Vierseitige Lagrange Elemente 144 4.3.2.3 Vierseitige Serendipity Elemente 145 4.3.2.4 Isoparametrige Elemente 146 4.3.3 Finite Elemente mit C1- Kontinuität 147 4.4 Ausführung der Finite Elemente Methode 149 4.4.1 Assemblierung 149 4.4.2 Numerische Integration 150 4.4.3 Lösungsverfahren 152 4.5 Beispiele 152 4.5.1 Stationäre inkompressible Potentialströmung 152 4.5.2 Inkompressible Navier-Stockessche Gleichungen in - -Formulierung 156 4.5.3 Stationäre inkompressiblen Navier-Stockesgleichungen in der u-v-p-Formulierung 163 4.5.4 Kompressible Eulergleichungen 166 5 Finite Volumen Methoden (FVM) 169 5.1 Einführung 169 5.2 Finite Volumen Technik in Anlehnung an die FEM 174 5.2.1 Zellzentrierte Formulierung 175 5.2.1.1 Lax-Wendroff Zeitschrittverfahren 177 5.2.2 Zelleckenformulierung 183 5.2.2.1 Mehrstufen-Zeitschrittverfahren bei überlappenden Kontrollvolumen 184 5.2.2.2 Lax-Wendroff Zeitschrittverfahren bei nichtüberlappenden Kontrollvolumen 185 5.3 FDM ähnliche Finite Volumentechniken 187 5.3.1 Diskretisierung vom zentrierten Typ 188
5.3.2 Diskretisierung nach dem Upwind Typ 189 5.4 Andere Formulierungen 195 5.5 Behandlung von Ableitungen 196
1 Einführung in die numerische Grenzschichttheorie
1.1 Einblick in reibungsbehaftete, dreidimensionale Strömungen
Das Ziel der numerischen Strömungsmechanik ist, ein vollständiges Strömungsfeld um einen
beliebig geformten Körper oder durch einen Kanal mit beliebiger Kontur zu berechnen. Die
Strömung mag dabei instationär, dreidimensional, kompressibel und turbulent sein. Bei
hypersonischen Strömungen können auch lokale Regionen mit chemischen Reaktionen wie
Dissoziation, Ionisation und Strahlung betrachtet werden. Das Gleichungssystem, das diese
Aufgabe beschreiben kann, besteht dazu aus den Navier–Stokesschen Bewegungsgleichungen
mit ihren drei Geschwindigkeitskomponenten, den verschiedensten Energiegleichungen, der
globalen und den partiellen Kontinuitätsgleichungen und etlichen Schließungsannahmen,
welche die Transition, die Turbulenz und die physikalisch– chemischen Gaseffekte
beschreiben können. Es kann leicht gezeigt werden, dass heutzutage noch kein Computer in
der Lage ist, weder die benötigte Speicherkapazität noch die erforderliche
Rechengeschwindigkeit bereit zu stellen, um diese enorme Aufgabe zu erfüllen.
Daher müssen, um der heutigen Realität gehorchen zu können, die die Strömung
beschreibenden Gleichungssysteme so vereinfacht werden, dass sie dennoch die
Eigenschaften der Strömung ausreichend korrekt darstellen. Beispielsweise erhält man aus
den Navier– Stokesschen Gleichungen bei Vernachlässigung der Reibungsterme die
bekannten Eulerschen Gleichungen. Diese können zur Berechnung der Fernfeldbedingungen
herangezogen werden, wo die Wechselwirkungen mit reibungserzeugenden wandnahen
Strömungsschichten bedeutungslos sind. Jedoch kann ein Strömungsablösegebiet auf der
Oberfläche von Flugzeugtragflügeln nicht ohne die Hinzunahme der Reibungsterme berechnet
werden, denn Ablösung ist ein Strömungsphänomen in viskosen Medien.
Wie bereits angesprochen, können verschiedenste Strömungsformen durch
Detailbetrachtungen ihrer physikalischen Eigenschaften durch eigens dafür reduzierte
Gleichungssysteme dennoch korrekt beschrieben werden. Solch eine Betrachtungsweise
wendete Prandtl (1904) im Jahre 1904 auf eine wandnahe, sehr dünne Schicht in einer
umgebenden Strömung an, wo die viskosen Kräfte senkrecht zu Oberfläche dominant
erschienen. Er nannte diese so ausgezeichnete Schicht Grenzschicht. Das wichtigste
strömungsmechanische Detail innerhalb dieser Schicht ist, dass die
Geschwindigkeitskomponente in Hauptströmungsrichtung mit Annäherung an die Wand
langsam zu Null wird, das heißt, die Fluidmoleküle haften an der Oberfläche des benetzten
Körpers. Ebenso ist der Gradient dieser Geschwindigkeit normal zur Oberfläche wesentlich
größer, als der in Hauptströmungsrichtung.
Diese Feststellung bringt einen entscheidenden Wechsel im mathematischen Charakter der
beschreibenden Differentialgleichungen nämlich vom elliptischen zum parabolischen Typ mit
sich. Das ermöglicht einen Lösungsansatz, der nur eine dominante, numerische
Fortschrittsrichtung bedarf. Daraus ergibt sich eine bedeutende Vereinfachung bezüglich des
zu erbringenden Lösungsaufwandes. Rückströmungen, die innerhalb von Ablöseblasen
vorkommen, können jedoch damit nicht berechnet werden. Das Strömungsfeld bis sehr nahe
an diesen Ablösungspunkt heran ist trotzdem sehr gut erfassbar.
Die numerische Behandlung der Grenzschichttheorie wird der spezielle Gegenstand dieses
Studienbriefes sein. Der Anteil, der die numerische Thermofluiddynamik oder auch die
numerischen Methoden der Strömungsmechanik (CFD) allgemein beinhaltet, wird jeweils bei
Kapitelwechsel ausführlich erörtert. Die Kapitel gestalten sich folgendermaßen: Prandtl's
Idee zu seiner Grenzschichttheorie wird in Form einer Einleitung vorgestellt und die
Hierarchie der Grenzschichtgleichungen innerhalb einer sehr dünnen Schicht wird diskutiert,
das heißt, die Relationen einiger Grenzschichttheorien verschiedenen Näherungsgrades zu
den vollständigen Navier– Stokesschen Gleichungen werden aufgezeichnet. Weiterhin werden
Transformationsvorschriften, die auf die Grenzschichtgleichungen angewendet werden
können, demonstriert. Dieser Schritt kann zu einer erheblichen Lösungsvereinfachung führen.
Ein verallgemeinertes Diskretisierungsschema wird auf einen Satz laminarer, kompressibler
Grenzschichtgleichungen angewendet und ein numerisches Lösungsschema zur Lösung des
verbleibenden tridiagonalen Differenzengleichungssystemes wird vorgeschlagen. Eine
Beispielrechung einer Grenzschichtströmung an einem angestellten ellipsoidförmigen
Flugkörper beendet diese Diskussion.
Dieser Studienbrief befasst sich nur mit der laminaren Grenzschichttheorie. Die
Beschäftigung mit der Turbulenz benötigt weiteren Aufwand, besonders im Hinblick auf
passende Turbulenzmodelle für die speziellen Bedürfnisse der Strömungsprobleme, die
jedoch das zu beschreibende prinzipielle Lösungsverfahren nicht generell verändern. Da diese
Unterlagen nur eine Einleitung in die Grenzschichttheorie und deren numerische
Lösungsverfahren beinhaltet, werden turbulente Grenzschichten hier nicht behandelt, aber ein
allgemeiner Überblick über Turbulenzmodellierung kann bei Schlichting (1956) und Rotta
(1972) gefunden werden.
Kapitel 1 dient zunächst ein wenig vorgreifend als komplettes an einer Grenzschichtströmung
ausgelegtes Beispiel für Lösungsverfahren mittels numerischer Methoden. In den folgenden
Kapiteln werden die einzelnen Schritte, die zu einer Lösung eines Gleichungssystems der
Strömungsmechanik zu durchlaufen sind, im Einzelnen ausführlicher behandelt.
1.2 Beschreibung der Prandtlschen Grenzschichtgleichungen
Im Jahre 1904 leistete Prandtl (1904) einen wichtigen Beitrag zu einem speziellen Typ von
Strömungen, für den die Reynoldszahl sehr groß ist. Die Reynoldsche Zahl hat die Form eines
dimensionslosen Parameters.
µ
ρν
LVLVeR == (1.1)
Hierin ist L eine charakteristische Länge, gewöhnlich die Länge des betrachteten Körpers, V
ist die Geschwindigkeit der Strömung, wo sie ungestört und wohl definiert ist. Die
kinematische und die dynamische Zähigkeit sind durch ν und µ gekennzeichnet. Die Dichte
des Fluids ist mit ρ beschrieben. Die Reynoldszahl stellt dem Ähnlichkeitsprinzip folgend das
Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar.
kräfteZähigkeits
räfteTrägheitsk
xu
xuueR ≡=
22 /
/
∂∂µ∂∂ρ
(1.2)
Die Geschwindigkeit V an irgendeinem Punkt im Geschwindigkeitsfeld ist der
Geschwindigkeit in der freien ungestörten Strömung V proportional. Der
Geschwindigkeitsgradient ∂ u/∂ x ist proportional zu V/L und so ist vergleichbar ∂ 2u/∂ x2
proportional zu V/L2.
Folglich ergibt das Verhältnis aus Gl. (1.1):
µ
ρµ
LV
dV
LVeR ==
2
2
/
/ (1.3)
Zwei Strömungen sind vom Standpunkt der relativen Bedeutung von Trägheits- und
Zähigkeitseffekten gleich, wenn ihre Reynoldszahlen gleich sind. Nun werden die
physikalischen Phänomene einer Strömung mit hoher Reynoldszahl an einem unendlich
langen zylindrischen Körper, wie er in dem folgenden Bild 1.1 dargestellt ist, beschrieben.
Bild 1.1 Grenzschichtverlauf entlang eines keilförmigen Körpers
Mit Ausnahme der unmittelbaren Nachbarschaft der Körperoberfläche ist die
Strömungsgeschwindigkeit U(x) vergleichbar mit der freien Anströmung V. Diese
Strömungsregion ist nahezu reibungsfrei, sie folgt einer Potentialströmung. Allerdings in
unmittelbarer Wandnähe herrscht Reibung in der Strömung, das heißt, dass die Strömung, je
näher man der Oberfläche kommt, immer mehr verzögert wird, bis sie letztlich an der
Oberfläche haftet. Der Übergang von keiner Bewegung an der Wand bis hin zur maximalen
Geschwindigkeit in einem gewissen Abstand dazu findet innerhalb einer sehr dünnen Schicht,
der von Prandtl so bezeichneten Grenzschicht, statt. Ihre Dicke ist δ, die eine Funktion der
Stromabkoordinate x ist und vergleichsweise sehr klein ist zu der Körperlänge L. In der y–
Richtung normal zur Wand innerhalb dieser sehr dünnen Schicht ist der
Geschwindigkeitsgradient ∂ u/∂ y wesentlich größer als der Gradient in x–Richtung, ∂ u/∂ x.
Obwohl die Zähigkeit innerhalb der Strömung als sehr gering einzuschätzen ist, kann die
Schubspannung τ = µ (∂ u/∂ y) sehr große Werte annehmen. Außerhalb der Grenzschicht sind
die Geschwindigkeitsgradienten vernachlässigbar klein und der Einfluss der Zähigkeit ist
folglich unwichtig. Die Strömung gilt als reibungsfrei und potentialtheoretisch.
Die oben genannten Annahmen werden nun zur Vereinfachung der Navier–Stokesschen
Gleichungen für die Beschreibung stationärer, zweidimensionaler, laminarer und
inkompressibler Strömungen herangezogen. Inklusive der Kontinuitätsgleichung haben sie
folgendes Aussehen in einem zweidimensionalen kartesischen Koordinatensystem:
++−=+
2
2
2
21
y
u
x
u
x
p
y
uv
x
uu
∂∂
∂∂
ρµ
∂∂
ρ∂∂
∂∂
(1.4)
++−=+
2
2
2
21
y
v
x
v
y
p
y
vv
x
vu
∂∂
∂∂
ρµ
∂∂
ρ∂∂
∂∂
(1.5)
0=+y
v
x
u
∂∂
∂∂
(1.6)
Hierin sind die Geschwindigkeitskomponenten u und v in der x –Richtung stromab und
normal in der y –Richtung definiert. Der statische Druck ist durch p , die Dichte durch ρ
und durch µ die dynamische Zähigkeit des Mediums gekennzeichnet.
Aus Bequemlichkeits- und Normierungsgründen wird das System von partiellen
Differentialgleichungen dimensionslos gemacht. Dadurch kommt die zuvor beschriebene
Reynoldszahl in das Gleichungssystem. Sie ist notwendig, um eine korrekte
Größenordnungsabschätzung der einzelnen Terme in den Gleichungen durchführen zu
können. Für die dimensionslose Schreibweise sind die folgenden Vorschriften zu beachten:
)1(0==V
uu (1.7)
)(0 ε==V
vv (1.8)
)1(02
==V
pp
ρ (1.9)
)1(0==L
xx (1.10)
)(0 ε==L
yy (1.11)
==2
10
εµρ LV
eR (1.12)
2
2
1Vq ρ= (1.13)
V ist die ungestörte Geschwindigkeit der Umgebungsströmung und der statische Druck wird
durch das Doppelte des dynamischen Druckes 22/1 Vq ρ= dimensionslos gemacht. Wenn
man diese Definitionen in das Gleichungssystem, Gln. (1.4) bis (1.6) einsetzt, erhält man:
++−=+
2
2
2
21
y
u
x
u
eRx
p
y
uv
x
uu
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(1.14)
)(
)1(
)1(
)1()()1(
)(
)1()(
)1(
)1()1(
22
εε
εε
++−=+
2
2
2
21
y
v
x
v
eRy
p
y
vv
x
vu
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(1.15)
)(
)(
)1(
)()(
)(
)()(
)1(
)()1(
22
εεεε
εεεε
0=+y
v
x
u
∂∂
∂∂
(1.16)
)(
)(
)1(
)1(
εε
Nun stellt sich die Frage nach der individuellen Größenordnung der dimensionslosen Terme
in den Gln. (1.14) bis (1.16). Wie bereits vorab besprochen, ist die Grenzschichtdicke δ sehr
klein und folglich auch die normale Koordinate y, wenn man sie mit der Körperlänge L
vergleicht. Konsequenterweise ist y von der Größenordnung O(ε ), was verglichen mit dem
Wert 1 sehr klein ist. Die u–Geschwindigkeitskomponente kann maximal von der
Größenordnung der Anströmgeschwindigkeit V werden. Wie aus der Kontinuitätsgleichung
entnommen werden kann, muss die Normalgeschwindigkeitskomponente v die
Größenordnung O(ε ) besitzen, um die Gleichung erfüllen zu können. Da die Ableitung ∂ u/∂
x von der Ordnung O(1) ist, weil x maximal die Körperlänge L annehmen kann, muß der
zweite Term in der Kontinuitätsgleichung ∂ v/∂ y auch von der Größenordnung O(1) sein.
Folgerichtig ist die Normalgeschwindigkeitskomponente v von der Ordnung O(ε ). Mit Hilfe
dieser Annahmen kann die vollständige Größenordnungsabschätzung durchgeführt werden.
Es folgt aus der ersten Bewegungsgleichung, Gl. (1.14), dass die Reibungskräfte von
derselben Größenordnung sind wie die Trägheitskräfte, wenn nur die Reynoldszahl von der
Ordnung O(1/ε 2) ist.
Die Kontinuitätsgleichung bleibt unverändert. Die Bewegungsgleichung in
Hauptströmungsrichtung kann um die zweite Ableitung der u–Geschwindigkeitskomponente
∂ 2u/∂ x2 reduziert werden, weil sie multipliziert mit 1/Re den kleinsten Wert in der Gleichung
besitzt. Letztlich muss noch erfüllt sein, dass die Ableitung des Druckes (-∂ p/∂ x) die
Größenordnung O(1) nicht überschreitet, um mit den anderen Termen dieser Gleichung
vergleichbar zu sein.
Alle Terme der Bewegungsgleichung in Normalenrichtung sind von kleinerer Ordnung als die
der ersten Gleichung. Daher ist das Ergebnis dieser Betrachtung, dass in der Richtung normal
zu jeder Oberfläche der Druckgradient von vernachlässigbarer Größenordnung ist, d.h.:
)(0 ε∂∂ =
y
p (1.17)
Das bedeutet physikalisch, dass der Druck in Normalenrichtung konstant ist. Er wird durch
die reibungsfreie Außenströmung der Grenzschicht aufgeprägt. Daher ist der Druck
gewöhnlich nur eine Funktion der Richtung stromab.
Die Entwicklung der Bewegungsgleichung, Gl. (1.14), am äußeren Rand der Grenzschicht bei
bekannter reibungsfreier Geschwindigkeit U(x) ergibt:
VxuxU /)()( = (1.18)
dx
dp
dx
dUU
ρ1−= (1.19)
Die anderen Terme, die ∂ u/∂ y beinhalten, können vernachlässigt werden, da am Außenrand
der Grenzschicht keine Normalgradienten dieser Geschwindigkeitskomponente mehr
existieren. Nach Integration von Gl. (1.19) entsteht die wohlbekannte Bernoullische
Gleichung für reibungsfreie Strömungen.
constUp =+ 2
2
1 ρ (1.20)
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß durch die Prozedur einer
Größenordnungsabschätzung der Navier–Stokesschen Gleichungen, Gln. (1.14) und (1.15),
und der Kontinuitätsgleichung, Gl. (1.16), ein vereinfachtes Gleichungssystem zur
Beschreibung einer Strömung innerhalb einer kleinen wandnahen Schicht erstellt werden
kann. Diese Gleichungen sind bekannt als die Prandtlschen Grenzschichtgleichungen. Diese
lauten nochmals zusammengestellt:
2
21
y
u
eRx
p
y
uv
x
uu
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
+−=+ (1.21)
0 =
y
p
∂∂
(1.22)
0=+y
v
x
u
∂∂
∂∂
(1.23)
Die Randbedingungen lauten an der Oberfläche für dieses Gleichungssystem:
0,00 === vuyfür (1.24)
und am äußeren Rand der Grenzschicht:
)(xUuL
yfür === δδ (1.25)
Die unabhängigen Variablen dieses Gleichungssystems können nun mit Hilfe der
Bernoullischen Gleichung um den Druck reduziert werden, wenn nur die reibungsfreie
Geschwindigkeitsverteilung U(x) vorgegeben ist.
Die allgemeine Form der Größenordnungsabschätzung ist auch in Schlichting (1956)
beschrieben. Sie ist ebenfalls geeignet, wesentlich komplexere Formen der Navier–
Stokesschen Gleichungen beispielsweise in oberflächenorientierten Koordinatensystemen zu
behandeln. Hier erschweren zusätzliche Coriolis- und Zentifugalterme, die durch die
gekrümmte Oberfläche hinzukommen, die Beurteilung der Größenordnung. Schließlich gibt
die Größenordnungsabschätzung eine Vorstellung des Approximationsgrades der
Grenzschichtgleichungen zu den Navier–Stokesschen Gleichungen, was im nächsten
Abschnitt im Detail behandelt wird.
1.3 Hierarchie der Grenzschichtgleichungen
Um eine Hierarchie der strömungsmechanischen Gleichungen zu entwickeln, sollte man die
Navier– Stokesschen Gleichungen, die Kontinuitätsgleichung und die Energiegleichung für
eine stationäre, kompressible, laminare und zweidimensionale Strömung innerhalb einer
wandnahen dünnen Schicht, der Grenzschicht, aufstellen. Zur Beschreibung dieser
Gleichungen bedarf es eines Koordinatensystems, das oberflächenorientiert ist. Es verläuft
entlang einer Wand zur besseren Auflösung der wandnahen Umgebung und kann innerhalb
des Euklidischen Raumes wechselweise in ein kartesisches Koordinatensystem umgerechnet
werden. Beispielsweise folgen das Polarkoordinatensystem und das kartesische
Koordinatensystem den Regeln des Euklidischen Raumes. Mit anderen Worten ausgedrückt,
es muss die Jacobische Determinante existieren, was im Abschnitt 2.2.3 erklärt wird.
Wenn die Navier–Stokesschen Gleichungen und die zugehörigen anderen Gleichungen für
solch ein oberflächenorientiertes Koordinatensystem formuliert werden können, dann werden
sie eine Vielzahl von zusätzlichen Termen enthalten, die aufgrund der gekrümmten
Koordinatenachsen entstehen. Diese Terme können als Coriolis- und Zentrifugalkräfte
gedeutet werden, die durch die Verdrängungswirkung der Oberfläche entstehen und deshalb
eine Stromlinienänderung stromab und senkrecht dazu bewirken. Krümmungsinduzierte
Terme können eine unterschiedliche Größenordnung besitzen. Einige sind von Bedeutung und
andere können wegen eines spezifischen Strömungsproblems einfach vernachlässigt werden.
Nun kann durch die bereits vorgegebene Größenordnungsabschätzung eine Beziehung
zwischen den vollständigen und krümmungsbehafteten Gleichungen und den zuvor
vorgestellten Prandtlschen Grenzschichtgleichungen hergestellt werden.
Bild 1.2 Oberflächenorientiertes Koordinatensystem
Ein einfaches zweidimensionales, oberflächenorientiertes Koordinatensystem nach Bild 1.2,
wie es zum Beispiel an einer Tragflügelkontur bestehen könnte, wird für diese
Untersuchungen ausgewählt. Diese Koordinatenabhängigkeiten sehen folgendermaßen aus:
)()(0
xnsindsxoscxS
∫ −= θθ (1.26)
∫ +=S
xoscndsxnsiy0
)()( θθ (1.27)
Das resultierende Differentialgleichungssystem besteht aus den beiden Impuls- oder
Bewegungsgleichungen in Stromabrichtung und in Normalenrichtung, der Energiegleichung
sowie der Kontinuitätsgleichung. Aus Bequemlichkeitsgründen werden die einzelnen
Strömungsgrößen nicht mit einem Balken versehen, wie es im vorhergehenden Abschnitt mit
den dimensionsbehafteten Größen geschehen war.
Impulsgleichung in tangentialer Richtung
−++
−+−=
++
HHH
HHH
u
n
u
s
v
n
n
v
s
u
ss
pv
n
uv
s
uu
κµ∂∂µ
∂∂µ
∂∂
∂∂µµ
∂∂µ
∂∂
∂∂κ
∂∂
∂∂ρ
3
2
3
4
3
4+
(1.28)
Impulsgleichung in normaler Richtung
−−+
−++
−−+
−=
−+
HH
HH
HHH
HH
v
s
u
n
v
n
u
s
v
s
v
s
u
n
v
n
n
pu
n
vv
s
vu
κµ∂∂µ
∂∂µκ
κµ∂∂µ
∂∂µ
∂∂
κµ∂∂µ
∂∂µ
∂∂
∂∂κ
∂∂
∂∂ρ
2
3
2
3
2
3
4
2
(1.29)
Energiegleichung
2
222
1
3
2
1222
2
2
++−
−++
+
++
+
++
=
+
n
vv
s
u
u
n
u
s
v
n
vv
s
u
n
T
ns
T
sn
pv
s
pu
n
Tv
s
Tucp
∂∂κ
∂∂µ
κ∂∂
∂∂
∂∂κ
∂∂µ
∂∂λ
∂∂
∂∂λ
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂ρ
HHH
HHHHH
HH
H
(1.30)
Kontinuitätsgleichung
0)()( =+
n
v
s
u
∂ρ∂
∂ρ∂ H
(1.31)
mit
R
nRn
+=+= κ1H (1.32)
Hierin sind u und v die Geschwindigkeitskomponenten in tangentialer s–Richtung und
normaler n–Richtung. Die Temperatur ist mit T, der Druck mit p und die Dichte ist mit ρ
gekennzeichnet, µ und λ sind die dynamische Viskosität und die Wärmeleitfähigkeit. Die
Krümmung der Oberfläche ist in dem geometrischen Koeffizienten H enthalten. Dieses
dimensionsbehaftete System von Differentialgleichungen beschreibt eine laminare,
kompressible und zweidimensionale, stationäre Strömung in einer gekrümmten, wandnahen
Umgebung.
Nun werden diese Gleichungen Term für Term auf ihre Größenordnung hin analysiert. Wie es
üblicherweise gehandhabt wird, werden die Gleichungen zunächst in eine dimensionslose
Schreibweise überführt und zwar die geometrischen Größen werden durch eine
charakteristische Länge, die unveränderbare Körperlänge L, dividiert, und die verbleibenden
anderen Strömungseigenschaften durch ihre Bedingungen in der ungestörten Strömung. Diese
sind durch das Zeichen ∞ definiert. Die Größenordnung dieser Terme wird nun wie bei der
einfachen Grenzschicht ohne gekrümmte Oberfläche im vorigen Abschnitt bestimmt.
)1(0==L
ss
)(0 ε==L
nn
)1(0== Lκκ
)1(01 =+= nκH
)1(0==∞u
uu
)(0 ε==∞u
vv (1.33)
)1(0==∞T
TT
)1(02
==∞∞ u
pp
ρ
)1(0==∞ρ
ρρ
)1(0==∞µ
µµ
)1(0==∞λ
λλ
)1(0==p
pp c
cc
Hinzu kommen drei dimensionslose Kennzahlen, die in den Gln. (1.34) bis (1.36) als die
bereits bekannte Reynoldszahl, die Prandtlzahl und die Eckertzahl bekannt sind. Die
Prandtlzahl beschreibt das Verhältnis der Wärmeleitung zur Wärmekonvektion und die
Eckertzahl das Verhältnis von kinetischer Energie zur Enthalpie.
==∞
∞∞2
10
εµρ Lu
eR Reynoldszahl (1.34)
)1(0==∞
∞∞
λµpC
rP Prandtlzahl (1.35)
)1(02
==∞
∞
∞TC
uEc
p
Eckertzahl (1.36)
Es muss erwähnt werden, dass der Krümmungsradius der lokalen Oberflächengeometrie nicht
viel größer als die charakteristische Körperlänge L sein darf, da sonst das daraus resultierende
κ, die Krümmung, einer anderen Größenordnung angehören würde. Der Krüm-mungsradius R
steht zu der Krümmung κ in dem folgenden Verhältnis:
R
LL == κκ (1.37)
Wenn, wie man erkennt, der Radius R sehr klein ist, im Vergleich zur Länge L, dann kann die
geforderte Größenordnung erheblich überschritten werden.
Die Kombination der dimensionslos gemachten Terme, Gln. (1.33) bis (1.36), mit den
strömungsmechanischen Gleichungen liefert die Möglichkeit der
Größenordnungsabschätzung eines jeden Terms. Eine nochmalige detaillierte Ableitung
dieser Abschätzung ist hier nicht mehr nötig, da sie ebenso verläuft, wie im vorigen Abschnitt
bereits beschrieben. Aber um einen Einblick in die angestrebte Hierarchie der
Grenzschichtgleichungen zu erhalten, werden hier zwei Sätze von Gleichungen gezeigt,
wovon der erste nur Terme der Größenordnung O(1) enthält und der zweite die Terme der
Ordnungen O(1) und O(ε ). Die ausgesuchten Gleichungen sind die beiden
Bewegungsgleichungen in tangentialer und normaler Richtung.
Grenzschichttheorie erster Ordnung
+−=
+
n
u
ns
p
n
uv
s
uu
∂∂µ
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂ρ HH (1.38)
0=n
p
∂∂
(1.39)
R
nRn
+=+= κ1H (1.40)
Diese Gleichungen einschließlich der Kontinuitätsgleichung werden Gleichungen der
Grenzschichtheorie erster Ordnung genannt. Krümmungseffekte sind in dem Term H
enthalten, Gl. (1.40). Diese Gleichungen werden identisch mit den Gleichungen von Prandtl,
wenn man die Krümmung gegen Null gehen läßt. Daher befinden sich Prandtls Gleichungen
auf der niedrigsten Stufe der Hierarchie und können Gleichungen der Grenzschichttheorie
nullter Ordnung genannt werden.
Nun werden die Terme der Ordnung O(1) und der Ordnung O(ε ) berücksichtigt.
Grenzschichttheorie zweiter Ordnung
n
uu
n
u
n
u
ns
pvu
n
uv
s
uu
∂∂µκ
∂∂κ
∂∂µ
∂∂
∂∂κ
∂∂
∂∂ρ +−
+−=
++ HH (1.41)
H
2u
n
p ρκ∂∂ = (1.42)
Diese Gleichungen zeigen eine entscheidende Erweiterung zu den vorhergehenden. In der
Bewegungsgleichung, Gl. (1.41), erscheinen ein zusätzlicher Zentrifugalterm κuv sowie ein
krümmungsbedingter Dissipationsterm auf der rechten Seite der Gleichung. Die wichtigste
Erweiterung ergibt sich jedoch aus der Bewegungsgleichung in Normalenrichtung, Gl. (1.42).
Der Druckgradient normal zur Strömung ist nicht mehr von vernachlässigbarer Größe. Gl.
(1.42) ist eine Integralgleichung für den Druck, der nun nicht mehr einfach durch die
reibungsfreie äußere Strömung aufgeprägt wird. Es gibt nunmehr einen Druckverlauf auch in
Normalenrichtung.
Diese Gleichungen sind die Gleichungen der Grenzschichttheorie zweiter Ordnung, die
sogar mit einbeziehen, dass selbst die reibungsfreie Strömung normal zur Oberfläche wegen
der Stromlinienkrümmung einen Geschwindigkeitsgradienten besitzt. Der äußere Rand der
Grenzschicht wird an diesen Gradienten, der nicht mehr wie in der Grenzschichttheorie erster
Ordnung als verschwindend klein vorgeschrieben ist, angepasst.
Wenn nun Terme der Größenordnung kleiner als O(ε ), also der Ordnung O(ε 2) und kleiner,
in das Gleichungssystem aufgenommen werden sollen, entsteht Tabelle 1.1:
Tabelle 1.1 Hierarchie der Bewegungs- und der Energiegleichung von den
Prandtlschen Grenzschichtgleichungen bis zu den Navier–Stokesschen Gleichungen
Theorie Bewegungsgleichungen Energiegleichung
Aus der Tabelle ist zu entnehmen, dass eine bedeutende Veränderung stattfindet, wenn man
den Schritt von der zweiten zur dritten Ordnung der Grenzschichttheorie durchführt. Der
mathematische Charakter der Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung wechselt vom
parabolischen zum elliptischen Typ.
Die Lösung elliptischer Differentialgleichungen gehört zu den reinen Randwertproblemen,
wohingegen die Lösung parabolischer Differentialgleichungen zu den Anfangs–
Randwertproblemen gehört. Die letzteren können mit Hilfe einfach zu erstellender
Raumschrittverfahren, sogenannter marching–procedures, gelöst werden. Die ersteren
benötigen die Berechnung des gesamten Strömungsfeldes, das durch die Randbedingungen
umrandet ist, was einen erheblichen numerischen Mehraufwand bedeutet.
Das Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass eine Grenzschichttheorie höher als zweiter
Ordnung unmittelbar zu einem Gleichungssystem elliptischen Charakters führt. Dieses
verkompliziert das Lösungsverfahren erheblich und führt weg von der ursprünglichen Idee,
die den parabolischen Grenzschichtgleichungen zugrunde liegt.
Der Gegenstand des folgenden Kapitels ist, einen Eindruck zu gewähren, wie
Transformationen der Gleichungen der Grenzschichttheorie erster Ordnung den Lösungsweg
positiv beeinflussen können.
1.4 Transformation der Grenzschichtgleichungen
In diesem Abschnitt werden die Grenzschichtgleichungen für eine Strömung um einen
Rotationskörper ohne Anstellwinkel betrachtet. Diese Strömung ist zweidimensional, weil sie
sich in Umfangsrichtung nicht ändert. Das Koordinatensystem aus Bild 1.2 wurde benutzt, um
das dimensionsbehaftete Gleichungssystem für die Grenzschichttheorie erster Ordnung für
eine laminare und kompressible Strömung aufzustellen.
Kontinuitätsgleichung
0)()( =+ vrn
urs
jj ρ∂∂ρ
∂∂
H (1.43)
Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung
+−=+
n
u
nn
p
n
uv
s
uu
∂∂µ
∂∂
∂∂
∂∂ρ
∂∂ρ
HH1
(1.44)
Energiegleichung
+
+=+
n
T
nn
u
s
pu
n
Tvc
s
Tucp
p
∂∂λ
∂∂
∂∂µ
∂∂
∂∂ρ
∂∂ρ 2
HH (1.45)
mit
nH κ+= 1 (1.46)
Die Bedeutung der einzelnen Symbole ist bereits im vorhergehenden Abschnitt angegeben
worden. Für j = 0 ist die Strömung zweidimensional und im Falle j = 1 ist sie
achsensymmetrisch.
Diese Gleichungen repräsentieren ein System von gekoppelten, nichtlinearen, partiellen
Differentialgleichungen, die von den räumlichen Koordinaten s und n abhängig sind. Ihr
mathematischer Charakter ist parabolisch, was bei der Lösung auf ein Anfangs–
Randwertproblem führt. Dieses kann mit Hilfe eines Raumschrittverfahrens gelöst werden.
Häufig helfen Transformationen das Gleichungssystem zu reduzieren, was letztlich zu einer
einfacheren Lösung führt. Wenn beispielsweise die Gleichungen, die die kompressible
Strömung beschreiben, wie die für inkompressible Strömungen behandelt werden könnten,
dann würde die Dichte ρ keiner besonderen Beachtung bei der Lösung bedürfen. Wenn
außerdem die Krümmung der Oberfläche in Stromabrichtung nicht allzu stark variiert, werden
sich die Formen der Geschwindigkeitsprofile ebenfalls nur schwach verändern. Wenn sich nur
ihre Größe deckungsgleich ändert, werden diese Profile quasi–ähnliche Profile genannt. Eine
Transformation kann diese Eigenschaft berücksichtigen, so daß eine Grenzschicht in der
transformierten Ebene nahezu von konstanter Dicke bleibt. Eine Transformationsvorschrift,
die die Dichte und die Ähnlichkeit von Geschwindigkeitsprofilen als Parameter beinhaltet
wird als Kompressibilitäts- und Ähnlichkeitstransformation bezeichnet. Erstmals wurde sie
von Levy–Lees (1976) angewendet und oft in der Literatur in abgewandelter Form
weiterverwendet. Für axialsymmetrische Körperkonturen lautet sie:
∫=s
sdjRe
uee
s0
2)( µρξ (1.47)
∫=n
j
e
ee ndrns02
),(ρρ
ξµρη (1.48)
Der Index e bezeichnet die Werte am Außenrand der Grenzschicht und R ist der lokale Radius
des Rotationskörpers. Nach Einführung der Transformationsvorschriften, Gln.(1.47) und
(1.48), in die oben gegebenen strömungsmechanischen Gleichungen, Gln. (1.43) bis (1.46),
ergibt sich:
Kontinuitätsgleichung
02 =++ FVF
η∂∂
ξ∂∂ξ (1.49)
Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung
+−=+∞∞ η∂
∂µρµρ
∂∂
ξξ
η∂∂
ξ∂∂ξ F
R
r
nd
ud
u
FFVFF
j
e
e
2222
HHH (1.50)
Energiegleichung
+
+=
=+
∞∞
∞∞
η∂∂
µρµρ
∂∂
η∂∂
µρµρ
ξξ
∂η∂
ξ∂∂ξ
S
R
r
n
F
Tc
u
R
rS
d
Td
T
F
SVSF
j
ep
e
j
e
e
Pr
1
2
2
2
222
H
HH
(1.51)
mit F = u/ue und F = u/ue. Die Geschwindigkeit V repräsentiert die transformierte
Normalgeschwindigkeitskomponente.
+
=
ξρ
∂η∂
µρξ
2
22
j
jeee
rv
sF
RuV (1.53)
Für den Fall, dass ξ gegen Null geht, entsteht in der Gleichung für die neue Koordinate η, Gl.
(1.48), eine Singularität. Auf der anderen Seite erlaubt das, in den transformierten
Gleichungen, Gln. (1.49) bis (1.51), alle Terme mit einer ξ–Ableitung zu streichen. Für ξ = 0
bietet das die Möglichkeit, einfache Anfangsbedingungen für das Gleichungssystem zur
Verfügung zu stellen. Wenn nun eine grobe Anfangslösung für F und S vorgeschätzt wurde,
kann die transformierte Normalgeschwindigkeitskomponente V aus der Kontinuitätsgleichung
berechnet werden. Einige weiter Iterationen werden die Anfangsschätzungen von F und S
verbessern.
Der Sinn dieses Abschnittes war, mit den transformierten Gleichungen bekannt zu werden.
Ihre Vorteile wurden bereits diskutiert. Die Nachteile sind neben der recht komplizierten
Schreibweise, dass direkt vom Anfang der Grenzschicht an die gesamte Punktzahl der
diskretisierten Gleichungen mitberechnet werden muss, obwohl hier physikalisch gesehen nur
sehr wenige Punkte nötig wären, da die Grenzschicht sehr dünn ist. In der physikalischen
Ebene bedarf es also nur sehr weniger Gitterpunkte, die allerdings mit wachsender
Grenzschichtdicke Schritt für Schritt erhöht werden müssen. Der andere Nachteil ist, wie
bereits erwähnt, die geometrische Singularität für ξ = 0 sinnvoll zu überwinden.
Weitere Details, die sich mit Transformationen von Grenzschichtgleichungen befassen, sind in Wendt (1989) zu finden.
1.5 Numerische Lösungsmethoden
1.5.1 Wahl eines Diskretisierungsmodells
Um zu einer Lösung eines partiellen nichtlinearen Differentialgleichungssystems zu kommen,
ist es gewöhnlich nötig, die vorhandenen Differentialquotienten durch endliche
Differenzenquotienten zu ersetzen. Man nimmt in Kauf, dass dadurch ein endlicher
Abbruchfehler einer bestimmten Größenordnung in das zu lösende
Differenzengleichungssystem eingeführt wird. Durch Umschreiben der finiten
Differenzengleichungen wird ein tridiagonales algebraisches Gleichungssystem erreicht für
das die Möglichkeit geboten ist, es durch bekannte Methoden zu lösen.
Die Methode der Diskretisierung wird im Abschnitt 2.1 ausführlich beschrieben. Es wird
hier nochmals bestätigt und ausgeführt, dass die Wahl eines Diskretisierungsgitters von
großer Bedeutung ist, da es den Abbruchfehler und die Stabilität über den Rundungsfehler des
Rechners zwischen der Differential- und der Differenzengleichung beeinflusst. Die Form
dieser Gitter und die Lösungsmethoden, zu denen sie führen, werden nun vorab
zusammengefasst.
Bild 1.3 Gitter für eine explizite Methode
Parabolische Gleichungen, wie sie in der hier besprochenen Grenzschichttheorie vorkommen,
besitzen eine erste Ableitung in der vorwärtsschreitenden Richtung, also hier der
Hauptströmungsrichtung. Da die Strömung nicht stromauf gerichtet sein darf – es darf also
keine abgelöste Strömung vorliegen – sind alle Werte an der letzten Berechnungsebene immer
bekannt. Wenn man ein Gitter betrachtet, wie es in Bild 1.3 dargestellt ist, wo ∆x und ∆y die
Schrittweiten in Tangential- und Normalrichtung sind, so liegen die bekannten Punkte auf der
linken und die unbekannten Punkte auf der rechten Seite. Zudem sind die Punkte auf den
Rändern bekannt. Daher ist es recht einfach, die fehlenden Werte an den Gitterpunkten mit
den offenen Kreisen zu berechnen. Aufgrund der direkten Lösung der Differenzengleichungen
nach einem einzigen Gitterpunkt hin, werden diese Lösungsmethoden explizite
Lösungsverfahren genannt. Die expliziten Methoden verursachen allerdings eine sehr starke
Restriktion bezüglich der Schrittweite stromab, was noch anhand einer Stabilitätsanalyse in
Abschnitt 1.5.2 nachgewiesen wird. Diese Methoden sind daher sehr rechenzeitintensiv.
Bild 1.4 Gitter für eine voll implizite Methode
Bild 1.4 zeigt ein Rechengitter anderer Art. Es dient zur Verwendung der sogenannten voll
impliziten Methode. Nur ein Punkt der vorhergehenden bekannten Ebene geht in die
Berechnung ein, wohingegen alle drei Punkte der neuen Berechnungsebene unbekannt sind.
Ausgenommen davon sind die bekannten Randpunkte, wo die Bedingungen vorgeschrieben
sind. Dieses führt zu der tridiagonalen Form der algebraischen Gleichungen, die aus den
Differenzengleichungen gewonnen werden. Ein Beispiel dazu wird in den nächsten
Abschnitten angegeben. Diese Methode ist, betrachtet man die Wahl der Schrittweite in
Hauptströmungsrichtung, bedingungslos stabil, kann aber wegen zu großer Schrittweiten zu
sehr geringer Genauigkeit führen. Wenn also die Wahl der Schrittweite keinerlei
Beschränkung unterliegt, dann ist diese Methode äußerst schnell, was natürlich
wünschenswert ist.
Bild 1.5 Gitter für eine allgemeine implizite Methode
Nun ist es offensichtlich, dass eine Methode zwischen den beiden Extremen gefunden werden
kann, die schnell und auch noch genau ist. In Bild 1.5 ist ein Berechnungsgitter gezeigt, das
ursprünglich von Crank–Nicholson vorgeschlagen wurde, hier aber in einer generalisierteren
Form. Somit sind darin die anderen vorher diskutierten Fälle als Sonderfälle enthalten. Bei
diesem Gittervorschlag sind alle Punkte, die drei bekannten der vorhergehenden Rechenebene
und die drei unbekannten Punkte der nächsten Ebene in die Methode miteinbezogen. Zudem
liegt das Diskretisierungszentrum an der Stelle i+λ, so dass die Gewichtung der einzelnen
Ebenen korrekt vorgenommen werden muss. Bei Crank-Nicholson galt λ=1/2. Anhand einer
Modellgleichung, die je einen konvektiven und dissipativen Term enthält, wird die
Diskretisierung nach der generalisierten Methode von Crank–Nicholson durchgeführt und
später auf einen Satz von Grenzschichtgleichungen angewendet.
1.5.2 Verallgemeinertes Crank–Nicholson Verfahren
Um eine Aussage über die Stabilität und die Genauigkeit des verallgemeinerten Crank-
Nicholson Verfahrens zu erhalten, ist es gewöhnlich sinnvoll, sich einer vereinfachten
linearen Differentialgleichung, einer konvektiven–dissipativen Modellgleichung, zu bedienen.
2
2
ya
x ∂φ∂
∂φ∂
= (1.53)
Gl. (1.53) wird um das Diskretisierungszentrum (i+λ,j) herum diskretisiert, wobei λ von 0 bis
1 laufen kann. Für λ = 0 wird ein explizites Verfahren angestrebt und für λ = 1 ein voll
implizites. Wenn das Gitter mit konstanter x–Schrittweite gebildet ist, kann die erste
Ableitung ∂ φ /∂ x durch die folgende finite Differenzenbeziehung approximiert werden:
)(0)(02
1 2,,1
,
xxxx
jiji
ji
∆+∆
−+∆
−=
+
+
λφφ
∂φ∂
λ
(1.54)
Die zweite Ableitung nach y wird durch ein gewichtetes Mittel ersetzt:
jijijiyyy
,
2
2
,1
2
2
,
2
2
)1(
−+
=
++ ∂φ∂λ
∂φ∂λ
∂φ∂
λ
(1.55)
Jede zweite Ableitung wird dann durch die übliche zentrale Differenzenapproximation mit
Hilfe dreier Punkte repräsentiert:
)(2 2
2
1,,1,
,
2
2
yyy
jijiji
ji
∆+∆
+−=
−+ φφφ∂
φ∂ (1.56)
Durch Einsetzen von den Gln. (1.54) bis (1.56) in die Modellgleichung, Gl. (1.53), entsteht
eine lineare Differenzengleichung:
( ) ( )[ ]1,,1,1,1,11,12
,,1 2)1(2 −+−+++++ +−−++−
∆=
∆−
jijijijijijijiji
y
a
xφφφλφφφλ
φφ (1.57)
Diese kann wiederum in die bekannte tridiagonale Form überführt werden:
jjijiji Dy
xa
y
xa
y
xa =
+
−+
− +++−+ 1,12,121,12 21 φ
∆∆λφ
∆∆λφ
∆∆λ (1.58)
mit Dj als Funktion der Werte von φ, die bereits an der Stelle i berechnet wurden.
Um die von Neumann Stabilitätsanalyse durchführen zu können, ist es üblich, die
numerische Lösung durch eine Fourier–Reihe zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, dass
sich keine der harmonischen Schwingungen in der Entwicklungsrichtung x anfacht. Eine
kurze Beschreibung wird hier angegeben.
Für die numerische Lösung setzt man:
)(,
yjIiji e ∆= ωρφ (1.59)
hierin ist I im Exponenten die komplexe Einheitszahl, ρ i ist der Verstärkungsfaktor auf der
Berechnungsebene i. Je nach Indizierung der Lösung anhand der Lage der zugehörigen
Gitterpunkte wird dieser aktualisierte Fourier–Ansatz in die Gl. (1.58) eingesetzt und es ergibt
sich nach einiger Rechnung und Berücksichtigung von trigonometrischen Beziehungen das
folgende Kriterium:
[ ]
[ ]1)(cos21
1)(cos)1(21
2
21
−∆∆∆+
−∆∆∆−+
==+
yy
xa
yy
xa
Gi
i
ωλ
ωλ
ρρ
(1.60)
Damit Stabilität für alle harmonischen Schwingungen ω ∆y besteht, muß gelten:
1≤G (1.61)
Diese Ungleichung zusammen mit Gl. (1.60) liefert eine Stabilitätsbedingung für den Bereich
0 ≤ λ < 1/2
)21(2
1
λ−≤C (1.62)
mit C = a ∆x/∆y2. Für den Bereich 1/2 ≤ λ ≤ 1 wird keine Stabilitätsbeschränkung für C
gefordert. Das Schema ist folglich für λ größer gleich 1/2 bedingungslos stabil. Im Falle eines
expliziten Verfahrens (λ = 0) gibt es eine starke Einschränkung für die Schrittweite ∆x, wenn
∆y bereits wegen hoher Genauigkeitsansprüche sehr klein gewählt werden muss.
Die Konsistenz des Lösungsschemas kann leicht dadurch geklärt werden, dass man alle
Terme der Gl. (1.58) in Taylor–Reihen um den Punkt (i+λ, j) herum entwickelt. Es kann
nachgewiesen werden, dass der Diskretisierungsfehler von der Ordnung O(∆x, ∆y2) ist, wenn
gilt (λ ≠ 1). Das Schema ist daher nach der zweiten Ordnung genau in der y–Richtung und
von einer Genauigkeit erster Ordnung in x–Richtung. Um auch eine zweite
Ordnungsgenauigkeit in x-Richtung zu erzielen, sollte für (λ=1/2) gewählt werden (Crank–
Nicholson–Verfahren) oder ein wenig abweichend davon, vergl. Gl. (1.54). Für praktische
Probleme, nämlich für die Lösung von nicht–linearen Problemen, muss λ eher größer gewählt
werden, um Stabilitätsprobleme zu vermeiden, Wie bereits gesagt, ist das voll implizite
Verfahren bedingungslos stabil, führt aber zu geringer Genauigkeit.
Die Gl. (1.53) stellt eine lineare partielle Differentialgleichung dar, die benutzt wurde, um das
häufig angewendete und weit verbreitete verallgemeinerte Crank–Nicholson Schema zu
demonstrieren. Im folgenden wird dieses Schema auf die Grenzschichtgleichungen
angewendet werden.
1.5.3 Diskretisierung der Grenzschichtgleichungen
Die Grenzschichtgleichungen, Gln. (1.43) bis (1.46), werden nun dimensionslos gemacht,
indem man die dimensionslosen Definitionen, Gln. (1.33) bis (1.36), verwendet. Somit ergibt
sich folgendes neue Aussehen der Grenzschichtgleichungen:
Kontinuitätsgleichung
[ ] [ ] 0=+ vrn
urs
jj ρ∂∂ρ
∂∂
H (1.63)
mit
nκ+=1H
Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung
+−=+
n
u
ns
p
n
uv
s
uu
∂∂µ
∂∂
∂∂
∂∂ρ
∂∂ρ
Re
11
HH (1.64)
Energiegleichung
+
+=+
n
T
nn
uEc
s
puEc
n
Tvc
s
Tucp
p
∂∂λ
∂∂
∂∂µ
∂∂
∂∂ρ
∂∂ρ
PrRe
1
Pr
2
HH (1.65)
Der Bequemlichkeit halber werden die geometrischen und physikalischen Größen nicht mit
einem Balken versehen, um sie als dimensionslose Größen zu kennzeichnen. Die
Randbedingungen am Außenrand der Grenzschicht sind dieselben, wie in Abschnitt 1.2
bereits beschrieben. Da die Geschwindigkeit ue entweder durch Messungen oder durch eine
Berechnung der reibungsfreien Außenströmung bekannt sein muß, kann Gl. (1.64) am Punkt
n=δ entwickelt werden:
s
p
s
uu e
ee ∂∂
∂∂ρ −= (1.66)
Die Forderung nach konstanter Enthalpie in der äußeren Strömung liefert die Randbedingung
für die Temperatur Te:
)1(1 2ece uET −+= (1.67)
Die Randbedingungen an der Wand sind durch die Haftbedingung der Strömung an der
Oberfläche gekennzeichnet:
0=wu (1.68)
Das gilt auch für die Normalgeschwindigkeitskomponente, wenn weder an der Oberfläche
ausgeblasen noch abgesaugt wird.
0=wv (1.69)
Für die Wandtemperatur Tw kann je nach Forderung eine konstante Verteilung oder ein
adiabater Temperaturverlauf vorgegeben werden.
)(sTT ww = ( vorgeschrieben ) (1.70)
0=w
n
T
∂∂
( adiabate Wand ) (1.71)
Da die strömungsmechanischen Gleichungen, Gln. (1.63) bis (1.65), vier Unbekannte
beinhalten, muß folglich eine weitere Gleichung das System schließen. Diese ist die
Gleichung für ideale Gase.
TRp ρ= (1.72)
Hierin ist R die ideale Gaskonstante für Luft. Die Lösung des Gleichungssystems könnte nun
in der folgenden Weise erfolgen:
1. zunächst Lösung der Bewegungsgleichung nach der
Geschwindigkeitskomponente u, simultan dazu die Lösung der Energiegleichung
nach der Temperatur T
2. da der Druck p senkrecht zur Wand, also in Richtung der
Grenzschichtdicke konstant ist, liefert die ideale Gasgleichung eine einfache
Beziehung zwischen der bekannten Dichte ρ und der Temperatur T
3. mit bekannter Dichte und der Körperkontur kann die
Kontinuitätsgleichung nach der Normalgeschwindigkeitskomponente ν gelöst
werden.
Da das System nicht–linearer, partieller Differentialgleichung gekoppelt ist, was bedeutet,
dass jede strömungsmechanische Größe direkt oder indirekt in alle diese Gleichungen
verwickelt ist, muss bei der Lösung des Gesamtsystems besondere Vorsicht vorgenommen
werden. Beispielsweise wird nach dem obigen Lösungsvorschlag die
Normalgeschwindigkeitskomponente v erst im letzten Schritt gelöst, obwohl sie im ersten
bereits in der Bewegungsgleichung in Hauptströmungsrichtung für die Strömungskomponente
u benötigt wird. Daraus wird ersichtlich, dass Iterationen den gesamten Lösungsprozess zu
begleiten haben. Äußere Iterationsschleifen folgen inneren, die korrekte Anwendung von
solchen Iterationsschleifen ist von der Erfahrung abhängig. Ein Beispiel dazu wird im
folgenden Text gegeben.
Nun wird am Beispiel der Bewegungsgleichung in der Hauptgeschwindigkeitsrichtung die
Diskretisierung mit Hilfe der bekannten Differenzenapproximationen vorgenommen. Nach
Bild 1.5 wurden diese Diskretisierungsvorschriften auf das generalisierte Crank–Nicholson–
Verfahren angewendet.
Erste Ableitung in Hauptströmungsrichtung
s
uu
s
u jiji
ji∆
−=
+
+
,,1
,λ∂∂
(1.73)
Erste Ableitung in Normalenrichtung
( )jijiji
n
u
n
u
n
u
,,1,
1
−+
=
++ ∂∂λ
∂∂λ
∂∂
λ
(1.74)
Hierin soll beispielsweise die Ableitung am Punkt (i+1, j) eine zentrale
Differenzenapproximation sein, die nach der zweiten Ordnung genau ist.
n
uu
n
u jiji
ji∆−
=
−+++
+ 21,11,1
,1∂∂
(1.75)
Zweite Ableitung in Normalenrichtung
n
u
nn
u
n
u
n ∂∂
∂µ∂
∂∂µ
∂∂µ
∂∂ +=
2
2
(1.76)
Der zweite Term auf der rechten Seite der Gl. (1.76) muss zunächst nach der Kettenregel
ausdifferenziert werde.
Da die dynamische Zähigkeit µ eine analytische Funktion der Temperatur T und bei sehr
hohen Temperaturen auch eine Funktion des Druckes p ist, und weniger der räumlichen Lage,
kann Gl. (1.76) auch umgeschrieben werden.
n
u
n
T
Tn
u
n
u
n ∂∂
∂∂
∂µ∂
∂∂µ
∂∂µ
∂∂ +=
2
2
(1.77)
Nun wird die zweite Ableitung gemäß den Gln. (1.55) und (1.56) in finiter Differenzenform
geschrieben:
( ) ( ) ( )[ ]1,,1,1,1,11,12
,
2
2
2121
−+−+++++
+−−++−=
jijijijijiji
ji
uuuuuunn
u λλ∆∂
∂
λ
(1.78)
Der nichtlineare Koeffizient vor der Ableitung ∂ u/∂ s wird folgendermaßen diskretisiert:
[ ] Auu
jiji
jiji
ji
=−+
=
++ ,,1
,,
, )1( HHH λλρρ
λ
(1.79)
Die Körpergeometrie ist vorab bekannt, die Dichte ρ und die Geschwindigkeit u nicht bevor
das ganze Gleichungssystem gelöst ist. So kann nur empfohlen werden, diese Daten von der
vorherigen Stelle i zu wählen. Das führt natürlich Fehler in die Berechnung ein. Man
korrigiert das, indem man bei dem nächsten notwendigen Iterationsschritt den neu
berechneten Zwischenwert von der Stelle i+1 gewichtet hinzufügt. Dieses kostet weiteren
Aufwand, der aber formal ist und deshalb hier nicht gezeigt wird. Die anderen Koeffizienten
werden ähnlich behandelt.
Bvv jijiji ==+ ,,,)( ρρ λ (1.80)
Cjiji ==+ ,,)( µµ λ (1.81)
Dn
TT
Tn
T
Tjiji
jiji
=
∆−
=
−+
+ 21,1,
,,∂∂µ
∂∂
∂∂µ
λ
(1.82)
Schließlich muss der Druckgradient ∂ p/∂ s diskutiert werden. Die Grenzschichttheorie erster
Ordnung schreibt vor, dass keine Druckvariation in Normalenrichtung vorhanden ist. Das
bedeutet, dass der Druck nur eine Funktion der tangentialen Richtung s sein kann, zudem muß
er aus einer reibungsfreien Berechnung oder einer Messung bekannt sein. Dieser bekannte
Druckgradient hat das folgende Aussehen:
Es
p
s
p
s
p
jiji
=
−+
−=−
+ ,,1
1)1(
11
∂∂λ
∂∂λ
∂∂
HHH (1.83)
Die Bewegungsgleichung, Gl. (1.64), kann nun in abgekürzter Form geschrieben werden:
02
2
=−−−+ En
uD
n
uC
n
uB
s
uA
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(1.84)
Durch Einsetzen der Differenzenmodellierungen, Gln. (1.73) bis (1.83), in die Gleichung, Gl.
(1.64), und anschließendem Sortieren nach den drei unbekannten Stützstellen folgt eine
tridiagonale Gleichungsform.
FuDn
CB
n
un
C
S
AuD
n
CB
n
ji
jiji
=
+
∆−−
∆+
∆+
∆+
−
∆−
∆
−+
+++
1,1
,121,1
Re
2
2
Re
2
Re
2
2
λ
λλ
(1.85)
EuDn
CB
n
un
C
SuD
n
CB
nF
ji
jiji
−
+∆
−−∆−−
∆−+
∆−
−∆
−∆−−=
−
+
1,
,21,
Re
2
2
)1(
Re
)1(2
Re
2
2
)1(
λ
λλ
(1.86)
Die Einführung der neuen Koeffizienten aj bis dj reduziert die Gl. (1.85) zu der Form:
jjijjijjij ducubua =++ −++++ 1,1,11,1 12 −≤≤ Mj (1.87)
Folgt man derselben langwierigen Prozedur der Diskretisierung erhält die Energiegleichung,
Gl. (1.65), dieselbe verkürzte Schreibweise:
jjijjijjij hTgTfTe =++ −++++ 1,1,11,1 12 −≤≤ Mj (1.88)
Auf der linken Seite der Gln. (1.87) und (1.88) sind die unbekannten Werte der Strömungs-
geschwindigkeitskomponente u und der Temperatur T an den jeweiligen Stützstellen
arrangiert, während die bekannten aus der vorher berechneten Ebene zusammengefasst in den
Koeffizienten dj bis hj auf der rechten Seite der Gleichungen stehen.
Die Koeffizienten aj bis hj sind aus den vorherigen räumlichen oder iterativen Schritten
bekannt. Die Gleichungen, Gln. (1.87) und (1.88) sind tridiagonale Matrizen die durch
gewöhnliche Rekursionsformeln, beispielsweise den Thomas–Algorithmus, oder durch
iterative Lösungsmethoden – Jacobi– oder Gauss–Seidel–Iterationsverfahren – gelöst werden
können.
Nun wird die Kontinuitätsgleichung, Gl. (1.63), neu arrangiert und diskretisiert.
( )ursr
vn
r
rnnn
v jj
j
j ρ∂∂
ρ∂∂
∂∂
∂ρ∂
ρ∂∂
HH
H1111 −=
+++ (1.89)
Wenn angenommen werden kann, daß die Koeffizienten des zweiten Terms auf der linken
Gleichungsseite und der rechten Seite bereits aus einem räumlichen oder iterativen Schritt
bekannt sind, dann kann in abgekürzter Form Gl. (1.89) geschrieben werden:
HvGn
v =+∂∂
(1.90)
Die Diskretisierung der gekürzten Kontinuitätsgleichung, Gl. (1.90), hat dann mit Hilfe der
Differenzenformulierung, Gl. (1.74), und der Mittelung für das lineare Glied das folgende
Aussehen:
( ) jijiji vvv ,,1, 1 λλλ −+= ++ (1.91)
[ ] Ivn
vGvn jijiji =
∆−++
∆ −++++ 1,1,11,1 22
λλλ (1.92)
Dabei ist die bekannte rechte Seite:
( ) ( )[ ] ( )Hv
nvGv
nI jijiji +
∆−−−−−
∆−−= −+ 1,,1, 2
11
2
1 λλλ (1.93)
Gl. (1.93) entspricht in ihrem Aufbau Gl. (1.92). Alle bekannten Größen sind in dieser
Gleichung zusammengefasst, wohingegen alle unbekannten Werte in Gl. (1.93) enthalten
sind. Auch hier lassen sich Koeffizienten pj bis sj für eine verkürzte Schreibweise nutzen und
es entsteht für die Kontinuitätsgleichung:
jjijjijjij srqp =++ −++++ 1,1,11,1 ννν 12 −≤≤ Mj (1.94)
Leicht ist zu erkennen, daß Gl. (1.94) dieselbe Form hat wie die Gln. (1.87) und (1.88) und
folglich mit ein und demselben Lösungsschema behandelt werden kann.
Die einzige Unbekannte, die bisher noch nicht behandelt wurde, ist die Dichte ρ. Wie oben
schon erwähnt, ist die Zustandsgleichung für ein ideales Gas geeignet, diese zu berechnen.
Für die Grenzschichttheorie erster Ordnung ist ein Druckgradient senkrecht zur
Körperoberfläche nicht vorhanden. Der dynamische Druck ist also konstant. Daher wird aus
Gl. (1.72):
constT =ρ (1.95)
In diskretisierter Form ergibt das:
1,1
,1,11,1
++
++++ =
ji
jijiji T
Tρρ (1.96)
Da die Temperatur T und die Dichte ρ am vorhergehenden räumlichen Schritt bekannt sind
und die Temperatur T in der neuen Berechnungsebene von der Wand herkommend ebenfalls
bekannt ist, kann die Dichte folglich berechnet werden.
Wie schon vorher erwähnt formen die Gleichungen, Gln. (1.63) bis (1.65), einen Satz von
gekoppelten, nicht–linearen Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Zunächst ist das
Ergebnis einer jeden Gleichung in der anderen von Nöten und umgekehrt ebenso. Weiterhin
ist aufgrund der Nichtlinearität jede Gleichung für sich iterativ zu lösen. Daher beinhaltet das
zu wählende Lösungschema auf jeden Fall zwei Iterationsschritte, einen für die Lösung einer
jeden einzelnen Gleichung und einen weiteren für die Kopplung des ganzen
Gleichungssystems. Die Vorgehensweise kann nun wie folgt beschrieben werden:
1. Lösung der Bewegungs- und der Energiegleichung bis zur Konvergenz
2. Lösung der Kontinuitätsgleichung bis zur Konvergenz
3. Berechnung der Dichte
4. Wiederholung der ersten drei Schritte bis gesamte Konvergenz erreicht
5. Start einer neuen Rechnung in einer neuen Ebene stromab
Die hier beschriebene Vorgehensweise ist eine der vielen möglichen. Die Lösung solcher
Gleichungssysteme kann durchaus auch in einer anderen Reihenfolge ablaufen. Diese
Beschreibung ist daher nur als ein funktionstüchtiges Beispiel zu werten.
Der folgende Abschnitt beschreibt in Kürze ein vielfach angewendetes Lösungsverfahren, um
die diskretisierten strömungsmechanischen Gleichungen zu lösen. Der Thomas–Algorithmus
ist ein gutes Mittel, tridiagonale Matrizen, wie sie hier vorkommen, exakt zu lösen. Im
folgenden wird diese Methode beschrieben.
1.5.4 Lösung eines tridiagonalen Systems algebraischer Gleichungen
Eine effektive Technik zur Lösung eines tridiagonalen Systems von algebraischen
Gleichungen ist von Thomas (1977) vorgeschlagen worden. Dieser sogenannte Thomas–
Algorithmus löst mit Hilfe einer Rekursionsformel eine tridiagonale Matrix, die durch die
folgenden Gleichungen beschrieben wird.
=+=++
=+
−
+−
lllll
iiiiiii
dxcxb
dxcxbxa
dxbxa
1
11
12111
2 1≤ ≤ −i I (1.97)
Hierin sind die Größen xi die Unbekannten und die Größen ai, bi, ci, di die bekannten Werte.
Es ist nun möglich, die Unbekannten xi mit Hilfe der folgenden Rekursionsformel zu
berechnen.
( ) ( ) 1,...,2,11 −−=+= + IIixx iiii βα (1.98)
Die Ausdrücke αi und βi in dieser Rekursionsformel sind zunächst unbekannt, sie können aber
durch Rückeinsetzen mit aktualisiertem Index i berechnet werden.
011 =
−−+
++ −− i
i
iiiii
i
iiii dcx
cba
αββα
αα (1.99)
Diese Gleichung kann nur für jeden Wert xi erfüllt werden, wenn αi und βi auf folgende
Weise gewählt werden:
iii
iiii
iii
ii
ab
ad
ab
c
1
1
1
−
−
−
+−=
+−=
αββ
αα
1...,,2=i (1.100)
Um die Randbedingungen an der Stelle i=1 einarbeiten zu können, wird Gl. (1.98)
umgeschrieben.
1211 βα += xx (1.101)
Dieser Ausdruck reduziert sich auf die erste der Gleichungen, Gl. (1.97), wenn die
Koeffizienten αi und βi folgendermaßen gewählt werden:
1
11
1
11
b
d
b
c
=
−=
β
α
(1.102)
Die Rekursionsformeln, Gln. (1.100) und (1.101) , werden danach benutzt, die verbliebenen
noch unbekannten αi und βi zu ermitteln. Für den Außenrand i = I - 1 schreibt sich Gl. (1.98):
111 −−− += IIII xx βα (1.103)
Durch Eliminieren von xI-1 zwischen dieser Beziehung und der letzten der Gln. (1.97) ergibt
sich:
1
1
−
−
+−=
III
IIII ab
adx
αβ
(1.104)
Die Rekursionsformel, Gl. (1.98), wird schließlich zur Berechnung der unbekannten xi
verwendet und zwar für i = I - 1,......,1. Es kann bewiesen werden, dass die verschiedenen
Rekursionen nicht zu Stabilitätsproblemen oder zu unerlaubter Akkumulation von
Abbruchfehlern führen können. Dieses hat Gültigkeit, wenn die vorhandene tridiagonale
Matrix diagonal–dominant ist, also wenn gilt:
II
iii
ab
Iiallefüracb
cb
≥
−=+≥
≥
1,...,2
11
(1.105)
Diese ausreichenden Bedingungen, die in der Praxis weit von den notwendigen entfernt sind,
sollten durch die Grenzschichttheorie immer erfüllt sein.
1.6 Beispielrechnungen
1.6.1 Dreidimensionale Grenzschichten entlang Symmetrielinien
Grenzschichtberechnungen entlang Symmetrielinien, Grundmann (1976), müssen in drei
räumlichen Dimensionen ausgeführt werden. Ein Beispiel ist in Bild 1.6 aufgezeigt.
Bild 1.6 Beispiel einer leeseitigen Grenzschicht entlang einer Symmetrielinie
eines angestellten Flugkörpers
Die Strömung um Körper mit einer sehr starken Anstellung bewegt sich von der dem Wind
zugewandten Seite auf die windabgewandte Seite, von Luv nach Lee. Offensichtlich fördert
das eine Verdickung der leeseitigen Grenzschichtdicke. Dieser Umstand ist
Kontinuitätsgründen zuzuordnen. Falls der Einfluß der Umfangsströmungskomponente der
Geschwindigkeit in der Rechnung nicht berücksichtigt werden würde, wäre der
offensichtlichen Dreidimensionalität der Strömung nicht korrekt begegnet worden.
Die numerische Berechnung solcher Grenzschichtströmungen wird erheblich vereinfacht,
wenn die äußeren Randbedingungen, d.h., die reibungsfreie Strömung, in analytischer Form
vorliegt. Das Ellipsoid hat eine der wenigen Körperkonturen, für die eine dreidimensionale
potentialtheoretische, also reibungsfreie Geschwindigkeitsverteilung vorliegt. Für alle
Anstellwinkel und Halbachsenverhältnisse ist dieses erstmals bei Lamb (1956) und Maruhn
(1945) angegeben worden.
Die ersten Grenzschichtberechnungen dazu wurden von Eichelbrenner und Oudart (1955) mit
Hilfe eines Integralverfahrens vorgestellt. Sie benutzten ein Stromlinienkoordinatensystem,
das allerdings einen erheblichen Mehraufwand an geometrischen Vorberechnungen nötig
macht. Später wurden Berechnungen von Geissler (1979) und Schönauer et. al. (1975)
vorgestellt, die auch Stromlinienkoordinatensysteme verwendeten, aber finite
Differenzenmethoden zur Lösung nahmen. Andere Autoren wie Wang (1976) und Hirsch und
Cebici (1974) führten ein elliptisches, orthogonales Koordinatensystem ein, das den Nachteil
besitzt, eine geometrische Singularität an den Polen des Ellipsoids zu verursachen. Hierdurch
wird es unmöglich größere Anstellwinkel zu berechnen, ohne daß die Singularität die
Berechnung zum Erliegen bringt. Zusätzliche Transformationen können dieses Problem
verschieben. Blottner und Ellis (1979) sowie Stock (1980) entwickelten den elliptischen
Koordinatensystemen ähnliche, die aber einfacher zu behandeln sind.
Im Folgenden wird gezeigt, daß oberflächenorientierte, gekrümmte und orthogonale
Koordinatensysteme geometrische Singularitäten an den Polen umgehen, wodurch keine
Transformationen benötigt werden und dennoch der numerische Aufwand doch klein gehalten
werden kann.
1.6.2 Geometrische Bedingungen
Zunächst muß das Ellipsoid in eine Nasen- und eine Körperregion getrennt werden. In der
ersteren ist der Staupunkt gelegen.
Bild 1.7 Koordinatensystem im Nasenbereich eines angestellten Ellipsoids
Das neue Koordinatensystem wird nun in der Frontpartie angeordnet, während das elliptische
für den Nachkörper beibehalten wird.
Bild 1.8 Oberflächenorientiertes Koordinatensystem am Ellipsoid
Das Koordinatensystem an der Nase ist ein modifiziertes sphärisches, für das sich der Radius
dem Ellipsoid gemäß verhält. Mit Hilfe der geometrischen Definitionen in Bild 1.8 sind
folgende Beziehungen zwischen dem neuen und dem kartesischen Koordinatensystem
herzuleiten.
θ
ϕθ
ϕθ
sin
coscos
coscos
rz
ry
rx
=
=
=
(1.106)
Der Radius r ist eine Funktion der neuen unabhängigen Variablen θ und ϕ und von den
Halbachsen des Ellipsoids a und b.
( )[ ] 2/12222222 sinsincoscoscos−++= θϕθϕθ ababr (1.107)
1.6.3 Strömungsmechanische Gleichungen
Das System von Differentialgleichungen, das die quasi–dreidimensionale, laminare,
kompressible Strömung entlang einer Symmetrielinie eines angestellten Ellipsoids gemäß
Bild 1.8 beschreibt, wird nach der Methode von Robert (1976) abgeleitet. Im Falle
inkompressibler Strömung und unter Berücksichtigung der individuellen Koordinatensysteme
entsprechen die so abgeleiteten Gleichungen denen von Wang (1979) und Cebeci, Khattab
und Stewartson (1981).
( )
22111
11
01
aak
n
ww
nAuk
k
=
=+++∂∂ρ
∂∂ρρρ
∂θ∂
(1.108)
21
223
11
112
2
2
32
2
21
k
ak
a
ak
n
upkuk
u
nw
uu
−==
+=+
−+
∂θ∂
∂∂µ
∂θ∂ρ
∂θ∂
∂∂µρ
∂θ∂ρ
(1.109)
( )
21
115
22224
2
2
2
2
542
/1k
ak
aak
n
ApkuAkA
n
A
nw
Au
−==
+=++
−+
ϕ∂∂
∂∂µ
ϕ∂∂ρρ
∂∂
∂∂µρ
∂θ∂ρ
(1.110)
ϕ∂∂ v
A = (1.111)
2
112
2
PrPr
1
++=
−+
n
uaEc
n
TkpEcu
n
T
n
kwc
Tuc pp ∂
∂∂∂
∂θ∂
∂∂
∂∂ρ
θ∂∂ρ µ
(1.112)
Hierin sind u, v und w die dimensionslosen Geschwindigkeitskomponenten in den
dimensionslosen räumlichen Richtungen θ, ϕ und n. T, ρ und p sind die ebenso in
dimensionsloser Form geschrieben Größen für die Temperatur, die Dichte und den Druck. Die
Größen µ, k und cp sind die dynamische Zähigkeit, die Wärmeleitfähigkeit und die
spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck, wobei diese Größen auf die Werte der
ungestörten Strömung bezogen sind. Pr und Ec sind die Prandtl- und die Eckertzahl.
Gl. (1.110) beschreibt die Ableitung der Bewegungsgleichung in Querströmungsrichtung
mit der Quergeschwindigkeitskomponente v nach der Richtung ϕ. Da entlang der
Symmetrielinie die Quergeschwindigkeitskomponente v verschwindet, jedoch nicht ihr
Gradient, kann durch Hinzunahme der Gradientengleichung der dreidimensionale Status der
Strömung beschrieben werden. Die geometrischen Koeffizienten ki setzen sich aus den
Elementen des metrischen Tensors der Oberfläche aij und dessen Ableitungen zusammen.
Entlang der Symmetrielinie und aufgrund der Wahl eines orthogonalen Koordinatensystems
gibt es nur zwei Elemente dieses Oberflächentensors:
( )
θ
∂θ∂
2222
2211
cos
/
ra
rra
=
+= (1.113)
Außer einer Koordinatenstreckung wird keine Transformation des Gleichungssystems
eingeführt. Eine derartige Wahl eines solchen Koordinatensystems vermeidet die Bildung von
Singularitäten an den Polen des Ellipsoids.
1.6.4 Randbedingungen
Das Ellipsoid ist einer der ganz wenigen Körper, für den eine dreidimensionale, reibungsfreie,
inkompressible Geschwindigkeitsverteilung analytisch angegeben werden kann. Das Potential
φ auf der Oberfläche des Ellipsoids kann nach Lamb (1945) für das kartesische
Koordinatensystem folgendermaßen geschrieben werden:
zCxB +=φ (1.114)
( ) αcos1 akB += (1.115)
( ) αsin1 ckC += (1.116)
( ) ( ) ( )[ ]( )[ ] ( ) ( ) ( )[ ]eeee
eeeka −+−−
−−+=1/1ln2/11/1
11/1ln2/12
(1.117)
( )ac kk 21/1 += (1.118)
( ) 2/122 /1 abe −= (1.119)
Hierin bedeutet α den Anstellwinkel. Weitere Details zur Beschreibung der Potentialströmung
sind in Lamb (1945) gegeben. Durch die Transformationsvorschrift Gl. (1.106) kann das
Potential in das neue körperorientierte Koordinatensystem überführt werden.
θϕθφ sincoscos CrBr += (1.120)
Die Ableitung des Potentials nach den jeweiligen Koordinatenachsen ergibt die reibungsfreie
Geschwindigkeitskomponente ue in der Hautströmungsrichtung und in der
Querströmungsrichtung nach zweimaliger Ableitung den Gradienten der Querkomponente Ae
entlang der Symmetrielinie.
( ) ∂θ∂φ //1 11aue = (1.121)
( )
−=
=
e
e
e
ua
a
A
∂ϕ∂
∂ϕφ∂
∂ϕ∂ν
122
2
11/1 (1.122)
Gln. (1.121) und (1.122) charakterisieren die äußeren Randbedingungen der
Grenzschichtströmung. An der Wand gilt die Haftbedingung.
0=wu (1.123)
0==
w
wA∂ϕ∂ν
(1.124)
Da das Differentialgleichungssystem, Gln. (1.108) bis (1.112), eine kompressible Strömung
beschreibt, bedarf es auch noch der Randbedingungen für die Energiegleichung. Die
Forderung nach konstanter Enthalpie am Außenrand der Grenzschicht verhilft zu einer
Beziehung für die Temperatur Te.
( ) ( )22 12/1 epe uTcuT −+= ∞∞ (1.125)
An der Wand kann die Temperaturverteilung vorgeschrieben werden oder das Verhalten einer
adiabaten Wand.
0
)(
=
=
w
ww
n
T
TT
∂∂
θ (1.126)
1.6.5 Lösungsschema
Die Differentialgleichungen werden im Sinne eines impliziten Differenzenverfahrens
diskretisiert. Das Differenzenmolekül ist so gewählt, daß die drei neuen Werte mit Hilfe
dreier bekannter aus dem letzten Berechnungsschritt gelöst werden. Das
Diskretisierungszentrum liegt in der Mitte zwischen den beiden Stützstellen und ist daher mit
dem nach Crank–Nicholson vergleichbar. Der Abbruchfehler ist demnach nicht größer als von
der zweiten Ordnung.
Das Lösungsverfahren folgt dem Richtmyer–Algorithmus, Ref.[ ]. Der Lösungsvektor enthält
drei Komponenten, nämlich die Hauptströmungskomponente, den
Quergeschwindigkeitsgradienten und die Temperatur. Die
Normalgeschwindigkeitskomponente wird unabhängig mit dem Thomas–Algorithmus
berechnet.
1.6.6 Numerische Ergebnisse
Messungen an einem Ellipsoid mit den Halbachsen b/a = 1/6 wurden von Meier und Kreplin
(1975) durchgeführt. Ein Beispiel ist in Bild 1.9 zu sehen, in dem die Ergebnisse entlang der
dem Wind zugeneigten Symmetrielinie für eine Anstellung von α = 10° gezeigt werden. Die
dimensionsbehaftete Wandschubspannung τw entlang der dimensionslosen x–Achse wird mit
den theoretischen Ergebnissen von Geissler (1974) und von Stock (1975) verglichen. Die
Übereinstimmung aller Daten ist sehr gut.
Bild 1.9 Wandschubspannung entlang der windzugewandten Symmetrielinie an
einem Ellipsoid mit dem Anstellwinkel α = 10° und dem Halbachsenverhältnis b/a = 1/6
In Bild 1.10 sind die Ergebnisse einer Berechnung entlang der Symmetrielinie an einem nicht
angestellten Ellipsoid mit den Halbachsen b/a = 1/4 dargestellt. Der dimensionslose
Wandreibungskoeffizient cf Re1/2 ist entlang der dimensionslosen x–Achse aufgetragen, wobei
die Reynoldszahl Re = u∞ a/ν mit der Anströmgeschwindigkeit u∞, der Halbachse a und der
kinematischen Zähigkeit ν gebildet wurde.
Bild 1.10 Wandschubspannung entlang der leeseitigen Symmetrielinie an einem
Ellipsoid mit dem Anstellwinkel α = 0° und dem Halbachsenverhältnis b/a = 1/4
Der Vergleich mit anderen theoretischen Ergebnissen nach Wang (1976) und Hirsch und
Cebici (1978) ergibt eine recht gute Übereinstimmung mit den hier vorgestellten Ergebnissen.
Bild 1.11 zeigt vergleichbare Ergebnisse mit der hier beschriebenen Methode für ein Ellipsoid
mit b/a = 1/6 für sehr hohe Anstellwinkel. Der dimensionslose Reibungsbeiwert cf Re1/2 ist
hier entlang dem Winkel θ aufgetragen, ausgehend vom Staupunkt über die Leeseite bis zu
einem vorgeschriebenen Punkt. Die erzielten Ergebnisse sind qualitativ vergleichbar mit
denen von Cebeci, Khattab und Stewartson (1978). Allgemein kann festgestellt werden, daß
bei Überschreiten eines Winkels α = 10° sofort an der Nase des Ellipsoids Ablösung auftritt.
Bild 1.11 Wandschubspannung entlang der leeseitigen Symmetrielinie an einem
Ellipsoid mit verschiedenen Anstellwinkeln α und dem Halbachsenverhältnis b/a = 1/6
2 Diskretisierung von partiellen
Differentialgleichungen
Unter Diskretisierung versteht man die räumliche Aufteilung eines beliebig gestalteten
Kontrollvolumes, durch das eine Strömung verläuft, in ein Gebiet von diskreten Punkten, an
denen die Geometrie durch das verwendete Koordinatensystem bekannt ist. An denselben
Gitterpunkten können die Strömungsgrößen über das beschreibende
Differentialgleichungssystem bestimmt werden. Innerhalb der Räume zwischen den
Gitterpunkten bestehen – abgesehen von Ergebnissen durch die Anwendung von
Interpolationsverfahren – im allgemeinen keine eindeutigen Zuordnungen von
Strömungsgrößen.
Bei analytischen Lösungen können kontinuierlich innerhalb des Kontrollvolumens die
Werte der Strömungsgrößen bestimmt werden. Die hier zu beschreibenden numerischen
Lösungen sind nur diskret im Lösungsgebiet zu erzielen.
Prinzipiell gibt es drei häufig verwendete Diskretisierungsverfahren, diese sind:
• Finite Differenzenverfahren
• Finite Volumenverfahren
• Finite Elementeverfahren
Die erstgenannten sind die ältesten Verfahren und haben demzufolge die längste Entwicklungszeit hinter sich gebracht. Das folgende finite Volumenverfahren basiert auf integralen Bilanzerhaltungssätzen und das finite Elementeverfahren hat seinen Ursprung in der Strukturmechanik, wo das Variationsprinzip als Grundlage für die Berechnung von Schub- und Druckkräften in Stabsystemen angewendet wird. Die beiden letztgenannten Verfahren werden in den Kapitel 4 und 5 dieser Studienbriefe beschrieben. Das Verfahren der finiten Differenzen wurde bereits in Kapitel 1 angewendet und in diesem Kapitel noch näher erläutert.
2.1 Ableitung von elementaren finiten Differenzenquotienten
Das partielle, inhomogene, nichtlineare, gekoppelte Differentialgleichungssystem zweiter
Ordnung, das einen Strömungsverlauf innerhalb eines Kontrollvolumens beschreibt, ist auf
Grund seiner Nichtlinearität keiner analytischen Lösung zugänglich. Folglich kann mit Hilfe
eines finiten Differenzenverfahrens ein Satz von diskreten Lösungen erzeugt werden, wenn
die Differentialgleichungen in einen entsprechenden Satz von Differenzengleichungen
überführbar sind.
Hierzu ist es vorab notwendig, ein Differenzengitter zur Diskretisierung der Differentialgleichungen zur Verfügung zu haben. In Bild 2.1 ist ein solches finites Gitter oder Diskretisierungsgitter aufgezeichnet.
Bild 2.1 Diskretisierungsgitter für finite Differenzenverfahren
Wenn Differentialgleichungen in Differenzengleichungen überführt werden können, so
können zur Lösung dieser Gleichungen gewöhnliche algebraische Lösungsmethoden zum
Einsatz kommen. Dazu ist es aber notwendig, die Differentialquotienten erster und zweiter
Ordnung in Differenzenformulierungen umzuschreiben.
In den folgenden Abschnitten werden diese Differenzenformeln zur Verfügung gestellt.
2.1.1 Partielle Ableitung erster Ordnung
Kennt man im Raum – hier in Form eines zweidimensionalen kartesischen
Koordinatensystems mit den unabhängigen Variablen x und y dargestellt – an der Stelle Pi,j
nach Bild 2.1 einen Funktionswert ui,j, seine erste Ableitung (∂ u/∂ x)i,j, seine zweite (∂ 2u/∂
x2)i,j und weitere Ableitungen, so kann man in naher Umgebung dieses räumlichen Punktes Pi,j
den Wert der Funktion ui+1,j an der Stelle Pi+1,j ermitteln. Dieses kann über die sogenannte
Taylor–Reihenentwicklung bewerkstelligt werden. Diese Entwicklung um einen Punkt Pi,j
lautet mit dem Satz von Taylor:
( ) ( )......
62
3
,
3
32
,
2
2
,
,,1 +
+
+
+=+
x
x
ux
x
ux
x
uuu
jijiji
jiji
∆∂∂∆
∂∂∆
∂∂
(2.1)
Diese Reihe ist im Fall der Gl. (2.1) nach dem 4. Glied aus Platzgründen nicht verlängert
worden. Sie ist aber mathematisch exakt, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
• Anzahl der Terme gegen unendlich
• konvergente Reihe
• ∆x → 0, Schrittweite gegen null
Bei den finiten Differenzenverfahren ist es üblich, die Reihe nach dem dritten Glied
abzubrechen.
( ) ( )32
,
2
2
,
,,1 02
xx
x
ux
x
uuu
jiji
jiji ∆∆∂∂∆
∂∂ +
+
+≈+
(2.2)
Diese abgebrochene Reihe, Gl. (2.2), wird als zweiter Ordnung genau bezeichnet, da sie
Terme dieser Ordnung noch nicht vernachlässigt. Der letzte Term 0(∆x3) ist der
Abbruchfehler.
Wenn Terme 0(∆x2) und größer vernachlässigt werden – wie in Gl. (2.3) dargestellt – wird die
Reihe als erster Ordnung genau bezeichnet.
( )2
,
,,1 0 xxx
uuu
ji
jiji ∆∆∂∂ +
+≈+
(2.3)
Allgemein sind die Abbruchfehler wie folgt definiert:
( ) ( )∑∞
=
∆=∆
2 ,
0!n
nn
ji
n
n
xn
x
x
u
∂∂
(2.4)
Aus Gl. (2.3) ergibt sich ein vorwärts gerichteter Differenzenquotient, wenn man die
Gleichung nach dem Differentialquotienten auflöst.
Damit erhält man für eine Ableitung erster Ordnung einen Differenzenquotienten mit einer
Genauigkeit von ersten Ordnung.
( )xx
uu
x
u jiji
ji
∆∆∂
∂0,,1
,
+−
=
+
(2.5)
Wollte man einen rückwärts gerichteten Differenzenquotient, nämlich ein
Differenzenquotienten mit einer Genauigkeit von ersten Ordnung erzeugen, so wählt man
folgende Schritte: Gemäß der Gl. (2.1) und Bild 2.1 muß zunächst die Reihe für ui-1,j um Pi,j
entwickelt werden.
( ) ( ) ( )....
62
3
,
3
32
,
2
2
,
,,1 +∆−
+∆−
+∆−
+=−
x
x
ux
x
ux
x
uuu
jijiji
jiji ∂∂
∂∂
∂∂
(2.6)
Die negativen Vorzeichen vor der Schrittweite (∆x) zeigen, daß die Reihenentwicklung in
negativer Richtung erfolgt.
Aus Gl. (2.6) ergibt sich bei Abbruch nach dem zweiten Glied ein rückwärts gerichteter
Differenzenquotient für eine Ableitung erster Ordnung mit einer Genauigkeit von ersten
Ordnung.
( )xx
uu
x
u jiji
ji
∆∆∂
∂0,1,
,
+−
=
−
(2.7)
Differenzenquotienten mit einer Genauigkeit erster Ordnung werden oftmals für die
geforderten Genauigkeiten von Strömungsberechnungen nicht ausreichen. Folglich ist eine
Genauigkeit zweiter Ordnung anzustreben. Durch Subtraktion von Gl. (2.6) und (2.1) ergibt
sich der folgende Zwischenstand:
( )....
32
3
,
3
3
,
,1,1 +
+
=− −+
x
x
ux
x
uuu
jiji
jiji
∆∂∂∆
∂∂
(2.8)
Durch die Subtraktion ist die zweite Ableitung aus Gl. (2.8) herausgefallen. Gewöhnlich wird
die verbliebene dritte Ableitung ohnehin vernachlässigt, als Ergebnis entsteht ein zentraler
Differenzenquotient für eine Ableitung erster Ordnung mit einer Genauigkeit von zweiter
Ordnung.
( )2,1,1
,
02
xx
uu
x
u jiji
ji
∆∆∂
∂ +−
=
−+
(2.9)
Dieses Ergebnis ist auch geometrisch bezüglich der Genauigkeitsanforderung leicht
verständlich. In dieser Gleichung wird auf den zentralen Wert der Funktion ui,j zugunsten der
benachbarten Werte verzichtet. Eine Sekante durch die beiden Werte ui+1,j und ui-1,j gelegt
wird der Steigung der Tangente an den Funktionswert ui,j bezüglich möglichst genauer
Übereinstimmung sehr viel näher kommen als jede der Sekanten aus der Gl. (2.5) mit der
Genauigkeit erster Ordnung, die mit den Funktionswerten ui+1,j und ui,j und den
Funktionswerten ui-1,j und ui,j gebildet werden.
2.1.2 Partielle Ableitungen zweiter Ordnung
In diesem Abschnitt werden partielle Ableitungen zweiter Ordnung als zentrale
Differenzenapproximation abgeleitet. Zentrale Differenzenapproximation heißt, daß das
Diskretisierungszentrum an der Stelle Pi,j nach Bild 2.1 liegt, also im Zentrum des
Differenzenmoleküls. Hierzu wird Gl.(2.8) nach (∂ u/∂ x)i,j aufgelöst. Diese Formulierung der
ersten Ableitung ist bereits von der Genauigkeit zweiter Ordnung.
( )....
62
2
,
3
3,1,1
,
+∆
−
∆−
=
−+ x
x
u
x
uu
x
u
ji
jiji
ji∂∂
∂∂
(2.10)
In Gl. (2.1) kann damit die erste Ableitung (∂ u/∂ x)i,j ersetzt werden.
( )
( ) ( ) ( )....
2462
....62
4
,4
43
,3
32
,2
2
2
,
3
3,1,1
,,1
+∆
+∆
+∆
+∆
+∆
−
∆−
+= −++
x
x
xx
x
ux
x
u
xx
x
u
x
uuuu
jijiji
ji
jijijiji
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(2.11)
Es entsteht daraus ein zentraler Differenzenquotient für eine zweite Ableitung mit der
Genauigkeit zweiter Ordnung, wenn man auf die Ableitungen 3. Ordnung und höher
verzichtet.
( )( )2
2
,1,,1
,
2
2
02
xx
uuu
x
u jijiji
ji
∆∆∂
∂ ++−
=
−+
(2.12)
Mit Gl. (2.12) ist ein Beispiel für die Näherung eines Differentialquotienten zweiter Ordnung durch einen zentralen Differenzenausdruck von der Genauigkeit zweiter Ordnung für nicht–gemischte Ableitungen angegeben.
2.1.3 Gemischte partielle Ableitungen zweiter Ordnung
Bei der Beschreibung von Strömungsfeldern, die in krummlinigen – auch schiefwinkligen – Koordinatensystemen vorgenommen sind, werden oftmals auch Approximationen für Differentialquotienten zweiter Ordnung durch zentrale Differenzenausdrücke von der Genauigkeit zweiter Ordnung für gemischte Ableitungen benötigt. Eine gemischte Ableitung kann die Form ∂ 2u/(∂ x∂ y) haben. Hierin sind x und y die unabhängigen Variablen. Es wird dazu der folgende Ansatz gewählt.
x
A
y
u
xyx
u
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂∂ =
=
2
(2.13)
mit
y
uA
∂∂=
Gl. (2.9) stellt eine Differenzenapproximation der Genauigkeit zweiter Ordnung für eine erste
Ableitung dar. Wendet man diese Formulierung zweimal auf die Gl. (2.13) an – einmal für die
x–Richtung und danach für die y–Richtung – erhält man eine zweite, gemischte Ableitung in
zentraler Differenzenformulierung.
( ) ( ) ( )[ ]221,111,11,11,1
,
2
,04
1yxuuuu
yxyx
ujjijiji
ji
∆∆∆∆∂∂
∂ +−−+=
+−−+−−++
(2.14)
Aus dem Fehlerglied 0 [(∆x2), (∆y2)] erkennt man, daß nun die Genauigkeit der Näherung
nicht nur von der einen räumlichen Richtung abhängt sondern gleichberechtigt und additiv
von der anderen auch.
2.1.4 Partielle Ableitungen an Rändern
Die Ränder, die ein Berechnungsgebiet umgeben, müssen als sogenannte Randbedingungen in
die Berechnung mit einbezogen werden. Zum einen kann das ein feststehender Zahlenwert der
Funktion selbst sein, dann heißt diese Randbedingung Dirichlet–Randbedingung. Eine
Genauigkeitsanforderung besteht dann an einen Näherungswert nicht mehr, da diese Form der
Randbedingung bereits exakt zu nennen ist. Zum anderen kann die Randbedingung durch eine
erste Ableitung bestimmt sein. Diese Form der Randbedingung wird dann Von–Neumann–
Randbedingung genannt. Hier besteht allerdings wie bei den vorhergehenden
Differenzenapproximationen eine Genauigkeitsforderung an die Formulierung.
In Bild 2.2 ist eine Verteilung von Gitterpunkten in Wandnähe dargestellt. Eine zentrale
Differenzenbeschreibung ist in diesem Fall nicht möglich, zumal Gitterpunkte innerhalb des
Wandmaterials nicht vorhanden sind.
Bild 2.2 Gitterpunktverteilung normal zur Berandung
Versucht man es zunächst mit einer Näherung der Genauigkeit erster Ordnung so entsteht die
einfache Aussage gemäß der Gl. (2.5):
( )yy
uu
y
u ∆∆∂
∂012
1
+−
=
(2.15)
Für die Erstellung einer Differenzenformel mit einer Genauigkeit der zweiten Ordnung 0(∆x2)
wird ein Umweg über einen Polynomansatz gewählt.
2ycybau ++=
(2.16)
Gl. (2.16) ist eine Parabel mit den konstanten Koeffizienten a, b und c. Weiterhin ist y die
unabhängige Variable, die den Abstand normal zur Wand beschreibt. Die Funktion u ist die
abhängige Variable in Gl. (2.16).
Die Anwendung dieser Gleichung auf die drei wandnahen Punkte ergibt einen Satz von drei
algebraischen Gleichungen zur Bestimmung der Koeffizienten.
( )
( )23
22
1
2)2( ycybau
ycybau
au
∆+∆+=
∆+∆+=
=
(2.17)
Durch Eliminieren von c aus den letzten beiden Gleichungen und durch Auflösung nach b,
erhält man zunächst:
y
uuub
∆−+−=
2
43 321
(2.18)
Die erste Ableitung von Gl. (2.16) lautet:
ycby
u2+=
∂∂
(2.19)
Für die Wand, y = 0, ergibt sich aus Gl. (2.19):
by
u =
1∂∂
(2.20)
Der Koeffizient b ist bereits aus Gl. (2.18) bekannt und in Gl. (2.20) eingesetzt ergibt das eine
Näherung für eine erste Ableitung an der Wand mit einer Genauigkeit der zweiten Ordnung
0(∆x2).
( )2321
1
02
43y
y
uuu
y
u ∆∆∂
∂ +−+−
=
(2.21)
Ein Beweis dieser Gl. (2.21) läßt sich auch durch eine Taylor–Reihenentwicklung an der
Wand erbringen, indem mit dem Ansatz aus Gl. (2.16) über einen Koeffizientenvergleich und
die Division durch y∆ das Resultat der Gl. (2.21) bestätigt werden kann. Die Gln. (2.15) und
(2.21) sind einseitige Differenzenquotienten.
2.2 Transformationen und Gittergenerierung
2.2.1 Einleitung
Wenn sich alle CFD–Anwendungen in einem einheitlichen, rechtwinkligen
Koordinatensystem in einem physikalischen Raum problemlos abbilden ließen, gäbe es keine
Notwendigkeit, die strömungsmechanischen Gleichungen durch Transformationen in irgend
einer Weise zu verändern. Man würde diese Gleichungen einfach für ein kartesisches
Koordinatensystem mit den Koordinaten x, y, z und gegebenenfalls der Zeit t anwenden, sie
diskretisieren und wie vorgeschlagen zur Lösung bringen. Dieses ist jedoch nur bei sehr
wenigen tatsächlichen Problemen so durchführbar. Betrachtet man den Tragflügelschnitt im
Bild 2.3 und legt ein kartesisches Gitter darüber, so ergeben sich folgende Probleme:
• Einige Gitterpunkte liegen innerhalb des Profils, wo es nichts zu
berechnen gibt.
• Nahezu kein Gitterpunkt fällt mit der Oberfläche zusammen, wo er
zur günstigen numerischen Formulierung liegen sollten.
Bild 2.3 Tragflügelprofil im Gitternetz eines kartesischen Koordinatensystems
Diese Betrachtungen sagen aus, daß solch ein Gitter zur Berechnung von gekrümmten
Oberflächen nur bedingt nutzvoll ist, da die Oberfläche allenfalls durch Interpolationen
kartesisch bestimmt werden kann. Für die Strömungsberechnung ist aber eine möglichst
oberflächenorientierte Koordinatenlinienführung bedeutsam. Das zeigt Bild 2.4 für denselben
Tragflügelschnitt.
Bild 2.4 Oberflächenorientiertes Koordinatensystem am Tragflügelschnitt im physikalischen Raum
Hier sieht man ein nichteinheitliches, krümmungsbezogenes Gitter, das um die Oberfläche
herumgewickelt ist. Die neuen Koordinatenlinien ξ und η sind so gewählt, daß für die
Oberfläche des Tragflügelschnittes η=const gilt. Das ist ein oberflächenangepaßtes
Koordinatensystem, denn einige Gitterpunkte fallen natürlicherweise auf die
Körperoberfläche. Gleichfalls bedeutsam ist, daß im physikalischen Raum im Bild 2.4 die
Gitterabstände nicht äquidistant sein müssen und das gesamte Netz auch nichtorthogonal sein
muß. Daraus folgt, daß die Differenzenbildung, wie sie bereits in Abschnitt 2.1 für kartesische
Koordinatensysteme abgeleitet wurde, hier nicht mehr so anzuwenden ist. Allerdings macht
eine Transformation es möglich, das nicht–orthogonale, oberflächenorientierte
Koordinatensystem im physikalischen Raum in ein orthogonales, äquidistantes im
numerischen Raum ξ und η zu überführen. Bild 2.5 stellt die transformierte Ebene im
numerischen Raum dar.
Bild 2.5 Koordinatensystem in der transformierten, numerischen
Berechnungsebene
Die Bilder 2.4 und 2.5 stehen in direkter Beziehung zueinander. Betrachtet man die Punkte a,
b und c in der physikalischen Ebene, so entsprechen sie den Punkten a, b und c der
numerischen Ebene, die hier allerdings äquidistante Schrittweiten ∆ξ und ∆η bewirken. Die
berechneten Informationen müssen dann in die physikalische Ebene zurücktransformiert
werden, d.h., die strömungsmechanischen Gleichungen werden in der numerischen Ebene als
Funktionen von ξ und η ausgedrückt und gelöst. Sie müssen also von (x,y) auf (ξ,η) als den
neuen unabhängigen Variablen transformiert werden.
Der Hintergrund dieses Abschnittes 2.2 ist, zunächst die allgemeine
Transformationsvorschrift zu finden, die die Gleichungen vom x–y–Koordinatensystem des
physikalischen Raumes in das ξ–η–Koordinatensystem des numerischen Raumes
transformieren. Danach werden verschiedenste spezielle Gitter diskutiert.
2.2.2 Allgemeine Transformation von Gleichungen
Der Einfachheit halber wird hier nur eine zweidimensionale, instationäre Strömung mit den
unabhängigen Variablen x,y und t betrachtet. Die Variablen x,y und t werden nun in den
numerischen Raum ξ,η und τ transformiert.
Es wird folgender Zusammenhang angenommen:
( )tyx ,,ξξ =
(2.22)
( )tyx ,,ηη =
(2.23)
( )tττ =
(2.24)
In dieser Transformationsvorschrift wird τ nur als Funktion von t betrachtet, oft wird auch
τ = t gesetzt. Dieses scheint recht trivial, aber wenn Gl. (2.24) nicht formal mitbehandelt
wird, tauchen manche notwendigen Terme nicht auf. Von der Kettenregel der
Differentialrechnung ist bekannt, daß gilt:
tytytytyxxxx
,,,,,,,
+
+
=
∂τ∂
τ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
ηξτξτη
(2.25)
Die Indizes in Gl. (2.25) sind eingeführt, um zu verstärken, daß einige Variablen bei dieser
partiellen Differenzierung konstant gehalten werden. In der folgenden Herleitung werden sie
jedoch nicht mehr aufgeführt, obwohl ihre Bedeutung erhalten bleiben soll. Aus Gl. (2.25)
wird dann:
+
=
xxx ∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
(2.26)
Auf ähnliche Weise ergibt sich die verbleibende Ableitung.
+
=
yyy ∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
(2.27)
Für die Zeitableitung ergibt sich:
yxyxyxyxtttt
,,,,,,,
+
+
=
∂τ∂
τ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
ηξηξτη
(2.28)
oder abgekürzt:
td
d
ttt
ττ∂
∂∂
η∂η∂
∂∂
ξ∂ξ∂
∂∂∂
+
+
=
(2.29)
Die Gln. (2.26), (2.27) und (2.29) sind die Ableitungen nach x,y und t, die aus Ableitungen
nach ξ, η und τ erstellt werden können. Die Koeffizienten der Ableitungen nach ξ, η und τ
werden metrische Koeffizienten genannt. Diese werden durch die generellen
Transformationsvorschriften, Gln. (2.22) bis (2.24), erzeugt. Wenn diese analytisch vorliegen,
geschieht das in geschlossener Form. Gewöhnlich liegen diese geometrischen Beziehungen in
numerischer oder tabellarischer Form vor, so daß sie mit finiten Differenzenapproximationen
modelliert werden müssen. Dieses ist recht genau mit zentralen Differenzen zu
bewerkstelligen.
Transformationsvorschriften für zweite Ableitungen müssen auch zur Verfügung gestellt
werden. Am Beispiel der Gl. (2.26) kann eine Abkürzung eingeführt werden:
+
=≡
xxxA
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
(2.30)
Eine weitere Ableitung der Größe A nach x ergibt:
+
+
+
=
+
==
xxxxxx
xxxxx
A
η∂∂∂
∂η∂
∂η∂
η∂∂
ξ∂∂∂
∂ξ∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
22
2
2
2
2
(2.31)
B
C
Die gemischten Ableitungen B und C können mit Hilfe der Kettenregel umgeschrieben
werden:
===
=
xxxxB
∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂∂
ξ∂∂∂
ξ∂∂
∂∂ 22
(2.32)
Aus Gl. (2.26) folgt wegen der Vertauschbarkeit der Ableitungen damit für B:
+
=
xxB
∂η∂
ξη∂∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂ 2
2
2
(2.33)
Auf ähnliche Weise erhält man für C:
+
=
=
=
==
xx
xxxC
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ηξ∂∂∂
∂∂
η∂∂
η∂∂
∂∂
η∂∂∂
2
22
2
(2.34)
Nach Einsetzen von B und C in Gl. (2.31) ergibt sich nach Umordnung einiger Terme für die
zweite Ableitung nach x:
+
+
+
+
=
xxxx
xxx
2
22
2
22
2
2
2
2
2
2
2
2
2∂
ξ∂∂
η∂ηξ∂∂
∂∂
η∂η∂
∂∂
ξ∂ξ∂
∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
(2.35)
Genau so geht man vor, um die zweite Ableitung nach y als Funktion der ersten, zweiten und
gemischten Ableitungen nach ξ und η mit einigen metrischen Koeffizienten zu entwickeln.
+
==
η∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
η∂∂
yD
(2.36)
Hieraus wird nach nochmaliger Ableitung von D nach y:
+
+
+
=
+
==
yyyyyy
yyyyy
D
η∂∂∂
∂η∂
∂η∂
η∂∂
ξ∂∂∂
∂ξ∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
22
2
2
2
2
(2.37)
E
F
Mit Hilfe der Gl. (2.27) können ebenso die gemischten Ableitungen E und F in Gl. (2.37)
ersetzt werden.
+
=
==
=
yy
yyyE
∂η∂
ηξ∂∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂∂
ξ∂∂
∂∂
2
2
2
2
(2.38)
+
=
==
=
yy
yyyF
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ηξ∂∂∂
∂∂
η∂∂
η∂∂∂
η∂∂
∂∂
2
22
2
(2.39)
Wenn E und F in Gl. (2.37) eingesetzt werden und einige Umschreibungen erfolgen, erhält
man für die zweite Ableitung nach y:
+
+
+
+
=
yyyy
yyy
∂ξ∂
∂η∂
ηξ∂∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
22
2
22
2
2
2
2
2
2
2
2
2
(2.40)
Die gemischte Ableitung nach x und y ist zunächst:
+
+
+
=
+
==
=
η∂∂∂
∂η∂
∂∂η∂
η∂∂
ξ∂∂∂
∂ξ∂
∂∂ξ∂
ξ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂∂
xyyxxyyx
yyxx
D
yxyx
222
2
2
2
(2.41)
B
C
Für die Ausdrücke B und C sind bereits die Gln. (2.33) und (2.34) bekannt, eingesetzt in Gl.
(2.41) ergibt das nach Umstellung der Terme für die gemischte zweite Ableitung nach x und
y:
+
+
+
+
+
=
yxyxx
yxyx
yxyyxyx
∂η∂
∂ξ∂
∂ξ∂
∂η∂
η∂∂∂
∂η∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂η∂
∂∂
∂∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂∂
2
2
2
2
2
222
(2.42)
Die metrischen Koeffizienten zu den Ableitungen nach ξ und η sind, wie bereits gesagt,
entweder numerisch über zentrale Differenzenapproximationen oder analytisch durch
geschlossene Formen als bekannt vorauszusetzen.
Nur die Gln. (2.26), (2.27), (2.29), (2.35), (2.40) und (2.42) sind nötig, um Gleichungen,
die in einem kartesischen Koordinatensystem mit den unabhängigen Variablen x, y, und t
formuliert sind, in ein neues Koordinatensystem mit den neuen unabhängigen Variablen ξ, η
und τ zu transformieren.
Alle strömungsmechanischen Gleichungssysteme können mit diesen
Transformationsvorschriften in ein anderes Koordinatensystem überführt werden. Die
abhängigen Variablen wie etwa die Komponenten des Geschwindigkeitsvektors ändern sich
dabei nicht. Sie erfahren keine Transformationen. Sie müssen nicht auf die Basisvektoren
eines neuen Koordinatensystems abgebildet werden, wie das jedoch mit Hilfe der
Tensoranalysis vorgenommen werden könnte.
Die beispielsweise im kartesischen Koordinatensystem definierten
Geschwindigkeitsvektorkomponenten u und v behalten ihre physikalische Bedeutung und
Definition im neuen ξ–η–Koordinatensystem bei.
Am Beispiel der strömungsmechanischen Gleichung für die reibungsfreie, drehungsfreie,
stationäre und inkompressible Strömung soll die vorgestellte Transformation erörtert werden.
Die beschreibende Gleichung für das Strömungspotential φ ist eine Laplace–Gleichung.
02
2
2
2
=+yx ∂φ∂
∂φ∂
(2.43)
Es werden die Gln. (2.35) und (2.40) für die beiden zweiten Ableitungen nach x und y
benötigt, um die Laplace–Gleichung (2.43) vom kartesischen Koordinatensystem in ein neues
ξ–η–System zu transformieren, wobei das Potential φ unverändert bleibt.
0
2
2
2
2
2
2
2
2
222
2
2
2
2
2
2
2
2
222
2
2
=
+
+
+
+
+
+
+
+
+
yy
yyyy
xx
xxxx
∂η∂
η∂φ∂
∂ξ∂
ξ∂φ∂
∂η∂
η∂φ∂
∂ξ∂
∂η∂
ηξ∂∂φ∂
∂ξ∂
ξ∂φ∂
∂η∂
η∂φ∂
∂ξ∂
ξ∂φ∂
∂η∂
η∂φ∂
∂ξ∂
∂η∂
ηξ∂∂φ∂
∂ξ∂
ξ∂φ∂
(2.44)
Ein Umordnen der Terme von φ nach den entsprechenden Ableitungen unter
Zusammenfassung der metrischen Koeffizienten ergibt aus Gl. (2.44):
0
2
2
2
2
2
22
2
2
2
2
2
222
2
222
=
++
++
+
+
+
+
+
η∂φ∂
∂η∂
∂η∂
∂φ∂
∂ξ∂
∂ξ∂
ηξ∂∂φ∂
∂η∂
∂ξ∂
∂ξ∂
∂η∂
η∂φ∂
∂η∂
∂η∂
ξ∂φ∂
∂ξ∂
∂ξ∂
yxxyx
yyxx
yxyx
(2.45)
Gl. (2.45) ist die in den numerischen ξ−η–Raum transformierte Laplace–Gleichung (2.43),
die im physikalischen Raum gültig ist.
Für die Transformation eines beliebigen Strömungsgleichungssystems, das im kartesischen
Koordinatensystem orientiert ist und beispielsweise aus Lösungsgründen in ein numerisches
transferiert werden soll, benötigt man die Gln. (2.22) bis (2.24), welche die geometrischen
Beziehungen im Euklidischen Raum zwischen den beiden Koordinatensystemen herstellen.
Dazu kommen die Transformationsvorschriften, Gln. (2.26), (2.27) und (2.29) sowie (2.35),
(2.40) und (2.42), für die Ersetzung der ersten und zweiten Ableitungen innerhalb des
Koordinatensystems der physikalischen Ebene.
Die Ursache für die Transformation von den meisten CFD–Anwendungen ist der Wunsch,
aus Vereinfachungsgründen von einem nicht–äquidistanten Gitter im physikalischen Raum in
ein äquidistantes Gitter des Berechnungsraumes überzuwechseln. Die anschauliche
Begründung liegt in den beiden Bildern 1.4 und 1.5.
2.2.3 Metrische Koeffizienten und Jacobische Determinante
Die in den Gln. (2.26) bis (2.45) vorhandenen Größen, wie beispielsweise ∂ξ/∂η und ähnliche,
werden metrische Koeffizienten oder Metrik genannt. Liegen die Gln. (2.22) bis (2.24) in
analytischer Form vor, so lassen sich durch Ableiten dieser Gleichungen analytische
Ausdrücke für die Metrik erzielen. Liegen die Gln. (2.26) bis (2.24) allerdings in
tabellarischer also diskreter Form vor, so können zentrale Differenzenapproximationen die
entsprechenden Ableitungen ersetzen. Es gibt jedoch noch eine andere Möglichkeit, solche
Transformationen durchzuführen. Diese besteht darin, daß eine inverse
Transformationsvorschrift der Gln. (2.22) bis (2.24) vorliegen kann. Eine solche
Transformation lautet beispielsweise:
( )τηξ ,,xx =
(2.46)
( )τηξ ,,yy =
(2.47)
( )τtt =
(2.48)
Für diese Art der Formulierung sind nun die unabhängigen Variablen ξ ,η und τ . Die Metrik
dazu wird nun ebenso invers formuliert werden müssen. Die bereits genannten metrischen
Koeffizienten haben folglich jetzt die Form ∂ x/∂ξ und so fort. Diese sollen nun ermittelt
werden, indem man von der abhängigen Variablen, nämlich der x–Komponente des
Geschwindigkeitsvektors u(x,y) mit x = x(ξ, η) und y = y(ξ, η), das totale Differential bildet.
dyy
udx
x
udu
∂∂
∂∂ +=
(2.49)
Darin sind die partiellen Ableitungen ∂ u/∂ x und ∂ u/∂ y über die neuen unabhängigen
Variablen ξ und η auszudrücken.
ξ∂∂
∂∂
ξ∂∂
∂∂
ξ∂∂ y
y
ux
x
uu +=
(2.50)
η∂∂
∂∂
η∂∂
∂∂
η∂∂ y
y
ux
x
uu +=
(2.51)
Mit Hilfe der Cramerschen Regel können diese beiden Gleichungen, die jeweils die
Unbekannte ∂ u/∂ x und ∂ u/∂ y enthalten, gelöst werden.
η∂∂
η∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂
η∂∂
η∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂
∂∂
yx
yx
yu
yu
x
u =
(2.52)
η∂∂
η∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂
η∂∂
η∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂
∂∂
yx
yx
ux
ux
y
u =
(2.53)
Die Nenner der Gln. (2.52) und (2.53) sind identisch und beinhalten nur inverse metrische
Koeffizienten. die Determinante wird Jacobi–Determinante genannt.
η∂∂
η∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂
ηξ∂∂
yx
yx
yxJ ≡≡
),(
),(
(2.54)
Mit ihrer Hilfe können nun die gesuchten ersten Ableitungen von der abhängigen Variablen
u(x,y) nach x und y in Abhängigkeit der neuen Koordinatenachsen ξ und η ausgedrückt
werden.
−
=
ξ∂∂
η∂∂
η∂∂
ξ∂∂
∂∂ yuyu
Jx
u 1
(2.55)
−
=
η∂∂
ξ∂∂
ξ∂∂
η∂∂
∂∂ xuxu
Jy
u 1
(2.56)
Für die Beschreibung der zweiten Ableitungen der reinen oder gemischten Form bedarf es
einer weiteren konsequenten Ableitung der Gln. (2.55) und (2.56).
2.2.4 Beispiele von Koordinatentransformationen
2.2.4.1 Koordinatenstreckung
Für die Auflösung einer wandnahen Schicht, in der sich beispielsweise die laminare
Unterschicht einer turbulenten Grenzschicht befinden kann, benötigt man normalerweise viele
diskrete Gitterpunkte. Die Zahl kann zum Grenzschichtrand geringer sein. Bild 2.6 zeigt
anhand eines Geschwindigkeitsprofils u(x,y) im kartesischen Koordinatensystem eine
sinnvolle Verteilung von Gitterpunkten in einer solchen reibungsbehafteten wandnahen
turbulenten Strömung.
Bild 2.6 Grenzschichtprofil im physikalischen und numerischen Raum
Im unteren Teil des Bildes 2.6 ist ein numerischer Raum ξ und η mit jeweils konstanten
Schrittweiten ∆ξ und ∆η abgebildet. Dieselbe Bildung von Differenzennäherungen ist im
Gegensatz dazu im physikalischen Raum in y–Richtung nicht mehr mit konstanten
Schrittweiten zu erstellen. Das ist im oberen Teil des Bildes 2.6 zu erkennen. Die
Grenzschicht ist, wie gewünscht, wesentlich besser in Wandnähe aufgelöst. Variable
Schrittweiten würden erheblich kompliziertere Differenzenapproximationen nach sich ziehen,
wenn sie zur selben numerischen Genauigkeit führen sollten.
Bild 2.6 zeigt nun ein Koordinatensystem mit den Achsen ξ und η in einem numerischen
Berechnungsraum mit erwünschten konstanten Schrittweiten. Das im Bild 2.6 gezeigte
Geschwindigkeitsprofil verzerrt sich, bleibt aber physikalisch gesehen identisch.
Eine einfache und analytische Transformation, die diese Streckung ermöglichen kann, wird
im Folgenden gegeben:
x=ξ
(2.57)
)1(ln += yη
(2.58)
Deren inverse Transformation ist:
ξ=x
(2.59)
1−= ηey
(2.60)
woraus sich für die inverse Metrik folgendes ergibt:
η
η∂∂
ξ∂∂
η∂∂
ξ∂∂
eyyxx ==== 001
(2.61)
Für eine stationäre, zweidimensionale und kompressible Darstellung der
Kontinuitätsgleichung in der physikalischen Ebene in der Form der Gl. (2.62)
( ) ( )0=+
yx
u
∂νρ∂
∂ρ∂
(2.62)
erhält man zunächst nach formaler Transformation mit Hilfe der Gln. (2.55) und (2.56):
( ) ( ) ( ) ( )0
11 =
−
+
−
η∂∂
ξ∂νρ∂
ξ∂∂
η∂νρ∂
ξ∂∂
η∂ρ∂
η∂∂
ξ∂ρ∂ xx
J
yuyu
J
(2.63)
Setzt man nun in Gl. (2.63) die Metrik Gl. (2.61), so ergibt sich:
( ) ( )0=+
η∂νρ∂
ξ∂ρ∂η u
e
(2.64)
Die direkte Transformation, Gln. (2.57) und (2.58), muß zu demselben Ergebnis führen. Die
direkte Metrik wäre in diesem Fall:
1
1001
+====
yyxyx ∂η∂
∂η∂
∂ξ∂
∂ξ∂
(2.65)
Man benutzt für die Ableitungen nun die Gln. (2.25) und (2.26). Folglich wird aus der
Kontinuitätsgleichung, Gl. (2.62):
( ) ( ) ( ) ( )0=
+
+
+
y
vv
x
u
x
u
∂η∂
η∂ρ∂
η∂ξ∂
ξ∂ρ∂
∂η∂
η∂ρ∂
∂ξ∂
ξ∂ρ∂
(2.66)
Hierin werden die metrischen Koeffizienten, Gl. (2.65), eingesetzt.
( )( )
( )0
1
1 =+
+η∂νρ∂
ξ∂ρ∂
y
u
(2.67)
Mit Gl. (2.58) kann eine weitere Umschreibung von Gl. (2.67) erfolgen.
( ) ( )0=+
η∂νρ∂
ξ∂ρ∂η u
e
(2.68)
Diese Gleichung entspricht der Gl. (2.64), die durch eine inverse Transformation erzeugt
wurde.
Ein Beispiel einer wesentlich komplexeren Gitterstreckung in x– wie in y–Richtung wird nun
angegeben. Es geht um eine in Strömungsrichtung rückpringende Stufe, backward facing
step, die in Bild 2.7 dargestellt ist. Im oberen Teil des Bildes ist diese Stufe im kartesischen
Koordinatensystem dargestellt und in der unteren Hälfte in der zweifach gestreckten
Berechnungsebene.
Bild 2.7 Backward Facing Step in der physikalischen und der rechnerischen
Ebene
Um die zwei wichtigsten Punkte im Strömungsfeld wurde eine große Punktdichte gelegt.
Diese sind der obere und der untere Eckpunkt. Das macht Streckungen oder Verdichtungen in
zwei Richtungen notwendig. Diese x–Transformation lautet:
( )( )[ ]AxA
x xoo +−= βξξ
sinh
(2.69)
Hierin ist
( )ox xA βsinh=
(2.70)
und
( )( )
−+−+
= −o
o
xo
x
x
e
ex
ξξ
β β
β
11
11ln
2
1
(2.71)
ξ0 ist in der Berechnungsebene der Punkt, wo die größte Punktedichte sein soll und βx ist eine
Konstante, die den Grad der Verdichtung an ξ0 beschreibt, wobei größere Werte von βx zu
einem feineren Gitter führen.
Die Streckung in y–Richtung geschieht in zwei Schritten, wobei der erste sich auf den Bereich
unmittelbar hinter der Stufe und der zweite oberhalb der Stufe bezieht, sowohl davor als auch
dahinter. Die zugehörige y–Transformationsvorschrift lautet:
( ) ( ) ( )( )
( ) ( )( )( )ααη
ααη
αββ
−−−−
−−−−
++−−+
= 11
11
112
11c
eyy
e
ey
(2.72)
worin
−+
=1
1log
y
ycββ
(2.73)
βy und α sind wiederum passende Konstanten, unterschiedlich für den unteren und oberen
Bereich in y–Richtung. Die Kombination der beiden Transformationsvorschriften, Gl. (2.69)
und (2.72), sind in dem komprimierten Gitter im Bild 2.7 zur Anwendung gekommen.
2.2.4.2 Randangepaßte Koordinatensysteme
Für ein oberflächenangepaßtes Koordinatensystem ist ein Beispiel in Bild 2.8 angegeben. Hier
ist nun eine um die x–Achse symmetrische zweidimensionale Düsenkontur nachgebildet,
deren äußere Begrenzung durch die Punkte d und e gegeben ist und deren Mittellinie durch
die Punkte f und g führt.
Bild 2.8 Düsenkontur in der physikalischen und der rechnerischen Ebene
Ein einfaches orthogonales Netz ist hier nicht sinnvoll anwendbar, statt dessen aber ein
schiefwinkliges und krummliniges, dessen Begrenzungen d–e und f–g natürliche
oberflächenorientierte Koordinatenlinien sind. Für eine einfache numerische Berechnung
sollte nun das randangepaßte Koordinatensystem des Bildes 2.8 in ein orthogonales
äquidistantes Koordinatensystem, das in der unteren Hälfte des Bildes 2.8 dargestellt ist,
transformiert werden. Wenn ys = f(x) die Konturfunktion der Düse ist, dann bewirkt die
folgende Transformation die Erstellung eines orthogonalen Gitters mit den Koordinaten ξ und
η.
x=ξ
(2.73)
sy
y=η
(2.74)
mit
( )xfys =
(2.75)
Dieses ist ein einfaches Beispiel für ein konturgebundenes Koordinatensystem.
Bild 2.9 Oberflächenangepaßtes O–Netz um ein Tragflügelprofil in der
physikalischen Ebene
Ein wesentlich komplizierteres Koordinatensystem ist in Bild 2.9 dargestellt. Dieses
entspricht etwa der Umschreibung eines Tragflügelprofils mit geschlossenen Linien, die mit
größer werdendem Abstand von der Körperoberfläche dessen Kontur immer weniger
widerspiegeln. Senkrecht auf diesen Linien stehen die Koordinatenlinien, die von der
Oberfläche wegzeigen.
Die Körperkontur ist durch eine Linie η=const beschrieben, die im Bild 2.9 mit Γ1
bezeichnet ist. Die äußere Berandung des oberflächenangepaßten Koordinatensystems wird
mit Γ2 bezeichnet und entspricht auch einer Linie η=const des um den Tragflügelprofil
herumgewickelten ξ–η–Koordinatensystems. Die Linien, die den inneren und äußeren Rand
verbinden, sind die ξ–Koordinaten. Ein Gitter diesen Typs, das ein Tragflügelprofil in
geschlossenen Kurven umgibt, wird O–Netz genannt, ein nach hinten offenes Gitter heißt C–
Netz. Das zugehörige numerische Netz mit seinen konstanten Schrittweiten ist in Bild 2.10
angegeben.
Bild 2.10 Das oberflächenangepaßte O–Netz um ein Tragflügelprofil aus Bild 2.9
in der numerischen Ebene
Die Transformation für ein O–Netz kann auf die folgende Weise erzeugt werden. Die Kontur
des Körpers im physikalischen Raum und der äußere Rand sind entlang der jeweiligen
Begrenzungen Γ1 und Γ2 bekannt. Das bedeutet, daß für die Lösung aus mathematischer Sicht
ein Randwertproblem vorliegt. Alle Randwerte in Form von Punkten P(x,y) müssen gegeben
sein.
Wenn Punkte im Inneren eines so aus bekannten Größen umschriebenen Feldes gesucht
werden, kann das durch einen Satz von einfachen elliptischen Differentialgleichungen
bewerkstelligt werden. Die einfachsten Gleichungen diesen Typs sind Laplace–Gleichungen.
Zwei davon sind nötig, um die hier abhängigen Variablen ξ und η durch die unabhängigen
Variablen x und y berechnen zu können.
02
2
2
2
=+yx ∂ξ∂
∂ξ∂
(2.76)
02
2
2
2
=+yx ∂η∂
∂η∂
(2.77)
wobei die Randbedingungen für η lauten
const== 1ηη entlang Γ1
(2.78)
const== 2ηη entlang Γ2
(2.79)
Diese Randbedingungen in Gln. (2.78) und (2.79) sind Dirichlet–Randbedingungen, die die
feste Werte darstellen.
Ebenso ergibt sich für die Randbedingungen von ξ:
( )yx,ξξ = entlang Γ 3 und Γ 4
(2.80)
Die erste Arbeit zur sogenannten Elliptischen Gittergenerierung wurde von Thompson (1967)
veröffentlicht.
Zu bemerken ist, daß die Laplace–Gleichungen, Gln. (2.76) und (2.77), keinerlei
strömungsmechanischen Hintergrund haben, sondern lediglich zur Lösung eines
geometrischen Randwertproblems herangezogen werden, das zwei Koordinatensysteme in ein
besonderes Verhältnis zueinander setzt.
Um die Randbedingungen für ξ1=const und ξ2=const auf den Rändern Γ3 und Γ4 näher
beschreiben zu können, ist im Bild 2.9 eine geteilte Linie Γ3 und Γ4 gezeichnet worden.
Normalerweise besteht hier nur eine im physikalischen Raum, die entlang einer Stromlinie
von der Hinterkante des Tragflügelprofiles ausgeht. Im numerischen Berechnungsraum des
Bildes 2.10 hingegen müssen es zwei sein.
Der numerische Berechnungsraum ist der, von dem man ausgeht, um den Vorteil konstanter
∆ξ– und ∆η–Schrittweiten zu nutzen. Das heißt, daß man zu räumlichen Wertepaaren (ξi,η j )
die anderen im physikalischen Raum (xi,yj) suchen muß. Deren Werte sind allerdings auf den
Rändern Γ1 bis Γ4 bekannt. Damit wird klar, daß nicht die Gln. (2.76) und (2.77) gelöst
werden müssen, sondern ihre inversen. Aus diesem Grund werden nun die Koordinaten x und
y zu den abhängigen Variablen und ξ und η zu den unabhängigen.
02 2
22
2
2
=+−η∂
∂γηξ∂∂
∂βξ∂
∂α xxx
(2.81)
02 2
22
2
2
=+−η∂
∂γηξ∂∂
∂βξ∂
∂α yyy
(2.82)
mit
022
=
+
=
η∂∂
η∂∂α yx
(2.83)
+
=
η∂∂
ξ∂∂
η∂∂
ξ∂∂β yyxx
(2.84)
22
+
=
ξ∂∂
ξ∂∂γ yx
(2.85)
Die Gleichungen (2.81) und (2.82) müssen mit Hilfe eines geeigneten numerischen
Verfahrens gelöst werden. Eine analytische geschlossene Form ist nicht mehr zu erwarten. Im
allgemeinen werden Relaxationsverfahren hierfür angewendet. Für die metrischen
Koeffizienten in den Termen für α, β und γ in den Gln. (2.83) bis (2.85) werden
üblicherweise zentrale Differenzenapproximationen gewählt.
Es wird nochmals wiederholt, daß die Lösung der Laplace–Gleichungen, Gln. (2.74) und
(2.77), lediglich zur Berechnung der Geometrie von Gittern auf der Basis von elliptischen
Randwertproblemen dient. Erst nach Kenntnis der Netzgeometrie erfolgt die Berechnung
eines Strömungsfeldes innerhalb eines solchen sinnvollen Berechnungsgitters durch die
strömungsmechanischen Gleichungen.
2.2.4.3 Adaptive Gitter
Ein adaptives Gitter ist ein Netzwerk, das während des Laufes der Strömungsberechnung das
Gitter permanent verändert, bis am Berechnungsende das optimale Gitter gefunden ist.
Gradienten von Strömungsgrößen beliebiger Art können beispielsweise solche
Gittergenerierungssteuerparameter sein. Ändern sich Strömungsgradienten in einem kleinen
räumlichen Bereich sehr stark, so bedeutet das, daß dieser von einer höheren Punktedichte
besser aufzulösen ist. Ein Beispiel einer solchen Transformation, die über Gradienten
gesteuert wird, ist von Corda (1969) auf eine Überschallströmung entlang einer sich in
Strömungsrichtung erweiternden Stufe angegeben worden.
x
gb
Bx
∂∂ξ
+
∆=∆1
(2.86)
y
gc
Cy
∂∂η
+
∆=∆1
(2.87)
Hierin haben b und c die Aufgabe als Koeffizienten den Effekt der Gradienten
abzuschwächen oder zu verstärken. B und C sind Maßstabsfaktoren, die linear die
Abhängigkeit der Schrittweiten ∆ξ zu ∆x steuern. Die Größe g steht für beliebige primitive
Variable wie zum Beispiel für die Temperatur T oder für den Druck p, je nachdem nach
welcher Variablen das angepaßte Gitter gesteuert werden soll.
Im Fall einer zeitabhängigen Strömungsberechnung würde sich das Gitter gemäß
zunehmender Zeit verändern. Im Gegensatz zur vorher beschriebenen elliptischen
Gittergenerierung besteht hier ein intensiver Austausch von Strömungsberechnung und
gleichzeitiger Gitterberechnung.
Für die Berechnungsebene gilt, daß sich das Gitter nicht mit zunehmender Zeit verändert,
sondern daß ∆ξ und ∆η weiterhin konstant und unbeweglich bleiben. Nur im physikalischen
Raum ändert sich das Gitter gemäß der Gln. (2.86) und (2.87) und über den darin
verwendeten Gradienten von g. Die strömungsmechanischen Gleichungen werden in der
transformierten Berechnungsebene gelöst, was durch die Transformationsvorschriften,
Gln. (2.26), (2.27) und (2.29), vorbereitet werden kann. Insbesondere ist die Transformation
für die zeitliche Ableitung, Gl. (2.29), zu beachten.
In den bereits gezeigten Transformationsbeispielen für die Streckung eines
Grenzschichtkoordinatensystems oder das oberflächenorientierte Koordinatensystem an
einem Tragflügelprofil verschwinden die metrischen Koeffizienten der Art ∂ξ/∂ t. Folglich
ergab sich aus Gl. (2.29) ∂/∂ t = ∂/∂ τ. Hingegen für adaptive Gitter gilt, da sich ja die neue
numerische Gitterkonfiguration mit jedem Zeitschritt ändern darf:
yxtt
,
≡
∂ξ∂
∂ξ∂
(2.88)
yxtt
,
≡
∂η∂
∂η∂
(2.89)
Diese Werte sind in diesem Fall nicht null. Die physikalische Bedeutung der beiden Gln.
(2.88) und (2.89) ist die zeitliche Änderung von ξ und η um einem festen Punkt P(x,y) in der
physikalischen Ebene. Betrachtet man einen festen Punkt P(x,y) in der physikalischen Ebene,
so müssen die zugehörigen Werte ξ und η mit der Zeit t eine Änderung erfahren. Das ergibt
endliche Werte für die Ableitungen der Metrik nach t, wie etwa ∂ξ/∂ t und ∂η/∂ t. Als Folge
sind die Terme der rechten Seite von Gl. (2.29), wie nochmals an der folgenden Gleichung
ersichtlich, in der Berechnungsebene endlich und müssen in eine Transformation unbedingt
eingeschlossen werden.
0≠
+
+
=
tttt ∂τ∂
τ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
(2.90)
Auf diese Weise berücksichtigen die Zeitableitungen ∂ξ/∂ t und ∂η/∂ t die Bewegung des
adaptiven Gitters in der physikalischen Ebene bei der Lösung der strömungsmechanischen
Gleichungen.
Es ist mühevoll, die zeitliche Ableitung der Metrik in der Gl. (2.90) zu bestimmen.
Wesentlich einfacher sind die Zeitableitungen im physikalischen Koordinatensystem zu
bewerkstelligen, wie etwa der Terme ∂ x/∂ t und ∂ y/∂ t. Diese können nämlich in folgende
Relationen gesetzt werden.
t
x
t
x
∆∆≈
ηξ∂∂
,
(2.91)
t
y
t
y
∆∆≈
ηξ∂∂
,
(2.92)
Wobei ∆x und ∆y direkt aus der Transformationsvorschrift, Gln. (2.86) und (2.87),
entnommen werden können. Nun soll die Verbindung zwischen diesen beiden Sätzen von
Zeitableitungen hergeleitet werden. Zunächst gilt:
( )τηξ ,,xx =
(2.93)
( )τηξ ,,yy =
(2.94)
Deren vollständige Differentiale sind:
ττ∂
∂η∂
∂ξξ∂
∂
ηξτξτη
dxx
dx
dx,,,
+
+
=
(2.95)
ττ∂
∂η∂
∂ξξ∂
∂
ηξτξτη
dyy
dy
dy,,,
+
+
=
(2.96)
Bildet man formal die Zeitableitung ∂/∂ t dieser vollständigen Differentiale, so erhält man:
yxyxyxyxt
x
t
x
t
x
t
x
,,,,,,,
+
+
=
∂τ∂
τ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
ηξτξτη
(2.97)
yxyxyxyxt
y
t
y
t
y
t
y
,,,,,,,
+
+
=
∂τ∂
τ∂∂
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
∂∂
ηξτξτη
(2.98)
Eine Umschreibung dieser Gleichung zeigt eine Lösungsmöglichkeit nach der Cramerschen
Regel für die zeitlichen Ableitungen, Gln. (2.88) und (2.89).
yxyxt
x
t
xx
,,,,,
+
=
−
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
τ∂∂
τξτηηξ
(2.99)
yxyxt
y
t
yy
,,,,,
+
=
−
∂η∂
η∂∂
∂ξ∂
ξ∂∂
τ∂∂
τξτηηξ
(2.100)
Für die unbekannte Ableitung (∂ξ/∂ t)x,y folgt somit
τξτη
τξτη
τξηξ
τξηξ
η∂∂
ξ∂∂
η∂∂
ξ∂∂
η∂∂
τ∂∂
η∂∂
τ∂∂
∂ξ∂
,,
,,
,,
,,
,
−
−
=
yy
xx
yy
xx
tyx
(2.101)
Erkennt man, daß τ = t ist und der Nenner von Gl. (2.101) die Jacobi–Determinante, so kann
vereinfacht geschrieben werden:
+
−=
η∂∂
∂∂
η∂∂
∂∂
∂ξ∂ x
t
yy
t
x
Jt
1
(2.102)
−
=
ξ∂∂
∂∂
ξ∂∂
∂∂
∂η∂ x
t
yy
t
x
Jt
1
(2.103)
Die Indizes sind hier nicht mehr aufgeführt.
Für ein adaptives Netz müssen bei der Transformation der strömungsmechanischen
Gleichungen in eine Berechnungsebene (ξ, η ) alle Zeitableitungen der Metrik in der Gl.
(2.29) nachgewiesen werden. Die zeitlichen Ableitungen ∂ξ/∂ t und ∂η/∂ t werden der
Einfachheit halber über die Gln. (2.102) und (2.103) aus den zeitlichen Ableitungen ∂ x/∂ t
und ∂ y/∂ t ermittelt. Diese können ersatzweise über die Gln. (2.91) und (2.92) und die
Transformationsvorschriften für adaptive Gitter, Gln. (2.86) und (2.87), selbst in Zahlen
gefaßt werden.
Von Corda (1978) ist eine Beispielrechnung – Gittermetrik zusammen mit dem
Strömungsfeld – an einer stromab sich erweiternden Stufe durchgeführt worden. Bild 2.11
zeigt dieses im Laufe der Rechenzeit entstandene Gitter. Man erkennt, daß sich die
Gitterpunkte entlang des Stoßes, der von der Stufenecke ausgeht, und des Stoßes, der von der
Wiederanlegestelle unterhalb der Stufe ausgeht, verdichten. Es ist deutlich erkennbar, daß ein
adaptives Gitter eine zwar primitive aber dennoch deutlich erkennbare Art der
Strömungssichtbarmachung darstellt. Verdichtungsstöße und ähnliche Gradientenänderungen
von Strömungsgrößen können so leicht identifiziert werden.
Ein weiterer Vorteil ist die Reduzierung der Gitterpunktzahl dort, wo sie nicht nötig ist
zugunsten der Verdichtung an anderen Stellen. Das heißt, es ist bei einer vorgegebenen
Punktezahl eine ökonomische Nutzung der vorhandenen Computerkapazität möglich, denn
der schnell verfügbare Speicherplatz ist sehr teuer.
Bild 2.11 Adaptives Gitter für eine Überschallströmung über eine rückspringende
Stufe
2.3 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen
2.3.1 Mathematische Eigenschaften von Differentialgleichungen
2.3.1.1 Einleitung
Die strömungsmechanischen Gleichungen, ob sie für reibungsfreie oder reibungsbehaftete
Strömungen Gültigkeit haben sollen, stellen sich immer so dar, daß ihre höchste Ableitung
linear auftritt. Das heißt, es gibt keine Quadrate oder sonstige exponentielle Formen von ihr.
Gewöhnlich gibt es aber vor anderen ersten Ableitungen Koeffizienten in Form der
abhängigen Variablen selbst. Das macht die Gleichung zu einem System quasilinearer
Differentialgleichungen. Die mathematische Untersuchung dieser Gleichungen ergibt je nach
zu beschreibendem Strömungszustand sogenannte elliptische, hyperbolische oder
parabolische Eigenschaften des Systems.
2.3.1.2 Klassifizierung der partiellen Differentialgleichungen
Ein Modellsatz von quasilinearen Differentialgleichungen, der den strömungsmechanischen
Gleichungen ähnelt, wird nun zur Diskussion der mathematischen Eigenschaften ausgewählt.
11111 fy
vd
x
vc
y
ub
x
ua =+++
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(2.104)
22222 fy
vd
x
vc
y
ub
x
ua =+++
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(2.105)
Hierin sind u und v die abhängigen Variablen nämlich Funktionen von den unabhängigen
Variablen x und y. Die Koeffizienten a1 bis d2 seien selbst Funktionen von x, y, u und v.
Betrachtet man nun einen Raumpunkt in der x–y–Ebene, so kann es Linien oder auch
Richtungen geben, in denen die Ableitungen von u und v unbestimmt sind oder über welche
hinweg sich Sprünge ergeben, sogenannte Diskontinuitäten. Solche Linien werden
Charakteristiken genannt. Um diese mit Hilfe der Gleichungen (2.104) und (2.105) zu finden,
bedarf es noch zweier weiterer Gleichungen, die sich aus den vollständigen Differentialen der
abhängigen Variablen u(x,y) und v(x,y) gewinnen lassen.
dyy
udx
x
udu
∂∂
∂∂ +=
(2.106)
dyy
vdx
x
vdv
∂∂
∂∂ +=
(2.107)
Die Gl. (2.104) bis (2.107) stellen ein System von vier linearen Gleichungen mit den vier
Unbekannten ∂ u/∂ x, ∂ u/∂ y, ∂ v/∂ x und ∂ v/∂ x dar. In Matrixform lautet das
Gleichungssystem:
dydx
dydx
dcba
dcba
00
002222
1111
yv
xv
yu
xu
∂∂∂∂∂∂∂∂
/
/
/
/
=
dv
du
f
f
2
1
(2.108)
[ A ] sei nun die 4 x 4–Koeffizientenmatrix des Gleichungssystems (2.108), und ihre
Determinante sei | A |. Nach der Cramerschen Regel hat das System eine bestimmte Lösung,
wenn | A | ≠ 0 ist. Gesucht wird aber eine unbestimmte Lösung für | A | = 0. Folglich ergibt
sich nach Lösung der Determinante und Division durch dx2:
( ) ( ) ( ) 0122112211221
2
1221 =−+−+−−
− dbdbdx
dycbcbdada
dx
dycaca (2.109)
Das ist eine quadratische Gleichung für die Steigung ∂ y/∂ x einer Charakteristik für jeden
Punkt in der x–y–Ebene, für den die Steigung der abhängigen Variablen u und v im besten
Fall unbekannt ist. Vereinfacht man Gl. (2.109) durch Abkürzungen, so ergibt sich
02
=+
+
cdx
dyb
dx
dya
(2.110)
mit der Lösung
a
cabb
dx
dy
2
42 −±−=
(2.111)
Die Diskriminante D
cabD 42 −=
(2.112)
bestimmt die Lage der Charakteristiken. Insbesondere gilt:
für 0>D :
Zwei reale, bestimmte Charakteristiken existieren in jedem Punkt der x–y–Ebene. Das
Gleichungssystem (2.104) und (2.105) heißt dann hyperbolisch.
für 0=D :
Eine reale, bestimmte Charakteristik existiert. Das System gilt als parabolisch.
für 0<D :
Nur imaginäre Charakteristiken existieren. Das System wird dann elliptisch.
Das sogenannte Charakteristikenverfahren zieht einen Nutzen aus diesen Betrachtungen der
mathematischen Eigenschaften solcher Gleichungssysteme. Im Falle hyperbolischer partieller
Differentialgleichungen existieren zwei Charakteristiken, woraus man sich einfache Lösungen
für diese Gleichungen beschaffen kann. Löst man mit Hilfe der Cramerschen Regel Gl.
(2.108) nach ∂ u/∂ y so ergibt sich
0
0==A
N
y
u
∂∂
(2.113)
Da | A | = 0 und ∂ u/∂ y ein unbestimmter Ausdruck sein sollen, muß auch | N | = 0 sein. Nur
in diesem Fall ist ∂ u/∂ y auch ein unbestimmter Ausdruck.
0
0
002222
111
==
dydxdv
dudx
dcfa
dcfa
N
i
(2.114)
Aus der Lösung der Gleichung (2.114) ergibt sich eine gewöhnliche Differentialgleichung
erster Ordnung und in manchen Fällen eine algebraische Gleichung, die auch
Kompatibilitätsgleichung genannt wird. Diese numerische Lösungsmethode heißt auch
Charakteristikenverfahren, eine CFD–Methode aus den Anfängen der Methoden der
numerischen Strömungsmechanik. Sie wurde zur Lösung reibungsfreier
Überschallströmungen eingesetzt.
2.3.1.3 Verhalten von hyperbolischer, parabolischer und elliptischer
Differentialgleichungen
Es werden die strömungsmechanischen Gleichungen in Bezug auf ihr mathematisches
charakteristisches Verhalten untersucht. Verschiedene Strömungen können auch
unterschiedlichen Näherungsgrad zu den vollständigen Navier–Stokes Gleichungen, zu der
Energiegleichung und zu den Kontinuitätsgleichungen haben. Ist eine Strömung als nahezu
reibungsfrei zu betrachten, so reduziert sich das System von partiellen
Differentialgleichungen zweiter Ordnung auf ein System erster Ordnung. Die für den Impuls
zuständigen Gleichungen werden dann zu den Euler–Gleichungen. Diese sind beispielsweise
vom elliptischen Typ im stationären Fall einer Strömung. Ist jedoch die Strömung instationär,
so werden sie durch die zusätzliche Zeitableitung hyperbolisch.
Die Beantwortung der Fragen nach dem mathematischen Charakter einer Gleichung ist
Aufgabe des mehr mathematischen Aspektes der numerischen Strömungsmechanik. Hier
werden deshalb nur Ergebnisse ohne Beweise dargestellt.
Ein Gleichungssystem partieller Differentialgleichungen bedarf eines vollständigen Satzes
von Randbedingungen. Erst danach kann eine Lösung erzeugt werden.
well–posed:
Ein solches Problem ist definitionsgemäß well–posed, also korrekt gestellt, wenn die
Lösung für eine Differentialgleichung existiert, eindeutig ist und ihre Lösung
kontinuierlich von den Anfangs- und Randbedingungen abhängt.
ill–posed:
So ein Problem ist ill–posed, also nicht korrekt gestellt, wenn man falsche oder
unvollständige Anfangs- oder Randbedingungen wählt.
Hyperbolische Gleichungen Wie aus Bild 2.12 zu erkennen ist, werden durch die zu berechnenden links- und
rechtsläufigen Charakteristiken Einflußgebiete A und Abhängigkeitsgebiete C und B
voneinander getrennt. Die Werte von den abhängigen Variablen u(x,y) und v(x,y) im Punkt
P(x,y) werden nur durch das Einflußgebiet A berechnet. Wenn a, b und c
Anfangsbedingungen sind, so hat c keinen Einfluß auf den Punkt P.
So gilt weiterhin, daß die Werte in Punkt P innerhalb des Abhänigkeitsgebietes B alle anderen
Lösungen darin beeinflussen. Gleiches gilt für die Anfangsbedingung c für das
Abhängigkeitsgebiet C.
Bild 2.12 Ränder und Gebiete für die Lösung von hyperbolischen Gleichungen
für zweidimensionale stationäre Strömungen
Beispiel 1
Stationäre, reibungsfreie Überschallströmung
Ist die Strömung dreidimensional, erfolgt dieselbe Behandlung der Einfluß- und
Abhänigkeitsgebiete wie im beschriebenen zweidimensionalen Fall, allerdings auf
dreidimensionalen charakteristischen Flächen. Reibungsfreie Überschallströmungen sind im
allgemeinen hyperbolisch wie in Bild 2.13 dargestellt.
Bild 2.13 Ränder und Gebiete für die Lösung von hyperbolischen Gleichungen
für stationäre, dreidimensionale Strömungen
Beispiel 2
Instationäre, reibungsfreie und kompressible Strömung
Für instationäre, reibungsfreie Strömungen werden die Gleichungen durch das
hinzukommende zeitabhängige Glied hyperbolisch, gleich ob sich die Strömung in Unter-
oder Überschall befindet. Hier gilt die Zeit als die vorwärtsschreitende Richtung.
Reibungsfreie und stationäre Unterschallströmungen sind im allgemeinen vom elliptischen
Typ. Für zweidimensionale, instationäre Strömung gilt das, was bereits für Bild 2.13
beschrieben wurde, allerdings ist für die dortige z–Achse die Zeitachse t zu wählen was in
Bild 2.14 gezeigt ist.
Bild 2.14 Rand und Gebiet für die Lösung von hyperbolischen, eindimensionalen
und instationären Strömungen
Parabolische Gleichungen Für parabolische Gleichungen existiert nur eine charakteristische Linie, entlang der sich die
Informationen nach Bild 2.15 ausbreiten können. In Richtung kleiner werdender
x–Werte kann keine Information fortschreiten, jedoch sind die Randbedingungen entlang der
y–Koordinate ausgehend von b notwendige Informationen für den Punkt P. Die Werte auf
Punkt P und die benachbarten auf der parallelen Linie zur y–Koordinate beeinflussen das
gesamte rechtsliegende Gebiet. Hieraus resultiert ebenso wie bei den hyperbolischen
Gleichungen eine dominante Fortschrittsrichtung, deren Lösungsverfahren
Fortschrittsverfahren – Marching–Procedures – genannt werden.
Bild 2.15 Ränder und Gebiete für die Lösung von zweidimensionalen,
parabolischen Gleichungen
Beispiel 1
Grenzschichtströmungen
Die Grenzschichtgleichungen entstehen aus den Navier–Stokes Gleichungen, der
Energiegleichung und der Kontinuitätsgleichung, indem nach einer dynamischen
Kräfteabschätzung die Terme mit den zweiten Ableitungen in Hauptströmungsrichtung
vernachlässigt werden können. Diese Approximation macht aus dem elliptischen
vollständigen Gleichungssystem ein parabolisches. Für ein solches sind lediglich Anfangs-
und Randbedingungen in der Querströmungsrichtung vorzugeben.
Beispiel 2
Grenzschichtähnliche Strömungen
Die Parabolisierten Navier–Stokes Gleichungen machen Gebrauch von der vorhergenannten
Vereinfachung, nämlich der Vernachlässigung aller zweiten und gemischten Ableitungen in
Hauptströmungsrichtung. In Querströmungsrichtung bleiben die Gleichungen elliptischer
Natur. Somit ergibt sich die Möglichkeit, Kanalströmungen und Außenströmungen, die weit
über eine Grenzschichtdicke hinausgehen, auf einfache Weise berechnen zu können.
Strömungsablösungen, die auf elliptischen Einfluß der Gleichungen zurückgehen, dürfen
nicht auftreten. Das Strömungsverhalten muß somit vorher bekannt sein. Die parabolisierten
Navier–Stokes Gleichungen erlauben also auch den Einsatz von numerischen
Fortschrittsverfahren.
Elliptische Gleichungen Die Navier–Stokes Gleichungen, die Energiegleichung und die Kontinuitätsgleichung
ergeben, je nach dem ob sie stationär oder instationär betrachtet werden, ein elliptisch–
hyperbolisches Differentialgleichungssystem. Sind sie elliptisch, was bei stationären,
reibungsfreien oder als Unterfall bei inkompressiblen Strömungen der Fall ist, so beeinflussen
alle Werte in Punkt P alle im Gebiet befindlichen anderen Werte. Bild 2.16 zeigt diesen
Zustand. Das kann selbst für die Randbedingungen gelten, wenn Von Neumann–
Randbedingungen – Ableitungen an offenen Rändern – vorliegen. Abhängigkeits- und
Einflußgebiete verschmelzen. Zur Berechnung müssen alle Randbedingungen vorab bekannt
sein, damit sie ihren Einfluß auf die Lösung innerhalb des Strömungsfeldes ausüben können.
Bild 2.16 Ränder und Gebiet für die Lösung von elliptischen Gleichungen für
zweidimensionale Strömungen
2.3.2 Fehler und Stabilitätsanalyse
Im Grunde genommen besteht keine Garantie für die Genauigkeit und Stabilität eines Systems
von finiten Differenzengleichungen unter allen Konditionen. Jedoch besteht ein formaler Weg
zur Beurteilung der Genauigkeit und Stabilität von linearen Gleichungen. Dieser erlaubt unter
der Voraussetzung lokaler Linearität ein näherungsweises Verständnis des Verhaltens von
komplexeren nichtlinearen Systemen. Die strömungsmechanischen Gleichungen stellen ein
solches komplexes, nichtlineares Gleichungssystem dar. Bei der Betrachtung einer linearen
Modellgleichung des Typs
2
2
x
u
t
u
∂∂
∂∂ =
(2.115)
und ihrer Differenzenapproximation mit einer Vorwärtsdifferenz in der Zeit und einer
zentralen Differenz für den Raum
211
1 2
x
uuu
t
uu ni
ni
ni
ni
ni
∆+−=
∆− −+
+
(2.116)
können zwei Fehlerquellen bei der numerischen Lösung beschrieben werden:
Diskretisierungsfehler
Dieser stellt die Differenz zwischen der analytischen Lösung zu Gl. (2.115) und der
exakten rundungsfehlerfreien Lösung von Gl. (2.116) dar. Der Diskretisierungsfehler ist
also der Abruchfehler von der Differenzengleichung plus ein Fehler, der durch die
numerische Behandlung der Randbedingungen hinzukommt.
Rundungsfehler
Dieser wird durch die wiederholte Zahl der Rechnungen verursacht, bei denen der
Computer permanent einige signifikante Stellen auf- oder abrundet.
Folgendes kann definiert werden:
A ≡ analytische Lösung der partiellen
Differentialgleichung (2.115)
D ≡ exakte Lösung der Differenzengleichung (2.116)
N ≡ numerische Lösung von Gl. (2.116) eines realen
Computers mit
endlicher Genauigkeit
Somit gilt für den
Diskretionsationsfehler DA −
Rundungsfehler DN −=ε
(2.117)
oder auch aus Gl. (2.117)
ε+= DN
(2.118)
Gl. (2.118) wird numerische Lösung genannt. Diese numerische Lösung muß die
Differenzengleichung (2.116) erfüllen.
21111
11 22
x
DDD
t
DD ni
ni
ni
ni
ni
ni
ni
ni
ni
ni
∆++−−+=
∆−−+ −−++
++ εεεεε (2.119)
Definitionsgemäß muß auch die exakte Lösung D der Differenzengleichung Gl. (2.118) exakt
erfüllen.
211
1 2
x
DDD
t
DD ni
ni
ni
ni
ni
∆+−=
∆− −+
+
(2.120)
Die Subtraktion beider Gleichungen (2.119) und (2.120) ergibt:
211
1 2
xt
ni
ni
ni
ni
ni
∆−−=
∆− −+
+ εεεεε
(2.121)
Aus Gl. (2.121) ist ersichtlich, daß auch der Rundungsfehler ε die Differenzengleichung
erfüllt. Diese Feststellung erlaubt die folgende Betrachtung der Fehlerfortsetzung in einer
computergeführten numerischen Berechnung von Differenzengleichungen und deren
Stabilität.
Sicher ist, daß innerhalb eines Rechenprozesses Rundungsfehler εi in einer Zeitebene
vorhanden sind. Wenn diese in den folgenden Zeitebenen kleiner werden, so kann der
Lösungsvorgang stabil genannt werden. Zumindest müssen die Rundungsfehler folgender
Zeitebenen gleich groß bleiben, was aber bei den normalerweise vorliegenden nichtlinearen
Gleichungssystemen bereits zur Instabilität der Lösungen führen kann.
Diese Lösung ist also stabil, wenn zwischen zwei Zeitebenen das Verhältnis gilt:
11
≤+
ni
ni
εε
(2.122)
Nun kann untersucht werden, unter welchen Bedingungen für die Gl. (2.116) die Gl. (2.122)
erfüllt wird.
Es kann angenommen werden, daß sich die Fehlerverteilung entlang der x–Achse in Form
einer Fourier–Reihe in x darstellen läßt, und daß sich die zeitliche Variant exponentiell
verhält.
( ) ∑=m
xikat meetx,ε
(2.123)
Hierin ist km die Wellenzahl.
Da die Differenzengleichung, Gl. (2.121), linear bleibt, wenn Gl. (2.123) in sie eingesetzt
wird, so verhält sich jeder einzelne Term der Reihe wie die Reihe selbst. Damit kann man sich
mit einem einzigen Term der Reihe, der folgendermaßen aussieht, begnügen.
( ) xikatm
meetx =,ε
(2.124)
Gl. (2.124) wird dann in die Gl. (2.121) für den Rundungsfehler eingesetzt.
( ) ( ) ( )
2
2
x
eeeeee
t
eeee xxikatxikatxxikatxikatxiktta mmmmm
∆+−=
∆− ∆−∆+∆+
(2.125)
Division von Gl. (2.125) durch xikat mee ergibt:
2
21
x
ee
t
e xikxikta mm
∆+−=
∆− ∆−∆∆
(2.126)
oder auch:
( )212
−+∆∆+= ∆−∆∆ xikxikta mm eex
te
(2.127)
Mit der Identität
( )2
cosxikxik
m
mm eexk
∆−∆ +=∆
(2.128)
kann Gl. (2.127) umgeschrieben werden:
( )[ ]1cos2
12
−∆∆
∆+=∆ xkx
te m
ta
(2.129)
Eine weitere trigonometrische Identität ist:
( )2
cos1
2sin2 xkxk mm ∆−=
∆
(2.130)
Damit ergibt sich letztlich für Gl.(2.129):
∆∆
∆−=∆
2sin
41 2
2
xk
x
te mta
(2.131)
Aus Gl. (2.124) folgt:
( )ta
xikat
xiktta
ni
ni e
ee
eem
m∆
∆++
==ε
ε 1
(2.132)
Aus der Kombination der Gln. (2.131) und (2.132) mit Gl. (2.122) folgt:
12
sin4
1 22
1
≤
∆∆
∆−== ∆+ tk
x
te mta
ni
ni
εε
(2.133)
Die Stabilitätsbedingung (2.133) muß erfüllt sein, um eine stabile Lösung zu gewährleisten.
Als Verstärkungsfaktor G wird in Gl. (2.133) der folgende Term bezeichnet:
Gxk
x
t m ≡
∆∆
∆−2
sin4
1 22
(2.134)
Um die Ungleichung, Gl. (2.133), zu erfüllen, nämlich G ≤ 1. Es gibt zwei Wege, die simultan
gelten müssen, um Stabilität bei der Lösung der Modellgleichung Gl. (2.116) zu erhalten.
Zum einen muß gelten:
12
sin4
1 22
≤
∆∆
∆− xk
x
t m
(2.135)
Das bedeutet gleichzeitig, daß:
02
sin4 2
2≥
∆∆
∆ xk
x
t m
(2.136)
Die Funktion sin kann die Werte -1, 0 und +1 annehmen. Das Quadrat erlaubt nur eine
positive Deutung. Da ∆t/∆x2 immer positiv ist, besteht diese Bedingung.
Zum anderen gilt:
12
sin4
1 22
−≥
∆∆
∆+ xk
x
t m
(2.137)
was auch bedeutet, daß
112
sin4 2
2≤−
∆∆
∆ xk
x
t m
(2.138)
Auch hier wird wie in der vorhergehenden Diskussion, daß die Funktion sin2 nur positive
Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Für diese Bedingung bedeutet das, daß ein
bestimmtes Verhältnis der Schrittweiten ∆t/∆x eingehalten werden muß.
2
12
≤∆∆x
t
(2.139)
Diese Stabilitätsbedingung aus Gl. (2.139) gilt für die Modellgleichung
2
2
x
u
t
u
∂∂
∂∂ =
(2.140)
für die man ein in der Zeit voll explizites, fortschreitendes Lösungsverfahren gemäß
Gl. (2.116) gewählt hat. Die Schrittweitenbeschränkung ist beträchtlich, für welches das
Verfahren kein Anfachen des Rundungsfehlers mit zunehmenden Zeitschritten erfährt. So gilt:
2
2xt
∆≤∆
(2.141)
Wenn die dimensionslose x–Schrittweite mit ∆x = 0.01 vorgewählt wird, ergibt sich für
5105 −⋅≤t∆
(2.142)
Hierbei ist ∆x = 0.01 bereits eine recht große Schrittweite. Die Einschränkungen für diese
expliziten Differenzenverfahren, wie durch Gl. (2.116) definiert, sind recht rigoros und
machen ein solches Lösungsverfahren wegen der sich ergebenden sehr kleinen Schrittweite in
der Zeit unwirtschaftlich.
Die oben angewandte Analyse zur Bestimmung der Kriterien für die Stabilität einer
Differenzengleichung, Gl. (2.115), wird Von Neumann–Stabilitätsanalyse genannt. Das zu
suchende Stabilitätskriterium wird sich nach der Form der Differenzengleichung richten. Im
folgenden wird eine Differentialgleichung hyperbolischen Typs untersucht. Eine dazu
passende Modellgleichung ist die Differentialgleichung erster Ordnung für die
Wellenausbreitung.
0=+x
uc
t
u
∂∂
∂∂
(2.143)
Die räumliche Ableitung wird durch eine zentrale Differenzenapproximation ersetzt.
x
uu
x
u ni
ni
∆−= −+
211
∂∂
(2.144)
Die zeitliche Ableitung wird durch eine Differenzenapproximation erster Ordnung ersetzt,
wobei die Geschwindigkeit u(t) durch eine Mittelwertbildung zwischen den Punkten (i+1)
und (i-1) in der Zeitebene n ersetzt wird.
( ) ( )ni
ni uutu 112
1−+ +=
(2.145)
Dann folgt für die Zeitableitung erster Ordnung in Gl. (2.143):
( )t
uuu
t
uni
ni
ni
∆
+−=
−++
111
2
1
∂∂
(2.146)
Gl. (2.145) und (2.146) in Gl. (2.143) eingesetzt ergeben:
−∆∆−−= −+−++
2211111
ni
ni
ni
nin
i
uu
x
tc
uuu
(2.147)
Nimmt man nun einen Rundungsfehler der Form
( ) xikatm
meetx =,ε
(2.148)
an und setzt diesen – wie vorher schon praktiziert – in Gl. (2.147) ein, so erhält man im Falle
der Gleichung für die Wellenausbreitung diesen Verstärkungsfaktor:
( ) ( )xkCixke mmat ∆−∆= sincos
(2.149)
Hierin ist
x
tcC
∆∆=
(2.150)
Mit der Forderung nach Stabilität, nämlich daß gilt:
1≤ate
(2.151)
folgt für die sogenannte Courant–Zahl C:
1≤∆∆=
x
tcC
(2.152)
Hiermit ergibt sich bei vorgegebener räumlichen Schrittweite ∆x ein maximaler zeitlicher
Schritt ∆t der Größe:
c
xt
∆≤∆
(2.153)
Es besteht also eine lineare Abhängigkeit zwischen den beiden Schrittweiten. Das Verhalten
der Stabilität für hyperbolische Differentialgleichungen ist folglich günstiger, als im
vorhergehenden Fall für die parabolischen. Allerdings muß daran erinnert werden, daß die
Differenzengleichung, Gl. (2.116), in der voll expliziten, also ungünstigen Form diskretisiert
wurde.
Die Gl. (2.152) wird in der Literatur auch als die Courant–Friedrichs–Levy–Bedingung –
CFL–Bedingung – für hyperbolische Differentialgleichungen genannt.
Bild 2.17 beschreibt die geometrische Deutung der CFL–Bedingung für die Stabilität. Wäre
entgegen der CFL–Bedingung die Courantzahl c > 1, so lägen aufgrund der Vorgabe der
rechts- und linkslaufenden Charakteristiken für eine Wellenausbreitungsgleichung zweiter
Ordnung
2
2
2
2
x
uc
t
u
∂∂
∂∂ =
(2.154)
das schraffierte analytische Gebiet außerhalb des numerischen Gebietes. Dieses wird durch
die Gitterpunkte auf der x–Achse (i-1) und (i+1) festgelegt. Für den Fall ist gerade noch
gewährleistet, daß das numerische Gebiet auch das analytische einschließt. Sehr viel kleiner
als c = 1 sollte die Courantzahl nicht sein, da sonst größere Ungenauigkeiten auftreten. Das
ist dann auf das Mißverhältnis in den Größen zwischen dem Einfluß- und
Abhängigkeitsgebiet zurückzuführen.
Bild 2.17 Geometrische Deutung der CFL–Bedingung
3 Finite Differenzenverfahren (FDM)
Dieses Kapitel beschreibt häufig verwendete Lösungsmethoden für die finiten
Differenzenverfahren. Innerhalb der Diskretisierungsmethoden sind die finiten
Differenzenmethoden die ältesten. Hier wurde bisher die längste Entwicklungszeit
eingebracht. Mehr und mehr werden sie durch die finiten Volumen- und finiten
Elementmethoden abgelöst. Allerdings werden vielfach die Grundlagen der finiten
Differenzenverfahren in der Entwicklung der moderneren Verfahren benötigt. Somit ist eine
Darstellung der finiten Differenzenmethoden unerläßlich. Anhand von einer Düsenströmung
werden die einfachsten expliziten Methoden vorgestellt. Bei den impliziten Methoden werden
wohlbekannte numerische Lösungsverfahren auf eine einfache Modellgleichung zur
Strömungsmechanik angewendet und vorgestellt.
3.1 Explizite Differenzenverfahren
3.1.1 Lax–Wendroff–Methode (Direkte Methode)
Der Beginn des Einsatzes von zeitabhängigen Methoden ist etwa in das Jahr 1960 zu legen.
Diese Methode nutzt die normalerweise für instationäre Strömungen notwendigen
Zeitableitungen als künstliche Zeitterme. Damit kann die Lösung einer stationäre Strömung,
bei denen normalerweise kein Zeitterm in den Differentialgleichungen auftaucht, solange
künstlich in Zeitebenen vorwärtsmarschieren bis sich der stationäre Zustand einstellt. Eine
Anfangslösung für das künstliche System wird vorausgeschätzt, um dann in iterativen
Schritten korrigiert zu werden.
Solch ein Lösungsansatz kann durch eine Taylor–Reihe mit Entwicklung in der Zeit
erreicht werden:
( ) ( ) ( )....
2
2
2
2
+∆
+∆
+=∆+ t
t
gt
t
gtgttg
ii
ii ∂∂
∂∂
(3.1)
oder in anderer Notation:
( )....
2
2
2
2
+∆
+∆
+=∆+ t
t
gt
t
ggg
t
i
t
i
ti
tti ∂
∂∂∂
(3.2)
Diese Reihe ergibt eine Lösung git+∆t , wenn die erste und die zweite Ableitung in Gl. (3.2)
bekannt sind, damit ist der nächste Zeitschritt mit einiger Genauigkeit berechenbar.
Am Beispiel einer eindimensionalen Düsenströmung wird die sogenannte direkte Methode
der expliziten Differenzenverfahren beschrieben. In Bild 3.1 ist eine Düsenkontur, Gl. (3.3),
mit variablem Düsendurchmesser A(x) dargestellt.
Bild 3.1 Verlauf einer symmetrischen Düsenkontur A(x)
( ) ( )25,12,21 −+== ∗ xA
AxA (3.3)
Durch Gl. (3.3) wird die dimensionslose Düsenkontur A(x) beschrieben. Die mit Balken
versehenen Größen sind dimensionsbehaftet, wobei ∗A der engste Querschnitt ist. Die
dimensionslose Länge der Düse wird mit x dargestellt.
Das Gleichungssystem, das eine instationäre, eindimensionale und kompressible
Düsenströmung beschreibt, ist:
Kontinuitätsgleichung
( )x
uA
At ∂ρ∂
∂∂ρ 1−= (3.4)
Impulsgleichung
+−=
x
uu
x
p
t
u
∂∂ρ
∂∂
ρ∂∂ 1
(3.5)
Energiegleichung
( )
++−=
x
eu
x
Apu
x
up
t
e
∂∂ρ
∂∂
∂∂
ρ∂∂ ln1
(3.6)
In Gl. (3.1) steht g stellvertretend für die entsprechenden Größen der Gln. (3.4) bis (3.6),
nämlich für die Dichte ρ, die Geschwindigkeitskomponente u und die innere Energie e. Die
nun folgenden Betrachtungen werden nur an der Kontinuitätsgleichung, Gl. (3.4)
vorgenommen. Das Vorgehen bei den anderen Gleichungen ist identisch.
Zunächst wird die Kontinuitätsgleichung ausdifferenziert.
x
u
xu
x
Au
At ∂∂ρ
∂∂ρ
∂∂ρ
∂∂ρ −−−= 1
(3.7)
Die Differentialquotienten der rechten Seite werden durch zentrale Differenzenquotienten
ersetzt. Der Exponent t steht für den künstlichen Zeitschritt.
∆−−
∆−−
∆−−=
−+−+−+
x
uu
xu
x
AAu
At
ti
tit
i
ti
tit
iiit
iti
t
i222
1 111111 ρρρρ∂∂ρ
(3.8)
Damit existiert eine Beschreibung der ersten Ableitung für Gl. (3.1). Zudem gilt Gl. (3.8) für
die Anfangszeit t = 0.
Nochmalige Differentiation der Gl. (3.7) ergibt einen Ausdruck für die zweite Ableitung
von ρ nach der Zeit in Gl. (3.1).
−−
−−
+−=
tx
u
tx
u
t
u
xtxu
tu
t
u
x
A
At
∂∂ρ
∂∂
∂∂∂ρ
∂∂
∂∂ρ
∂∂ρ∂
∂∂ρ
∂∂ρ
∂∂
∂ρ∂
22
2
2 1
(3.9)
Ableitungen der Kontinuitätsgleichung Gl. (3.7) und der Impulsgleichung Gl. (3.5) nach x
beschreiben die fehlenden gemischten zweiten Ableitungen in Gl. (3.9).
−−
−−
+
+−=
xx
u
x
u
x
u
xxu
xu
x
u
x
A
x
Au
Atx
∂∂ρ
∂∂
∂∂ρ
∂∂
∂∂ρ
∂ρ∂
∂∂ρ
∂∂ρ
∂∂
∂∂ρ
∂∂ρ∂
2
2
2
2
2
22 1
(3.10)
Mit den Differenzenapproximationen
x
uu
x
u ti
ti
∆−= −+
211
∂∂
(3.11)
und
( )211
2
2 2
x
uuu
x
u ti
ti
ti
∆+−= −+
∂∂
(3.12)
ist das System zur numerischen Schließung der Kontinuitätsgleichung im Tayloransatz von
Gl. (3.1) möglich. Der nächste Zeitwert für ρ t+∆t kann ermittelt werden.
( ) ( )32
2
2
02
tt
tt
ti
t
i
ti
tti ∆+∆
+∆
+=∆+
∂ρ∂
∂∂ρρρ (3.13)
Gleiches muß für die Impulsgleichung Gl. (3.5) und die Energiegleichung Gl. (3.6)
durchgeführt werden.
3.1.2 MacCormack–Methode (Prediktor–Korrektor–Verfahren)
Diese Methode wurde 1969 von MacCormack erstmals veröffentlicht. Weitere 15 Jahre galt
dieses Verfahren als die beliebteste explizite Methode. Ebenso hier beruht diese Methode auf
der Taylor–Reihe:
tt
average
ti
tti ∆
+=∆+
∂∂ρρρ (3.14)
Diese Reihe ist nach dem zweiten Glied, das von der Größenordnung 0(∆t2) ist, abgebrochen
und folglich ist sie von der Genauigkeit erster Ordnung. Die Zeitableitung wird jedoch als
Mittelwert–Ableitung zwischen t und t+∆t gebildet, wodurch sie von zweiter Ordnung genau
wird.
Um zu einem Mittelwert zu gelangen, wird von MacCormack eine Wertvorhersage mit
einer anschließenden Korrektur versehen. Diese Methode wird Prediktor–Korrektor–
Verfahren genannt. Die Ausführung der Berechnung wird in zwei Schritten vorgenommen:
Prediktorschritt
Der Vorhersageschritt wird auf die Kontinuitätsgleichung der eindimensionalen
Überschalldüsenströmung angewendet.
x
u
xu
x
Au
At ∂∂ρ
∂ρ∂
∂∂ρ
∂ρ∂ −−−= 1
(3.15)
Aus Gl. (3.15) wird durch Vorwärtsdifferenzen für die räumlichen Schritte zur Zeit t die
folgende diskretisierte Kontinuitätsgleichung:
∆−−
∆−−
∆−−=
+++
x
uu
xu
x
AAu
At
ti
tit
ii
tit
iiit
iti
t
i
1111 ρρρρ∂
ρ∂ (3.16)
Somit kann ein vorhergesagter vorläufiger Wert für ρ-(t+∆t) aus der Gl. (3.14) mit
Unterstützung der Gl. (3.16) erhalten werden.
tt
t
i
ti
tti ∆
+=∆+
∂∂ρρρ )( (3.17)
Dasselbe Vorgehen wird auf Prediktorwerte für ui(t+∆t) und ei
(t+∆t) angewendet.
Korrektorschritt
Hier erhält man erste korrigierte Werte für die Zeitableitung ( ) tt
it∆+
∂∂ρ / durch Einsetzen der
im Prediktorschritt vorhergesagten Werte von ui(t+∆t) und ρi
(t+∆t) mit Hilfe von
Rückwärtsdifferenzen in Gl. (3.15).
∆−
−
∆−
−
∆−−=
∆+−
∆+∆+
∆+−
∆+∆+
−∆+∆+
∆+
x
uu
xu
x
AAu
At
tti
ttitt
i
tti
ttitt
i
iitti
tti
tt
11
11
ρρρ
ρ∂∂ρ
(3.18)
Nun wird der Mittelwert aus den Gln. (3.16) und (3.18) für die gemittelte Zeitableitung
gebildet.
+
=
∆+ tt
i
t
iaveragettt ∂
∂ρ∂∂ρ
∂∂ρ
2
1 (3.19)
Letztlich ist der korrigierte Wert für ρ t+∆t mit Gl. (3.14)
tt
average
ti
tti ∆
+=∆+
∂∂ρρρ (3.20)
Dieser Prediktor–Korrektor–Ansatz wird für alle räumlichen Gitterpunkte durchgeführt.
Simultan dazu wird er auch auf die Impuls- und Energiegleichung zur Berechnung von uit+∆t
und eit+∆t angewendet.
Nach einer großen Zahl von Zeitschritten, wird nun der stationäre Fall der
eindimensionalen Düsenströmung erreicht.
Da in den zwei Lösungsschritten einmal eine Rückwärts- und eine Vorwärtsdifferenz angewendet wird, erfährt das Verfahren eine Genauigkeit der zweiten Ordnung, wie das Lax–Wendroffverfahren aus dem vorherigen Abschnitt.
Weiterhin ist das MacCormack–Verfahren schneller zu erstellen, da keine zweiten
Zeitableitungen oder gemischten Zeit–Raum–Ableitungen benötigt werden.
Zu den Anfangsbedingungen kann gesagt werden, daß für p, ρ und T die Kessel- oder
Ruhebedingungen gewählt werden. Da die Geschwindigkeit u am Eintritt im sehr niedrigen
Unterschallbereich liegt, kann sie entweder durch lineare Interpolation mit Hilfe der nächsten
Gitterpunktwerte gewonnen werden, oder durch die am Eintritt mit Vorwärtsdifferenzen
gebildete Bewegungsgleichung.
Am Düsenaustritt können alle Strömungswerte durch lineare Extrapolation der inneren
Gitterpunktwerte erzeugt werden oder auch durch Aufstellen der Gleichungen am
Düsenaustritt mit Hilfe von Rückwärtsdifferenzen.
Die Ergebnisse der Lösung der Strömungsprobleme durch die Lax–Wendroff oder
MacCormack–Prediktor–Korrektor Methoden sind nahezu identisch.
3.1.3 Stabilitätsbetrachtungen
Die Gleichung für die Wellenausbreitung lautet:
0=+x
uc
t
u
∂∂
∂∂
(3.21)
Hierin bedeutet c die Geschwindigkeit der Wellenausbreitung, die mit der
Schallgeschwindigkeit gleichzusetzen ist. Diese Gleichung ist vom hyperbolischen Charakter.
Die im Abschnitt 2.3.2 durchgeführte Stabilitätsanalyse nach von Neumann ergab eine
Stabilitätsbedingung, die den Zeitabschnitt zum Wegschritt in ein besonderes Verhältnis setzt.
Die Gleichung lautet Courant–Friedrichs-Lewy–Bedingung oder auch in abgekürzter Form
CFL–Bedingung.
1≤∆∆=
x
tcC (3.22)
Die Zahl C heißt Courant–Zahl.
Wenn sich innerhalb eines mit der Geschwindigkeit u strömenden Mediums eine Welle mit
der Geschwindigkeit c ausbreitet, lautet Gl. (3.22)
1≤
+∆=∆ C
cu
xCt (3.23)
C ist wiederum die Courant–Zahl und c ist die Schallgeschwindigkeit
=
ρ∂∂ p
c (3.24)
Die physikalische Aussage der CFL–Bedingung (3.23) ist:
Der explizite Zeitschritt darf nicht größer sein als die Zeit, die die Strömung benötigt, um von
einem zum anderen Gitterpunkt zu gelangen. Die Courant–Zahl liegt dann bei
0,15,0 −=C
Dieses gilt für lineare Differentialgleichungen. Strömungsmechanische Gleichungen sind
jedoch nichtlinear und daher ist nach Erfahrung ein C in der Nähe von C = 1 zu wählen. An
jedem Ort x sind die Geschwindigkeiten u und c jedoch anders und somit auch der lokale
Zeitschritt ∆t. Man muß folglich nach dem minimalen Zeitschritt ∆tmin suchen, der dem
Strömungsfeld zu Grunde liegt, um keine Instabilitäten in das Berechnungsfeld zu ziehen. Es
gibt jedoch auch die Möglichkeit, jeweils den lokalen Zeitschritt zu benutzen, was eine nicht
physikalische Zeitebene erzeugt, die aber zu weniger Zeititerationen führen kann.
Im Falle mehrdimensionaler Strömungsfelder muß eine Erweiterung der Gl. (3.23)
vorgenommen werden.
( )yx ttMint ∆∆=∆ , (3.25)
wobei
cu
xCtx +
∆=∆ (3.26)
und
cu
yCt y +
∆=∆ (3.27)
Hier kann ebenfalls die Methode der lokalen Zeitschritte gewählt werden.
3.2 Implizite Differenzenverfahren
3.2.1 Einführung
Differentialgleichungssysteme, für die ein Raumschrittverfahren zur Lösung benutzt werden
soll und kein künstliches Zeitglied zum Erlangen einer stationären Lösung eingeführt wird,
können mit impliziten Lösungsverfahren berechnet werden. Dieses wurde bereits mit Hilfe
des verallgemeinerten Crank–Nicholsonverfahrens, dessen Diskretisierungszentrum an einer
Stelle λ ≠ 1/2 lag, durchgeführt.
Für die Modellgleichung
02
2
=+y
ax ∂
θ∂∂∂θ
(3.28)
gilt die Diskretisierung nach Crank–Nicholson:
)2()1(
)2(
1,,1,
1,1,11,12
,,1
−+
−+++++
+−−+
+−∆
−=∆
−
jijiji
jijijijiji
y
a
x
θθθλ
θθθλθθ
(3.29)
Der dimensionslose Koeffizient λ, dessen Wert sich zwischen 0 und 1 bewegt, kennzeichnet
gemäß Bild 3.2 die Lage des Diskretisierungszentrums. Bei der Lageänderung kann λ die
folgenden verschiedenen Werte annehmen, die gleichbedeutend mit den gewählten
Eigenschaften der Differenzenverfahren und deren Stabilitätseigenschaften sind.
Bild 3.2 Diskretisierungsmolekül für das generalisierte Crank–Nicholson–Verfahren
Die verschiedenen Werte von λ ergeben die folgenden Eigenschaften:
• λ = 0 explizit,
Stabilitätsbedingung
• λ = 1/2 Crank–Nicholson, bedingungslos
stabil
• λ = 1 voll implizit, bedingungslos
stabil
• ½ ≤ λ ≤ 1 bedingungslos stabil und
konvergent
• 0 ≤ λ < ½ Stabilitätsbedingung
)21(2
12
λ−≤∆∆=y
xaC
Gl. (3.29) führt zu einem System tridiagonaler, linearer und algebraischer Gleichungen, das
mit Hilfe der Randbedingungen durch eine Rekursionsformel, beispielsweise dem Thomas–
Algorithmus, aus Abschnitt 1.5.4 gelöst werden kann. Die Gauss–Eliminationsmethode
verfährt sehr ähnlich.
Die Benutzung einer Rekursionsformel stellt keine Näherungslösung dar, sondern ergibt
das exakte Ergebnis der Differenzengleichung für eine Stelle x.
Eine iterative Methode erzeugt eine Lösung von linearen algebraischen Gleichungen, wenn
für einen neuen Lösungsschritt dieselbe Gleichung allerdings mit einem alten
Näherungsdatensatz bestückt wird. Jeder iterative Prozeß konvergiert, wenn mit zunehmender
Iterationszahl, die exakte Lösung sukzessive erreicht wird. Die Differenz zwischen der
exakten und der Näherungslösung wird zu Null.
3.2.2 Iterationsmethode nach Jacobi
Zur Beschreibung der Iterationsmethode nach Jacobi wird in der Gl. (3.29 für λ = 1/2
angesetzt. Damit ist das reine Crank–Nicholson–Verfahren gewählt.
∆+−
+
∆+−
−=∆
−
−+
−+++++
2
1,,1,
2
1,1,11,1,,1
2
2
2
1
y
ya
x
jijiji
jijijijiji
θθθ
θθθθθ
(3.30)
oder auch
)2()2(2
11,,1,1,1,11,12,,1 −+−+++++ +−++−
∆∆−= jijijijijijijiji y
xa θθθθθθθθ (3.31)
Die Einführung von Iterationen erfordert einen weiteren Index n, der gemäß der Definition in
die Exponentenposition geschrieben wird, und lediglich die Aufgabe hat, eine ältere von einer
neueren Iterationsebene zu unterscheiden. Im übrigen bleibt Gl. (3.31) erhalten und
unverändert.
)2(2(2
11,,1,1,1,11,12,
1,1
nji
nji
nji
nji
nji
nji
nji
nji y
xa −+−++++
++ +−++−
∆∆−= θθθθθθθθ (3.32)
Die Werte mit dem Index i sind bekannt und können deshalb in ϑ i zusammengefaßt werden.
Die Konvergenz ist nur mäßig gut, da recht kleine Schritte für ∆x gewählt werden müssen.
Jacobi führte durch Umschreiben von Gl. (3.32) eine Konvergenzverbesserung ein.
in
jin
jin
jin
ji y
xa ϑθθθ∆
∆θ ++−−= −++
++++
+ )2(2
11,1
1,11,12
1,1 (3.33)
Auflösung nach 1,1
++n
jiθ und Einführungen von Abkürzungen führt zu:
BA nji
nji
ni ++= −+++
++ )( 1,11,1
11 θθθ (3.34)
mit
∆∆−
∆∆−
=
2
2
2
112
2
1
y
xa
y
xa
A (3.35)
und
∆∆−
=
22
11
y
xaB iϑ
(3.36)
Die Iterationsformel (3.34) heißt Jacobische Iteration zu Gleichung (3.32). Sie konvergiert
schneller als Gl. (3.32) für alle Werte von C aus Gl. (3.30).
3.2.3 Iterationsmethode nach Gauss–Seidel
Wenn man die Iterationsschritte n während des Fortschreitens in j–Richtung jedesmal
aktualisiert, nämlich auf n+1 setzt, erhält man eine weitere Konvergenzbeschleunigung. Aus
Gl. (3.33) ergibt sich dann:
( ) in
jin
jin
jin
ji y
xa ϑθθθθ ++−∆
∆−= +−+
++++
++
11,1
1,11,12
1,1 2
2
1 (3.37)
oder geschrieben wie Gl. (3.34)
( ) BA nji
nji
nji ++= +
−++++
+1
1,11,11,1 θθθ (3.38)
Die Iterationsformel (3.38) nennt man Gauss–Seidel Iteration zu Gleichung (3.32). Sie
konvergiert etwa doppelt so schnell wie die Jacobi–Iteration und ist ebenso konvergent für
alle C aus Gl. (3.30).
3.2.4 Iterationsmethode der sukzessiven Überrelaxation (SOR)
Ausgehend von Gl. (3.38) der Gauss–Seidel–Iteration zur Gl.(3.32)
( ) BA nji
nji
nji ++= +
−++++
+1
1,11,11,1 θθθ (3.39)
kann durch Addition und gleichzeitiger Subtraktion von θni,j eine neue Form einer
Iterationsformel gefunden werden:
[ ]nji
nji
nji
nji
nji BA ,
11,11,1,
1,1 θθθθθ −+++= +
−++++
+ (3.40)
Die eckige Klammer stellt den Zuwachs nach einer Gauss–Seidel–Iteration dar, der auf nji ,θ
zugezählt werden muß, um 1,1
++n
jiθ zu ergeben.
Die Iterationsmethode der Sukzession Überrelaxation führt einen Relaxationsfaktor ω ein,
der diesen obengenannten Zuwachs künstlich vergrößert.
[ ]nji
nji
nji
nji
nji BA ,
11,11,1,
1,1 θθθωθθ −+++= +
−+−++
+ (3.41)
oder
[ ] ( ) nji
nji
nji
nji BA ,
11,11,1
1,1 1 θωθθωθ −−++= +
−++++
+ (3.42)
Der Relaxationsfaktor ω für eine Überrelaxation liegt etwa bei:
21 bis=ω (3.43)
Für besonders gute Konvergenz gilt:
( )211
2
µω
−+= (3.44)
mit
Ny
xa
y
xa
πµ cos1
2
2
∆∆−
∆∆−
= (3.45)
wobei N - 1 die innere Anzahl der Punkte in der y–Richtung darstellt. Young (1954) nennt
diese Methode sukzessive Überrelaxation – Successive Overrelaxation, SOR. Wenn ω > 1
liegt Überrelaxation vor und wenn 0 <ω < 1 liegt Unterrelaxation vor. Die Konvergenz nach
der SOR kann etwa doppelt so schnell, wie die der Gauss–Seidel–Iterationsmethode.
3.2.5 Iterationsmethode der alternierenden Richtung (ADI)
Die Methode der Alternierenden Richtungen ist auf dreidimensionale parabolische
Differentialgleichungen anzuwenden. Die Modellgleichung sei von dem Typ:
02
2
2
2
=
++
zya
x ∂θ∂
∂θ∂
∂θ∂
(3.46)
Ihr Gültigkeitsbereich liege innerhalb folgender Grenzen:
m
m
zz
yy
≤≤
≤≤
0
0
(3.47)
Die Funktion θ sei in einer Anfangsebene x = x0 und auf den Rändern Gl. (3.47) bekannt.
Für die Diskretisierung wird folgende Indizierung gewählt:
( ) ( )zkyjxizyx kji ∆∆∆== •,•,•,, ,, θθθ (3.48)
wobei die x–Richtung die parabolische vorwärtsschreitende Berechnungsrichtung
kennzeichnet und die y–z–Ebene, die verbleibende elliptische Querströmungsebene bestimmt.
Die diskretisierte Gl. (3.46) hat folgendes Aussehen:
( )
( )1,,,,1,,2
,1,,,,1,2
,,,,1
2
2
−+
−++
+−∆
−
+−∆
−=∆
−
kjikjikji
kjikjikjikjikji
z
a
y
a
x
θθθ
θθθθθ
(3.49)
Löst man Gl. (3.49) in der so dargestellten Form – also explizit – besteht eine
Schrittweiteneinschränkung nach der Form:
2
11122 ≤∆
∆+
∆x
zyk (3.50)
Diese Bedingung erzwingt eine extrem kleine Schrittweite in x–Richtung.
Nutzt man die voll implizite Methode nach Crank–Nicholson, also:
++
+−=
∆−
+
+
kjikji
kjikji
zyzy
a
x,,1
2
2
2
2
,,
2
2
2
2,,,,1
2 ∂θ∂
∂θ∂
∂θ∂
∂θ∂θθ
(3.51)
dann muß man simultan einen Satz von (m-1)(n-1) algebraischen Gleichungen lösen, wobei m
und n die jeweils maximale Stützstellenzahl in y– und z–Richtung darstellen. Einfache
Rekursionsformeln sind hier nicht mehr anwendbar. Iterationsverfahren führen zu recht
schnellen Lösungen.
Peaceman und Rachford haben 1955 die Methode der Alternierenden Richtungen für
implizite Differenzengleichungen – Alternating Direction Implicit (ADI) – vorgeschlagen. In
jeweils aufeinander folgenden x–Schritten i+1 und i+2 werden abwechselnd die zweiten
Ableitungen in y– und dann in z–Richtung implizit diskretisiert, wobei die jeweils
verbleibende Richtung explizit formuliert wird. Die beiden alternierenden Schritte haben
folgendes Aussehen:
1. Schritt:
∆+−
+
∆+−
−=∆
−
−+
−+++++
2
1,,,,1,,
2
,1,1,,1,1,1,,,,1
2
2
z
ya
x
kjikjikji
kjikjikjikjikji
θθθ
θθθθθ
(3.52)
In der nächsten x–Ebene i+2 lautet die zweite Gleichung:
2. Schritt:
∆+−
+
∆++−
−=∆−
−++++
−+++++++
2
1,,2,,21,,2
2
,1,1,,1,,1,1,1,,1,,2
2
2
z
ya
x
kjikjikji
kjikjikjikjikjikji
θθθ
θθθθθθ
(3.53)
Es erweist sich, daß die ADI–Methode um vieles schneller ist als explizite und ebenfalls
schneller als vollimplizite Methoden.
Das gilt mit Einschränkungen für die Modelldifferenzengleichung Gl. (3.51). Für
gekoppelte Systeme von nichtlinearen, inhomogenen Differentialgleichungen ist der doppelte
Schritt von i auf i+1 und i+2 bei nur jeweils einer impliziten Formulierung einer zweiten
Ableitung nicht möglich, jedoch können zusätzliche Iterationen an jeder Stelle x zur Lösung
der Gleichungen führen. Die Gln. (3.52) und (3.53) gelten nur für die
Modelldifferentialgleichung Gl. (3.46).
4 Finite Elemente Methoden (FEM)
4.1 Einleitung Die Finite Elemente Methode (FEM) ist eine Technik zur Lösung von partiellen
Differentialgleichungen (PDE). Die erste besondere Eigenschaft ist, daß ein kontinuierliches
Feld in Zellen, oder auch Elemente genannt, unterteilt wird, die zusammen ein Gitterwerk
bilden. Diese Elemente haben eine drei- oder viereckige Geometrie. Die Elemente können
geradlinig oder krummlinig sein. Das Gesamtgitter kann unstrukturiert sein. Wegen dieser
Unstrukturiertheit können auf leichte Weise recht komplexe Geometrien abgebildet werden.
Das wird offenkundig zum entscheidenden Vorteil der FEM gegenüber den Finiten
Differenzenmethoden (FDM), die im allgemeinen ein strukturiertes Gitter benötigen. Daher
müssen bei der FDM die Berechnungsfelder durch Abbilden komplexer Gebiete in einer
Reihe rechtwinkliger zusammenhängender Untergebiete regularisiert werden. Zu erwähnen
ist, daß die Finite Volumen Methode (FVM) denselben geometrischen Eigenschaften
unterliegt wie die FEM, also ebenso frei in der Wahl der Lage unstrukturierter Elemente oder
Zellen ist.
Die zweite besondere Eigenschaft ist, daß die Lösung des diskreten Problems a priori eine
vorgeschriebene Form hat. Die Lösung muß zu einem Funktionalraum gehören, der durch
variierende Funktionswerte in einer gegebenen Form so aufgebaut sein muß, daß sich ein
linearer oder quadratische Zusammenhang der Funktionswerte zwischen benachbarten
Knotenpunkten ergibt. Die Knotenpunkte, oder auch Knoten, sind typische Punkte auf den
Elementen wie etwa Eckpunkte, Punkte zwischen zwei Eckpunkten oder Mittelpunkte von
Elementen usw. Entsprechend dieser Wahl ist die Lösung der Differentialgleichungen streng
an die geometrische Aufteilung der Berechnungsgebiete gekoppelt. Diese Kopplung ist bei
FVM nicht so stark.
Die dritte besondere Eigenschaft ist, daß die FEM nicht nach der Lösung der PDE sieht
sondern nach einer integralen Form der PDE. In ihrer allgemeinsten Form ist das eine
gewichtete Residuenformulierung. Durch diese Formulierung erfährt diese Methode die
Fähigkeit, auf natürliche Weise differentielle Randbedingungen einzuarbeiten. Diese
Eigenschaft beschreibt den zweiten Vorteil dieser Methode, denn keine andere verfügt über
diese Möglichkeit.
Die Kombination der Repräsentation der Lösung in einem gegebenen Funktionalraum mit der
integralen Formulierung und der rigorosen Randbedingungsbehandlung gibt der FEM eine
strenge und rigorose mathematische Grundlage. Dieses erlaubt beispielsweise eine präzise
Definition der Genauigkeit. Das Konzept der Genauigkeit ist dazu im Gegensatz bei FDM nur
schwach definiert, da es dort oft auf die analytische Regularität der Lösung ankommt.
Die vierte besondere Eigenschaft der FEM ist die modulare Art, in der die Diskretisierung von statten geht. Die diskreten Gleichungen sind aus Beiträgen auf Elementebene konstruiert, die anschließend zusammengesetzt werden. Historisch gesehen hat die FEM ihren Ursprung in der Strukturmechanik. Das ergibt einige
Namensgebungen aus dieser Terminologie. In der Strukturmechanik kann eine partielle
Differentialformulierung immer in eine Variationsformulierug überführt werden. Was einer
Minimierung gewisser Energieintegrale über ein Gebiet entspricht. Diese Formulierung
erstellt eine natürliche Integralformulierung für die FEM. In der Strömungsmechanik ist eine
Variationsformulierung im allgemeinen nicht möglich. Das macht es weniger anschaulich,
wie eine finite Elemente Methode in der Strömungsmechanik konstruiert werden kann.
Die Geschichte der numerischen Strömungsmechanik (CFD) zeigt, daß jeder entscheidende
Durchbruch zunächst in der FDM erzielt wurde und es immer etwa eines Jahrzehnts bedurfte,
um diesen auch in der FEM einzuführen. Es ist aber auch zu erkennen, daß, wenn einmal die
neue Idee auch in der FEM Fuß gefaßt hatte, die FEM danach fast ausschließlich angewendet
wurde. Das liegt einfach an der mathematischen Eleganz und Rigorosität dieser Verfahren.
Die Entwicklung der FEM ist bis heute für die Strömungsmechanik noch nicht abgeschlossen.
Es ist bestimmt anzunehmen, daß die Entwicklung der FEM für inkompressible und
kompressible Potentialprobleme und inkompressible Navier–Stokesprobleme niedriger bis
mittlerer Reynoldszahl nahezu abgeschlossen ist. Für komplexere Probleme wie kompressible
Euler– oder Navier–Stokes–Probleme ist diese bis heute noch nicht voll ausgereift. Das
erklärt sich von selbst, da diese Thematik auch für FDM noch nicht endgültig bewältigt ist.
In dem folgenden Text wird die FEM auf sehr einfache, rein mathematische Weise erklärt,
Bezug auf strömungsmechanische Probleme wird nur in verkürzter Form genommen. Zudem
wird aber auf mathematische Aspekte bei der Erklärung der FEM verzichtet, so daß
Kenntnisse in Funktionalanalysis und numerischer Mathematik kaum notwendig sind.
4.2 Starke und schwache Formulierung eines Randwertproblems
4.2.1 Starke Formulierung
Zur Betrachtung der starken Formulierungsweise wird das folgende eindimensionale
Randwertproblem bestehend aus einer Differentialgleichung gewählt:
Xxfdx
du
dx
d ≤≤=
0λ (4.1)
mit den beiden unterschiedlichen Randbedingungen:
0)0( uu = (4.2)
und
( ) qXdx
du =λ (4.3)
Um allgemein zu bleiben, wird im folgenden für die Differentialgleichung folgendes
geschrieben:
fua =)( im Gebiet Ω (4.4)
Das Gebiet, auf das sie Anwendung findet, wird mit Ω bezeichnet. Die Randbedingung der
Form von Gl. (4.2) wird Dirichlet–Randbedingung genannt. Im folgenden wird sie generell
vereinfacht geschrieben:
00 )( gub = auf dem Rand δ Ω0 (4.5)
Die Randbedingung des Typs von Gl. (4.3), die auf der Basis des Flusses der Variablen
aufgebaut ist, wird Von–Neumann–Randbedingung genannt. Im folgenden wird sie abgekürzt,
allgemeingültig formuliert:
11 )( gub = auf dem Rand δ Ω1 (4.6)
Der Rand des Gebietes Ω wird mit δ Ω beschrieben. Der Teil, zu dem die Dirichlet–
Bedingung gehört, ist mit δ Ω0 bezeichnet und der, der mit der Von–Neumann–Bedingung
verbunden ist, mit δ Ω1.
Das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), wird in dieser Formulierung als starke Form
bezeichnet, da sie die Forderung nach Erfüllung der Differentialgleichung, Gl. (4.1), in allen
Punkten des Gebietes Ω stellt, ebenso die Erfüllung der Dirichlet–Randbedingung, Gl. (4.2),
in allen Punkten des Randes δ Ω0, hier in diesem Beispiel ist es nur einer, und die Erfüllung
der Von–Neumann–Randbedingung, Gl. (4.3), in allen Punkten des Randes δ Ω1, gleichfalls
hier nur ein Punkt.
Bild 4.1 Finites Differenzengitter über das Intervall 0 ≤ x ≤ X
Einen Lösungsweg, die Forderungen dieses Randwertproblems zu erfüllen, bildet
bekannterweise die Finite Differenzen Methode (FDM). Diese besteht in der näherungsweisen
Lösung der Differentialgleichungen und der Randbedingungen in einer endlichen Zahl von
Punkten im Lösungsgebiet und auf den Rändern. Diese Punkte werden gewöhnlich so
gewählt, daß sie zu einem Gitter gehören, das eine gewisse Regularität aufweist. Für ein
eindimensionales Gebiet wird ein Netz oder Gitter mit konstanten oder auch äquidistant
genannten Gitterabständen gewählt, wie es in Bild 4.1 dargestellt ist. Der Gitterabstand
zwischen zwei Gitterpunkten wird mit ∆x bezeichnet. Wenn man den allgemeinen
Differenzenapproximationen folgt, so wird für die Ableitung du/dx eine zentrale
Formulierung innerhalb des Intervalls (xl,xl+1) angewendet.
x
uu
dx
du ll
l ∆−≈
+
+
1
2/1
(4.7)
Gleiches gilt für den Mittelpunkt des Intervalls (xl-1,xl)
x
uu
dx
du ll
l ∆−≈
−
−
1
2/1
(4.8)
Mit Hilfe der Gleichungen, Gln. (4.7) und (4.8), kann die Differentialgleichung, Gl. (4.1),
approximiert werden.
( ) ( )l
llllll fx
uuuu =∆
−−− −−++2
12/112/1 λλ (4.9)
Für konstantes λ vereinfacht sich das zu:
1211 2
fx
uuu lll =∆
+− −+λ (4.10)
Die Dirichlet–Randbedingung ist dann einfach
00 uu = (4.11)
Die Von–Neumann–Randbedingung kann durch die sogenannte Spiegelungsmethode ins
Lösungssystem eingeführt werden. Es wird ein Punkt, der normalerweise außerhalb des
Gebietes liegt, eingeführt und dann anschließend eliminiert, wenn die Spiegelung vollzogen
ist. Dieser Punkt liegt bei (L+1). Die Diskretisierung der Differentialgleichung, Gl. (4.1), am
Endpunkt des Gebietes für L=1 wird bei richtiger Indizierung aus Gl. (4.9) entnommen.
Die Diskretisierung der Von–Neumann–Randbedingung, Gl. (4.3), lautet:
( ) ( )q
x
uu
x
uu LLLLLL =∆
−+∆
− −−++ 12/112/1
21
21 λλ
(4.12)
Die Kombination dieser Gleichung mit der diskretisierten Differentialgleichung ergibt somit:
xfx
uuq L
LLL ∆=
∆−− −
− 211
2/1λ (4.13)
Die Diskretisierung, die hier erreicht wurde, ist eine mit der Genauigkeit zweiter Ordnung
O(∆x2). Dieses wird klar, wenn man die Taylor–Reihenentwicklung für konstantes λ auf Gl.
(4.10) innerhalb des Gebietes anwendet. Am Von–Neumann–Rand ergibt sich für die Taylor–
Reihe nach Abbruch nach dem dritten Glied:
LLLL dx
udx
dx
duxuu
∆+
∆−≈− 2
22
1 2
1 (4.14)
Mit der Von–Neumann–Randbedingung
qdx
du
L
=
λ (4.15)
und der Differentialgleichung im Knoten L
L
L
fdx
ud =
2
2
λ (4.16)
wird das zu
LLL fx
qx
uuλλ
2
1 2
1 ∆+∆−≅− (4.17)
Für konstantes λ ist diese Gleichung mit Gl. (4.13) identisch.
Das ursprüngliche kontinuierliche Randwertproblem wird nun durch ein diskretes Problem
ersetzt, das aus der Lösung eines Satzes algebraischer Gleichungen besteht
FUK = (4.18)
worin U ein Vektor ist, der aus den Elementen (u1, u2, ...., uL) besteht, und K eine Matrix, die
bei konstantem λ durch den folgenden Ausdruck gegeben ist:
−−−
−−−
=
11
121
.....
121
12
K (4.19)
Schließlich ist F die rechte Seite von Gl. (4.18) in der folgenden Weise bestimmt:
∆−∆
∆−
∆−
∆−
=
−
L
L
fx
qx
fx
fx
fx
u
F
λλ
λ
λ
λ
2
1
2
2
2
1
2
0
. (4.20)
Als Kommentar sei noch hinzugefügt, daß die typischste Eigenschaften der finiten
Differenzenmethoden (FDM) die Berechenbarkeit der Lösung nur auf den vorgewählten
Gitterpunkten ist, und nicht zwischen zwei benachbarten.
4.2.2 Gewichtete Residuenformulierung
Die erste wichtigste Eigenschaft der finiten Elementmethoden ist, daß eine Näherungslösung
gesucht wird, die in einen endlich dimensionierten Funktionalraum gehört. Dieser
Funktionalraum wird ein wenig später im Detail erklärt. Zunächst wird eine approximative
Lösung für das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), gesucht. Diese hat die Form:
∑=
+=N
kkk uu
1
ˆ φψ (4.21)
worin ψ eine Funktion ist, die die Randbedingungen Gln. (4.2) und (4.3) erfüllt und φk
Funktionen sind, welche die Randbedingungen derselben Form erfüllen, nur seien deren
rechte Seiten identisch Null. Für das gegebene Problem ist die Konstruktion von ψ
offensichtlich. Die Elemente des Funktionalraumes φk werden allgemein Basisfunktionen
(base funktions) oder Formfunktionen (shape funktions) genannt. Da die Anzahl der Elemente
des Funktionalraumes endlich ist,
Nkk ....,,2,1; ==Φ φ (4.22)
kann im allgemeinen ein Ausdruck der Art von Gl. (4.21) die Differentialgleichung Gl. (4.1)
in jedem Punkt des Raumes nicht erfüllen. Das bedeutet, daß die Näherungslösung u mit der
exakten Lösung u nicht übereinstimmt. Natürlich sollte die Anzahl der Elemente des
Funktionalraums möglichst groß sein, um eine gute Übereinstimmung der
Näherungsgleichung, Gl. (4.21), mit dem exakten Problem zu erreichen. Das bedeutet, daß die
Näherung auf die exakte Lösung konvergiert. Diese Bedingung wird
Vollständigkeitsbedingung genannt.
Da eine Funktion u , Gl. (4.21), die Differentialgleichung, Gl. (4.1), nicht erfüllen kann, bleibt
nach Einsetzen der Gl. (4.14) in Gl. (4.1) ein Residuum, ein Rest, übrig:
( ) fuar −= ˆΩ in Ω (4.23)
Eine Näherungslösung des Randwertproblems wird nun gefunden, wenn man dieses
Residuum möglichst klein macht. In der FEM wird das dadurch erreicht, daß eine passende
Anzahl von gewichteten Integralen des Residuums über Ω identisch Null sein muß.
Nldrwl .....,,2,10 ==ΩΩΩ∫ (4.24)
worin
NlwW l .....,,2,1; == (4.25)
ein Satz von Wichtungsfunktionen ist. Offensichtlich erfordert die Konvergenzforderung
ebenso eine Vollständigkeitsforderung für den Raum der Wichtungsfunktionen. Das bedeutet,
daß für N → ∞ auch rΩ → 0 gehen muß.
Natürlich ist mit der Forderung nach der Vollständigkeit für N → ∞ eine Formulierung mit
gewichteten Residuen, Gl. (4.24), für eine Funktion der Form Gl. (4.21) äquivalent mit der
starken Formulierung des Randwertproblems, Gln. (4.1) bis (4.3). Eine Näherungslösung wird
dann mit einer nur endlichen Zahl N der gewichteten Integrale erzielt.
4.2.3 Galerkin Formulierung
Unter den möglichen Sätzen von Wichtungsfunktionen sind die folgenden die Verbreitetsten.
Die Gewichtsfunktionen können Dirac–Delta–Funktionen in N Punkten sein. Diese Methode
wird Punkt–Kollokationsmethode genannt. Offensichtlich hat das auch eine Ähnlichkeit mit
der FDM–Herangehensweise. Eine weitere Wahl der Wichtungsfunktionen wird durch die
folgenden Bedingungen gegeben:
1=lw für xl ≤ x ≤ xl+1 (4.26)
0=lw für x < xl oder x > xl+1 (4.27)
Der gewichtete Residuenansatz, Gl. (4.24), fordert nun, daß das Integral über das Residuum in
N Untergebieten ebenso Null wird. Diese Methode wird Untergebiets–Kollokationsmethode
genannt. Ganz offensichtlich ist die Finite Volumen Methode (FVM), in der nicht die
differentielle Form der Gleichungen sondern eine integrale Form der Differentialgleichungen
diskretisiert wird, eine spezielle Klasse dieser Kollokationsmethode.
Die beliebteste Wahl für die Wichtungsfunktionen in der FEM ist die Wahl der Formfunktion
selbst.
llw φ= (4.28)
Diese Vorgehensweise wird Galerkinmethode genannt. Das beinhaltet, daß das Residuum als
senkrecht gegenüber dem Raum der Formfunktionen angenommen wird, das ist ein Ergebnis
der Skalarproduktbildung.
Um die Galerkinmethode zu illustrieren, wird das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), für
konstantes λ betrachtet. Für die Randbedingungsfunktion ψ wird eine lineare Verteilung
angenommen:
xq
uλ
ψ += 0 (4.29)
Gleichfalls wird als ein Beispiel der Gl. (4.21) für den Ansatz der Näherungslösung eine
Fourier–Sinus–Reihenentwicklung gewählt für u:
∑∑==
++=′
+=N
hkk
N
kk ux
qh
X
xkuu
10
1
sinˆ φλ
πψ (4.30)
worin 21−=′ kk ist. Dann wird aus dem Residuum, Gl. (4.22):
fX
xk
X
kur
N
kk −
′
′−= ∑
=
ππλΩ1
2
sin (4.31)
Die Galerkinmethode ergibt dann:
∫
∫∑
′−
=′′
′
=
X
o
X
o
N
kk
dxfX
xl
dxX
xl
X
xk
X
ku
π
πππλ
sin
sinsin2
1
(4.32)
Es ist bekannt, daß:
2sinsin
Xdx
X
xl
X
xkX
o
=′′
∫ππ
für k´ = l´ (4.33)
0sinsin =′′
∫ dxX
xl
X
xkX
o
ππ für k´ ≠ l´ (4.34)
und daraus ergibt sich dann für einen Punkt:
dxX
xlf
l
Xu
X
l ∫′
′−=
022 sin
2 πλπ
(4.35)
Die bisher beschriebene Methode, um ein Randwertproblem mit Hilfe einer Näherungslösung
zu bestimmen, ist keine FEM, sondern sie gehört zu den sogenannten Spektralmethoden. Die
FEM hat allerdings denselben Startpunkt. Bevor der nächste Abschnitt zu der FEM begonnen
wird, sollte noch erwähnt werden, daß noch eine weitere grundsätzliche Forderung zur Basis,
auf der die Methode der finiten Elemente beruhen, existiert. Das ist die sogenannte Methode
der kleinsten Fehlerquadrate oder least–squares–Formulierung, die auf der Basis der
Minimierung des folgenden Integrals beruht:
∫Ω
Ω Ωdr 2 (4.36)
4.2.4 Schwache Formulierung
Bei vielen Problemen ist es nicht möglich, eine Funktion dergestalt zu formulieren, daß sie
die Randbedingungen korrekt erfüllt und einen Ausdruck für einen Näherungslösung ähnlich
der Gl. (4.21) erzeugt. Allgemein kann aber eine Näherungslösung etwa so ausgedrückt
werden:
∑=
=N
kkk uu
1
ˆ φ (4.37)
Jetzt hat die Näherungslösung nicht nur ein Residuum in Bezug auf die Feldgleichung,
Gl. (4.4), sondern auch auf die Randbedingungen, Gln. (4.5) und (4.6):
000 )ˆ( gubr −= (4.38)
und
111 )ˆ( gubr −= (4.39)
Ein gewichtetes Residuum in nun von der Form:
010
11
00
∫∫∫ΩΩΩ
Ω =Ω+Ω+Ω∂∂
drwdrwdrw lll (4.40)
Das verkompliziert die Formulierung, da weitere Wichtungsfunktionen auf den Rändern
bestimmt werden müssen. Da die Anzahl der Freiheitsgrade der Näherungslösung, Gl. (4.37),
N ist, kann eine gleiche Zahl von unabhängigen Wichtungsfunktionen wi ausgesucht werden,
während wl0 und wl
1 von wl abhängig sind. In der Praxis gibt es sehr oft einen natürlichen
Weg, diese Wichtungsfunktionen zu bestimmen. Für das vorliegende Problem, Gln. (4.1) bis
(4.3), wird aus Gl. (4.40):
[ ] 0)(ˆ
)0(ˆˆ 1
00
0
=
−+−+
−
∫ qX
dx
udwuuwdxf
dx
ud
dx
dw ll
X
l λλ (4.41)
Natürlich reduzieren sich die Gewichtsfunktionen dieses Problems auf den Rändern zu
Gewichtsfaktoren wl0 und wl
1.
Bei der partiellen Integration angewendet auf den ersten Term ergibt sich aus Gl. (4.41):
[ ] 0)(ˆ
)0(ˆ
ˆˆ
10
0
000
=
−+−+
−− ∫∫
qXdx
udwuuw
dxfwdxdx
ud
dx
dw
dx
udw
ll
X
l
Xl
X
l
λ
λλ
(4.42)
Diese gewichtete Residuenformulierung wird erheblich durch eine geschickte Wahl des
Wichtungsfaktors für die Von–Neumann–Randbedingung vereinfacht.
)(1 Xww ll = (4.43)
Die gewichtete Residuenformel, Gl. (4.42) vereinfacht sich zu:
[ ] 0)()0(ˆ
)0(ˆ
)0(ˆ
00
00
=+−+
−−− ∫∫
qXwuuw
dxfwdx
udwdx
dx
ud
dx
dw
ll
X
ll
Xl λλ
(4.44)
Falls weiterhin die Dirichlet–Randbedingung in die Näherungslösung eingebunden werden
könnten, dann können die Wichtungsfunktionen und -faktoren am Dirichlet–Rand zu Null
gefordert werden. Daraus ergibt sich eine weitere Vereinfachung.
0)(ˆ
00
=+−− ∫∫ qXwdxfwdxdx
ud
dx
dwl
X
l
Xlλ (4.45)
Dabei gilt am Dirichlet–Rand für die Näherungslösung:
0)0(ˆ uu = (4.46)
und für den Wichtungsfaktor:
0)0( =lw (4.47)
Die Gleichung für das gewichtete Residuum, Gl. (4.45), wird schwache Formulierung
genannt. Es ist klar, daß die schwache Formulierung der Gln. (4.45) bis (4.47) keineswegs
identisch ist mit der starken Formulierung der Gln. (4.1) bis (4.3), auch wenn N → ∞ erreicht
wird. Bei der Konstruktion der schwachen Formulierung erfüllt jede Lösung der starken
Lösung die der schwachen. Das Umgekehrte gilt dagegen nicht. Die schwache Formulierung
erlaubt Lösungen, die eine geringere Regularität haben als sie für die starken gefordert wird.
Das nun ist der Ursprung für die Bezeichnung stark und schwach. So muß für das
Gleichungssystem, Gln. (4.1) bis (4.3), die erste Ableitung zusammenhängend kontinuierlich
sein. Man beschreibt das so, indem man von einem Grad der Regularität C1 spricht. Die
entsprechende schwache Formulierung des Problems, Gln. (4.45) bis (4.47), fordert nur die
Stetigkeit von der Funktion selbst. Der dazu notwendige Grad der Regularität ist C0.
Für die Strömungsmechanik ist dieses aber genau das Erwünschte. Die Gleichungen der
Strömungsmechanik entstehen aus integralen Annahmen, das bedeutet, sie entstehen aus den
sogenannten Erhaltungssätzen, die ein um ein Grad niedrigere Regularität besitzen als die
partiellen Differentialgleichungen, die man aus diesen integralen Betrachtungen gewinnen
kann.
Abschließend kann noch bemerkt werden, daß die schwache Formulierung, Gl. (4.45), im
Falle ausreichender Regularität durch partielle Rückwärtsintegration zu einer Vereinfachung
der Gl. (4.41) führt.
0)(ˆ
)(ˆ
0
=
−+
−
∫ qX
dx
udXwdxf
dx
ud
dx
dw l
X
l λλ (4.48)
Für eine unendliche Zahl von Freiheitsgraden für N → ∞ bestätigt das eine exakte Erfüllung
der Differentialgleichung und der Von–Neumann–Randbedingung.
In der schwachen Formulierung müssen die Von–Neumann–Randbedingungen nicht in einer
expliziten Form der Lösung aufgeprägt werden. Randbedingungen diesen Typs werden auf
natürliche Weise über die partielle Integration in die Formulierung aufgenommen. Aus
diesem Grund werden diese Randbedingungen natürliche Randbedingungen genannt. Die
Randbedingungen, die dennoch explizit in die schwache Formulierung aufgenommen werden
müssen, werden notwendige Randbedingungen genannt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die schwache Formulierung in die folgende Form
gebracht werden kann:
∫ ∫ ∫Ω Ω Ω
Ω−Ω=Ω1
1)ˆ()(∂
dgwdfwdudwc lll (4.49)
mit den Dirichlet–Randbedingungen
0gu = (4.50)
0=lw auf ∂ Ω0 (4.51)
worin die Operatoren c(..) und d(..) durch die partielle Integration von:
∫Ω
Ωduawl )ˆ( (4.52)
entstehen.
4.2.5 Variationsformulierung
Im Falle von elliptischen selbstadjungiert Randwertproblemen ist die schwache Formulierung
äquivalent der Minimierung des Funktionals verbunden mit dem Randwertproblem.
Historisch gesehen hat die Minimierungsformulierung oder auch Variationsformulierung
genannt eine dominante Rolle in der Entwicklung der Finiten Element Methoden gespielt.
Variationsmethoden haben weiterhin eine wichtige Funktion in der Strukturmechanik wie
auch in der mathematischen Theorie der FEM, insbesondere im Hinblick auf die Lösbarkeit
und ihre Eindeutigkeit. Hier sollen diese Methoden nicht diskutiert werden.
4.2.6 Schlußbemerkungen
Die erste wichtige Eigenschaft bei der Entwicklung der FEM ist die Möglichkeit der
schwachen Formulierung eines Randwertproblems. Obwohl andere Möglichkeiten der
Formulierung wie die gewichtete Residuenformulierung oder die Formulierung der least–
squares bestehen, ist die Standard–FEM auf der schwachen Formulierung aufgebaut. Im
folgenden Text wird nur Bezug auf diese Formulierung genommen. Falls möglich wird der
Galerkin–Ansatz gewählt, bei dem die Formfunktionen den Gewichtsfunktionen gleichgesetzt
werden. Man wird allerdings sehen, daß Modifikationen der Standardmethode manchmal
notwendig sind. Die Standardwahl ist mit dem Namen Bubnov–Galerkin–Methode verbunden.
Wenn modifizierte Gewichtsfunktionen angewendet werden müssen, dann heißt die Methode
Petrov–Galerkin–Methode.
4.3 Stückweise definierte Formfunktionen
4.3.1 Finite Element Interpolation
Eine zweite wichtige Eigenschaft der FEM ist die stückweise Methode, in der die Form- und
Gewichtsfunktionen aufgebaut werden können. Das Gebiet Ω ist in nichtüberlappende
Untergebiete Ωe den Elementen einfacher geometrischer Form untergliedert. Beispielsweise
ist in Bild 4.2 die Wahl eines solchen Elementes offensichtlich ein Intervall xl-1 ≤ x ≤ xl
Bild 4.2 Konstruktion eines Finite Elemente Gitters im Intervall 0 ≤ x ≤ X
Das Integral in der schwachen Formulierung, Gl. (4.45), kann in eine Summe von Integralen
über Elemente aufgeteilt werden:
( ) ( )∫ ∑ ∫Ω Ω
Ω=Ωe
e
dd (4.54)
In einer solchen stückweisen Zusammensetzung eines Gebietes ist es von der numerischen
Betrachtungsweise her sinnvoll, so viel wie möglich Nullbeiträge von solchen Integralen zu
erzielen. Dieses kann erreicht werden, wenn die Formfunktionen und die Gewichtsfunktionen,
die zu einem Index gehören, nur in einer möglichst geringen Zahl zu diesem Index
verschieden von Null sind. Form- und Gewichtsfunktionen, die nur in einem kleinen Satz von
Elementen verschieden von Null sind, von denen wird gesagt, daß sie einen kompakten
Träger haben. In der FEM werden Form- und Gewichtsfunktionen mit kompaktem Träger
über ein Interpolationsproblem über das Gebiet konstruiert. Eine Näherungsfunktion u , die
durch lineare Interpolation zwischen Funktionswerten uk, die in Gitterpunkten des Gitters aus
Bild 4.2 erzeugt werden kann, ist folgendermaßen definierbar:
k
L
kk uu ∑
=
=0
ˆ φ (4.55)
Die Formfunktionen φk in diesem Ausdruck haben die Hutform, die in Bild 4.3 dargestellt ist.
Bild 4.3 Stückweise lineare Formfunktion für ein eindimensionales Gebiet
Für eine Darstellung einer Funktion, die auf der Basis einer Interpolation erzeugt wurde,
haben die Werte uk in der Formel, Gl. (4.55), die Bedeutung von Funktionswerten in
Gitterpunkten. Andere Interpolationsschemata sind auch möglich. In Bild 4.4 ist die
stückweise konstante Formfunktion als Interpolationsschema dargestellt.
Bild 4.4 Stückweise konstante Formfunktion für ein eindimensionales Gebiet
Die Werte uk müssen hier als Funktionswerte in den Mittelpunkten der Elemente angesehen
werden. Ähnlich ist die stückweise quadratische Interpolation in Bild 4.5.
Bild 4.5 Stückweise quadratische Interpolation für ein eindimensionales Gebiet
In allen aufgezeigten Fällen repräsentieren die Werte uk Funktionswerte in besonderen
Punkten, die mit den Elementen verbunden sind. In der Technik der finiten Elemente heißen
diese Punkte Knoten. Es ist sicher auch möglich, Interpolationsformeln zu konstruieren, in
denen die Werte uk nicht notwendigerweise auch Funktionswerte oder Werte von Ableitungen
in Knoten darstellen müssen. Diese werden dann knotenfreie Variable genannt. In diesem
Text werden nur Knotenvariablen behandelt.
Als einfaches Beispiel soll das Randwertproblem, Gln. (4.1) bis (4.3), mit stückweise linearer
Formfunktion und der schwachen Formulierung nach Standard–Galerkin betrachtet werden.
Die Näherungslösung wird dann durch die folgende Gleichung darstellbar:
∑ ∑∑==
==e j
jejk
L
kk uuu
2
10
ˆ φφ (4.56)
In Gl. (4.56) ist die Summe über die Knoten als Doppelsumme ausgedrückt worden, die erste
zählt über die Elemente und die zweite über die Knoten, die zu den Elementen gehören. Die
Formfunktionen φk die mit den Knoten verbunden sind, heißen globale Formfunktionen. Auf
der Ebene der Elemente heißen die Formfunktionen φje lokale Formfunktionen oder
Elementformfunktionen.
Bild 4.6 Stückweise lineare Elementformfunktionen.
Bild 4.6 zeigt eine Formfunktion auf der Elementbasis. Die Basisfunktionen können
folgendermaßen geschrieben werden:
e
ee
e
ee
x
xx
x
xx
∆−
=
∆−=
−12
1
φ
φ
(4.57)
Hieraus folgt nach Ableitung:
e
e
e
e
xdx
d
xdx
d
∆=
∆−=
1
1
2
1
φ
φ
(4.58)
Die schwache Formulierung nach Galerkin, Gl. (4.45), ist dafür:
0)(ˆ
00
=+−= ∫∫ qXwdxfwdxdx
ud
dx
dwl
X
l
Xlλ (4.59)
Für l = e ≠ L gilt für das Integral auf der linken Seite von Gl. (4.59) für konstantes λ:
∆−
∆+
∆+
∆−=
∆+
∆−
∆−+
∆+
∆−
∆=
++
+=
+++
−
Ω+
+++Ω−
Ω+
+++
Ω−
∫∫
∫∫
+
+
111
1
1111
1
1
12
11
112
112
1
1111
111111
1
1
ee
ee
ee
ee
ee
eee
ee
eee
e
e
e
ee
e
e
e
eee
ux
ux
ux
ux
dxux
uxx
dxux
uxx
dxudx
du
dx
d
dx
ddxu
dx
du
dx
d
dx
dI
ee
ee
λ
λ
φφφφφφλ
(4.60)
Für l = L wird aus dem Integral:
∆+
∆−= − L
LL
L
L ux
ux
I11
11 λ
(4.61)
Zu bemerken ist, daß wegen der notwendigen Randbedingung im Knoten 0, w0 = 0. Daher gilt
auch I10 = 0. Nach der Interpolation von f ebenso wie bei uk wird das Integral auf der rechten
Seite von Gl. (4.59) für l = e ≠ L:
[ ] [ ]
∆+∆+
∆+∆=
+++=
=
+++
−
Ω+
+++
Ω−
=
∫∫
∫ ∑
+
111
1
11
21
11
12112
0 02
6336
1
ee
ee
ee
ee
ee
eee
ee
eee
X L
kkke
e
fx
fx
fx
fx
dxffdxff
dxfwI
ee
φφφφφφ
φ
(4.62)
Für l = L ergibt das Integral
LL
LLL f
xf
xI
36 12
∆+∆= − (4.63)
Für l = 1,...,L-1 wird die schwache Formulierung im Falle konstanter Intervallänge
[ ]
++∆−=−+−∆ +−+− 1111 6
1
3
2
6
12 llllll fffxuuu
x
λ (4.64)
Die Gleichung, die zu dem letzten Knoten gehört, ist:
[ ] qffxuux LLLL +
+∆−=+−∆ −− 3
1
6
111
λ (4.65)
Diese Gleichungen sind verglichen mit denen der Finiten Differenzenverfahren (FDM) nicht
wesentlich anders, was typisch für die einfachsten FEM ist. Das vorgestellte einfache Beispiel
erlaubt drei Feststellungen allgemeiner Art zu treffen.
1. Obwohl bei der stückweisen linearen Repräsentation die Näherungslösung die starke
Form des Randwertproblems in keinem Punkt des Gebietes erfüllen kann, zeigt jedoch
die Lösung über die schwache Formulierung eine gültige Approximation des Problems.
Tatsächlich ist nämlich die zweite Ableitung der Näherungslösung innerhalb der
Elemente Null oder endlich auf Gitterpunkten. Somit gibt es keine Möglichkeit, die
Differentialgleichung durch eine solche Funktion zu erfüllen.
2. Im Vergleich der FEM Ausdrücke, Gln. (4.64) und (4.65), mit den entsprechenden der
FDM, Gln. (4.10) und (4.13), sieht man, daß die Genauigkeit nicht durch Hinzufügen
der Beiträge für nichtdifferenzierte Terme wie etwa f von nichtzentralen zu zentralen
Knoten verletzt wird. Dieser Prozeß wird lumping (zusammenfassen) genannt. Er wird
oft zur Vereinfachung von finiten Elementausdrücken verwendet. In diesem Beispiel
faßt man:
++ +− 11 6
1
3
2
6
1lll fff zu fl
zusammen und
+− LL ff3
1
6
11 zu ½ fL
Das Ergebnis dieser Zusammenfassung hätte automatisch erzielt werden können, wenn
f durch eine stückweise konstante Funktion in einem verflochtenen Gitter aus Bild 4.7
repräsentiert worden wäre.
Bild 4.7 Stückweise konstante Interpolation des nicht abgeleiteten Terms in einem verflochtenen finite Elementgitter, das zu Lumping führt.
Diese Bemerkung ist auch deshalb von Bedeutung, weil sie zeigt, daß Variablen, die
mit unterschiedlichen Ableitungen auftreten, auf verschiedene Weisen approximiert
werden können, also mit unterschiedlichen Interpolationsstrukturen oder sogar in
unterschiedlichen Gittern. Das bedeutet, daß die FEM keine starre Methode ist, sondern
recht viele Varianten erlaubt. Daher ist es mehr gerechtfertigt, von einer Finite
Elemente Technik zu sprechen.
3. Weiterhin kann bemerkt werden, daß die FEM als ein systematischer Weg zur
Erstellung von Differenzennäherungen bezeichnet werden kann. Für das einfache hier
behandelte Beispiel für konstante Schrittweite, für konstanten Feldparameter λ und
unter der Anwendung der Zusammenfassung (lumping) reproduziert die FEM mit
stückweise linearer Formfunktion eine finite Differenzenapproximation zweiter
Ordnung. Daraus folgt, daß die FEM für allgemeinere Anwendungen wie variable
Gitterabstände und nicht konstante Feldparameter unter Benutzung von stückweisen
Formfunktionen durchaus weiterhin Differenzenapproximationen zweiter Ordnung
erzeugt. Diese systematische Natur der FEM wird in den nächsten Abschnitten weiter
erörtert.
4.3.2 Finite Elemente mit C0–Kontinuität in zwei Dimensionen
4.3.2.1 Dreieckige Elemente Bild 4.8 zeigt ein Gebiet mit Unterteilung in nichtüberlappende Elemente mit geradliniger
Dreieckform. In jedem Element wird eine lokale Interpolation definiert. Nun werden
Interpolationen betrachtet, die eine Kontinuität der interpolierten Funktionen garantieren.
Bild 4.8 Dreieckbildung eines zweidimensionalen Gebietes
Bild 4.9 stellt ein dreieckiges Element dar, das Knoten an den Ecken besitzt. Eine Funktion
kann in dem Dreieck in einer linearen Weise interpoliert werden, die auf den Werten der
Funktion in den Knoten aufbaut.
Bild 4.9 Lineares Dreieck
In dem lokalen Koordinatensystem (ξ,η) wird eine solche interpolierte Funktion
folgendermaßen geschrieben:
∑=
=3
1
),(j
jej uu ηξφ (4.66)
worin φje die lokalen Interpolationsfunktionen sind. In diesem Fall müssen die φj
e die
folgenden Ansatz erfüllen:
ηξφ 21 bbaej ++= (4.67)
dabei ist φje eine lineare Funktion von ξ und η und zwar:
ijfür
ijfür
iiej
iiej
≠=
==
0),(
1),(
ηξφ
ηξφ (4.68)
Es ist leicht nachzuvollziehen, daß für die Elemente dargestellt in Bild 4.9 die folgenden
Interpolationsfunktionen gelten:
ηηξφ
ξηξφ
ηξηξφ
=
=
−−=
),(
),(
1),(
3
2
1
e
e
e
(4.69)
Diese sind in Bild 4.10 dargestellt.
Bild 4.10 Lineare Elementformfunktionen für ein Dreieck
Natürlich kann auch die lokale Interpolationsfunktion auch als eine Funktion der globalen
Koordinaten ausgedrückt werden, indem man eine Koordinatentransformation zwischen (ξ,η)
und (x,y) durchführt.
∑
∑
=
=
=
=
3
1
3
1
),(
),(
jj
ej
jj
ej
yy
xx
ηξφ
ηξφ
(4.70)
Es ist natürlich, daß in der Koordinatentransformation, Gl. (4.70), dieselbe lokale
Interpolationsfunktion auftaucht wie in der Interpolation der Funktionswerte, Gl. (4.66),
selbst.
Wenn diese beschriebene Interpolationsstruktur auf jedes Element angewendet wird, so ist
klar, daß eine C0–Kontinuität in dem gesamten Gebiet erreicht wird. Die Interpolation selbst
ist stückweise linear. Durch Summation über alle Elemente erhält man:
∑ ∑=e ej
jej uu
,
),( ηξφ (4.71)
Hierin bedeutet Σe die Summe über alle Elemente Ωe des Gebietes Ω und Σj,e die Summe über
alle Knoten des Elementes Ωe. Gl. (4.71) kann auch in ihrer inversen Form geschrieben
werden.
∑ ∑ ∑==k ke k
kkkej uuu
,
),( φηξφ (4.72)
Hierin bedeutet Σk die Summe über alle Knoten des Gebietes Ω und Σe,k die Summe über
Elemente in der Umgebung des Knotens k. In Gl. (4.72) sind die φk die globalen
Interpolationsfunktionen oder Formfunktionen. Bild 4.11 zeigt einige Beispiele. Die Ordnung
der Interpolation innerhalb eines jeden Dreiecks kann durch Erhöhung der Knotenzahl
vergrößert werden.
Bild 4.11 Lineare Formfunktion für dreieckige Elemente
Um quadratische Interpolationsfunktionen benutzen zu können, müssen natürlich sechs Knoten eingeführt werden; für kubische Funktionen braucht man zehn Knoten und so fort.
In Bild 4.12 sieht man ein quadratisches Element mit sechs Knoten, drei Knoten in den Ecken und drei Knoten auf den Seitenmitten.
Bild 4.12 Quadratisches Dreieck
Die hierzu notwendigen lokalen Interpolationsfunktionen müssen folgender Gleichung genügen:
22212
21121 ηηξξηξφ cccbbae
j +++++= (4.73)
mit
ijfür
ijfür
iiej
iiej
≠=
==
0),(
0),(
ηξφ
ηξφ (4.74)
Als Beispiel gilt:
)221()1(1 ηξηξφ −−−−=e (4.75)
Obwohl innerhalb der Elemente eine höhere Ordnung der Interpolation gewählt wird, bleibt
die Kontinuität C0 zwischen den Elementen wie in dem linearen Fall erhalten. Auch kann die
Koordinatentransformation, Gl. (4.70), mit Basisfunktionen erster Ordnung gegeben sein.
Eine andere Möglichkeit wird im Abschnitt über isoparametrische Elemente besprochen. Bild
4.13 beschreibt die sogenannten Pascal Dreiecke mit den dazugehörigen C0
Dreieckelementen.
Bild 4.13 Lagrangefamilie von dreieckigen Elementen
Diese Elemente sind aus der Lagrange Familie der dreieckigen Elemente. Die Beschränkung
dieser Elemente auf eine Dimension und die Erweiterung auf drei Dimensionen, nämlich
Tetraeder, ist offensichtlich. Der Vorteil, Elemente höherer Ordnung zu verwenden, liegt in
ihrer Fähigkeit, für eine gegebene Elementgröße eine genauere Repräsentation von beliebig
variierenden Funktionen zu erzielen. Eine genauere Repräsentation kann auch durch eine
kleinere Elementgröße von Elementen niedrigerer Ordnung erreicht werden. In der Praxis
müssen die Ordnung der Elemente und ihre Größe gemäß der zu erwartenden Computerarbeit
wechselseitig optimiert werden. Üblicherweise sind quadratische Elemente vorzuziehen.
4.3.2.2 Vierseitige Lagrange Elemente In Bild 4.14 ist ein geradliniges vierseitiges Element mit vier Knoten gezeigt. Es ist in einem
lokalen ( , )ξ η –Koordinatensystem abgebildet.
Bild 4.14 Bilineare viereckige Elemente
Lokale bilineare Interpolationsfunktionen können folgendermaßen dafür gebildet werden:
ξηηξφ 1221 cbbaej +++= (4.75)
)1()1(1 ηξφ −−=e (4.76)
)1(2 ηξφ −=e (4.77)
ηξφ =e3 (4.78)
ηξφ )1(4 −=e (4.79)
Indem man zu der Elementform von Bild 4.14 Knoten hinzufügt, kann man biquadratische,
bikubische oder ähnliche Konstruktionen ausführen. Beispielsweise beinhaltet ein
biquadratisches Element neun Knoten. Bild 4.15 zeigt ein Pascal–Dreieck mit den
assoziierten vierseitigen Elementen.
Bild 4.15 Lagrange–Familie von vierseitigen Elementen
Diese Vierseitenelemente formen ebenso eine Lagrange–Familie.
4.3.2.3 Vierseitige Serendipity Elemente Eine Begutachtung eines Pascal–Dreieckes mit Vierseitigen Lagrange–Elementen zeigt, daß
ein quadratisches Element Terme der dritten und vierten Ordnung in dem Ausdruck für die
lokale Formfunktion entwickelt. Diese höheren Ordnungsterme formen kein vollständiges
Polynom und folglich führen sie zu keiner Erhöhung der Interpolationsordnung. Auf der
anderen Seite fördern diese höheren Ordnungsterme in den lokalen Basisfunktionen
unliebsame Oszillationen in den interpolierten Daten. Daher werden im allgemeinen die
Terme höchster Ordnung dadurch eliminiert, daß man die inneren Knoten in den Elementen
wegläßt.
Bild 4.16 Serendipityfamilie von vierseitigen Elementen
Das erzeugt die sogenannte serendipity–Familie, für welche das Pascal–Dreieck und einige
Beispiele in Bild 4.16 gegeben sind. In der Praxis wird das quadratische serendipity Element
wegen seiner Attraktivität häufig benutzt.
4.3.2.4 Isoparametrische Elemente Es ist natürlich viel sinnvoller, für Körper mit gekrümmten Oberflächen auch Elemente mit
gekrümmten Seiten zu verwenden. Elemente mit krummlinigen Seiten können offensichtlich
durch Abbildungen von einem geradlinigen Koordinatensystem, das vorzugsweise in den
vorherigen Abschnitten verwendet wurde, in ein krummliniges transformiert werden. Um
diese Abbildungen nicht zu sehr zu verkomplizieren, werden gewöhnlich die Vorschriften zur
Koordinatentransformation, Gln. (4.70), basierend auf den lokalen Formfunktionen gewählt.
∑
∑
=
=
jj
ej
jj
ej
yy
xx
),(
),(
ηξφ
ηξφ
(4.80)
Bild 4.17 demonstriert, wie eine Koordinatentransformation mit den Gln. (4.80) ein
quadratisches serendipity Element im Vergleich zu einem linearen Element verformt. Daraus
erkennt man, daß mit quadratischen Elementen durchaus geometrisch komplexe Oberflächen
nachgebildet werden können.
Bild 4.17 Isoparametrische Abbildung von Elementen
Elemente, für die die Transformationsvorschriften identisch sind mit denen der
Interpolationsformeln, werden isoparametrische Elemente genannt. Wie in Bild 4.17 gezeigt,
können diese Elemente so betrachtet werden, als wären sie von einem quadratischen Element
in einem rechtwinkligen (ξ,η)–Koordinatensystem abgebildet worden. Das Basiselement in
dem nicht gekrümmten Koordinatensystem wird Mutter- oder Elternelement genannt.
4.3.3 Finite Elemente mit C1–Kontinuität
Wenn gewichtete Residuenformulierungen zweite Ableitungen besitzen, ist unbedingt
Kontinuität bis zu den Ableitungen erster Ordnung vorgeschrieben. In einer Dimension ist das
ohne weiteres dadurch möglich, daß man Knotenwerte der Steigungen von Funktionen mit
einschließt. Für ein Element mit zwei Eckpunkten lautet die Interpolationsfunktion:
'24
'132211 )()()()( uuuuu ξψξψξψξψ +++= (4.81)
mit
)1(
)0(
)1(
)0(
''2
''1
2
1
==
==
==
==
ξ
ξ
ξ
ξ
uu
uu
uu
uu
(4.82)
Mit Hilfe eines kubischen Polynoms findet man:
21 )1()21( ξξψ −+= (4.83)
22 )23( ξξψ −= (4.84)
23 )1( ξξψ −= (4.85)
24 )1( ξξψ −= (4.86)
Ein Element diesen Typs heißt Hermit–Element.
Im mehrdimensionalen Raum kann keine Kontinuität bis zur Ableitung erster Ordnung auf
diese einfache Art erreicht werden. Zum Beispiel ist es unmöglich, C1–Kontinuität mit nur
Eckpunkten zu erreichen insbesondere, wenn man nur Funktionswerte und erste Ableitungen
an diesen Knoten erzeugt. Mit einem dreieckigen Element wird das einfachste Element
erzielt, wenn Seitenmittelpunkte hinzugefügt werden, in denen die Normalableitung
vorgeschrieben ist. Für solch ein Element sind jedoch die Zahlen der Freiheitsgrade für die
Seitenmittenknoten und die Eckknoten unterschiedlich. Das ist rechentechnisch recht
kompliziert und es müssen kompliziertere Elemente mit einheitlichen Freiheitsgraden
vorgezogen werden. Es muß allerdings bemerkt werden, daß es durchaus üblich ist, auch bei
Problemen, in denen zweite Ableitungen auftauchen, Elemente zu benutzen, die keine C1–
Kontinuität besitzen. Diese Elemente werden dann nicht–konforme Elemente genannt. Für
eine weitere Diskussion über konforme und nicht–konforme Elemente wird auf die Literatur
verwiesen. Dieses Thema ist nicht unbedingt in Zusammenhang mit der Strömungsmechanik
zu setzen, da hier überwiegend erste Ableitungen auftauchen und die zweiten in der
Minderzahl sind. Nur in seltenen Fällen, in denen Stromfunktionen eingeführt werden, liegen
partielle Differentialgleichungen höherer Ordnung vor.
4.4 Ausführung der Finite Elemente Methode
4.4.1 Assemblierung
Der dritte und letzte wichtige Punkt der FEM ist der Weg, wie die Knotengleichungen
arrangiert werden. Wie im Beispiel des letzten Abschnittes zu sehen war, führt die Integration
der schwachen Lösung zu einer Summe von Beiträgen auf Elementen, die an dem zu
behandelnden Knoten anschließen. Statt die Integration über einen Satz von Elementen, die
sich um einen Knotenpunkt herumlegen, auszuführen, könnte man die Integration erst an allen
Elementen einzeln ausführen, um anschließend die Knotengleichungen durch Addition der
Beiträge der benachbarten Elemente zu konstruieren. Dieser Prozeß wird Assemblierung
genannt. Das hat den Vorteil, daß die Integration an allen Elementen auf dieselbe Weise
gemacht werden kann, sozusagen mit ein und derselben Routine. Beispielsweise ist für Gl.
(4.59) das Integral auf der linken Seite an einem Element Ωe bei weggelassenem Index l:
dxudx
du
dx
dw
dx
dw
dx
ddx
dx
ud
dx
dw ee
ee
ee
ee
ee
+
+= ∫∫
ΩΩ2
21
12
21
1ˆ φφφφλλ (4.87)
Eine Elementmatrix Keij kann definiert werden als:
dx
d
dx
dK
ej
eie
ij
e
φφλ ∫Ω
= (4.88)
Offensichtlich ist diese Matrix:
−−
∆=
11
11
e
e
xK
λ (4.89)
Die Komponenten der Systemmatrix in dem globalen System
FUK = (4.90)
können somit durch Addition von Komponenten der Elementmatrix gefunden werden.
Beispielsweise gilt:
lll KK 211, =− (4.91)
11122,
++= llll KKK (4.92)
1121,
++ = l
ll KK (4.93)
Die Systemmatrix K in Gl. (4.90) wird im allgemeinen Steifigkeitsmatrix genannt. Dieser
Ausdruck hat offensichtlich seinen Ursprung in der Strukturmechanik.
Bild 4.18 Schematische Darstellung des Zusammenbaus einer Steifigkeitsmatrix
für ein eindimensionales Problem
In Bild 4.18 wird eine schematische Darstellung des Kompositionsprozesses oder der
Assemblierung der Steifigkeitsmatrix gezeigt. Natürlich kann ein entsprechender Prozeß auch
für die rechte Seite der Gl. (4.90) definiert werden.
4.4.2 Numerische Integration
In allgemeinen Problemen kann die Berechnung der Element–Steifigkeitsmatrix und der
rechten Seite auf Grund der Komplexität des Integranden und der Elemente nicht analytisch
durchgeführt werden.
Benutzt man gekrümmte Elemente, so führt eine Koordinatentransformation für zwei
Dimensionen zu folgender Gleichung:
=
=
y
xJ
y
x
yx
yx
∂∂∂∂
∂∂∂∂
η∂∂η∂∂ξ∂∂ξ∂∂
η∂∂ξ∂∂
/
/
/
/
//
//
/
/ (4.94)
oder
=
−
η∂∂ξ∂∂
∂∂∂∂
/
/
/
/ 1Jy
x (4.95)
mit J als Jacobi–Determinante.
Mit Hilfe der isoparametrischen Abbildung von Gl. (4.80) kann die Jacobi–Determinante
leicht als Funktion von ξ und η umgeschrieben werden. Folglich wird ein infinitesimales
Gebiet dΩe:
ηξ ddJDetd e )(=Ω (4.96)
Durch Gln. (4.95) und (4.96) werden alle Elementintegrale auf Elternintegrale zurückgeführt.
Wenn die lokale Formfunktion von der Ordnung p ist, d.h. wenn sie als höchstes
geschlossenes Polynom ein Polynom der Ordnung p einschließen, werden die Funktionswerte
dadurch bis zur Ordnung p repräsentiert. Der Integrand in Gl. (4.88) ist dann beispielsweise
bis zur Ordnung 2( p-1 ) repräsentiert. Allgemein würde eine m–te Ableitung einen
Integranden der Ordnung 2( p-m ) hervorrufen. Es kann gezeigt werden, daß die
Konvergenzordnung für eine exakte Integration der Terme im gewichteten Residuenansatz hp-
m+1 ist. Das ist die Genauigkeit der Lösung, die erreicht wird, wenn die Elementgröße gegen
Null geht. Es gibt dann keinen Konvergenzverlust, auch wenn gekrümmte
Elementbegrenzungen gewählt werden, falls die numerische Quadratur den Fehler der
Ordnung
O(h2(p-m)+1) oder kleiner aufweist, worin h eine typische Dimension eines Elementes darstellt.
Daher sollte für C0–Probleme die Integrationen folgender Vorschrift genügen:
( )
( )
( )5
3
hOElementeKubische
hOheElementeQuadratisc
hOElementeLineare
(4.97)
Das bedeutet, daß Gauss–Formeln mit einem Punkt, 2x2 Punkten und 3x3 Punkten für die
obige Reihenfolge ausreichend für einen zweidimensionalen Raum sind.
4.4.3 Lösungsverfahren
Die hier beschriebene Prozedur setzt indirekt voraus, daß der diskrete Gleichungssatz,
Gl. (4.90), tatsächlich aufgestellt ist und eine Lösung mit einem direkten Lösungsalgorithmus
erfährt. Das ist das gewöhnliche Vorgehen für lineare Probleme. In der Strömungsmechanik
ist das auf Grund der Nichtlinearität des Gleichungssystems ineffizient, da zumindest eine
globale Iteration mit der Lösung eines linearisierten Gleichungsystems der Form von Gl.
(4.90) innerhalb eines jeden Iterationsschrittes benötigt wird. Daher ist es wesentlich
effizienter, direkt eine iterative Lösungsmethode auf die nichtlineare Form der Gl. (4.90)
anzuwenden. Bei Relaxationsverfahren gilt, daß die Gleichungen in den Knotenpunkten nur
dann konstruiert werden, wenn sie auch wirklich in dem Relaxationsverfahren benötigt
werden. Der globale Satz von Gleichungen, Gl. (4.90), wird oft nie geformt.
4.5 Beispiele
In diesem Abschnitt werden einige Anwendungen der FEM in der Strömungsmechanik
diskutiert. Das Ziel ist, einige Einsichten in die Konstruktionsweise der FEM an Beispielen zu
ermöglichen. Gleichfalls wird demonstriert, daß ein allgemeines Rezept für die Verwendung
der FEM nicht existiert. Ähnlich wie in der FDM stellt die FEM nur einen Rahmen, innerhalb
dessen die jeweilige Strömungsproblematik eingepaßt werden muß.
4.5.1 Stationäre inkompressible Potentialströmung
Für eine stationäre rotationsfreie Strömung eines inkompressiblen Fluids lauten die
Bewegungsgleichungen:
0=⋅∇ V (4.98)
0=×∇ V
(4.99)
worin V
der Geschwindigkeitsvektor ist. Gl. (4.99) erlaubt die Einführung eines
Geschwindigkeitspotentials:
φ∇=V
(4.100)
Setzt man Gl. (4.100) in (4.98), so erhält man:
02 =∇ φ
(4.101)
Mögliche Randbedingungen können eine Dirichlet– und eine Von–Neumann–Bedingung sein.
0g=φ
(4.102)
1gn
=∂
φ∂
(4.103)
Bild 4.19 Durchströmungsproblem
Für einen zweidimensionalen Strömungskanal wie er in Bild 4.19 dargestellt ist, können die
Randbedingungen mit u und v als den kartesischen Geschwindigkeitsvektoren am
Eintrittsrand AB unter der Bedingung paralleler ungestörter Anströmung sein:
ikonst
y
v
φφ
∂φ∂
==→
=→
=
0
0
(4.104)
Am Austritt der Kanalströmung CD wird ebenso wegen der Parallelität der Strömung
vorgeschrieben:
0
0
φφ =→
=v
(105)
Da in diesem Beispiel keine Strömung durch die Begrenzungswände AC und BD erlaubt ist,
sind die hier zu verwendenden Randbedingungen:
0
0
=→
=⋅
n
nV
∂φ∂
(4.106)
Für diese Randbedingungen wird die Strömung durch den Unterschied des Potentials am
Eintritt und dem des Potentials am Austritt φi - φ0 durch den Kanal getrieben. Falls
gewünscht, kann man auch am Ein- oder Austritt die Bedingung u = ∂ φ/∂ x vorgeben.
Mit diesen Gleichungen, Gln. (4.98) bis (4.106), wird die gewichtete Residuenformulierung der FEM unter Erfüllung der notwendigen Randbedingungen folgendermaßen geschrieben:
∫ ∫∫Ω ΩΩ
=Ω+Ω∇∇−=Ω∇ 01
2 dn
wdwdw∂ ∂
φ∂φφ
(4.107)
mit ∑= kkφφφ ˆ und kw φ= worin kφ die Formfunktion, die mit dem Knoten k verbunden sind.
Bild 4.20 Element- und Zusammenbauschema für bilineare quadratische
Elemente
Um einen Einblick in die Koeffizientenstruktur der Steifigkeitsmatrix zu erhalten, wird die
Elementsteifigkeitsmatrix für bilineare Elemente auf einem quadratischen Gitter des
Bildes 4.20 berechnet.
dydxK jieij
e
φφ ˆˆ ∇∇= ∫Ω
(4.108)
Das Ergebnis daraus ist:
−−−−−−−−−−−−
=
3/26/13/16/1
6/13/26/13/1
3/16/13/26/1
6/13/16/13/2
eK
(4.109)
Auf Grund des Zusammensetzungsmusters werden einige Koeffizienten:
3/84,43,32,21,1, =+++= IVIIIIIIkk KKKKK
(4.110)
3/13,24,1, −=+= IIInk KKK
(4.111)
3/13,1, −== Inek KK
(4.112)
worin n und ne die Knoten nord und nord–ost von Knoten k sind. Das Koeffizientenmolekül
ist:
)3/1()3/1()3/1(
)3/1()3/8()3/1(
)3/1()3/1()3/1(
−−−
−−
−−−
(4.113)
Die Steifigkeitsmatrix ist von positivem Typ, der Diagonalkoeffizient ist positiv, die
Nebendiagonalkoeffizienten sind negativ und es herrscht eine geringe Diagonaldominanz vor.
Als Konsequenz kann die Matrix direkt oder über ein iteratives Verfahren gelöst werden.
Wenn deformierte Elemente benutzt werden, verformt sich auch das Koeffizientenmolekül,
die Matrix bleibt aber positiv.
Weiterhin ist es instruktiv zu wissen, daß ein Koeffizientenmolekül aufbauend auf linearen
finiten Elementen, Gl. (4.113), eine Approximation der Ordnung h2 zu der Laplace–Gleichung
hat und nicht der Ordnung h4, was möglich wäre bei einem neun–Punkte Molekül in einem
quadratischen Gitter.
4.5.2 Inkompressible Navier–Stokes Gleichungen in ω –ψ Formulierung
Die zweidimensionalen Bewegungsgleichungen lauten:
+=+++ 2
2
2
2
y
u
x
u
x
p
y
uv
x
uu
t
u
∂∂
∂∂ν
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(4.114)
+=+++ 2
2
2
2
y
v
x
v
y
p
y
vv
x
vu
t
v
∂∂
∂∂ν
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
(4.115)
0=+y
v
x
u
∂∂
∂∂
(4.116)
worin p den sogenannten kinematischen Druck – Druck dividiert durch Dichte – darstellt. Die
Kontinuitätsgleichung, Gl.(4.116), kann durch die Einführung einer Stromfunktion ψ erfüllt
werden.
xv
yu
∂ψ∂
∂ψ∂
−=
=
(4.117)
Durch Einführen der Drehung ω in Form
y
u
x
v
∂∂
∂∂ω −=
(4.118)
und unter Benutzung der y–Ableitung aus Gl.(4.114) und Subtraktion der x–Ableitung aus
Gl.(4.115) kann der Druck aus beiden Gleichungen eliminiert werden.
+=++ 2
2
2
2
yxyv
xu
t ∂ω∂
∂ω∂ν
∂ω∂
∂ω∂
∂ω∂
(4.119)
Weiterhin ergibt die Kombination der Gln.(4.117) und (4.118):
ω∂
ψ∂∂
ψ∂ −=
+ 2
2
2
2
yx
(4.120)
Bild 4.21 Rückspringende Stufe ( backward facing step )
Für das in Bild 4.21 gezeigte Strömungsproblem gibt es die folgenden Randbedingungen:
1. Am Eintrittsrand (∂ Ωa ): Hier kann u durch ein parabolisches Anfangsprofil
approximiert werden, Ableitungen von Geschwindigkeitskomponenten in x–Richtung
können zu Null angenommen werden. Das erlaubt die Berechnung von ψ nach
Gl. (4.117) und ω nach Gl. (4.118).
)(
)(
y
y
a
a
ωω
ψψ
=
=
(4.121)
2. Am Austrittsrand (∂ Ωa ): Hier kann v zu Null angenommen werden, ebenso alle
Ableitungen der Geschwindigkeitskomponenten in x–Richtung. Das ergibt:
0
0
=
=
n
n
∂ω∂
∂ψ∂
(4.122)
3. An den festen Rändern (∂ Ωc, ∂ Ωd ):
0=
=
=
n
und
oder
d
c
∂ψ∂
ψψ
ψψ
(4.123)
Es ist zu bemerken, daß die Randbedingungen für das Poisson–Problem, Gl. (4.120), an den
festen Rändern überbestimmt sind, während an den festen Rändern für ω in der Gl. (4.119)
die Randbedingungen fehlen.
Das Poisson–Problem der Gl. (4.120) kann mit (∂ Ωa ) als notwendiger Bedingung und mit
(∂ Ωb ) und (∂ Ωc, ∂ Ωd ) als natürlicher Randbedingung behandelt werden. Die schwache
Formulierung für Gl. (4.120) lautet dann:
∫ ∫Ω Ω
Ω−=Ω∇⋅∇− dwdw ωψ
(4.124)
Es gibt hier keinen Beitrag der natürlichen Randbedingung, da ∂ ψ/∂ n = 0.
Bild 4.22 Diskretisierung bei einer rückspringenden Stufe
Mit bilinearen Elementen auf dem Gitter in Bild 4.22 können ψ und ω im Inneren des
Gebietes und auf dem Rand (∂ Ωa ) bestimmt werden. Mit Hilfe des Lumping bei der rechten
Seite der Gl. (4.124) ist die Kenntnis von ω entlang den Rändern (∂ Ωc, ∂ Ωd ) nicht nötig, um
ψ zu bestimmen. Das bringt diese Formulierung sehr nahe an die FDM Formulierung.
Die Benutzung der gegebenen Werte von ψ entlang (∂ Ωc, ∂ Ωd ), die die
Knotengleichungen aus Gl. (4.121) ergeben haben, bestimmen im Prinzip die Werte von ω
auf diesen Rändern. Ohne dieses Lumping ist dieses resultierende System von Gleichungen
nicht vom positiven Typ. Das erlaubt Schwingungen von nicht–physikalischen Lösungen
(wiggles). Das kann durch Zusammenfassen von ω kuriert werden und macht die Lösung von
ω sogar explizit darstellbar. Nachdem nun ω auf (∂ Ωc, ∂ Ωd ) bekannt ist, wird das Problem,
Gl. (4.119), sogar korrekt gestellt, was es vorher durch die mangelnde Randbedingung ja nicht
war. Die schwache Formulierung der Gl. (4.119) schreibt man dann:
Ω∇=Ω∇⋅+Ω ∫∫∫ΩΩΩ
dwvdVwdt
w ωω∂
ω∂ 2
(4.125)
Nach einer partiellen Differentiation wird daraus:
0=Ω∇∇+Ω∇⋅+Ω ∫∫∫ΩΩΩ
dwvdVwdt
w ωω∂
ω∂
(4.126)
Wiederum gibt es keinen Beitrag der natürlichen Randbedingung, da gilt ∂ ψ/∂ n = 0.
Die Struktur der Knotengleichung, die man aus der Gl. (4.126) erhält, ist der Struktur der
zentralen FDM sehr ähnlich. Lumping wird auf den zeitabhängigen Term angewendet.
Die diskretisierte Gleichung, die der Gl. (4.126) entspricht, hat nach Anwendung des Lumping folgendes Aussehen:
∑ =+j
jiji
i At
M 0ω∂ω∂
(4.127)
worin der Index j die Knoten beschreibt, die in der Nähe des Knotens i liegen. Gl. (4.127)
kann beispielsweise wie eine finite Differenzengleichung mit Hilfe eines Zweistufen–
Zeitschrittverfahrens, das zweite Ordnung Genauigkeit in der Zeit aufweist, integriert werden.
( ) ( )[ ] ( ) ( )∑∆−=−∆+
jiijiii ttA
ttttM ωωω
22/1
(4.128)
( ) ( )[ ] ( ) ( )∑ ∆+∆+∆−=−∆+j
iijiii ttttAttttM 2/12/1 ωωω (4.129)
Nach jedem Zeitschritt muß ψ aus Gl. (4.124) erneut berechnet werden, ebenso neue Werte
für ω auf den Rändern und ein neues Geschwindigkeitsfeld aus der Gl. (4.117). Das kann über
den Weg der Finiten Elemente Methoden gemacht werden.
∫ ∫
∫ ∫
Ω Ω
Ω Ω
Ω−=Ω
Ω=Ω
dx
wdvw
dy
wduw
∂ψ∂
∂ψ∂
(4.130)
Natürlich ist Lumping auf den rechten Seiten von Gl. (4.130) notwendig, um den nicht
positiven Typ des Systems zu umgehen und um die Lösung explizit zu gestalten. Die
vorangegangene Methode muß bis zur Konvergenz fortgesetzt werden.
Bei diesem Beispiel wurde versucht, so eng wie möglich bei der FDM Formulierung zu
bleiben, um zu zeigen, daß viele Techniken der FDM auch für die FEM Gültigkeit haben.
Man sieht es beispielsweise daran, daß bei vorzugsweiser konvektiver Strömung, das heißt bei
kleiner kinematischer Zähigkeit ν, Schwingungen (Wiggles) im stationären Fall für
Gl. (4.126) auftreten. Man kann das anhand des eindimensionalen Analogons der Gl. (4.119)
erklären.
2
2
xd
d
xd
du
ωνω =
(4.131)
Die Diskretisation dieser Gleichung mit zentralen Differenzenapproximationen bei konstanter
Schrittweite ∆x ergibt:
( ) ( )11211 22 −+−+ +−
∆=−
∆ lllll x
v
x
u ωωωωω
(4.132)
oder
( ) ( ) 02/Re122/Re1 11 =++−− −+ lcllc ωωω
(4.133)
worin Rec = u∆x/ν die sogenannte Gitter–Reynoldszahl darstellt, die als charakteristische
Länge die Gitterschrittweite ∆x annimmt. Es ist bekannt, daß für |Rec| > 2 Gl.(4.133)
oszillierende Lösungen zuläßt. In der FDM ist es üblich, daß oszillationsfreie Lösungen durch
partielle Rückwärtsdiskretisierung (Upwinding) der Gl. (4.140) für u > 0 erzielt werden.
( ) ( ) ( )
( )112
111
2
21
−+
−−+
+−∆
=
−∆
+−∆
−
lll
llll
x
v
x
u
x
u
ωωω
ωωαωωα
(4.134)
Bei der Wahl des Upwind–Faktors α:
( ) cc Re/22/Recoth −=α
(4.135)
folgen bei der Lösung von Gl. (4.134) exakte Knotenpunktwerte und bei einer Wahl von α:
cRe/21 −≥α für |Rec| ≥ 2
(4.136)
ist die Lösung oszillationsfrei.
Es kann gezeigt werden, daß über eine Modifizierung der linearen zu quadratischen
Gewichtsfunktionen nach Bild 4.23 dieses Differenzenschema, Gl. (4.134), durch eine
Petrov–Galerkin Formulierung reproduziert werden kann.
Bild 4.23 Gewichts- und Formfunktionen bei der Petrov–Galerkin Formulierung
Für zwei Dimensionen kann diese Petrov–Galerkin Formulierung auf vierseitigen Elementen
mit Gewichtsfunktionen, die aus Produkten der eindimensionalen Gewichtsfunktionen, Gl.
(4.137), bestehen, gebildet werden.
)1(3)(
)(
)(
22
11
ξξξ
ξαφ
ξαφ
−=
+=
−=
F
Fw
Fw
(4.137)
Bild 4.24 Stromlinien aus der FEM nach Petrov–Galerkin mit der ω - ψ Formulierung für (Red = 250)
Bild 4.24 zeigt eine Lösung, die mit den Gewichtsfunktionen, Gl. (4.137), erstellt wurde. Gl.
(4.136) lieferte den minimal möglichen Wert für den Upwind–Faktor α. Für das recht grobe
Gitter aus Bild 4.21 konnten dennoch gute Ergebnisse für eine Reynoldszahl
Red = Ud/ν = 250 erzielt werden. Hierin ist U die ungestörte Anströmgeschwindigkeit und d
die Höhe des Kanaleintritts.
Bemerkungen zu diesen Konvektions–Diffusions–Strömungsproblemen sind folgende:
1. Es hat sich bewährt, daß Upwinding ausschließlich in Hauptströmungsrichtung
eingeführt wird. Diese Methoden werden dann streamline–upwind/Petrov–Galerkin
Methode ( SUPG ) genannt. Diese SUPG Methode wird auch nicht mehr durch
explizite Formulierung der Gewichtsfunktionen erzeugt, sondern durch eine
konvektive Form der Galerkin–Gewichtsfunktionen:
wVw ∇⋅+
τ (4.138)
hierin ist τ ein zeitabhängiger Parameter. In Bezug auf den konvektiven Anteil der
Gl. (4.119) kann diese Wichtungsfunktion als eine Kombination der Galerkin–
Gewichtsfunktion und der least–squares Gewichtsfunktion angesehen werden. Deshalb
ist dafür auch der Name Galerkin/least–squares Methode bekannt geworden.
2. In der FDM hat die Upwindmethode einen schlechten Ruf, zumal durch die
Einführung von Differenzenapproximationen erster Ordnung die Gesamtgenauigkeit
des Systems auch darauf reduziert wird. Das gilt nicht für die FEM, wenn die
Upwindmethode konsequent angesetzt wird. Im vorangegangenen Beispiel ist die
Lösung in einem stückweise linearen Funktionsraum repräsentiert worden und das
wird nicht durch das Upwinding berührt. Als Konsequenz wird davon die Genauigkeit
mit oder ohne Upwinding erhalten. Der Hauptunterschied mit der FDM ist, daß die
Petrov–Galerkin Formulierung auch die Diffusionsterme beeinflußt.
3. Was die Nicht–Eindeutigkeit bei der schwachen Formulierung angeht, ist zu
bemerken, daß bei der partiellen Integration, die zu der Gl. (4.126) führt, der
konvektive Term eingeführt werden könnte. Die damit verbundene natürliche
Randbedingung würde dann die Vorschrift für den Gesamtfluß, bestehend aus dem
konvektiven und dem diffusiven Fluß, durch die Ränder sein:
nnV
∂ω∂νω −⋅
(4.139)
Es gibt jedoch kein vernünftiges physikalisches Argument für den Gesamtfluß in der
Austrittsebene beispielsweise eines Kanals. Daher ist es sinnvoller auf eine
Einbeziehung des konvektiven Term in die partielle Integration zu verzichten.
4.5.3 Stationäre inkompressible Navier–Stokesgleichungen in der
u–v–p–Formulierung
Die stationären inkompressiblen Navier–Stokes Gleichungen können folgendermaßen für ihre
primitiven Variablen geschrieben werden:
VpVV
2∇=∇+∇⋅ ν (4.140)
0=∇ V
(4.141)
Bei Einführung einer Gewichtsfunktion W
, die mit der Gl. (4.140) verbunden ist, und einer
Gewichtsfunktion q, die zu Gl. (4.141) gehört, erhält man für die gewichtete
Residuenformulierung:
( )
Ω∇⋅=
Ω⋅∇−Ω∇⋅+Ω∇⋅⋅
∫
∫∫∫
Ω
ΩΩΩ
dVW
dVqdpWdVVW
2ν
(4.142)
Nach der Anwendung der partiellen Integration wird daraus:
( ) ( )
( ) ΩΩν
ΩΩνΩ
Ω∂Ω∂
ΩΩΩ
∂⋅−∂⋅∇⋅=
⋅∇+⋅∇−∇∇+∇⋅⋅
∫∫
∫∫∫
dnWpdnVW
dVqWpdVWdVVW
•
(4.143)
Die Formulierung der Gl. (4.143) beinhaltet eine bilineare Form:
( ) Ω=Ω∇∇= ∫ ∑ ∫Ω Ω
dx
W
x
VdVWWVa
j
i
ij j
i
∂∂
∂∂
•, (4.144)
und eine trilineare Form:
( ) ( ) Ω=Ω∇⋅⋅= ∫ ∑ ∫Ω Ω
dx
VUWdVUWWVUb
ij i
jij ∂
∂
,, (4.145)
somit kann man Gl. (4.143) in die folgende verkürzte Form umschreiben:
( ) ( ) ( ) cdVqWpWVUbWVa =Ω⋅∇+⋅∇−+ ∫Ω
,,,ν (4.146)
Die rechte Seite von Gl. (4.146) ist in zwei Dimensionen:
( ) ( ) ( )( ) ΩννΩ∂
∂+−⋅∇+⋅∇= ∫ dnwnwpnvwnuwc yyxxyx
(4.147)
Für ein Randwertproblem, wie es in Bild 4.19 beschrieben ist, gelten folgende
Randbedingungen:
1. An festen Rändern gilt die Haftbedingung:
0== vu (4.148)
Die Randbedingungen sind notwendige Randbedingungen.
2. Am Eintrittsrand wird ein Geschwindigkeitsprofil vorgeschrieben:
0
0
=
=
v
uu
(4.149)
Dieser Satz von Randbedingungen ist ebenso ein notwendiger.
3. Am Austrittsrand, wo (nx = 1, ny = 0) wird aus der rechten Seite von Gl. (4.147):
Ω
++−= ∫
Ω
dx
vw
x
uwwpc yxx
∂ ∂∂
∂∂ν (4.150)
Als natürliche Randbedingungen können folgende Werte vorgeschrieben werden:
x
upfn ∂
∂ν+−= (4.151)
x
vft ∂
∂ν= (4.152)
Da der Druck nur bis auf eine additive Konstante vorzuschreiben ist, können mögliche
Randbedingungen am Austritt die natürlichen Randbedingungen sein:
0=nf (4.153)
0=tf (4.154)
Mit dieser Auswahl von Randbedingungen für das Randwertproblem aus Bild 4.19
verschwindet die rechte Seite der Gl. (4.146), da die Randbedingungen zu den
Gewichtsfunktionen im Zusammenhang mit den notwendigen Randbedingungen von u und v
folgendes ergeben:
0== yx ww (4.155)
In beiden Fällen, für die Feldgleichung, Gl. (4.146), und die Randbedingung, Gl. (4.160), tritt
der Druck in linearer, d.h. in nicht abgeleiteter Form auf, während die
Geschwindigkeitskomponenten in Form erster Ableitungen vorkommen. Das wiederum
erlaubt die Wahl von unterschiedlichen Basisfunktionen für die
Geschwindigkeitskomponenten und den Druck.
∑
∑
∑
=
=
=
NN
kk
kk
pp
vv
uu
φ
φ
φ
~
(4.156)
Setzt man diese Ansätze in die schwache Formulierung ein, so führt das auf einen diskreten
Satz von Gleichungen:
gUC
fCPUUK
T =
=+)(
(4.157)
worin U der globale Vektor der Knotengeschwindigkeitskomponenten u und v ist, P der
globale Vektor des Druckes in den Knotenpunkten und f und g Funktionen sind, die die
Randbedingungen einbringen. K(U) ist eine positiv definite symmetrische Matrix und C eine
unsymmetrische indefinite rechtwinklige.
Wegen dieser indefiniten Matrix ist es einzusehen, daß Gl. (4.157) irreguläre Lösungen
zulassen kann. Beispielsweise kann für u = v = f = g = CP = 0 eine nichttriviale Lösung für P
herauskommen.
4.5.4 Kompressible Eulergleichungen
Die Eulergleichungen bilden das folgende Gleichungssystem:
0=++y
g
x
f
t
U
∂∂
∂∂
∂∂
(4.158)
Hierin bedeuten:
+=
+=
=
Hv
pv
uv
v
g
Hu
uv
pu
u
f
E
v
uU
ρρ
ρρ
ρρ
ρρ
ρρρρ
2
2
(4.159)
worin E die Gesamtenergie und H die Gesamtenthalpie ist. Das System, Gl. (4.158), ist
hyperbolisch in Bezug auf die Zeit und besitzt die Jacobi–Determinanten:
U
gB
U
fA
∂∂
∂∂
=
=
(4.160)
Mit einem Taylor–Reihenansatz bis zur zweiten Ordnung für U ergibt sich:
2
22
2)()(
t
Ut
t
UttUttU
∂∂
∂∂ ∆+∆+≅∆+ (4.161)
Für die zweite und die erste Ableitung kann eine Vereinfachung gefunden werden:
++
+=
−
−=
+−=
=
y
g
x
fB
yy
g
x
fA
x
t
UB
yt
UA
x
y
g
x
f
t
t
U
tt
U
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
(4.162)
Damit wird aus Gl. (4.161):
++
+∆+
+∆−≅∆+
y
g
x
fB
yy
g
x
fA
x
t
y
g
x
fttUttU
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
)()(
2
(4.163)
Eine FDM bezogen auf zentrale Differenzenapproximationen für die Gl. (4.163) wird Ein-
Schritt Lax–Wendroff Methode genannt. Offensichtlich ist das Analogon bei der FEM die
Galerkin–Formulierung der Gl. (4.163). Diese hat folgendes Aussehen:
( )
( ) Ω⋅+
+∆+
Ω
+
+∆−
Ω
+∆−=
Ω−∆+
∫
∫
∫
∫
Ω
Ω
Ω
Ω
dnlBlAy
g
x
fW
t
dy
g
x
f
y
WB
x
WA
t
dy
g
x
fWt
dtUttUW
yxT
TT
T
T
∂ ∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
)()(
2
2
(4.164)
worin W ein Vektor der Gewichtsfunktionen ist. Auf die linke Seite der Gl. (4.164) kann das
Lumping angewendet werden, f und g können durch stückweise lineare Funktionen und A und
B durch stückweise konstante Funktionen ersetzt werden. Eine FEM, die auf dieser Methode
basiert, wird Taylor–Galerkin Methode genannt.
So wie für die FDM können Zwei–Schritt Lax–Wendroff Methoden verwendet werden, wie
etwa die Richtmyer–Lax–Wendroff Methode. Andere Zeitschrittmethoden sind ebenfalls
anwendbar, so auch das Runge–Kutta Verfahren.
Durch das in diesem Abschnitt gegebene Beispiel wurde gezeigt, daß alles was für die
FDM und die FVM in zentraler Diskretisierung gemacht wurde, auch auf die FEM
angewendet werden kann. Dabei bleiben die daran beteiligten Probleme dieselben. Die
Verwendung des Lax–Wendroff Zeitschrittverfahrens auf die Bubnov–Galerkin Formulierung
der Gl. (4.158) benötigt ebenso die Einführung der künstlichen Viskosität. Natürlich verliert
die FEM an Rigorosität durch solche Maßnahmen und sie wird der FVM immer ähnlicher.
5 Finite Volumen Methoden (FVM)
5.1 Einführung
Die Grundgleichungen der Strömungsmechanik sind Erhaltungssätze. Das sind Regeln, die
die Erhaltung der Masse, des Impulses und der Energie innerhalb eines von einer Oberfläche
eingeschlossenen Volumens beschreiben. Nur mit einer zusätzlichen Forderung nach
hinreichender Regularität der Lösung, können diese Regeln in partielle
Differentialgleichungen umgewandelt werden. Hinreichende Regularität kann nicht immer
garantiert werden. Überschallstöße bilden die üblichste Form solcher Singularitäten innerhalb
von Strömungsfeldern. Für den Fall, daß eine solche Diskontinuität auftritt, muß die Lösung
der partiellen Differentialgleichung in der schwachen Form interpretiert werden, also als
Lösung der integralen Form der Gleichungen. Beispielsweise sind die Gleichungen, die einen
Stoß beschreiben, nämlich die Rankine–Hugoniot Gesetze, Kombinationen dieser
Erhaltungssätze in integraler Form. Es ist selbstverständlich, daß diese Regeln auch in den
numerischen Methoden berücksichtigt werden müssen.
Es gibt auch andere Anlässe, in denen es wichtig ist, eine korrekte Repräsentation der
Erhaltungsgesetze in den numerischen Methoden einzuhalten. Ein solches Beispiel ist die
Diskontinuitätsfläche hinter Tragflügeln oder Schaufelgittern, wo bei unterschiedlicher
Entropie die Strömungen der Ober- und der Unterseite an der Hinterkante solcher
Strömungskörper zusammentreffen. In solch einem Fall entsteht eine tangentiale
Diskontinuität. Ein weiterer Fall findet sich bei einer inkompressiblen Strömung, wo durch
die Aufprägung der Inkompressibilität als einer Erhaltungsform für Masse das Druckfeldes
bestimmt wird.
Offensichtlich ist, daß in den oben angeführten Fällen eine exakte Erfüllung der
Erhaltungsgesetze gefordert werden muß. Die natürlichste Weise, dieses zu erzielen, ist die
Diskretisierung der integralen Form der Gleichungen und nicht die der differentiellen. Das ist
die Basis der Methode der finiten Volumen (FVM). Natürlich ist es durchaus physikalisch
sinnvoll auch dort, wo keine strikte Einhaltung der integralen Erhaltungsform geboten ist, die
Grundgesetze in ihrer primitivsten Form zu verwenden.
In der reinsten Form der FVM wird ebenso wie bei der finiten Elementmethoden (FEM)
das Strömungsfeld oder das Gebiet in nichtüberlappende Untergebiete, die Zellen, unterteilt,
auf denen die Erhaltungssätze angewendet werden. Bei der FVM wird der Begriff Zelle
gewählt und nicht Element wie es in der FEM üblich ist. In jeder Zelle werden die
Erhaltungsgesetze angewendet, um die Variablen des Strömungsfeldes in diskreten Punkten
der Zellen, den sogenannten Knoten, zu bestimmen. Diese können Zellmittelpunkte, –ecken
oder –seitenmittenpunkte sein. Bei der Wahl der Zellformen und der Knotenpunkte ist große
Freiheit gewährleistet. Solche Zellen können dreieckig, vierseitig und so fort sein. Sie können
Teile von strukturierten oder unstrukturierten Gittern sein. Die Freiheit, die bei der FEM bei
der Wahl der Form der Elemente herrschte, gilt auch für die Zellen. Bild 5.1 zeigt einige
typische FVM–Gitterkonstruktionen.
Bild 5.1 Typische Gitter der FVM: a strukturiertes quadrilaterales, b
strukturiertes triangulares, c unstrukturiertes triangulares Gitter
Die Wahl der Knoten kann wie bei der FEM durch den Wunsch, die Lösung durch eine
Interpolationsstruktur zu erzeugen, vorgegeben werden. Eine typische Wahl wäre im Falle der
Repräsentation durch stückweise konstante Funktionen, sie zellzentriert anzusetzen oder in
den Zellecken für die Repräsentation durch stückweise lineare oder bilineare Funktionen. In
der FVM muß der Funktionsraum für die Lösung nicht notwendigerweise definiert sein, noch
müssen die Knoten so gewählt werden, daß sie eine Interpolationsstruktur ergeben. Bild 5.2
zeigt einige typische Beispiele von Knoten mit den zugehörigen Definitionen der Variablen.
Bild 5.2 Typische Wahl der Knoten in der FVM: a stückweise konstante
Interpolationsstruktur, b stückweise lineare Interpolationsstruktur, c keine
Interpolationsstruktur, Variable an allen Knoten definiert, d keine
Interpolationsstruktur, nicht alle Variable an allen Knoten definiert
Die ersten beiden stellen eine Interpolationsstruktur dar, die folgenden beiden nicht. Im
letzten Beispiel sind die Funktionswerte nicht in allen Knoten bestimmt. Das Gitter aus
Knoten, an denen der Druck und die Dichte definiert sind, ist nicht dasselbe wie das, auf dem
die unterschiedlichen Geschwindigkeitskomponenten des Strömungsgeschwindigkeitsvektors
errechnet werden. Dieser Ansatz wird gewöhnlich staggered grid approach, versetzter oder
gestaffelter Gitteransatz genannt. Das dritte Beispiel in Bild 5.2 zeigt, daß das Volumen, auf
dem die Erhaltungsgesetze angewendet werden, nicht unbedingt Hand in Hand mit den Zellen
verlaufen muß. Volumen können sogar überlappend sein.
Bild 5.3 Wahl von Volumen, die nicht mit den Zellen übereinstimmen,
überlappend und nichtüberlappend, a versetzt Volumen bezüglich der Zellen,
nichtüberlappender Fall, b nichtversetzt Volumen bezüglich der Zellen, überlappender Fall,
c nichtversetzt Volumen bezüglich der Zellen, überlappender Fall, dversetzt Volumen
bezüglich der Zellen, überlappender Fall
Bild 5.3 stellt einige Fälle für überlappende und nicht–überlappende Gitter dar, wo die
Volumen nicht mit den Zellen übereinstimmen müssen. Im Folgenden wird der Term
Volumen mit dem Kontrollvolumen verbunden, auf welches die Erhaltungssätze angewendet
wurden, d.h., verbunden mit der Funktionswertbestimmung, während der Term Zelle einen
Teil des Gitters darstellt, also mit der Geometrie zusammenhängt. Daher ist eine
Konsistenzforderung an die Zelle, daß sie nicht überlappend sein dürfen und das gesamte
Gebiet bedecken müssen. Die Konsistenzforderung für die Volumen ist wesentlich
schwächer. Diese können überlappend sein, so daß ganze Familien von Volumen geformt
werden können. Jede Familie sollte nicht–überlappend sein und das gesamte Gebiet
überspannen.
Aus diesem Grund wird es einsichtig, daß die Entkopplung von Volumen und Zellen, einen
wesentlich größeren Freiheitsgrad in der Bestimmung der Funktionsrepräsentation des
Strömungsfeldes ergibt, als das für die FEM und die Methode der finiten Differenzen (FDM)
gilt. Insbesondere ist es die Kombination der Formulierung eines Strömungsproblems auf
einem Kontrollvolumen, was den physikalischsten Weg einer Diskretisierung beinhaltet, mit
der geometrischen Flexibilität bei der Wahl des Gitters und mit der Flexibilität bei der
Definition der diskreten Strömungsvariablen, die die FVM besonders einsetzbar in
Ingenieursanwendungen macht.
Man kann sagen, daß die FVM die Vorteile der FEM, nämlich die geometrische
Flexibilität, mit der Flexibilität in der Wahl des diskreten Strömungsfeldes, nämlich den
diskreten Werten der abhängigen Variablen und den zugehörigen Flüssen, der FDM
verbindet.
Einige Formulierungen sind den FEM Formulierungen sehr nahe und können als
Untergebiet–Kollokations–FEM nach Bild 5.2a interpretiert werden. Andere sind denen der
FDM sehr nahe und können deshalb als Erhaltungs–FDM bezeichnet werden, wie es in Bild
5.3a gezeigt ist. Andere Formulierungen liegen wiederum in der Mitte dieser Extreme.
Diese Mischung aus FEM– und FDM–ähnlichen Ansätzen führt öfter zu Verwirrungen in
der Terminologie. Häufig wird der Ausdruck Element für Zelle gewählt, ebenso Kontrollzelle,
wenn Kontrollvolumen gemeint ist. Jedoch sind die Bedeutungen für die Ausdrücke Zelle und
Element festgelegt. Das Gitter besteht aus einem Netzwerk, das nur aus Zellen besteht, wenn
das auf geometrischer Basis entsteht. Wenn es jedoch wie bei der FEM die Unterteilung eines
Funktionsraumes darstellt, dann ist es ein Element.
Aus diesem könnte man schließen, daß die FVM nur Vorteile über die FDM und die FEM
besitzt; also kann die Lösung der strömungsmechanischen Probleme ausschließlich von der
FVM bewältigt werden. Wie bereits angedeutet, gibt es bei der FVM Schwierigkeiten bei der
Erstellung von Ableitungen. Wenn ein Gitter nichtorthogonal und krummlinig ist, gibt es
Probleme bei der Benutzung der Taylor–Reihe, die äquidistante Gitterschritte für die FDM
benötigt, um Ableitungen bilden zu können. Außerdem gibt es auch keine Möglichkeit, wie
bei der FEM, höhere Ableitungen in nächst niedrigere durch eine schwache Formulierung zu
konvertieren. Somit ist die FVM wohl geeignet für die Lösung von Strömungsproblemen in
primitiven Variablen und in Abwesenheit von Reibungstermen zu liefern. Das betrifft
beispielsweise die Eulergleichungen oder die Navier-Stokes Gleichungen bei hohen
Reynoldszahlen, wo die Reibungseffekte eine untergeordnete Rolle spielen.
5.2 Finite Volumen Technik in Anlehnung an die FEM
FEM–ähnliche Finite Volumen Methoden benutzen Zellen, zu denen eine
Interpolationsstruktur gehört. In einem solchen Fall formen die Zellen Elemente im FEM
Sinn. Zwei unterschiedliche Interpolationsstrukturen können gewählt werden: stückweise
konstante und stückweise lineare oder bilineare Interpolationen.
Bild 5.4 Einige FEM-ähnliche FVM-Gitter, a zellzentriert, b Zellecken mit
überlappenden und nicht–überlappenden Volumen auf quadrilateralen Zellen, c Zellecken
auf triangularen Zellen
Bild 5.4 zeigt einige Möglichkeiten für strukturierte vierseitige und dreieckige Gitter. Die
stückweise konstante Interpolation wird durch die zellzentrierte Methode gekennzeichnet, die
stückweise lineare Interpolation durch die Zelleckenmethode. Formulierungen, die denen in
Bild 5.4 folgen, sind heutzutage die populärsten.
Im Folgenden werden einige Formulierungen für die Eulergleichungen aufgeführt. Die
Eulergleichungen lauten folgendermaßen:
0=++y
g
x
f
t
U
∂∂
∂∂
∂∂ (5.1)
mit
+=
+=
=
Hv
pv
uv
v
g
Hu
uv
pu
u
f
E
v
uU
ρρ
ρρ
ρρ
ρρ
ρρρρ
2
2
(5.2)
Hierin ist ρ die Dichte, u und v sind die kartesischen Komponenten der Geschwindigkeit, p ist
der Druck, E die Gesamtenergie und H die Gesamtenthalpie. Die letzten beiden sind wie folgt
definiert:
22
2
1
2
1
1
1vu
pE ++
−=
ργ (5.3)
ρp
EH += (5.4)
Bild 5.5 Zellzentrierte Formulierung
5.2.1 Zellzentrierte Formulierung
Für eine Zelle, wie sie in Bild 5.5 dargestellt ist, werden die abhängigen Variablen in der
Zellenmitte gespeichert. Diese Werte sollten nicht als Knotenwerte betrachtet werden, eher als
Mittelwerte über die Zelle. Deshalb werden zum besseren Verständnis bei der zellzentrierten
Methode nach Beendigung der Berechnung den Gittereckpunkten die Werte zugeordnet, die
aus Mittelwerten der benachbarten Zellwerte entstehen.
Bei Benutzung des Kontrollvolumens in Bild 5.5 kann bereits eine Semidiskretisierung der
Gl. (5.1) erreicht werden:
∫ =⋅+Ωabcd
ij dSnFt
U0
∂∂
(5.5)
worin Ωij das Volumen der Kontrollvolumen darstellt. F
ist der Flußvektor bestehend aus
yx lglfF
+= , dS ist ein Oberflächenelement und n
ist die auswärtsgerichtete Normale.
Indem man einen positiven Drehsinn wie in Bild 5.5 voraussetzt, ergibt sich:
yx ldxldySn
−= (5.6)
Durch Einsetzen von Gl. (5.6) in Gl. (5.5) erhält man:
( )∫ =−+abcd
ij dxgdyft
U0
∂∂Ω (5.7)
Weiterhin müssen f und g auf den Ränder bestimmt werden. Eine Mittelwertbildung zwischen
benachbarten Knoten scheint die einfachste Wahl zu ergeben.
( )
( )1,,
1,,
2
1
2
1
−
−
+=
+=
jijiab
jijiab
ggg
fff
(5.8)
Es muß bemerkt werden, daß die Flußfunktionen nichtlineare Funktionen der abhängigen
Variablen sind. Eine Alternative zu Gl. (5.8) ist:
( )
( )
+=
+=
−
−
1,,
1,,
2
1
2
1
jijiab
jijiab
UUgg
UUff
(5.9)
Gln. (5.9) bedeuten, daß die abhängigen Variablen erst gemittelt und danach die Flußvektoren
berechnet werden. Das ist nicht sehr vorteilhaft, da doppelt so viele Flußberechnungsvorgänge
gemacht werden müssen, wie es für Gln. (5.8) nötig ist. Wenn es tatsächlich in einem
vierseitigen strukturierten Gitter nx Elemente in longitudinaler Richtung und ny in
transversaler gibt, dann gibt es auch nx ny Zellen aber nx (ny+1)+ ny (nx+1) Zellflächen. Das
bedeutet allerdings nicht, daß die Arbeit, die in den Gln. (5.9) steckt doppelt so groß ist wie
die in den Gln. (5.8). Eine Menge Berechnungsarbeit kann gespart werden, wenn man sich
erinnert, daß ein Impulsfluß ein Massenfluß multipliziert mit einer gemittelten
Geschwindigkeit ist, usw. Dennoch sind die Gln. (5.8) die günstigste Wahl. Somit werden die
Gln. (5.8) im Folgenden als die einzige zellzentrierte Flußdefinition benutzt.
Mit der Definition der diskreten Flüsse f und g ist die semidiskretisierte Gl. (5.7)
vollständig. Es folgt nun die Zeitintegration.
5.2.1.1 Lax–Wendroff–Zeitschrittverfahren
Da die Lax–Wendroff–Zeitschrittmethode die populärste in der FDM für die Zeitintegration
ist, wird nun hier diese Methode auf die FVM angewendet.
Zunächst wird das Prinzip der Lax–Wendroff–Methode mit Anwendung auf eine
eindimensionale skalare Modellgleichung des folgenden Typs in Erinnerung gerufen:
0)( =+
t
uf
t
u
∂∂
∂∂
(5.10)
Bei Anwendung einer Taylor–Reihe, die nach dem dritten Glied abgebrochen wird, fühert in
Bezug auf die Gl. (5.10) zu:
2
221
2 t
ut
t
utuu nn
∂∂
∂∂ ∆+∆+≈+ (5.11)
und
−=
−=
=
t
f
xx
f
tt
u
tt
u
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
(5.12)
oder
=
−=
x
fa
xt
u
u
f
xt
u
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
(5.13)
mit
u
fa
∂∂= (5.14)
Die Kombination der Gl. (5.11) und (5.12) ergibt:
∆+
−∆+≈+
x
fa
x
t
t
ftuu nn
∂∂
∂∂
∂∂
2
21 (5.15)
Das zweidimensionale Analogon zu Gl. (5.15) angewendet auf die Eulergleichungen,
Gl. (5.1), ist:
++
+∆+
−−∆+≈+
y
g
x
fB
yy
g
x
fA
x
t
y
g
t
ftUU nn
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
∂∂
2
2
1
(5.16)
worin A und B die Jacobimatrizen der Flußvektoren sind:
U
gB
U
fA
∂∂
∂∂
=
=
(5.17)
In der FDM wird die Diskrertisierung von partiellen Differentialgleichungen in der Form der
Gl. (5.16) oder (5.17) Einschritt–Lax–Wendroff–Methode genannt. Da diese Formulierung ein
Gleichgewicht der Flußterme, die Ableitungen enthalten, impliziert und Ableitungen nur sehr
schwer in der FVM zu beschreiben sind, wird solch eine Einschrittmethode nie benutzt.
Dagegen werden Zweischrittmethoden wie die von Richtmyer oder MacCormack problemlos
anwendbar für die FVM.
Die Variante nach Richtmyer schreibt die GL. (5.15) folgendermaßen:
∆+∆+≈+
t
utu
ttuu nn
∂∂
∂∂
21 (5.18)
mit
t
utuun
∂∂
22/1 ∆+=+ (5.19)
Gl. (5.19) kann in der FDM durch folgenden Ausdruck diskretisiert werden:
x
fftuu
ni
nin
in
i ∆−∆−= −++
22112/1 (5.20)
Gl. (5.18) kann ähnlich diskretisiert werden:
x
fftuu
ni
nin
in
i ∆−∆−=
+−
+++
2
2/11
2/111 (5.21)
In der Form der Gl. (5.20) und (5.21) ist der Zeitschritt nicht stabil, deshalb ersetzt Richtmyer
den sogenannten Eulerzeitschritt in Gl. (5.20) durch den Laxzeitschritt:
( )x
fftuuu
ni
nin
ini
ni ∆
−∆−+= −+−+
+
222
1 1111
2/1 (5.22)
Da uin+1/2 nur bis zur ersten Ordnung bestimmt werden muß, um eine Genauigkeit der
Gl. (5.18) von zweiter Ordnung zu erreichen, schadet das nicht der Gesamtgenauigkeit.
Um das Schema interpretieren zu können, muß man die Semidiskretisierung der Gl. (5.10)
betrachten:
x
ff
t
u iii
∆−−= −+
211
∂∂
(5.23)
Dieser Formulierung zu folge können die beiden Gln. (5.20) und (5.21) als eine
Zweischrittzeitintegration von Gl. (5.23) betrachtet werden. In der Terminologie der
gewöhnlichen Differentialgleichungen ist das ein Zweistufen–Runge–Kutta–Verfahren. Somit
kann das Richtmyerschema als ein zweistufiges stabilisiertes Schema angesehen werden.
Die Implementierung der Richtmyervariante des Lax–Wendroff–Schemas in der FVM mit der
zellzentrierten Formulierung ist recht konsequent.
Tatsächlich stellt man fest, daß die Semidiskretisierung von Gln. (5.7) mit den Flüssen
Gln. (5.8) auch so geschrieben werden können:
( )
( )
( )
( ) 02
1
2
1
2
1
2
1
,1,1
1,1,
,1,1
1,1,
=∆−∆+
∆−∆+
∆−∆+
∆−∆+Ω
−−
++
++
−−
jidajida
jicdjicd
jibcjibc
jiabjiabij
gxfy
gxfy
gxfy
gxfyt
U
∂∂
(5.24)
Es gibt keinen Beitrag vom zentralen Knoten in der Flußbalance in Gl. (5.24), da das
Gleichgewicht der Flüsse auf einer geschlossenen Oberfläche bei konstanten Flüssen Null ist.
Als Konsequenz ist die Gl. (5.24) ein direktes Analogon zu Gl. (5.23) und die Schritte der
Gln. (5.21) und (5.22) können unmittelbar angewendet werden.
An Ein– und Austrittsrändern kann die FVM genau wie die FDM angewendet werden. Das
heißt allgemein, daß Extrapolationsformeln benutzt werden dürfen. Beispielsweise ist es bei
einer Unterschallanströmung üblich, die Machzahl des Strömungsfeldes zu extrapolieren und
die Gesamtzustandsgrößen und die Strömungsrichtung vorzuschreiben. Bei einer
Unterschallausströmung kann das Umgekehrte getan werden, nämlich die Extrapolation von
Gesamtzustandsgrößen und der Strömungsrichtung aus dem Strömungsfeld und Festlegen
einer Machzahl.
An festen Rändern wird der konvektive Fluß Null gesetzt. Das bedeutet, daß in den Flüssen
durch eine Zelle an einer festen Oberfläche nur die Drücke zum Tragen kommen.
−=−
0
0
dx
dypdxgdyf (5.25)
Der Druck am Rand der Zelle kann dann mit dem des Zellinneren gleichgesetzt werden.
Manchmal wie bei der FDM wird eine Extrapolation des Druckes gemacht. Jedoch ist es nicht
immer einfach, an gekrümmten Oberflächen solche Extrapolationsformeln zu konstruieren.
In der MacCormack–Variante der Lax–Wendroff–Methode wird Gl. (5.10) folgendermaßen
geschrieben:
∆+∆++∆+=+
t
utu
ttu
t
utuu nnn
∂∂
∂∂
∂∂
2
1
2
1
2
1
2
11 (5.26)
mit
t
utuun
∂∂∆+=+1 (5.27)
Gl. (5.26) kann auch anders geschrieben werden:
∆++=
+++
t
utuuu
nnnn
∂∂ 1
11
2
1 (5.28)
Die Diskretisierung nach MacCormack der Gl. (5.27) und (5.28) ergibt:
∆−∆−= −++
x
fftuu
ni
nin
ini
111 (5.29)
∆−∆++=
+−
+++
x
fftuuu
ni
ninnn
11
111
2
1 (5.30)
Die Gln. (5.29) und (5.30) bilden die vorwärts–rückwärts Variante dieser Formulierung.
Natürlich kann die Reihenfolge beliebig getauscht werden. In der Terminologie der
numerischen Berechnung von gewöhnlichen Differentialgleichungen heißt diese Methode
Prediktor–Korrektor–Methode nach MacCormack.
Die Implementation der MacCormack–Variante des Lax–Wendroff–Schemas ist ebenso
einfach einzuführen. In der vorwärts–rückwärts Formulierung innerhalb des Prediktor–
Korrektorschrittes aus Bild 5.5 sind die Flüsse ab, bc, cd und da mit Hilfe von
Funktionswerten in den Knotenpunkten (i,j), (i+1,j), (i,j+1) und (i+1,j+1) gebildet. Im
Korrektorschritt sind das die Knoten (i,j-1), (i-1,j-1), (i,j) und (i-1,j). Wieder geschieht die
Beschreibung von Flüssen über die Annahme, daß die konvektiven Flüsse an der Wand null
sein müssen, der Druck an der Wand wird dem Zelldruck gleichgesetzt.
Offensichtlich sind vier geometrische Varianten in der Beschreibung der Flüsse möglich.
Bild 5.6 zeigt die Möglichkeiten bei dem Prediktorschritt. Beim Korrektorschritt sind die
Formulierungen invertiert. In der Anwendung werden diese vier Möglichkeiten alternativ
benutzt.
Bild 5.6 Mögliche Varianten in der Beschreibung der Flußfunktionen im
Prediktorschritt der MacCormack–Methode
Ein Ergebnis, das über das beschriebene zellzentrierte MacCormack–Prediktor–Korrektor–
Verfahren erzielt wurde, ist in den Bildern 5.7 und 5.8 dargestellt. Das Gitter ist in Bild 5.7
vorgegeben.
Bild 5.7 Testgitter zum Strömungsproblem im GAMM-Kanal
Die zu untersuchende Strömung ist transonisch und geht durch den GAMM–Testkanal über
eine kreisförmige Erhebung. Damit die von dieser Stelle bei einer Machzahl von 0.85
ausgehenden Stöße auch genügend gut erfassen zu können, muß wie bei den FDM auch hier
eine künstliche Viskosität eingeführt werden.
Bild 5.8 Linien konstanter Mach–Zahlen berechnet nach dem zellzentrierten
MacCormack–Verfahren
Durch die Einführung der künstlichen Viskosität wird die Lösung um Stöße herum stabilisiert.
Dieses wird erreicht durch die Addition eines Dämpfungstermes bei jedem Rechenschritt.
Dieser hat hier das folgende Aussehen:
( )nji
nji
nji
nji
nji UUUUU ,1,1,,1,1 4−+++ −+−+µ (5.31)
worin µ der physikalischen Zähigkeit gemäß ein nur sehr kleiner Koeffizient ist. Für das
Ergebnis in Bild 5.8 wurde ein Wert von µ = 0.001 gewählt, was ausreichend für die
Stabilisierung des Stoßes ist. Natürlich können auch bei Erhöhung des Wertes die
auftretenden sogenannten wiggles vollständig eliminiert werden. Das geht allerdings zu
Lasten eines Verschmierens des eigentlich recht scharf strukturierten Stoßes. Daher zieht man
einige wiggles in der Lösung vor.
Die CFL–Bedingung für den Zeitschritt im MacCormack–Schema lautet:
( ) ( )
∆+
∆+
∆+
∆
≤∆
22
11
1
yxc
y
v
x
ut (5.32)
worin
2
2
1,1,
,1,1
−+
−+
−=∆
−=∆
jiji
jiji
yyy
xxx
(5.33)
Darin ist c die Schallgeschwindigkeit.
5.2.2 Zelleckenformulierung
In der Zelleckenformulierung werden die Variablen in den Ecken des Gitters gespeichert. Das
Kontrollvolumen stimmt mit den Zellen im überlappenden Fall überein oder es besteht im
nicht–überlappenden Fall aus einer Gruppe von Zellen, die um einen Knoten herumliegen.
Bild 5.9 Zelleckenformulierung, a quadrilaterale Zellen mit nicht–
überlappenden Volumen, b quadrilaterale Zellen mit überlappenden Volumen, c
triangulare Zellen mit nicht überlappenden und überlappenden Volumen
Bild 5.9 zeigt dafür einige Beispiele. In allen Fällen ist nun eine lineare Interpolation der
Flüsse möglich, was eine räumliche Genauigkeit der zweiten Ordnung ergibt.
5.2.2.1 Mehrstufen–Zeitschrittverfahren für überlappende Kontrollvolumen
Für die überlappenden Fälle können die in den vorherigen Abschnitten diskutierten Verfahren
sofort angewendet werden. Sehr gebräuchlich sind daher die Mehrstufen–Zeitschrittverfahren.
Für die überlappenden Kontrollvolumen aus Bild 5.9 sind die Semidiskretisierungen sehr
ähnlich der Gl. (5.24), allerdings sind hier sieben oder neun umgebende Knoten vorhanden.
An festen Wänden werden Halbvolumen formuliert. Die Impermeabilität kann durch die
Null–Formulierung des Flusses beschrieben werden. Ein viel einfacherer Ansatz ist die
Annahme der Permeabilität bei Forderung der Tangentialität. Das bedeutet, daß zwischen
einzelnen Schritten die Normalgeschwindigkeitskomponente zu Null wird.
Auch hier muß zur Stabilisierung des Schemas künstliche Viskosität eingeführt werden. Die
künstliche Viskosität ist auch nötig, um die unechten Moden zu eliminieren. Bild 5.10 zeigt
diese Moden, die es bei vier- und dreieckigen Gittern gibt.
Bild 5.10 Unechte Moden für die Zellecken–Runge–Kutta–Methode
Ebenso kann hier die Dämpfung zweiter oder vierter Ordnung eingeführt werden. Oft wird
der dissipative Operator der zellzentrierten Methode benutzt.
5.2.2.2 Lax–Wendroff–Zeitschrittverfahren bei nicht überlappenden
Kontrollvolumen
Für den nichtüberlappenden Fall existiert eine Lax–Wendroffvariante, die sehr wirkungsvoll
ist. Diese benötigt einen zweiten Satz von Kontrollvolumen um den Knoten herum, wie es in
Bild 5.9 dargestellt wurde. Diese Methode starten von der Lax–Wendroff–Formulierung der
Gln. (5.8) und (5.9). Ohne Genauigkeitsverlust in Gl. (5.9) kann ∂ f/∂ t durch eine nach der
ersten Ordnung genaue Differenzenapproximation ∆f/∆t ersetzt werden. Das Ergebnis wird
dann:
( )fx
t
x
ftuu nn ∆∆−∆−=+
∂∂
∂∂
21 (5.34)
Für die Eulergleichung ist das in zwei Dimensionen:
( ) ( ) ( )
−+−−=− ∫ ∫+ dxgdyfdxgdyftUU nn
ji ∆∆∆Ω2
11, (5.35)
Für das viereckige Gitter aus Bild 5.9 ergibt sich folgende Methode. Basierend auf den Zellen
1-2-3-4 unter Benutzung eines Eulerschrittes, was ein Schritt vorwärts in der Zeit ist, erhält
man eine erste Ordnungsapproximation des Zuwachses vom Flußvektor:
( )n
aa dxgdyftU ∫ −−=1234
∆∆Ω (5.36)
und
aa
aa
UBg
UAf
∆=∆
∆=∆ (5.37)
worin A und B die Jacobideterminanten der Flußvektoren f und g in der Ableitung nach U
darstellen. A und B sind darin die Mittelwerte der Jacobideterminanten an den Knoten 1,2,3
und 4.
Indem man einen über die Fläche gewichteten Mittelwert über die vier Zellen um den
Knoten 1 herum bildet, was durch die Gl. (5.36) gegeben ist, erhält man einen ersten
Ordnungszuwachs für die abhängige Variable, nämlich in Form von ∆U11.
Für die Diskretisierung der Gl.(5.35) auf der Zelle abcd ergibt sich dann:
( ) ( )∫ −−=−+
abcd
nn dxgdyftUUU ∆∆∆∆ΩΩ2
11111
111 (5.38)
Die räumliche Integration wird wiederum als stückweise linear angenommen.
Die CFL–Bedingung für den Zeitschritt lautet:
+∆
+∆≤∆
cv
y
cu
xt ,min (5.39)
mit
2
2
1,1,
,1,1
−+
−+
−=∆
−=∆
jiji
jiji
yyy
xxx
(5.40)
Die Randbedingungen an festen Oberflächen können für den ersten Schritt, Gl. (5.36), wie bei
der vorhergehenden Methode durch Nullsetzen der konvektiven Flüsse beschrieben werden.
Im zweiten Schritt, Gl. (5.39), wird ein Halbvolumen um einen Randknoten herum gebildet.
Dieses Halbvolumen kann als die Hälfte des vollständigen Volumens in Bild 5.9a betrachtet
werden. Der Schritt, Gl. (5.39), kann so ausgeführt werden, daß man die erste
Ordnungsänderungen in den fiktiven Zellen c und d gleich Null setzt. Somit erhält der
Randknoten Informationen der ersten und zweiten Ordnung aus den inneren Zellen a und b.
Als Konsequenz findet man in der Randknotenformulierung im Schritt der Gl. (5.38) keine
implizite Anwendung der Wandundurchlässigkeit. Tangentialität wird im Nachhinein durch
Nullsetzen der Normalkomponente der Geschwindigkeit erreicht.
Es muß erwähnt werden, daß diese Methode, obwohl ein vorübergehendes Gitter
genommen wird, eine wahre Zelleckenmethode ist. Tatsächlich gibt es – wenn die
Flußbalance gewährleistet ist – keine Beiträge zu den Termen erster und zweiter Ordnung.
Deshalb wird der Schritt, Gl. (5.38), oftmals Verteilungsschritt genannt, da seine Funktion
darin besteht, die Verteilung der Änderungen innerhalb des Kontrollvolumens zum Knoten zu
sein.
In einem dreieckigen Gitter gibt es etwa doppelt so viele Zellen wie Knoten. Das heißt, daß
bei der Zell–Eckenformulierung die Flußbalancen nicht für alle Zellen erfüllt sein können.
Das stationäre Ergebnis eines Zell–Ecken Zeitschrittverfahrens entspricht folglich einer
Kombination aus den zu Null gesetzten Flußbalancen. In einem vierseitigen Gitter können alle
Flußbalancen im stationären Zustand erfüllt werden.
5.3 FDM–ähnliche Finite Volumentechniken
In der Finiten–Differenzenmethode (FDM) sind die Knoten gleichzeitig die Ecken des Gitters.
Das ist im besonderen Maße bei der Behandlung der Ränder von Vorteil. Beispielsweise ist
eine Druckextrapolation an festen Rändern nicht notwendig. Auch ist man oftmals nur an der
Druckverteilung entlang von Rändern interessiert. Eine zellzentrierte FVM ist dazu nicht sehr
geeignet. Eine Zelleckenformulierung leidet nicht unter diesem Nachteil, jedoch ist auf der
anderen Seite der Fluß durch eine Zelloberfläche kontinuierlich. Das erlaubt keine Upwind–
Definition des Flusses. Als eine Konsequenz dieser Eigenschaft sind
Zelleckenformulierungen Diskretisierungen vom zentrierten Typ.
Bild 5.11 Zelleckenbasierte FVM
Mehr Freiheit in der Definition der Flüsse kombiniert mit den Knoten an den Zellecken erhält
man, indem man ein verschobenes (interweaving) Gitter in Bild 5.11 wählt. Dieses Gitter
entsteht, wenn man die Zellzentren miteinander verbindet. Die Zellen eines solchen
verschobenen Gitters kann man als Kontrollvolumen der darinliegenden Knoten betrachten.
Flüsse an Volumenflächen können als Mittelwerte von Flüssen betrachtet werden, die aus
Funktionswerten in benachbarten Knoten berechnet werden. Diese Semidiskretisierung ist
dann sehr ähnlich einer FDM Semidiskretisierung und kann konservative FDM genannt
werden.
5.3.1 Diskretisierung vom zentrierten Typ
Die Übernahme eines Lax–Wendroff–Zeitschrittverfahrens oder eines Mehr–Stufen
Zeitschrittverfahrens wie es für die zellzentrierte FVM diskutiert wurde, ist auf die
eckengestützte FVM leicht anzuwenden. Die mit beiden Methoden erreichten Ergebnisse sind
sehr ähnlich, bis auf die Ergebnisse an festen Wänden. Die eckengestützte Methode ist hier
jedoch vorzuziehen.
5.3.2 Diskretisierung nach dem Upwind Typ
Als typisches Beispiel für eine in der FDM üblicherweise benutzte Upwind–Diskretisierung,
die auf einfache Weise auf die FVM angewendet werden kann, wird hier die sogenannte flux–
difference–splitting Technik nach Roe vorgeführt. Die hier beschriebene Anpassung ist für die
stationären Eulergleichungen entwickelt worden.
Der Fluß durch eine Oberfläche (i+1/2) des Kontrollvolumens in Bild 5.11 kann
folgendermaßen geschrieben werden:
2/12/12/12/12/1 +++++ ∆−∆= iiiii gxfyF (5.41)
worin fi+1/2 und gi+1/2 definiert werden müssen, im allgemeinen unter Benutzung der Werte des
Flußvektors in den Knoten (i,j) und (i+1,j). Hier wird die übliche FDM–Notation mit den
Halbschritten gewählt, um die dazwischenliegenden Punkte zu markieren. Ebenso werden
unwichtige Indizes weggelassen. Es wird mit Fi der Wert von Fi+1/2 mit den Funktionswerten
in (i,j) bezeichnet und mit Fi+1 die Werte unter Benutzung der Funktionswerte in (i+1,j). Der
Fluß der Gl. (5.41) kann nun geschrieben werden:
( )2/122/112/12/1 ++++ +∆= iiii gfsF αα (5.42)
mit
2/12/11 / ++ ∆∆= ii syα (5.43)
2/12/12 / ++ ∆∆−= ii sxα (5.44)
2
2/12
2/12
2/1 +++ ∆+∆=∆ iii yxs (5.45)
Um einen Upwind–Fluß definieren zu können, muß man bei der flux–difference–splitting–
Methode eine Flußdifferenz bilden:
( )1,21,12/11, ++++ ∆+∆∆=∆ iiiiiii gfsF αα (5.46)
worin
jijiii fff ,,11, −=∆ ++
jijiii ggg ,,11, −=∆ ++
Da die Komponenten des Flußvektors Polynome mit Bezug auf die primitiven Variablen ρ, u,
v und p bilden, können die Komponenten der Flußdifferenzen geschrieben werden:
uuu ∆+∆=∆ ρρρ (5.47)
( )
( ) puuuu
puuuupu
∆+∆++∆=
∆+∆+∆=+∆
ρρρ
ρρρ
2
2
(5.48)
( )
( ) ( )
puvvuup
uuuuvuuvu
puuvuvuuHu
∆−
+∆+∆−
+
∆+∆++∆+=
∆−
+∆++
∆+∆=∆
11
2
1
2
1
12
1
2
1
2
1
2222
2222
γγρ
γγ
ρρρ
γγρρρ
(5.49)
wobei der Balken über den Werten einen Mittelwert darstellt.
Mit der Definition von ( )222/1 vuq += kann die Flußdifferenz ∆f folgendermaßen
geschrieben werden:
W
uvupuuquq
uvvu
uuu
u
f ∆
−−++
+=∆
11
0
10
002
γγρ
γγρρ
ρρρρ
ρ
(5.50)
worin WT=ρ,u,v,p.
Mit den Definitionen von u durch uu ρρ = wird die Flußdifferenz ∆f angegeben:
W
up
u
u
u
vuq
v
uf ∆
−
=∆
00
000
/100
00
1/1
00
00
0001
γ
ρρ
γρρρ
ρ (5.51)
Durch Ersetzen der ersten Matrix in Gl. (5.51) durch T ist leicht zu erkennen, daß die
Flußdifferenz ∆g leicht auf ähnliche Weise geschrieben werden kann.
W
vp
v
v
v
Tg ∆
=∆
γρ
ρ
00
/100
000
00
(5.52)
worin vv ρρ = .
Jede Linearkombination von ∆f und ∆g kann die Form haben:
WATgf ∆=∆+∆=∆ ~21 ααφ (5.53)
worin
=
wpp
w
w
w
A
γαγαραρα
ραρα
21
2
1
21
0
/00
/00
0
~ (5.54)
mit vuwvuw 2121 , αααα +=+= .
Differenzen von konservativen Variablen werden durch folgende Ausdrücke angegeben:
( ) pvvuuE
vvv
uuu
∆−
+∆+∆=∆
∆+∆=∆
∆+∆=∆
∆=∆
1
1
γρρ
ρρρ
ρρρ
ρρ
Daher ist
WTU ∆=∆
mit
EvuU T ρρρρ ,,,=
Als Konsequenz ergibt sich:
UAU
TAT
∆=∆
=∆ −1~φ (5.53)
Es ist leicht nachzuvollziehen, daß die Matrix A~
Eigenwerte besitzt und einen vollständigen
Satz von Eigenvektoren. Für 122
21 =+ αα werden die Eigenwerte durch die folgenden
Ausdrücke beschrieben:
cw
cw
w
w
−=
+=
=
=
~
~
4
3
2
1
λ
λ
λ
λ
Hierin ist w~ :
( )
( ) 4//
2/~
2
2
wwp
cwww
++=
+=
ργ
Die Matrix A~
kann in positive und negative Anteile zerlegt werden:
LRA
LRA
−−
++
Λ=
Λ=
~
~
(5.54)
Darin stellen R und L die rechte und die linke Eigenvektormatrix in orthonormaler Form dar
und weiterhin
( )
( )−−−−−
+++++
=Λ
=Λ
4321
4321
,,,
,,,
λλλλ
λλλλ
diag
diag
mit
( )
( )0,min
0,max
ii
ii
λλ
λλ
=
=
−
+
Positive und negative Matrizen bezeichnen Matrizen mit jeweils nicht–negativen und nicht–
positiven Eigenwerten. Das erlaubt eine Zerlegung der Flußdifferenzen, Gl. (5.54), durch:
UAUA ∆+∆=∆ −+φ
Als Konsequenz kann Gl. (5.43) umgeschrieben werden:
1,1,2/1
11,
+++
++
∆∆=
−=∆
iiiii
iiii
UAs
FFF
Weiterhin kann die Matrix Ai,i+1 in einen positiven und negativen Anteil zerlegt werden. Das
ermöglicht die Definition des Absolutwertes der Flußdifferenz durch
( ) 1,1,1,2/11, +−
++
+++ ∆−∆=∆ iiiiiiiii UAAsF (5.55)
Basierend auf der Gl. (5.55) gilt als eine Upwind–Definition des Flusses:
[ ]1,12/1 2
1+++ −+= iiiii FFFF (5.56)
Daß diese Formulierung einen Upwind–Fluß definiert, kann bewiesen werden, indem man Gl.
(5.56) in einer der beiden folgenden Schreibweisen darstellt. Beide führen auf dasselbe
Ergebnis.
1,1,2/1
1,1,2/1 2
1
2
1
++
++
+++
∆∆+=
∆−∆+=
iiiiii
iiiiii
UAsF
FFFF
(5.57)
1,1,2/11
1,1,12/1 2
1
2
1
++
+++
++++
∆∆−=
∆−∆−=
iiiiii
iiiiii
UAsF
FFFF
(5.58)
Wenn Ai,i+1 positive Eigenwerte hat, wird der Fluß Fi+1/2 mit Fi angesetzt und wenn Ai,i+1 nur
negative Eigenwerte besitzt, wird der Fluß Fi+1/2 mit Fi+1 ersetzt.
Die Flüsse auf der anderen Seite des Kontrollvolumens Si-1/2, Sj+1/2, Sj-1/2, können auf
ähnliche Weise wie der Fluß Si+1/2 behandelt werden. Mit Hilfe der Gl. (5.57) und (5.58) kann
die Flußbilanz auf dem Kontrollvolumen in Bild 5.13 folgendermaßen gebildet werden:
[ ] [ ]
[ ] [ ] 011,2/111,2/1
11,2/111,2/1
=−∆+−∆+
−∆+−∆
−+
−−+−
++
−+
−−+−
++
jjjjjjjjjj
iiiiiiiiii
UUAsUUAs
UUAsUUAs
(5.59)
oder
( )
( ) 1,1,2/11,1,2/1
,11,2/1,11,2/1,
+−
++−+
−−
+−
++−+
−−
−∆+∆+
−∆+∆=
jijjjjijjj
jiiiijiiiiji
UAsUAs
UAsUAsCU
(5.60)
worin C die Summe der Matrixkoeffizienten der rechten Seite ist. Die Matrixkoeffizienten in
Gl. (5.60) haben nichtnegative Eigenwerte. Die Positivität der Koeffizienten auf der rechten
Seite der Gl. (5.60) und die schwache Dominanz der zentralen Koeffizienten garantieren, dass
die Lösung durch eine Variante einer skalaren Relaxationsmethode gewonnen werden kann.
Mit einer kollektivenVariante ist eine simultane Relaxation aller Komponenten des Vektors
der abhängigen Variablen U in jedem Knoten.
Um die Behandlung der festen Ränder zu verdeutlichen, betrachtet man ein Halbvolumen in
Bild 5.13. Dieses Halbvolumen kann als Grenze eines ganzen Volumens verstanden werden,
das einseitig zum Rand tendiert. Als Konsequenz kann der Fluss durch die Fläche Sj des
Kontrollvolumens an der festen Begrenzung folgendermaßen ausgedrückt werden:
( )1, −+ −∆− jjjijj UUAsF (5.61)
worin die Matrix Ai,j mit Hilfe der Funktionswerte in dem Knoten (i,j) berechnet wird.
Mit der Definition, Gl. (5.61), nimmt die Flußbilanz die Form der Gl. (5.59) an, worin einer
der Knoten außerhalb des Gebietes liegt. Dieser Knoten kann allerdings eliminiert werden. Es
ist leicht zu erkennen, daß im Falle eine festen Begrenzung drei Möglichkeiten für die Gl.
(5.61) bestehen, um den außerhalb liegenden Knoten zu eliminieren. Diese Gleichungen
müssen durch die Tangentialitätsbedingung unterstützt werden. Zur Illustration zeigt Bild
5.14 die Lösung, die durch die vorhergehende Methode berechnet wurde. Sie sind für
denselben Testfall in Bild 5.7 unter denselben Bedingungen wie für Bild 5.8 erzeugt worden.
Vergleiche der Upwind–Ergebnisse mit denen der zentralen Methode zeigen eine deutliche
Überlegenheit der Upwind–Methode in Bezug auf die Schärfe des Stoßes.
Bild 5.12 Linien konstanter Mach–Zahlen berechnet durch eine zelleckenbasierte
FVM
In Bild 5.12 ist die Upwind–Diskretisierung in Form der ersten Ordnung gewählt worden. Für
komplexere Strömungen werden Diskretisierungstechniken höherer Ordnung anzuwenden
sein.
5.4 Andere Formulierungen
Finite Volumenmethoden, die weder als FEM noch als FDM–ähnlich klassifiziert werden
können, sind Methoden, die keine Knoten an Zellzentren und Zellecken benutzen. Ein
Beispiel dafür ist in Bild 5.2c gegeben. Auch kann das Volumen horizontal sein. Für
Kontrollvolumen diesen Typs können einige Flüsse über Funktionswerte in Knoten an
Oberflächen ausgedrückt werden. Andere Flüsse bedürfen einer Mittelwertbildung. Methoden
dieser Art sind generell von erster Ordnung genau auf irregulären Gittern. Da das Volumen
zwei Zellen beinhaltet, ist die Genauigkeit geringer als in der zellzentrierten oder der auf
Ecken konstruierten Formulierung.
Ein etwas anderes Beispiel ist die Formulierung, die zu Bild 5.2d gehört. Das schattierte
Volumen ist das Volumen, auf dem die Impuls– und die Energiegleichung angewendet
werden, während die Dichte und der Druck im Zentrum des Volumens definiert sind. Die x–
Impulsgleichung in einem Volumen wird entsprechend der x–Richtung entwickelt, die y–
Impulsgleichung gemäß der y–Richtung. Diese Methode wird gewöhnlich Marker and Cell
Method (MAC) genannt. Diese Methode ist sehr bekannt und wird in der einschlägigen
Literatur beschrieben. Manchmal wird sie als FVM klassifiziert, da sie Volumen verwendet.
Da aber die u– und die v–Geschwindigkeitskomponenten nicht für ein und dieselbe Stelle
gespeichert werden, kann diese Methode nur bei kartesischen Koordinatensystemen eingesetzt
werden. Benutzt man allerdings die kontravarianten Geschwindigkeitskomponenten der
Tensornotation, dann kann diese Methode auch für komplexere orthogonale
Koordinatensysteme Anwendung finden. Prinzipiell kann man dieses Verfahren allerdings als
eine Form der konservativen FDM ansehen. Sie wird häufig bei inkompressiblen und
konvektiven–diffusiven Strömungsproblemen benutzt.
Die Methode erlaubt die Formulierung einer Inkompressibilitätsbedingung. Es muß
angemerkt werden, daß es für die FVM kein Äquivalent gibt, das alle berechneten Variablen
an einem Punkt gespeichert existieren. Die Inkompressibilität ist bei der FVM eine besondere
Schwierigkeit.
5.5 Behandlung von Ableitungen
Wenn Ableitungen für die Formulierung von reibungsbehafteten Termen benötigt werden,
werden, diese gewöhnlich mit Hilfe des Gauss–Theorems berechnet.
Bild 5.13 Raumpunkte zur Definition einer Ableitung
Beispielsweise wird für die zellzentrierte Formulierung in Bild 5.13 zur Definition der
Ableitung in der Ecke a eine Integration über das schattierte Volumen durchgeführt.
dy
dydxxx
a
a
Sa
aa
∫
∫
Ω=
Ω≈
Ω
φ
∂∂φ
∂φ∂
1
1
(5.62)
Dieses ergibt:
−+
−+
−+
−Ω
≈
+++
++
+++
++++
22
22
1
,1,1,1
1,,1,
1,1,1,
,11,1,1
jijiji
jijiji
jijiji
jijiji
aa
yyyy
yyyy
x
φφ
φφ∂∂φ
(5.63)
mit
( ) ( )jijijiji
jijijiji
a xxyy
xxyy
,1,1,11,
1,,1,1,1
22−
−+−
−≈Ω ++
++++
++ (5.64)
Eine ähnliche Prozedur kann für die anderen Eckpunkte der Zelle abcd gefunden werden.
Diese Formulierung erlaubt eine Definition der reibungsbehafteten Terme an den Ränder
einer Zelle.