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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 1 Fachverband Schultheater - Darstellendes Spiel Niedersachsen e.V. Nr. 22 Oktober 2003 Theater Info Cybertown - Aspekte der ästhetischen Erziehung Schultheater der Länder in Cottbus Fachverband im neuen Gewand: Neuer Name - Neues Logo Praxis: Spiel mit Requisiten Aktuelle Fortbildungs- Angebote Aus für den Studiengang DS ? DS- Unterricht am Studienseminar Schultheater der Länder 2003 in Lübeck Praxis: Theaterbesuch szenisch vorbereiten Theater und Schule: Projekt „Steinbruch Klassik“ Niedersächsisches Schülertheatertreffen 2004 in Bad Pyrmont

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Page 1: Theater Info

Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 1

Fachverband Schultheater - Darstellendes SpielNiedersachsen e.V. Nr. 22 Oktober 2003

Theater Info

Cybertown -Aspekte der

ästhetischenErziehung

Schultheater der Länder

in Cottbus

Fachverband imneuen Gewand:

Neuer Name -Neues Logo

Praxis:Spiel mit

Requisiten

AktuelleFortbildungs-

Angebote

Aus für den Studiengang DS ?DS- Unterricht am Studienseminar

Schultheater der Länder 2003 in LübeckPraxis: Theaterbesuch szenisch vorbereiten

Theater und Schule: Projekt „Steinbruch Klassik“ Niedersächsisches Schülertheatertreffen 2004 in Bad Pyrmont

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Redaktionelles

ImpressummpresmHerausgeber:Fachverband Schultheater -Darstellendes SpielNiedersachsen e.V.www.schultheater-nds.de

Konto Nr. 510 910 011bei der Sparkasse SchaumburgBLZ 255 514 80

Redaktion und Gestaltung:Dr. Dierk Rabien, Weberstr. 17,31787 Hameln, Tel. 05151 / 66983e-mail: [email protected] [email protected] Döding, Bad Pyrmont(Adresse s. unten Vorstand)

Preis: 3 N (mit Versand 4N)Für Mitglieder kostenlos frei Haus

Wir danken den AutorInnen und be-sonders Stephan Lipsius, Lübeck, deruns seine Fotos vom SDL freundlichzur Verfügung gestellt hat.

Vorstand1. Vorsitzende: Sabine PetersAm Walde 26, 21403 Wendisch EvernFon [email protected]

2.Vorsitzende: Ursula RitterAn der Marienschule 6, 49808 LingenFon [email protected]

Geschäftsführer: Dirk WilkeningKendalstr.11a, 31737 RintelnFon 05751-916993neu: [email protected]

Beisitzer: Ingrid BehlingWachlange 14, 37671 HöxterFon 05271-2003, Fax [email protected]

Beisitzer: Norbert DödingAuf der Landwehr 59, 31812 BadPyrmont; Fon [email protected]

EditorialLiebe Leserinnen und Leser!Das 13. Niedersächsische Schülertheatertreffen 2004 geht im Frühjahr mitregionalen Treffen durchs Land. Jetzt planen und anmelden!Der einzige Studiengang DS ist vom Rotstift bedroht. Streiten Sie für dasFach lauthals in Ihrer Schule!Interessantes bot das Schultheater der Länder 2003 in Lübeck. Wir berich-ten. Das Schultheater der Länder 2004 ist in Stuttgart. Vormerken!Der Praxisteil dreht sich diesmal um Unterrichtsentwürfe von Referenda-rinnen und um spielerische Kontakte zwischen Schülern und Theatern.Die Weiterbildungen DS gehen in die nächste Runde. Auch der Fachver-band bietet wieder einen Durchgang an. „Wellness“ für Körper und Seele!Für unser nächstes Info wünschen wir uns Erfahrungsberichte und auch Fo-tos von Aufführungen und der Arbeit im Fach DS. Ganz besonders interessie-ren uns Eindrücke aus dem Primarbereich!Und schließlich: Die Homepage wird überarbeitet. Für Anregungen und Ma-terial sind wir dankbar.Mit den besten Weihnachts- und Neujahrswünschen

Dierk Rabien und Norbert Döding

Beilage ist diesmal der neue Folder, der als Merkzettel für den neuen Na-men ebenso taugt wie als Werbematerial zur Weitergabe an KollegInnen. Dennneue Mitglieder machen den Verband und die Sache stark!

Inhalt:

AusbildungStudiengang adé? Kein DS mehr an der HBK Braunschweig? 4Musischer Schwerpunkt nur mit DS? Sek II- Entwurf 6Weiterbildung: neue Durchgänge für Lehrkräfte 16Ausbildung am Studienseminar Hannover I

Rahmenbedingungen der Zusatzausbildung 18Beispiel: Unterrichtsentwurf Commedia dell’arte 22

Workshop Grundschulen: Ankündigung 23Workshop Shakespeare: Ankündigung 23

Schüler- Theater- TreffenSDL 2003 in Lübeck: Das war „drama>frisch“

Aufführungsbericht 7Das Programm 12Texte zum Thema der Arbeitstagung 9,11,14

Schülertheater aus professionellem Blick (Berlin) 15SDL 2004 in Stuttgart: Ausschreibung „Theater öffnet Welten“ 44Festival des TPZ Hannover 2004: Ausschreibung „Städte“ 4413. Niedersächsisches Schülertheatertreffen 2004 in Bad Pyrmont

Ausschreibung, Anmeldeformular 45,46

Praxis- BerichteTheatergeschichte praktisch unterrichten 29„Klassik als Steinbruch“ - Projekt der Landesbühne Hannover 32Theaterbesuch spielend vorbereiten 36

Verbands-KastenBeitrittserklärung zum Kopieren 47Neue Verbandsnamen 46

Titelfoto: Come together von höherer Tochter und Tippelbruder als„Realomärchen“ frei nach Eichendorff : „Aus dem Leben...“, Niedersach-sens Beitrag beim SDL 2003 in Lübeck vom Ratsgymnasium Wolfsburg(siehe Bericht). Foto: Stephan Lipsius

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Um die vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur Nie-dersachsen verlangten Einsparungen in Höhe von einerhalben Million Euro zu erreichen, schlägt das Präsidiumder Hochschule für Bildende Künste Braunschweig vor,die Studiengänge Lehramt Bildende Kunst, DarstellendesSpiel und Werken zum nächstmöglichen Zeitpunkt zuschließen.Im Studiengang Darstellendes Spiel bestehen Kooperati-onsverträge mit den Universitäten Hannover und Hildes-heim und der Hochschule für Musik und Theater Hanno-ver. „Weder mit ihnen noch mit der TU Braunschweig (dieebenfalls in den Ausbildungsgang eingeschlossen ist) wur-den Absprachen getroffen“, empören sich die Betroffenen.Die Studierenden des Faches Darstellendes Spiel und an-derer Fachbereiche machten daraufhin mobil und gingenauf die Straße und spontan zum gerade laufendenSchultheater der Länder nach Lübeck, wo sie die alarmie-ren konnten, die den drohenden Verlust am meisten ermes-sen können: die aktiven Schülerinnen und Schüler, die durchdas Theaterspielen neue Qualitäten in sich und in der Schuleentdeckt haben.Die formierten sich denn auch prompt im Foyer des Lü-becker Theaters nach einer der Festival-Aufführungen zumProtestfoto (oben).Inzwischen haben die Studierenden einen Antrag beimHBK-Senat eingebracht, der eine lineare statt einer struk-turellen Kürzung vorsieht und den Studiengang DS erhal-ten kann. Dieser Antrag ist ohne Gegenstimmen angenom-men worden. So besteht Hoffnung, dass das bundesweiteinzige Pflänzchen eines Grundstudiums nicht ausgerissen,aber in einen kleineren Topf umgepflanzt wird.

Protest aus Braunschweig Kommentar„Der Turm von Pisa ist nicht oben schief, er ist untenschief!“, sagt der Fußballpromi.In der Tat ist nicht nur derTurm schief, sondern auch die Sichtweise auf ihn. Der echteTurm wird touristenwirksam mit gewaltigen Fundamen-ten gesichert, bei dem Bildungs- Turm scheint die unsicht-bare Grundlagenarbeit wenig wählerwirksam.Und doch weiß im Grunde jeder, dass Kreativität undGruppenfähigkeit, Selbstkritik und Medienkompetenz zuden von der PISA-Studien eingeklagten Kulturtechnikengehören, die so dringend gebraucht werden.Das Fach Dar-stellendes Spiel kann das in besonders eigenständiger Weisevermitteln und bietet die Chance, junge Menschen, dieGefahr laufen, am Tropf einer trendgerecht perfektionertenJugendkultur und Medienindustrie zu hängen, zum kriti-schen Sehen, Lesen und Gestalten zu befähigen.Dass eine solche Chance dort abgewürgt werden soll, wodie Lehrerinnen und Lehrer dafür - bundesweit einmalig!-ausgebildet werden, das kann auch Professor Harald Hilpertnicht fassen, der den Studiengang in Braunschweig in di-rektem Kontakt zu den Bereichen Kunst, Musik und Thea-ter aufgebaut hat und die ersten Studierenden erfolgreichin den Schuldienst entlässt.Die soeben an der HBK neu Aufgenommenen können zwarnoch zu Ende studieren. Und die Schulen brauchen siedingend, um mit ihnen den Pisaturm unten zu stützen, woSchülern Basistechniken der Zusammenarbeit und lustvol-len Konzentration vermittelt werden können.Aber was kommt dann? Der Ausbau des Schulfaches inallen Schulstufen und der Nachwuchs an qualifiziertenLehrkräften ist wieder gefährdet.

D.R.

Studiengang adé?

Foto Stephan Lipsius

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An den 17.09.03Präsidenten der HBK BraunschweigHerrn Michael SchwarzJohannes-Selenka-Platz 138118 Braunschweig

Darstellendes Spiel - Lehramtsstudiengang an der HBK Braunschweig

Sehr geehrter Herr Schwarz,

mit Freude konnte unser Fachverband registrieren, dass das Fach „Darstellendes Spiel“ (DS) sichinzwischen im Sekundarbereich 11 etablieren konnte. Seit vielen Jahren weisen wir auf die Notwendigkeithin, das Fach auch im Sekundarbereich 1 sowie in der Grundschule fest zu verankern. In allen Schul- undAusbildungsstufen hilft es den Schülerinnen und Schülern ihre Persönlichkeitsbildung und damit auch ihreLeistungen besonders in den sprachlichen Fächern besser zu entwickeln. Den Bedarf zeigen die vielenüberzeichneten Arbeitsgemeinschaften, die aber den fachlichen Ansprüchen nicht gerecht werden können.

Mit Bestürzung hören wir nun, dass die UBK Braunschweig die Lehramtsstudiengänge auch fürDarstellendes Spiel aussetzen will. Diese Maßnahme würde für das Fach DS im Sekundarbereich 11 unddie Lehrerausbildung in diesem Bereich einen Rückschritt bedeuten. Viele Jahre konnten für das Fach DSnur Erweiterungsstudiengänge sowie Fort- und Weiterbildung genutzt werden. Nun, wo die Anmeldungenzu den Kursen DS steigen und das Fach endlich wieder seinen Platz in der Schule findet, soll dienotwendige Ausbildung durch den grundständigen Studiengang für Lehramtsanwärter wegfallen.Besonders für Braunschweig mit der in Niedersachsen längsten Schultheatertradition wäre dies eine fataleSituation. Wir bitten Sie dringend darauf hinzuwirken, dass das Fach Darstellendes Spiel alsLehramtsstudiengang seinen wichtigen Platz behält, dies auch, um den durch die PISA-Studieaufgedeckten Mängeln und der Förderung der Bildungssituation Rechnung zu tragen.

Mit freundlichen Grüßen Mit gleicher Post haben wir unsauch an den Kultusministersowie an den Minister fürWissenschaft

Sabine Peters, Vorsitzende und Kultur gewandt.

Fachverband protestiert gegen Sparpläne in der AusbildungBundesweit erster Grundstudiengang DS gefährdet

DieVorsitzende d unseres Fachverbandes Schultheater - Darstellendes Spiel Niedersachsen e.V. wandte sich mitfolgendem Schreiben an die Verantwortlichen :

Im Antwortschreiben des Kultusministeriums vom 30.9.03 heißt es:

Aufgrund der Einsparauflagen der Landesregierung im Hochschulbereich sind die Hochschulen gezwungen,nicht nur einzelne Stellen, sondern auch Studiengänge zu schließen. Hierbei werden Teilstudiengänge imLehramtsbereich einzubeziehen sein.. Ob allerdings davon die Lehrerausbildung an der HBK betroffen seinwird, ist gegenwärtig noch offen. Herr Minister Busemann und Herr Minister Stratmann haben vereinbart,vor einer endgültigen Entscheidung die Belange der Hochschulen und der Lehrerausbildung jeweils abzuwä-gen. Es wäre bedauerlich, wenn das Einsparziel der HBK nur durch eine Schließung der Kunstlehrerausbildung,mithin auch des Faches Darstellendes Spiel erreicht werden könnte.

Die aktuelle Entwicklung der Proteste, Aktionen, Beschlüsse und Presseberichte zeigt die Sonder-seite der Betroffenen in Braunschweig unter

http://home.arcor.de/karl.eden/amputation

Schulfach Darstellendes Spiel

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GeltungsbereichDiese Verordnung gilt für die Einführungsphase (Vorstufe)und die Qualifikationsphase (Kursstufe) des Gymnasiumsund der Gesamtschule (gymnasiale Oberstufe).“ [...]

(2) In der Qualifikationsphase erfolgt das Fächer- undKursangebot auf der Grundlage von fachbezogenenSchwerpunkten nach § 10 Abs. 3. [...]

(3) Bei der Zuordnung der Fächer zu fachbezogenenSchwerpunkten können die folgenden Fachkombinationenmit den sie kennzeichnenden Fächern eingerichtet werden:? sprachlicher Schwerpunkt, in dem eine fortgeführte

und eine weitere Fremdsprache,? gesellschaftswissenschaftlicher Schwerpunkt, in dem

Geschichte und ein weiteres Fach des gesell-schaftswissenschaftlichen Aufgabenfeldes,

? naturwissenschaftlicher Schwerpunkt, in dem zweiNaturwissenschaften oder eine Naturwissenschaft undInformatik und in besonderen Fällen

? kultureller Schwerpunkt, in dem Musik oderKunst und Darstellendes Spiel,

? sportbezogener Schwerpunkt, in dem Sport und eineNaturwissenschaft

durchgehend zu belegen sind.

(4) Ein fachbezogener Schwerpunkt besteht aus minde-stens zwei Kernfächern und den beiden Schwerpunkt-fächern. Die Schule legt die Anzahl der Schwerpunkteund die Fächer fest, die diesen insgesamt zugeordnetwerden. Sie hat mindestens einzurichten den sprachli-chen, den gesellschaftswissenschaftlichen und den natur-wissenschaftlichen Schwerpunkt. Der kulturelleSchwerpunkt kann nur eingerichtet werden in Ver-bindung mit dem Fach Darstellendes Spiel. Der sport-bezogenen Schwerpunkt kann nur an einer Schule einge-richtet werden, die mit einem regionalen Leistungssport-stützpunkt des Landessportbundes nachweislich zusam-menarbeitet. Ein fachbezogener Schwerpunkt kannmehrfach, auch in unterschiedlichen Fach-kombinationen, angeboten werden.“

Aufgabenfelder, PrüfungsfächerAn die Stelle des vierten Prüfungsfaches nach Nr. 2kann eine besondere Lernleistung nach § 11 AVO-GOFAK treten.

2. Unter den Prüfungsfächern müssen zwei derKernfächer Deutsch, eine fortgeführte Fremdsprache und

Musischer Schwerpunkt am Gymnasium nur mit DS?Im „Vorentwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe“ vom Mai 2003,der den Schulen vorliegt, gewinnt das Fach DS im Ensemble der künstlerischen Fächer eine besondere Bedeu-tung. „Fachbezogener Schwerpunkt“ heißt das Zauberwort, das den musischen Bereich in einer Schule festigenoder verflüchtigen kann. Für die wünschenswerte erste Möglichkeit ist jeweils Bedingung, dass DS an der Schulegenehmigtes Unterrichtsfach ist! Das trifft für eine steigende Zahl von Gymnasien und Gesamtschulen in Nie-dersachsen zu. Kunst und Musik als durchgehendes und Prüfungs-Fach in der Sek II sind danach nur im Schwer-punkt-Angebot mit DS möglich (vgl. Tabelle). Wir zitieren einige Passagen aus dem Entwurf:

Mathematik, im kulturellen Schwerpunkt nach § 10 Abs.3 Deutsch und eine fortgeführte Fremdsprache oderMathematik sein.4. Ein Schwerpunktfach muss weiteres Prüfungsfachnach Abs. 2 Nr. 1 sein und zwar im [...] kulturellenSchwerpunkt Musik oder Kunst,[...]Diese Verordnung tritt zum 1. August 2005 in Kraft.

Anlage 1 (Auszüge)Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe,Wahlpflichtbereich:Kunst oder Musik oder Darstellendes Spiel 3 (auch 2)Wochenstunden (Teilnahmeverpflichtung)Kursstufe der gymnasialen Oberstufe: Kunst, Musik(als 1./2. oder 3.-5.Prüfungsfach), Darstellendes Spiel(bisher nicht als Prüfungsfach).

Anlage 3Belegungsverpflichtungen (siehe Kasten)

Schulfach Darstellendes Spiel

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Titel wie „Räubert Schiller“, „Supertell“ oder„Schroffenstein.Paranoia“ signalisieren schon jedem Hüterder Klassik, dass hier die großen Vorlagen einerFrischzellenkur unterzogen worden sind, die sie in dieErlebniswelt der Spielgruppen und in die Welttheaterpädagogischer Spielmittel transportiert. So kann ausdem schwer verdaulichen Ladenhüter des schulischenLektürekanons spannendes Theater werden.

drama > frischDer gestiefelte Supertell räubert SchroffensteinEindrücke vom 19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck„Wie kann man so abfeiern auf der Bühne!“ staunte eine begeisterte junge Frau im Zuschauerraum des großenHauses im Theater Lübeck, nachdem die Kids aus Berlin mit einer Musicalfassung des Märchens vom gestiefel-ten Kater abgeräumt hatten. Einer der Höhepunkte von 16 Aufführungen aus allen Bundesländern, die zumdiesjährigen Treffen vom 27. September bis zum 3. Oktober in die Hansestadt eingeladen waren.

Freilich gab es auch Fehlschläge bei dem Versuch, diegroßen Vorlagen zu adaptieren, aber meist zeigten auchdiese interessante Theatermittel, mit denen dieArbeitsgemeinschaften oder Kurse des FachesDarstellendes Spiel sich kreativ auseinandergesetzt hatten.

Eine Tendenz scheint deutlich: Wer sich zu einem solchenArbeitstreffen anmeldet, hat jedenfalls dem

Man muss die Klassiker neu spielen; man muss sie so spielen, wie wenn es Dichter von heute,ihre Werke Leben von heute wären. Man muss sie mit neuen Augen anschauen, mit derselbenFrische und Unbekümmertheit anpacken, wie wenn es neue Werke wären, man muss sie ausdem Geist unserer Zeit begreifen, mit den Mitteln des Theaters von heute.

Max Reinhardt, 1902

Foto Stephan Lipsius

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konventionellen Aufsagetheater von Klassik-Vorlagen denRücken gekehrt und sich bemüht, aktuelle Formen dertheaterpädagogischen Arbeit anzugehen.

Dass das nicht immer schlüssig gelingt, ist wenigverwunderlich, bedenkt man die höchst unterschiedlichenProduktionsbedingungen an den Schulen, dieunterschiedlichen Schwerpunktsetzungen impädagogischen oder ästhetischen Bereich und denAusbildungsstand im Fachbereich Darstellendes Spiel.

Sucher der FormUm den Maßstab kunstästhetischer Wirkung in den Blickzu holen, hatte die Festivalleitung zur begleitendenFachtagung keinen Geringeren als C. Bernd Sucher vonder Süddeutschen Zeitung (auch Autor des dtv-Theaterlexikons) eingeladen, der die ersten fünfAufführungen gesehen und als professioneller Großkritikerbeurteilt hat, und zwar vor dem Plenum aus Spielleiternder eingeladenen Gruppen und aus beobachtendenSpielleiterinnen aus allen Bundesländern.

Sucher klagte die Konsequenz in der Auswahl derSpielmittel ein – mit der von ihm verlangten Schärfe, aberauch mit der erfrischenden Einfachheit des „naiven“Zuschauers.

Thesentheater, auch wo es gut gemeint ist, wie bei demPalästina-Konflikt-Stück „Deren Kniehöhe ist dieKopfhöhe eines Kindes“, fällt bei ihm erbarmungslos durch,wenn Sätze wie „Es gibt nur Menschen, gut oder schlecht“als Botschaft gesprochen werden (ein Vorwurf an denisraelischen Autor Ilan Hatsor) oder wenn theatrale Codesnicht aufzulösen sind, wie ein auf einem Rollwagen überdie Bühne gezogenes Kind mit einer roten Fahne.

Suchers Daumen geht auch abwärts, wenn die erwünschteMobilisierung der Schüler in Hyperaktivität ohne Stillemündet, wenn er eine Flucht aus der Sprache in dieKlamotte sichtet, wenn der Versuch, die Commedia-Körperlichkeit aus den Schülern hervorzulocken, in einerdurchgehenden Farce endet, wo Shakespeare („DerWiderspenstigen Zähmung“) weit differenziertere Fragenzum Geschlechterkampf formuliert.

Wenn zu viele Blacks zwischen den Szenen dieAblaufspannung zerstören oder das an sich spannendeSplitten von Rollen nicht mehr decodierbar wird, weil dieCodierung sich ständig ändert (mehrere Leonces, dannValerios in „Leonce und Lena“; die weibliche GegenfigurRosetta gehört plötzlich wieder zum Pulk der Lenas), wenneine Vorlage ohne Stückkenntnis nicht mehr verständlichoder ohnehin für Mittelstufenschüler nicht geeignet, weilfern von ihrem Erfahrungshorizont erscheint (Brechts „Diesieben Todsünden“) , dann fragt der Berufskritiker nichtnach pädagogischen Erfolgen im Produktionsprozess,sondern nur nach der Wirkung des Bühnenergebnisses.

Keine Angst vor KlassikernDass das alles nicht die Bedenken eines konservativenStückebewahrers sind, zeigte sich in seiner rundumbegeisterten Reaktion auf den Umgang mit Kleists krudemdramatischen Erstling „Familie Schroffenstein“. Die

hessische Gruppe hatte den Fünfakter zu einer Collage auseigenen und Originaltexten verarbeitet und ihm den Titel„Schroffenstein.Paranoia“ gegeben. Angst hatte Sucherdenn auch davor, Kleist in einem einstündigenLaienverschnitt aushalten zu müssen, aber befreit kam erheraus und mit ihm das Publikum, das die Aufführung alsHighlight feierte.

Wie diese Auflösung der Vorlage nicht zur billigen Parodiewurde, sondern das von Kleist unter dem Eindruck vonShakespeares „Romeo und Julia“ geschriebene Stück sichentpuppte als das immer aktuelle Thema von Krieg undFrieden in der Familie, wie der „Spaß zum Totlachen“ (solässt Kleist eine Figur am Ende seines Dramas sagen)dramaturgisch geschickt umgesetzt wurde in assoziativeSzenen zum Thema, wie das Erzählen der Kleist-Geschichte in Soap- Kurzform gegossen wurde, wie dasalles geklammert wurde durch einen Running Gag inGestalt einer sentimentalen Idylle- Utopie vom „Gebirge“(im Stück der Tatort des Kindsmords), wo in grünem Lichtund zu schmalzigem Song von der „midday sun“ ein seliglächelnder Familienhaufen sich stereotyp immer wiederauf Stichwort versammelt, wie die Anspielung auf Romeound Julia in der berühmtesten Einstellung aus „Titanic“ mitdrei wechselnden Figuren als Liebende mit ausgebreitetenArmen, als Liebender , der sie sicher umfasst, und alsSchiffsbug sinnfällig codiert und leicht decodierbargemacht wurde, dies und mehr zeigte für Sucher, dass hiernicht ausufernde Improvisation stattfindet (er nennt das sichselbst genügendes „Indianer spielen“ auf der Bühne),sondern eine überzeugende Form gefunden wird.

Form und BrechungForm bedeutet etwa, immer da, wo das Gefühl zu großzum Spielen würde, eine Brechung zu finden, etwa dreigroteske Fassungen des Kindsmords vorzuführen mit demsich wiederholenden Kommentar: „Ja, genau so war es,nur ganz anders.“ Form bedeutet, Texte teils ins chorischeSprechen zu überführen und das mit adäquatenRaumbewegungen der Chorgruppe zu synchronisieren.Brechung bedeutet, das Stück nicht mit der x-tenWiederholung der ironisierten „Gebirge“- Idylle zubeenden, die schon aufgebrochen wird durch diemerkwürdigen Ausrüstungsgegenstände, die jeder mit indie Friedensutopie nehmen will (z.B. eine Axt, umFriedensunwillige rausschmeißen zu können), sondern einezweite Schlussszene anzuhängen: In fahlem Lichtstammeln die weit verstreuten Spieler noch einmalsentimentale Sätze aus den amerikanischen Familienserien-Zitaten, die anfangs schon vorgeführt wurden. Jetzt aberzieht eine Spielerin einer anderen eins mit dem Turnbeutelüber. Also doch kein Frieden abzusehen. Blackout. StandingOvations.

In der Beispiel- Analyse der Aufführung, die auch Teil derFachtagung war, wurde dabei eindringlich deutlich, dassdieses Konzept von der Schülergruppe nach Lektüre desKleist- Dramas im Rahmen von Assoziations- Übungen(Was interessiert uns an dem Stück? Welche Themenkommen vor?) und Improvisationsaufträgen erarbeitetwurde (Erfindet zu dritt eine Szene zu dem Kleist- Text„Nun denke dir, du fändest plötzlich dort dein Kind

19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck

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Was spielen wir denn mal?

Ein zentrales Problem des Schülertheaters besteht darin, dass geeignete dramatische Texte feh-len oder zumindest zu fehlen scheinen.

Man muss das Fehlen geeigneter Literatur als Chance begreifen. Statt zu klagen sollte erkanntwerden, dass sich hier eine lohnende kreative Aufgabe für jede Theaterarbeit ergibt, die darinbesteht, dass die Gruppe sich das ihr interessant erscheinende, aber in einzelnen Hinsichtenunpassende Stück auf den eigenen Leib zuschneidet, das heißt, dass sie das Stück den eigenenMöglichkeiten anverwandelt. Damit kann der sicherlich zutreffenden Bemerkung, es gäbe in derdramatischen Literatur nahezu kein Stück, das sich in der vorliegenden Form von einer Jugend-theatergruppe angemessen spielen ließe, die Gegenthese zugeordnet werden, bei entsprechen-der Anverwandlung lasse sich jedes Stück angemessen inszenieren. Diese These kann sogarnoch verschärft werden, indem man sagt: Nur die Anverwandlung eines Stückes an die Möglich-keiten der Gruppe schafft die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Inszenierungs-arbeit.

Ein solcher Ansatz verabschiedet sich von der Unantastbarkeit eines sprachlichen Kunstwerksund begreift die vorhandene Literatur als ein Material, das sich den Bedürfnissen von Spiel-gruppen anpassen lässt. Der Begriff der Anverwandlung sieht noch einen anderen Aspekt alswichtig an, nämlich den, dass sogar strukturelle Eingriffe in das vorliegende Stück vorgenommenwerden können, ja, in der Regel sogar vorgenommen werden sollten. Die Notwendigkeit dazuergibt sich aus dem pädagogischen Interesse, allen Spielern die gleichen Spiel- und Entfaltungs-möglichkeiten zu eröffnen. Eine solche Form der Anverwandlung kann letztlich sogar die Zerstö-rung der dramatischen Strukturen bedeuten.

(Aus den Materialien zur Fachtagung: Frank Herdemerten, Spielleitung und Spielgruppe in: Theaterspielen. Elinor Lippert(Hg.). Bamberg 1998, Ausschnitte S. 61 ff) Foto: Stephan Lipsius

Achtung! Montage aus 3 Bildstücken und schwarzer Fläche

Puck schlägt nach bei Shakespeare - „Sommernachts-traum“ aus Baden-Württemberg beim SDL in Lübeck

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erschlagen...“ mit zwei Männern, Kind, Dolch, Blut(wurst),Turnbeutel). Dann entwickelten sich aus demaufgeschriebenen Szenenablauf, aus herausgesuchtenKernsätzen, aus parallelen Texten (Bush spricht über Gutund Böse zum Irakkrieg) und dem Auftrag, diese mit demOriginal zu verschneiden, Formen der „Zapping“-Methodeaus der Medienumwelt der Spielgruppe.

Das Ganze ergibt sich als ein Kampfspiel mit wechselndenBeobachtern. Die Spieler sitzen auf einer langen Stuhlreihein Sport- Ausrüstung mit Turnbeuteln dem Publikumgegenüber und gehen für Soloeinlagen auf die Spielflächeoder bilden auf den Stühlen den Chor. Das bleibt keinestatische Aufteilung, sondern verändert sich im Raum. Die„Pressebeobachter“ im Familienendkampf rücken dann mitihren Stühlen an die Rampe und sind so etwas wie die erstePublikumsreihe, aus der heraus sich einzelne umdrehen unduns weiter hinten Sitzenden vertrauliche Meldungenmachen.

Dem Spielleiter, obwohl selbst bereits erfahren in der Arbeit(er war schon 2001 in Berlin mit einer „Hamlet“- Adaptiondabei und hat damals das Konzept in Heft “FokusSchultheater 01: Zeitsprünge” sehr informativ vorgestellt),war es gelungen, mit Sponsorengeld für drei Wochenendeneinen Theaterdramaturgen einzuladen, mit dessen Tipps dasEnsemble die gesammelten Szenen in eine stringente Formbringen konnte. Eine solche Möglichkeit der Teamarbeitist natürlich für alle sonst ziemlich einsam arbeitendenTheaterlehrer eine ganz wichtige Anregung.

Anschauen, Beurteilen, ReflektierenSolche Anregungen wollte das SdL den (diesmal inRekordzahl) angereisten Spielleiterinnen und Spielleiternbieten. Und das geschah denn auch in vielfältiger Weise:bei der mehr theoretischen Besinnung in der Fachtagung,bei den Spielleiter- Workshops am eigenen Leibe, bei denzahlreichen Gesprächen zwischendurch und natürlich beidem Riesenpensum von 16 anzuschauenden Aufführungenund ihren jeweiligen Nachbesprechungen. Die Bedingung,nicht länger als 60 Minuten zu spielen, erweist sich dabeinicht nur als unverzichtbar für ein so dicht gedrängtesProgramm, sondern überhaupt als sehr empfehlenswert fürdie Länge von Laienaufführungen, die den Anspruch haben,die Zuschauer mit Dichte und Spannung wirklich in Atemzu halten. Auch bei modernen Produktionen im aktuellenProfitheater kommt das vor: Michael Thalheimer, dessen„Emilia Galotti“- Inszenierung von 2001 auch Gegenstandder Betrachtung bei der Fachtagung war, dauert gerade mal75 Minuten.

Für die über 300 eingeladenen Schülerinnen und Schülerwaren die Erfahrungen nicht weniger vielfältig. Sie konntensehen, was die Gruppen aus den anderen Ländern zu bietenhatten, sie konnten jüngere und ältere Gruppen erleben undmit einigen von ihnen in den 19 angebotenen Workshopszusammentreffen, die dann auch noch ihre Ergebnisse imgroßen Konzertsaal des Musik- und Kongresszentrumsallen übrigen vorgestellt haben. Sie konnten in der Rolleder Befrager die ihnen zugewiesene Gruppe imNachgespräch mit ihrer Kritik konfrontieren und musstendas selber nach ihrem Spiel aushalten. Sie hatten den Stresszu bewältigen, mittendrin eine Verständigungsprobe auf der

19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck

Annäherung an eine sperrige Vorlage

Teil der Arbeitstagung in Lübeck war die Informati-on über die Arbeitsweise einer Gruppe. SpielleiterKlaus Riedel (Hessen) gab mit einem Darsteller undeinem Theaterdramaturgen, der in der Schlussphasemitgearbeitet hat, Auskunft über den Weg von derLektüre des Kleist-Erstlings „Familie Schroffenstein“zum eigenen Projekt „Schroffenstein. Paranoia“:

Ausgangslage: Die neue Gruppe an der Schule will wie-der eine fertige Vorlage bearbeiten, sich aber deutlichabsetzen von der vorigen Produktion (Shakespeares„Hamlet“ war zu „Prince Denmark. Ein Stück Hamletnach Shakespeare“ geworden). Versuche mit „Sonnen-allee“ befriedigen nicht. Der Spielleiter empfiehlt dieLektüre des Kleist-Stücks.Hintergrund: Versuch sich postdramatischen Zeichen zunähern (Lehmann, Postdramatisches Theater), z.B. derBillard-Strategie, d.h. eine Geschichte löst die andere aus.

Gruppe erhält Arbeitsauftrag zur Lektüre: Welche Bilderentstehen? Welche Themen interessieren?

Daraus drei Stunden Diskussion über das Stück. Gesam-melt werden Themen:- Problem der Verständigung, des Verstehens- Aufbau einer Konfliktspirale- Utopie von Liebe und Verständigung- die ewige Geschichte vom Schmusen und Hauen- Zeitbezüge: Irak-Krieg

Gruppe schreibt Szenenfolge aufGruppe schreibt Kernsätze auf (z.B. Stückzitat aus dertragischen Schlussszene: „Das ist ein Spaß zum Totla-chen!“)

Probenaufgabe für Gruppenimprovisation:Kirchenvogt: Nun denke dir, du fändest plötzlich dort deinKind erschlagen. Aufgabe: Erfinde eine Szene mit Dolch,Blut(wurst), 2 Männern, Kind, Turnbeutel. (Diese Mord-szene erscheint nachher in drei Fassungen in der Auffüh-rung.)

Gruppe stellt Textzitate und Bush-Äußerungen über denIrak-Krieg gegenüber, einzelne erhalten den Auftrag, dieTexte zu verschneiden.

Aus der Probensituation entwickelt sich die Stuhlreihe,auf der die Gruppe sitzt und chorisch agiert, aus der sieProtagonisten für Einzelszenen entlässt.

Der auf die SchülerInnen verteilte Ablauf ermöglicht je-dem Gruppenmitglied, Texte aus dem Stück zu suchen}und Angebote des Spiels zu machen, die dann in der Pro-be aufgenommen oder verworfen werden.

Die Video-Zapping-Methode ermöglicht schnellen Wech-sel von chorischen und dialogischen Szenen, Wiederho-lungen (z.B. eine immer wieder auftauchende Kurzidyllein grünem Licht zu romantischer Musik) und Anspielun-gen auf das Thema Familie im Fernsehen in Form vonparodierten Klischees aus amerikanischen Familien-serien. (D.R.)

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fremden professionellen Bühne der Kammerspiele oder desgroßen Hauses des Theaters Lübeck zu absolvieren unddann in dem Trubel noch die eigene Aufführung in möglichstreibungsloser Qualität auf die Beine zu stellen. Manchehatten noch nie auswärts oder auf einer großen Bühnegespielt. Schließlich gehörte auch das Gesprächzwischendurch und natürlich die After-Drama-Party mit

Aus den Materialien zur Fachtagung:Postdramatisches TheaterIm Bereich des Theaters wird eine Entwicklungnachgeholt, die andere Künste früher durchgemachthatten. Es ist kein Zufall, dass Begriffe aus der bildendenKunst, der Musik oder der Literatur nahe liegen, umpostdramatisches Theater zu kennzeichnen. Erst unterdem Eindruck der Reproduktionsmedien Fotographie undFilm fand Theater zum Bewusstsein seiner Spezifik.Bedeutende Theaterkünstler der Gegenwart habenauffallend oft einen Hintergrund in der bilden=den Kunst.Man braucht sich nicht darüber zu wundern, dass erst imTheater der letzten Jahrzehnte die Bestrebungenangekommen wind, die man mit Stichworten andeutenkann wie Selbstreferenz, Gegenstandslosigkeit, abstrakteoder konkrete Kunst, Autonomisierung der Signifikanten,Serialität, Aleatorik usw. Da Theater als eine kostspieligeästhetische Praxis in der bürgerlichen Gesellschaftnotwendigerweise an die Möglichkeiten denken musste,

19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck

sich durch bedeutende Einnahmen, und das heißt: durcheinen möglichst breiten Zuspruch des Publikums zuerhalten, tauchen riskante Neuerungen und entscheidendeVeränderungen und Modernisierungen darin mit einercharakteristischen Verspätung gegenüber dem Stand derDinge in materiell weniger aufwendigen Kunstformen wieLyrik oder Malerei auf. Mittlerweile allerdings haben diegenannten Tendenzen auch im Theaterland für erheblicheund noch andauernde Verwirrung gesorgt. Noch immeraber fällt einem breiten Theaterpublikum die Annahmeschwer, dass all die Neuerungen des sogenanntenmodernen Theaters, an die es sich eben erst gewöhnt hat,nun schon wieder von gestern sind, dass die Theaterkunstvon seinen Zuschauern erneut gänzlich gewandelteEinstellungen verlangt.

Hans-Thies Lehmann,Postdramatisches Theater, Frankfurt /M 1999, S.161

wechselnden Schülerbands und die große Abschiedspartydazu. Notfalls ging der Austausch nachts in derJugendherberge weiter.Da war für alle mehr Theater und Schülerkontakt in derWoche, als unsere Schulweisheit sich gewöhnlich träumenlässt.

Dierk Rabien

Eine verschworene Bande macht stark - nicht nur den Räuber Karl Moor (mit erhobenen Armen), sondern auch dieTheatergruppe des Musikgymnasiums J.-W. von Goethe aus Schwerin. „Räubert Schiller“ hieß ihre Erfolgs- Parole. Dievielen Mädchen wollten, als sie Amalias hilfloses Leiden sahen, einfach keine Mädchen mehr sein und liefen auf offenerBühne zu den Machos über. Aber auch die wurden (getreu Schiller) in Frage gestellt. Foto: Stephan Lipsius

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 12

19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck

Sechszehnmal drama > frisch aus deutschen LandenEigenwilligen Umgang mit literarischen Vorlagen bewiesen alle Gruppen von Bayern bis Schleswig-Holstein, malnäher am Originaltext, mal weiter entfernt. Lebendiger Umgang mit den Strömungen des professionellen Ge-genwartstheaters zwischen Klassiker-Entstaubung und postdramatischen szenischen Abläufen. Hier das Pro-gramm des SDL 2003 ( zu den Aufführungen vgl. Bericht auf S.7 ff und www.fds-sh.de):

„Deren Kniehöhe ist die Kopfhöhe eines Kindes“nach den „Vermummten“ von Ilan HatsorHamburg: Wirtschaftsgymnasium Gropiusring/Handels-schule 20; Spielleitung: Olaf Bublay

„Der Widerspenstigen Zähmung“nach ShakespeareBremen: Neues Theater Paula-Modersohn-Schule Bre-merhaven; Spielleitung: Rainer Behrens, MonikaKopplin

„Schroffenstein.Paranoia“nach Heinrich von KleistHessen: Modellschule Obersberg Bad Hersfeld; Spiellei-tung: Klaus Riedel

„Die sieben Todsünden“Bertolt BrechtThüringen: Evangelisches Ratsgymnasium Erfurt; Spiel-leitung: Claus Schlegel

„Leonce und Lena“nach Georg BüchnerSchleswig-Holstein: Kreisgymnasium Bargteheide,Spielleitung: Susanne Oehmsen

„Mogli und seine Freunde“frei nach dem Dschungelbuch

Saarland: Tanztheater-AG Gesamtschule Mettlach-Orscholz; Spiell.: G.. Anthonj, T. Arand-Castra

„Der gestiefelte Kater“Musical nach dem gleichnamigen Märchen

Berlin: Lisa-Tetzner-Grundschule; Leitung: KarinUpmeyer und Michael Assies

„Amazonen“Komödie nach Thor TruppelSachsen: SchülerFreizeitZentrum Delitzsch, Spiellei-tung: Benjamin Graul, Torsten Schulz

„Herr der Fliegen“frei nach William GoldingNordrhein-Westfalen: Evangelisches Gymnasium Sie-gen; Spielleitung: Heinrich Waegner

„Aus dem Leben eines Taugenichts“frei nach J. v. EichendorffNiedersachsen: Kurs DS Jg. 13 Ratsgymnasium Wolfs-burg, Spielleitung: Hans-Rudolf Schnelle

„Prinz Friedrich von Homburg“nach Heinrich von KleistBrandenburg: Potsdam Kolleg Teltow; Spielleitung:Astrid Lehmann

„KOMM! Ein Totentanz“nach Wolfgang Weihrauch

Sachsen-Anhalt: Heidegymnasium Pretzsch;Spielleitung: Heike Masser

„Supertell“nach Friedrich von Schiller

Bayern: Staatl. Realschule für Knaben Aschaffenburg;Spielleitung: Siegfried Staab

„Tango mortale“nach Slawomir Mrozek

Rheinland-Pfalz: Kant-Gymnasium Boppard;Spielleitung: Beate Hackbarth

„Sommernachtstraum“nach Shakespeare

Baden Württemberg: Wildermuth-Gymnasium Tübingen;Leitung: Rüdiger Stephan, Dorothea Brakhage

„Räubert Schiller“nach Friedrich Schiller

Mecklenburg-Vorpommern: Musikgymnasium J.-W. vonGoethe Schwerin; Spielleitung: Anne-Kathrin Holz

Fotos: Stephan Lipsius

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Unser Lübecker Spielplan bestätigt (ver)alte(te) Erwartun-gen ans Schultheater, um nicht zu sagen, alte Vorurteile undBefürchtungen. Die Bewerbungen zum diesjährigen SdLentsprachen weitgehend den Hitlisten der meistgespieltenAutoren und Stücke im Jahr der wissenschaftlichen Unter-suchung über Darstellendes Spiel in den Schulen der BRD1989/1990.

Shakespeare und insbesondere sein Sommernachtstraumstanden auch damals auf Platz 1. Aristophanes fand sichdort genauso unter den „Top Ten“ wie Bertolt Brecht. Goe-the, Moliere und Büchner (natürlich mit Leonce und Lena)sind wahrlich keine Unbekannten auf den Schulbühnen.Einzig Schiller wurde in den letzten Jahren wieder stärkergespielt als früher, unter unseren Bewerbern war er mitvier verschiedenen Stücken gleich sechsmal vertreten, eineähnlich bemerkenswerte Erscheinung wie die beiden Be-werber mit Kleist- Stücken.

Wie gehabt beherrschen die Klassiker das Feld, aber nichtvollständig: Von Brecht und J. Schwarz über Dario Fo undMrozek bis zu Enzensberger und Düffel reicht die Paletteder modernen Autoren, die für »drama > frisch« in Lübeckeingespielt wurden. Dürrenmatt und Wilder, 1989 noch ganzoben, sind mittlerweile weitgehend »out«, moderne Auto-ren des Kinder- und Jugendtheaters immer noch nicht »in«.

Betrachtet man die Autoren, dann präsentierte dasSchultheater der Länder 1989 in Bamberg zum Thema»Spiel mit dramatischen Vorlagen« frischere Stückeschrei-ber als 2003:

Preußler, Eich, Herfurtner, Brecht undWilder bestritten das Programm nebenGoethe und Shakespeare.

Aber schon damals sagte der Blick aufdas Alter der Stücke wenig über die Fri-sche der Inszenierungen. Die aufregend-ste Produktion sahen wir in Bamberg mitGoethes „Launen der Verliebten«, ausge-rechnet diesem »uralten« drittklassigenSchäferspiel. Die Gruppe hatte einen Zu-gang zum Kern des Dramas und seinerSprache gefunden, es aber mit Parallel-szenen auf die eigene Spielerzahl erwei-tert und dramaturgisch völlig aufgebro-chen - aus dem „Schmarren“ war aktu-elles, begeisterndes Theater geworden.

„drama > frisch“ hat also zum Glücknichts mit den Stücken und Autoren zutun, sondern mit den Theatergruppen, diesich dieser Vorlagen annehmen. Das giltfür Aristophanes genauso wie für DarioFo. Der Anspruch, Werktreue als aktuelleund kreative Auseinandersetzung mit ei-

ner Partitur zu verstehen, gilt zwar für das professionelleTheater genauso wie für das Schultheater. Im Darstellen-den Spiel der Schüler kommen aber deren spezielle Per-spektive und ihre besonderen Möglichkeiten hinzu, die mitder geschickten Nutzung ihrer Lernfähigkeit, ihrer Bega-bungen und der schultypischen Beschränkungen bei Räu-men, Materialien, Finanzen und Schauspielausbildung zuverbinden sind. Dies ist nichts Neues, das kann man derlesenswerten Dokumentation des Schultheaters der Län-der von 1989 entnehmen. [...]

Wir dürfen in Lübeck gespannt sein auf die Antworten, dieuns die Schüler mit ihren Inszenierungen heute geben, be-sonders nachdem seit 1989 über die Republik die Wellendes Postmodernismus und des Dekonstruktivismus ge-schwappt sind und in manchen Staatstheatern Ratlosigkeitund neue Biederkeit hinterlassen, im Schultheater aber vie-les angeregt und bestätigt haben.

Mit »drama > frisch « bearbeiten wir in diesem Jahr er-neut ein zentrales fachliches Thema des DarstellendenSpiels, das angesichts der 1000-fachen Praxis deutscherSchultheatergruppen total aktuell und bedeutungsvoll ist.Damit erfüllen wir den Auftrag der Kultusminister derLänder, das Darstellende Spiel zu entwickeln und zu för-dern. Nur ein Festival mit vielen Produktionen ermöglichtdie fachliche Verständigung, den Vergleich und setzt Maß-stäbe.

Joachim Reiss

19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck

Braucht das Schultheater eine Erfrischung?Im Programmheft des diesjährigen Schultheaters der Länder denkt Joachim Reiss, Vorsitzender des ausrichten-den Bundesverbandes Darstellendes Spiel, über die Frische der Schultheater-Spielplans nach. Wir geben seinVorwort leicht geküzrt wieder.

Koch und König gewinnen ihre Laune zurück: Endlich wieder Rebhüh-ner! Und die Prinzessin gewinnt einen Schmusekater der Extraklasseim Kindermusical der spielfreudigen GrundschülerInnen: „Der gestie-felte Kater“ aus Berlin beim SDL in Lübeck. Foto: Stephan Lipsius

Viele Materialien zum Festival auf Schleswig- HolsteinsLandesverbands - Homepage: www.fds-sh.de

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 14

19. Schultheater der Länder 2003 in Lübeck

Aus den Materialien zur Fachtagung:Spannweite des Gegenwartstheaters

Dass der dramatische Text im heutigen Theater ganzunterschiedlich zur Geltung, zu theatraler Wirkung undBedeutung, kommen kann, zeigt uns die Spannweite desGegenwartstheaters.Die gerade nachrückende Generation, Regisseure wieKusej, Nübling oder Thalheimer, steht dabei in schonerkennbarem Gegensatz zu jenen Neuerern, die aus derDekonstruktion des Textes neues Leben für die Szenegewannen.Regisseure wie Castorf oder Kriegenburg haben amdramatischen Text vor allem deswegen festgehalten, weiler als Impulsgeber und als Kontrastfolie taugte für diedisparaten szenischen Formulierungen unserer Gegenwart.Noch in seiner (scheinbaren) Vernichtung blieb erAusgangs- und Bezugspunkt der politischengesellschaftlichen Orts- und Wirklichkeitsbestimmungendieser Theatermacher.Ein Großteil der Jüngeren, etwa die oben Genannten,erzählen nun wieder ‘ganze Geschichten’, haben Lust anund auf geschlossene Formen, auf ästhetischdurchorganisierte, nicht sich im sog. Leben auflösendenKunst- und Darstellungsweisen.

Hajo KurzenbergerAufführungsanalyse im Deutschunterricht: Ein Vergleich der „Emi-lia Galotti“- Inszenierungen von Thomas Langhoff (1984) und Mi-chael Thalheimer (2001). In: „Der Deutschunterricht“, Dezember2003 (geplant)

Materialienband Schultheater der Länder“Fokus”: Berichte, Anregungen

Der veranstaltende Bundesverband Darstellendes Spiel e.V.ist Herausgeber der 140 Seiten starken Dokumentation überdas SdL.Außer Berichten über die Aufführungen und ihreSpielansätze finden sich Textezur Fachdebatte, zur Didak-tik und Praxis und zum jeweiligen Thema.„Fokus Schultheater 01“ erschien zum Berliner Treffenunter dem Motto „ZeitSprünge“, „Fokus Schultheater 02“zum Cottbusser Treffen unter dem Motto „ÜberSetzen“.Auch zum Treffen 2003 wird ein Heft erscheinen.Zu beziehen durch Bundesverband Darstellendes Spiel e.V.Email: [email protected] (Preis: 8 Euro)

Lena trifft Leonce - eine Konstellation, die sich erst allmählich herausstellt, nicht nur weil Büchner sie auf die Flucht-suche schickt, sondern weil beide sich zunächst in ihrer jeweiligen Gang von vier Freundinnen und vier Freundencool geben. „Leonce und Lena“ nach Büchner vom gastgebenden Bundesland Schleswig- Holstein in Kiel.

Foto: Stephan Lipsius

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Schultheatertreffen 2003 in Berlin

Und die Jugendlichen selber? Wie sie sich das Theater vor-stellen, zeigten die neun Aufführungen, die im Rahmen desbundesweiten Wettbewerbs «Schüler und Schülerinnenmachen Theater» zum 24. Theatertreffen der Jugend nachBerlin eingeladen waren. Ein Mensch, der die Fäden zer-schneidet, an denen sein Körper wie eine Marionette hängt,war auf dem Plakat des Laienfestivals zu sehen. «Erfah-rung, die man durch das Theaterspielen auszudrücken lernt,ist nicht manipulierbar», formuliert es der Theaterpädagogeund Juryvorsitzende Martin Frank.

Schüler auf der Suchenach einer anderen AuthentizitätIn den häufig selbst konzipierten Stücken geht es um den11. September, um Kriegsangst und den Clash der Zivili-sationen. Das Schulzentrum Walliser Straße in Bremen liegtin einem Bezirk mit hohem Ausländeranteil. Die siebzehnDarsteller von «Nathan (im)possible», einer desillusionier-ten Variation über die Unmöglichkeit, Lessing zu spielen,kommen aus neun Ländern, darunter Staaten wie Jordani-en, Iran, Russland und USA. Weißgekleidete Religions-krieger aller drei Weltreligionen verkünden gebetsmühlen-artig ihre jeweils allein selig machenden Wahrheiten. Alsvierte Weltreligion gesellt sich der American Way of Lifedazu. Stilisierte Kämpfe, plakative Bilder und dazwischenNathans Ringparabel als chorisch gesprochener fernerTraum mit offenem Ende.

Manchmal geht es in den Stücken darum, dem Bild vonJugend, das Medien und Popindustrie zeichnen, das eigeneBild als authentisches gegenüberzustellen. Die Theatergrup-pe am Mühlenberg aus dem norddeutschen StädtchenWilberg zeigte ein wunderbar schrulliges Stück über eineGruppe von Jugendlichen, die immer an einer Bushalte-stelle herumlungert und eines Tages beschließt: Wir grün-den eine Band. Keine Spur vom Plastikglamour gecasteterFernseh-Bands. Hier wird mit Herz, Schmerz und ironi-scher Distanz zum pubertären Gefühlschaos und den Träu-men vom Berühmtsein gespielt - und zwar nicht bloß rich-tiges Theater, sondern auch echter Soul: «destinationanywhere». An einer Bushaltestelle spielt auch «Männer-sache», ein Jungen-Projekt der Cactus Jugendtheater-Werk-statt aus Münster, wo es um Cliquen-Rituale, Sex und ersteLiebe, um Hierarchien, Körper und die Schwierigkeitengeht, die das Mann-Sein so mit sich bringt.

Bescheiden und visionär: P 14,der Jugendclub der VolksbühneEinen ganz eigenen Ton hat die Gruppe P 14, der Jugend-club der Volksbühne am Rosa-Luxemburg Platz, gefunden.Auf dem Schülertheatertreffen war P 14 mit «39 Kriegs-spielen» vertreten, einer Eigenproduktion über den 11. Sep-tember und den darauf folgenden Krieg in Afghanistan. Inden 39 Szenen geht es zum Teil nur sehr lose um das, wasgeschehen ist. Niemand stellt Fragen oder sucht nach Ant-

Ausflug nach Berlin

Schülertheater im professionellen BlickDie Zeitschrift „Theater heute“ veröffentlichte in ihrem August/September- Heft einen Streifzug durch das Theaterfür Jugendliche in Berlin. Die Autorin Esther Slevogt sah sich auf dem 7. Kinder- und Jugendtheatertreffen„Augenblick mal“ bei den Profis um und kam dann zu den selbst Theater spielenden Jugendlichen im BerlinerFestival- Reigen. Diesen Teil geben wir hier mit freundlicher Genehmigung der Autorin wieder.

worten. Zu genau wissen die jungen Spieler, dass alles, wassie darüber wissen können, nur das ist, was ihnen medialvermittelt worden ist. Das einzige, worüber Gewissheit zubekommen überhaupt möglich ist, sind sie selbst.

Und so erzählen die zwölf von ihrer Ohnmacht, kleine per-sönliche Geschichten aus der U-Bahn, Geschichten überdie Angst. Das Wunder dieses Abends besteht darin, dassdie große Geschichte als privates Traumspiel im Reflexdes Einzelnen am Betrachter vorüber zieht. Wieder ist dasTheater am stärksten, wo es sich am schwächsten zeigt.

Seit zehn Jahren gibt es den Volksbühnen- Jugendclub P 14,der seinen etwas sperrigen Namen der alten DDR- Alters-beschränkung für Filme für «Personen ab 14 Jahre» ver-dankt. Seit 2001 leitet Sebastian Mauksch die Gruppe, mitunübersehbarem Qualitätssprung der Produktionen. DieProjekte handeln vom Tod («Liga II»), von der Kindheitmit ihren Schrecken und Verzückungen («Bambibeat») oderden Zusammenhängen von Terror und Tourismus («Durchdie Wüste») und sind durchdrungen vom volksbühnen-spezifischen Misstrauen gegen wesentliche Phänomene derwestlichen Zivilisation. Adel verpflichtet natürlich, nichtvon ungefähr spielen bei P 14 viele Nachwendekinder und-enkelkinder der alten DDR-Oberschicht.

Gemeinsam ist den Theaterabenden eine große Beschei-denheit. Es geht nie um die Verkündung ewiger Wahrhei-ten, eher um feinste Selbstbeobachtung, um die Entwick-lung der Gedankenklaviatur mit Körpermitteln. Zwischen-durch fallen Sätze wie «Der Terrorist ist einer, der seinenUntergang als mögliches Reiseziel erkennt» («Durch dieWüste»). Die P 14-Theaterperformances kommen stets miteinem Minimum an Mitteln aus, bei einem Maximum anvisionärer Kraft und Talent. Und wer einmal gesehen hat,wie das Müllsofa, um das herum sich im Wesentlichen dasStück «Bambibeat» gruppierte, plötzlich zu leuchten be-ginnt und die Teenies sich mit Michael Jackson in PeterPan verwandeln und über Neverland fliegen, der weiß, dassdas Jugendtheater das Theater der Zukunft ist.

Esther Slevogt in: Theater heute 08 /09. 2003, S.57

Berlin 21.- 29. Mai 2004:25. Theatertreffen der Jugend 2004

bundesweiter Wettbewerb

„Schülerinnen und Schüler machen Theater“Infos und Bewerbungen bis 31. Jan. 04 bei

Berliner Festspiele, Schaperstr. 24, 10719 Berlin,T. 030 254 89-213, Fax 030 254 89-132,

[email protected], www.berlinerfestspiele.de

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 16

Kosten, Anmeldeschluss, RückfragenTeilnahmegebühr pro Zeitstunde 6 €, bei 210 Stunden ins-gesamt 1260 € (zahlbar in 3 Raten). Der Kurs kann nur beigenügender Teilnehmerzahl stattfinden.Anmeldungen bis 15.Dezember 2003 direkt beim Kurs-leiter: Dierk Rabien, [email protected] , Tel. 0515166983 , Weberstr.17, 31787 Hameln (FAX nur über Al-bert-Einstein-Gymnasium Hameln 05151 202 609)

„Selbst Darstellen“ -neue Weiterbildung des Fachverbands ab Februar 2004Während der letzte Durchgang der Weiterbildung DS gerade erfolfgreich zuende geht, bietet unser Fachverbandin Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Lehrerfortbildungs-Institut (NLI) und der Regionalen Lehrer-fortbildung (RLFB) Hildesheim einen weiteren Durchgang der zweijährigen Ausbildung zum Theaterlehrer an.Der Kurs ist ausdrücklich auch für KollegInnen der Sek I und der Primarstufe geöffnet und wird in einzelnenPhasen schulstufenspezifische Angebote enthalten. Im AG- Berich und im Unterricht vieler Fächer können diekreativen und praktischen Methoden des Darstellendes Spiels helfen, lustvoller und mit allen Sinnen zu lernen.Diese Lust erleben die TeilnehmerInnen im Kurs am eigenen Leibe, sagen sie.

Selbst etwas darstellen, sich vor anderen präsentieren(müssen), sich in Rollen fügen, aus einer Rolle aussteigen,eine Maske aufsetzen oder sie fallen lassen, (un)geschminktsprechen, all das findet im Alltag wie auf der Bühne statt.SchülerInnen müssen lernen, bewusst damit umzugehen.LehrerInnen können es nur vermitteln, wenn sie es selbstausprobiert und bewusst gemacht haben. Die WeiterbildungDS will (wie das Schulfach) die Mittel erfahrbar machen,mit denen das geschieht.Der Weg führt in praktischen Übungen von der Körper-sprache über die Stimme zu den äußeren Hilfsmitteln Mas-ke, Kostüm, Bühne, Licht und Ton, von der Beredsamkeitder Wortlosigkeit über improvisierte Texte zum Umgangmit Textvorlagen. Ebenfalls möglichst am eigenen Leibewerden Spielleiterrolle, Unterrichtseinheiten und Lei-stungskontrollen vorgestellt und entwickelt.InhaltsmoduleDer Kurs deckt in seinem Basisteil (160 Zeitstunden) dievom NLI vorgegebenen Inhalte dieser neun Pflichtmoduleab:1. Modul: Miteinander ins Spiel kommenKennenlernen, Vertrauen, Wahrnehmung,Grundlagen der Improvisation2. Modul: Grundlagen des szenischen Spiels IKörper und Raum3. Modul: Grundlagen des szenischen Spiels IIAtem, Stimme, Sprechen4. Modul: Grundlagen des szenischen Spiels IIIFigur und Rolle5. Modul: Spielleitung IVon der Improvisation zur Szene6. Modul: Spielleitung IIDramaturgie, Textarbeit, Textproduktion7. Modul: Spielleitung IIIAnleitung, Inszenierung, Rollenarbeit8. Modul: Unterrichtspraxis IUnterrichtseinheiten, vom Beginn bis zur Aufführung,Theatertreffen, Theateraufführungen besuchen8 a. Parallelangebot für Sek I und Primarstufe9. Modul: Unterrichtspraxis IINetzpläne, Leistungsbewertung, schriftliche Leistungskon-trollen, spielpraktische Aufgaben, Recht und Finanzen9 a. Parallelangebot für Sek I und PrimarstufeÖffnung für alle SchulstufenDabei wird diese Weiterbildung ausdrücklich für Lehrkräfteaus dem Sekundarbereich I und dem Primarbereichgeöffnet. In einzelnen Phasen sollen neben den besonderenBedingungen des Fachunterrichts in der Sekundarstufe IIparallel speziell auf jüngere SchülerInnen ausgerichteteVerfahren vermittelt werden, z.B. Bewegungstheater nach

Musik, einfache Formen des Erzähltheaters,Figurentheaters oder Schattenspiels. Inhalte werden nachBedarf angeboten.Basis und VertiefungDem Basisteil folgt ein Vertiefungsteil (5 Veranstaltungenà 10 Zeitstunden) mit ReferentInnen meist aus demaußerschulischen Theaterbereich zu ausgewähltenSchwerpunkten.Der Kurs kann (nach 210 Stunden) mit dem Zertifikat desNLI abgeschlossen werden, das zum Unterrichten im FachDS berechtigt.ReferentenDr. Dierk Rabien, Hameln; Theaterwissenschaftler,Dramaturg an mehreren Theatern, dann Gymnasiallehrerfür Deutsch, Philosophie und Darstellendes Spiel, Arbeitmit Theater-AGs der Jahrgänge 7-13, Referent in derWeiterbildung DS seit 1975 (Kursleiter)Norbert Döding, Bad Pyrmont; bildender Künstler,Gymnasiallehrer für Deutsch, Sport und DarstellendesSpiel, Arbeit mit Theater-Ags der Jahrgänge 7-13, Referentin der Weiterbildung DSReferentin im Basisbereich: Judith Füldner, Hildesheim,Spielpädagogin, Arbeit mit Vorschulkindern, Grund-schulkindern und Jugendlichen, freie Theatergruppenarbeitmit Erwachsenen, Referentin in der Weiterbildung DS.Dazu kommen Gäste aus dem professionellen Bereich desTheaters bzw. der Theaterpädagogik.Ort und ZeitHameln, Aula des Albert-Einstein-Gymnasiums (überwie-gend). 210 Stunden in vier Halbjahren: 16 Wochenenden(freitags 16-19,30 und samstags 10-17,30) sowie zweiBlockveranstaltungen (mittwochs-freitags 9-17,00,sams-tags 9-13,00.), keine Ferientermine.Beginn: 6. Februar 2004. Bisher festgelegte Termine:6.+7.Februar 04, 12.+13.März 04, 23.+24.April 04,14.+15.Mai 04, 18.+19.Juni 04Weitere Termine ( zwischen August 04 und Dezember 05)werden mit der Gruppe abgesprochen.

Darstellendes Spiel: Weiterbildung für Lehrkräfte

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Körperarbeit - demonstrieren und selbst vormachen. Sacha Anema (München) zeigt, wie Körpergefühl und Konzentration aufsich selbst und den Partner zu intensivem Spiel führen können. Die Tänzerin und Choreografin arbeitet an Theatern und Schau-spielschulen. Hier ist sie Gastreferentin zum Bereich Körpertheater - Performance beim derzeitigen Weiterbildungsdurchgang DSdes Fachverbands in Hameln. Fotos: Norbert Döding

Der geplante Weiterbildungskurs für den gesamtenRegierungsbezirk Braunschweig findet statt inZusammenarbeit von HBK (Hochschule für BildendeKünste), Klasse Spiel und Bühne/Darstellendes Spiel,Gastprof. Harald Hilpert und der Theaterabteilung derBundesakademie Wolfenbüttel, unter Leitung von ThomasLang. Er umfasst 210 Stunden in 2 Jahren. In der Regelfinden die Kurse an Wochenenden statt, in der HBK, bzw.der Bundesakademie.Die Kosten betragen 1280 € pro TeilnehmerIn (320 € proHalbjahr)Es sind darin die gesamten Referentenkosten enthalten,sowie die Unterbringungs- und Verpflegungskosten bei denKursen, die im Rahmen dieser Weiterbildungsmaßnahmean der Bundesakademie in Wolfenbüttel stattfinden.Praktisch arbeiten bis zur AufführungDie Ausbildung ist praktisch orientiert. ZunächstwerdenGrundlagen des Darstellenden Spiels erkundet wie:Körper und Raum; Atem, Stimme, Sprechen und Figur undRolle. Im weiteren Verlauf sollen spezielle Probleme derSpielleitung ausprobiert werden: von der Improvisation zurSzene, Dramaturgie, Textarbeit, Textproduktion,Inszenierung und Rollenarbeit.Ergänzend sind Experimente mit Raum, Licht, Technik,Projektionen sowie der Besuch von Theater- undSchultheaterveranstaltungen vorgesehen. Je nach Bedarfwerden Unsichtbares Theater oder Theater anungewöhnlichen Orten berührt. Der Ablauf des Kurses iststark angelehnt an einen möglichen Aufbau eines„Darstellendes Spiel“-Kurses in der Schule.Und weil hier in der Regel eine Stückproduktion am Endesteht, soll das in unserem Kurs auch so sein: Wir wollenein Stück erarbeiten, das wir zum Abschluss des Kurses

Weiterbildungen anderer Anbieter in Niedersachsen: Beispiel HBK BraunschweigEbenfalls nach dem für Niedersachsen entwickelten Modulsystem richten sich die Angebote in anderen Regio-nen Niedersachsens. Meist arbeiten erfahrene TheaterlehrerInnen mit örtlichen Einrichtungen zusammen, inHannover und Lingen z.B. mit dem Theaterpädagogischen Zentrum (TPZ).

Mehr Informationen über Weiterbildungen anderer An-bieter findet man im Niedersächsischen Bildungsserver:www.nibis.ni.schule.de , dann: Themen > Allgemein-bildung > Fächer > Darstellendes Spiel > Angebote Wei-terbildungoder direkt mit:http://www.nibis.ni.schule.de/nibis.phtml?menid=702

öffentlich aufführen. Alle vorhergehende Arbeit wird sichdaran orientieren und als Ideen- und Methodenpool genutztwerden.Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung erhalten dieTeilnehmer ein Zertifikat, das berechtigt, “DarstellendesSpiel“ im Schulfach zu unterrichten.Beginn 12. Februar 2004, 15 Uhr, HBK Braunschweig,Klasse „Spiel und Bühne“. Kontakt über: Margrit Lang,Wiesenstr. 3, 38102 Braunschweig, 0531 – 2335038, mail:[email protected]

Dort finden sich Kontaktadressen und Download-Pro-gramme für folgende Fortbildungsregionen:3.Gifhorn/Helmstedt/Wolfsburg(HBK Braunschweig, s.diese Seite oben)7.Hannover Stadt/ Hannover Land III(TPZ ZEW Uni Han.;TUT; Zentr.Medien Kunst...)8. Hameln/Hildesheim/Holzminden(Fachverband Schultheater..., s.vorige Seite)11. Cuxhaven/Stade(Ev.Bildwerk Bederkesa, Theaterwerk Albstedt)13./14./15.Osnabrück Land und Stadt,GrafschaftBentheim/ Emsland, Cloppenburg/Vechta(TPZ Lingen; HVS Galen-Haus,Cloppenburg)17. Oldenburg(OFZ Oldenburg; Akad.ev.luth.Kirche Oldenburg)

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Zwischen Lehrerrolle und Bühnenrolle

Im Schultheater Info Nr. 19/2002 des FachverbandesSchultheater - Darstellendes Spiel Niedersachsen e.V.“ hatHans-Hubertus Lenz, Dezernent des NLI und Fachberaterfür das Fach Darstellendes Spiel bei der BezirksregierungHannover, den seiner Zeit aktuellen Ausbildungsstand desFaches zusammenfassend beschrieben. In diesem Rahmengeht er auch auf Möglichkeiten der Zusatzausbildung fürReferendarinnen und Referendare an Studienseminaren ein.Als „Ist-Zustand“ beschreibt Lenz, übliche Ausbildungs-form sei, Grundzüge des Darstellenden Spiels im Rahmender allgemeinen pädagogischen Ausbildung zu vermitteln.Dies war zu diesem Zeitpunkt auch Praxis am Studien-seminar Hannover I:

Finden der LehrerrolleSchwerpunkt der Kurse „Kommunikative Kompetenz /Darstellendes Spiel“, die in der zweiten Hälfte des erstenAusbildungsjahres wöchentlich zweistündig auf demAusbildungsplan standen und die ich seit Februar 1999abgehalten habe, war das Erproben der Möglichkeiten deseigenen Lehrerhandelns. Die thematische Ausrichtungebenso wie die Seminargestaltung war dabei stark an denReferendarsinteressen orientiert. Bei aller Unter-schiedlichkeit der Ausrichtung waren für die Kurse imSinne eines Ausbildungsplans konstitutiv im Sinne einesFindens der eigenen Lehrer-Rolle:- Formen der Annäherung an Fachinhalte und anhandlungsorientiertes Arbeiten durch Information undÜbungen;- Erkunden, spielerisches Erproben und Reflektieren derfür das „Darstellende Spiel“ konstitutiven Elemente, hiervor allem o Wahrnehmung des Raumes o Körperarbeit, ausgehend vom Standbildbau hin zu Bewegung o Stimmbildung o Koordination von Stimme und Bewegung- Arbeit an der eigenständigen Umsetzung eines szenischenProjektes

Zunehmend wurde daneben die Erarbeitung von- Formen handlungsorientierten Arbeitens in den von denReferendaren vertretenen Fächern (Darstellendes Spiel als„methodisches Prinzip“) bedeutsam.

Die neue PVO Ler, §33, die die Möglichkeit einer„zusätzlichen Qualifizierung“ für Referendare vorsieht, bot

Ausbildung für den Unterricht im Fach „Darstellendes Spiel“ am Studienseminar Hannover I

Elke Helma Rothämel, Ausbilderin für Deutsch am Studienseminar Hannover I, betreut Referendarinnen undReferendare auch im Bereich Darstellendes Spiel. Damit gehört das Seminar zu den ganz wenigen in Niedersach-sen, die nachwachsende Lehrkräfte für den Unterricht im Fach DS qualifizieren. Das hat besondere Bedeutungvor dem Hintergrund der Rotstiftpolitik, der gerade in Braunschweig der bundesweit einzige GrundstudiengangDarstellendes Spiel zum Opfer zu fallen droht.Während viele erfahrene Lehrkräfte in Weiterbildungskursen die zusätzliche Fakultas zum Unterricht in derSekundarstufe II des Gymnasiums erwerben, kommen bisher zu wenig Fachkundige in der jungen Generationnach. Die einzigartige Möglichkeit, während der zweiten Ausbildungsphase die besonderen kommunikativenMethoden und Kompetenzen mit Schülergruppen zu erproben, macht hoffentlich an weiteren Seminaren Schu-le, geht es doch auch um kreative Arbeitsweisen, die in den anderen Fächern hochnützlich sein können. ElkeRothämel stellt ihr Ausbildungsmodell hier vor.

ab Mai 2002 erweiterte Ausbildungsmöglichkeiten für dasFach „Darstellendes Spiel“ im Rahmen der zweitenAusbildungsphase – ein Angebot, das im Studienseminargroße Resonanz findet.

Integratives AusbildungskonzeptDie halbjährigen Kurse, die weiterhin für alle Referendareverpflichtend waren, habe ich in ihrer Ausrichtung stärkeran Formen des Arbeitens im Unterrichtsfach „DarstellendesSpiel“ geknüpft, die bisherigen Ausbildungsschwerpunktebekamen in verkürzter Form eher hinführenden Charakter,Improvisationstechniken und Formen der Erschließungunterschiedlicher literarischer Texte standen im Zentrumder Arbeit. Für die an der Zusatzqualifikation interessiertenReferendare wurde dieser Kurs zum „Grundbaustein“eines von meinem Musik-Fachleiterkollegen HinrichBergmeier und mir entwickelten und aktenkundiggemachten integrativen Ausbildungskonzeptes (vgl. Kastenauf den folgenden Seiten), mit dem wir wesentliche vonHubertus Lenz im o.g. Artikel angeführte „Mindest-anforderungen“, die es zu erfüllen gelte, berücksichtigen.

Diese Ausbildungspraxis wird auch durch Ergebnisse einervon mir initiierten Arbeitstagung „Darstellendes Spiel inder 2. Ausbildungsphase“ unter der Leitung von HubertusLenz gestützt, die im November 2002 auf übergeordneterFachleiterebene stattfand. Dort wurde eine Verständigungdarüber erzielt, welche Möglichkeiten der Modifikation desAusbildungsbestandteiles „Darstellendes Spiel“ imRahmen der zweiten Phase der Lehrerausbildung gegebensein könnten, und deren Stellenwert als Ausbildungsmoduleim Rahmen des Erwerbs der Lehrbefähigung für das Fach„Darstellendes Spiel“ geklärt. In diesem Sinne wurde ein„aktenkundiges Ausbildungskonzept“ formuliert, das füralle Studienseminare in Niedersachsen Verbindlichkeitbesitzt. (vgl. Kasten auf den folgenden Seiten)

Inzwischen können wir auf gut einjährige Erfahrungen mitdem von uns entwickelten Ausbildungskonzept zurückblik-ken. Von den 14 Referendaren des ersten Ausbildungsdurch-gangs aus zwei Ausbildungsgruppen haben inzwischenzwölf eine Zusatzqualifikation erworben.

Für sie habe ich in dichter zeitlicher Aufeinanderfolge zurweiteren theoretischen Fundierung eine intensivierendeganztägige Blockveranstaltung ein zweieinhalbtägigesKompaktseminar angeboten, das in Zusammenarbeit mit

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

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Hinrich Bergmeier erstmals im September 2002 stattfandund mit dem das Profil des Faches ausgeschärft werdenkonnte. Der reizvolle Fächerübergriff war in den beidennachfolgend abgehaltenen Kompaktseminaren nicht mehrumsetzbar, weil entsprechende Anrechnungsstunden nichtzur Verfügung gestellt wurden. Zudem angedachte Formender Kooperation etwa mit der Hochschule für Musik undTheater in Braunschweig oder aber mit Theaterdramaturgenvor Ort sind bisher noch nicht umgesetzt worden.

Unterrichtspraktische PhaseDie sich anschließende unterrichtspraktische Phase konnteund kann auch von den sich zur Zeit in dieserAusbildungsphase befindlichen sechs Referendaren zumeistnicht an der eigenen Ausbildungsschule absolviert werden,der Ausbildungsunterricht wird von den angesprochenenFachkolleginnen und –kollegen deshalb jedoch nichtweniger engagiert mitgetragen. Als für die Referendarekonstruktiv hat sich die zumeist gewählte Form derTeambildung erwiesen. Die gemeinsame Planung undDurchführung der Reihe wird von ihnen in Form einesExposés dokumentiert. Zumeist fand und findet dieAusbildung im Kursunterricht statt, ein Referendar hat imFrühjahr die Arbeit mit der Theater-AG erfolgreichübernommen und deutlich verändert.

Meine Unterstützung besteht in dieser Phase neben einemberatenden Unterrichtsbesuch in begleitenderSeminararbeit, pro Kurs mache ich auf mindestens dreinachmittäglichen Fachsitzungen bedarfsorientiertunterrichtsorganisatorische Fragen zum Gegenstand.

Der Besondere UnterrichtsbesuchAm Ende der durchgeführten Unterrichtseinheit vonmindestens 15 Stunden steht ein doppelstündiger„besonderer Unterrichtsbesuch“, für den es die Anforderunggibt, er möge eine Schülerpräsentation enthalten (vgl.Entwurf von Patricia Bruse und Rachel Ulrich auf denfolgenden Seiten). Der Nachbesprechung schließt sichunmittelbar oder in zeitlicher Nähe ein halbstündigesKolloquium an, das ich als „Expertengespräch“ versteheund in dem sich die Referendare den gewähltenthematischen Zugriff reflektieren und sich unterdidaktischem wie methodischem Aspekt kritisch mit ihremgewählten Arbeitsschwerpunkt und der erarbeitetenPräsentation auseinandersetzen.

Die seit dem Frühjahr dieses Jahres wiederum verändertenRahmenbedingungen für die Ausbildungsarbeit –Entlastungsstunden für eine „Basisarbeit“ mit allenReferendaren stehen inzwischen nicht mehr zur Verfügung– nötigen, für den nun begonnenen Folgedurchgang mit achtReferendaren ein wiederum abgewandeltes Konzept zurfachlichen Qualifizierung zu bedenken. Elemente derfrüheren wöchentlichen Arbeit fließen nun in eineeinleitende Blockveranstaltung ein; den Referendaren fehltso jedoch die Zeit, sich langsam anzunähern, einzufühlenund vielfältige spielpraktische Erfahrungen zu machen, undim weiteren Verlauf der Qualifizierung die Möglichkeit,als Teil der Hinführung zu ihrem unterrichtspraktischen Tunzunächst in „sanktionsfreiem Raum“ Spielleiterfunktion zuübernehmen.

Elke Helma Rothämel

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

„Supertell“ - Bayerns Antwortauf Schiller und die Schweizerbeim SDL in Lübeck.Zu Boden gestreckt:Geßler in der Maskevon Heino.

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Das den Vorgaben der Ausbildungs- und Prüfungsverordnungentsprechend entwickelte Ausbildungsangebot umfasst zweiaufeinander aufbauende Seminarveranstaltungen (A und B mit einerGesamtdauer von 30 Stunden) und eine Unterrichtseinheit(mindestens 15 Stunden). Die gesamte Ausbildung wird mit einemBesonderen Unterrichtsbesuch und einem Kolloquiumabgeschlossen.Diese Ausbildung wird den Referendarinnen und Referendaren an-geboten, die sich in der Schlussphase ihres ersten bzw. zweiten Aus-bildungshalbjahrs befinden. Ihre Teilnahme ist grundsätzlich fakul-tativ.

A. Einführung in Arbeitsbereichedes Darstellenden SpielsEinführend nehmen die Referendarinnen und Referendare an einerAusbildungsphase teil, in der sie primär mit den Arbeitsbereichen„Körper und Raum“, „Koordination von Körper und Stimme“ ver-traut gemacht werden. Diese Phase ist in das allgemeine pädagogi-sche Seminar integriert und findet wöchentlich statt (mindestens 10Stunden; Ltg.: Frau Rothämel). Zugleich dient sie der Erarbeitungdes notwendigen Basiswissens für das sich unmittelbar anschlie-ßende Kompaktseminar.

B. KompaktseminarI. KonzeptIm Zentrum der Ausbildung steht ein 20 Stunden umfassendes Semi-nar, das in Form einer Kompaktveranstaltung in zeitlicher Nähe zurEinführungsveranstaltung durchgeführt wird. Die konzentrierte mehr-tätige Zusammenarbeit verbindet gegebene Arbeitsökonomie mit derdieser Arbeitsform eigenen Intensität sozialen Lernens.Das Seminar wird nicht in den seminareigenen Räumlichkeiten durch-geführt, sondern in ausgewählten Häusern, die eine dafür erforderli-che Infrastruktur bereit halten.

Darstellendes Spiel wird in diesem Konzept verstanden als ein Fach,das in besonderer Weise handlungsorientiertes und zugleich lebens-weltbezogenes Unterrichten repräsentiert. Es wird Aufgabe der Re-ferendare sein, sich die damit verbundenen Arbeitsformen zu erschlie-ßen. Dabei gilt es, die Unterschiedlichkeit der fachlichen Vorausset-zungen und Erfahrungen zu bedenken und zu integrieren.

Zugleich sollen auch Möglichkeiten der Integration von Handlungs-formen im Darstellenden Spiel in den eigenen Fachunterricht reflek-tiert werden. Die Chancen vielfältiger Verknüpfung sind dabei kei-neswegs auf den Sekundarbereich II beschränkt.

Den Musikreferendaren des ersten und zweiten Ausbildungssemesterswird die Erarbeitung der Zusatzqualifikation aus folgenden Gründenempfohlen:· Der Bereich Musiktheater nimmt in der Didaktik des Fa-ches wegen seiner Interdisziplinarität einen zentralen Stellenwertein. Dies wird nicht nur durch die verschiedensten Unterrichtswerke,sondern auch durch die Rahmenrichtlinien entsprechend dokumen-tiert.· Im Sinne eines auf Interdisziplinarität gerichteten Musikunterrichtsist es gerade im Sekundarbereich II wünschenswert, sich Kompe-tenzen in einem weiteren künstlerischen Fach zu erarbeiten.· Schon heute sind Musiklehrer regelmäßige Partner bei der Erarbei-tung neuer Produktionen in den Bereichen Darstellendes Spiel / Thea-ter.

Studienseminar Hannover IAusbildungskonzept zum Erreichen der Zusatzqualifikation

im Bereich Darstellendes Spiel(siehe Durchführungsbestimmungen zur Verordnung über die Ausbildung und die Zweiten Staatsprüfungen für Lehrämter (PVO-Lehr II):

Zu § 8 Seminarveranstaltungen, Absatz 9)

Im Zentrum des Kompaktseminars soll – auf der Basis zuvor theore-tisch und spielpraktisch erarbeiteter Kenntnisse – stehen, in Grup-pen exemplarisch ein Projekt zu entwickeln. Die Musikreferendarewerden in den Erarbeitungsphasen, in denen ihr fachlicher Wissens-vorsprung dafür förderlich ist, speziell Projekte aus dem Bereich desMusiktheaters (z. B. ausgewählte Opernszenen, experimentellesMusiktheater) erarbeiten. Die anderen Projekte haben ihren Schwer-punkt im Bereich des Theaters. Zur besseren Verständigung und Be-urteilung aller Seminarteilnehmer untereinander sollen die bearbei-teten Projekte eine gemeinsame inhaltliche Basis haben (Bsp.: Be-zug zur Commedia dell’arte).Möglichkeiten des Darstellenden Spiels im Hinblick auf die sze-nisch-gestalterische Umsetzung anderer Textsorten werden in Formeines Transfers reflektiert und im Ansatz erprobt.

II. InhalteDie Inhalte des Kompaktseminars sind prinzipiell in drei Bereicheaufgeteilt; diese werden in der konkreten Durchführung jedoch viel-fältig miteinander verschränkt:Während des Kompaktseminars werden die Referendare von beidenFachleitern ausgebildet.

1. Erwerb von Kenntnissenfachbezogen:- spezifische Möglichkeiten und Leistungen des Fachs

(>Verknüpfung mit Informationen zu den Rahmenrichtliniendurch Referenten)

- Ziele- Arbeitsbereiche- Unterrichtsgestaltung- mögliche Kursfolgen im Sek-II-Bereich- ausgewählte didaktisch-methodische Literatur (> kommentierter „Büchertisch“

(Musik-)Theatergeschichte (exemplarisch) (Referate mit weiterfüh-renden Materialien)

2. Handelndes Erfahren durch eigenes SpielImprovisationGestaltung eines eigenen Projekts:- Entwurf (> entsprechende Texte zur Vorauswahl)- Realisation- Präsentation

3. ReflexionLeistungsbewertungEntwicklung alternativer Modelle / Transfer (> Rahmen für Impro-visation / andere Textsorte bzw. musikalische Vorlage )

C . AusbildungsunterrichtAls dritten Ausbildungsblock führen die Referendare entsprechendder PVO eine Unterrichtseinheit durch, die mindestens 15 Unter-richtsstunden umfasst. Der Unterricht wird durch einen Unterrichts-besuch begleitet und mit einem Besonderen Unterrichtsbesuch ab-geschlossen. Das Kolloquium geht inhaltlich von einem vom Refe-rendar gewählten Thema aus; es schließt sich der Nachbesprechungder Unterrichtsstunde unmittelbar an.

Elke Helma Rothämel, Fachleiterin für Deutsch;Hinrich Bergmeier, Fachleiter für Musik; Juni 2002

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

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Modul I: Einführung in die Methoden des Faches „Darstellen-des Spiel“ (mindestens 20 Stunden Seminarveranstaltung)

Anteile Spielpraxis: 75 %, Reflexion und Einsatzmöglichkei-ten: etwa 25 %

Elemente der Spielpraxis:- miteinander ins Spiel kommen- Kennenlernen, Vertrauen, Wahrnehmung- Atem, Stimme, Sprechen- Improvisationsformen

Reflexion und Einsatzmöglichkeiten:- „Darstellendes Spiel“ als methodisches Prinzip im Unterrichtanderer Fächer- „Darstellendes Spiel“ als Unterrichtsfach- „Darstellendes Spiel“ im AG- und Projektbereich- Spiel im außerunterrichtlichen Bereich

Modul II:Einführung in die Grundlagen des Fachs „Darstel-lendes Spiel“ (mindestens 20 Stunden Seminarveranstaltung)

Vertiefung des ersten Moduls und Vorbereitung des Aus-bildungsunterrichtsArbeitsschwerpunkte:- Körper und Raum- Bewegung und Sprechen- Figur und Rolle- von der Improvisation zur Szene- Probentechniken

Verbindliche Absprache über Inhalte „Darstellendes Spiel“ –aktenkundiges Ausbildungskonzept

(Arbeitstagung „Darstellendes Spiel in der 2. Ausbildungsphase“ am 11.11.2002. Durchführungsverordnung Paragraph 33 PVO Lehr II)

Modul III: Durchführung eines Projekts mit Präsentation(mindestens 15 Stunden Ausbildungsunterricht)

Rahmenbedingungen für das Projekt:- Die Unterrichtsreihe sollte möglichst im Fach „Darstellendes Spiel“ gehalten werden.- Falls dies nicht möglich ist, kann sie in einem anderen Fach durchgeführt werden, wenn für diesen Zeitraum mit den Methoden des „Darstellendes Spiels“ gearbeitet wird.- Nach Absprache ist auch Unterricht im Rahmen einer AG möglich.- Das Projekt kann von einem oder auch von zwei Referendaren durchgeführt werden.- Am Ende des Projektes ist eine Präsentation verbindlich.- Das Projekt soll mit einer Projektskizze vorbereitet werden.- Der besondere Unterrichtsbesuch findet im Rahmen dieses Projektes statt.- Das Kolloquium schließt sich an die Präsentation an und sollte im Zusammenhang mit dem Projekt stehen.

Referendarinnen und Referendaren wird die zusätzliche Qualifikati-on für den Bereich „Darstellendes Spiel“ bescheinigt, wenn sie dieModule I bis III belegt und erfolgreich abgeschlossen haben.

Gleichzeitig können sie sich die erbrachten Leistungen als Bestandteilder Weiterbildungsmaßnahme „Darstellendes Spiel“ anerkennenlassen, an deren Ende die Qualifizierung steht, das Fach zuunterrichten.

Lenz / Rothämel / Wartner, 11.11.2002

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

BuchtippEinen nützlichen Überblicküber die wichtigen Strömun-gen der Theatergeschichtevon der Antike bis heute undin außereuropäischen Kultu-ren auf optisch interessantaufbereiteten Doppelseitenbietet Rob Grahams gerademal 144 Taschenbuchseitendickes Buch „Theater“, er-

schienen im Prestel Verlag,München 1999, das trotz dervielen farbigen Illustrationenfür nur 4,95 Euro beimTheaterBuch Versand Frank-furt (s. Rückseite dieses Hef-tes) zu haben ist.Eine Doppelseite (rechts: DiePostmoderne, ganz rechts: DieCommedia dell’arte) lässt sich

gut als Overhead-Folie ein-setzen und gibt zur Vorberei-tung eines Spiel-Projektesoder eines Aufführungs-besuchs einen Überblickauch da, wo die Literaturge-schichte schweigt.

Das Büchlein sollte zur Aus-rüstung der FachbibliothekDarstellendes Spiel gehören. D.R.

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Arlecchino im Besonderen UnterrichtsbesuchDS-Unterricht am Staatlichen Studienseminar HannoverWährend die Studierenden Sturm laufen, um den bundesweit einzigen Studiengang Darstellendes Spiel an derHBK Braunschweig vor dem Rotstift zu retten, gibt es in der zweiten Ausbildungsphase zwar auch kein flächen-deckendes Angebot im Schulfach DS, aber doch immerhin an einigen Studienseminaren die Möglichkeit, eineZusatzausbildung zu absolvieren.Wir stellen den Entwurf von zwei Referendarinnen vor, der eine Unterrichts-reihe zur Commedia dell’arte und den Ablauf einer Besuchsstunde zeigt.

Die UnterrichtsreiheThema der Unterrichtsreihe: Die Commedia dell’arte alsFiguren- und ImprovisationstheaterDarstellendes Spiel, Gymnasium Neustadt, Gk 12

Mittwoch, 30.10.2002Thema: Hinführung zur Bewusstmachung von TypenZiele: Die Schüler sollen·typische Verhaltensweisen von Menschen aus ihrem Um-feld nennen und diese reflektieren,·Gruppen von Menschen nach ihren typischen Verhaltens-weisen unterscheiden,·typische Phrasen dieser Gruppen formulieren und erken-nen.

Mittwoch, 6.11.2002Thema: Einstieg in die Commedia dell’arteZiele: Die Schüler sollen·die Geschichte und die Merkmale der Commedia kennenlernen,·unterschiedliche Sprechweisen und Haltungen erprobenund ihre Wirkung beschreiben,·die verschiedenen Charaktere und die weiteren Besonder-heiten der Figurentypen erarbeiten und sich in diese hin-einfühlen,·anhand einer kleinen Szene die Beziehungen der Figurenuntereinander darstellen,·durch das Verfassen eines typischen Tagesablaufs aus derSicht einer Commedia-Figur die Auseinandersetzung mitdieser vertiefen.

Mittwoch, 13.11.2002Thema: Vertiefende Annäherung an die Figuren derCommedia dell’arteZiele: Die Schüler sollen·charakteristische Körperhaltungen der Figuren erproben,·typische Merkmale der Figuren in Standbildern verdeutli-chen und diese untereinander vergleichen,·das Zusammentreffen einiger Commedia-Figuren in ei-ner Alltagssituation darstellen,·eine Figur auswählen, für die sie ein Rollenheft beginnen,in dem sie typische Sätze dieser Figur notieren.

Mittwoch, 20.11.2002Thema: Intensivierung der Darstellungsmöglichkeiten derCommedia-Figuren an einer bereits erarbeiteten SzeneZiele: Die Schüler sollen·die Haltung eines Tieres einnehmen und seine typischenBewegungen und Verhaltensweisen nachahmen,·einzelne Sequenzen einer schon bekannten Szene vertie-fend erarbeiten, indem sie die Körperbewegungen über-treiben und dadurch hervorheben.

Mittwoch, 27.11.2002Thema: Vertrautwerden mit den MaskenZiele: Die Schüler sollen·die Masken in ihrer Unterschiedlichkeit beschreiben undauf die Figuren beziehen,·den Umgang mit der Maske erproben und reflektieren,·die Notwendigkeit eines deutlichen Körpereinsatzes beimTragen einer Maske erkennen,·eine Szene unter Einbeziehung der Masken und der typi-schen Figurenäußerungen (s. Rollenheft) erarbeiten.

Mittwoch, 4.12.2002Thema: Kennenlernen des Canovaccio als SpielgerüstZiele: Die Schüler sollen·das Prinzip des Canovaccio kennen lernen und erarbeiten,indem sie einen vorgegebenen Canovaccio-Text lesen undeinzelne Szenen in Spiel umsetzen,·eine Handlungsvorgabe mit Mitteln der Improvisation undmit Hilfe ihrer selbst entwickelten Rollentexte darstellen.

Mittwoch, 11.12.2002 (UB)Thema: Erarbeitung einer Szene auf der Grundlage einesCanovaccioZiele: Die Schüler sollen·einzelne Teile eines vorgegebenen Canovaccio in Stand-bildern umsetzen,·sich die Szenen des Canovaccio aus diesen Standbildernheraus erspielen,·in der Umsetzung auf die Erfordernisse der Masken, dietypischen Bewegungen und auf die Rollenphrasen achten.

Mittwoch, 18.12.2002 (BUB)Thema: Eigenständige Entwicklung eines CanovaccioZiele: Die Schüler sollen·anhand eines historischen Szenenbildes (Holzschnitt)Standbilder erarbeiten (ein auf das Bild hinführendes undein daraus folgendes Standbild),·auf der Grundlage der Standbilder in Gruppenarbeit einCanovaccio schreiben,·einen von anderen Schülern entwickelten Canovaccioumsetzen,·in der Umsetzung auf die Erfordernisse der Masken, dietypischen Bewegungen und auf die Rollenphrasen achten.

Bemerkungen·die beschriebenen Stunden sind Doppelstunden·die Stunden werden in der Regel mit verschiedenen Auf-wärm- bzw. Atemübungen eingeleitet·am Ende der Doppelstunde steht meist die Präsentationder Gruppenarbeiten und deren Reflexion

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

(Fortsetzung nächste Seite)

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Thema der Unterrichtsreihe: Die Commedia dell’arteThema der Unterrichtsstunde: Erarbeitung einer Szene aufder Grundlage eines CanovaccioLerngruppe: Gk 12, Gymnasium Neustadt, 5./6. Stunde

1. Angaben zur LerngruppeDer Grundkurs 12 setzt sich aus 12 Schülerinnen und 8Schülern zusammen und befindet sich im dritten Seme-ster. Nach einer kurzen Hospitationsphase unterrichten wirdie Gruppe nun seit Mitte Oktober eigenständig.

Die Schüler zeigen ein positives Sozialverhalten. Esherrscht eine freundliche Unterrichtsatmosphäre, die einekonstruktive Kritik der Schüler untereinander ermöglicht.Verbesserungsvorschläge bleiben in dieser Lerngruppe reinsachorientiert und haben keine Auswirkungen auf die ge-genseitige Akzeptanz der Schüler.

Die Bewegungs- bzw. Lockerungsübungen und Entspan-nungsübungen, mit denen der Unterricht in der Regel be-ginnt, werden von der Mehrheit der Schüler gerne durch-geführt, was an der sowohl heiteren als auch konzentrier-ten Atmosphäre zu erkennen ist. Bei diesen Übungen zei-gen jedoch einige Jungen (Namen hier und im Folgendengetilgt; Anm.d.Red.) eine deutliche Unsicherheit im Um-gang mit dem eigenen Körper, die sich in einer Angespannt-heit oder in einer überspielenden Albernheit niederschlägt.Im Gegensatz dazu gelingt einigen Mädchen eine völligeKonzentration auf ihre Bewegungsabläufe und eine damitverbundene ausdrucksstarke Ausführung der Übungen.

In den weiteren Unterrichtsphasen zeigt sich die Lern-gruppe insgesamt sehr zurückhaltend und teilweise sogardesinteressiert bzw. lustlos. Dies führt oft dazu, dass sichbesonders Erarbeitungen im Plenum oder Reflexionsphasennur sehr schleppend gestalten und wir die Schüler zu Bei-trägen auffordern müssen. Auch hier sind es eher die Mäd-chen, die Ideen und Vorschläge entwickeln und dadurch denUnterricht wesentlich mitgestalten. Um eine breitere Be-teiligung zu erreichen, ist es in solchen Phasen wichtig, dieSchüler zu bitten, ihre Ideen bzw. Beobachtungen zu notie-ren; diese Notizen können dann eine Grundlage für dieDiskussion darstellen.

Die regelmäßige Erarbeitung von kleinen Szenen in Grup-pen ist meist effektiv und führt zu erfreulichen Präsenta-

Der „BUB“ Arlecchino im Stundenentwurftionen. Szenen, die einen Körperkontakt erfordern (z.B. eineUmarmung) gestalten sich erfahrungsgemäß einfacher,wenn sie z.B. von zwei Mädchen gespielt werden.

Die darstellerischen Fähigkeiten sind innerhalb der Grup-pe sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einige Mädchen über-zeugen sowohl durch rhetorische Kreativität als auch durchdie Ausdruckskraft ihrer Bewegungen. Andere Schüler da-gegen verlassen sich oft auf die Wirkung der Sprache undhaben Schwierigkeiten, ihre Körperbewegungen unterstüt-zend einzusetzen.

2. Angaben zur SacheDie Commedia dell’arte entstand in der Mitte des 16. Jahr-hunderts in Italien und verbreitete sich im Verlauf der näch-sten zwei Jahrhunderte in einigen Teilen Europas. Ihr Nameist erst Jahrzehnte nach der Entstehung dieser Theaterformgeprägt worden und bezeichnet nichts anderes als einBerufstheater, ein Theater als Handwerk.

In erster Linie ist die Commedia ein Improvisationstheaterbzw. Stehgreiftheater, welches mit stets gleichen Figuren-typen, aber mit wechselnden Inhalten arbeitet. Die festste-henden Typen, die sich durch ihre Herkunft, charakteristi-sche Eigenschaften, Kleidung und bestimmte Attribute un-terscheiden, sind Vertreter einer bestimmten menschlichenGrundhaltung und eines bestimmten sozialen Standes.

Man unterscheidet Maskenträger (Pantalone, Dottore,Capitano, Arlecchino, Brighella), deren besondereTyphaftigkeit durch die Maske hervorgehoben wird, undfeststehende „Rollen“ ohne Masken (Innamorati,Colombina), welche hierdurch eine größere Möglichkeitzur Ausbildung einer Individualität bekommen. DieFigurenkonstellation (Padroni und Servi) bestimmt durchdie immer gleich bleibenden Machtstrukturen und Abhän-gigkeitsverhältnisse die Inhalte und Handlungen derCommedia dell’arte.

Die eigentliche Arbeitsgrundlage der Schauspieler war derCanovaccio, eine Art ausführliches Szenario, das den äu-ßeren Verlauf einer Handlung detailliert wiedergab, aberkeine Dialoge festhielt. „Diese zu improvisieren, die Hand-lung dadurch mit Leben zu füllen und sie über-zeugend zumachen, war Aufgabe und Auftrag der Commedia-Schau-spieler.“

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

Workshop- Angebot: HannoverDarstellendes Spiel in der Grundschule

mit Karin Hüttenhofer, HamburgSamstag, 30.10.2004, ganztags

Der Fachverband setzt seine Workshop- Reihe mit einerSpezialistin für den Primarbereich vom Hamburger

Lehrerfortbildungsinstitut (ifl) fort.Rückfragen: Vorstand (s. S.3)

Workshop- Angebot: Lingen/EmsShakespeare on Stage

- Die wundersame Reise des Perikles -Fr.,30.Jan.bis So.,1.Feb.2004

Shakespeare Globe Zentrum Deutschland e.V.Information/Anmeldung: TPZ Lingen

T.0591 916630, Fax 0591 [email protected]

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Verkehrte Welt: Die widerspenstige Katharina verspottet ihre folgsame Schwester Bianca.Aber bald lässt sie sichselbst folgsam fesseln von der Liebe zu einem noch Widerspenstigeren. Ein Stück für Mädchen von heute? DieBremer Gruppe beim SDL in Lübeck spielte Shakespeares Komödie als deftige Typen-Komödie und machte dieganze Geschichte zum Macho-Traum des Säufers Sly aus dem meist unterdrückten Vorspiel.

Fotos: Stephan LipsiusEin gemeinsamer Trampelrhythmus macht die Gruppe stark und schüchtert die Gegner ein. Die Kämpfe der rivali-sierenden Jugendlichen auf der einsamen Insel wurden mit chorischen Bewegungen und Stäben ritualisiert, GoldingsRoman „Der Herr der Fliegen“ als Rückblende gespielt: Die Geretteten erinnern sich im Verhör auf dem Schiff, dassie in die Welt zurück bringt, an das mörderische Geschehen. Spielgruppe aus Nordrhein-Westfalen beim SDL.

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Ausgehend von den Angaben des Canovaccio erarbeitetendie Schauspieler ihre Aufführung, indem sie diesesHandlungsgerüst zunächst improvisierend mit neu entste-henden Dialogen, aber auch mit Textpassagen, Zitaten,Redewendungen und Gags, welche sie in ihren Rollenheftennotiert hatten, füllten. Hatte sich eine Spielart bewährt,wurde sie bei den Aufführungen beibehalten. Die Improvi-sation war also in erster Linie eine Probetechnik.

Der von uns ausgewählte Holzschnitt zeigt einen Szenen-ausschnitt einer Commedia-Handlung. Arlecchino, einevorlaute, naive, mal scharfsinnige, mal dumme Dienerfigur,steht, als Capitano verkleidet, vor Lucia, dem weiblichenPart der Innamorati, und versucht, ihre Gunst zu gewin-nen. Die Verliebten sind Dreh- und Angelpunkt derCommedia. Rechtschaffen und zunächst unglücklich ha-ben sie gegen ihre Kontrahenten (sowohl Padroni als auchServi) zu kämpfen – ihre Tugend gerät hierbei gelegent-lich ins Wanken – finden aber zumeist in einem Happy Endzueinander. Innerhalb der hierarchisch geordneten Rollenvertreten sie die eigentliche Mitte.

Hinter dem verkleideten Arlecchino steht CapitanoCocodrillo (ohne Degen) in gebückter Haltung, den Zeige-finger hebend. Der Capitano ist eine sozial „oben“ stehen-de Figur. Er rühmt sich unentwegt seiner Herkunft, seinerGroßtaten und seiner Tapferkeit. Ebenso weiß er seineQualitäten als Liebhaber in schillerndsten Farben zu schil-dern. Der Typ „Capitano“ kann blutrünstig, neidisch, gele-gentlich aber auch liebenswürdig und ritterlich sein. Meisterweist er sich aber als feige und hat kein Glück in seinenLiebesabenteuern.

Die weiteren Figurentypen sind:Pantalone, welcher als eine Karikatur des venezianischenKaufmanns zwar in seiner Autorität und Grausamkeit derunbestrittene Herr ist, als alter, lächerlicher Mann abermeist das Opfer eines Streiches wird. In Gegenwart vonFrauen kann er auch verliebt und höflich sein.

Dottore, der als alter Gelehrter sein Wissen ständig in kon-fusen Wortverdrehungen kundtun muss.

Colombia, eine Kammerzofe, welche durch ihre jugendli-che Anmut, ihren natürlichen Scharfsinn, ihre sympathi-sche Unverschämtheit und ihren organisatorischen Weit-blick besticht. Sie ist oft verliebt, dann aber unentschlos-sen, welchem Verehrer sie ihre Zuneigung schenken soll.

Brighella, ein schlauer, schlitzohriger, prahlerischer Op-portunist, der immer versucht, sich einzuschmeicheln, umaus allen Situationen das Beste für sich herauszuholen.Neben Arlecchino ist auch er eine Dienerfigur.

3. Didaktische Überlegungen3.1 Unterrichtszusammenhang und ReduktionBei der heutigen Stunde mit dem Thema „EigenständigeErarbeitung und Umsetzung eines Canovaccio“ handelt essich um die achte Doppelstunde einer Unterrichtseinheitzur Theaterform der Commedia dell’arte. Die bisherigenSchwerpunkte lagen auf der Erarbeitung der unterschied-lichen Figurentypen mit ihren jeweiligen Merkmalen undder Figurenkonstellation. So erspielten sich die Schüler inkurzen Alltagsszenen charakteristische Körperhaltungen,Bewegungen, Verhaltensweisen sowie typische Äußerun-gen und Redewendungen. Die Not-wendigkeit eines aus-sagekräftigen Körpereinsatzes wurde beim Tragen derMasken deutlich, bereitete den Schüler in einer erforderli-chen Übertreibung aber Mühe.

Ein vorgegebener Canovaccio wurde als eigentlicheArbeitsgrundlage der Commedia anhand einzelner Stand-bilder erarbeitet, welche den Inhalt einzelner Szene ver-deutlichten. Aus den Standbildern heraus entwickelten dieSchüler mit Mitteln der Improvisation und mit Hilfe selbstgeschriebener Rollenphrasen eine vollständige Handlung,welche untereinander präsen-tiert wurde.

Der Schwerpunkt der heutigen Stunde liegt auf einer ver-tiefenden Arbeit mit der Form des Canovaccio. Zugunsteneiner kreativen selbstständigen Entwicklung einer Hand-lung und de-ren spontanen Umsetzung kann der darstelle-rischen Reflexion nicht der Raum gegeben werden, wel-cher ihr in anderen Stunden zukam, in welchen einzelneSzenen mehrmals hintereinander gespielt wurden. Ebensokann der Einsatz der Masken und der Kostüme nur das Spielunterstützend erfolgen.

Auf ihrem Wissen aufbauend sollten die Schüler aber inder Lage sein, die bisher erlernten Inhalte in ihrerVielschichtigkeit einzusetzen und diese schon in der Grup-penarbeit zu reflektieren.

3.2 LegitimationEin zentrales Ziel des Unterrichts im Fach DarstellendesSpiel ist es, die kreativen Fähigkeiten der Schüler freizu-setzen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich in ver-schiedenen Rollen zu erproben. Die Behandlung derCommedia dell’arte entspricht diesen Forderungen inso-fern, als die Schüler zum einen die Möglichkeit erhalten,in eine Rolle zu schlüpfen, die sie nur bedingt selbst ge-stalten und interpretieren müssen. Dabei machen sie sichtypische Verhaltensmuster von Menschen bzw. Menschen-gruppen bewusst und reflektieren diese für ihre eigeneWirklichkeit. Zum anderen eröffnet die Tatsache, dass derCommedia kein festgelegter Text unterliegt, den Schülerndie Möglichkeit, eigene Handlungsstränge zu entwerfen undsich diese zu erspielen. Die Entwicklung solcher Canovacci(vgl. die Angaben zur Sache) erfordert von jedem Schülernicht nur Kreativität, sondern auch soziale Kompetenzen,wie Kommunikations- und Teamfähigkeit. Die Schülermüssen eigene Ideen und Vorstellungen einbringen, die

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Fachverband Schultheater -Darstellendes Spiel Niedersachsen e.V.

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Vorschläge der Mitschüler akzeptieren und gemeinsam zueiner Lösung kommen, die dargestellt und präsentiert wer-den kann.

Weiterhin ist die Commedia dell’arte eine Theaterform,deren Merkmale (z.B. Charaktertypen, bestimmte Techni-ken des Theaterspiels usw.) grundlegend für die weitereEntwicklung des Theaters im Allgemeinen war. Dies kannden Schülern als Basis für das Verständnis anderer Theater-formen dienen und eine darstellerische Umsetzung erleich-tern.

3.3 Transformation/AntizipationZu Beginn der Stunde stimmen Aufwärmübungen die Schü-ler auf die darstellerische Arbeit ein und lassen sie ihreSprache und ihren Körper bewusst wahrnehmen. Erfah-rungsgemäß findet dies in einer gelösten Atmosphäre stattund bereitet den Schülern Spaß.

Die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Unterrichts-gegenstand wird durch die Betrach-tung eines Holzschnittseiner Commedia-Szene eingeleitet. Die Schüler überlegensich, welche Figuren zu sehen sind bzw. was in dieser Si-tuation gerade geschieht und nennen ihre Beobachtungen.Da die Charakteristika der Figuren (auch die äußerlichen)den Schülern bekannt sind, werden sie vermutlich keineProbleme haben, die Personen zu erkennen und auch Arlec-chinos Verkleidung als Capitano (mit dessen Maske undSchwert) hervorzuheben; zusätzlich stellen die Namen überden einzelnen Figuren eine Hilfe dar. UnterschiedlicheMeinungen wird es eventuell über das Geschehen in derdargestellten Situation geben. Dabei könnte vor allem dergebückt stehende Capitano unterschiedlich interpretiertwerden: Möglicherweise hat er Arlecchino gebeten, sichals Capitano zu verkleiden, um herauszufinden, ob Luciaauf sein Werben eingeht; Arlecchino könnte auch beobach-tet haben, wie der Capitano Lucia umwirbt und ahmt diesnun nach, wird aber vom Capitano überrascht.

Die verschiedenen Ideen der Schüler werden gesammeltund dienen als Grundlage für die spätere Erarbeitung. Zielmuss es in dieser offenen Phase sein, vor allem die sehrstillen Schüler zu Äußerungen aufzufordern. Zusätzlichüberlegen sich die Schüler für eine der dargestellten Figu-ren einen Satz, den diese in diesem Moment denken oderaussprechen könnte. Hier könnten Sätze wie „Lucia, Siesind die schönste Frau, die ich kenne.“ (Arlecchino), „MeinHerr, ihre Komplimente machen mich verlegen.“ (DonnaLucia) und „Na warte, Schurke, Dir werde ich jetzt zei-gen, wer hier das letzte Wort hat!“ (Capitano) entstehen.

Im Anschluss an diese Phase wird die Szene in einem Stand-bild dargestellt. Um der mangelnden Spontaneität der Grup-pe entgegen zu wirken, werden wir dazu drei Schüler aus-wählen, die sich für die jeweilige Figur einen Satz über-legt haben. Die von einem Schüler „erbauten“ Figuren äu-ßern ihre Sätze und werden auf dieser Grundlage von unszu ihrer Person, ihren Gefühlen in diesem Moment und

ihren Intentionen befragt. Erfahrungsgemäß antworten dieSchüler aus ihrer Rolle heraus bereitwillig auf diese Fra-gen, sodass damit bereits eine Basis für das spätere Spielgeschaffen wird. Um den zuschauenden Schülern auch dieMöglichkeit zu geben, ihre Sätze zu nennen, werden wirsie im Folgenden auffordern, eine der Figuren im Stand-bild abzulösen, deren Position einzunehmen und ihren ei-genen Satz zu sprechen. Angesichts der Tatsache, dassArlecchino und Lucia sich berühren, werden einige Schü-ler vermutlich dieser Aufforderung nur ungern nachgehen(vgl. die Angaben zur Lerngruppe). Aus diesem Grund solles möglich sein, dass beide Rollen von zwei Mädchen bzw.von zwei Jungen übernommen werden, um den Schülerneine Sicherheit zu geben und die Deutlichkeit des Bildeszu gewährleisten. Durch die unterschiedlichen Sätze wer-den verschiedene Interpretationsmöglichkeiten der Szeneaufgezeigt, die in der späteren Erarbeitung von den Schü-lern einbezogen werden können.

Die so entwickelten Ideen bilden nun die Grundlage fürdie Ausdehnung der Szene zu einem kurzen Canovaccio.Ausgehend von der dargestellten Situation überlegen dieSchüler in Gruppen, was in der Szene vorher passiert ist,d.h., wie es zu dem Geschehen auf dem Bild gekommenist und was im Folgenden geschehen wird, sodass insge-samt drei kleine Szenen entstehen. Dazu erhalten die Schü-ler den Auftrag, mindestens eine weitere Person der Com-media in die Handlung zu integrieren. Damit werden zumeinen möglichst viele Figuren in das Geschehen einge-bracht, zum anderen wird die Konzentration der Schülerauf eine bestimmte Figur im Verlauf der Unterrichtsein-heit (z.B. durch die Erstellung eines Rollenheftes) berück-sichtigt. Diese kurzen Handlungsstränge werden notiert undfür die folgende szenische Umsetzung unter den Gruppenausgetauscht. Dieses Austauschen erscheint uns insofernsinnvoll, als dadurch eine Spontaneität im Erspielen ge-währleistet wird, die möglicherweise verloren geht, wenndie Schüler einen Handlungsverlauf schon durchdacht ha-ben.

Die kurzen Canovacci sollen nun in den Gruppen szenischdargestellt werden. Um für die spätere Präsentation zu zu-frieden stellenden Ergebnissen zu kommen, werden dieSchüler dazu erneut an die wichtigsten Aspekte für dieDarstellung erinnert: Die Deutlichkeit der Be-wegungenund Haltungen, die Einbeziehung der Phrasen und Gestenaus den Rollenheften, die Verwendung der Masken usw.Im Verlauf der Unterrichtseinheit ist deutlich geworden,dass gerade die Klarheit der Bewegungen immer wiedereingefordert werden muss, da die Schüler sich im Allge-meinen auf die Wirkung der Sprache verlassen (vgl. dieAngaben zur Lerngruppe).

Ein wichtiges Ziel in dieser Phase ist es, dass die Schülerdie Szenen eigenständig erarbeiten und den Schwerpunktdabei möglichst auf die spontane Improvisation legen. Er-fahrungsgemäß sprechen sich die Schüler jedoch zunächstab und klären die Positionen der Spieler und deren Verhal-

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ten. Aus diesem Grund werden wir die Gruppen dazu er-muntern, sich kurze Situationen oder Gespräche möglichstunabgesprochen zu erspielen und dabei auf ihre Sätze undAusdrücke aus den Rollenheften zurückzugreifen. DieSchüler, die gerade nicht spielen, sollen dabei die Funktionvon Regisseuren übernehmen, die die Umsetzung anleitenund vor allem auf die Deutlichkeit der Bewegungen undGesten achten. Hierbei wird es eventuell nötig sein, beson-ders „bequeme“ Schüler in dieser Rolle zu Beiträgen auf-zufordern, um alle Schüler an der Erarbeitung zu beteili-gen. Sollte es in einer Gruppe Schwierigkeiten in der Erar-beitung geben, werden wir den Schülern durch kleine Hil-fen oder Hinweise weiterhelfen bzw. sie beraten, ohne je-doch die Spielleitung zu übernehmen.

Abschließend werden die erarbeiteten Szenen vorgespieltund reflektiert. Da die Schüler in dieser Phase in der Regelwenig konkrete Beiträge liefern, werden wir ihnenBeobachtungsaufträge geben (vgl. die methodischen Über-legungen).

4. ZieleDie Schüler sollen auf der Grundlage der bisher erarbeite-ten Methoden und Inhalte ein Canovaccio entwickeln unddieses szenisch umsetzen. Dazu sollen sie:

·sich durch eine Bewegungsübung lockern und sich sprach-lich einstimmen, indem sie einen typischen Satz einerCommedia-Figur auf verschiedene Weise den anderenSchülern mitteilen,

·durch eine Entspannungsübung zur Ruhe kommen und sichauf ihre Atmung und ihren Körper konzentrieren,

·ein historisches Szenenbild (Holzschnitt) beschreiben undIdeen eines möglichen Geschehens entwickeln,

·sich in die dargestellte Situation einfühlen, indem sie dieHaltungen der abgebildeten Figuren in einem Standbildeinnehmen und aus dieser Position heraus passende Sätzeäußern,

·auf der Grundlage der so erarbeiteten Interpretations-möglichkeiten in Gruppen einen Canovaccio schreiben,

·einen von anderen Schülern entwickelten Canovaccioumsetzen und dabei auf die typischen Bewegungen, Rollen-phrasen und Erfordernisse der Masken achten,

·ihre Szenen präsentieren und reflektieren.

5. Methodische ÜberlegungenZunächst gehen die Schüler in unterschiedlichen Geschwin-digkeiten durch den Raum und machen sich hierdurchschnelle und langsame Bewegungen bewusst. Indem sieihren Mitschülern einen typischen Satz einer Commedia-Figur auf unterschiedliche Weise (fröhlich, verängstigt, flir-

tend, verschnupft, cool) mitteilen, stimmen sie sich sprach-lich auf die spätere Übernahme einzelner Rollen ein. DieSchüler legen sich anschließend entspannt auf den Bo-den,konzentrieren sich auf ihre Atmung und ihre Gliedmaßenund kommen dadurch zur Ruhe. Diese Entspannungsphasewird durch leise Musik im Hintergrund unterstützt.

Der Einstieg in die Erarbeitung der Canovacci geschiehtdurch den auf dem OHP gezeigten Holzschnitt. Die histo-rische Abbildung führt den Schülern die typischen Kostü-me und Haltungen der Commedia-Schauspieler vor Augenund soll die Phantasie der Schülern anregen, mögliche Sinn-zusammenhänge zu entwerfen. Dies geschieht in ei-nem offenen Plenumsgespräch, um spontanen Ideen Raumzu geben.

Durch die zu entwickelnden Sätze der verschiedenen Fi-guren werden die bisher genannten Handlungs-möglichkeiten vertieft. Die gleichzeitige Übernahme derHaltungen der dargestellten Figuren in einem Standbildermöglicht den Schülern ein erstes Einfühlen in die Perso-nen in dieser Situation, welches durch Rollengesprächevertieft wird. Das Auswechseln der Darsteller veranschau-licht die möglichen Interpretationsvarianten des Bildes.

Die Erarbeitung eigener Handlungsstränge wird durch einArbeitsblatt unterstützt, welches durch eine Dreiteilung derzu entwickelnden Handlung neben der dargestellten Szeneauf die Vorher- und Nachherszene hinweist. Die Schülerentwickeln einen Handlungsverlauf und notieren diesen inder Form eines Canovaccio. Damit das spontane, improvi-sierende Erspielen einer nicht selbst entwickelten Hand-lung möglich wird, findet diese Phase in drei Gruppen statt,die ihre Canovaccio-Ergebnisse untereinander austauschen.Zusätzlich ermöglicht die Gruppenarbeit, dass möglichstviele Schüler auf der Bühne agieren können.

Während der Erarbeitungsphase übernehmen einige Schü-ler die Rollen der beteiligten Figuren, andere leiten dasGeschehen in der Funktion von Regisseuren.

Die folgende Präsentation der Szenen soll jeweils mit ei-nem „Freeze“ beginnen, in welchem kurze Rollengesprächewieder der Einfühlung für die Darsteller, aber auch einembesseren Verständnis der Zuschauer dienen.

Damit eine konstruktive Auswertung der dargestelltenCanovacci stattfinden kann, bekommt das jeweilige Publi-kum unterschiedliche Beobachtungsaufträge. Somit ist je-der Schüler gefordert, das Geschehen aufmerksam zu ver-folgen. Die in Notizen festgehaltenen Beobachtungen er-leichtern den Schülern ihre Stellungnahmen und ermögli-chen eine detaillierte Nachbesprechung mit breiter Betei-ligung.

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

Patricia Bruse/Rachel UlrichReferendarinnen im Studienseminar I Hannover

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Phase

Einstieg

Erarbeitung I

Erarbeitung IIundSicherung

Erarbeitung III

Erarbeitung IV

Sicherung

Sozialform

Plenum

UG,EA

UG

GA

GA

GA,UG

Medien

Bildauf Folie(MI)

Arbeits-blatt(M 2)

Arb.blatt (M 2)

Arb.blatt(M 3)

Geplanter Stundenverlauf

Arbeitsblatt

Notiere deine Beobachtungen zur Sprache der Figu-ren. Achte auf das Sprechtempo, die Verständlichkeitund typische Äußerungen der Figuren.

Notiere deine Beobachtungen zu den Bewegungen derFiguren. Achte auf Deutlichkeit (Übertreibung) undcharakteristische Haltungen der Figuren.

Notiere deine Beobachtungen zur Interaktion der Fi-guren. Achte auf die Abfolge der Geschehnisse, auf dieVerständlichkeit der Handlung und auf das Aufeinan-dereingehen der verschiedenen Figuren.

Notiert den Handlungsablauf der 2. Szene anhand desabgebildeten Holzschnitts und entwickelt ausgehend vondiesem Bild eine Vorher- und eine Nachherszene in Formeines Canovaccio.Arbeitet neben den abgebildeten Personen mindestenseine weitere Figur in das Geschehen ein.

1. Szene

2. Szene

3.Szene

Beobachtungsbogen

Darstellendes Spiel: Ausbildung am Studienseminar

Patricia Bruse/Rachel UlrichReferendarinnen im Studienseminar I Hannover

Die S bereiten sich durch verschiedene Aufwärmübungen auf die fol-genden Unterrichtsinhalte vor.

Ein Bild einer Commedia-Szene (historischer Holzschnitt) wird betrach-tet. Die S beschreiben die abgebildete Situation und stellen Vermutun-gen über das Geschehen an. Sie überlegen sich für eine der Personeneinen möglichen Satz.

Die Situation auf dem Bild wird in einem Standbild nachgestellt. Die Sim Standbild sprechen ihre Sätze. Mit Hilfe von Rollengesprächen wirddie Situation reflektiert. Andere S übernehmen die Position einer Figurein und äußern auch ihre Sätze.

Die S erweitern die Situation auf dem Bild um eine Vorher- und Nach-herszene und notieren ihre Überlegungen.Die enstandenen Canovacci werden unter den Gruppen ausgetauscht.

Die S erspielen sich ihren Handlungsverlauf.

Die S werden von uns zu ihren Rollen befragt und präsentieren anschlie-ßend ihre erarbeiteten Szenen. Die Zuschauer notieren ihre Beob-achtungen.Die Darbietungen werden besprochen.

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Schlimmstenfalls: „Sammelt mal aus dem Internet Materialzur Theatergeschichte“! („Das spart Kopien...!“ ruft derChor) – Exodos! – Katharsis! – Katastrophe vermieden(noch!) - Parodos! – erstes und letztes Stasimon!:„Es geht auch anders!“(„Allen Segens Anfang heißt Besinnung,/ Was der Götterist, entweihe keiner!“ -:Chor in „Antigone“)

Aufwärmen und Vorübungen-Gehen durch den Raum. (Der Raum ist verdunkelt)-Langsames Gehen, Hinweis: „Haltet die Schulterachseruhig, die Arme hängen ohne Pendelbewegung nach unten,rollt bewusst über die Ferse ab!“ (Raum und Bewegungschaffen eine besondere Atmosphäre, der Gang wirdautomatisch weihevoll und prozessionsartig).Wichtig: Diese Art des Gehens wird in den folgendenÜbungen beibehalten.

Verstärkung: „Findet eine gemeinsame Richtung!“An diesem Punkt setzt bereits eine Gestaltung ein, die Zielgerichtet gelenkt werden kann. Um die Atmosphäre zuverstärken, wird in die Mitte des Raumes ein Teelicht aufden Boden gestellt, automatisch entwickelt sich so ein Gangum die Mitte, der erweitert wird mit dem Hinweis: „Findeteine gemeinsame Richtung!“ – Dadurch entsteht eineProzession, die von den Schülern „atmosphärisch“eingerichtet wird, also ohne Absprache und nur durchBeobachtung und Antizipation.

Variation: Arvo Pärt „Cantus“Hinweis: „Geht an euren Ausgangspunkt zurück, beginnteure Gestaltung (man könnte auch „Szene“ sagen) mit derMusik!“ Die Atmosphäre wird verstärkt durch Einspielenvon Musik, Vorschlag hier: Arvo Pärt „Cantus“ (4:45 min).Dies hat zudem den Effekt, dass der so gestaltetenRaumnutzung eine zeitliche Komponente gegeben wird,denn die Übung endet mit dem letzten Ton der Musik.

Variation: TeelichtDie Schüler bilden spontan kleine Gruppen, das Teelichtwird auf eine Erhöhung gestellt (großer Karton z.B.), sodass dadurch der Blick der Spieler nicht mehr nach untengerichtet ist und der Gang mehr vertikale Spannung erhält.Die Spieler stehen alle in einem Bereich als Ausgangspunkt(bspw. Querseite des Raumes) und kehren dann auch wiederdahin zurück.-Hinweis: „Mit Beginn der Musik gehen die Gruppenversetzt nacheinander auf das Licht zu! Verweilt für einenMoment dort, stellt euch vor eurem inneren Auge vor, eineGabe zu spenden, ohne dass ihr die Handlung tatsächlich

Eine kleine Einführung in die Einführung:

Theatergeschichte oder Allen Segens Anfang heißt BesinnungThema des Semesters: Theatergeschichte. Schüler bekommen bei der Themennennung große Augen. Schock:Theoretisches. Angstvorstellung des Lehrers: Reicht meine Kopierkarte für das Material, was kann ich weglassen,wo fang ich denn an – zuerst Steinzeit oder gleich antikes Theater? Bildmaterial muss auch noch her.

ausführt, und formiert euch gemeinsam wieder zu einerKreisprozession, die ihr mit dem Gang zurück zu euremAusgangspunkt wieder auflöst. Die Übung dauert so lange,wie die Musik spielt!“

Variation: „Geweiht seien eure Gaben!“Aus den Gruppen werden zwei Gruppen ausgewählt, diedie Aufgabe haben, in die Szene zu gehen, bevor die anderenGruppen auftreten. Sie gehen an einen festen Platz undstellen sich als Gruppen nebeneinander auf. Die ersteGruppe bekommt den Satz: „Geweiht seien eure Gaben!“Die zweite Gruppe spricht: „Und spendet sie dem Zeus!“Es ist durchaus denkbar, dass hier literarisch wertvollereSätze gefunden werden, wichtiger aber ist, dass die Schülerals Gruppe entscheiden, wann sie sprechen.Hinweis: „Entscheidet, wann ihr euren Satz sprecht. Gebteuch das Zeichen dazu durch ein deutliches Einatmen alsAuftaktimpuls. Die erste Gruppe spricht zuerst, die zweiteGruppe nachfolgend!“Auch diese Übung richtet sich in der zeitlichen Organisationwieder nach der Dauer der eingespielten Musik.

Kognitiver Teil I: Unterrichtsgespräch, aber endlich!An diesem Punkt sollte unterbrochen werden. In einemHalbkreis um einen Overheadprojektor wird zunächstherausgearbeitet, was die Spieler getan haben. DasGespräch zielt auf folgende Punkte/Begriffe, die sicherlichgenannt werden:Prozession, kultische Stätte, Altar, Ruhe, Besinnung,Gemeinsamkeit, einzelne Gruppen, ein sprechender(kommentierender) Chor, Spieler, Zuschauer, vomZufälligen zum Gestalteten, Musik, Aufgang, Abgang,Anfang, Ende.Eine Begriffsammlung an der Tafel kann angelegt werden,ist aber nicht zwingend erforderlich; denn in der Vorstellungbehalten die Schüler das Wesentliche leicht, dieBenennungen können folgen.Über Folienbilder per Overhead bietet sich nun eineVerdeutlichung an, wie sich in der Antike ein Theaterplatzentwickelt hat (s. Abb.). So kann praktisch Erlebtesverbunden werden mit entsprechenden Fakten undKenntnissen, die die Schüler aus Beschreibung gewinnenund schlussfolgern.

Zielübung: Antikes Theater(noch keine Tragödie, aber eine lebendige Szene aus derImprovisation heraus)Aus dem Kreis der Schüler werden zunächst zweiausgewählt, die die Aufgabe erhalten, sich eine kleineGeschichte auszudenken, die einem Menschen widerfahren

Praxis- Berichte: Unterricht Theatergeschichte

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ist. Mit dieser Aufgabe verschwinden sie hinter einemVorhang oder einer Wand.Nun werden vier Schüler ausgewählt (der Chor), die sichentsprechend der Geschichte einen kommentierenden Satz(spontan) ausdenken. Sie gehen auf die Szene, wenn ein

Die Entwicklung der antiken Bühne vom Tanzplatz (Orchestra) zumSchauraum mit Scene-Gebäude, zum Theatron.

weiterer Spieler spricht. Den Zeitpunkt ihres Aufgangs undihres Textes wählen sie selbst. Der Text wird chorischgesprochen (Impuls durch Atmung). Der weitere Spielererhält die Aufgabe, der (nun Vor-)Geschichte genauzuzuhören. Er soll nach dem Abgang der beiden vorigenSpieler aufgehen und davon erzählen, welchen Anteil er ander Geschichte trägt, wie er sich fühlt und was er zu tungedenkt. Das soll durchaus in freier Rede und ganz spontangeschehen.Irgendwann dazwischen oder danach spricht der Chor. Einletzter Spieler kommt nun auf die Bühne. Er erhielt dieAufgabe, dem Einzelspieler kritische und bohrende Fragenzu stellen.

„Wer anderen eine Grube gräbt, fällt Liebe hinein!“

Die beiden ersten Spieler berichteten von Herrn Schmidtke,der seiner Frau gegenüber sehr eifersüchtig war und auchnie Zeit für sie hatte. Er war mit seiner Arbeit verheiratetund arbeitete bis spät in die Nacht. Kam er nach Hause,machte er ihr Vorwürfe und gebärdete sich eifersüchtig undungerecht. Das trieb senie Frau in die Arme eines anderen.Abgang.Aufgang des Chores gemeinsam mit Herrn Schmidtke, derChor formiert sich, Herr Schmidtke erzählt von seinemLeid und seiner festen Absicht, seine Frau zurück zugewinnen.Chor (dazwischen): „Wer anderen eine Grube gräbt, fälltLiebe hinein!“Herr Schmidtke gesteht seine Schuld ein und will einenPlan fassen. Jetzt tritt der letzte Spieler auf, steht Schmidtkegegenüber und stellt kritische Fragen. Der Chorkommentiert noch einmal, Schmidtke beschwört dieheldenhafte Befreiung seiner Frau und die Zurückeroberungihrer Liebe.

Kitsch, oder?Und ob das kitschig ist...das wussten auch die Schüler, aberes war ein brauchbares Muster, sehr intrinsisch eingebrachtund spielerisch erlebt.Auch hier schließt eine kognitive Phase an:

Kognitiver Teil II: Warum haben wir gelacht?Wesentliche Aspekte des antiken Theaters können nun imGespräch herausgefunden bzw. benannt werden, z.B.:Katharsis, Exposition, Peripetie, Chor und Chorführer,Held, Prolog, Steigerung, Gegenspieler (Protagonist/Antagonist), Kommentar.Es ist sicherlich nachvollziehbar, welch komische Effektebeim spontanen Improvisieren entstanden. Der Sache tates keinen Abbruch, dass die Schüler gelacht haben, so bliebauch die Gefahr aus, in eine Deutschunterrichtseinweisungabzurutschen. In freier Form wurden Merkmale des antikenTheaters erspielt und damit eine Ausgangspositiongeschaffen für eine weitere Beschäftigung mit derTheatergeschichte.

Norbert Döding

Praxis- Berichte: Unterricht Theatergeschichte

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„Die Masten sind, die Segel aufgeschlagen...“Maritim starteten die Lübecker das großeLändertreffen. Statt des Vorhangs wurdeein Segel aufgezogen, das mottogemäßdie frische Drama- Briseeinfangen sollte.(Bericht S. 7ff)

Erster Auftrag bei der Eröffnung: Alle 16 Länder- Gruppen stellen sich mit der freien Umsetzung einer „Faust“-Szene vor, so dass der Klassiker schon mal in einer guten halben Stunde höchst verschieden und höchst vergnüglichauf die Bretter gebracht war. Lebendiges Bildungsgut ohne die bange Frage: „Mein schöner Goethe, darf ich’swagen?“ Fotos: Stephan Lipsius

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Nicht „ganz ohne“ war die Auswahl des Stückes: „FrühlingsErwachen“ von Frank Wedekind war vorgegeben, aber zurBearbeitung in theatraler und pädagogischer Hinsicht freigegeben. „Macht das Stück zu eurem Stück!“ gab CorneliaFelden die Parole aus und hat während der Projektzeit mitihren Probenbesuchen glaubwürdig dieses Anliegen desTheaters unterstützt, was die Aufführungen am Ende auchbewiesen: keine Ablieferung von Texten, sondernschülergemäße Bearbeitungen und teilweise mutigeSichtweisen und pfiffiges Spiel. Und das bei der Thematik,die für Heranwachsende zwar inhaltlich von Interesse seinmag, in der Gestaltung von ihnen jedoch einigesabverlangte. Umso mehr ist auch die Arbeit der Spielleiterhervorzuheben, die in Zusammenarbeit mit Cornelia Feldenihre Schüler „künstlerisch begleiteten.

Um den Schülern –und sicherlich auch einigen Spielleitern-Einsicht in die Arbeit eines Theaters zu geben, richtete dieLandesbühne monatlich am Samstagvormittag Workshopsfür die Schüler aus. Gespräche mit einem Regisseur oderdem Bühnenbildner sowie auch Praktisches vonSzenenarbeit bis Maske boten eine vielfältige Übersicht.

Die Workshops wurden allgemein positiv aufgenommen,da sich den Schülern neue Perspektiven der Theaterweltergaben, für wenige es sogar die erste Begegnung mit demOrt Theater war. Trotz der überwiegend positiven Eindrückewurden die Workshops im Verlauf des Projektes als zutheoretisch empfunden.

Das Humboldt-Gymnasium Bad Pyrmont zum Beispiel hatmit einer Gruppe von drei Schülern an dem Projektteilgenommen – drei Schüler im Alter von vierzehn Jahren.Die thematische Arbeit schien zunächst für die Altersstufedieser Schüler recht schwierig, da doch einige Hemmungenüberwunden werden mussten, das lag dann aber primärnicht an dem Thema und damit verbundenen eventuellenTabus, sondern an der ungewohnten Situation, sich einerseitsvor den übrigen Gruppenmitgliedern (als Zuschauer) inimprovisierten Szenen zu äußern und andererseits sichspielerisch in eine andere Rolle einzufinden. Letztlich warjedoch diese Hürde genau diejenige, die notwendigerweiseüberwunden werden musste. So gesehen also eine Chance,sich anders als in Diskussionen oder schriftlichenErörterungen mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Die Arbeit der Gruppe lag dann zunächst imGestalterischen, um überhaupt eine Rolle füllen und eineFigur finden zu können. Das gelang insbesondere auchdurch die Hilfe von Frau Felden, da den Schülern bewusstwurde, dass zum Spielen mehr gehört als ein Textbuch unddass eine Schauspielerin Ansprüche an die Genauigkeit undDisziplin des Erarbeitens und Spielens stellt. So etwas istein dankbarer Effekt für die Arbeit des Spielleiters, denndadurch wurde den Schülern das bestätigt, was von ihnenbisher von schulischer Seite verlangt wurde.

Theater macht Schule, Schule macht TheaterEin kurzer Erfahrungsbericht und ein paar Gedanken zur Diskussion um die Institution Theater

Im Schuljahr 2002/2003 hat die Landesbühne Hannover für Schulen aus dem Umland Hannovers das Projekt„Klassik als Steinbruch“ ausgeschrieben. Unter der Leitung einer eigens hierfür angestellten Theaterpädagogin,der ausgebildeten Schauspielerin Cornelia Felden, begann die Kooperation von Theater und Schule(n) im Herbst2002 und endete mit einem kleinen Festival am 17. und 18.Mai 2003 in der Landesbühne. Teilgenommen haben elfSchulen aller Schultypen. Norbert Döding (Humboldt-Gymnasium Pyrmont) über seine Erfahrungen:

Die Arbeit an dem Projekt war eine lohnende, dieZusammenarbeit mit dem Theater eine vielschichtige. Unddas ist vielleicht ein bedeutsamer Effekt; denn die Schülerwurden mit dem Abschlussfestival zu kritischenZuschauern, die mit Respekt und Akzeptanz ihren Applausspendeten, den anderen Gruppen und auch sich selbst (auchwenn die Schlussgruppe eher hypertroph sich selbst zu denFestivalstars küren wollte). Eine gute Sache also, bestimmtauch für das Theater, weil man sich doch mit diesem Projektsicher auch den Zuschauer von morgen zu gewinnengewünscht hat. Es lohnt sich, wenn Theater und Schuleaufeinander zugehen, einen Blick in das Theater und in dieTheaterarbeit zulassen und mehr noch, was beim nächstenMal wünschenswert wäre, hinter die Kulissen.

Zu fragen bleibt, ob nicht eine kontinuierlicheZusammenarbeit mit dem Theater einzurichten ist. Dieswäre vorstellbar im Bereich von Projektkursen oderinsbesondere auch im Bereich des Ganztagsangebots.Theaterpädagogen können wesentlich spezifischer arbeitenals die Lehrer und sie können punktueller Ziele –ich willdas Wort Leistung vermeiden- einfordern. Diese Erkenntnisjedenfalls konnte in der Zusammenarbeit mit CorneliaFelden gewonnen werden, die zudem nicht nur durch ihrebesondere fachliche Qualifikation , sondern auch durch ihreArt und Weise, mit den jungen Schülern zu arbeiten, dieschulischen Ziele im Bereich Darstellendes Spiel/Theaterförderte.

Es scheint überlegenswert, ob ein Theater nicht mit Schuleneine Art Kooperationsvertrag abschließen könnte, dervornehmlich theaterpädagogische Zusammenarbeitanstrebt, allerdings auch im ÖffentlichkeitsbereichGemeinsamkeiten fördert. Was den Schulen fehlt, ist einezentrale Anlaufstelle, die auch greift, wenn einmal Fragenauftauchen, und die eine ständige Einrichtung ist, die ab-(und an-) rufbar ist. Man weiß, dass viele Theater hierantworten, sie hätten doch eine solche Stelle und man könnejederzeit Kontakt aufnehmen. Aber das ist es letztlich nicht.Es geht nicht nur um den Kontakt und auch nicht um denAustausch der Spielleiter und Fachlehrer DS amtheaterpädagogischen Stammtisch – Theater muss man„riechen, schmecken, fühlen“, aber nicht nur aus derDistanz zur Bühne. Schüler wollen die ihnen vorgespielteDistanz zur Bühne und das (elaborierte) Theater-besuchergehabe überwinden und in die Arbeit Einblickgewinnen. Das gelingt in solchen Projekten eher als in denangebotenen Aufführungsnachgesprächen. Dazu gehörtaber auch, dass die Schulen ihre Türen öffnen und dass dieTheater diese Chance wahrnehmen.

Das Projekt der Landesbühne wurde leider nicht fortgesetzt.Vermutlich sprechen finanzielle Gründe dagegen. Schade,hier hätte das Theater eine Chance gehabt – auch um dieZuschauer von morgen anzulocken.

„Klassik als Steinbruch“ - Projekt der Landesbühne Hannover

Norbert Döding

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Die Landesbühne Hannover hat im September 2001 einProjekt mit dem Namen „Klassik als Steinbruch“ ins Lebengerufen. Mir, Cornelia Felden, wurde die Aufgabe derProjektleitung anvertraut. Da ich nach meinemSchauspielstudium an der Folkwang Hochschule in Essenimmer an theaterpädagogischer Arbeit interessiert war, habeich mich mit großer Neugier der Aufgabe gestellt

Mittlerweile haben wir das zweite Projektjahr hinter unsund ich berichte an dieser Stelle von meinen Erfahrungenaus der Zusammenarbeit mit Schulen.

Das Konzept des letzten Jahres sah eine moderneÜberarbeitung des Klassikers „Frühlings Erwachen“ vonFrank Wedekind vor. Es haben elf Schulen,verschiedenster Schulformen mit Schülernaus der 7.-13. Klasse aus Theater AGs unddem Fach Darstellendes Spiel mitgewirkt.

Mehrere Workshops zu dentheaterspezifischen Themen wieSzenisches Schreiben, Improvisation,Bühnenbild, Licht und Ton, Regie,Requisite, Kostüm und Maske fanden inzeitlichen Abständen statt. Parallel dazuwurden von mir Unterrichtsbesuche undGesprächstermine angeboten.

Als Abschluss fand ein Festival statt, aufdem alle Arbeitsergebnisse gezeigtwurden.

Zu Beginn stellte ich fest, dass dieLehrkräfte sehr unterschiedlicheArbeitsmethoden anwendeten. Dadurchhatte ich mich auf elf verschiedeneHerangehensweisen einzustellen.

Mir war bis dahin nur die Arbeit amTheater geläufig, die ein großes Potenzialan Disziplin voraussetzt, und ich habeversucht diese in die Unterrichte einfließenzu lassen. Zumal der Schulalltag leider dieGefahr birgt, dass im Fach Theater mitkostbarer Zeit sehr großzügig umgegangen wird. Je längeres dauert in die Arbeit ernsthaft einzusteigen, umsoanstrengender wird es die Schüler zu motivieren.

Sobald die Auseinandersetzung mit dem Stoff zu ihremeigenen Anliegen wird, beginnt es für alle Seiten richtigSpaß zu machen und die Arbeit wird effektiv. Erst wenndie Schüler von sich aus anfangen zu arbeiten, findet einwahrhaft kreativer Prozess statt.

Ich beginne mit der Situation, wie sie sich mir in demMoment darstellt. Dabei achte ich vor allem auf zweiAspekte:

- Erstens, was ist bei diesen Schülern möglich und wasbieten sie mir an,

- zweitens, wo soll die Szene hingehen.

Ich verfolge keine Zielvorstellungen, die losgelöst vomSpieler sind. Unsicherheiten und Ausweichmanöver nehmeich als Grundlage für den Einstieg in die Rolle. Nur kleineAnregungen, Haltungs - Textänderungen, Pausen sind nötig,um die Schüler in eine spannungsvolle Richtung zu lenken.So finden sie in ein in sich logisches Handeln und dieEntdeckung mancher Eigenarten eröffnet ihnen neueMöglichkeiten im Spiel.

Bei der Besetzung merkte ich, dass manche Lehrer dieSchüler anders einschätzten als ich. Zum Beispiel gab eseine Szene, in der die Spieler eine Lehrerkonferenzkarikieren sollten. Eine Schülerin, die besonders langsam

sprach, hielt ich an, dieses mit Genuss zu tun,und gab ihr Einschübe wie „ja, ja ,..och, ..naja“ usw., während die anderen Mitwirkendenumso dringender ihr Anliegen vorbringensollten.

Zwei anwesende Lehrkräfte warnten michdavor, dies würde mit Sicherheit bei dieserSchülerin nicht funktionieren. Aber sieentwickelte Spiellust und es entstand eine insich schlüssige Figur, die den weiterenHandlungsverlauf anstieß.

Eine andere Schülerin die so schnell sprach,dass man sie nicht verstehen konnte, forderteich auf zu stottern. Zufällig auftretendeHandlungen nahm ich auf , um die Figuren ineinen Spielfluss finden zu lassen. DieseAnsätze ermutigten die anderen Darsteller.

Gerade diese Parallelhandlungen von vielenAkteuren auf der Bühne gaben oft Anlass michzu den Proben hinzuzuziehen.Es gab auchandere Szenen, in denen die Schüler zuemotionaler Offenheit bewegt werden musstenund die Schwierigkeiten machten.

Zum Beispiel gab es eineVergewaltigungsszene, in der die Schülerverständlicherweise große Hemmungen hatten.Hier mussten wir erst die Figuren ganz klar

umreißen. Da sich die Schüler entschieden hatten, dieVergewaltigung als Kurzschlusshandlung zu spielen, standder Übergang von einer harmlosen in eine höchst aggressiveSituation im Vordergrund.

Außerdem war die Frage zu klären, ob wir eineVergewaltigung auf der Bühne zeigen können. Dabei warfür mich wichtig, die Grenzbereiche des Spielbaren zuwahren, was uns dazu bewegte,die eigentlicheVergewaltigung im Off stattfinden zu lassen.Meine Erfahrung bei diesen und anderen Arbeitsschrittenwar, dass eine emotionale Begleitung in den Situationenein großes Vertrauen schafft und dadurch den Mut, übersich hinauswachsen zu können.Cornelia Felden, Schauspielerin und Theaterpädagogin

Ausflug in die Grenzbereiche des SpielbarenErfahrungen der begleitenden Theaterfachfrau

„Klassik als Steinbruch“ - Projekt der Landesbühne Hannover

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Welche Vorteile hatten die Schüler von dem Projekt?Vorteile der Schüler sind subjektiv betrachtet aus Sicht derLehrer auch immer Vorteile für den Unterricht, deshalb wirdmeine Auflistung in mehreren Punkten „einsichtig“ sein.

HerausforderungEs war eine Herausforderung einen „alten Klassiker“, derauch noch vorgegeben war, zu lesen und auf die heutigeZeit und aktuelle Themen umzuschreiben. DieHerausforderung war aber nicht die Anfangsmotivation,sondern doch eher ein Prozess, der sich langsamentwickelte. Durch die Vorgabe des Klassikers waren derProzess der Themenfindung und die lange Diskussion desFür und Wider umgelenkt auf die Diskussion, ob man andem Projekt teilnehmen solleoder nicht. Da die Rahmen-bedingungen verlockendwaren, nahm dieseDiskussion dann nur sehrwenig Zeit in Anspruch.Anfangs wurde zwar wider-willig der Originaltextgelesen und in Inhalts-angaben gepresst, doch jeweiter wir uns unserem Stücknäherten desto vertrauterwurde uns der KlassikerFrank Wedekind. Ich warerstaunt, wie Schüler dieserJahrgangsstufen den Spagatschafften, mit den Problemenaus „Frühlings Erwachen“ imHinterkopf das Stück aufaktuelle Probleme umzu-schreiben. Unsere Schwer-punkte waren Sexualität,Sichtweisen der Ausländer,ungewollte Schwangerschaft,AIDS und Suizid.

Aufwertung des Fachs DSDie Arbeit in der Schule fandeine professionelle Beglei-tung, die eine Aufwertung desFachs in den Augen derSchüler und der nichtbeteiligten Mitschüler bedeu-tete. Das Problem, dass dieLehrkraft dann im Vergleichmit einer professionellenSchauspielerin als un-qualifiziert angesehen würde,trat an unserer Schule nicht(offen) auf - spätestens nachder Aufführung und deranschließenden Kritik derZuschauer war wohl auch der

Schüler im Steinbruch des FrühlingserwachensDieter Wunderlich von der HRS Lehrte ist Leiter der preisgekrönten Theatergruppe bei “Klassik als Steinbruch”.Er beschreibt die Wirkung des Projekts auf Schüler und Schule.

letzte Zweifler überzeugt. Zu der Aufwertung des Fachesin den Augen der Kollegen werde ich noch näher eingehen.

Senken der HemmschwelleDie (Hemm-)Schwelle zum Theater wurde mehr als nurüberschritten, es wurden auch die Interna preisgegeben.Gerade diese Interna führten dazu, dass immer wiederSchüler in Hannover waren, die eigentlich gar nichteingeteilt waren. Die Besuche der Workshops waren derartmotivierend, dass die übliche Frage nach Ausfall desnormalen Unterrichtes wegen des Besuchs des Workshopsgar nicht gestellt wurde.

Fremde Bühne – unbekanntes PublikumDie angestrebte Aufführung aufeiner „richtigen“ Bühne vorunbekanntem Publikum als Ergebnisdes Unterrichtes ist sehr starkmotivationsfördernd. Deshalb binich auch ein Befürworter derNiedersächsischen Theatertage desFachverbandes Schultheater-Darstellendes Spiel. Besonders dieletzten Wochen vor der Aufführungließen die Nervosität immerdeutlicher werden, denn Impro-visation war nur bis zur Abfahrt zurAufführung möglich, anschließendbefand man sich auf fremdenTerritorium.

Ständiger AustauschDer ständige Austausch undVergleich mit anderen Gruppen ließeine Bewertung der eigenen Arbeitzu. Hierbei war es förderlich, dassalle Gruppen am selben Themaarbeiteten. Zumindest trifft dieseBewertung für die Schüler der Sek.I zu, Schüler der Sek. II können wohlschon eher die Leistung einzelnerDarsteller bewerten und vergleichen.Meine Teilnehmer, Schüler derKlasse 9 und 10 der HS und RS,freuten sich auf die Workshops, umTeilnehmer anderer Schulen wiederzu treffen – besonders die desanderen Geschlechts -, arbeitetendann teilweise auch mit ihnenzusammen an Themen oderUmsetzungsideen. Niemals habensie die anderen in der Situation alsKonkurrenten gesehen. An unsererSchule ist das Fach DarstellendesSpiel im Wahlpflichtbereich für die9. und 10. Klassen untergebracht. Daich dieses Fach alleine unterrichte,

Das Projekt aus Schülersicht

Alles fing damit an, dass einige aus den 9. und 10.Klassen unserer Schule den Wahlpflichtkurs „Dar-stellendes Spiel“ wählten.

Unser Ziel war es auf der Landesbühne Hannoverunser umgeschriebenes Stück „Frühlingserwachen“vorzustellen.

Damit wir einen Einblick ins Theater gewinnen konn-ten, fuhren wir einmal im Monat an einem Samstag-vormittag zu einem Workshop, der von der Landes-bühne angeboten wurde. In dem Workshop lernteman vieles über Schauspielerei und all die Berei-che, die dazu gehören, kennen.

Des Öfteren besuchte uns Frau Felden, die das Pro-jekt von der Landesbühne aus startete. Sie half unsmit Verbesserungsvorschlägen und viel Kritik beiunseren Vorbereitungen für das Theaterstück.Wir hatten uns noch nie so viele Gedanken gemacht,wie für das Theater - WPK. Durch dieses Projektund dieses Fach lernten wir Kritik zu äußern und zubekommen. Auch das freie Sprechen, das wir imUnterricht und im Workshop lernten , können wirnun im Alltag und besonders bei Referaten etc.umsetzen.

Bei dem Abschlussfestival, das über zwei Tage ging,wirkten elf Klassen aus verschiedenen Jahrgangs-stufen mit. Uns erstaunte, dass jede Vorstellung, dieaus ein- und demselben Stück geschrieben wurde,einen ganz verschiedenen Inhalt hatte.

Wir waren besonders stolz, als wir den 1. Platz aufder Landesbühne zugesprochen bekamen! Svenja Weise, Julia Fricke(WPK Theater, HRS Lehrte)

„Klassik als Steinbruch“ - Projekt der Landesbühne Hannover

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fehlt mir der Austausch mit einer anderen Lehrkraft, ummanche festgefahrene Situation im Gespräch zu lösen. ImRahmen des Projektes konnte ich die ProjektleiterinCornelia Felden in meinen Unterricht einladen und ihr dieSzenen zeigen, die nicht optimal liefen. Oft hatte sie Ideen,die wir sofort umsetzen konnten. Merkwürdigerweiseempfanden die Schüler Beiträge von Frau Felden alsdestruktiv („Sie macht uns alles kaputt“), obwohl dieSchüler erkannten, dass dadurch unser Stück abgerundeterwirkte. Der Besuch von Cornelia Felden wirkte immer wieeine Feile, die die Ecken abgerundet hat.

Aufführung im TheaterMeine Schüler waren am Samstag in großer Anzahl, amSonntag vollzählig von der ersten bis zur letzten Aufführunganwesend. Der subjektive Vergleich mit anderenAufführungen, die Präsens einer aus Fachleutenbestehenden Jury, das Bewusstsein, bald selbst „dort oben“stehen zu müssen, gab dem Ganzen einen Reiz, der niemalsso in der Schule vermittelt werden kann. Dieses Gefühlkann nur im Rahmen solcher Projekte oder auf denNiedersächsischen Theatertagen erlebt werden.

PreisverleihungDie Wortkombination „Theater spielen“ drückt eigentlichschon die Stellung des Faches Darstellendes Spiel imBereich der Sek.I in den Köpfen einiger Kollegen aus. DenVorwurf, dass in diesem Fach keine „Klassenarbeiten“ wiein Französisch geschrieben werden, werden wohl alleKollegen in der Sek. I schon einmal gehört haben. Nachdem

meine Gruppe aber mit dem von der Landesbühnepräsentierten Preis nach Hause kam, fand das Fach nunendlich etwas Anerkennung, so dass die Leistung auch alsAushängeschild für die Schule benutzt wurde. Ich denke,dass ansonsten die Aufführung in der Landesbühne nur alsein Termin im Kalender der Schule vegetiert hätte.Förderlich für alle Kollegen wäre sicher eine Urkunde mitdarauf stehender Erfolgsmeldung gewesen, um denerwähnten positiven Schub an der eigenen Schule zubewirken.

Zum SchlussEin Schlüsselerlebnis, das wohl nur im Bereich Theatermöglich ist, werde ich bestimmt noch oft erzählen.Am Montag vor der Aufführung habe ich ein Mädchen„wegen Unfähigkeit“ aus einer Rolle gestrichen, die esgerne spielen wollte. Endlich konnte ich den Spruch „WennBlicke töten könnten ...“ verstehen. Das Mädchen hatdaraufhin zu Hause mit den Eltern und vor dem Spiegelstundenlang geübt: Schreien, Wut zeigen, erschrocken sein,anmachen, sauer sein. Am Mittwoch wurde ich bei derProbe von einer Kollegin auf die hervorragende Leistungdes Mädchens, das die Rolle noch einmal vorführen sollte,angesprochen. In Hannover wurde dieses Mädchen in derKritik nach der Aufführung besonders positiv gelobt. DieseLeistungssteigerung binnen einer Woche hätte ich nie ineinem anderen Fach erleben können. Ich denke auch, dassdas Mädchen nicht die Bereitschaft dazu gezeigt hätte, wenndie Aufführung in der eigenen Schule stattgefunden hätte.

Dieter Wunderlich, HRS Lehrte

„Klassik als Steinbruch“ - Projekt der Landesbühne Hannover

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 36

Schüler kommen häufig während ihrer Schulzeit zum er-sten Mal mit dem Theater durch einen gemeinsamen Schul-besuch in Berührung. Nicht selten fühlen sie sich gelang-weilt, weil sie ja den Handlungsverlauf durch das im Un-terricht vorher gelesene Buch bereits kennen, oder sie sindbefremdet durch die Art der Inszenierung: „Das habe ichmir ganz anders vorgestellt, als ich das gelesen habe.“

Dennoch sind sie bei Nachfrage nicht in der Lage ihre Vor-stellung zu konkretisieren bzw. zu reflektieren. Die Thea-tervorstellung wird also entweder als reine bildliche Dar-stellung und nicht als Interpretation einesHandlungsverlaufes gesehen. Oder aber die eigene Vorstel-lung des Stückes wird unreflektiert verabsolutiert und einealternative Interpretation nicht an sich herangelassen oderzugelassen.

Ziel dieser Unterrichts- Einheit war es, mit den Methodendes Darstellenden Spiels die Rezeptionswiderstände derSchüler zu überwinden und den Schülern einen kreativenZugang zu einem Theaterstück zu ermöglichen. DerTheaterbesuch sollte für die Schüler zum Theater-„Erlebnis“ werden, indem sie den Text und die Inszenierungmit Leben füllen.

Ein erster Zugang diente dem Einfühlen in die Personenund dem Umfeld sowie dem Nachvollziehen der Handlung.Die zweite Phase hatte die Aufgabe, die Schüler über eineaktive Auseinandersetzung mit der Vorlage zu einerInterpretation zu führen. Diese sollte dabei aus dergestalterischen Umsetzung des Stückes durch die Schülerhervorgehen. In einer dritten Phase wurden die Schüleraufgefordert, eigene Vorstellungen bzgl. desHandlungsverlaufs zu entwickeln und umzusetzen.

Wenn Schüler also dahingeführt werden sollen, dass sie beieinem Theaterbesuch die Interpretation auf sich wirkenlassen und im Anschluss dann gegebenenfalls eine Inter-pretation aus eigener Sichtweise gegenüberstellen, ist eswichtig, sie zunächst einmal über das eigene Erleben desStückes das Wesen von Interpretation erfahren zu lassen:Dadurch dass sie das Stück selbst umsetzen und dabei er-fahren, dass unterschiedliche Varianten der Umsetzung dieAussage des Stückes gänzlich verändern können, werdenSchüler schließlich auch für die Interpretation einer Thea-tervorstellung sensibilisiert und dieser aufgeschlossenergegenübertreten.

VoraussetzungenDer Kurs, mit dem ich diese Einheit durchgeführt habe,war der erste Jahrgang, der im Rahmen eines Wahlpflicht-angebotes für den 10. Jahrgang das Fach „DarstellendesSpiel“ wählen konnte. Die Gruppe umfasste 14 Schülerin-nen und 6 Schüler, die mit unterschiedlich hoher Motivati-on diesen Kurs gewählt hatten. Die Spannbreite erstreckte

„Das Herz eines Boxers“ wird ein Herz für’s TheaterDagmar Fenge, Fachlehrerin für Darstellendes Spiel am Gymnasium Himmelsthür in Hildesheim, beschreibt füruns den Weg der Schüler ins Theater und zu einer professionellen Aufführung aus dem spielerischen Umgang mitdem Thema und dem Stück.

sich von Schülern mit Theatererfahrung (Theaterbesuchemit Eltern, Aufführungen in der Schule) und hoher Moti-vation über Schüler, die neugierig ein neues Gebiet kennenlernen wollten, bis hin zu Schülern, die den Kurs als „ge-ringstes Übel“ gewählt hatten. Die meisten Schüler warenmit dem Theater bislang kaum in Berührung gekommen.Für diese sollte die Einheit eine erste Annäherung an dasTheater bieten. Für die theatererfahreneren Schüler solltedie Einheit ein Angebot zur Vertiefung sein. Anlass der Ein-heit war das Angebot des Stadttheaters Hildesheim, dasStück „Herz eines Boxers“ von Lutz Hübner in unsererSchule aufzuführen und im Anschluss ein Gespräch mitdem Regisseur und den Schauspielern zu führen.

Bis zum Beginn der Einheit beschäftigten wir uns schwer-punktmäßig mit der szenischen Interpretation von Textenunterschiedlicher Gattungen: Kurzgeschichten, z.B. „Eis“von Helga M. Novak oder „San Salvador“ von PeterBichsel, Gedichtinterpretationen, z.B. „Sachliche Roman-ze“ von Erich Kästner, ein Ausschnitt aus einem Theater-stück: 9. Szene aus „Furcht und Elend des Dritten Reiches“von Bertolt Brecht sowie die Textvorlage zum Film „Lolarennt“ von Tom Tykwer.

Wir näherten uns diesen Texten mit der Methode desStandbildes (Typisierungen in Standbildern, Diatheater,Schnappschussstandbilder), der Imitation von Szenen,Vorüberlegungen zu einer Inszenierung in Bezug aufBühnenbild und Requisiten, Schreiben eigener kleinerSzenen, Verschriftlichung von Regieanweisungen.Kurz vor der Einheit machten wir einen kleinen Ausflug indie Improvisation. Höhepunkt war der Besuch der Veran-staltung „Theatersport“ auf der Landesbühne in Hannover.

„Das Herz eines Boxers“ von Lutz Hübner – eine kur-ze Inhaltsangabe

Inhalt des Stückes ist das Zusammentreffen zweier Gene-rationen: der Enkel- und Großvatergeneration. Diese Ge-

nerationen werden jeweils von einer Person repräsentiert,die sich nach anfänglichen gegenseitigen Vorbehalten imVerlaufe des Stückes kennen lernen und näher kommen.Der Schauplatz ist ein Altersheim, in dem ein 70- jährigerehemals berühmter Boxer namens Leo dahinvegetiert. Erwird täglich von einem 16-jährigen Jugendlichen namensJojo besucht. Dieser muss als Bewährungsstrafe für einenDiebstahl, den er nicht begangen hat, für den er aber dieVerantwortung übernommen hat, Leos Zimmer streichen.

Literaturangabe:Das Herz eines Boxers: Drama v. Lutz Hübner in:Blickwechsel: fünf Stücke für ein Theater der Gene-rationen, Wilhelmshaven 1997, 121-149.

Unterrichtsprojekt: Theaterbesuch spielend vorbereiten

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Beide haben sich zunächst nichts zu sagen, zeigen ihrenwahren Charakter nicht und verstecken sich in Rollen-kostümen. Jojo mimt den coolen Jugendlichen, was be-sonders durch den jugendlichen Straßenslang zum Ausdruckkommt.

Weiterhin demonstriert er seine scheinbare Überlegenheitgegenüber Leo, den er als bereits nicht mehr ernstzuneh-menden „Tattergreis“ zu entlarven glaubt, indem er ihnständig provoziert: Jojo: „Schönen Tag, die KnackibrigadeSchöner Wohnen soll aus der Butze hier wieder einemenschliche Behausung machen. [...] Also, die nächstenTage wird es hier etwas unruhig. Da hilft nur eins, Ruhebewahren, keine Panik, die Pantoffeln und die Strickwestebleiben sauber. Sie werden gleich hübsch in Folie verpackt,ich hab sogar durchsichtige mitgebracht, damit sie mir fas-ziniert beim Streichen zusehen können. Kommt ja schließ-lich nicht alle Tage vor, dass hier im Heim einer arbeitet,was? Das ging jetzt nicht gegen deine Strohsterne aus derBasteltherapie, die machen sicher auch jede Menge Mühe,vor allem, wenn die Finger nicht mehr so richtig mitwol-len, was?“Leo entspricht zunächst scheinbar dieser Rollenvorstellung,indem er zunächst leblos verharrt und am Ende der erstenSzene überraschenderweise Jojo einen Eimer Farbe überdie Füße schüttet. In den nächsten Szenen bricht Leoschließlich diese Rollenzuteilung auf, indem er Jojo deut-lich macht, dass er sein Versteckspiel entlarvt hat und ihmoffen dessen Probleme benennt:

(Jojo erzählt zuvor dem bis dahin stummen Leo von demGrund seiner Bewährungsstrafe)Leo: Du hast ja richtig Charakter. [...]Jojo: Was soll das heißen, ich hab Charakter, soll das neBeleidigung sein?Leo: Du hast für einen Anderen eine Strafe auf dich ge-nommen, das ist Charakter. Das ist, was man tut für einenFreund. Jetzt hat dich der Freund verraten, die Welt istschlecht.Jojo: Der war nie mein Freund, der hat nur ne großeSchnauze und spielt den Chef, also das ist es nicht.Leo: Ist sie ein schönes Mädchen?Jojo: Was soll der Scheiß denn jetzt, ich hab kein Wort voneiner Tussi gesagt, bist du ein alter Schweineigel oder was?Leo: Das ist keine Schande.Jojo: Was red ich denn überhaupt mit dir, Lebensberatungbei den Bekloppten, soweit kommt’s noch.Leo: Du wolltest ein Held sein, damit dein Mädchen dichliebt und hast eine gute Tat begangen. Es bleibt eine guteTat, auch wenn dich jetzt alle für einen Trottel halten. Dumusst stolz darauf sein, und wenn dein Mädchen dich liebt,ist sie auch stolz auf dich.Jojo: Hör mal, das ist hier nicht Hollywood, so denkt dienicht.

Jojo wird im Laufe des Stückes immer mehr von Leo be-eindruckt, zum einen, als er von Leos vergangenem Lebenals Preisboxer erfährt, zum anderen, weil er LeosErfahrungshorizont schätzt. Leo verhilft schließlich Jojodazu, die Scheu zu durchbrechen, seinem Mädchen seineGefühle mitzuteilen. Ebenso überzeugt er ihn, von aggres-siven Racheplänen Abstand zu nehmen, weil sie ihm letzt-

lich nur selbst schaden würden. Er bringt ihn dazu, aus sei-ner selbstgewählten Isolation – er spielt den Coolen, Un-nahbaren - auszubrechen und seine eigene Person zu leben.

Am Ende des Stückes revangiert sich Jojo, indem er Leodazu verhilft, aus dem Altersheim, in dem er nur noch einmenschenunwürdiges Leben führen kann, auszubrechen unddadurch nach außen hin Respekt und Selbstachtung wieder-zuerlangen.

Zwei von Alter, Charakter und Lebensart völlig unterschied-liche Personen nähern sich an, ohne dabei ihre Identität zuverlieren, und verhelfen sich gegenseitig dazu, ein von ex-tremen gesellschaftlichen Denkmustern befreites Leben zuführen.

Darstellung der Unterrichtseinheit

Erste SitzungZur Einführung in das Stück und als Warming-up fürdie Stunde wurde eine Satzmaschine mit dem Satz „Wasguckst du denn so?“ - einem Satz von Jojo aus der 1. Szene- erstellt.

Die Schüler stellten sich in zwei Reihen gegenüber. EinSchüler sagte den Satz „Was guckst du denn so?“ in selbstgewählter Intonation und Gestik und ging dabei in die Mit-te. Die anderen aus der Reihe beobachteten ihn und imi-tierten ihn möglichst genau. Nun nahm das Gegenüber eineandere Sprechhaltung ein und trat in die Mitte. Auch hierfolgten die anderen der Reihe ihm mit der gleichen Sprech-haltung. Diese Übung wurde fortgesetzt.

In einem zweiten Durchgang standen die Teilnehmer in ei-nem Kreis, und es lief nochmals der gleiche Satz durch dieSatzmaschine. Diesmal sagte jeder Schüler diesen Satz ineiner eigenen – zum Vorgänger unterschiedlichen – Sprech-haltung, und es wurde direkt im Anschluss bei jedem Schü-ler reflektiert, in welcher Situation und von welcher Per-son der Satz womöglich gesagt werden könnte.

Die Schüler sollten durch diese Übungen erkennen, dassjede Aussage durch eine andere Person, die sie mit einembestimmten Charakter inszeniert, einen anderen Sinn er-langt.

Ferner schulte die erste Übung die Beobachtung und dasEinfühlen in andere Rollen. Die Schüler wählten recht un-terschiedliche Tonarten: genervt, irritiert, gereizt, interes-siert, verschüchtert, überrascht, neugierig.

Folgende Situationen wurden beschrieben: ein Jugendlicher,der eine Klassenarbeit zurückbekommt und von einemMitschüler gebannt angesehen wird; ein alter Penner aufeiner Parkbank, der von einem vorbeigehenden Passantengemustert wird; ein Mädchen, das ein neues Kleidungsstückhat und von einem Mitschüler betrachtet wird und unsicherwird; ein Junge, der etwas beobachtet und von einem Freundinteressiert gefragt wird etc. .

Unterrichtsprojekt: Theaterbesuch spielend vorbereiten

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Den Schülern fiel es vor allen Dingen im zweitenDurchgang teilweise schwer, eine unterschiedlicheSprechweise zum direkten Vorgänger herzustellen. Währendsie im ersten Durchgang kaum Probleme damit hatten,fühlten sie sich im zweiten Durchgang überfordert, da sienichts aus der ersten Runde wiederholen wollten. Hierbeiist es wichtig, den Schülern klarzumachen, sich nicht davorzu scheuen, Dinge zu wiederholen. Ebenso ist es wichtig,ihnen die Angst davor zu nehmen, kreativ sein zu müssen,da diese eher blockiert.

Weniger Probleme hatten die Schüler damit, sich zu einerVorgabe – hier der Sprechweise - eine Situationauszudenken.

Personen und deren Rollenverständnis in der 1. Szene:Nachdem die Schüler sich zunächst ohne Kontext den Satz„Was guckst du denn so?“ in unterschiedlichen Situationenerschlossen hatten, sollten sie nun den Satz in seinemUmfeld kennen lernen und sich nun in einem ersten Zugriffkreativ dem Beziehungsgefüge zwischen Leo und Jojonähern.

Dazu erhielten die Schüler nur die beschreibende Regie-anweisung der ersten Szene mit der Aufgabenstellung, in5er-Gruppen eine Miniszene zu entwerfen und zu spielen,wer den Satz sagt und in welcher Situation.

Regieanweisung:Raum: Zimmer in einem Altenheim, ungemütlich, klein. EinTisch, Sessel, ein Fenster zum Park. Viele Kartons, keineBilder an der Wand. Darsteller: Jojo – ein Jugendlicher,etwa sechzehn Jahre, Leo – Mann Mitte siebzig, Bewohnerdes Zimmers.

Zwei Gruppen spielten den Satz aus der Perspektive desalten Mannes:1) Er will von seinem jugendlichen Besucher die Meinungüber sein Zimmer, das er selbst als sehr unangenehm emp-findet, wissen. Hierbei fragt er sanft und zugleich neugie-rig.2) Er – unleidlich – herrscht einen Altenpfleger barsch an,der ihn beim Eintritt in das Zimmer mustert.

Zwei Gruppen beschrieben den Satz aus der Perspektivedes jungen Mannes:1) Er – Krankenpfleger – macht das Bett und fühlt sichgereizt, da er von dem alten Mann argwöhnisch beäugt wird.2) Ein Besucher macht sich Sorgen, da der alte Mann apa-thisch in der Ecke sitzt.

Interessant war, dass beide Figuren mit recht gegensätzli-chen Charakterzügen belegt wurden: sanfter, alter Mann –barscher, alter Mann; gereizter Jugendlicher – besorgterJugendlicher.

Um nun konkret in die Personen und ihr Beziehungsgefügedes Stückes einzutauchen, erhielten die Schüler die Aufga-be, die erste Szene des Textes jeder für sich zu lesen undsich in die Situation von Jojo und Leo hineinzuversetzen,indem sie nun den Satz „Was guckst du denn so?“ erneutim Kontext lasen. Der Satz bot sich insofern sehr gut füreine einführende Betrachtung in das zunächst vorliegende

Rollengefüge an, weil er die aktiv- aggressive Art Jojossowie die passive Leos in sich vereint.

Aufgabe war es, an dieser Stelle noch nicht bewusst-intellektuell eine Charakterisierung Jojos und seinerBeziehung zu Leo vorzunehmen, sondern die Situationintuitiv zu erfassen.

Jeder Schüler las nun den Satz mit der von ihm/ihrgewählten Intonation und Lautstärke. Anschließend erfolgtein der gesamten Gruppe eine Reflexion darüber, wieaufgrund der jeweiligen Ausdrucksweise die Figur und ihreBeziehung zu der anderen Figur interpretiert werdenkönnte. Die Lesarten wurden an der Tafel festgehalten undim Anschluss durch genauere Textbetrachtung der gesamtenersten Szene überprüft.

Der Satz wurde vornehmlich aggressiv und überlegen-coolgelesen. Die Beziehung der beiden Personen wurde auf-grund dessen als sehr ungleichgewichtig empfunden: derüberlegene Jojo und der unterlegene Leo. Diese Hypothe-se bestätigten die Schüler mit Blick auf die gesamte ersteSzene durch den ausschließlich bei Jojo liegendem Sprech-anteil und seine Respektlosigkeit, die sich fast in jedemSatz ausdrückt.

Da durch den Kontext die Variationsbreite der Intonationnicht so groß war und die Schüler sich recht schnell einigwaren, hätte man die Überprüfung am Gesamttext aufgrundder Eindeutigkeit weglassen können.

Zweite SitzungWarming-up: Die Schüler erhielten zunächst einmal dieAufgabe sich wach zu klatschen: Ein Klatschrhythmuswurde vorgegeben und entsprechend im Kreis weitergege-ben. Dieser Rhythmus wurde dann im Tempo gesteigertmit entsprechender Körperdrehung zum Nachbarn. Schließ-lich erfolgte die Klatschabgabe in beliebiger Richtung.

Um die Phantasie und Vorstellungskraft zu wecken, wurdendie Schüler in eine Phantasieumgebung versetzt, in der sieeine von mir erzählte Action- Geschichte (Kampf zweierAffenstämme in grauer Vorzeit) in Bewegung umsetzten.

Inszenierung: Aussehen der Personen und des Spiel-ortesUm sich in das Stück besser einfühlen zu können, erhieltendie Schüler in 3er-Gruppen die Aufgabe, eineInszenierungsvorlage zu gestalten (d.h. zu beschreiben oderzu zeichnen), wie sowohl die Personen als auch das ZimmerLeos aussehen.

Die Schüler beschrieben mit Liebe zum Detail ein muffiges,kahles Zimmer mit vergilbter (Blümchen-) Tapete,bröckelndem Putz oder Schimmelflecken an den Wänden,altmodische Gardinen in Orange oder Braun, PVC-Boden,Krankenhausbett, brauner, altmodischer Sessel, kleinerTisch mit einer künstlichen Blume, überall stehen Kistenherum, Wasserrauschen in der Heizung usw.

Die Personen wurden wie folgt beschrieben:Leo: Strickjacke mit schon durchgescheuerten Ellbogen,

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Cordhose/alter Jogginganzug, Pantoffeln, mittelgroß, kaumnoch Haare, faltiges Gesicht, freundliche Augen, wenigeAltersflecken, ruhig/gelangweilt, mürrisch/gelassen, mitseinen Gedanken beschäftigt, einsam, traurig.

Jojo: breite Hose (Schritt hängt in der Kniekehle), T-Shirtmit Aufdruck einer Band „Bad Religion“, kurze Haare,gegelt, Baseballkappe, alte verdreckte Fila- Turnschuhe,Zigaretten in der Hosentasche, Eastpack- Rucksack, dener immer nur mit einem Träger trägt, durchtrainierter Kör-per, cool, schlagfertig, auf Anerkennung bedacht.

Nachdem die Inszenierungen vorgetragen wurden, erhieltendie Schüler die Aufgabe, sich die erste Szene1 noch einmaldurchzulesen und in Kleingruppen das Ende der Szene, dasoffensichtlich einen Höhepunkt der Szene darstellt, zugestalten, indem sie die fehlende Regieanweisung ausfüllensollten:

Jojo: Sag mal, Kumpel, kannst du mir mal eben den Eimerhoch geben? So ein Mann in meinem Alter geht nicht gernzweimal ne Treppe hoch. (einzufügende Regieanweisung!)Sag mal, bist du bescheuert).

Anschließend wurden die Schüler aufgefordert den Ablaufder ersten Szene mit der selbst gestalteten Regieanweisungam Ende in eigenen Worten nach der Probentechnik„Hauptsache Text“ nachzuimprovisieren.[Die Spielerformulieren spontan einen sinngemäßen eigenen Text;Anm.d.Red.]

Das Ende wurde von allen Gruppen so gestaltet, dass Leosich wehrt, entweder, indem er den Farbeimer über Jojoergießt oder indem er sich verbal oder gestisch verweigert,Leo den Farbeimer zu reichen.

Im Anschluss wurde über die Plausibilität derRegieanweisung und über die nachgespielten Szenendiskutiert.

Es hätte sich sehr wahrscheinlich angeboten, dasDurchlesen der ersten Szene vor der Kleingruppenarbeitmit der Probentechnik „Ensemblelesen“ vorzunehmen, weildamit bereits ein gestalterischer Effekt durch das Lesen

erzielt worden wäre und somit auch die Motivation deserneuten Lesens gesteigert worden wäre.[Ensemblelesenbedeutet, dass bei jeder Figurenäußerung die Sprecherin/der Sprecher wechselt, so dass viele gleichzeitig eine Rollegestalten; Anm.d.Red.]

So lasen einige Schüler die Szene nur mit halber Motivation,weil sie den Text ja bereits kannten. Unter Umständen hättees sich auch angeboten, die Umsetzung der Szenewahlweise mit der Probentechnik „Hauptsache Text“ oder„Fast Food“ (die Szene wird stumm als Kurzablauf gespielt)anzubieten, da einige Schüler Schwierigkeiten hatten,spontan die Schlagfertigkeit Jojos zu imitieren. Um dieBeziehung der beiden Personen deutlich zu machen, hättees gereicht, das Verhältnis gestisch und mimischanzudeuten.

Am Ende erhielten die Schüler die Aufgabe, gemeinsam

anhand der Improvisationen eine Beziehungsanalyse vonJojo und Leo auf einem DinA2-Papier vorzunehmen, indemsie Linien, die die Reaktion der beiden Personenveranschaulichen sollten, und deren Verhältnis zu der inder Mitte liegenden Kontaktlinie aufmalten: Hiermit sollteveranschaulicht werden, wann und wie die beiden PersonenKontakt zueinander aufnehmen.

Die Schüler zeichneten Leos Linie als gerade Horizontaleund Jojos Linie als Wellenlinie. Sie hatten nur zwei deutlicheAnnäherungspunkte: zum einen, als Leo - als seine ersteReaktion - hustet und Jojo darauf reagiert: „Oh Mann, ichbin richtig erleichtert, ich hab ernsthaft angefangen, mirSorgen zu machen.“, zum anderen, als Leo sich wehrt amEnde der Szene. Bis auf diese beiden Momente reagiertLeo gar nicht auf Jojo, und Jojo redet permanent, erwartetaber im Grunde keine Reaktion. Die Kurvenanalyse führtedie Schüler dazu, sich noch einmal intensiv mit denImprovisationen bzw. mit dem Text auseinander zu setzen.

Dritte SitzungWarming-up: Um sich zu Beginn der Sitzung in die beidenRollen: alter Mann - Jugendlicher einzufühlen, erhieltendie Schüler zunächst die Aufgabe, durch den Raum zu ge-hen, zum einen in der Gangart eines Jugendlichen und dann

Unterrichtsprojekt: Theaterbesuch spielend vorbereiten

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in der Gangart eines alten Mannes. Nachdem jeder für sicheine passende Gangart ausprobiert hat, wurden diese vor-geführt und mit Tipps der Gesamtgruppe noch weiter aus-gefeilt. Die Schüler hatten anfangs Schwierigkeiten, ex-treme Gangarten auszuprobieren. Durch die Tipps der an-deren Schüler wurden sie dazu ermutigt und hatten offen-sichtlich auch mehr Spaß daran.

Im Anschluss sollten die Schüler in Zweiergruppen eineSzene in jeweils einer der beiden Rollenklischees spielenbis zu einem Freeze- Zeichen. Bei der Freeze- Auflösungwechselten die Rollen, und die Szene setzte genau mit derletzten Gestik und Mimik wieder ein, die vor dem Freezeentstanden war. Schwierig war für die Schüler, die jeweilsletzte Gestik mit einer neuen Rolle auszufüllen. Dies hätteman vielleicht noch einmal gesondert in Zeitlupe übenmüssen, um den Schülern zeitlich die Gelegenheit zu ge-ben, sich gedanklich auf die neue Bedeutung der Gestikeinzulassen.

Zweite Szene: Aufbrechen der RollenDie Schüler erhielten den Auftrag, aus der zweiten Szenedie für den Beziehungsverlauf wichtigsten Passagen her-auszusuchen und diese Entwicklung in 4er-Gruppen (zweiSpieler, zwei Bildbauer) in maximal fünf Standbildern inForm einer Diashow darzustellen.

Es stellte sich anhand der Standbilder heraus, dass die Schü-ler den Wendepunkt der Szene richtig erkannt hatten. Esergab sich eine Spannbreite von zwei bis fünf Standbil-dern, mit denen dieser dargestellt wurde: Die Gruppe, diezwei Standbilder gebaut hatte, stellte zunächst die Distanzmit abgewendeten Personen dar und dann die Nähe durchdas Zueinandergekehrtsein der Personen. Die Gruppe, diefünf Standbilder gebaut hatte, stellte Distanz, Nähe, dannabermalige Distanz von jeweils einer Person und wiederNähe zum Schluss dar. Anhand des Wechsels ließ sich sehrschön „das Einpendeln“ der Personen aufeinander analy-sieren. Im Anschluss sollten diese Kernszenen mit den ent-sprechenden Sätzen in einer Beziehungskurve graphischveranschaulicht werden.

Der Beginn des Aufeinanderzugehens wurde mit demSchlüsselsatz von Leo „Du hast ja richtig Charakter“ so-wie die kurzzeitige Distanz der jeweiligen Person durchden Satz „Mir wird das hier langsam ein bisschen zu pri-vat“ richtig erkannt. Die Nähe am Ende der Sequenz wur-

de mit Jojos Entschluss belegt, Leos Ratschlag zu folgenund seiner Angebeteten rote Rosen vor die Tür zu legen.

Um den Sprung vom Spiel zur abstrakten Analyse nicht zugroß zu machen, wäre es vielleicht besser gewesen, diegenauere Analyse des Textes jeweils bei einem zweitenDurchlauf der Diashow einzubauen: Man hätte bei den ein-zelnen Standbildern verweilen und die Zuschauer auffor-dern können, hinter die Figuren zu treten, die Hand aufzu-legen und mitzuteilen, welchen Satz die Figur gerade sagt.Dies hätte eine engere Verbindung zwischen dem Spiel undder Textanalyse gewährleistet.

Dritte Szene: Vertiefung der FreundschaftDie dritte Szene stellt inhaltlich Leo in den Mittelpunkt:Jojo erfährt von Leos Vergangenheit als Boxer, von seinerEinstellung zum Boxen und von den Gründen, warum ernun in diesem Altersheim ist. Jojo ist sehr beeindruckt undgewinnt Respekt vor Leo.

Da die dritte Szene einen hohen monologischen Anteil be-sitzt und vom Aufbau des Stückes her die Vorbereitung aufdie vierte Szene darstellt, in der schließlich – als vorläufi-ger Höhepunkt - die engere Beziehung durch die gegensei-tigen Freundschaftsdienste offensichtlich wird, wurde die-se dritten Szene nicht ausführlich behandelt.

Die Schüler erhielten den Auftrag, diese Szene in Stillarbeitzu lesen und sich zu überlegen, inwiefern sich das Bild derbeiden Personen im Vergleich zu den Rollenbeschreibungen,die die Schüler in der letzten Sitzung gegeben hatten, ver-ändert hat. Ergebnisse sollten in Kleingruppen schriftlichfixiert werden.

Für das Lesen hätte sich sehr wahrscheinlich das„Ensemblelesen“ aufgrund des „lebendigeren Lesens“ bes-ser angeboten. Im anschließenden Gespräch, in der dieschriftlichen Ergebnisse diskutiert wurden, wurde deutlich,dass die Schüler sehr gut das Versteckspiel hinter den Rol-len entlarvt hatten: Leo wurde im Gegensatz zu den an-fänglichen Äußerungen nicht mehr als apathischer, mürri-scher, gelangweilter Mann beschrieben, sondern nun alssensibler Mann mit guten Menschenkenntnissen, ehrlich,stolz, jemand, der nicht aufgibt, jemand, der versucht ausseinem Leben das Beste zu machen. Jojo erschien nun alsjemand, der sich nicht mehr hinter seiner Lässigkeit ver-

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steckt, sondern der Gefühle zeigt, über Probleme spricht,ehrlich ist und zu Leo steht.

Vierte SitzungWarming-up: Um die vierte Szene inhaltlichvorzubereiten, erhielten die Schüler den Auftrag, inDreiergruppen ein Standbild zu dem Thema Freundschaftzu gestalten (zwei Leute als „Baumaterial“, einStandbildbauer). Im Anschluss wurde eineAusstellungsführung simuliert, in dem jeder Standbildbauerdem restlichen Publikum die Bedeutung seines Standbildeserläuterte. Die Schüler drückten die unterschiedlichstenEbenen einer Freundschaft heraus: z.B.: Nähe: eineUmarmung; Hilfe: eine Person sitzt am Boden, die zweitestreckt ihr eine helfende Hand entgegen; Zuneigung/Respekt: eine Person klopft oder fasst der anderen Personanerkennend auf die Schulter.Diese Ebenen konnten wir sehr gut in der anschließendenSzene konkretisieren.

Vierte Szene: Ausdruck der FreundschaftDie Schüler sollten nun, nachdem sie die Szene leise fürsich gelesen hatten, die Szene in Dreiergruppen (zwei Spie-ler, ein Regisseur) in eigenen Worten nachspielen, indemsie sich nur auf die Stellen konzentrieren sollten, an denendie Freundschaft der beiden Personen deutlich wird undwie sich diese gestaltet.

Einige Schülergruppen hatten den Freundschaftsdienst Jojosin ihre Szene eingebaut: Jojo verkauft für Leo Zeitungsar-tikel über dessen damalige Boxerfolge, damit Leo Geldfür seine Flucht erhält.

Alle Gruppen hatten Leos Freundschaftsdienst in denMittelpunkt gerückt: Hier versucht Leo, Jojo zu überzeugen,dass es sich nicht lohnt, jemanden aus Rache oder Ehremit einem Messer abzustechen: Es handelt sich hierbei umden Mann, für den Jojo seine Bewährungsstrafe ableistetund der ihm darüber hinaus, als Jojo ihn zur Rede stellenwollte, auch noch ein blaues Auge geschlagen hat. DieUmsetzung des Dialogs erfolgte bei allen in der dem Texteigenen ironischen, übertreibenden Weise Leos, mit der erJojo die Augen öffnet.2

Im anschließenden Gespräch tauschten sich die Schülerdarüber aus, wie sie sich in ihrer jeweiligen Rolle gefühlthatten. Die Schüler, die Leo gespielt hatten, sprachendarüber, dass sie sich sehr überlegen vorgekommen wären,auch ein wenig väterlich, aber dennoch nichtschulmeisterlich. Die Schüler, die Jojo gespielt hatten,sagten, dass sie sich „verarscht“ (Originalton) gefühlt hätte,aber dadurch auch der Sachverhalt recht deutlich auf denPunkt gebracht worden wäre. Andere sagten, dass sie diehumorvolle Art Leos ganz gut annehmen konnten.

Die Schülergruppen erhielten nun die Aufgabe, spontan dieBelehrung Leos nicht ironisch, sondern auf eine andere Artund Weise umzusetzen: eine Gruppe spielte einen Leo, derin einem ernsthaften Gespräch versucht, Jojo zuüberzeugen. Jojo konterte in dieser Version erst lange Zeitironisch, sah aber schließlich Leos Argumente ein.

Die spontane Reaktion der Schüler war, dass die Szene, inder Leo ironisch sei, mehr überzeuge. Leo gehe hier aufJojo ein: Er gebe ihm durch die Übertreibungen eine Hil-festellung, die dieser gut annehmen könne, weil es Jojoseigene Art sei. Das ernsthafte Gespräch würde Leo in eine„Zeigefingerposition“ bringen. Die Beziehung der beidenwäre dann wie in einem Vater-Sohn-Verhältnis.

Deutlich an dieser Spielphase war, dass sich die Schülerdurch ihr eigenes Rollenerleben in die Personen gut ein-fühlen konnten. Darüber hinaus wurde durch eine alternati-ve eigene Inszenierung ihr eigenes Erfahrungsfeld einbe-zogen und es zeigte sich, dass die Schüler im Vergleich nungut Stellung zur jeweiligen Inszenierung nehmen konnten.

Fünfte SitzungWarming-up: Zur Lockerung waren zunächst zweiÜbungen der Sitzung vorangestellt: Die Schüler solltenschnell durch den Raum gehen mit der Aufgabe, möglichstviele Hände zu schütteln (wenn keine andere Hand zurVerfügung zur Not auch die eigene). In einem zweitenDurchgang sollten sie versuchen, einen anderen Schüleran der Schulter zu berühren bzw. verhindern, dass irgendeinanderer Schüler ihn/sie selbst berührt.

Erstellen und Präsentation einer EndszeneZur Einführung in das Ende des Stückes wurden zweiSchüler gebeten, die fünfte Szene in verteilten Rollenvorzulesen. Hier wäre ein Ensemblelesen sinnvoll gewesen,um alle Schüler einzubeziehen.

Die Szene beschreibt Leos Plan und seinen gescheitertenVersuch der Flucht aus dem Krankenhaus: Leo wollte sichin der Kaffeepause der Pfleger aus dem Haus schleichenund mit dem Wagen, der zu der gleichen Zeit das Essenbringt, fliehen. Das Misslingen des Plans wird wie folgtangedeutet:

(Leo geht, Jojo geht zum Fenster, öffnet es, ein anfahrendesAuto ist zu hören, kurz danach ein lautes Klirren). Jojo:„Scheiße!“ Black.

Die Schüler erhielten nun die Aufgabe, kreativ den Ausgangdes Stückes im Anschluss an diese Szene selbst zu entwerfenund zu präsentieren.3 Die Ergebnisse waren sehr interessant:

Keine Gruppe hatte ein Ende entworfen, das dem Originalentspricht: nämlich eine zweite Flucht. Lediglich eineGruppe hatte ein dem Original ähnliches Happyend in derArt entworfen, dass Leo und Jojo zusammen erneut einenPlan zur Flucht aushecken. Hierbei stand jedoch nicht derPlan im Vordergrund, sondern die Freundschaft. Alleanderen Gruppen gestalteten entweder ein offenes Endeoder ein trauriges Ende. Auch hier stand die Freundschaftim Mittelpunkt:

- Leo sitzt wieder in seinem Zimmer. Jojo besucht ihn,tröstet ihn wegen der misslungenen Flucht und muntert ihnauf: Leo sei ja nun nicht mehr alleine, weil er ja als Freundnun auch noch da sei. Schließlich gestaltet Jojo LeosZimmer neu für einen nun längeren Aufenthalt.

Unterrichtsprojekt: Theaterbesuch spielend vorbereiten

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- Jojo besucht Leo, der in seinem Zimmer schwer verletztim Sterben liegt. Leo vertraut ihm als seinen Freund seinepersönlichen Dinge an und Jojo verbringt mit ihm die letztenMinuten bis zu seinem Tod.

- Jojo besucht Leo in seinem Zimmer und sie führen einlanges Gespräch über den missglückten Fluchtversuch.Während des Gespräches teilt Leo Jojo mit, dass er indiesem Zustand und in diesem Heim nicht länger lebenwill und bittet Jojo, ihm als Freund seinen letzten Wunschzu erfüllen und Sterbehilfe zu leisten, indem er ihmTabletten besorgt. Nach einem langen aufwühlendenGespräch verspricht Jojo schließlich, ihm zu helfen. DasEnde bleibt offen.

In der Gestaltung der Spielszene wie in der Ausgestaltungder Personen hatten die Schüler ein ganz eindeutiges Bildder Beziehungsentwicklung: Leo und Jojo sind sehr guteFreunde geworden, die sich gegenseitig verstehen undhelfen. Beide können sich nun gegenseitig offengegenübertreten.

Die Gestaltung Jojos war bei allen Schülern fast einheitlich:er hat eine „rauhe/coole Schale, aber auch sehr viel Herz“(Originalton der Schüler). Er respektiert Leo(Sterbeszenen) und zeigt Gefühle, indem er auf ihn eingeht(Gestaltung des Zimmers, Aushecken eines weiterenFluchtplans).

Die Gestaltung Leos hatte einige gemeinsame Züge, aberauch unterschiedliche:Alle waren sich einig, dass „Leo keine halben Sachemacht“. Er wurde als ruhig und voller Lebenserfahrungbeschrieben.

Unterschiede gab es in der Beurteilung, welche KonsequenzLeo aus dem misslungenen Fluchtversuch zieht: Die Lösung„Gestaltung des Zimmers“ beschrieb einen Leo, dergelassen und ruhig dem weiteren Leben entgegensieht. Inder Lösung „zweiter Fluchtplan“ wurde Leo damitcharakterisiert, dass er nicht aufgebe. Die Todesszenenwurden mit dem Argument belegt, dass er die Souveränitätbesitze zu wissen, wann der beste Zeitpunkt gekommensei, das Leben zu verlassen.

Theaterbesuch und anschließendes GesprächNachdem die Schüler sich nun mehrere Sitzungen langintensiv mit dem Stück beschäftigt hatten, galt es, das Stücknun auf der Bühne zu sehen und sich mit der Inszenierungauseinander zu setzen:

Die Resonanz auf das Stück war recht groß (siehe Kritikenim Anhang). Das anschließende Gespräch verriet, dass dieSchüler mit dem kargen Bühnenbild und der jeweiligenInterpretation der Rollen zufrieden waren, ja sogar von derrotzfrechen Mimik und Sprache Jojos begeistert waren.

Nicht zufrieden waren die Schüler jedoch mit dem Endedes Stückes. Alle waren sich einig, dass es unrealistischsei, dass Leo ein zweites Mal flieht! Die Argumentationdes Schauspielers Hussam Nimr (Jojo), dass die

Schlussszenen ohne Happyend, wie sie sich die Schülerausgedacht hätten, ja stagnieren würden und dassirgendetwas im Theater passieren müsse, konnte die Schülernicht überzeugen. Sie konterten, dass das Theater daswirkliche Leben abbilde und nicht unbedingt Traumfabriksein müsse.

Ebenso waren die Schüler nicht damit einverstanden, dassdie Freundschaft der beiden Protagonisten so schnellangedeutet wurde. Sie meinten, dass sie ein langsameresAnnähern bevorzugt hätten, nachdem sich beide Personenzuvor recht provozierend bzw. befremdet dem anderengegenüber verhalten hätten. Vorschlag der Schüler war, diePhase der langsamen Annäherung durch vorsichtigere,skeptische oder abwartende Gestik und Mimik sowie mitlängeren Pausen umzusetzen.

Schlussbetrachtung

Aus dem Gespräch über die Theateraufführung wurdedeutlich, dass die Schüler das Theaterstück nichtgelangweilt und unkritisch konsumiert, sondern aktivwahrgenommnen hatten. Sie waren im Anschluss in derLage, kritisch Stellung zu nehmen, indem sie ihre eigenenVorstellungen zur Inszenierung und zur Interpretation derPersonen konkret beitragen konnten.

Mit der Tatsache, dass sich die Schüler der Interpretationder Theatervorstellung geöffnet und sich konstruktiv mitihr auseinandergesetzt hatten, ging einher, dass sie dasWesen der Interpretation durch ihre eigene Erfahrungenerlebt hatten:

In den ersten beiden Sitzungen ging es um das Einfühlen indie Personen und das Umfeld des Stückes: Über dieIntonation eines Satzes in verschiedenen Varianten wurdenden Schülern zunächst die unterschiedlichen Möglichkeitender Interpretation bewusst. Verbunden mit dem Umfeld unddem Textkontext bekam dann der Satz eine eindeutigereInterpretation und damit die Person mehr und mehr Kontur.

Das Erstellen der Regieanweisung am Ende der erstenSzene sowie der graphischen Beziehungskurven am Endedieser Phase machten schließlich deutlich, dass sich dieSchüler gut in die Personen eingefühlt hatten.

Die dritte und vierte Sitzung zeigten, dass die Schüler überdie Empathie mit den Personen und das Nachvollziehender Handlung hinaus auch in der Lage waren durch ihr Spiel(Diashow, Nachspielen der vierten Szene in eigenenWorten), das Beziehungsgefüge der Personen zuinterpretieren, indem sie das Aufbrechen der Rollen unddie Entwicklung der Freundschaft detailliertwahrgenommen hatten.

In der fünften Sitzung wurde deutlich, dass die Schüler mitihrer individuellen Gestaltung der Schlussszene die jewei-lige sehr genaue Vorstellung von den Personen und ihrenVerhaltensweisen in einen konsequenten Handlungsverlaufumsetzen konnten.

Insgesamt haben die Schüler eine positive Resonanz ge-

Unterrichtsprojekt: Theaterbesuch spielend vorbereiten

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 43

zeigt. Allerdings konnte ich feststellen, dass die Beteili-gung und innere Anteilnahme der Mädchen höher war alsdie der Jungen. Dies führe ich auf die altersgemäße Ver-haltensweise zurück: die Jungen sind verschlossener undverstecken sich gern hinter einer coolen Fassade. IhrEmpathievermögen ist durch ihre Konzentration auf sichselbst eingeschränkter. Dieses Verhalten müsste bei zukünf-tigen Theaterprojekten berücksichtigt und durch besonde-re Übungen aufgefangen werden.

Dieses Projekt führte in der Folge zu einer großen Bereit-schaft der Schüler, selbst ein Theaterstück auf die Bühnezu bringen. Dieses Interesse gipfelte schließlich in einereigenen Theaterpräsentation: Wir führten das Stück „DerUntergang der Titanic“ nach Hans Magnus Enzensbergerauf. Hierbei zeigten die Schüler großes Engagement, denText zu bearbeiten, selbst zu inszenieren und mit eigenenTextvorlagen zu ergänzen.

Dagmar Fenge

Anmerkungen:1 Der Text der ersten Szene wurde nicht vollständig abgezogen. Es fehltedie letzte Regieanweisung: Leo erhebt sich langsam, Jojo streckt die Handaus, Leo gießt Jojo den Farbeimer über die Füße.

2 Jojo: „Der soll kapieren, daß er mich nicht zum Arsch machen kann.“ Leo: „Er wird`s kapieren, wenn er das Messer im Bauch hat, und wenner durchkommt, kann er immer denken:[...] Der geht acht Jahre ins Ge-fängnis, damit ich was kapiere.[...] Und wenn du rauskommst und eineArbeit suchst und der Chef fragt dich, was du die letzten Jahre gemachthast,[...] wird er dir auf die Schulter klopfen und sagen: [...] Einen, der fürein blaues Auge einen absticht, ist viel zu schade für meinen Betrieb. Hierarbeiten nur Leute, die mit dem Kopf denken, das ist nichts für Sie.“

3 Das Stück hat noch zwei weitere Szenen, in denen beschrieben wird, dassLeo nach seinem gescheitereten Fluchtversuch (er kam mit demAutomatikwagen nicht zurecht) wieder im Altenheim sitzt und vollgepumptist mit Beruhigungsmitteln. Leo bittet Jojo, ihm mehrere RollenSchlaftabletten für ein rasches Ende zu besorgen.Jojo aber heckt einen neuen Fluchtplan aus: Am nächsten Tag besucht erihn in Frauenkleidung. Er überredet ihn, diese Kleider anzuziehen undschließlich kann Leo damit unbemerkt aus dem Altersheim entfliehen.Die Schüler haben diese letzten beiden Szenen nicht erhalten.

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Ausschreibungen: Schülertheater- Treffen

„Theater öffnet Welten“

„Die Städte sind für dich gebaut“Theaterfestival für Schul-, Jugend- und Amateurgruppen 23.- 25. Juni 2004

Brechts in einem Gedicht formulierter ironisch- frommer Wunsch ist Motto für das Theatertreffendes Theaterpädagogischen Zentrums Hannover. Neben Theaterproduktionen können auch Arbei-ten in den Bereichen Comic, Graffiti, Foto, Film, Video, Musik und Malerei angemeldet werden.

Nähere Infos und Anmeldung bis zum 10.12.03:Theaterpädagogisches Zentrum (TPZ) Hannover, Mühlenberger Markt 1, 30457 Hannover, Tel.

0511 - 168 495 51, Fax 0511 - 168 495 67, e-mail: [email protected]

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 45

Ziel der Veranstaltung ist es:

? die Vielfalt des darstellenden Spiels in allenSchularten und Schulstufen sowie in denJugendgruppen Niedersachsens der Öffent-lichkeit vorzustellen,

? den Erfahrungs- und Gedankenaustausch unterden Spielgruppen und den Spielleitern zuverstärken,

? die Förderung des Schultheaters in allenRegionen des Landes anzuregen und zu unter-stützen.

Die RegionaltreffenZunächst finden im Frühjahr 2004 Treffen in deneinzelnen Regionen statt, an denen jeweils – ohneVorauswahl – bis zu 5 Spielgruppen teilnehmen. DieseTreffen dauern in der Regel einen Vormittag, ggf.bis in den frühen Nachmittag.

Jede Gruppe trägt sich bei der Anmeldung für 2Regionaltreffen ein, damit eine gleichmäßige Ver-teilung auf die Spielorte erfolgen kann.

Für jede Gruppe stehen höchstens 60 MinutenSpielzeit zur Verfügung. Es können auch fertigeTeilstücke von Produktionen gezeigt werden, die alsGanzes noch nicht aufführungsreif sind.

Ein Schwerpunkt der Treffen sind die Gesprächs-runden der Schüler. Parallel dazu treffen sich dieSpielleiter mit Mitgliedern des Auswahlgremiums.

Für das Gelingen des Regionaltreffens ist die Teil-nahme aller Gruppen an der gesamten Veranstaltungnotwendig.

Zentrales Abschlusstreffen14. – 18. Juni 2004 in Bad Pyrmont

Aus den Aufführungen der Regionaltreffen stellt einAuswahlgremium ein Programm von etwa 10Produktionen für das zentrale Abschlusstreffenzusammen. Nach Möglichkeit sollen die unter-schiedlichen Spielansätze, die verschiedenenAltersstufen, Schul- und Organisationsformen sowiedie Regionen Niedersachsens vertreten sein.

In Frage kommen solche Produktionen, die den Aus-wahlkriterien entsprechen und in Form und Inhalt der

Altersstufe, der Problemlage und den besonderenBedingungen der Spielenden angemessen und für ihrPublikum interessant sind.

Auswahlkriterien sind u. a.

? der Umgang mit den Ausdrucksmitteln Körper,Sprache und Raum,

? der Umgang mit Zeit (Zeitgefühl/Dynamik/Tempo),

? der angemessene Einsatz von Bühnenbild, Lichtund Ton,

? der Gesamteindruck (Spielfreude/Spannung).

Für die am zentralen Abschlusstreffen in Bad Pyrmontteilnehmenden Gruppen sind Fahrt und Unterkunftfrei. Sie beteiligen sich an den Verpflegungskosten.

Die Teilnahme gilt - wie die an den Regionaltreffen -gemäß Nr. 3.4 Erlass des MK „Förderung vonSchülerwettbewerben“ vom 29.03.1986 (SVBl S.105) als schulische Veranstaltung.

AnmeldeverfahrenMeldeschluss ist der 10.01.2004.

Die Meldungen sind zu richten an den

Fachverband Schultheater – Darstellendes Spielz. Hd. Uschi RitterAn der Marienschule 6

49808 Lingen (Ems)

Tel. 0591/64302 - - - [email protected]

Anmeldungen bitte mit dem Formblatt auf Seite 2 oderüber unsere Homepage www.schultheater-nds.de.

Die Regionaltreffen 2004Celle 26.02. Bad Iburg 09.03.Ronnenberg 26.02. Hameln 10./11.03.Hildesheim 26.02. Brillit ** 11.03.Lüneburg 02.03. Northeim 12.03.Lingen 02.03. Augustfehn *** 15.03.Goslar * 03.03. Scheeßel 17.03.Stade 08.03. Sulingen 19.03.Braunschweiger Schultheaterwoche März 2004

* nur Sek. II ** Grundschulen *** Kindergärten

Ausschreibungen: Schülertheater- Treffen

13. Niedersächsisches Schüler-Theater-Treffen 2004Der Fachverband Schultheater – Darstellendes Spiel Niedersachsen e. V. lädt alle niedersächsischenTheatergruppen, in denen überwiegend Kinder und Jugendliche mitwirken, zur Teilnahme am 13. Nie-dersächsischen Schüler-Theater-Treffen (NSTT) ein.

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 46

13. Niedersächsisches Schüler-Theater-Treffen (NSTT) 2004Name der Gruppe (z. B. Theater-AG)

Name der Schule/Institution Schulform (z. B. OS HS RS GYM GS IGS KGS BBS Sonderschule Freie Gruppe)

Anschrift der Schule/Institution Bezirksregierung (bitte einkreisen)BS H LG W-E

Telefonnummer der Schule/Institution

Name des Spielleiters/der Spielleiterin

Anschrift des Spielleiters/der Spielleiterin

Telefonnummer des Spielleiters/der Spielleiterin ggf. E-Mail

Organisationsform der Gruppe (bitte einkreisen) Klasse Pflichtkurs Wahlpflichtkurs AG/Projektkurs Kurs Sek II außerhalb der Schule Sonstiges

Zahl der Spieler/Spielerinnen Alter der Spieler/Spielerinnen

Titel der gemeldeten Aufführung (auch wenn nur vorläufig)

Art des Stückes (bitte einkreisen) Literarische Vorlage Eigenproduktion Bearbeitung einer literarischen Vorlage

Benötigte Spielzeit beim Regionaltreffen ................. Minuten (maximal 60 Minuten!)

Gewünschte Regionaltreffen; bitten geben Sie zwei Treffen an!

1. Wahl – Ort: .................................................. Datum: ..................................................

2. Wahl – Ort: .................................................. Datum: ..................................................

Datum Unterschrift des Spielleiters/der Spielleiterin

Hinweise zum Ausfüllen des Meldebogens und zu den Regionaltreffen

- Bitte wählen Sie Regionaltreffen in Ihrer Nähe, soweit dies möglich ist. Dadurch bleibt der regionale Charakter des Treffenserhalten. Sollte aus organisatorischen Gründen eine Zuordnung zur 1. oder 2. Wahl nicht möglich sein, erfolgt telefonischeRücksprache.

- Ihre Anmeldung wird in der Regel nicht vom Fachverband bestätigt. Falls Sie eine schriftliche Bestätigung des Eingangs IhrerAnmeldung wünschen, legen Sie eine ausreichend frankierte, an Sie selbst gerichtete Postkarte der Anmeldung bei.

- Nach der Zuordnung der Gruppen (in der Regel nicht vor dem 01.02.2004) wird sich der Veranstalter „Ihres“ Regionaltreffensrechtzeitig bei Ihnen melden. Alle Einzelheiten bezüglich des Regionaltreffens besprechen Sie bitte mit diesem Veranstalter.

- Hinweis zum Datenschutz: Die Daten, die Sie hier angeben, werden elektronisch gespeichert und im Rahmen des Niedersächsi-schen Schüler-Theater-Treffens verarbeitet. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben.

- Den ausgefüllten Meldebogen bitte rechtzeitig vor dem Anmeldeschluss (10.01.2004) an Uschi Ritter, An der Marienschule6, 49808 Lingen, Tel. 0591/64302, [email protected].

Neues Logo- Neuer NameWir heißen jetzt

Fachverband Schultheater -Darstellendes SpielNiedersachsen e.V.www.schultheater-nds.deKontaktadressen siehe Seite 3

Ausschreibungen: Schülertheater- Treffen

Auch der bundesweite Dachverband hat seinen Namengeändert:Bundesverband Darstellendes Spiel e.V.(früher: Bundesarbeitsgemeinschaftfür das Darstellende Spiel in der Schule)c/o Schultheater StudioHammerskjöldring 17 a 60439 Frankfurt /MT. 069 212 32044, Fax 069 212 32070e-mail: [email protected]

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 47

In eigener Sache handeln Sie, wenn Sie unseren Verband stärken und sich Ihren besonderen Einsatz für dasDarstellende Spiel in der Schule, sei es als Fach, als AG oder Unterrichtsmethode, erleichtern durch Tipps undInformationen. Das „Info“ ist ein Weg des Austauschs, den Sie unterstützen können, der andere Weg ist dieMöglichkeit des Verbandvorstandes, mit Ihrer Unterstützung Forderungen und Situationen in der Öffentlich-keit und bei der Schulverwaltung bekannt und bewusst zu machen, damit es weiter und weiter aufwärts geht.Tun Sie sich etwas Gutes! Werden Sie Mitglied!

Fachverband Schultheater - Darstellendes SpielNiedersachsen e.V.

Konto Nr. 510 910 011 bei der Sparkasse Schaumburg BLZ 255 514 80Beitrittserklärung

Vorname, Name

PrivatanschriftStraße

PLZ/ Ort

Telefon Fax E-mailSchule

SchulanschriftStraßePLZ/ Ort

Telefon Fax E-mail

Der Jahresbeitrag wird auf der Mitgliederversammlung beschlossen und beträgt 36 Euro.Das Info-Heft wird alle Mitgliedern kostenlos zugesandt.Hinweis: Die hier angegebenen Daten werden elektronisch gespeichert und für verbandsinterne Zwecke benutzt.Ich bin damit einverstanden / nicht einverstanden (Unzutreffendes bitte streichen), dass mein Name und mei-ne Anschrift gelegentlich in einer Mitgliederliste den andern Empfängern des Info-Heftes mitgeteilt wird.Ort, Datum Unterschrift

Bitte kopieren - weiterreichen an Kolleginnen und Kollegen –selbst eins ausfüllen - und absenden!

EinzugsermächtigungAn den Fachverband Schultheater - Darstellendes Spiel

Niedersachsen e.V.

Den Jahresmitgliedsbeitrag bitte ich von meinem Konto bis auf Widerruf abzubuchen. Diese Einzugermächtigungerlischt automatisch bei meinem Austritt aus dem Fachverband.Kontoinhaber:Vorname, NameKontonummer BLZ

Kreditinstitut

Ort,Datum Unterschrift

Bitte schicken Sie dieses Formular ausgefüllt an den Geschäftsführer des Fachverbands:Dirk Wilkening, Kendalstr. 11 a, 31737 Rinteln - Neue Email: [email protected]

Verbands- Kasten

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Schul Theater Info Niedersachsen Nr. 22 10/2003 Seite 48

Einladung / Ausschreibung

Theatertage Europäischer Kulturenfür Freie und Nichtprofessionelle Gruppen

vom 5.- 9. Mai 2004 in Paderborn (NRW)

Ziel ist die Präsentation verschiedenster Kulturen, der Vergleich, die Standortbestimmung, die Diskussiondarüber. Näheres und Bewerbung bis 30. November 2003 beiBund Deutscher Amateurtheater e.V. , Frau Stefanie Köpf, Steinheimer Str. 7/1, 89518 Heidenheim, T.07321 9 46 99-01, Fax 07321 4 83 41, e-mail: [email protected] , internet: www.bdat.info