theoretische grundlagen der … grundlagen der... · erwerben von fertigkeiten und aneignung von...

70
THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER VERHALTENSTHERAPIE (VT) Dr. med. Anke Mönnings

Upload: doantuyen

Post on 17-Sep-2018

215 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER

VERHALTENSTHERAPIE (VT)Dr. med. Anke Mönnings

St. Elisabeth-KrankenhausHattingen-Niederwenigern

Katholische Kliniken Ruhrhalbinsel

St. Josef Krankenhaus Essen-Kupferdreh

St. Josef Altenheim Essen-Kupferdreh

St. Elisabeth-Krankenhaus Essen

St. Marienhospital Mülheim a.d. Ruhr

Lernvorgänge:

Erwerben von Fertigkeiten und Aneignung von neuem Verhalten oder Verhalten verändern

Ziel von Psychotherapie kann sein:

Neues Verhalten zu erlernen oder bestehendes Verhalten zu verändern

(Lernprozeß der sich auf wissenschaftl. Evidenz und grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse des Lernens beziehen sollte (Eysenck 1964))

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

VT geht von der Annahme aus:

Der Mensch ist ein Wesen, das durch Erfahrungen geprägt und prägbar ist, d.h. viele menschl. Reaktionen sind

-gelernt -können gelernt werden -können verlernt werden

-können in Qualität und Quantität durch Lernen modifiziert werden

wichtige Lernprinzipien:

klassisches Konditionieren operantes Konditionieren

Modelllernen kognitives Probehandeln

Instruktion Üben

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

Merkmale der VT:

Menschenbild

ganzheitl. Personenmodell,

reflexives Subjekt mit internen Selbstregulationsprozessen und Fähigkeit zur Selbststeuerung

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

-Störungsmodell

-allgemeine Grundprinzipien:

-Problemorientierung (aktuelle Problembearbeitung, Förderung von Problemlösefähigkeit)

-Zielorientierung (nach Problemidentifikation gemeinsame explizite Zieldefinition)

-Handlungsorientierung (aktive Mitarbeit, Veränderung von Verhalten)

-Übertragbarkeit (am Modell erlernte Fähigkeiten im Alltagsleben anwenden)

-Bedingungsorientierung (vorausgehende, auslösende und aufrechterhaltend)

-Transparenz (für Pat. verständlich, nachvollziehbar)

-Arbeitsbündnis/Dienstleistungsverhältnis (gleichberechtigt, vertrauensvoll)

-“Hilfe zur Selbsthilfe“ (Generalisierung der Effekte ermöglichen)

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

-Methodologie:

-empirisch/experimentelles Wissenschaftsverständnis

-Überprüfbarkeit

-Beobachtbarkeit und Operationalisierbarkeit (messbar, z.B. Selbst- und Fremdbeurteilungsbögen)

-Verwendung objektiver, reliabler und valider Meßinstrumente

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

psychotherapeutische Anwendung ist

eine geplante Maßnahme

bei anerkannten Krankheitsbildern

mit zielgerichtetem Prozeß

durch spezifische Interventionen

unter Anwendung theoriegeleiteter Verfahren

durch ausgebildete Therapeuten

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

-Indikationsebenen

Fünf-K-Modell der Behandlungsziele (Linden, 1992)

Ebene Störungsbeispiel Behandlungsbeispiel

Kausal Phobie, Depression Expositionsverfahren, (ursächlich) kognitive Therapie (Beck)

kompensierend Schizophrenie Integrative PT (Brenner), (ausgleichend) Hyperkinetik Selbstinstruktionstraining

korsettierend geistige Behinderung, Token-Programme, (Stützend) Aggression, chron. Abh. Time-out

komplettierend D.M., Schmerzen Selfmanagement, (ergänzend) Schmerzimmunisierung

konvenierend Partnerschaftsstörung, Kommunikationstraining, (begleitend) Gesundheitsprävention Raucherentwöhnung

LERNTHEORETISCHE GRUNDLAGEN

VERHALTENSTHERAPIE

KONDITIONIERUNG KOGNITION

KLASSISCH OPERANT MODELL KOGNITIV

Modelle der VT

STÖRUNGSMODELLverhaltenstherapeutisches Modell medizinisches Modell

Problem Pat. kommt mit Beschwerden Symptom

Ist-/Soll- Leidensdruck Syndrom Diskrepanz

funktionale Bedingungen Ebenen Krankheitsdiagnose des Problems

Therapie Mittelbereitstellung Therapie

Problemlöseprozess

PROZEßMODELL NACH KANFER UND GRIMM (1981)

1. Rollenstrukturierung und Aufbau einer therapeutischen Beziehung

2. Verpflichtungen zu einer Veränderung Motivation und Vereinbarung einer Veränderung

3. Verhaltensanalyse

4. Vereinbarung von Behandlungsinhalten

5. Durchführung der Behandlung und Aufrechterhaltung der Motivation

6. Registrieren und Bewerten des Fortschrittes

7. Generalisierung und Beendigung des Treatments

KLASSISCHES KONDITIONIEREN

Die klassische Konditionierung ist eine Form des Lernens, bei der der Organismus eine neue Assoziation zwischen zwei Reizen (Stimuli) lernt – einem neutralen und einem, der bereits eine Reflexreaktion auslöst.

Als Ergebnis der Konditionierung löst der ehemals neutrale Reiz eine neue Reflexreaktion aus, die oftmals der ursprünglichen Reaktion ähnlich ist.

KLASSISCHES KONDITIONIEREN

PAWLOWS EXPERIMENT:

PAWLOW ließ immer unmittelbar vor der Futtergabe (UCR) an seine Hunde eine Glocke ertönen.

Bereits nach wenigen Versuchen war der Speichelfluss zur bedingten (konditionierten) Reaktion (CR) geworden

und somit der neutrale Glockenton zum bedingten (konditionierten) Reiz (CS).

KLASSISCHES KONDITIONIEREN

Älteste Lerntheorie, Speichelsekretions-Experimente (PAWLOW (1849 – 1936))

UCS=unkonditionierter Stimulus löst unbedingt eine Reaktion aus

UCR= unkonditionierte Reaktion unbedingt auf UCS folgende Reaktion

CS= Konditionierter Stimulus früher neutraler Reiz, der jetzige Signal- funktion durch Kopplung mit UCS erworben hat

CR= konditionierte Reaktion eine dem CR ähnliche Reaktion, die alleine durch den CS ausgelöst wird

KLASSISCHES KONDITIONIEREN

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Kontiguität:

Beide Reize (UCS und NS) müssen zeitlich dicht beieinander liegen.

Räumlich (im Zusammenhang) und zeitlich (kurz nacheinander) müssen der neutrale und der unbedingte Reiz mehrmals wiederholt auftreten (Gesetz der Kontinuität), um eine konditionierte Reaktion auszulösen.

Ein neutraler Reiz wird niemals zu einem konditionierten Reiz, wenn er zeitlich nach dem unkonditionierten Reiz auftritt.

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Verstärkung:

Die Koppelung von unkonditioniertem Stimulus (UCS) und neutralem Stimulus (NS) wird als Verstärkung bezeichnet.

Je häufiger diese Verstärkung auftritt, desto sicherer und stabiler ist die Bildung einer Assoziation zwischen den beiden Reizen.

Durch mehrmaliges Auftreten der Koppelung von NS und UCS, wird die konditionierte Reaktion / der konditionierte Reflex (CR) verstärkt.

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Signallernen:

Die klassische Konditionierung wird auch als Signallernen bezeichnet.

In Pawlows Versuch stellt die Glocke das Signal dar.

Der neutrale Stimulus stellt das Signal dar, welches erlernt wurde.

Signallernen impliziert das Erlernen von Signalen.

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Reizgeneralisierung:

Ausdehnung der gelernten Assoziation auf neue, ähnliche Reize.

Nach einer erfolgreichen Konditionierung reagiert der Pawlow'sche Hund auf den Glockenton mit erhöhter Speichelproduktion.

Wenn der Glockenton nun einen helleren Klang hat, und der Hund dennoch in gleicher Weise reagiert, wurde der Reiz generalisiert.

Ein ähnlicher Reiz löst also die gleiche Reaktion aus.

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Reizdifferenzierung/-diskrimination/Diskriminationslernen:

Im täglichen Leben ist man permanent unterschiedlichen Umweltreizen ausgesetzt. Viele dieser Reize sind sich sehr ähnlich, haben aber eine völlig unterschiedliche erlernte Bedeutung.

Differenzierung (oder Diskrimination) bedeutet, dass zwei ähnliche Reize verschiedene Reaktionen auslösen.

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Habituation/Gewöhnung:

Unter Habituation versteht man die Gewöhnung an einen Reiz.

Wenn ein Reiz zu oft oder zu regelmäßig dargeboten wird, kommt es zu einer Gewöhnung an diesen Reiz.

Der Reiz wird ausgeblendet und weniger bzw. gar nicht mehr beachtet.

Als Resultat auf diese Gewöhnung verringert sich die Bereitschaft auf einen habituierten Reiz zu reagieren.

KLASSISCHES KONDITIONIERENMerkmale der klassischen Konditionierung:

Konditionieren zweiter Ordnung/höherer Ordnung:

Eine Konditionierung erfolgt nicht über eine natürliche Reiz-Reaktion (z.B. Futter/Speichelfluss), sondern über einen konditionierten Reiz.

Bei der Konditionierung zweiter / höherer Ordnung wird der UCS durch einen CS ersetzt:

NS + CS -> UCR Nach wiederholter Darbietung: CS -> CR

Ein NS wird zum konditionierten Stimulus, indem der NS mit einem zuvor konditionierten Stimulus gepaart wird.

KLASSISCHES KONDITIONIERENBeispiel nach Pawlow´schen Versuch:

NS (Teller fällt) + CS (Glockenton) UCR (Speichelproduktion) nach wiederholter Darbietung: CS (Teller fällt) CR (Speichelproduktion)

Die Konditionierung zweiter / höherer Ordnung beinhaltet den Vorteil, dass man bei der Konditionierung nicht mehr ausschließlich auf biologisch relevante Reize angewiesen ist.

OPERANTES KONDITIONIEREN

Ratte 1 bekam Futter, wenn sie den Hebel betätigte

Ratte 2 konnte durch das Betätigen des Hebels Strom abschalten, der durch das Bodengitter (siehe Grafik) floss

Ratte 3 erhielt einen Stromschlag, wenn sie den Hebel betätigte. 

Skinner nannte diesen Lerneffekt: „Lernen durch Verstärkung“ oder auch „Lernen am Erfolg“: das Verhalten (z.B. Strom des Käfigbodens abschalten) befriedigt das Bedürfnis und verstärkt das Verhalten.

OPERANTES KONDITIONIEREN

Konsequenzen eines Verhaltens beeinflussen dessen zukünftiges Auftreten

B.F. Skinner (1930), Experimente mit Skinnerbox

Operantes Lernen wird auch als instrumentelles Lernen bezeichnet

Man setzt sein eigenes Verhalten wie ein Instrument ein, um eine gewünschte Verhaltenskonsequenz (wieder) zu erlangen. Das Instrument dient also als Mittel zu Befriedigung.

-kein homogenes Prinzip: Verhalten kann von positiven oder negativen Konsequenzen gefolgt sein

OPERANTES KONDITIONIEREN

-Beeinflussung eines gezeigten Verhaltens durch ein Resultat auf dieses Verhalten wird durch nichts bedingt/ausgelöst ("spontan") -Operation durch eine Handlung in der Umwelt

-Aufgrund der Auswirkungen auf diese Handlung verändert sich das Verhalten

Verhalten, das sich als günstig oder angemessen erweist, wird wieder gezeigt und aufgrund von Verstärkungen ins Verhaltensrepertoire eines Individuums aufgenommen

OPERANTES KONDITIONIEREN

VERHALTENSGLEICHUNG NACH KANFER

Das SORKC-Modell ist eine Erweiterung des operanten Konditionierens

(S: Stimulus → R: Reaktion → C: Konsequenz) nach B. F. Skinner

von F. Kanfer um die kognitiven Elemente O (Organismus) und K (Kontingenz) erweitert

vorausgehend nachfolgend

S---------------------O--------------------R--------------------K------------------C

STIMULUS ORGANISMUSVARIABLE REAKTION KONTINGENZ KONSEQUENZ

OPERANTES KONDITIONIEREN

Zusammenfassendes Modell

Lerngeschichte alte Lerninhalte/Konflikte Konditionierungen etc. Makro-Ebene

Persönliche Variablen und Erwartungen, Denkstile,Pläne, Einstellungen automatische Gedanken etc. Übergeordnete Funktionen intraindividuell/interaktionell _______________________________________________________________ Mikro-Ebene

P + - S--------O--------R--------K-------C / + E

E: Erwartung (Regeln, Plänen), Bartling 1980 P: persönliche Variable zur Lerngeschichte, Sulz 1991

OPERANTES KONDITIONIEREN

Verstärkerpläne: Verhalten kann von pos. oder neg. Konsequenzen gefolgt sein.

Unterbleiben einer negativen Konsequenz gehört zur positiven Konsequenz Unterbleiben einer positiven Konsequenz gehört zur negativen Konsequenz

pos. und neg. können auch gemischt auftreten zeitl. unterschiedliche Charakteristika: kurz- und langfristige Konsequenzen

OPERANTES KONDITIONIEREN

OPERANTES KONDITIONIERENBeziehung zw. Verhalten und Konsequenz:

regelmäßig, intermittierend, intervallär, stochastisch (zufällig)

unterschiedliche Verstärkerpläne haben unterschiedl. Konsequenzen für das weitere Verhalten

Verstärkerpläne

kontinuierlich intermittierend

Quotenplan Intervallplan

fixiert variabel fixiert variabel

OPERANTES KONDITIONIERENQuotenpläne und Intervallpläne

Oft ist es nicht möglich, jedes Verhalten zu verstärken

Intermittierende Verstärkung führt zu mehr Verhalten bzw. zu stabilerem (extinktionsresistenterem) Verhalten

OPERANTES KONDITIONIEREN

Quotenpläne:

Das Verhalten wird nur jedes n-te mal verstärkt, und zwar Genau jedes n-te mal: fester Quotenplan (fixed ratio schedule)

Ungefähr jedes n-te mal: variabler Quotenplan (variable ratio

schedule)

OPERANTES KONDITIONIEREN

Intervallpläne:

Verhalten wird bsp. nur alle 2 Minuten verstärkt und zwar genau alle 2 Minuten: fester Intervallplan (fixed interval schedule)

ungefähr alle 2 Minuten: variabler Intervallplan (variable interval

schedule)

OPERANTES KONDITIONIEREN

Quotenpläne führen zu viel Verhalten und Intervallpläne zu weniger

Feste Pläne führen zu schubweisem V. mit Pausen nach der Verstärkergabe

Variable Pläne zu gleichförmigen Verhalten

OPERANTES KONDITIONIERENRatsam für die Praxis:

Beginn oft mit stetiger Verstärkung (100%) und Übergang zu intermittierender (immer seltener und unregelmäßiger) Verstärkung (Grund: schnelles Lernen/ Langsames Extingieren)

Vorzüge und Gefahren der intermittierende Verstärkung liegen in der Extinktionsresistenz („besonders gutes Lernen“) ̨

Es ist besonders schwer, Extinktion im Alltag durchzuhalten und es ist besonders gefährlich.

OPERANTES KONDITIONIERENVerstärkerarten

primäre: Nahrung, Sexualität (schnell wirksam, begrenzt einsetzbar wegen schneller Sättigung, Wunsch danach oder Mangel muss vorliegen)

sekundäre:

konkrete generalisierte

materielle Verstärker

-Spielsachen -Einzelzimmer

-Geschenke -Dienstwagen

soziale Verstärker

-Lob -Orden, Urkunde

-Anerkennung -soziales Prestige

-Beifall -Verantwortung

-ein Lächeln

Handlungsverstärker

-Lesen, Basteln -leiten, führen

-TV, Musik hören -delegieren, Macht ausüben

Konkrete sek. Verstärker haben eine geringere

Langzeitwirkung als generalisierte sek. Verstärker auf ein

Verhalten

Verstärkerwert eines sek. Verhaltens:

Notwendigkeit, dass dieser Verstärker einen internal empfundenen Wert

für die jeweilige Person besitzt

OPERANTES KONDITIONIEREN

Verstärkung von Vermeidungsverhalten: Besondere Relevanz für die Erklärung von psych. Erkrankungen:

Verstärkerpläne, die dazu führen, dass eine Verhaltensfrequenz progredient zunimmt, so dass eine inhibitorische Rückkopplung fehlt

Verhalten, das unter negativer Verstärkung steht -> ein aversiver Zustand nachlässt -> auf diskriminative Hinweisreize, die als präventives Warnsignal verstanden werden -> präventivem Vermeidungsverhalten (ein antizipatorisch ausgelöster aversiver Zustand lässt kurzfristig nach)

-> diskriminative Hinweisreize werden immer früher verhaltenswirksam

OPERANTES KONDITIONIEREN

Syndrom der Hilflosigkeit („erlernte Hilflosigkeit“):

weiteres Bsp. für einen speziellen Verstärkerplan (Seligman 1975)

Aversive Stimulierung tritt verhaltensunabhängig und stochastisch auf

-> zunächst frustranes Flucht- und Kampfverhalten

-> Einstellung aller Abwehrversuche

-> Unfähigkeit effiziente Strategien neu zu lernen

Ist ein Modell, um Depressionen zu erklären

OPERANTES KONDITIONIEREN

Lebensumstände verleiten eine Person dazu, persönliche Entscheidungen als irrelevant wahrzunehmen

Umgebungen, in denen Personen Ereignisse erleben, bei denen sie sich hilflos fühlen oder tatsächlich hilflos sind: Wiederholtes Versagen, Mobbing,

Behinderung, miterlebte Todesfälle, Gefängnis, Krieg, Obdachlosigkeit, Hungersnot und Dürre...

Weitere Beispiele sind Gefangene von Konzentrationslagern oder Arbeitslagern

Moderne Beispiele sind u. a. psychiatrische Anstalten und Pflegeheime, in denen die Patienten lange Zeit handlungsunfähig waren

OPERANTES KONDITIONIEREN

Nicht alle Individuen reagieren mit Depression auf eine Situation der Hilflosigkeit

Bestimmter Attributionsstil von Personen:

-persönlich: Sie sehen in sich selbst das Problem und nicht in den äußeren Umständen

-generell: Sie sehen das Problem als allgegenwärtig und nicht auf bestimmte Situationen begrenzt

-permanent: Sie sehen das Problem als unveränderlich und nicht als vorübergehend

OPERANTES KONDITIONIEREN

Shaping: (Ausformung) -vom 1. Lernschritt ausgehend wird über hintereinander folgende kleinere Lernschritte das Verhalten bis zum Zielverhalten eingeübt

Chaining: (Verkettung) -umgekehrt wie shaping, Verhaltensaufbau „von oben nach unten“. Nach Zerlegung einer komplexeren Verhaltensweise in einzelne Lernschritte wird das letzte Endglied der Verhaltenskette, also das Zielverhalten, verstärkt.

Prompting: -Aufmerksamkeit des Lernenden durch eine Hilfestellung des Lehrenden auf das gewünscht Verhalten lenken.

Fading (out) (Ausblendung): -Ausblenden von Reizen o. Hilfestellungen, die das Erlernen eines Verhaltens erleichtert haben.

OPERANTE VERFAHREN

Methoden zur Erhöhung der Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens

Stimuluskontrolle

-Kontrolle der diskriminativen Stimuli (Schlüsselreize, die die Wahrscheinlichkeit unerwünschten Verhaltens erhöhen)

-zielt ab auf eine Erleichterung der Verhaltensänderung durch Reduktion o. Beseitigung von verhaltensauslösenden Bedingungen/Hinweisreize ab

> Stimulusbeseitigung, Stimuluseingrenzung, Verhaltensisolierung Verhaltenserschwerung

Lernen über positive Verstärkung ist therapeutisch dem der negativen Verstärkung vorzuziehen

OPERANTE VERFAHREN

Wirksamkeit von positiver Verstärkung:

-eine dem Schwierigkeitsgrad des Lernschrittes angemessene Relevanz für das lernende Individuum

-Verhältnis der frequenzabhängigen Kontingenz zw. Verhalten und Verstärker anfänglich kontinuierlich, nachher intermittierend (löschungsresistenter)

-zeitl. Zusammenhang zw. Verhalten und Verstärker anfänglich eng und später ausgedehnter

OPERANTE VERFAHREN

Wirksamkeit von positiver Verstärkung:

-Variabilität und Flexibilität der Verstärker erhöht deren Attraktivität und Verstärkereffizienz

-Verstärkerart (je nach Lebenssituation) von konkreten materiellen Verstärkern ausgehend und zu eher generalisierten Verstärkern wechselnd

-für den Einsatz von sek. Verstärkern muss überprüft werden, ob in der speziellen Lebenssituation des Lernenden ein bestimmter Verstärker überhaupt einen entsprechenden Wert hat (Verhaltensanalyse/Verstärkerlisten)

OPERANTE VERFAHREN

Methoden zur Aufrechterhaltung eines Verhaltens Fading (out) -Ausblenden therapeutischer Hilfestellungen Verstärkerpläne -konkretes Verhalten wird am besten über einen intermittierenden Verstärkerplan aufrecht erhalten (variabler Intervallplan ist fixiertem Quotenverstärkerplan überlegen)

Umgebungsveränderung -Störungen werden durch Diskrepanz zw. den Fertigkeiten eines Individuums und seiner Umgebungsstruktur erzeugt und aufrechterhalten, so dass ohne Veränderung der Umgebungsstruktur manchmal eine Aufrechterhaltung therapeutisch erreichbarer Veränderungen nicht mögl. ist Selbstkontrolle -Übernahme der Kontrolle des eigenen Verhaltens und seiner Steuerung -“sein eigener Therapeut werden“ -Übertragung von am modellhaft erlerntem Verhalten auf andere Problembereiche/Situationen

OPERANTE VERFAHREN

Methoden zum Abbau eines Verhaltens

Direkte Bestrafung:

-auf eine abzubauendes Verhalten folgt ein aversiver Reiz

-führt nur zur kurzzeitigen Unterdrückung eines Verhaltens

-keine neues Verhalten (Alternativverhalten) wird gelernt

-allenfalls bei Versagen oder Nichtanwendbarkeit anderer Methoden spielt direkte Bestrafung therapeutisch eine Rolle

OPERANTE VERFAHREN

Indirekte Bestrafung:

-Löschung: Wegnahme der aufrechterhaltenden Verstärker von bisherigem Problemverhalten

-Response-cost: Vorher erworbene generalisierte Verstärker für das Auftreten eines Problemverhaltens werden entzogen. Problemverhalten kostet also etwas, was man vorher verdient hat. (Gegensatz zu Token-Programm)

-Time-out-Verfahren: Kommt zur Anwendung, wenn nicht alle aufrechterhaltenden Verstärker identifizierbar/verhinderbar sind Alle potentiellen Verstärker werden schlagartig unerreichbar gemacht. Verbringen an einen neutralen Ort, von dem angenommen werden kann, dass die Verstärkerbedingungen nicht vorhanden sind

OPERANTE VERFAHREN

Kontingenzmanagement: Kombination verschiedener operanter Verfahren

Mediatorentraining:

Problem: Verhaltensweisen und Konsequenzen sind weder durch Therapeuten noch durch Pat. (mangelnde Selbstkontrollfertigkeiten) zu beeinflussen

Einbindung anderer Personen in den Therapieprozeß (Co-Therapeuten-Tätigkeit), oft höhere Verstärkerwirksamkeit

OPERANTE VERFAHREN

Verhaltensverträge:

Schriftlich fixierte Abmachungen zw. Interaktionspartnern Gewünschte Verhaltensweisen/Bedingungen und dafür erhältliche Verstärker werden festgelegt Konsequenzen für Nichteinhaltung der Zielverhaltensweisen, Laufzeit des Vertrages Abzielen auf erhöhte Eigenverantwortlichkeit/Selbstkontrolle des Pat.

Token-Economy (Münz-Eintauschsystem):

token = sek. gen. Verstärker, für den andere Verstärker eingetauscht werden können > eine o. mehrere Zielverhaltensweisen zu verstärken

OPERANTE VERFAHREN

MODELLLERNEN

Lernen am Modell (oder auch Modell-Lernen) bezeichnet jene Lernvorgänge, die auf der Beobachtung des Verhaltens von menschlichen Vorbildern beruhen.

Die tatsächliche Anwesenheit dieser Vorbilder (Modelle) ist dabei von untergeordneter Bedeutung.

Es gibt mehrere Lerntheorien des „Lernens am Modell“.

Im deutschsprachigen Raum am weitesten verbreitet ist die Sozialkognitive Lerntheorie von Albert Bandura (1963).

MODELLLERNEN

Im Vergleich zur klassischen und zur operanten Konditionierung kommt dem Lernenden beim Modell-Lernen eine aktivere Rolle zu.

Der Mensch lernt von Vorbildern und ahmt ihr Verhalten nach, wenn es denn zu den gewünschten Folgen führt.

Formen des Modelllernens

Aufbau neuer Verhaltensweisen: Verhaltensweisen, die sich nicht im Repertoire der Person befinden, werden

erlernt

Modifikation bestehender Verhaltensweisen: Hemmung/Enthemmung bei negativen/positiven Verhaltenskonsequenzen

Schaffung diskriminativer Hinweisreize: Modellverhalten als Hinweisreiz, der Auftreten bereits erlernten Verhaltens

erleichtert

MODELLLERNEN

Nicht nur Personen, sondern auch Medien aller Art haben Wirkung auf uns.

Zusätzlich kann es hierbei auch zu hemmenden Wirkungen kommen, z.B. wenn uns das Verhalten anderer missfällt und wir auf keinen Fall so agieren möchten.

> Nullwirkung

MODELLLERNEN

Voraussetzungen für Modelllernen

Damit Lernen durch Beobachtung überhaupt stattfinden kann, müssen beim Individuum vier Prozesse ablaufen:

1: Aufmerksamkeitsprozesse (damit das Gesehene überhaupt aufgenommen werden kann)

2: Gedächtnisprozesse (damit sich das Gesehene in einer Gedächtnisspur niederschlägt und sich später daran erinnert werden

kann)

3: Motorische Reproduktionsprozesse: (das Beobachtete zeigt sich in einer Handlung)

4: Motivations- und Verstärkungsprozesse: (Handlung tritt erst ein, wenn das Individuum entsprechend motiviert ist)

MODELLLERNEN

KOGNITIVES LERNEN

Kernstück aller kognitiven Modelle

Verhalten kann erworben und eingeübt werden durch die Vorstellung von Verhaltenssequenzen in Gedanken

KOGNITIVES LERNEN

planendes Denken

bildhafte Vergegenwärtigung einer Verhaltenssituation

Situations- und Verhaltensdeterminanten können zugleich entfernt oder hinzugefügt und Verhaltensalternativen

durchgespielt werden

KOGNITIVES LERNEN

entscheidend:

vegetative und emotionale Begleitreaktionen z. T. wirksamer sind als die tatsächlichen Stimuli

(Bridger/Mandel 1964, Meichenbaum 1979)

> Identifikation von Determinanten pathologischen Verhaltens > Einüben von kompetenterem und funktionalerem Verhalten

(Relevanz für Therapie von Angsterkrankungen und Depression)

KOGNITIVES LERNEN

KOGNITIVES LERNENLernen durch Einsicht = kognitives Lernen

Aneignung oder Umstrukturierung von Wissen, das auf Nutzung der kognitiven Fähigkeiten beruht (wahrnehmen, vorstellen usw.)

Einsicht bedeutet hierbei das Erkennen und Verstehen eines Sachverhaltes, das Erfassen der Ursache-Wirkung-Zusammenhänge, des Sinns und der Bedeutung einer Situation

> ermöglicht zielgerechtes Verhalten und ist meistens erkennbar an einer Änderung desselben

Das aus einsichtigem Lernen resultierende Verhalten ist nahezu fehlerfrei.

KOGNITIVES LERNEN

Sechs Phasen des Lernens durch Einsicht (Wolfgang Köhler und Max Wertheimer)

1: Auftauchen des Problems

2: Probierverhalten

3: Umstrukturierung

4: Einsicht und Lösung ("Aha-Erlebnis")

5: Anwendung

6: Übertragung

ÜBEN UND LERNEN DURCH INSTRUKTION

explizite Lernverfahren (wie z. B. Vokabeln lernen)

Definition explizites Lernen: Bewusstes direktes Lernen, das sich sowohl im Verhalten als auch verbal abbildet.

Merkmale von explizitem Lernen: • bewusst • mit Absicht • verbalisierbar

viele Wiederholungen werden benötigt dominierende Lernform in der Schule („Lernen an sich“ für viele Menschen)

NACHGEORDNETE BEDEUTUNG FÜR KLINISCHE PHÄNOMENE

ÜBEN UND LERNEN DURCH INSTRUKTION

IMPLIZITES LERNEN

Definition:

„Lernen in Situationen, in denen die Person Strukturen einer relativ komplexen Reizumgebung lernt, ohne dies notwendigerweise zu beabsichtigen, und in einer Weise, dass das resultierende Wissen schwer zu verbalisieren ist.“

(Iring Koch)

Merkmale von implizitem Lernen:

• ohne Kapazitätsbegrenzung

• unbewusst

• beiläufig

• weniger von Aufmerksamkeitsfaktoren abhängig

IMPLIZITES LERNEN

Unbewusste oder spielerische Aneignung von Fertigkeiten und Wissen beim Ausüben einer Tätigkeit

Kinder: eine Sprache oder soziales Verhalten.

Im fortgeschrittenen Alter: vor allem motorische Fertigkeiten wie Radfahren oder prozedurale Fertigkeiten wie das Führen von Kundengesprächen

Allgemein kann man sagen, dass Fertigkeiten meist implizit und Fakten meist explizit erlernt werden.

IMPLIZITES LERNEN

Auf Mustervergleichen basierendes Wissen wird größtenteils implizit erlernt, selbst wenn man es teilweise anhand expliziter Formeln erklären könnte.

> Bsp. dafür: Das Erkennen von Gesichtern oder das Beurteilen von komplexen Situationen

Die wahrscheinlich erste Erwähnung von implizitem Lernen erfolgte durch Arthur S. Reber (1967)

IMPLIZITES LERNEN

Verhaltenstherapie: Grundlagen - Methoden - Anwendungen Anil Batra, Gerhard Buchkremer, Reinhard Wassmann

Erscheinungsdatum 21.11.2012