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THEORIEDESIDERATA DER FRIEDENS- UND KONFLIKTFORSCHUNG IM LICHT DER NEUEN SICHERHEITSPOLITISCHEN HERAUSFORDERUNGEN 18.11 2004 Prof. Dr. Dr.h.c. Reinhard Meyers

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THEORIEDESIDERATA DER FRIEDENS- UND

KONFLIKTFORSCHUNG IM LICHT DER NEUEN

SICHERHEITSPOLITISCHEN

HERAUSFORDERUNGEN

THEORIEDESIDERATA DER FRIEDENS- UND

KONFLIKTFORSCHUNG IM LICHT DER NEUEN

SICHERHEITSPOLITISCHEN

HERAUSFORDERUNGEN

18.11 2004

Prof. Dr. Dr.h.c. Reinhard Meyers

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Definitionen weitgehend defizitär

zunehmende Komplexität und Diffusion von Bedrohungspotentialen :

Neue Kriege, Entstaatlichung/Vergesellschaftung/Privatisierung

von militärischer Gewaltanwendung, Aushöhlung des

Kombattantenstatus, PMCs und Kommerzialisierung der

Kriegführung

Terrorismus, international organisierte Kriminalität,

Ausbildung von Kriegs-/Bürgerkriegsökonomien als reine

Mehrwertvernichter, Antistabilisierungsinteressen der Kriegs-

profiteure, War Lords usw.

NEUE KONFLIKTSZENARIENNEUE KONFLIKTSZENARIEN

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Proliferation von Massenvernichtungswaffen, insbes. ballistischer

Nuklearsprengköpfe und biologischer/ chemischer Kriegsmittel

Ausbreitung von Zonen der Unregierbarkeit, Failing States

Überbevölkerungs- und Migrationsprobleme, Land-Stadt-

Wanderung von Konfliktarenen, Massenepidemien

humanitär-interventionistische Komplexe [??]

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Konsequenzen der Globalisierung für (nicht mehr) gelingende

sozialstaatliche Daseinsvorsorge, zunehmende weltweite Verteilungs-

ungerechtigkeit usw.

Verlagerung des Krisen-/Konfliktgeschehens aus den

abschreckungsgestützten Stabilitätszonen des Kalten Krieges an die

Peripherien geostrategischer Gravitationszentren

Bearbeitung/Bekämpfung von Konflikttypen der Zukunft mit Kon-

zepten und Waffen, Mitteln und „Man“- Power der Vergangenheit ??

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DIE AUFLÖSUNG DES KLASSISCHEN KRIEGSBILDES

KRIEG

zentrale politische Kontrolle durch legitimierte

Entscheidungsträger

Auseinandersetzung zwischen militärischen

Großverbänden

Primat der Politik

Prinzip von Befehl und Gehorsam Zentrale Gesamtleitung nach rationalen strategischen Prinzipien

Wendung des staatlichen Gewaltmonopols nach außen

Fortsetzung des politischen (Staaten-) Verkehrs unter

Einmischung anderer Mittel

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DIE AUFLÖSUNG DES KLASSISCHEN KRIEGSBILDES

Aufhebung der zentralen politischen Kontrolle und rationalen

strategischen Gesamtleitung

Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Volksgruppen,

Milizen, Privatarmeen, Partisanverbänden,

marodierenden Gangs und Banden unabhängig

operierender Heckenschützen

Primat der (ethno-nationalen)

Gruppeninteressen

Aufhebung des Prinzips von Befehl und Gehorsam

Aufhebung der Trennung von

Kampfzone und (sicherem) Hinterland

Wendung militärischer Gewaltanwendung in die Innensphäre zerfallender

einzelstaatlicher Subjekte

Zweck: innergesellschaftlicher Machterhalt von Interessengruppen, Clans

Warlords; Sicherung von Beute schnellem Profit und persönlichen Abhängigkeiten;

Identitätsstiftung zur Herrschaftssicherung

Chaotisierung der Kriegführung oder Anarchie ?

Asymmetrisierung der Kriegführung

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bedeutet im alltäglichen Verständnis die Abwesenheit von Krieg. Die

Friedens- und Konfliktforschung fasst den Begriff jedoch weiter. Sie

unterscheidet zwischen dem negativen Frieden als der Abwesenheit

direkter, personaler, durch ein Subjekt - Objekt - Verhältnis

gekennzeichneter Gewaltanwendung und dem positiven Frieden als der

Abwesenheit indirekter, struktureller, d. h. in politischen,

ökonomischen oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelnder

Gewalt. In strukturellen Gewaltverhältnissen lassen sich zwar noch die

Objekte, in aller Regel aber nicht mehr die (Einzel-) Subjekte der

Gewaltausübung konkret benennen; Gewalt - als Macht der

gesellschaftlichen Verhältnisse - zeigt sich in Abhängigkeit,

Unterdrückung, Ausbeutung.

bedeutet im alltäglichen Verständnis die Abwesenheit von Krieg. Die

Friedens- und Konfliktforschung fasst den Begriff jedoch weiter. Sie

unterscheidet zwischen dem negativen Frieden als der Abwesenheit

direkter, personaler, durch ein Subjekt - Objekt - Verhältnis

gekennzeichneter Gewaltanwendung und dem positiven Frieden als der

Abwesenheit indirekter, struktureller, d. h. in politischen,

ökonomischen oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelnder

Gewalt. In strukturellen Gewaltverhältnissen lassen sich zwar noch die

Objekte, in aller Regel aber nicht mehr die (Einzel-) Subjekte der

Gewaltausübung konkret benennen; Gewalt - als Macht der

gesellschaftlichen Verhältnisse - zeigt sich in Abhängigkeit,

Unterdrückung, Ausbeutung.

Frieden

Frieden

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Die erweiterten Begriffe von Gewalt und Frieden nach Galtung

GEWALTGEWALT

FRIEDEN FRIEDEN

personale (direkte)

Abwesenheit von personaler Gewalt oder negativer Frieden

strukturelle (indirekte)

Abwesenheit von struktureller Gewalt oder positiver Frieden

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Der Friedensbegriff - eine Dauerbaustelle -

Das Kennzeichen beider Friedensbegriffe ist zunächst ihre Orientierung auf

einen politisch-gesellschaftlichen (Ideal-) Zustand, der - ähnlich wie der Begriff

der Gesundheit in der Medizin - durch das Nichtvorhandensein wie auch immer

im einzelnen definierter Störfaktoren beschrieben wird. Über diese Störfaktoren

- etwa Gewalt, Not, Unfreiheit - lässt sich in Politik wie Wissenschaft Konsens

relativ einfach herstellen.

Die positiv - inhaltliche Definition dessen, was den (Ideal-) Zustand des

Friedens ausmacht, trifft hingegen auf erhebliche Schwierigkeiten. Sie hängt ab

von den moralisch-ethischen Grundannahmen und Normen, von den

gesellschaftlichen und politischen Wertvorstellungen des Einzelnen oder der

Gruppe, die sich mit dem Inhalt des Friedensbegriffs jeweils

auseinandersetzen. Folglich gibt es im Prinzip so viele positiv-inhaltliche

Umschreibungen von Frieden, wie es Gesellschafts- und Politikmodelle,

Weltanschauungen, Glaubensbekenntnisse gibt.

Das Kennzeichen beider Friedensbegriffe ist zunächst ihre Orientierung auf

einen politisch-gesellschaftlichen (Ideal-) Zustand, der - ähnlich wie der Begriff

der Gesundheit in der Medizin - durch das Nichtvorhandensein wie auch immer

im einzelnen definierter Störfaktoren beschrieben wird. Über diese Störfaktoren

- etwa Gewalt, Not, Unfreiheit - lässt sich in Politik wie Wissenschaft Konsens

relativ einfach herstellen.

Die positiv - inhaltliche Definition dessen, was den (Ideal-) Zustand des

Friedens ausmacht, trifft hingegen auf erhebliche Schwierigkeiten. Sie hängt ab

von den moralisch-ethischen Grundannahmen und Normen, von den

gesellschaftlichen und politischen Wertvorstellungen des Einzelnen oder der

Gruppe, die sich mit dem Inhalt des Friedensbegriffs jeweils

auseinandersetzen. Folglich gibt es im Prinzip so viele positiv-inhaltliche

Umschreibungen von Frieden, wie es Gesellschafts- und Politikmodelle,

Weltanschauungen, Glaubensbekenntnisse gibt.

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Gleichwohl lassen sich idealtypisierend - vereinfachend in der

Entwicklung des Friedensgedankens zwei Argumentationsstränge

herausschälen.

Friede wird entweder begriffen als kosmisches Ordnungsprinzip, als

überhistorischer, gleichsam konzentrierter Ausdruck einer Weltordnung.

Diese findet ihren letzten Flucht- und Legitimationspunkt erst in Gott,

dann als Folge der Säkularisation des politischen Denkens nach der

Reformationszeit in der allen Menschen natürlich gegebenen Vernunft.

Oder Friede wird begriffen als Ausdruck der menschlichen

Willensüberzeugung, als ein rational begründbares politisches

Kulturprodukt. Dieses bedarf der ausdrücklichen Stiftung durch ver-

tragliche Vereinbarungen (Landfriedenseinungen, Gesellschaftsvertrag)

ebenso wie des Schutzes durch die öffentliche Gewalt.

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Mit dieser dualen Argumentationsstruktur verbunden ist die Frage nach

dem Verhältnis von Frieden und Gerechtigkeit, pax und iustitia: Entweder

ist die Gerechtigkeit dem Frieden vorgeordnet, gilt Friede als ihre

naturwüchsige Frucht. Oder die gesellschaftlich-politische

Friedensordnung ist durch die Herrschaft der öffentlichen Gewalt erst

herzustellen und zu sichern. Dann ist die Gerechtigkeit als

Legitimationsprinzip einer gegebenen gesellschaftlichen Ordnung, die

jedem das Seine zuteilt, dem Frieden nachgeordnet, auch ohne Frieden

nicht zu verwirklichen.

Schließlich: im Kontext des ersten Argumentationszuges erscheint der

Krieg als Unterbrechung, als Störung des naturwüchsigen Friedens. In

der zweiten Traditionslinie ist der Krieg - Folge menschlichen Verfehlens

und sündhafter Willensfreiheit - gleichsam der inner- und

zwischengesellschaftliche Normalzustand. Friede ist Nicht-Krieg.

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Friede als natürlicher Zustand Gestifteter Friede als KulturproduktPAX als kosmisches

OrdnungsprinzipPAX als kosmisches

Ordnungsprinzip

Friede resultiert aus Teilhabe an der Gnade Gottes: pax christiana

universalis perpetua mit deutlich eschatologischem Charakter

Friede resultiert aus Teilhabe an der Gnade Gottes: pax christiana

universalis perpetua mit deutlich eschatologischem Charakter

PAX SPIRITUALIS

Pax et justitia als gesell-

schaftliches Ordnungsprinzip

Pax et justitia als gesell-

schaftliches Ordnungsprinzip

Friede als Nichtstörung der Rechtsordnung, Waffenruhe in der

Fehde (tranquillitas pacis) oder Befriedung besonderer

Rechtsbezirke (securitas pacis)

Friede als Nichtstörung der Rechtsordnung, Waffenruhe in der

Fehde (tranquillitas pacis) oder Befriedung besonderer

Rechtsbezirke (securitas pacis)

PAX CIVILIS

Säkularisierung : Emanzipation der Politik von der Ethik

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Friede als natürlicher vorgesellschaftsvertragliche

r Zustand

BELLUM RUPTURA PACIS BELLUM RUPTURA PACIS

rationalistisch-naturrechtliche Begründung aus der

Vernunftbegabung des Menschen

rationalistisch-naturrechtliche Begründung aus der

Vernunftbegabung des Menschen

Friede als Ergebnis des gesellschaftsvertraglich

begründeten Gewaltmonopols des Staates; pax civilis effectiva als innere und

Rechtssicherheit

PAX ABSENTIA BELLI PAX ABSENTIA BELLI

gesellschaftsvertragliche Stiftung

gesellschaftsvertragliche Stiftung

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Schon diese unterschiedlichen Positionen in der dualen

Argumentationskette zeigen, dass es eine geschichtliche

Epochen übergreifende, vom jeweiligen ethisch - normativen

und / oder politisch-philosophischen Kontext losgelöste

Allgemeindefinition von Frieden nicht gibt. Wenn überhaupt,

lässt sich der Positivgehalt von Frieden nur im Rückgriff auf

ein je bestimmtes Politik- und Gesellschaftsverständnis

festlegen. Statt allgemeinverbindlich, wird der Begriff Frieden

damit notwendigerweise politisch, fordert den Benutzer zur

Überprüfung der eigenen Position, zu Zustimmung oder

Ablehnung heraus.

Schon diese unterschiedlichen Positionen in der dualen

Argumentationskette zeigen, dass es eine geschichtliche

Epochen übergreifende, vom jeweiligen ethisch - normativen

und / oder politisch-philosophischen Kontext losgelöste

Allgemeindefinition von Frieden nicht gibt. Wenn überhaupt,

lässt sich der Positivgehalt von Frieden nur im Rückgriff auf

ein je bestimmtes Politik- und Gesellschaftsverständnis

festlegen. Statt allgemeinverbindlich, wird der Begriff Frieden

damit notwendigerweise politisch, fordert den Benutzer zur

Überprüfung der eigenen Position, zu Zustimmung oder

Ablehnung heraus.

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Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden I

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden I

Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

Mittelalter Individualisiert Fehde, Ritterlicher Zweikampf

Lehnswesen, Feudalsystem Herrschaft im

Personen-verband

Grundherr-schaft,

Fernhandel, Zunft- und

Verlagswesen

Gottesfrieden, Landfrieden (als

personale, temporale, regionale

Exemptionen)

Renaissance Kommerzia-lisiert

Söldnerheere, Schusswaffen

Radizierung von

Herrschaft im Prozess der Territoriums-

bildung

Frühkapitalis-mus,

Mittelmeer- und

Orienthandel

Ausbildung eines verbindlichen

Rechtssystems im Innern und

Einschränkung des ius ad bellum im

Aussenverhältnis

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Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

Neuzeit Etatisiert, systematisiert

Übergang zu stehenden

Heeren, Einheitlichkeit

von Uniformierung

und Ausbildung

Territorial-staat,

Ständestaat

Manufaktur, Entdeckungen, ÜberseehandelKolonialismus

Zivilisierung des Krieges durch

Kodifizierung und Einhegung des

ius in bello

Absolutismus Bürokratisiert Staatsheere und (dynastische)

Kabinettskriege

Anstaltlich-bürokratisch

verfasster Flächenstaat

Steigerung der staatlichen Wirtschafts- (und Militär-) Potenz durch

Merkantilismus

Rechtsstaat als Überwindung despotischer

Regierungsformen; Freihandel

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden II

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden II

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Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

Französische Revolution

(Radikal-) Demokratisiert

Levée en Masse, Völkerkriege

Republik Kriegswirt-schaft,

Kontinental-sperre,

merkantilisti-sche Autarkie

Demokratisierung von Herrschaft als Teilhabe

der Bürger an Entscheidungen über

Krieg und Frieden 19.

Jahrhundert Industrialisiert Wehrpflicht-

Armee; generalstabs-

mäßig geplante Massen

mobilisierung;

Intensivierung der Mobilität (Eisenbahn)

und der Kontrolle

(Telegraph)

Konstitutiona-lismus

Industriewirt-schaftlich geprägter liberaler

Kapitalismus

Förderung der in ternationalen

Arbeitsteilung;

Freihandel

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden III

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden III

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Epoche Kriegsform Charakteristik Politische Organisation

Ökonomische Struktur

Friedensideen

20. Jahrhundert

Totalisiert Volkskrieg unter Einschluss der

Zivilbevöl-kerung

Parlamentarismus und

Demokratie; Totalitäre Regime

Finanzkapitalis-mus mit

sozialstaat- lichen

Momenten

Individueller Widerstand gegen den Krieg als Pazifismus

nach 1945

Nuklearisiert Bedrohung der gesamten

Schöpfung

Wie vor Sozial- oder Daseinsvor-sorgestaat

Gesellschaftlicher Widerstand gegen den Krieg: Anti-Atomtod/

Friedensbewegungen

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden IV

Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden IV

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Elemente einer historischen Formenlehre von Krieg und Frieden V • Epoche: nach dem Ende des Ost-West-Konflikts• Kriegsform: Neue Kriege • Charakteristik: Entstaatlichung des Krieges, Privatisierung der

innergesellschaftlichen wie zwischengesellschaftlichen Gewaltanwendung

• Politische Organisation: Vermischung staatlicher und substaatlicher, öffentlicher und privater Formen von Herrschaft und Machtausübung (Warlords, Mafiagang-Territorien, ethnische Mini-Republiken etc.)

• Ökonomische Struktur: Bürgerkriegs- und Mafiaökonomien vermitteln zwischen lokaler/regionaler Ausbeutung von Ressourcen und prädatorischer Aneignung nicht selbst geschaffener (Mehr-) Werte und der Mobilisierung von Fluchtkapital oder (gewaschenem) Schwarzgeld und der Realisierung von Profiten im globalen Masstab

• Friedensidee: Noch unbestimmte Entwicklung zwischen den Polen des Post Conflict Peace Building gestützt auf Zivilgesellschaft, Third Track Diplomacy, NGOs etc. und Global Governance andererseits

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Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

(klass.) Völkerrechts-

lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Akteur Souveräne Staaten

(wirtschaf-tende)

Individuen

(Staats-) Bürger und

Völker

sozioökono misch

definierte Klassen

Individuen Nationalstaaten

Konfliktnatur (quasi-) objektiv

subjektiv subjektiv objektiv subjektiv (quasi-) objektiv

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(klass.) Völkerrechts

-lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Entscheidende Konfliktgründe

jus ad bellum der

Souveräne,

Erwägungen der

Staatsraison

(irrationale Verhaltens-weisen der

Regierungen, insbes.

Eingriffe in das freie Spiel der

Marktkräfte und

Förderung partikularer

Interessen

despotisch- undemokra-

tische Verfassung

der Staaten

private Verfügung über Pro duktions-

mittel;

Klassen-

kampf

Unvernunft, Vorurteil, man

gelnde Kennnis der Absichten anderer

Machttrieb, Sicherheits-

dilemma, Sicht der

inter-nationalen

Beziehungen als

Nullsummen spiel um Macht,

Ressourcen,

Einfluß Beziehung der

Akteure(positiv-)

völkerrechtliche Gleich-

ordnung

Naturrecht-lich verbürgte Gleichheit bei

objektiver Interessen-

harmonie

Vernunft-rechtlich

legitimierte Gleichheit im jus cosmopo-

liticum

Abhängig-keit,

Ausbeutung,

Asymmetrie

Gleichheit, assoziative

Symmetrie

Völkerrecht-liche

Gleichheit, dissoziative machtpolitis

che Schichtung

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

Krieg und Frieden im Lichte exemplarischer Großtheorien der Internationalen Beziehungen

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(klass.) Völkerrechts-

lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Friedensziel rechtliche Einhegung des Krieges als legitimer Form des Ver

kehrs der Souveräne

untereinander

(freie) Welt-(Handels-)

Gesellschaft

rechtlich verfasste

internatio-nale Staatengesell

schaft mit genossen-

schaftlicher Organisati-onsstruktur

klassenlose Gesellschaft

Weltgesell-schaft als

kosmopoli-tische

Gemeinschaft aller

Individuen

negativer Friede:

Abwesenheit militärischer Gewaltanwen

dung zwischen Staaten

Mittel zum Frieden

Diplomatie, Interessen-ausgleich, friedlicher Wandel,

Weiterent-wicklung des Kriegsvölker-rechts durch Konsens und

Usus

freie Marktwirt

schaft, Freihandel,

Internationale ArbeitsteilungKooperation

Rechtsstaat-liche und

gewalten- teilige

Verfassung der Staaten, Teilhabe der Staats bürger

an Entscheidun-

gen über Krieg und Frieden

Aufhebung der Ausbeutung

und der privaten

Verfügung über

Produktions-mittel; mit dem

Klassen-gegensatz in den Nationen

fällt die Feindschaft der Nationen

gegeneinander

Aufklärung, Konflikt-

Schlichtung, Streit-

Beilegung, internationale Organisation,

kollektive Sicherheit, Integration

Ab-schreckung,

Gleichgewicht der Macht, kollektive

Verteidigung

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(klass.) Völkerrechts

-lehre

klassischer Liberalismus

Demokrati-scher

Liberalismus

Marxismus Idealismus Realismus

Grundein- Stellung

hinsichtlich der Verwirk-lichung des

Friedens

(gemäßigt) optimistisch

(determini- stisch)

optimistisch

(gemäßigt) optimistisch

determini-stisch

optimistisch

optimistisch pessimistisch

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Friede als Prozess Dem Dilemma einer gleichsam konstruktivistischen, je epochenmässig inhaltlich

differenten Verortung von Krieg und Frieden sucht die Friedens- und

Konfliktforschung seit den 80er Jahren dadurch zu entgehen, daß sie Frieden

weniger als (Ideal-) Ziel oder Zustand gesellschaftlichen Handelns begreift,

sondern als einen in der Geschichte sich entwickelnden Prozess. In diesem

Prozess geht es um die Institutionalisierung dauerhafter, gewaltfreier Formen der

Konfliktbearbeitung, nicht allerdings - manch landläufigem Verständnis zuwider -

um die Abschaffung des Konfliktes als einer gesellschaftlichen Verhaltensweise

an sich.

Vielmehr soll die Bearbeitung von Konflikten durch kontinuierliche

Verrechtlichung ihrer Austragungsweise zivilisiert werden. Durch zunehmende

Gewaltfreiheit des Konfliktaustrags eröffnet sich die Chance zum Abbau von

Gewaltsamkeit zunächst im Binnenverhältnis der Einzelgesellschaften, sodann

aber auch in der internationalen Politik, im Verhältnis der staatlich verfassten

Einzelgesellschaften untereinander.

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fünfziger undsechziger Jahre

siebziger und frühe achtziger Jahre

späte achtziger und neunziger Jahre

negativer Friede positiver Friede Friede als Zivilisierungsprojekt

Friedensbegriff Abwesenheit direkter, insbesondere organisierter

militärischer Gewaltanwendung

Abwesenheit direkter und struktureller Gewalt

institutionalisierte gewaltfreie politische und soziale

Interaktion

Merkmal raumzeitlicher Zustand gesellschaftlicher Prozeß

Ansatzebene internationale Beziehungen in der machtkonkurrenzgeprägten

Staatenwelt des Ost-West-Konflikts

Individuen als Grundeinheit inner- und

zwischengesellschaftlicher Beziehungen

transnationale Vernetzung politischer, sozioökonomischer,

kultureller und ökologischer Beziehungen, interaktive Verflechtung inner- und

zwischengesellschaftlicher Lebensbereiche

Ansatzschwerpunkt national, regional; Einhegung und Verhinderung

militärischer Konflikte

transnational, global;Identifikation mit den Opfern

struktureller Gewalt

Transformation des Verhaltens von Kollektiven in

Konfliktsituationen in Richtung auf zunehmend gewaltfreie

Konfliktbearbeitung

Gegenbegriff Krieg Gewalt gewaltförmiger Konfliktaustrag

Entwicklungsphasen der Prädizierung des FriedenbegriffsEntwicklungsphasen der Prädizierung des Friedenbegriffs

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Die Ausdifferenzierung des FriedensbegriffsDie Ausdifferenzierung des Friedensbegriffs

Kriegsverhütung gesellschaftliche Strukturänderung

komplexe ganzheitliche Modelle

Abwesenheit

militärischer Gewaltanwendung

Gleichgewicht der

Macht/der Mächte

Abwesenheit

struktureller Gewalt

GeschlechterfriedenInterkultureller

FriedeFriede mit

der Natur

Spiritueller innerer Friede

Global

Umwelt

Kultur

Transnational

Zwischenstaatlich

Innerstaatlich

Inner-

gesellschaftlich

Familie/Individ.

Innerer Friede

FRIEDEFRIEDE

Oberziel:

Bereich

Kennzeichen

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SICHERHEIT

Zustand des Unbedrohtseins im Sinne des Nichtvorhandenseins

von Gefährdung im objektiven Sinn

von Furcht vor Gefährdung im subjektiven Sinn

Garantie der Freiheit der gesellschaftlichen Eigenentwicklung gegen Eingriffe von außen und Übergriffe von innen(auf den legitimen politischen Entscheidungsprozeß)

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SICHERHEITSPOLITIK

Alle zweckhaften, auf das eigene Tun und Lassen wie das Tun und Lassen anderer gerichteten gesellschaftlichen Bestrebungen, die auf Herbeiführung, Wahrung oder Mehrung der inneren und äußeren Sicherheit eines Gemeinwesens gerichtet sind

Grundlage: weiter Sicherheitsbegriff unter Einschluss sozioökonomischer und gesellschaftlich-ideeller Bedingungsfaktoren

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SICHERHEITSPOLITISCHE ZIELBESTIMMUNGEN SICHERHEITSPOLITISCHE ZIELBESTIMMUNGEN

Selbstverständnis als AkteurInteressendefinitionKonfliktszenarienDifferenz von Innen- und Aussenperzeption

Stellenwert ziviler und militärischer Elementein der Sicherheitspolitik im allgemeinen

und der Konfliktbearbeitung im besonderen

Krisenmanagement

Gewaltprävention

Streitschlichtung

Streitbeilegung

Post-Conflict Peace Building

Entwicklungspolitik

KonfliktformationenKonfliktregionenEinsatzkriterien

StrukturgliederungFinanzausstattung

Ausrüstung

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Machtprojektion zur Durchsetzung von Ordnungsvorstellungen

Aufklärung der Öffentlichkeit über Planungen und Vorhaben

Bestimmung/Befriedigung des Politik Legitimationsbedarfs

Abstimmung intendierter Handlungen mit Partnern

Weiterentwicklung von Instrumentarien internationaler

Kooperation und Normsetzung/Regimebildung

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Realismus Rationalismus Liberaler Internationalismus

Akteure Nationalstaaten Nationalstaaten individuelle, gesellschaftliche, nationalstaatliche

Akteure

Prozesse Nullsummenspielartige Konkurrenz um Macht,

Einfluss und Ressourcen

Konflikt und Kooperation im

Rahmen gemeinschaftlich

anerkannter Verhaltensregeln und

(informeller wie formeller)

Institutionen

internationale Arbeitsteilung und

funktionale Vernetzung als

Ergebnis wie als Voraussetzung

wissenschaftlicher, technischer,

ökonomischer und politischer

Modernisierung

Friedenschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien Friedenschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien

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Realismus Rationalismus Liberaler Internationalismus

Strukturprinzip Sicherheitsdilemma Kontrolle des Machtstrebens und der

Machtausübung der Akteure in der internationalen

Anarchie

Kooperation und Interdependenz

Milieu Staatenwelt als internationaler anarchischer Naturzustand

Staatenwelt als rechtlich verfasste internationale

Staatengesellschaft

Staaten- und Gesellschaftswelt als Friedensgemeinschaft liberaler Demokratien

Friedenskonzept Sicherheit des Akteurs (als Voraussetzung seines

Überlebens)

Garantie der Erwartungsverlässlichkeit

des Akteurshandelns in der

internationalen (Rechts-) Ordnung

(„pacta sunt servanda“)

Fortschreitende Verwirklichung von

Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlfahrt als menschliche

Existenzbedingungen plus Intensivierung der

internationalen Kooperation plus

Förderung der Modernisierung als

Bedingung moralischer Perfektibilität wie

zunehmender Wohlfahrt der Menschheit

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Realismus Rationalismus Liberaler Internationalismus

(Erklärungs-)Ansatzebene

(außengerichtetes) Aktions-/Interaktionsverhalten

der Akteure („unit-level-explanation“)

Vergesellschaftung/ Systembildung der

Akteure; Phänomen der „governance without

government“

Politische/ sozioökonomische Binnenstruktur der

Akteure („inside-out-explanation“)

Mittel Machtakkumulation, (gewaltsame) Selbsthilfe zur

Durchsetzung von Eigeninteressen, Abschreckung,

Gleichgewichtspolitik

Ausbildung eines Konsenses der Akteure über gemeinschaftliche

Interessen, (Selbstbindende

Verhaltens-) Regeln und Institutionen; insbes.

Anerkennung/ Befolgung von Verhaltensregeln, die

die Gewaltausübung in der Staatengesellschaft

einhegen, beschränken,

reduzieren

Freihandel, Förderung der internationalen

Organisation und kollektiven Sicherheit, Demokratisierung der Akteure im Lichte von

Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsverwirk-lichung, Aufklärung über

gemeinsame (Menschheits-) Interessen

und Erziehung zu kompromißhafter,

interessenausgleichender

Konfliktbearbeitung Schlagwort Abschreckungsfrieden

unter Anarchie (Rechts-)Ordnungsfriedenunter regulierter Anarchie

Demokratischer Friedenunter Kooperation

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Akteure Nationalstaaten

Prozesse Nullsummenspielartige Konkurrenz um Macht, Einfluss und Ressourcen

Strukturprinzip Sicherheitsdilemma

Milieu Staatenwelt als internationaler anarchischer Naturzustand

Friedenskonzept Sicherheit des Akteurs (als Voraussetzung seines Überlebens)

(Erklärungs-)Ansatzebene

(außengerichtetes) Aktions-/Interaktionsverhalten der Akteure („unit-level-explanation“)

Mittel Machtakkumulation, (gewaltsame) Selbsthilfe zur Durchsetzung von Eigeninteressen, Abschreckung, Gleichgewichtspolitik

Schlagwort Abschreckungsfrieden unter Anarchie

Friedensschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien:Friedensschaffende Leitprinzipien klassischer Großtheorien:

REALISMUS

REALISMUS

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Akteure Nationalstaaten

Prozesse Konflikt und Kooperation im Rahmen gemeinschaftlich anerkannter Verhaltensregeln

und (informeller wie formeller) Institutionen

Strukturprinzip Kontrolle des Machtstrebens und der Machtausübung der Akteure

in der internationalen

Anarchie

Milieu Staatenwelt als rechtlich verfasste internationale Staatengesellschaft

Friedenskonzept Garantie der Erwartungsverlässlichkeit des

Akteurshandelns in der internationalen (Rechts-) Ordnung

(„pacta sunt servanda“) (Erklärungs-)Ansatzebene

Vergesellschaftung/ Systembildung der Akteure; Phänomen der „governance without

government“

Mittel Ausbildung eines Konsenses der Akteure über gemeinschaftliche Interessen,

(Selbstbindende Verhaltens-) Regeln und Institutionen; insbes. Anerkennung/

Befolgung von Verhaltensregeln, die die Gewaltausübung in der Staatengesellschaft

einhegen, beschränken, reduzieren

Schlagwort (Rechts-)Ordnungsfrieden unter regulierter Anarchie

RATIONALISMUS

RATIONALISMUS

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Akteure individuelle, gesellschaftliche, nationalstaatliche Akteure

Prozesse internationale Arbeitsteilung und funktionale Vernetzung als Ergebnis wie als Voraussetzung wissenschaftlicher, technischer, ökonomischer und politischer

Modernisierung

Strukturprinzip Kooperation und Interdependenz

Milieu Staaten- und Gesellschaftswelt als Friedensgemeinschaft liberaler Demokratien

Friedenskonzept Fortschreitende Verwirklichung von Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlfahrt als menschliche Existenzbedingungen plus Intensivierung der internationalen

Kooperation plus Förderung der Modernisierung als Bedingung moralischer Perfektibilität wie zunehmender Wohlfahrt der Menschheit

(Erklärungs-)Ansatzebene

Politische/ sozioökonomische Binnenstruktur der Akteure („inside-out-explanation“)

Mittel Freihandel, Förderung der internationalen Organisation und kollektiven Sicherheit, Demokratisierung der Akteure im Lichte von Rechtsstaatlichkeit und

Menschenrechtsverwirklichung, Aufklärung über gemeinsame (Menschheits-) Interessen und Erziehung zu kompromißhafter, interessenausgleichender

Konfliktbearbeitung

Schlagwort Demokratischer Frieden unter Kooperation

LIBERALER INTERNATIONA

-LISMUS

LIBERALER INTERNATIONA

-LISMUS

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LIBERALER INTERNATIONALISMUS : FRIEDENSSTRATEGIEN

Prämissen:

Perfektibilität der menschlichen Gattung

Kooperation als Modus internationalen Verhaltens

Modernisierung (Fortschritt der Produktivkräfte, internationale

Arbeitsteilung, Nutzung komparativer Vorteile) als Motor der

Entwicklung der internationalen Beziehungen

Hoffnung auf Kooperationsgewinne und/oder Furcht vor

Verlusten aus Interdependenzgeflechtsbeeinträchtigungen

„WAR DOES NOT PAY“

LIBERALER

LIBERALER

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ELEMENTEELEMENTE

Leitprinzip:Rechtliche Kodifizierung, Verregelung, Institutionalisierung internationalen Verhaltens

Rechtliche Einhegung des Krieges (durch Beschränkung des ius ad bellum und Kodifizierung des ius in bello)

Entwicklung des Völkerrechts, Unterstützung internationaler Organisationen, Präventive Diplomatie, Multilaterales Peacekeeping

Konflikt- und Krisenmanagement

Vertrauensbildende Maßnahmen

Entwicklung defensiver Verteidigungskonzepte

Abrüstung

Verregelung des Konfliktaustrags durch/ in internationale(n) Regime(n)

Leitprinzip:Gleichgewicht/ Ausgleich/ Kompensation politischer, gesellschaftlicher Sicherheits-Interessen (Paketlösungen)

Diplomatische Verhandlungen, Gute Dienste, Intervention in und Mediation von Konflikten (Untersuchungsverfahren, Vergleichs-/Schlichtungsverfahren)

Förderung des friedlichen Wandels

Förderung der Entspannung

Kooperative Rüstungssteuerung

Etablierung von Systemen Gemeinsamer Sicherheit

Suspendierung/ Neutralisierung/ Aufhebung von Konflikten durch Föderation/ Integration/ Supranationale Akteursbildung

Transformation von Konflikten durch Weltordnung, Weltregierung, Weltstaat

Leitprinzip:Etablierung einer universalen Weltordnung

Internationales/ transnationales Geflecht von IGOs und INGOs

Weltorganisation als Produzent von (kollektiver) Sicherheit

Unterstützung des Prozesses internationaler Verdichtung und Verflechtung durch Freihandel, Arbeitsteilung, Wahrnehmung komparativer Standortvorteile

Ausbildung positiver (nichtnullsummenspielartiger) Interdependenzen

Förderung von Regimebildung, Föderation, Integration

Universale (Welt-)Regierung

BEARBEITUNG VON KONFLIKTEN

LÖSUNG VON KONFLIKTEN

INTERNATIONALE KOOPERATION

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VORAUSSETZUNGEN

Aufklärung über vernunftbegründete Harmonie gemeinsamer (Menschheits-) Interessen

Neutralisierung von Vorurteilen durch Förderung internationaler (Bildungs-) Kontakte

Transfer individueller/einzelgesellschaftlicher Loyalitäten auf die Ebene der internationalen Gesellschaft

Verwirklichung von Menschenrechten, (gesellschaftlichen/politischen) Grundfreiheiten,

Rechtsstaat, Demokratie

Unterstützung durch öffentliche (Welt-) Meinung

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STRUKTURELLER UND DEMOKRATISCHER FRIEDE

STRUKTURELLER FRIEDE DEMOKRATISCHER FRIEDE

SYSTEM

AKTEUR

INDIVIDUUM

Zivilisierung des Konfliktaustragsinstitutionalisiertes Netzwerk kooperativer, berechenbarer, transparenter, wechselseitig

erwartungsverlässlicher Akteursbeziehungen als Voraussetzung anhaltender friedlicher

Koexistenz und konstruktiver Konfliktbearbeitung

Durch Interdependenz hochverdichtete Kooperation in internationalen Organisationen

als Voraussetzung einer Pluralistischen Sicherheits- bzw. Friedensgemeinschaft

gekennzeichnet durch Vertrauen, Symmetrie, Gerechtigkeit als Voraussetzungen integrativer Regulierung von Konflikten zwischen liberalen

Demokratien

Entprivatisierung der Gewaltanwendung: Gewaltmonopol Kontrolle des Gewaltmonopols: Rechtsstaatlichkeit Herausbildung großflächig angelegter Verflechtungen: Interdependenz und Affektkontrolle

Demokratisierung Gewaltenteilung Rechtsstaatlichkeit Pluralismus Demokratische politische Kultur

Demokratische Partizipation soziale Gerechtigkeit Empathie, kompromissorientierte Konfliktfähigkeit, Verinnerlichung von Spielregeln: konstruktive politische Konfliktkultur bzw. Konfliktbearbeitung

Integration Gemeinschaftssinn Lösung sozialer Probleme durch Prozeduren friedlichen Wandels Gewaltfreiheit: Konfliktbearbeitung mit Hilfe institutionalisierter Prozeduren im Geist gegenseitiger Kompromissbereitschaft

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