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1 1 Strategien der Verwandlung von Tieren in Nahrung © 2011 Klaus Petrus „Schau Papi, der Heinz“ Klaus Petrus Ausgangslage 2 Desubjektivierungsmodell Das Unbehagen gegenüber dem Konsum tierlicher Produkte ist umso kleiner, je besser es gelingt, die Lebewesen hinter diesen Produkten zu Objekten zu machen, i.e. sie zu desubjektivieren Gegenläufige Tendenz Es gibt vermehrt Strategien der Tierindustrie, die auf eine ausgesprochene Individualisierung / Subjektivierung nichtmenschlicher Tiere abzielen Unterminierung des Desubjektivierungsmodells?

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Strategien der Verwandlung von Tieren in Nahrung

© 2011 Klaus Petrus

„Schau Papi, der Heinz“

Klaus Petrus

Ausgangslage

2

DesubjektivierungsmodellDas Unbehagen gegenüber dem Konsum tierlicher Produkte istumso kleiner, je besser es gelingt, die Lebewesen hinter diesenProdukten zu Objekten zu machen, i.e. sie zu desubjektivieren

Gegenläufige TendenzEs gibt vermehrt Strategien der Tierindustrie, die auf eineausgesprochene Individualisierung / Subjektivierungnichtmenschlicher Tiere abzielen

→ Unterminierung des Desubjektivierungsmodells?

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Abwesende Referenten

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Das Desubjektivierungsmodell soll unsere kognitive undemotionale Distanz gegenüber „essbaren Tieren“ erklären

Abwesende Referenten (Adams 1990)• wörtliche Ebene (physisch): Lebende Tiere werden in toteKörper umgewandelt• sprachliche Ebene (diskursiv): Teile der toten Tierkörperwerden neu benannt

→ Lebende Tiere werden zum Verschwinden gebracht, indemderen tote Körperteile in ein Sprachspiel über Kulinarischestransformiert werden (Leach 1964)

Essbar vs nicht essbar

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nichtmenschliche Tiere

essbarnicht essbar

Nähe

ähnlich„Haustiere“ / „Raubtiere“

Subjekte

Distanz

unähnlich„Pflanzenesser“ / „Beute“

Objekte / Andere

(Leach 1964; Eder 1988)

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Verdinglichung

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Mechanismen der DesubjektivierungVerdinglichung: Nichtmenschliche Tiere werden so behandelt,als seien sie blosse Mittel zu menschlichen Zwecken

• nichtmenschliche Tiere haben keinen Eigenwert (Regan 1983)

• Wohlergehen (Empfindungen, Bedürfnisse, Interessen, etc.) wirdnur insoweit berücksichtigt, als dies zum menschlichen Nutzenund Vorteil gereicht (Nussbaum 1999)

• nichtmenschliche Tiere haben Eigentumsstatus (Francione 1995)

Anonymisierung

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Mechanismen der DesubjektivierungAnonymisierung: Nichtmenschliche Tiere werden so behandelt,als seien sie keine Individuen, sondern Exemplare einer Gruppe

• nichtmenschliche Tiere sind grundsätzlich austauschbar, i.e.durch andere Exemplare desselben Typs ersetzbar

• nichtmenschliche Tiere werden zunehmend unsichtbar, i.e. nurnoch als abstrakte Menge wahrgenommen

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Desubjektivierung

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Fleisch

abwesendeReferenten

essbare Tiere

ObjekteDesubjektivierung

nichtmenschliche Tiere

Verdinglichung Anonymisierung

Individuen

Apathie / Empathie

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tierliche ProdukteFleisch

ApathieDesubjektivierung

nichtmenschlicheTiere

Subjektivierung Empathie

gedankenloserKonsum

reflektierterKonsum

(Joy 2010; Gruen 2004)

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„Subjektivierung“

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Zunehmende Subjektivierung / Individualisierung v.a. vonlandwirtschaftlichen „Nutztieren“ in der Werbung der Tierindustrie

Am Beispiel von

• Migros („Chocolate“)(http://www.youtube.com/watch?v=Y0Caq4WYNZ8)

• Frifag Märwil AG(http://www.frifag.ch/service/medien/tv-spots/)•

Schweizer Hühnerpass

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Werbekampagne von GalloSuisse, Dachverband der SchweizerGeflügelproduzenten

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„Subjektivierung“

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tierliche ProdukteFleisch

essbare Tiere

SubjekteIndividualisierung

nichtmenschliche Tiere

• Persönlichkeit• Innenleben• besondere Fertigkeiten• identifizierbar• als Einzelne sichtbar• Namen, keine Nummern

Objekt vs Subjekt

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DesubjektivierungsmodellNichtmenschliche Tiere müssen als Objekte kategorisiert werden,um als essbar zu gelten

Subjektivierungsmodell der TierindustrieNichtmenschliche Tiere dürfen verspiesen werden, obschon essich dabei um Subjekte handelt

→ Widerspruch?

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Fragmentierung

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Subjektivierungsmodell der TierindustrieStrategien der Tierindustrie zielen darauf ab, nichtmenschlichenTieren (v.a. „Nutztieren“) bloss in Bruchstücken Subjektivität zuattestieren – und zwar unter gezielter Ausblendung andererFacetten ihres individuellen Wohlergehens

• Wohlergehen betrifft ein Lebewesen in seiner Ganzheit understreckt sich auf sämtliche Bereiche seines Lebens(Fortpflanzungs-/Sexualverhalten, Nahrungsverhalten,Sozialverhalten, Bewegungsverhalten, fortgesetzte Existenz, etc.)

• Betonung bzw. Ausblendung einzelner Aspekte desWohlergehens führt zu einer Fragmentierung der Subjektivität

Fragmentierung

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• Strategien der Fragmentierung von Subjektivität führen de factozur Desubjektivierung: ein Lebewesen ist nicht zu einem Dritteloder Zehntel ein Subjekt, sondern in seiner Ganzheit – oder garnicht

• durch Fragmentierung wird der Status nichtmenschlicher Tiere(v.a. „Nutztiere“) als Objekte aufrechterhalten – und damit auchdie Voraussetzung der Kategorisierung in essbare Tiere

• gewisse Komponenten des Desubjektivierungsmodells – wieAnonymisierung – sind weder notwendig noch hinreichend fürden Objektstatus nichtmenschlicher Tiere

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Desubjektivierung

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essbare Tiere

ObjekteDesubjektivierung

nichtmenschliche Tiere

FragmentierungVerdinglichung

Anonymisierung

Individuen

tierliche ProdukteFleisch

Infos

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„Schau Papi, der Heinz!“Strategien der Verwandlung von Tieren in Nahrung© 2011 Klaus Petrus

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