technologietransfer in den mittelstand · weit als eine der größten initiativen zu industrie 4.0...
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AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0: TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
INDUSTRIE 4.0
Mehr Infos finden Sie auf:
www.its-owl.de
VORWORT | 3
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Im Technologie-Netzwerk it’s OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe –
bündeln Weltmarkt- und Technologieführer im Maschinenbau, der Elektro- und Elektronik-
industrie sowie der Automobilzulieferindustrie ihre Kräfte. Gemeinsam mit regionalen For-
schungseinrichtungen erarbeiten sie in 47 Projekten neue Technologien für intelligente
Produkte und Produktionssysteme.
Ausgezeichnet im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und For-
schung – dem Flaggschiff der Hightech-Strategie der Bundesregierung –, gilt it’s OWL bundes-
weit als eine der größten Initiativen zu Industrie 4.0 und leistet einen wichtigen Beitrag,
Produktion am Standort Deutschland zu sichern.
Auf Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats beleuchtet it’s OWL in Kooperation mit ver-
schiedenen Clusterpartnern das Thema Industrie 4.0 aus unterschiedlichen Blickwinkeln und
veröffentlicht wesentliche Ergebnisse in Form von Broschüren unter dem Titel »Auf dem Weg
zu Industrie 4.0«. In 2014 (Lösungen aus dem Spitzencluster) und 2015 (Erfolgsfaktor Referenz-
architektur) wurden die ersten Broschüren veröffentlicht.
Diese Broschüre führt die Reihe fort und fokussiert das Thema Technologietransfer. Sie gibt
einen Überblick über die Chancen und Barrieren des Technologietransfers in den Mittelstand,
zeigt aber zugleich auch konkrete Lösungen anhand von Beispielen auf. Die vorliegende
Broschüre dokumentiert die bisherigen Erfahrungen bei der Planung und Umsetzung dieses
wohl in Deutschland einzigartigen Transferprogramms im Kontext von Industrie 4.0. Folgende
Fragestellungen werden dabei im Detail beleuchtet:
Status quo: Wie weit ist das Thema Digitalisierung im Mittelstand angekommen und
welche Hindernisse bestehen?
Herausforderung: Woran scheitert ein wirkungsvoller Transfer von Technologien zwischen
Wissenschaft und Industrie? Welche Konzepte sind im Stand der Technik bekannt?
it’s OWL: Wie wurden diese Herausforderungen im Spitzencluster angegangen? Welche
Bestandteile umfasst das Transferkonzept und wie wird es umgesetzt?
Best Practice: Wie sehen aussagekräftige Beispiele von Transferprojekten aus? Welche
Herausforderungen gab es in spezifischen unternehmensrelevanten Aufgabenstellungen
und wie wurden diese gelöst?
Evaluation: Welche Erfahrungen haben Transferbeteiligte aus Wissenschaft und Industrie
gemacht? Was kann daraus abgeleitet und gelernt werden?
Prof. em. Dr. Otthein HerzogJacobs University Bremen
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT VON IT’S OWL
Prof. Dr. Edgar KörnerHonda Research Institute Europe GmbH
Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Manfred NaglSoftware Engineering,RWTH Aachen
Prof. Dr. Ir. Fred J. A. M. van HoutenProfessor for Design Engineering,University of Twente
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0OHNE MITTELSTAND KEINE INDUSTRIELLE REVOLUTION
4 | INHALT
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
INHALTSVERZEICHNISVORWORT
Auf dem Weg zu Industrie 4.0Ohne Mittelstand keine industrielle Revolution
Herausforderung Industrie 4.0 Erfolgsfaktor Technologietransfer
Technologietransfer in Deutschland Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Transferkonzept des SpitzenclustersTransfer fördern, Innovation beschleunigen
15 Transferunternehmen Industrie 4.0 für den Mittelstand
16 Transferzentren in OstWestfalenLippe Technologien zum Ausprobieren
ErfolgsgeschichtenIndustrienahe Lösungen durch Transferprojekte
19 Selbstoptimierung Potenzialanalyse zur Entwicklung intelligenter Lackieranlagen
20 Mensch-Maschine-Interaktion Intelligente Benutzungsschnittstellen für optimierte Fertigung
21 Intelligente Vernetzung Kommunikationssysteme in Bearbeitungsmaschinen optimieren
22 Energieeffizienz Effiziente Schaltung zur Nutzung von Bremsenergie
23 Systems Engineering Mechatronik-Roadmap für eine Industriearmatur
Wirkung des TechnologietransfersErgebnisse und Impulse
Resümee und AusblickErfolgsfaktoren des Technologietransfers in OWL
Literatur
Clusterpartner
Impressum
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HERAUSFORDERUNG INDUSTRIE 4.0 | 5
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Deutschland steht an der Schwelle zur vierten industri ellen
Revolution. Leistungserstellungsprozesse werden durch-
gängig digitalisiert und vernetzt. Ziel sind dynamische,
echtzeitoptimierte und selbstorganisierte Wertschöpfungs-
netze. Dies umfasst nicht nur die Digitalisierung und Ver-
netzung an einem Produktionsstandort, sondern zuneh-
mend auch die Vernetzung unterschiedlicher Wertschöp-
fungsstufen über Unternehmensgrenzen hinweg. Die
Gestaltung derartiger Strukturen ist eine anspruchsvolle
Aufgabe. Der deutsche Mittelstand muss sich auf die
zukünftigen Veränderungen vorbereiten und in die Digi-
talisierung investieren. Nur so kann der Anschluss an
Technologien und die damit einhergehende Wettbewerbs-
fähigkeit gesichert werden. Wie wichtig der Mittelstand
für den Produktionsstandort Deutschland ist, unterstrei-
chen folgende Zahlen: Der Mittelstand repräsentiert 99 %
aller deutschen Unternehmen, 60 % aller Beschäftigten
und 55 % der gesamtdeutschen Wirtschaftsleistung
[BMWi14].
INDUSTRIE 4.0 IM MITTELSTAND – AUSGANGSSITUATION
Einer aktuellen Studie zufolge erkennen 86 % der deut-
schen Unternehmen die Potenziale und die Notwendigkeit
der Digitalisierung [Com15]. Dies spiegelt sich auch im
mittelständisch geprägten Maschinen- und Anlagenbau
wider: Immerhin 57 % dieser Unternehmen beschäftigen
sich bereits konkret mit dem Thema Industrie 4.0 [VDMA15].
Jedoch haben lediglich 29 % aller Unternehmen eine
konkrete Einführungsstrategie. Auch die Umsetzung von
Industrie 4.0-Lösungen verläuft bislang nur schleppend.
So hat der Einsatz digitaler Technologien für 70 % des
Mittelstands noch keine bzw. nur geringe Relevanz
[AFZ15].
Die Gründe für die Zurückhaltung des Mittelstands sind
vielschichtig. Personen, die bisher nur wenige Berührungs-
punkte mit dem Thema Industrie 4.0 hatten, fällt es schwer,
Chancen und Risiken zu bewerten. Der wirtschaftliche Nut-
zen ist ihnen häufig unklar.
Darüber hinaus fehlen oftmals konkrete Vorstellungen
für die Umsetzung im eigenen Unternehmen: Sind die
technischen und organisatorischen Voraussetzungen er-
füllt? Auch ungeklärte Rechtsfragen und das fehlende
Ver trauen in die Datensicherheit stehen der Umsetzung
im Wege. Pioniere im Kontext Industrie 4.0 hemmt hinge-
gen maßgeblich die mangelnde Finanzkraft für notwen-
dige Investitionen in relevante Technologien [VDMA15].
So sind gerade kleine und mittlere Unternehmen oft nicht
in der Lage, umfangreiche Innovationsprojekte zu starten.
Sie neigen zunächst zu kleineren Projekten, bevor sie
größere Investitionen in Forschung und Entwicklung
tätigen.
ERFOLGSFAKTOR TECHNOLOGIETRANSFER
Dieser zögerlichen Haltung steht ein enormes Angebot an
Industrie 4.0-Lösungen gegenüber, welches durch aktuelle
Forschungsprojekte ständig erweitert wird. Allein in den
vergangenen sieben Jahren wurde durch die nationale
Forschungsförderung ein Gesamtvolumen von mehr als
450 Mio. Euro in die Forschung und Entwicklung von Tech-
nologien und Lösungen im Kontext Industrie 4.0 investiert
HERAUSFORDERUNG INDUSTRIE 4.0ERFOLGSFAKTOR TECHNOLOGIETRANSFER
»Im Spitzencluster it’s OWL finden wir die richtigen Partner, um Industrie 4.0-Technologien bewerten und nutzen zu können.«KARL-ERNST VATHAUER | Geschäftsführer MSF-Vathauer Antriebstechnik
6 | HERAUSFORDERUNG INDUSTRIE 4.0
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
[AFZ15]. Die Ergebnisse der Universitäten, Hochschulen
oder Forschungseinrichtungen münden jedoch nicht
zwangsläufig in erfolgreiche Produkte, Dienstleistungen
oder Geschäftsmodelle, denn die Inventionen müssen noch
in Innovationen überführt werden.
In diesem Zusammenhang bildet der Technologietransfer
einen entscheidenden Erfolgsfaktor. Will Deutschland den
Wandel zu Industrie 4.0 erfolgreich bewältigen, bedarf es
eines mittelstandsorientierten Technologietransfers aus
Forschung und Wissenschaft in die industrielle Anwen-
dung [PH13], [War13]. Dieser muss es dem Mittelstand
durch passende Formate und Transfermechanismen erlau-
ben, an aktuellen Entwicklungen der Forschungslandschaft
teilzuhaben und diese wirtschaftlich zu nutzen. Exempla-
risch können hier Pilotanwendungen und Best-Practice-
Beispiele genutzt werden. Es gilt, für Technologien und
Methoden zu sensibilisieren, deren Akzeptanz zu fördern
und die Wirtschaftlichkeit durch den Einsatz im Unterneh-
mensumfeld nachzuweisen. Dabei ist das Gespür für die
Bedarfe und die Leistungsfähigkeit der kleinen und mitt-
leren Unternehmen von zentraler Bedeutung [Ple03],
[PH13], [War13].
Vor diesem Hintergrund setzt it’s OWL eine konsequent
mittelstandsorientierte Transferstrategie um. Im Rahmen
des Spitzenclusters wurde in den vergangenen Jahren eine
Vielzahl von Technologien und Methoden entwickelt, die
in der sogenannten »Technologieplattform« gebündelt
werden (Bild 1). Diese gliedert sich in fünf übergeordnete
Technologiefelder, die Querschnittsprojekte: Selbstoptimie-
rung, Mensch-Maschine-Interaktion, Intelligente Vernet-
zung, Energieeffizienz und Systems Engineering. Ziel des
it’s OWL Technologietransfers ist die Verbreitung und
Einführung dieser Technologien und Methoden in kleine
und mittlere Unterneh men. Wesentliches Instrument sind
»Fokussierte Trans fer projekte«, die den Kern des Transfer-
konzepts darstellen.
BILD 1 Technologie- und Innovationsplattform als Ausgangsbasis für den Technologietransfer
QUERSCHNITTSPROJEKTE NACHHALTIGKEITSMASSNAHMEN
SelbstoptimierungPotenzialanalyse
Intelligente AssistenzsystemeMaschinelles Lernen
Prozess- und Maschinenüberwachung
MarktorientierungConjoint-Analyse
Marktanalysen
Mensch-Maschine-InteraktionBedienkonzepte
Interaktive RobotikVirtuelle Design Reviews
Augmented Reality
VorausschauSzenario-Technik
Technologie-RoadmapGeschäftsmodelle
Intelligente VernetzungSelbstkonfigurationFernüberwachung
Plug & PlayKommunikationsarchitekturen
Prävention ProduktpiraterieProdukt- und Know-how-Schutz
BedrohungsanalysenSchutzkonzeption
EnergieeffizienzLeistungselektronikEnergiemanagement RessourceneffizienzEnergy Harvesting
TechnologieakzeptanzUsability-StudienTechnikfolgenabschätzungTechnikgestaltung
Systems EngineeringMechatronische Systembeschreibung Modellierung und AnalyseMechatronischer BaukastenSchnittstellen-Standardisierung
Arbeit 4.0Arbeitsorganisation und -gestaltungInteraktionstechnikenAssistenzsystemeQualifizierungen
TECHNOLOGIE- UND
INNOVATIONS- PLATTFORM
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEUTSCHLAND | 7
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Das große Potenzial des Technologietransfers zur Über-
tragung neuer Technologien in die wirtschaftliche Nut-
zung ist schon lange bekannt. Daher ist der Technologie-
transfer seit jeher ein wichtiger Hebel zur Sicherung der
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Dieser
gewinnt vor dem Hintergrund der Herausforderungen von
Industrie 4.0 zusätzlich an Bedeutung, will Deutschland
nicht nur Industrie 4.0-Technologien entwickeln und
exportieren, sondern diese als führender Produktions-
standort auch selber einsetzen. Es bestehen aktuell sehr
gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Technolo-
gietransfer. Deutschland ist auf vielen Gebieten Spitzen-
reiter in der erkenntnisgetriebenen und innovativen
Forschung [PH13]. Viele Forschungsförderprogramme
basieren bereits auf kooperativen Verbundprojekten
zwischen Wissenschaft und Industrie.
Verschiedene Institutionen nehmen sich der Aufgabe an,
die Partner aus Industrie und Wissenschaft zusammen-
zuführen. Diese Initiativen führen zu in einer Vielzahl von
Transfereinrichtungen, geschaffen durch Forschungs-
einrichtungen und -förderer [PH13]. Durch den Einsatz
zielgerichteter Transferkanäle und -instrumente treiben
sie den Technologietransfer in Deutschland voran. Dabei
soll insbesondere durch den Abbau von Transfer barrieren
ein mittelstandsgerechter Technologietransfer erreicht
werden.
AKTEURE DES TECHNOLOGIETRANSFERS
Die verschiedenen Transfereinrichtungen verfolgen das
gemeinsame Ziel, Erkenntnisse und Technologien, soge-
nannte Transferobjekte, an Unternehmen zu übertragen.
Der Partner, der die zu transferierende Leistung anbietet,
tritt als Transfergeber auf. Transfergeber sind die Know-
how-Träger (Wissenschaft) und somit Besitzer der neuen
Technologien und Forschungsergebnisse. Der empfan-
gende Partner wird Transfernehmer genannt. Sie werden
auch als potenzielle Nachfrager (Unternehmen) des
Technologietransfers bezeichnet [KS13]. Dabei wird zwi-
schen direktem und indirektem Transfer unterschieden. Im
Rahmen des direkten Transfers erfolgt eine unmittel bare
Zusammenarbeit zwischen Transfergeber und -nehmer.
Bei einem indirekten Transfer werden »Transfermittler«,
bspw. Kammern und Wirtschaftsförderungs gesellschaften,
zwischengeschaltet [Kor13].
Transfereinrichtungen sprechen unterschiedliche Ziel-
gruppen an und lassen sich in drei Kategorien einteilen
[PH13]:
1 | Forschungsnahe Stellen: Universitäten, Hochschu-
len oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen
wie Fraunhofer-Institute vermitteln ihre Forschungs-
dienstleistungen bzw. -ergebnisse direkt an interes-
sierte Partner. Hierfür werden oftmals eigens gegrün-
dete Trägerorga nisationen mit Demonstrations- und
Anwenderzentren aufgebaut.
2 | Intermediäre Technologietransferstellen: Inter-
mediäre Stellen sind Transferagenturen, Transfernetz-
werke und Informationsvermittlungsstellen, welche
meist regional ausgerichtet sind. Sie verfolgen das
Ziel, Innovationen, Unternehmensgründungen sowie
-entwicklungen zu unterstützen.
3 | Wirtschaftsnahe Stellen: Hierunter fallen Indust-
rie- und Handelskammern, Technologieagenturen,
Techno logiezentren und Forschungsvereinigungen von
Indus trieverbänden. Im Fokus der Transferaktivitäten
stehen Beratung und Organisation.
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEUTSCHLANDBRÜCKENSCHLAG ZWISCHEN WISSENSCHAFT UND WIRTSCHAFT
8 | TECHNOLOGIETRANSFER IN DEUTSCHLAND
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
Der Brückenschlag, um Erkenntnisse und Technologien
aus der Wissenschaft an Unternehmen zu übertragen,
kann über unterschiedliche Kanäle und Instrumente
erfolgen. Die Transferkanäle reichen dabei von Service-
leistungen, wie Beratungsgesprächen, bis hin zu unmit-
telbaren projektbezogenen Kooperationen.
KANÄLE DES TECHNOLOGIETRANSFERS
Voraussetzung für einen erfolgreichen Technologietrans-
fer in den Mittelstand ist der Einsatz unternehmens-
gerechter und flexibler Transferinstrumente, die sich
verschiedenen Kanälen zuordnen lassen (Bild 2).
In Abhängigkeit der eingesetzten Kanäle und Instru mente
wird ein erfolgreicher Breiten- und/oder Tiefentransfer
ermöglicht. Der Breitentransfer umfasst Maßnahmen, die
das gesamte Transferangebot bekannt machen und
interessierte Nachfrager darüber informieren. Der Tiefen-
transfer bezeichnet dagegen die konkrete Lieferung um-
fassender, vertiefender Informationen an einen Nach frager.
Er bezieht sich in der Regel auf einzelne Themengebiete
bzw. Technologien. Instrumente des Tiefentransfers reichen
von der detaillierten Beschreibung einer Technologie bis
hin zur unmittelbaren Verwertung dieser in einem Unter-
nehmen [Kor13], [WKL13].
Im Zuge der Digitalisierung bietet sich eine Vielzahl neuer
Transferinstrumente: Vor allem Massive Open Online
Courses (MOOC) sind als Instrument etabliert und weit
verbreitet. Ferner werden Technologie- und Projektpor tale,
Foren oder interaktive Videos erfolgreich für den Techno-
logietransfer eingesetzt. Das Heinz Nixdorf Institut in
Paderborn stellt z. B. in einer virtuellen Fachausstellung
die Inhalte und Ergebnisse des Sonderforschungsbereichs
614* »Selbstoptimierende Systeme des Maschinenbaus«
zur Verfügung. Insbesondere der Breitentransfer kann durch
die Beschreibung von Forschungsergebnissen, z. B. auf
Websites oder durch den Versand von Newslettern, geför-
dert werden.
BARRIEREN WIRKEN DEM TECHNOLOGIE-TRANSFER ENTGEGEN
Trotz der herausragenden deutschen Spitzenforschung
und des damit einhergehenden großen Potenzials zur
wirtschaftlichen Umsetzung der Erkenntnisse bleibt das
Angebot vielfach ungenutzt. Verschiedene Transferbarri-
eren wirken einem effizienten und zielgerichteten Trans-
fer entgegen. Insbesondere der Transfer zu kleinen und
mittleren Unternehmen erweist sich als außerordentlich
herausfordernd (Bild 3).
* Eingang zur virtuellen Fachausstellung des SFB614 über: www.sfb614.de
BILD 2 Transferkanäle und -instrumente
»Große Forschungsprojekte sind für KMU inhaltlich oft überdimensioniert und schrecken durch formelle Hürden und lange Vorlaufzeiten zusätzlich ab.«DR. CHRISTOPH VON DER HEIDEN | Geschäftsführer IHK Ostwestfalen zu Bielefeld
Aus- und Weiterbildung
Wissenschaftliche Kommunikation
Service- leistungen
Schutzrechte Unternehmens- gründungen
Projektbezogene Instrumente
Lehrmaterialien
Gastvorträge
Praktika
Lehrvideos
Publikationen
Messen
Konferenzen
Beratungsleistungen
Gutachtertätigkeiten
Patente
Lizenzen
Technologieorientierte
Unternehmensgrün-
dungen von Wissen-
schaftlern
Auftragsforschung
Forschungs- und
Entwicklungs-
kooperationen
Dissertationen
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEUTSCHLAND | 9
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Barrieren treten aufseiten beider Kooperationspartner auf,
d. h. bei Transfergebern und Transfernehmern. Dabei be-
treffen sie nicht nur den Transferprozess als solchen, son-
dern können eine mögliche Kooperation zwischen Wissen-
schaft und Industrie bereits im Vorfeld verhindern. Zu den
Barrieren der Transferanbahnung zählen mangelnde Kon-
taktmöglichkeiten und fehlende Informationsangebote,
schlechte Erfahrungen, Vorurteile gegenüber den Koope-
rationspartnern sowie Geheimhaltungs- und Schutzrecht-
probleme. Vorherrschende Vorurteile können sich dabei
aufseiten des potenziellen Transfernehmers z. B. in der Auf-
fassung äußern, dass Universitäten vorrangig eigene For-
schungsprojekte vorantreiben und sich nicht auf die Stär-
kung des Unternehmens konzentrieren wollen. Aufseiten
des Transfergebers wird dagegen oftmals befürchtet, dass
Unternehmen ihr Know-how sichern und den Rückfluss in
die Forschung behindern.
Neben den Barrieren der Transferanbahnung können die
Barrieren der Transferumsetzung zu einem ergebnislosen
Transfer führen. So hemmen fehlende Fähigkeiten und Be-
reitschaft, nicht ausreichende Ressourcen, gegensätzliche
Ziele, unterschiedliche oder ungeklärte Zeitvorstellungen
sowie mangelnde Priorität des Transfers die Zusammen-
arbeit zwischen Transfergeber und -nehmer. Mangelnde
Fähigkeiten entstehen aufseiten der Forschung etwa durch
eine zu geringe Anwendungsnähe der Forschungsergeb-
nisse. Aufseiten des Unternehmens können z. B. finanziel-
le Aspekte den Transfer erschweren [Kor13], [Ple03],
[Rau13], [Mei01].
ANFORDERUNGEN AN EINEN MITTELSTANDS-ORIENTIERTEN TECHNOLOGIETRANSFER
Wesentlicher Eckpfeiler eines erfolgreichen Technologie-
transfers ist demnach der Abbau der genannten Barrieren.
Hierfür ist ein zielgerichtetes, dauerhaftes und umfassen-
des Konzept notwendig. Es müssen verschiedene Kanäle
bedient und eine Auswahl an Transferinstrumenten bereit-
gestellt werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei eine
Zusammenführung sämtlicher Maßnahmen, um sowohl
eine Tiefen- als auch Breitenwirksamkeit zu erreichen. Ein
für den Mittelstand geeigneter Technologietransfer muss
zudem besonders die Bedürfnisse kleiner und mittlerer
Unternehmen berücksichtigen. Es gilt, zwischen der Nach-
frage und dem Technologieangebot zu vermitteln, um eine
größtmögliche Überdeckung zu erzielen.
BILD 3 Barrieren des Technologietransfers
TRANSFERNEHMERTRANSFERGEBER
Barrieren der Transferanbahnung Mangelnde Kontaktmöglichkeiten Fehlende Informationsmedien Schlechte Erfahrungen aus Vorgängerprojekten Vorurteile gegenüber Kooperationspartnern Geheimhaltungs- und Schutzrechtprobleme
Barrieren der Transferumsetzung Mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft Fehlende Ressourcen Gegensätzliche Ziele der Kooperationspartner Unterschiedliche/ungeklärte Zeitvorstellungen Fehlende Priorität des Technologietransfers
Technologien und Methoden Erfahrungs- und Anwendungswissen
ZIELE:
Zugang des Mittelstands zur Technologieplattform
Technologiesprung von kleinen und mittleren Unter nehmen
Breite Nutzung der Forschungsinfrastruktur durch
Industrie 4.0-Transferzentren
Neue Impulse für Forschungsaktivitäten
Abbau von Transferbarrieren
Etablierung einer Kooperationskultur
Stärkung des Wirtschaftsstandorts
10 | TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERS
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
Familiengeführte Betriebe und ein breiter Mittelstand
bilden den Kern produzierender Unternehmen in OstWest-
falenLippe. Ihre Innovationskraft ist der entscheidende
Erfolgsfaktor für die Region. Diesen Unternehmen muss es
gelingen, die sich durch Industrie 4.0 bietenden Chancen
zu nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu er-
halten und auszubauen. Sie benötigen einen Zugang zu
Schlüsseltechnologien, insbesondere im Kontext intelli-
genter technischer Systeme.
An diesem Punkt setzt das it’s OWL Transferkonzept an. Es
schafft einen ganzheitlichen Ansatz, der konsequent an
den Bedarfen des Mittelstands ausgerichtet ist. So sollen
Transferbarrieren abgebaut, Impulse für nachhaltige For-
schungs- und Entwick lungstätigkeiten gesetzt und die Koope-
rationskultur der Region weiter gestärkt werden. Die Univer-
sitäten und Forschungseinrichtungen stellen in der Techno-
logieplattform erprobte Lösungen aus den Bereichen Selbst-
optimierung, Mensch-Maschine-Interaktion, Intelligente
Vernetzung, Energieeffizienz und Systems Engineering be-
reit. Diesem Technologieangebot steht die Nachfrage bzw.
der Bedarf der Unternehmen gegenüber. Die Herausforderung
besteht darin, Angebot und Nachfrage zusammenzuführen.
Mit dem Transferkonzept soll sowohl eine Breiten- als auch
Tiefenwirksamkeit der Transfermaßnahmen erreicht wer-
den. Dafür kommen verschiedene Kanäle und Instrumente
zum Einsatz. Den Kern bilden sogenannte fokus sierte Trans-
ferprojekte. Dabei handelt es sich um anwendungsorien-
tierte Kooperationsprojekte mit kurzer Dauer zwischen
einem Unternehmen und einer Forschungs stelle.
VIER STUFEN ZUM TRANSFERERFOLG
Die Grundlage des Transferkonzepts bildet ein vierstufiges
Modell des Technologietransfers (Bild 4) nach Warschat
[WAR13] und Korell [KS13]. In einem ersten Schritt wer-
den die Unternehmen auf die it’s OWL Technologieplatt-
form aufmerksam gemacht und grundlegende Informatio-
nen zur Verfügung gestellt. So fanden z. B. im Rahmen
der it’s OWL Strategietagung mit über 300 Teilnehmern
mehrere Workshops statt, in denen das Transferkonzept
einem breiten Publikum vorgestellt wurde. Bei der Ver-
breitung der Inhalte spielen zudem die Transfermittler der
Region eine entscheidende Rolle. Die prominente Platzie-
rung des Technologietransfers in den verschiedenen Ver-
anstaltungen dieser Partner hat wesentlich zum hohen
Bekanntheitsgrad der Angebote des Technologietransfers
in OstWestfalenLippe beigetragen.
Im Rahmen der zweiten Stufe wird das Verständnis über
verfügbare Inhalte und Lösungen weiter vertieft. Dabei
konzentriert sich die Informationsvermittlung auf einen
Technologiebereich. Primäres Transferinstrument dieser
Stufe sind Informationsveranstaltungen, auf denen Ver-
treter von Forschungseinrichtungen und Erstanwender im
Sinne von Best-Practice-Beispielen über den erfolgreichen
Einsatz von Technologien, Verfahren oder Methoden be-
richten. Ein Beispiel ist das OWL Forum für Technologie
und Innovation – »solutions«1. Die Veranstaltungsreihe
TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERSTRANSFER FÖRDERN, INNOVATION BESCHLEUNIGEN
Transferveranstaltungen,Veranstaltungsprogramm »solutions« und Messen
TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERS | 11
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
hat sich als Plattform etabliert, um neue Technologien aus
dem Spitzencluster in die Breite zu tragen und neue An-
wendungsfelder zu erschließen. In viele Veranstaltungen
fließen Ergebnisse aus den Spitzencluster-Projekten ein.
Die dritte Stufe beinhaltet die Identifikation konkreter
Angebote aus der Technologieplattform zur Lösung von
Fragestellungen aus der betrieblichen Praxis der Unter-
nehmen. Dazu werden bspw. Fachgespräche zwischen
Transfergeber und potenziellem Transfernehmer vor Ort
im Unternehmen durchgeführt. So wurde z. B. im Rahmen
des Technologietransfers eine eigenständige Fachgruppe
zum Themenfeld Systems Engineering2 gegründet. In der
Fachgruppe werden Herausforderungen aktueller Entwick-
lungsprozesse und Lösungsansätze diskutiert. Vorträge
aus dem Spitzencluster it’s OWL liefern Praxisbeispiele.
Ein weiteres geeignetes Instrument sind Workshops, in
denen Unternehmen Technologien und Lösungen für indi-
viduelle Fragestellungen unverbindlich testen können. So
können Unternehmen relevante Themen im Kontext intel-
ligenter technischer Systeme für ihren Betrieb bestimmen
und ein fokussiertes Transferprojekt planen.
Die konkrete Durchführung der fokussierten Technologie-
transferprojekte bildet die vierte Stufe des it’s OWL Trans-
ferkonzepts. Durch die projektbezogene Zusammenarbeit
von Transfernehmern und -gebern wird eine zielgerich tete
Nutzung und Integration der neuen Technologien in Unter-
nehmen gefördert.
FOKUSSIERTE TRANSFERPROJEKTE
In einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten fördern
fokussierte Transferprojekte die Einführung und Qualifika-
tion von Technologien aus dem Spitzencluster. Dabei wird
der Aufwand des Transfergebers, z. B. Personal und Reise-
kosten, zu 100 % gefördert. Der Transfernehmer trägt ledig-
TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERS
BILD 4 Vier-Stufen-Modell des Technologietransfers [WAR13, KS13]
Transferveranstaltungen,Veranstaltungsprogramm »solutions« und Messen
Erfahrungsaustauschgruppen und Weiterbildungen
Zielgerichtete Workshops zu ausgewählten Inhalten
Transferprojekte für konkrete Aufgabenstellungen
Nutzung, Integration
Ausprobieren und Testen
Vertieftes Verständnis
Aufmerksamkeit und erste Information
TIEF
ENTR
AN
SFER
BRE
ITEN
TRA
NSF
ER
1 solutions – In rund 30 Veranstal-
tungen informieren sich jeden
Herbst Unternehmen, Forschungs-
einrichtungen und Organisationen
über aktuelle Entwicklungen auf
dem Gebiet der intelligenten tech-
nischen Systeme.
2 Die it’s OWL »Fachgruppe Systems Engineering« bietet Projektmana-
gern, Entwicklungsleitern und Füh-
rungskräften ein Format für regel-
mäßigen Austausch und Diskussion
zur effizienten und vorausschauen-
den Entwicklung intelligenter tech-
nischer Systeme.
BEISPIELE FÜR TRANSFERPROJEKTE:
Potenzialanalyse für den Einsatz von Selbstopti mierung
Erweiterung einer Anlagensteuerung um intelligente
Regelungs- und Steuerungsfunktionen
Lösungen zur vereinfachten Inbetriebnahme und
(Re-)Konfiguration von Anlagen
Implementierung von Betriebsstrategien für ein
effizientes Energiemanagement
Optimierung des Anforderungs- und Entwicklungsmanage-
ments für intelligente Produkte
12 | TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERS
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
lich seinen eigenen Aufwand. Ziel der Transferprojekte ist
es, Unternehmen der Region zu einem höheren technischen
Reifegrad zu verhelfen.
Kleine und mittlere Unternehmen bevorzugen Projekte ohne
große formale Hürden oder lange Vorlaufzeit, die in über-
schaubarer Zeit messbare Ergebnisse erzielen. Klassische
Forschungsprojekte mit einer Projektlaufzeit von mehreren
Jahren sind dafür ungeeignet. Hier setzen fokussierte
Transferprojekte an. Sie berücksichtigen den individuellen
Iststand der Unternehmen und bilden einen ersten kon-
kreten Schritt auf dem Weg zur Umsetzung von intelligen-
ten technischen Systemen. Auf diese Weise ermöglichen
Transferprojekte kleinen und mittleren Unternehmen die
Durchführung von Projekten mit technischem Risiko, die
diese z. B. aufgrund fehlender Ressourcen oder Kompeten-
zen andernfalls nicht durchführen würden.
Der erfolgreiche Abgleich von Technologieangebot und
-nachfrage zur Anbahnung des Transferprojekts erfordert
zahlreiche Einzelgespräche. Die Mehrzahl dieser Gespräche
im Spitzencluster wird durch Transfermittler geführt, die
in einem Transferteam organisiert sind. Die Mitglieder des
Transferteams sind bei den Industrie- und Handelskam-
mern, den Wirtschaftsförderern und den Branchennetz-
werken der Region beschäftigt und verfügen daher über
ausgezeichnete Kontakte zu Unternehmen. Gleichzeitig be-
sitzen sie detaillierte Kenntnisse über die Technologieplatt-
form des Spitzenclusters. Der Aufbau einer persönlichen
Vertrauensbasis durch die Transfermittler ist ein wesent-
licher Erfolgsfaktor des it’s OWL Technologietransfers.
TRANCHENKONZEPT UND AUSWAHL-VERFAHREN
Im Rahmen der Clusterförderung werden in drei Jahren
über 150 Transferprojekte abgewickelt. Um ein Transfer-
projekt umsetzen zu können, müssen sich Transfergeber
und -nehmer gemeinsam mit einer Projektskizze bewer-
ben. Projektskizzen können über das gesamte Jahr einge-
reicht werden. Die Auswahl der Projekte erfolgt jedoch
zu festen Stichtagen in vier Tranchen. Nach dem Eingang
werden die Projektskizzen anhand festgelegter Bewer-
tungskriterien fachlich begutachtet. Das Auswahlverfah-
ren folgt einem festen Ablauf in drei Phasen (Bild 6).
Phase 1: Projektdefinition. Die Transferpartner verfas-
sen gemeinsam eine Projektskizze und reichen diese im
Transferbüro des Clustermanagements ein. Diese muss die
übergeordneten Anforderungen erfüllen. Ein Unternehmen
darf pro Tranche max. zwei Projekte durchführen. Über die
Gesamtlaufzeit des it’s OWL Technologietransfers sind
max. drei Transferprojekte je Unternehmen zulässig. Wenn
ein Unternehmen verschiedene Transferprojekte beantragt,
müssen diese grundsätzlich unterschiedliche Themen-
bereiche adressieren.
BILD 5 Meilensteine des Technologietransfers im Spitzencluster
2012 2013
Start des Spitzenclusters: 10 Mio. Euro für den
it’s OWL Technologie-
transfer vorgesehen
Konzeptentwicklung:Breitentransfer und
Tiefentransfer bilden
eine Einheit (Vier-Stufen-
Modell)
Vorbereitungs projekt: Start des Technologie-
transfers
Standardisierter Prozess: Einführung einheitlicher
Rahmenbedingungen für
Transferprojekte
Bekanntmachung: Intensive Bewerbung in
Informationsveranstal-
tungen, Messen, Fach-
workshops und persön-
lichen Gesprächen
TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERS | 13
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Phase 2: Projektbewertung. Alle Projektskizzen werden
von unabhängigen Gutachtern anhand fest definierter
Kriterien (z. B. Originalität, Hebelwirkung oder Dringlich-
keit) bewertet. Es wird jeweils ein Gutachten von einem
wissen schaftlichen und einem wirtschaftlichen Experten
erstellt. Bei starken Abweichungen der Bewertungen wird
zusätzlich ein Drittgutachten eingeholt. Das Ergebnis der
Projektbewertung ist ein Ranking der eingegangenen
Projektskizzen.
Phase 3: Projektauswahl. Das it’s OWL Clusterboard
entscheidet als Gremium auf Basis des Rankings über die
finale Auswahl der Transferprojekte einer Tranche. Nach
positiver Prüfung folgt die formale Bewilligung durch den
Projektträger.
DURCHFÜHRUNG UND ABSCHLUSS DER TRANSFERPROJEKTE
Die Grundlage für eine zielgerichtete und zweckmäßige
Beantragung und Durchführung der Transferprojekte bildet
ein standardisiertes und im Vorfeld mit allen Partnern
abgestimmtes Regelwerk. Eine einfache Struktur und eine
Reduzierung der formalen Hürden erleichtert dem Mittel-
stand die Beantragung. Insgesamt sind acht Anforde rungen
zu berücksichtigen, wie z. B. die Ansässigkeit der beteilig-
2014 2015
1. Tranche:Beantragung und Start
mit 39 Transferprojekten
aus 60 Einreichungen
Projektstart: Formale Beantragung
und Start des Gesamt-
projekts it’s OWL
Techno logietransfer
2. Tranche: Beantragung und Start
mit 34 Transferprojekten
aus 66 Einreichungen
1. it’s OWL Transfertag: Konkrete Lösungen aus
dem Mittelstand. Mit 39
Projektabschlüssen und
über 200 Teilnehmenden
Ausbau des Transfers: Über 16 Mio. Euro,
Ziel: 150 Projekte in
vier Tranchen
BILD 6 Auswahlverfahren der Transferprojekte in drei Phasen
PROJEKTDEFINITION
PROJEKTSKIZZE
PROJEKTBEWERTUNG
RANKING
PROJEKTAUSWAHL
TRANSFERPROJEKTE
Entwicklung einer Projektskizze Fristgerechte Einreichung im Transferbüro
Prüfung formaler Anforderungen Fachliche Bewertung durch zwei Jurymitglieder Drittgutachten bei stark abweichender Bewertung
Finale Projektauswahl durch Clusterboard
1
2
3
14 | TRANSFERKONZEPT DES SPITZENCLUSTERS
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
ten Partner in der Region. Die Entwicklung der max. zwölf-
seitigen Projekt skizze erfolgt in der Regel durch die Hoch-
schulen und Forschungseinrichtungen, die mit diesen
Prozessen vertraut sind.
Die Bereitstellung des Regelwerks* ist ein weiterer zen-
traler Erfolgsfaktor des it’s OWL Transferkonzepts. Es er-
läutert die Rahmenbedingungen und beschreibt das
Vorgehen von der Beantragung über die Durchführung
bis hin zum Abschluss der Transferprojekte. Auf diese
Weise wird ein gemeinsames Verständnis über die Durch-
führung und Ziele der Transferprojekte geschaffen. Das
Transferbüro des Spitzenclusters trägt ebenfalls wesent-
lich zum Erfolg des Technologietransfers bei. Es infor-
miert, berät und unterstützt Unternehmen während des
gesamten Transferprozesses: von der Entwicklung einer
Projektidee über die Vermittlung geeigneter Forschungs-
partner bis hin zur Einreichung einer Projektskizze. Bei
Bedarf vermittelt das Transferbüro auch während der
Projektumsetzung zwischen den beteiligten Partnern. Als
zentrale Koordi nationsstelle organisiert es zudem Infor-
mationsveran stal tungen, Workshops sowie den it’s OWL
Transfertag.
Voraussetzung zur Durchführung eines fokussierten Trans-
ferprojekts ist ein Kooperationsvertrag zwischen Transfer-
geber und Transfernehmer. Dieser regelt die Zusammen-
arbeit im Projekt (Rechte und Pflichten). Dazu zählen unter
anderem der Umgang mit Schutzrechten wie Intellectual
Property Rights (IPR) und die Dokumentation der Auf wände
des Transfernehmers. Die Bearbeitung der Aufgabenstel-
lung des Transferprojekts erfolgt stets in enger Abstim-
mung beider Transferpartner.
Den Abschluss der fokussierten Transferprojekte bilden
eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse und ein Ab-
schlussbericht. Die Transferprojekte werden im Rahmen
des jeweils zum Abschluss einer Tranche stattfindenden
it’s OWL Transfertags präsentiert. An der Veranstaltung
nehmen die Projektpartner, das Clustermanagement, wei-
tere interessierte Teilnehmer sowie Vertreter des Förde-
rers (BMBF) und des Projektträgers teil. Zusätzlich findet
eine jährliche Evaluierung des Technologietransfers auf
Basis einer Online-Befragung statt. Dadurch wird der Ziel-
erreichungsgrad der Transferprojekte angefragt und eine
kontinuierliche Weiterentwicklung des it’s OWL Transfer-
konzepts gewährleistet.
Über 200 Teilnehmer informierten sich auf dem it’s OWL Transfertag in Gütersloh über die Ergebnisse der ersten Transferprojekte.
* Das vollständige Re-gelwerk für fokussierte Transferprojekte sowie standardisierte Vorlagen für die Projektskizze sind online verfügbar: www.its-owl.de/transfer
TRANSFERUNTERNEHMEN | 15
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Mit dem Transferkonzept unterstützt it’s OWL besonders
kleine und mittlere Unternehmen, um sich auf die Her-
ausforderungen der Digitalisierung einzustellen. In den
ersten zwei Tranchen führten 58 Unternehmen in insge-
samt 73 Transferprojekten neue Technologien aus dem
Spitzencluster ein. Die Grundlage dafür bildet die von
den Hochschulen und Forschungseinrichtungen entwi-
ckelte Technologie- und Innovationsplattform für Intelli-
gente Technische Systeme. Bis Ende 2017 sind zwei wei-
tere Tranchen geplant.
UNTERNEHMEN (1. TRANCHE)
UNTERNEHMEN (2. TRANCHE)
TRANSFERUNTERNEHMENINDUSTRIE 4.0 FÜR DEN MITTELSTAND
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TRANSFERZENTREN IN OSTWESTFALENLIPPETECHNOLOGIEN ZUM AUSPROBIEREN
DAS MMI-TRANSFERLABORDas Mensch-Maschine-Inter aktion-Transferlabor wird im CITEC Forschungs-
bau der Universität Bielefeld betrieben und bündelt die Kom petenzen der
beteiligten Forschungsinstitute Heinz Nixdorf Institut (HNI) in Paderborn,
Institut für Kognition und Robotik (CoR-Lab) und Exzellenzcluster Kognitive
Interaktionstechnologie (CITEC). Im Transferlabor können interessierte
Unter nehmen neueste Interaktions- und Robotiktechnologien kennen lernen
und Software zur Realisierung von Interaktion praktisch evaluieren.
Kompetenzen: Virtual/Augmented Reality, Interaktive Robotik,
Maschinelles Lernen, Inter aktionsdesign, Usability & Evaluation,
Automatische Bild verarbeitung
Angebote: Demonstratoren, Beratungen und Schulungen
Kontakt: www.cor-lab.de
Die im Spitzencluster entwickelten Technologien gelangen durch Transferzentren
in die Umsetzung. Unternehmen erleben die Anwendung von Forschungsergebnis-
sen in der Praxis und identifizieren konkreten Nutzen. In OstWestfalenLippe bieten
drei bestehende Demonstrationszentren Einblicke in Industrie 4.0-Lösungen.
Mittellandkanal
Paderborn-Lippstadt
16 | TRANSFERZENTREN IN OSTWESTFALENLIPPE
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
BAD PYRMONT
HAMELN
MINDEN
DETMOLD
HÖXTER
PADERBORN
LEMGO
DIE SMARTFACTORYOWLDie SmartFactoryOWL der Fraunhofer-Gesellschaft und der Hochschule OWL
ist ein herstellerunabhängiges Industrie 4.0-Anwendungs- und Demons-
trationszentrum und zugleich Testfeld für den Mittelstand. Unternehmen
können neue Industrie 4.0-Technologien ausprobieren, testen und mit Unter-
stützung eines fächerübergreifenden Expertenteams in ihre Produktions-
und Arbeitsprozesse integrieren. Im Mittelpunkt stehen die wichtigsten
Handlungsfelder der intelligenten Fabrik: Wandlungsfähigkeit, Ressourcen-
effizienz und Mensch-Maschine-Interaktion.
Kompetenzen: Industrielle Kommunikation, Bildverarbeitung und
Mustererkennung, Analyseverfahren in der Automation
Angebote: Demonstratoren, reale Produktions- und IT-Umgebung,
Beratungen, Schulungen
Kontakt: www.smartfactory-owl.de
DAS SE LIVE LABDas Systems Engineering LIVE LAB des Fraunhofer IEM in Paderborn ist ein
Anwender- und Transferzentrum, in dem neuste Methoden und Werkzeuge
für die Entwicklung technischer Systeme erprobt, verglichen und angewendet
werden. Unternehmen lernen innovative Produkte und komplexe Systeme
erfolgreich zu entwickeln – im Umfeld von cyber-physischen Systemen und
Industrie 4.0.
Kompetenzen: SE-Methoden und -Sprachen, Model-Based Systems
Engineering (MBSE), PDM/PLM
Angebote: Pilotprojekte, Beratung, Schulungen, Zertifizierungen
Kontakt: www.selive.de
Mittellandkanal
Paderborn-Lippstadt
TRANSFERZENTREN IN OSTWESTFALENLIPPE | 17
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
18 | ERFOLGSGESCHICHTEN
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
Im Jahr 2015 wurde die erste Tranche der it’s OWL Trans-
ferprojekte erfolgreich abgeschlossen sowie eine zweite
Tranche gestartet. In 73 fokussierten Transferprojekten
werden Innovationen und Methoden der Technologieplatt-
form in kleinen und mittleren Unternehmen in OstWestfalen-
Lippe eingeführt (Bild 7). Die abgeschlos senen Projekte
bieten dabei anderen interessierten Unternehmen eine
wichtige Orientierung für eigene Transfer- oder Forschungs-
projekte. Nachfolgend wird zu den fünf Querschnitts-
themen (Selbstoptimierung, Mensch-Maschine-Interaktion,
Intelligente Vernetzung, Energieeffizienz sowie Systems
Engineering) je ein Transferprojekt vor gestellt.
ERFOLGSGESCHICHTENINDUSTRIENAHE LÖSUNGEN DURCH TRANSFERPROJEKTE
BILD 7 Infografik Transferprojekte 1. und 2. Tranche (Zeitraum: 1. Juli 2014 bis 30. Juni 2016)
3.548.052 € FÖRDERSUMME ALLER PROJEKTE
VERTEILUNG NACH MITARBEITERN
126 PROJEKTEWURDEN BEANTRAGT
73 PROJEKTEWURDEN UMGESETZT
VERTEILUNG DER UNTERNEHMEN NACH BRANCHE
3 % Arm
aturen
34 %
Mas
chine
n- un
d Anla
genb
au
16 %
Haus-
und G
ebäu
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hnik
15 %
Elek
trotec
hnik,
Mec
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nik
9 % Auto
matisie
rung
5 % Dien
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7 % Soft
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5 % M
edizin
techn
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d Che
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6 % Auto
motive
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Verke
hr
Mensch-Maschine-Interaktion
Systems Engineering
10 %
26 %
34 %
9 %
9 %
12 %
Intelligente Vernetzung
über 1.000
bis 1.000
bis 500
Selbst- optimierung
Energieeffizienz
bis 10
bis 50
bis 250
20
20
13
11
9
VERTEILUNG NACH TECHNOLOGIEFELDERN
€€€
SELBSTOPTIMIERUNG | 19
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
ERFOLGSGESCHICHTEN
Zukünftige Maschinen und Anlagen werden in der Lage
sein, autonom und flexibel auf veränderte Betriebs-
bedingungen zu reagieren und ihr Verhalten optimal an
veränderte Situationen anzupassen. Die Ansätze der
Selbst opti mierung, wie z. B. fortgeschrittene Regelung,
mathematische Optimierung sowie maschinelles Lernen,
ermöglichen die Umsetzung dieser Vision.
Venjakob Maschinenbau, ein mittelständischer Hersteller
von Lackieranlagen aus Rheda-Wiedenbrück, hat die
Chancen der Selbstoptimierung erkannt. Gemeinsam mit
Wissenschaftlern des Heinz Nixdorf Instituts und des
Fraunhofer IEM hat das Unternehmen erste Schritte zur
Entwicklung einer intelligenten Lackieranlage unter-
nommen. Diese soll bspw. frühzeitig den Verschleiß von
Bauteilen erkennen und dem Anlagenbediener selbst-
ständig melden. Im Rahmen eines Transferprojekts wurden
Verbesserungspotenziale bei aktuellen Anlagen identi fiziert
und Umsetzungsideen erarbeitet.
Ein Ergebnis ist die Analyse und Optimierung des Reini-
gungsprozesses der Anlagen vor dem Lackieren. Während
der Reinigung neutralisiert und entfernt ein Ionisierstab
geladene Staubkörner auf dem Werkstück. Wenn die Leis-
tung des Ionisierstabs nachlässt und die Wartung nicht
rechtzeitig erfolgt, beeinträchtigt dies den gesamten Lackier-
prozess. Staubkörner werden einlackiert und das Werk-
stück wird unbrauchbar. Der Einsatz maschineller Lernver-
fahren ermöglicht eine vorausschauende Wartungsplanung
(Condition Monitoring), bei der die Lackieranlage den Mit-
arbeiter frühzeitig über die drohende Wartung informiert.
Ausschuss und ungeplante Ausfallzeiten werden minimiert.
Im Rahmen des Transferprojekts wurde eine Vielzahl an
Potenzialen im Kontext der Selbstoptimierung ermittelt.
Diese bilden, neben der unternehmenseigenen Forschung,
die Grundlage für zukünftige Innovationen. Dadurch wird die
Weiterentwicklung der Lackieranlagen sichergestellt und die
Marktposition Venjakobs als Innovationsführer ausgebaut.
SELBSTOPTIMIERUNGPOTENZIALANALYSE ZUR ENTWICKLUNG INTELLIGENTER LACKIERANLAGEN
TRANSFERPROJEKT
Die Lackieranlage von Venjakob wurde mit Funktionen zur Selbst optimierung ausgestattet.
20 | MENSCH-MASCHINE-INTERAKTION
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
MENSCH-MASCHINE-INTERAKTIONINTELLIGENTE BENUTZUNGSSCHNITTSTELLEN FÜR OPTIMIERTE FERTIGUNG
TRANSFERPROJEKT
steute Schaltgeräte unterstützt die Hand-montage durch visuelle Assistenzsysteme.
Der zunehmende Einsatz von Informations- und Kommuni-
kationstechnik führt zu einer höheren Komplexität von
Produkten und Produktionssystemen. Die Folgen sind neue
Anforderungen an die Entwicklung bzw. Planung der Sys-
teme und eine veränderte Interaktion der Bediener mit den
intelligenten technischen Systemen. Gleichzeitig eröffnet
die rasante Entwicklung moderner Interaktionstechno logie
neue Möglichkeiten. So können Methoden der Mensch-
Maschine-Interaktion z. B. zur Verbesserung manueller
Montageprozesse beitragen.
Das Unternehmen steute Schaltgeräte mit Sitz in Löhne
möchte diese Potenziale nutzen und die Fertigung von
komplexen Fußschaltern verbessern. Die Schalter werden
in der Medizintechnik z. B. bei der Durchführung von
Augenoperationen eingesetzt. Die anspruchsvolle Mon tage
erfolgt in Handarbeit und erfordert höchste Präzi sion. Es
gelten höchste Ansprüche an Qualität und Zuverlässigkeit.
Um Fehler – insbesondere bei selten gefertigten Produkt-
varianten – zu vermeiden, müssen die Mitarbeiter im ma-
nuellen Montageprozess bestmöglich unterstützt werden.
In einem Transferprojekt hat steute Schaltgeräte in Zu-
sammenarbeit mit der Universität Bielefeld ein intelli-
gentes und intuitives Assistenzsystem entwickelt, das die
Arbeitsabläufe über eine grafische Benutzungsschnitt stelle
erklärt. Über einen Touchscreen wird dem Mitarbeiter
mithilfe von Bildern und Filmen gezeigt, wie die Einzel-
komponenten korrekt zu montieren sind. Zur Qualitäts-
sicherung können mit dem System ausgeführte Prozess-
schritte überprüft und papierlos dokumentiert werden. Die
Architektur des Assistenzsystems basiert auf standar-
disierten Prozessmodellen und lässt sich mit anderen
Ebenen der Unternehmens-IT verknüpfen. Darüber hinaus
ist eine dynamische Erweiterung des Systems möglich.
Dabei orientiert sich der Umfang der angezeigten Infor-
mationen an der Fehlerhäufigkeit während der Montage
eines Produkts oder am Erfahrungsstand der Mitarbeiter.
Erfahrene Mitarbeiter werden so nicht in ihrer Produkti-
vität eingeschränkt.
Das entwickelte Assistenzsystem hat viele Vorteile. Die
Mitarbeiter müssen nicht mehr in umfangreichen Arbeits-
anweisungen blättern, um die korrekte Abfolge der Arbeits-
schritte zu finden. Ablaufstörungen können direkt mit
Kamerabildern und weiteren Erläuterungen an den Ferti-
gungsleiter weitergegeben werden. Ferner kann das Sys-
tem auch zur Einarbeitung von Mitarbeitern genutzt werden.
INTELLIGENTE VERNETZUNG | 21
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Die Vernetzung von Systemen bis hin zu ihrer Integration
in das Internet der Dinge bildet für viele Unternehmen
einen Schlüssel zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. Eine
intelligente Vernetzung erlaubt die Umsetzung innova -
tiver Funktionen und die stetige Optimierung der indus-
triellen Produktion. Im Mittelpunkt stehen dabei die
Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit intelligenter tech-
nischer Systeme, z. B. durch automatische Konfiguration
und semantische Selbstbeschreibungsfähigkeit von Kom-
munikationssystemen. Auf diese Weise kann z. B. der Auf-
wand während der Inbetriebnahme, Konfiguration und
Wartung wesentlich reduziert werden.
Als Hersteller leistungsstarker Kantenanleimmaschinen
ergeben sich für Brandt Kantentechnik aus Lemgo in die-
sem Zusammenhang Optimierungspotenziale für die
Automatisierung der eigenen Systeme. Der Einsatz ver-
schiedener Feldbussysteme in den Maschinen führt zu
einer uneinheitlichen Kommunikationsarchitektur. Dies
erhöht die Komplexität der Systeme, erschwert die Ent-
wicklung neuer Anlagen und führt zu aufwendigen Inbe-
triebnahme- und Wartungsarbeiten.
Gemeinsam mit dem Institut für industrielle Informations-
technik (inIT) der Hochschule Ostwestfalen-Lippe hat das
Unternehmen in einem Transferprojekt Optimierungs-
potenziale in der Kommunikationsarchitektur identifiziert
und Strategien zur Umsetzung entwickelt. Auf Grundlage
einer Beschreibung der internen Topologie einer Referenz-
maschine wurden Anforderungen an eine einheitliche
Architektur abgeleitet. Anschließend wurden in einer
Marktanalyse verfügbare Feldbussysteme hinsichtlich
Leistungsfähigkeit und Funktionsumfang bewertet und
ein Integrationskonzept entwickelt. Das ausgewählte
ethernet-basierte Feldbussystem verbessert die Wieder-
verwendbarkeit und Austauschbarkeit der eingesetzten
Komponenten in den Maschinen. Dadurch werden sowohl
Entwicklungsprozesse als auch Inbetriebnahme- und
Wartungsabläufe vereinfacht.
MENSCH-MASCHINE-INTERAKTION INTELLIGENTE VERNETZUNGKOMMUNIKATIONSSYSTEME IN BEARBEITUNGSMASCHINEN OPTIMIEREN
TRANSFERPROJEKT
Brandt Kantentechnik vereinheitlichte die Kommunikationsarchi - tektur von Kanten anleim-maschinen.
22 | ENERGIEEFFIZIENZ
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
Der effiziente Umgang mit vorhandenen Ressourcen und
besonders der benötigten Energie ist ein wichtiger Baustein
im Kontext von Industrie 4.0. Es wird eine Verbesserung
von Fertigungsprozessen in Bezug auf deren Produktivität,
Wirkungsgrad und Ressourceneffizienz angestrebt. Vernetzte
Systeme (Smart Grids, Micro Grids usw.), die in einem ener-
getischen Austausch mit ihrer Umgebung stehen, sind daher
für zukünftige Produktionsanlagen von zentraler Bedeutung.
MSF-Vathauer Antriebstechnik aus Detmold entwickelt
und fertigt Antriebs- und Automatisierungssysteme sowie
Antriebskomponenten, die häufig in fördertechnischen
Anwendungen zum Einsatz kommen. Förderanlagen zeich-
nen sich durch eine große Anzahl von Antrieben aus, die
jedoch nicht kontinuierlich, sondern nur beim tatsächlichen
Transport von Paketen, Behältern oder Paletten benötigt
werden. Beim Abbremsen der elektrischen Antriebe wird
Energie durch Bremswiderstände in Wärme umgesetzt.
Darunter leidet der Wirkungsgrad.
Gemeinsam mit dem Labor Leistungselektronik und Elek-
trische Antriebe (LLA) der Hochschule Ostwestfalen-Lippe
entwickelte das Unternehmen ein innovatives Energy
Recovery System (ERS), um Energieeinsparpotenziale durch
die Nutzung von Bremsenergie zu erschließen. Das ent-
wickelte System stellt die zurückgewonnene Energie
direkt und ohne Zwischenspeicherung mit sehr hohen
Wirkungsgraden wieder der Anlage zur Verfügung. Das
elektrische Verhalten der Rückspeiseschaltung ähnelt dem
eines Bremswiderstandes, sodass Neuanlagen mit gerin-
gem Aufwand ausgerüstet und bestehende Antriebs-
systeme einfach nachgerüstet werden können.
Die Lösung ist besonders für kleinere Antriebe mit bis
zu 5 kW Bremsleistung geeignet, da für diese bisher kei-
ne wirtschaftlichen Lösungen am Markt existierten. Das
von MSF-Vathauer Antriebstechnik weiterentwickelte
System wurde inzwischen erfolgreich im Markt einge-
führt und bereits mehrfach ausgezeichnet: Finalist des
Energieeffizienzpreises 2016 der deutschen Unterneh-
mensinitiative Energieeffizienz e. V., Gewinner der Gold-
medaille auf der Automatisierungsmesse Automaticon
2016 in Polen sowie Preisträger des Transferpreises
OWL 2014.
ENERGIEEFFIZIENZEFFIZIENTE SCHALTUNG ZUR NUTZUNG VON BREMSENERGIE
TRANSFERPROJEKT
Mit dem Energy Recovery System (ERS) können z. B. Förder-anlagen energie-sparender betrieben werden.
SYSTEMS ENGINEERING | 23
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
Intelligente technische Systeme stellen hohe Anforde-
rungen an den Produktentwicklungsprozess, wie bspw. ein
ganzheitliches Systemverständnis und die Betrachtung
des gesamten Produktlebenszyklus. Durch Systems
Engineering werden unterschiedliche Disziplinen zu einer
übergreifenden Entwurfssystematik zusammengeführt.
Dabei wird das zu entwickelnde System aus unter-
schiedlichen Perspektiven betrachtet und alle Entwick-
lungs- und Projektmanagementaktivitäten berücksichtigt.
Intelligente technische Systeme können so effizienter und
effektiver entwickelt werden.
Das Unternehmen ARI-Armaturen aus Schloß Holte-
Stuken brock bietet mit 20.000 Produkten in über 200.000
Varianten eine enorme Vielfalt an Armaturen. Die Her-
stellung von geregelten Armaturen, die sich durch einen
stetig steigenden Anteil an Elektronik und Software aus-
zeichnen, gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung. Einer-
seits erlaubt dies die Integration neuer Funktionen, z. B.
eine übergeordnete Kommunikation mit dem Leitsystem,
andererseits ergeben sich daraus neue Anforderungen
für die Produktentwicklung. Im Rahmen des Transfer-
projekts hat ARI-Armaturen untersucht, durch welche
Funktionen sich zukünftige Industriearmaturen auszeich-
nen und welchen Einfluss diese auf die Entwicklung haben
werden.
Gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM wurde eine Mecha-
tronik-Roadmap erarbeitet, die einen Leitfaden für den
Aufbau zukünftig erforderlicher Kompetenzen im Unter-
nehmen bildet. Nach Analyse der vorhandenen Projekt-
abwicklungssystematik wurden die Einsatzpotenziale be-
währter Methoden der Funktions- und Strukturmodellierung
untersucht. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Spezifi-
kationstechnik CONSENS. Die verschiedenen Methoden
wurden in Workshops mit Beteiligung mehrerer Unterneh-
mensbereiche (Vertrieb, Service, Elektronikentwicklung
usw.) angewendet, individuell angepasst und im Sinne der
Organisationsentwicklung in die Mechatronik-Roadmap
aufgenommen. So stehen sie für den Einsatz in zukünfti-
gen Entwicklungsprojekten auch nach dem Projektablauf
zur Verfügung.
ENERGIEEFFIZIENZ SYSTEMS ENGINEERINGMECHATRONIK-ROADMAP FÜR EINE INDUSTRIEARMATUR
TRANSFERPROJEKT
Durch eine Mechatronik- Roadmap werden ARI-Armaturen auch zu künftig höchsten Ansprüchen gerecht.
24 | WIRKUNG DES TECHNOLOGIETRANSFERS
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
WIRKUNG DES TECHNOLOGIETRANSFERSERGEBNISSE UND IMPULSE
ERFOLGSMESSUNG:
Projekterfolg der einzelnen Transferprojekte
Zusammenarbeit als gemeinschaftlicher Prozess
Abbau von Transferbarrieren durch Transferprojekte
Management des Technologietransfers
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen profitieren
von der Kooperation mit regionalen Forschungspartnern in
den individuell zugeschnittenen, industrienahen Transfer-
projekten. Diese Qualifizierung des Mittelstands für den
Einsatz zukunftsfähiger Technologien und Entwicklungs-
methoden bildet eine wichtige Säule auf dem Weg zu
Industrie 4.0.
Der Anspruch des Spitzenclusters geht jedoch über die
unmittelbare Umsetzung der Projekte hinaus. Es wird eine
nachhaltige Wirkung auf die Region angestrebt. So füh-
ren Transferprojekte oftmals zu unternehmensinternen
Folgeprojekten oder zu vertiefenden Forschungskoopera-
tionen. Darüber hinaus werden Impulse für neue For-
schungsaktivitäten aufseiten der Wissenschaft gesetzt,
die Kooperationskultur in der Region gestärkt und die
Vernetzung der Partner gefördert. Die Transferprojekte
dienen vor diesem Hintergrund als »Türöffner« für länger-
fristige Kooperationen und bilden einen ersten konkreten
Schritt für Unternehmen auf dem Weg hin zu intelligen-
ten technischen Systemen.
MESSUNG DER WIRKSAMKEIT
Um die Erreichung dieser Ziele zu belegen, erfolgt eine
regelmäßige Messung der Wirksamkeit des Transfer-
instruments. Dazu wurde im Rahmen des Technologie-
transfers ein Bewertungsverfahren entwickelt. Dieses
erlaubt eine objektive Erfolgsmessung und bildet somit
den Ausgangspunkt zur Definition von Maßnahmen zur
Weiterentwicklung des Transferinstruments.
In die Entwicklung des Bewertungsverfahrens flossen die
unterschiedlichen Sichtweisen der Industrie und Wissen-
schaft ein, um eine verlässliche Messung der Auswir-
kungen zu gewährleisten. Zudem wird zwischen unmit tel-
baren Auswirkungen und mittelfristigen Effekten unter-
schieden. Basis hierfür bildet ein Wirkkettenmodell
(Bild 8), das sich an der Wirkungskette der Evaluation
»Input – Output – Outcome – Impact« orientiert. Die
Methode hat sich in der öffentlichen Technologieförde-
rung als Verfahren zur Untersuchung kurz-, mittel- und
langfristiger Wirkungen der Förderung etabliert [AG97],
[Ast03], [Rie10]. Der »Input« betrifft dabei die eingebrach-
ten Ressourcen des Projekts, wie bspw. Personal. Der
»Output« stellt die unmittelbar messbaren Ergebnisse
des Projekts, z. B. ein entwickelter Prototyp, dar. Der »Out-
come« adressiert die kurz- und mittelfristigen Wirkungen
der Transferaktivität, wie z. B. verkürzte Durchlaufzeiten
in der Fertigung. Der »Impact« beschreibt die langfristi-
gen Ziele, zu denen die Aktivität beiträgt, wie z. B. eine
gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens
[AG97], [Ast03], [Rie10].
Die Erfolgsmessung erfolgt einmal jährlich nach Abschluss
einer Projekttranche. Im Rahmen einer Online-Befragung
werden als Teil des Bewertungsverfahrens die beteiligten
Partner gebeten, rund 40 Fragen in den Kategorien Rah-
menbedingungen, Zusammenarbeit, Projektergebnisse
sowie Projektfolgen zu beantworten. Zusätzlich werden
die Abschlussberichte der Projekte analysiert, in denen
WIRKUNG DES TECHNOLOGIETRANSFERS | 25
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
BILD 8 Wirkungskette von Technologietransferprojekten [nach IOOI-Methode, AG97]
Inputs(Investition)
Outputs(Unmittelbare Ergebnisse)
Outcome(Kurz- und mit-telfristige Aus-wirkungen)
Impacts(Langfristige Erfolge)
Finanzieller Eigenanteil Personal
Entwicklung eines Demonstrators Entwicklung einer Roadmap Prototypische Implementierung einer Software
Erfahrungsaufbau bei Mitarbeitern Etablierung der Ansätze, Werkzeuge und
Methoden Formulierung von Patenten Aufbau einer Auswahl an Demonstratoren Zugang zu potenziellen neuen Mitarbeitern
Steigerung des Umsatzes Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Technologiesprung
TRANSFERNEHMER
Technologien (Methoden, Werkzeuge usw.) Personal
Validierung der Technologien Weiterentwickelte Technologien
Initiierung von Nachfolgeprojekten Impulse für Forschungsthemen Prüfung und Bewertung der eigenen Leistungs-
angebote Türöffner für strategische Partnerschaften Erfahrungsaufbau bei Mitarbeitern Vernetzung in der Region
Erhöhte Sichtbarkeit Entwicklung und Festigung des Forschungsprofils Etablierung als Kooperationspartner
TRANSFERGEBER
die Projektergebnisse detailliert aufgeführt werden. Die
gewonnenen Erkenntnisse werden anschließend mit der
quantitativen Erhebung der Befragung verknüpft. Es erfolgt
somit eine Wirkungsmessung der einzelnen Transfer-
projekte sowie des Transferinstruments insgesamt.
EVALUATION
Die Evaluation der ersten Tranche verdeutlicht die außer-
ordentlich positive Wirkung der Transferprojekte (Bild 9).
Damit der Technologietransfer vor allem kleine und mitt-
lere Unternehmen erreicht, muss dieser unmittelbaren
Nutzen bieten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Transfer-
projekte diesem Anspruch gerecht werden. Über 70 %
aller befragten Unternehmen schätzen den Nutzen ihres
Projekts als sehr hoch ein.
Durch Transferprojekte werden zudem die Kompetenzen
der Unternehmen schrittweise hin zu intelligenten techni-
schen Systemen erweitert. Zwei Drittel gaben an, dass
durch die Zusammenarbeit im Projekt eine technologische
oder methodische Weiterentwicklung im Betrieb statt-
gefunden hat.
Charakteristisch für die Nachhaltigkeit des Transfers ist
auch das gestärkte Vertrauen der Unternehmen in
Forschungskooperationen – 80 % der Unternehmen be-
stätigten dies. Eine gute Grundlage für den Anstoß
weiterer innovativer Forschungsvorhaben. Die Befragung
belegt zudem eine hohe Wirksamkeit der Maßnahmen
bei der Zusammenführung von Projektpartnern. So sind
rückblickend über 80 % der Unternehmen der Meinung,
den richtigen Forschungspartner für ihr Projekt gefunden
zu haben.
»Der Technologietransfer trägt zum langfristigen Erfolg der gesamten Region bei. Die Technologien kommen bei den KMU an.«HANS-DIETER TENHAEF | Vorstandssprecher OWL MASCHINENBAU
26 | WIRKUNG DES TECHNOLOGIETRANSFERS
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
BILD 9 Ergebnisse der Online-Befragung zum Erfolg der Transferprojekte (Auszug)
trifft gar nicht zu trifft nicht zu trifft eher nicht zu trifft eher zu trifft zu trifft voll zu
An der Online-Befragung haben 29 Unternehmensvertreter und 45 Mitarbeiter von Forschungseinrichtungen teilgenommen.
(Zeitraum: September bis Oktober 2015)
3 | Ich bin davon überzeugt, dass die Projektergebnisse mittel- bis langfristig zum zukünftigen Erfolg unseres Unternehmens beitragen.
4 | Das gemeinsame Transferprojekt hat bei uns im Unternehmen das Vertrauen in die Zusammenarbeit mit Universitäten/Forschungseinrichtungen gestärkt.
5 | Rückblickend bin ich der Meinung, dass unser Projektpartner (Universität/Forschungseinrichtung) dank seiner Kompetenzen für die gemeinsame Bearbeitung der Aufgabenstellung genau der richtige war.
100 %
100 %
100 %
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Unternehmen
Unternehmen
Unternehmen
3
3
3
7 28
17
14
48
31
21
2 | Ich bin der Meinung, dass das Unternehmen durch die Zusammenarbeit im Transferprojekt eine technologische/methodische Weiterentwicklung vollzogen hat.
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 %
Unternehmen
Forschungspartner
3
4 4
31
19
45
42
21
31
1 | Ich schätze den Nutzen des Transferprojekts für mein Unternehmen als sehr hoch ein.
100 %0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Unternehmen 7 7 14 45 27
14
49
62
WIRKUNG DES TECHNOLOGIETRANSFERS | 27
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
BILD 10 Reduzierung der Barrieren durch erfolgreichen Technologietransfer
Erfolgreiche Maßnahmen der Transferanbahnung Gezielte Verbreitung des Transferkonzepts Durchführung einer Vielzahl von Informations-
veranstaltungen Einrichtung eines Transferbüros für Rückfragen Einbindung etablierter Netzwerke zur Kontakt-
aufnahme mit Unternehmen Reduzierung formaler Hürden
Erfolgreiche Maßnahmen der Transferumsetzung Abholung der Unternehmen bei Ausgang s-
situation Entsendung von Wissenschaftlern in Unter-
nehmen zur Unterstützung bei der Implemen-
tierung von Technologien Harmonisierung von Zielen und Erwartungen Ausrichtung des Transferinstruments auf
wechselseitige Zusammenarbeit der Partner
ABBAU DER BARRIEREN
TRANSFERNEHMERTRANSFERGEBER
Technologien und Methoden Erfahrungs- und Anwendungswissen
ABBAU DER TRANSFERBARRIEREN
Wesentliches Ziel der fokussierten Transferprojekte ist der
Abbau bestehender Transferbarrieren (Bild 10). Die Ergeb-
nisse der Online-Befragung zeigen: Das Instrument wird
diesem Anspruch gerecht. So wird etwa durch Informa-
tionsveranstaltungen des Spitzenclusters der Zugang zu
Forschungsergebnissen erleichtert. Eine Vielzahl der
Unternehmen ist explizit über diese Veranstaltungen auf
das Instrument der Transferprojekte aufmerksam gewor-
den. Bestehenden Vorbehalten gegenüber Kooperations-
partnern konnte durch persönliche Gespräche während
Veranstaltungen sowie die Einrichtung eines Transfer -
büros als vermittelnder Ansprechpartner entgegengewirkt
werden. Weiterhin wurde der Einsatz von Mitarbeitern des
Forschungspartners vor Ort im Unternehmen zur Einfüh-
rung neuer Technologien als große Unterstützung empfun-
den. Die Gestaltung der Transferprojekte als gemeinschaft-
licher Prozess – von der Beantragung über die Durchführung
bis hin zur Abschlusspräsentation auf dem Transfertag –
hat verhindert, dass gegensätzliche Ziel- und Zeitvorstel-
lungen entstehen. Es zeigt sich, dass eine erfolgreiche
Zusammenarbeit stets mit einer intensiven Abstimmung
der Partner einhergeht.
Der sichtbare Abbau der Transferbarrieren ist ein wichti-
ges Indiz für den Erfolg des it’s OWL Technologietransfer-
konzepts. Auch die hohe Zahl der eingereichten Projekt-
anträge sowie die positiven Einschätzungen der Projekt-
partner belegen die Wirksamkeit. Ebenso bekräftigt das
Gesamtbild der Evaluation nochmals den Erfolg.
28 | RESÜMEE UND AUSBLICK
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
Der Technologietransfer des Spitzenclusters it’s OWL
nimmt eine herausragende Stellung in OstWestfalen Lippe
ein und trägt entscheidend zur Stärkung der Innovations-
kraft der Region bei. Besonders kleine und mittlere Unter-
nehmen erhalten durch eine zielgerichtete Verbreitung
einen einfachen und direkten Zugang zu Industrie 4.0-Tech-
nologien, die den Weg zu neuen Marktchancen ebnen
können.
Herzstück des it’s OWL Transferkonzepts sind fokussierte
Transferprojekte. Von 2014 bis 2017 werden rund 150
Transferprojekte durchgeführt, die Unternehmen zu einer
technologischen und methodischen Weiterentwicklung
verhelfen. Im Mittelpunkt stehen der individuelle Bedarf
und die Lösung einer praxisorientierten Aufgabe in einem
Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten. In dieser Zeit kann
die Zusammenarbeit mit Forschungspartnern ohne lang-
fristige Bindung und bei gleichzeitiger finanzieller Förde-
rung erprobt werden.
Grundlage für einen erfolgreichen Transfer ist das gemein-
same Verständnis von Transfergeber und -nehmer über
die Durchführung und Ziele eines Projekts. Die Transfer-
projekte werden oftmals als gemeinschaftlicher Prozess
und gemeinschaftliche Aufgabe erlebt. Die fachliche
Qualität der Transferprojekte ist dabei bereits während der
Antragstellung von entscheidender Bedeutung, da diese
ausschlaggebend für die Förderfähigkeit ist. Nach Ab-
schluss der Projekte spiegelt sich die fachliche Qualität in
den Ergebnissen wider. Viele entwickelte Technologien
und Methoden werden auch über die Projektlaufzeit hin-
aus in Unternehmen genutzt.
Durch den Verbund aus Transfermittlern, wie Branchen-
initiativen und Wirtschaftsförderern, Universitäten, For-
schungsinstituten und Unternehmen der Region, ist in
OstWestfalenLippe ein schlagkräftiges Netzwerk entstan-
den. So wird eine effiziente und zielführende Identifika tion
von geeigneten Partnern und eine schnelle Anbahnung von
Kontakten ermöglicht. Gemeinsam mit dem Clustermanage-
ment und dem Transferbüro, als zentraler Ansprechpartner
bei formalen Aspekten, Rückfragen oder Differenzen, wurde
eine geeignete Infrastruktur zur Förderung des Technolo-
gietransfers geschaffen.
Die Wirkung des it’s OWL Transferkonzepts lässt sich auch
an der hohen Zahl von Unternehmen messen, die erst malig
erreicht wurden. Diese waren bisher nicht oder nur einge-
schränkt in Forschungsprojekte eingebunden und profitie-
ren nun von den mehrstufigen Angeboten des Technologie-
transfers. Der erfolgreiche Transfer in die Breite wird auch
durch die stetig wachsenden Zahlen an Projektanträgen
für weitere Tranchen und die Ergebnisse der Evaluation
belegt.
Die Evaluation bestätigt zudem die nachhaltig positive
Wirkung des Technologietransfers. Bereits mit der ersten
Tranche fokussierter Transferprojekte konnten bestehende
Transferbarrieren erfolgreich abgebaut werden. Die Unter-
nehmen sind nicht nur in der Lage, die Projektinhalte eigen-
ständig fortzuführen, sondern geben den Hochschulen
wichtige Impulse für weitere innovative Forschungsaktivi-
täten. So wird die Wettbewerbsfähigkeit der Unterneh-
men, der Forschungspartner und des gesamten Techno-
logiestandorts OstWestfalenLippe gesteigert.
RESÜMEE UND AUSBLICKERFOLGSFAKTOREN DES TECHNOLOGIETRANSFERS IN OWL
LITERATUR | 29
TECHNOLOGIETRANSFER IN DEN MITTELSTAND
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Fraunhofer Verlag, Stuttgart, 2013
LITERATUR
RESÜMEE UND AUSBLICK
30 | CLUSTERPARTNER
AUF DEM WEG ZU INDUSTRIE 4.0
CLUSTERPARTNER
Im it’s OWL e.V. bündeln Unternehmen, Hochschulen, Forschungsinstitute und weitere Partner ihre Interessen.
FÖRDERMITGLIEDER
Rund 100 Fördermitglieder – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen – nutzen die Leistungsangebote des Spitzenclusters,
um sich zu vernetzen und ihre Betriebe fit für Industrie 4.0 zu machen.
Interessierte Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen und wirtschaftsnahe Organisationen sind herzlich eingeladen, sich im
Spitzencluster zu engagieren und dem Verein beizutreten. Informationen zum Verein (Satzung, Beitragsordnung und Beitritts erklärung)
sowie weitere Partner finden Sie unter: www.its-owl.de/partner
UNTERNEHMEN
HOCHSCHULEN UND FORSCHUNGSEINRICHTUNGEN
TRANSFERTEAM
CONSULTING & INNOVATION
motion control
GEMEINSAM ERFOLGREICH
DIE AUTOREN
IMPRESSUM
Prof. Dr.-Ing. Jürgen GausemeierHeinz Nixdorf Institut (Universität Paderborn)
Vorsitzender it’s OWL Clusterboard
Dr.-Ing. Roman DumitrescuGeschäftsführer
it’s OWL Clustermanagement GmbH
Direktor Fraunhofer IEM
Dr.-Ing. Peter EbbesmeyerProjektleitung Technologietransfer
it’s OWL Clustermanagement GmbH
Fraunhofer IEM
Christian Fechtelpeter Technologietransfer
it’s OWL Clustermanagement GmbH
Fraunhofer IEM
Daniela Hobscheidt Technologietransfer
it’s OWL Clustermanagement GmbH
Fraunhofer IEM
Arno KühnStrategie, FuE
it’s OWL Clustermanagement GmbH
Fraunhofer IEM
HERAUSGEBERit’s OWL Clustermanagement GmbH
Verantwortlich: Dr.-Ing. Roman Dumitrescu,
Günter Korder, Herbert Weber
Umsetzung: Sabrina Donnerstag
Gestaltung: VISIO Kommunikation GmbH
Bildnachweis: DMG MORI (Titelbild), Fraunhofer IEM (S.11,
S.17), CITEC (S.16), CIIT (S.17), Venjakob
Maschinenbau (S.19), steute Schaltgeräte
(S. 20), Brandt Kantentechnik (S. 21), Fotolia/
endostock (S. 22), ARI-Armaturen (S. 23)
April 2016
GEFÖRDERT VOM BETREUT VOM DAS CLUSTERMANAGEMENT WIRD GEFÖRDERT DURCH
it’s OWL Clustermanagement GmbH Zukunftsmeile 1 | 33102 Paderborn
Tel. 05251 5465275 | Fax 05251 5465102
[email protected] | www.its-owl.de