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Traumapädagogik und Sekundäre Traumatisierung Abschlussarbeit für die Weiterbildung zur Fachkraft für psychiatrisch auffällige Kinder- und Jugendliche in der Kinder- und Jugendhilfe Kurs 5 4/2010-2/2012 an dem Institut für Qualifizierung und Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (QuQuK) am Klinikum Bremen-Ost Simone Rießinger Sozialtherapeutische Wohn- und Betreuungseinrichtung für psychisch auffällige Jugendliche und junge Volljährige der Hans-Wendt-Stiftung Bremen Abgabetermin: 31.10.2011

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Traumapädagogik und Sekundäre Traumatisierung

Abschlussarbeit für die

Weiterbildung zur Fachkraft für psychiatrisch auffällige Kinder- und Jugendliche in

der Kinder- und Jugendhilfe

Kurs 5 – 4/2010-2/2012

an dem Institut für Qualifizierung und Qualitätssicherung in der

Kinder- und Jugendpsychiatrie (QuQuK) am Klinikum Bremen-Ost

Simone Rießinger

Sozialtherapeutische Wohn- und Betreuungseinrichtung für psychisch auffällige

Jugendliche und junge Volljährige der Hans-Wendt-Stiftung Bremen

Abgabetermin: 31.10.2011

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II

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung 1

2 Trauma 2

2.1 Auslöser und Ursachen eines Traumas 2

2.2 Trauma – Klassifizierung 2

2.3 Traumareaktion 3

2.4 Traumaphysiologie 4

2.5 Traumafolgestörungen 5

3 Traumapädagogik 7

3.1 Entstehung der Traumapädagogik 7

3.2 Entwicklungspsychologische Auswirkungen

traumatischer Belastungen im Kindesalter 8

3.3 Das Vergangene wirkt 9

3.4 Traumapädagogik als Bestandteil der Traumaarbeit 10

4 Traumapädagogik in der Praxis 11

4.1 Grundlagen einer traumazentrierten Pädagogik 11

4.2 Was traumatisierte Kinder und Jugendliche brauchen 11

4.3 Grundregeln der Traumapädagogik 12

4.4 Traumapädagogische Haltungen der PädagogInnen 14

4.5 Grundkompetenzen für professionelles Handeln 14

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III

5 Sekundäre Traumatisierung 16

5.1 Geschichte der Sekundären Traumatisierung (ST) 16

5.2 Begriffsklärung , 16

5.3 Wie erfolgt „die Ansteckung, die Infizierung“? 17

5.4 Symptome des sekundären traumatischen Stresses (STS) 19

5.5 Präventionen von Sekundärer Traumatisierung 22

6 Schlussfolgerung 25

7 Fazit 27

Literaturverzeichnis 29

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IV

Vorwort

Seit 13 Jahren arbeite ich in der Wohn- und Betreuungseinrichtung für psychisch

auffällige Jugendliche und junge Volljährige der Hans-Wendt-Stiftung in Walle. Wir

betreuen mit sieben Teilzeitkräften acht BewohnerInnen im Schichtdienst von

Montag bis Sonntag; nachts ist eine KollegIn im Haus.

Die Psychologin im Team, Margrit Hohenthal, brachte ab 2001 aus ihrer trauma-

therapeutischen Zusatzausbildung viele traumazentrierte Ansätze, neue Sichtweisen

und veränderte Grundhaltungen mit, die wir gemeinsam im Team nach und nach in

unsere Alltagspädagogik integrierten, in neue Handlungsansätze und methodisches

Vorgehen aufnahmen. Gemeinsam mit den Jugendlichen machten wir Erfahrungen

und Fehler, ließen uns von ihrem Chaos anstecken und lernten schließlich „Pflöcke

in Treibsand zu stecken“. Über das Verstehen der psychotraumatologischen Prozesse

im Gehirn lernten wir wie wichtig die Innere und Äußere Sicherheit für unsere

BewohnerInnen ist, ein-schließlich klarer und transparenter Grenzen und deren

Einhaltung. Nach leidvollen Erfahrungen erstellten wir eine Null-Toleranz gegenüber

Gewalt, Alkohol und Drogen. Wir lernten die Wichtigkeit individueller Trigger der

einzelnen BewohnerInnen zu erkennen und zu vermeiden und lernten wie bedeutend

der Aufbau tragfähiger Beziehungen zwischen Jugendliche/r –Pädagogin gerade bei

traumatisierten jungen Menschen ist. Wir modifizierten nach und nach unsere

pädagogischen Standards, die uns Sicherheit und kompetente Handlungsfähigkeit in

Krisensituationen geben.

Im Rahmen von Kooperation und Netzarbeit zwischen der Hans-Wendt-Stiftung und

der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Klinik Ost Bremen nehme ich an dieser

Weiterbildung teil und danke meinen KollegInnen, die meine Teilnahme

unterstützen.

Die Diskussion um die Fachdisziplin Traumpädagogik ist zurzeit aktuell, fachspezi-

fische MitarbeiterInnen-Fortbildungen sind nötig und werden vorangetrieben. Mit

dieser Hausarbeit möchte ich einen aktuellen Beitrag zu dieser Thematik leisten, mit

besonderem Augenmerk auf die Sekundäre Traumatisierung.

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1 Einleitung

Seit ca. 2002 wird der pädagogische Umgang mit traumatisierten Kindern und

Jugendlichen öffentlich diskutiert. Mit ihrem Buch „ Philipp sucht sein Ich“ verfasste

Wilma Weiß einen Grundstein der Traumapädagogik. Rahmenbedingungen und

Konzepte wie der Sichere Ort (Kühn 2007), das Konzept der Selbstbemächtigung

(Weiß 2009), die „traumazentrierte Pädagogik“ (Uttendörfer 2008) und die trauma-

pädagogische Gruppenarbeit (Bausum 2009) wurden entwickelt. 1

Diese Hausarbeit möchte den aktuellen Stand und einen Abriss über die Fachdis-

ziplin Traumapädagogik geben, sowie ihre Methoden und Ansätze darstellen.

Es wird die Fragestellung verfolgt, welche Wellen schlägt „No Fight – No Flight

Freeze and Fragment“ und zu welchen primären und sekundären Auswirkungen

können diese Stresszustände führen? Ebenso die Frage, ob die Sekundäre Trauma-

tisierung ansteckend ist?

Kapitel 1 beschreibt das Trauma, die Traumareaktion und –physiologie und zeigt

Folgestörungen durch traumatischen Stress auf. Anschließend wird die Entste-

hungsgeschichte der Fachdisziplin Traumapädagogik und die entwicklungspsycho-

logischen Auswirkungen traumatischer Belastungen im Kindesalter dargestellt. Die

Frage wie traumazentrierte Pädagogik als Bestandteil der Traumaarbeit zu verstehen

ist und wie lange die Vergangenheit wirken kann, wird vertieft. Kapitel 4 setzt sich

mit den Grundlagen, Konzepten und Rahmenbedingungen der Traumapädagogik

auseinander und stellt die Anforderungen, Kompetenzen und Haltungen der Pädago-

gInnen vor. Die Geschichte und Begriffsklärung der Sekundären Traumatisierung,

Symptome und Auswirkungen des traumatischen Stresses sowie die Frage nach der

Ansteckung, der Infizierung, wird in Kapitel 5 beschrieben und verfolgt. Prävention

vor Sekundärer Traumatisierung, Selbstfürsorge der PädagogInnen, eigenen Grenzen

erkennen und wahren als auch institutionelle Rahmenbedingungen werden hier

erklärt.

Zur besseren Lesbarkeit werden alle MitarbeiterInnen aus pädagogischen und (Heil-)

pflegerischen Berufsgruppen sowie männliche und weibliche KollegInnen Pädago-

gInnen genannt.

1 Weiß 2011, S.4

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2 Trauma

„Ein Trauma ist überwältigend, lebensgefährlich,

über alle Maßen erschreckend, etwas, das man

eigentlich nicht verkraften kann, ein Ereignis

außerhalb dessen, was der Mensch sonst kennt,

verbunden mit der Überzeugung, dass man es nie

verwindet, so schlimm, dass man nachher denkt, das

könne nicht passiert sein, mit enormen seelischen

und/oder körperlichen Schmerzen verbunden, etwas

was von unserem Gehirn aufgesplittert oder ganz

verdrängt wird“ (M. Huber 2003, S. 38).

2.1 Auslöser und Ursachen

Körperliche, seelische oder sexualisierte Gewalt führt fast immer zu einem mehr

oder minder großen Trauma. Zu den traumatisierenden Gewalterfahrungen gehören

beispielsweise Krieg, Tötungsversuch, Folter, Vergewaltigung, sexuelle und/oder

körperliche Misshandlung, oder Zeuge davon zu sein. Dazu gehören auch emotionale

Vernachlässigung, Verwahrlosung, soziale Ausgrenzung, Flucht und Emigration,

Obdachlosigkeit. Entscheidend ist die Erfahrung des hilf- und wehrlosen

Ausgeliefertseins und die Misshandlungen, der Missbrauch und/oder die Willkür

eines anderen Menschen. Gewalttätige Traumata in der Kindheit und Jugend – egal

ob einmalig oder länger andauernd – führen oft zu tiefgreifenden Störungen in der

Persönlichkeit der Opfer, die über die Symptomatik allgemeiner posttraumatischen

Erkrankungen hinausgehen. Traumatische Situationen lassen sich unterscheiden nach

der Dauer des traumatischen Stresses, der Schwere des Trauma, nach Auslöser/

Ursache, nach dem Lebensalter und Entwicklungsphase, in der Häufigkeit, im Ver-

lauf und Kontext und in der Art der Taumafolgestörung.

2.2 Trauma – Klassifizierung

Es gibt unterschiedliche Traumatypen, das Monotrauma, das sind einmalige

Ereignisse, wie beispielsweise Verkehrsunfälle, Naturkatastrophen, terroristische

Attentate und invasive medizinische Eingriffe, die eine akute posttraumatische

Belastungsstörung (PTBS) in Folge haben können. Multiple Traumatisierungen

(Polytrauma) sind in der Regel mehrmalige Wiederholungen eines Traumas oder

lang anhaltende Todesangst. Hier können als Traumafolgestörungen die komplexe

Postraumatic Stress Disorder (PTSD) oder eine Disorder of Extreme Stress Not

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Otherwise Specified (DESNOS) auftreten. Ein Entwicklungstrauma ist ein

Einmaliges oder auch kumulative Traumatisierungen in der Frühen und/oder späteren

Kindheit, verursacht durch Vernachlässigung, psychische und physische Gewalt,

sexuelle Gewalt und Bindungstraumata. Bei diesem Traumatyp können DESNOS

und Dissoziative Identitätsstörung (DIS) die Folge sein. Nach der Einwirkungsdauer

wird unterschieden in Traumatyp I und Traumatyp II. Als Traumatyp I werden

einmalige und völlig unerwartete Ereignisse klassifiziert, z.B. der Autounfall, der

plötzliche Tode eines Kindes, der Terrorangriff, das Flugzeugunglück oder auch

invasive medizinische Eingriffe. Als Traumatyp II werden Situationen klassifiziert,

die längere Zeit andauern, unter Umständen jahrzehntelang und aus denen es kein

Entrinnen gibt, beispielsweise Krieg, sexuelle Gewalt, Gewalterfahrungen in der

Familie, Vertreibung, Folter, Gefangenschaft, Vernachlässigung im frühen

Kindesalter als auch anhaltende bedrohliche Mobbing-Situationen.2 Diese „man

made disasters“ führen in höherem Maße zu DESNOS.

2.3 Traumareaktion

Das traumatische Ereignis, welches extrem stressreich ist, setzt eine Dynamik im

Gehirn in Gang, die dieses sozusagen „in die Klemme“ bringt und es nötigt, auf ganz

besondere Weise mit diesem Ereignis umzugehen. Das äußere stressreiche Ereignis

überflutet das Gehirn mit aversiven Reizen, es kommt zu

No Fight – nicht dagegen ankämpfen können

No Flight – nicht davor fliehen können

Freeze und Fragment - Konsequenzen

Die Freeze and Fragment – Reaktion ist eine Lähmungsreaktion und Entfremdung

des Menschen vom aktuellen Geschehen. Das Fragmentieren oder Zersplittern der

Erfahrung oder auch dissoziieren dient dazu, dass nicht mehr zusammenhängend

wahrgenommen und erinnert wird. Mit dem Beginn der Freeze-Reaktion wird das

Ereignis als Trauma erlebt.3

2 Hansewill 2010, S.2-6

3 Sänger 2009, S. 2

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2.4 Traumaphysiologie

Die Traumadynamik wird sehr verkürzt als „Notfallreaktion des Körpers“, als „No

Fight- No Flight- Freeze and Fragment“-Reaktion, als Angst-Schreck-Schock-

Situation („inescapable shock“) beschrieben. Der Mensch wird plötzlich in einen

innerlich überflutenden Stresszustand versetzt, der die steuernden Hirnfunktionen

vorübergehend beeinträchtigt oder gar mehr oder weniger außer Kraft setzt. 4

Ein tieferer Einblick in die Traumadynamik bzw. Traumaphysiologie ist unabdingbar

wichtig (zu wissen), um die Auswirkungen die im Körper ablaufen differenzierter zu

verstehen und infolge die Verhaltens- und Reaktionsmuster der Kinder und

Jugendlichen in Relation zu setzen, zu verstehen und zu akzeptieren.

„Normalerweise werden Reize, die vom Gehirn aufgenommen werden, im

limbischen System zum Thalamus geleitet, von dort aus zur Amygdala und zum

Hippocampus, dann wieder über den Thalamus zurück zu beiden Hirnhälften, dort zu

den Sprachzentren und zum Vorderhirn, und so beginnt eine innere Verarbeitung der

aufgenommenen Reize. Das ist das „cool system“. Nicht so bei einem als „heiß“

(stressreich) identifizierten Reiz. Um einen Reiz als „heiß“ zu identifizieren gibt es

einen schnellen „Temperaturfühler“: eine nur aus einer einzigen Nervenzelle

bestehende Schnellverbindung vom Thalamus zur Amygdala“5. Die Amygdala ist

also das „hot system“, die Feuerwehr, das Alarmzentrum des Gehirns. Sie wird bei

Angst, bei traumatischen Ereignissen angesprochen. Dieses „hot system“ fragmen-

tiert und ist leicht „triggerbar“ (Aktivierung verschiedener sensorischer Schlüssel-

reize), es hat ein „Hier und Jetzt“- Erleben. Bei den Körper überflutenden Stress-

Reaktionen kommt es zu einer Blockade zu den Sprachzentren, zum Thalamus, zur

linken Großhirnhälfte. „Der Volksmund drückt das in den Formulierungen wie „ …

es verschlägt mir die Sprache, … mir fehlen die Worte, (…) aus. Es kommt zu einer

fragmentarischen Speicherung der sensorischen, kognitiven, emotionalen und

körperlichen Erlebnisdetails des traumatischen Ereignisses, zu einer Art Splitter-

bildung im Gedächtnis, ähnlich wie bei einem zersprungenen Spiegel“6.

4 Besser: In Bausum, Besser, Kühn, Weiß (Hrsg.) 2009, S. 46

5 Huber 2003, S. 45

6 Besser: In Bausum, Besser, Kühn, Weiß (Hrsg.) 2009, S.47

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Kommt es also zu einer „Notfallreaktion des Körpers“ durch eine plötzlich

auftretende und lebensbedrohliche Situation, wird das Gehirn durch die Amygdala in

Alarmbereitschaft versetzt, die Nervenzellen „feuern“, körpereigene Endorphine/

Hormone und Neurotransmitter werden ausgeschüttet, um den Körper entweder zu

Kampf oder Flucht zu befähigen und auch vor Schmerz zu schützen. Dies alles

passiert in Sekundenbruchteilen. So wird beispielsweise Adrenalin und Noradrenalin

für die notwendige Köperspannung bereitgestellt, sollte es zu Kampf oder Flucht

kommen, eine Zunahme von Dopamin sorgt für maximale motorische Beweglichkeit.

Eine vermehrte Cortisolausschüttung erhöht den Angstpegel, damit der Körper

hochwachsam auf Alarm eingestellt ist. Die Ausschüttung körpereigener Endor-

phine sorgt für ein vermindertes Schmerzempfinden und um aufsteigende Panik und

akute Todesangst zu neutralisieren. Glukose, die im Muskel gespeichert ist, wird

freigesetzt, um den Körper auf Flucht oder Kampf vorzubereiten. Noradrenalin

blockiert die Integration der Wahrnehmung und erzeugt den sogenannten

Tunnelblick. Die Tätigkeit des sympathischen Nervensystems erhöht sich: Puls,

Blutdruck und Atmung verändern sich.7 Wegen des „hier und jetzt“- Erlebens bei

dem in der Amygdala gespeicherten Traumainhalt bleibt die vorgenannte Krisen-

reaktion auch über die Trauma-Situation hinaus erhalten bis das Geschehene in das

biografische Gedächtnis integriert ist. Das bedeutet, dass die Kinder und Jugend-

lichen unter chronisch erhöhter Anspannung leiden!

2.5 Traumafolgestörungen

Nicht jedes Ereignis, das als Trauma erlebt wird, löst zwangläufig eine psychische

Störung aus. Manchmal gelingt es Personen, die traumatischen Ereignisse auch ohne

professionelle Hilfe zu bewältigen. Hierbei sind die Schwere des Traumas und die

Unterstützung durch das soziale Umfeld entscheidend. Je schwerer die belastende

Situation war, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eine Posttraumatische

Belastungsstörung (PTBS) zu entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit eine PTBS zu

entwickeln, ist bei länger andauernden Traumata (Typ II, siehe Kapitel 2.2, S. 3)

größer als bei einmaligen Traumata (Typ I). Weiterhin wirkt ein von Menschen

verursachtes Trauma (beispielsweise durch Vergewaltigung, Folter oder Krieg)

7 Sänger 2010, S.3ff / Uttendörfer 2006, S. 3 / Perry 2005, Teil II, S. 2

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schlimmer als wenn das Trauma „zufällige“ Ursachen hatte (Naturkatastrophe, Auto-

unfall).

Ein psychisches Trauma kann schwerwiegende Folgen für die traumatisierte Person

haben, es führt u. U. zu:

Akute PTBS, die unmittelbar auf das belastende Ereignis folgen und kurzfristig

andauern.

Posttraumatische Belastungsstörungen, die erst mit größerem zeitlichen Abstand

eintreten und oftmals chronische Formen annehmen können.

Komplexe PTBS, die im Zusammenhang von Mehrfachtraumatisierungen oder

länger andauernden traumatischen Situationen auftreten.

Intrusionen, Wiedererleben von Flashbacks, Alpträumen.

Konstriktionen, Vermeidungen; sobald die Erinnerungen kommen wird „der Deckel

drauf gemacht“, notfalls mit Alkohol und Schlafmittel; dichtmachen bei maximaler

Anspannung, Freezing wie im Trauma, Abstumpfung bis zur Lähmung.

Hyperarousel/Übererregung, chronisch erhöhte innere Anspannung als „Hab-acht-

Stellung“, erhöhte Wachsamkeit, unter Drucksein, schreckhaft, Schlafstörungen,

Reizbarkeit bis Aggressivität.

Stressregulationsstörung entwickelt sich durch chronische frühe Extrembelastungen

bereits im Kleinkindsalter, mit plötzlich einschießender hoher Anspannung, die

lange erhöht bleibt und nur langsam wieder herunter reguliert werden kann.

Dissoziationen, abspalten von Wahrnehmung und Gefühlen, sog. Derealisation bzw.

Depersonalisation, Amnesien.8

Komplexe Traumafolgestörungen können nicht nur bis hin zur DIS/DESNOS führen,

sondern können auch Bindungs- und Anpassungsstörungen, Persönlichkeits-

störungen, Essstörungen, Angst- und Zwangstörungen, sowie Depressionen und tiefe

Suizidalität verursachen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Welt von Kindern oder Jugendlichen,

die solche -besonders mehrfache oder andauernde- traumatische Erfahrungen

machen mussten, keine verlässliche Entwicklungsgrundlage mehr bietet. Es kann

davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der Kinder und Jugendlichen, die sich

in Maßnahmen der stationären Jugendhilfe befinden, in diesem Sinne lebensge-

schichtlich belastet sind.

8 Hohenthal 2011, S. 23

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3 Traumapädagogik

„Traumapädagogik ist ein Sammelbegriff für die im

Besonderen entwickelten pädagogischen Konzepte zur

Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen

in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern“ (M. Kühn

2008, in W. Weiß 2011, S. 1).

3.1 Entstehung der Traumpädagogik

Anfänglich suchten PädagogInnen und Pflegeltern in Einrichtungen der Kinder- und

Jugendhilfe Antworten auf die zum Teil extremen Verhaltensweisen von trauma-

tisierten Mädchen und Jungen. Aus den Erkenntnissen der Psychotraumatologie und

Psychoanalyse, der Neurophysiologie und der Erziehungswissenschaften, der

Bindungs- und Resilienzforschung, sowie verschiedenen therapeutischen Disziplinen

entstanden traumapädagogische Konzepte und Handlungsweisen. So wurde aus dem

traumapädagogischen Diskurs der letzten Jahre eine pädagogische Begleitung

traumatisierter Kinder und Jugendlicher entwickelt und beschrieben; es entstand eine

neue Fachdisziplin. Die Traumpädagogik wird auch die „Pädagogik des Sicheren

Ortes“ genannt. In ihr muss „das Rad nicht neu erfunden werden“, sie hat ihre

Wurzeln in der Reformpädagogik, der Heil- und Behindertenpädagogik und der

psychoanalytischen Pädagogik mit milieutherapeutischen Konzepten, die inzwischen

durch systemische und lerntheoretische Einflüsse bereichert wurde. Die Trauma-

pädagogik ist „… als Antwort auf die Erfolglosigkeit oder Nichtwirksamkeit

bestimmter Konzepte in den letzten Jahren direkt aus der pädagogischen Praxis

entstanden“9. 2002 gründeten Kühn und Vogt die Webseite traumapädagogik.de, eine

Internetplattform, die alle Interessierten und Professionellen zum aktuellen trauma-

pädagogischen Diskurs einlädt, aktuelle Studien, Berichte, Veröffentlichungen,

wissenswerte Neuerungen zum Thema bereitstellt. Mit ihrem Buch „ Philipp sucht

sein Ich“, das 2003 erschien, legte Wilma Weiß ein Werk vor, das wie „…kein

anderes der mir bekannten Publikationen (…) dichter an der pädagogischen

Wirklichkeit in der Erziehungshilfe und pädagogischen Arbeit mit traumatisierten

Kindern und Jugendlichen …“, ist10.

9 Kühn 2008, S. 318

10 Vogt 2003, S. 2

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3.2 Entwicklungspsychologische Auswirkungen traumatischer

Belastungen im Kindesalter

Traumatische Erfahrungen beeinträchtigen die Entwicklung zentraler Bestandteile

der Persönlichkeit wie das Selbstkonzept, das Körperschema und die Beziehungs-

und Bindungsfähigkeit. Anhaltende negative und bedrohliche Lebenserfahrungen,

wie Formen von Kindesmisshandlungen durch Vernachlässigung, physische oder

sexuelle Gewalt, aber auch emotionale Misshandlungen führen dazu, dass Kinder die

ihnen zur Verfügung stehenden angeborenen archaischen Überlebensreaktionen von

Übererregung, Bindungssuche, Kampf-, Flucht-, Erstarrungsreaktionen, und Unter-

werfungsverhalten häufig nutzen müssen.

Der deutsche Neurobiologe und Wissenschaftler Gerald Hüther beschreibt das

menschliche Gehirn als sich selbst organisierende und strukturbildende neuronale

Netzwerke. Er bezeichnet die Fähigkeit von Nervenzellen sich zu verändern und mit

anderen Nervenzellen Verbindungen einzugehen als Neuroplastizität, die sich

entsprechend ihrer Nutzung und Aktivierung anpassen bzw. ausbauen kann.11 Er zeigt

auf, wie traumatischer Stress die neuronalen Netzwerke beeinflusst, die bereits

frühkindliche Hirnentwicklung beeinträchtigt und das Kind bzw. die oder der

Jugendliche nachhaltig in ihrer psychosozialen Entwicklung hemmen kann.12 Auch

der amerikanische Kinderpsychiater und Wissenschaftler Bruce D. Perry beschreibt

die „gebrauchsabhängige“ Entwicklung des Gehirns als eine der wichtigsten Eigen-

heiten des Nervengeflechtes. „ Zu den wichtigsten Charakteristika des Gedächt-

nisses, des Nervengewebes und der Erinnerung gehört daher, dass sie sich alle durch

musterartige, sich wiederholende Aktivität umorganisieren. Daher verändern sich

diejenigen Systeme in Ihrem Gehirn, die wiederholt aktiviert werden, und diejenigen

die nicht aktiviert werden, verändern sich nicht“13.

Es gibt viele Diagnosen für einzelne Symptombeschreibungen der Kinder und

Jugendlichen. Beispielsweise Entwicklungsverzögerungen, Störung des Sozialver-

haltens, Lernbehinderungen, Aufmerksamkeitsdefizitstörung, Hyperaktivitätsstörung,

oppositionelles oder aufsässiges Verhalten, Aggressionen, Impulsdurchbrüche. Sie

11 Hüther 1999, S. ?

12 Hüther 2002, S. 3ff

13 Perry, Szalavitz, 2006, S. 47

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alle können auf eine frühkindliche gestörte Hirnentwicklung aufgrund von trauma-

tischer Erfahrungen hinweisen. Sollten sich tatsächlich hinter diesen Symptomen/

Diagnosen ursächlich posttraumatische Belastungsstörungen befinden, würden die

sogenannten normalen Hilfen des Jugendhilfesystems nicht wirklich wirken, wenn

der Kontext der Traumatisierung nicht berücksichtig wird.14Bessel van der Kolk hat

eine neue Diagnosebegrifflichkeit für Kinder und Jugendliche vorgeschlagen:

„Developmental Trauma Disorder“, eine „traumabedingte Störung in der Entwick-

lung“ und hofft, dass diese in der nächsten Auflage des DSM sowie des ICD aufge-

nommen wird.15 Die fachliche Diskussion zu diagnostischen Kriterien ist weltweit in

Bewegung und eine Verbesserung wird erhofft, sollte diese neue Diagnose in das

DSM-V 2011 aufgenommen werden16. „Es braucht dringend traumaspezifische

Diagnostikinstrumente, die eine eventuelle traumatogene Vorgeschichte mit einbe-

ziehen und – berücksichtigen und Fehldiagnosen reduzieren“17.

3.3 Das Vergangene wirkt

Traumatische Erfahrungen wirken noch lange nach, oft ein Leben lang. Auch wenn

die betroffenen Kinder und Jugendliche an einem sicheren Ort vor weiteren

Traumatisierungen geschützt sind, sind sie dennoch mit deren Auswirkungen

konfrontiert. In erster Linie sind diese alters- und nicht traumaspezifisch.

Traumatische Ereignisse haben Auswirkungen auf die Identitätsbildung (Selbstwert,

Selbstregulation, Körperschema), die Ausbildung traumabezogener Erwartungen und

Auswirkungen auf die moralische Entwicklung (verwirrte kognitive Normen über

Generation, Sexualität und Geschlechterrolle). Sie beeinträchtigen die Bindungs-

fähigkeit und die Entwicklungskompetenzen. Ebenso führen sie zu Beeinträchtigung

der Belastbarkeit und zu Entwicklung traumaspezifischer Erinnerungen.18

14 Perry, Szalavitz 2006, S.74 / Kühn 2007, S. 7

15 van der Kolk: In Benzel, 2006, S.15

16 Kühn 2008, S.323

17 Benzel 2006, S. 15

18 Weiß 2008, S. 42

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3.4 Traumpädagogik als Bestandteil der Traumaarbeit

„Die Traumapädagogik ist sowohl Teil der Pädagogik als auch Teil der

Psychotraumatologie“19.

Es ist falsch zu glauben, dass nur die Therapie als Behandlungsmöglichkeit bei der

Bewältigung von traumatischen Ereignissen hilft. Eine traumabezogene pädago-

gische Hilfestellung bietet große Chancen, dass Kinder und Jugendliche lernen

können ihre traumatischen Erfahrungen zu bewältigen und zu aktzeptieren. Sie

lernen mit Hilfe der Traumapädagogik aus der Opferrolle zu wechseln und lernen

Eigenverantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Sie werden zum Subjekt ihres

Lebens. Ein wichtiges Ziel der Traumabewältigung ist die Veränderung der als Folge

der Traumatisierung entstandenen Haltungen: der Verlust von Vertrauen in und die

Ablehnung von Sicherheit bietenden Beziehungen, die Abwertung von erworbenen

Kompetenzen und die sinnbietenden Orientierungen.20

19 Weiß 2011, S.5

20 Hüther 2002, S. 6

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4 Traumpädagogik in der Praxis

„Ich glaube, das Wichtigste, das alle Professionellen

mentaler Gesundheit wissen müssen, ist nicht, wie

man das komplizierte Verhalten interpretiert, sondern,

wie man jemandem helfen kann, auf einem

ausgeglichenen Kiel zu stehen, bzw. in einen

physiologischen Zustand zu kommen, in dem er/sie

seine Sinne zusammenhalten kann“ (Bessel van der

Kolk in Weiß 2011, S.12)

4.1 Grundlagen einer traumazentrierten Pädagogik

Die Pädagogik bietet Möglichkeiten der Traumabearbeitung. Sie bietet Möglich-

keiten zur Unterstützung bei der Korrektur der negativen Selbstbilder und

Verhaltensweisen und bietet eine Orientierungshilfe für eine relativ selbstbestimmte

Zukunft. Die pädagogischen Interventionen dienen der psychischen und sozialen

Unterstützung traumatisierter Kinder und Jugendlicher, ihre Eigeninitiative wird

gefördert, ihre Isolation soll aufgehoben werden. Traumapädagogik hat den Aufbau

von Selbstkontrolle, kognitiver Umwertung des Erlebten durch Biografiearbeit und

mentale Erörterung von bisherigen Bindungserfahrungen und Bindungsmodellen

zum Ziel. Es gelten folgende Grundlagen:

Veränderungen von dysfunktionalen Einstellungen und Überzeugungen

Möglichkeiten das Geschehene in die eigenen Lebensgeschichte einzuordnen

im Leben, im „Jetzt“ einen Sinn finden

lernen Körpergewahrsein und Körperfürsorge zu entwickeln

mehr Kontrolle über traumatische Erinnerungsebenen zu erlangen

Vertrauen in Beziehungen zu fassen21

4.2 Was traumatisierte Kinder und Jugendliche brauchen

Traumatisierte Kinder und Jugendliche leiden unter nicht kontrollierbaren

Erinnerungen (Flashbacks), sie übertragen traumatische Bindungserfahrungen und

reinszenieren ihre traumatischen Erfahrungen. Eine Vermeidung von traumabe-

zogenem Material ist deshalb in der stationären Jugendhilfe nicht möglich. Neben

Haltgebenden Strukturen (ein verlässlicher Betreuungsrahmen, der transparent,

21 Weiß 2008, S. 80

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vorhersehbar und ohne Willkür ist, Tages- und Wochenpläne) und innerer und

äußerer Sicherheit (sichere Wohnumgebung, keine Täterkontakte, klare Grenzen,

Stopps und Standards bzgl. Gewalt) brauchen sie vor allem:

eine Haltgebende Beziehung zu einem Erwachsenen und die Entwicklung

selbstschützender Bindungsmodelle

Unterstützung bei der Bearbeitung der eigenen Lebensgeschichte, die Möglichkeit

der Realitätsanerkennung

Entwicklung von Körpergewahrsein, Selbstfürsorge, Selbst trösten, Gefühle

regulieren können, Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit, Vorstellung vom „sicheren

inneren Ort“ fördern

Eigenverantwortung und Selbsthilfe fördern: Schatzkiste, Notfallbox

Entwicklungsmöglichkeiten, reale Bildungschancen

Ressourcenorientierung: Stärken erfragen, auf- und ausbauen von Erfolgser-

lebnissen, „gute Filme“ entwerfen, incl. Zukunftsvorstellungen

Korrektur von selbst- und fremdschädigenden Geschlechtsrollenverständnis

Identifizieren und Minimieren von Triggern22

4.3 Grundregeln der Traumpädagogik

Innere und äußere Sicherheit bedeutet Schutz vor erneuten Traumatisierungen.

Sicherheit wird wesentlich durch Verlässlichkeit, durch Einhalten von Vereinba-

rungen, Versprechungen oder angekündigten Konsequenzen gegeben. Sie bedeutet

auch, keine weiteren Wechsel oder Veränderungen, keine weiteren Belastungen oder

Verunsicherungen. Von großer Bedeutung ist auch die Kontrollierbarkeit. Traumati-

sierte Kinder und Jugendliche waren in der Regel ihren belastenden Erlebnissen hilf-

und schutzlos ausgeliefert, sie empfanden eine grenzenlose Ohnmacht. Die Wieder-

erlangung Ereignisse kontrollieren oder auch vorhersehen zu können, ist eine wesent-

liche Grundlage zur Herstellung ihrer inneren Stabilität. Um die innere und äußere

Sicherheit aller Betroffenen (hier ist auch die Sicherheit der PädagogInnen gemeint)

aufrechtzuerhalten und gewährleisten zu können, sollten folgende Regeln aufgestellt

und eingehalten werden:

22 Hohenthal 2011, S. 6-10 / Weiß 2008, S. 79-82

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Strukturelle Rahmen der Einrichtung:

verlässliche und regelmäßige Tages- und Wochenstruktur

überschaubare und kontrollierbare Regeln

klare und deutliche Konsequenzen

Transparenz und Partizipation bei Entscheidungen/Veränderungen

regelmäßige Freizeitangebote

geringe Fluktuation der MitarbeiterInnen

klare und verlässliche Zuständigkeiten der MitarbeiterInnen

Psychohygiene der traumatisierten Kinder und Jugendlichen:

Unterbrechen/beenden von destruktiven Situationen

körperliche Aktivitäten fördern (Radfahren, Fußball spielen, Joggen, schwimmen,

etc.) plus Freizeitgestaltung

auf gute Ernährung achten, Genussstoffe aus Genuss nicht aus Frust

Positive sensorische Reize: Duftlämpchen, akustische leise Musik, Körper-Pflege

Selbstfürsorge lernen: was tut mir gut, was nicht, welche Menschen in meiner

Umgebung tun mir gut, welche nicht

Gestaltung des äußeren Ortes:

keine Zerstörungsatmosphäre, aber auch nicht „zu schön“

Intaktheit von Mobiliar und Material

Ordnung und Sauberkeit

Gewaltfrei Zonen schaffen:

keine Gewalt gegen Andere

kein lautes Herumschreien oder Herumbrüllen

keine verbalen Beschimpfungen, Beleidigungen, Drohungen oder Erpressungen

keine sexuelle Gewalt, kein Anfassen ohne Erlaubnis23

Zusammenfassend lassen sich als „Kernstücke der Traumapädagogik“ der Sichere

Ort, d. h. der transparente Ort und gute Bindungen zu Erwachsenen, die sie bei der

Selbstbemächtigung unterstützen, hervorheben. Die Selbstbemächtigung bezeichnet

Weiß als Förderung des Selbstverstehens und der Selbstregulation, als Unterstützung

der Selbstakzeptanz und die Förderung von Körperwahrnehmung, Selbstwirksamkeit

und Selbstausdruck.24

23 Sänger 2009, S. 6, / Uhde-Vogt u. Vogt 2002, S. 1-2

24 Weiß 2011, S. 10

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4.4 Traumapädagogische Haltungen der PädagogInnen

Das Konzept „des guten Grundes“, das Verstehen des Verhaltens der traumatisierten

Kinder und Jugendlichen: „Du reagierst normal auf unnormale Belastungen! Du bist

nicht „verrückt, schlecht, o.ä.“ Alles, was du tust, hat eine innere Logik, kann

verstanden werden (was nicht heißt, dass alles erlaubt ist)“25, ist eine zentrale Haltung

der PädagogInnen. Kinder und Jugendliche erfahren eine Würdigung ihrer bis jetzt

überstandener Lebenserfahrungen, sie haben viel geleistet. Die Pädagoginnen stellen

ihr Fachwissen zur Verfügung, die Kinder und Jugendliche sind die Experten für ihr

eigenes Leben. Eine weitere traumpädagogische Haltung ist Transparenz: Einerseits

zwischen den Kindern/Jugendlichen und den PädagogInnen, und andererseits

notwendige und hilfreiche Transparenz der unterschiedlichen Professionen unter-

einander.26 Partizipation ist eine weitere Haltung der PädagogInnen in der Arbeit; die

Kinder und Jugendliche haben Teil an der Gestaltung ihrer eigenen Lebensbe-

dingungen und sie erleben Autonomie, Kompetenz und Zugehörigkeit durch die

traumazentrierte Haltung der Fachkräfte.

4.5 Grundkompetenzen für professionelles Handeln

Grundkompetenzen zum Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen sind

für alle PädagogInnen extrem wichtig, um den spezifischen Gefahren und Belast-

jungen der Arbeit wirksam begegnen zu können.

Zu diesen Grundkenntnissen zählen Basiswissen der Psychotraumatologie, über

Entwicklungsrisiken, Entwicklungschancen und unterstützende Faktoren (Saluto-

genese und Resilienz), ebenso Basiswissen über Ausmaß, Dynamik, Folgen und

Täter(Innen)-strategien bei sexueller Gewalt, Grundkenntnisse der Übertragungs-

und Gegenübertragungsphänomene sowie Grundwissen der Beziehungs- und Bin-

dungsfähigkeit. Neben dieser Sachkompetenz gehören zum Umgang mit trauma-

tisierten Kindern und Jugendlichen die Selbstreflexion aller PädagogInnen, die im

Allgemeinen als eine der wichtigsten Kompetenzen in der sozialen Arbeit bezeichnet

wird, und die Selbstfürsorge.27 Das Pflegen der eigenen Psychohygiene, gerade in

Bezug auf Burnout, und Auswirkungen der sekundären Traumatisierung ist von

25 Hohenthal 2010, S.7 / Ebel 2003, S.7

26 Halper, Orville 2009, S. 101-108

27 Weiß 2008, S. 197-198

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großer Bedeutung. „Der Erhalt der psychischen Unversehrtheit oder die

Verhinderung von Burnout (Sekundärer Traumatisierung) ist eine, vielleicht die

wichtigste Kompetenz der PädagogInnen“28.

„Die persönlichen Grundkompetenzen können jedoch nur wirksam werden, wenn die

Institutionen und letztendlich die Gesellschaft förderliche Rahmenbedingungen

bereitstellen. Oder auch: Die Institution und die Gesellschaft haben letztendlich

Sorge zu tragen, dass der professionelle Umgang mit traumatisierten Mädchen und

Jungen sowohl diesen nützt als auch den PädagogInnen selbst nicht schadet“29.

28 Ebd., S. 202

29 Ebd., S. 175

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5 Sekundäre Traumatisierung

„Sekundärer traumatischer Stress ist ein Risiko, das

wir eingehen, wenn wir uns empathisch mit einem (…)

Kind befassen“. B. Perry

5.1 Geschichte der Sekundären Traumatisierung

Die Geschichte der Sekundären Traumatisierung (ST) ist ebenso alt wie die Trauma-

forschung. Als „Erkrankung der Helfer“ wurde sie bei Kriegs- und Folteropfern, bei

Holocaustüberlebenden, bei Katastrophen- und Unfallüberlebenden als auch bei

Terroranschlägen beobachtet. Durch den Kontakt, den Umgang mit traumatischem

Material bei anderen Menschen, den primär Geschädigten, geschieht die Ansteckung,

„die Infizierung“ mit sekundärem traumatischem Stress. Im Diagnostic and

Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) ist die posttraumatische Belastungs-

störung (PTSB) in den 80ziger Jahren aufgenommen worden und umfasst die

Traumatisierung der primär Betroffenen; eine Klassifizierung der ST fehlt bislang.

Eine ST kann sich als Krankheit zu einer Sekundären Traumatischen Belastungs-

störung (STBS oder Seconadary Traumatic Stress Disorder, STSD) entwickeln.

Das Phänomen der sekundären Traumatisierung wird sehr häufig dem Beruf der

TherapeutInn und PsychologInnen, der Erst- und KatastrophenhelferInnen, der

PolizistInnen, Feuerwehrleuten und Rettungsdienstpersonen zugeordnet. Es sind

jedoch alle MitarbeiterInnen aus helfenden Berufen betroffen, die bei traumatischen

Ereignissen ihren Einsatz haben bzw. mit traumatisierten Menschen später arbeiten,

wie z.B. Krankenhauspersonal, LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, ErzieherInnen.

Eine weitere Gruppe der Betroffenen sind die Angehörigen von Trauma-Opfern.

5.2 Begriffsklärung

In der Forschungsliteratur lassen sich über zwanzig Begriffe zur ST finden. Diese

„Begriffsinflation zur Sekundären Traumatisierung“ beschreibt Lemke und zeigt eine

Begriffsentwicklung im Kontext der Psychotraumatologie auf. Er nimmt eine

Abgrenzung der Begriffe zu- und voneinander vor.30

30 Lemke, 2010, S. 17

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Figley prägte den Begriff von secondary victimazation bereits 1983, den er später in

compassion fatifue, Mitgefühlserschöpfung, oder Mitgefühlsstress, sekundäre

traumatische Belastung oder sekundären traumatischen Stress (secondary traumatic

stress) nannte und als „ … eine natürliche, vorhersehbare, behandelbare und ver-

hinderbare unerwünschte Folge der Arbeit mit leidenden Menschen“ beschreibt.31 Er

bezeichnet die Sekundäre Traumatisierung als Kosten des Helfens, „… a cost to

caring“32.

Bekannt sind auch die Begriffe der „Stellvertretenden Traumatisierung“ von Frey

(2001), die „Indirekte Traumatisierung“ geprägt von McCann und Pearlman (1990)

und die „Sekundärtraumatisierung“ von Daniels (2008).

„B. Hudnall Stamm definiert sekundären traumatischen Stress als natürliche, konse-

quente Verhaltensweisen und Emotionen, die durch das Wissen entstehen, dass ein

(…) anderer Mensch ein traumatisches Ereignis erlebt hat. Diese Art von Stress ent-

wickelt sich, wenn wir traumatisierten oder leidenden Menschen helfen oder helfen

wollen“33. Diese Hausarbeit hält sich an die Definition von Hudnall Stamm, an die

Abgrenzungen von Lemke und verwendet den Begriff der Mitgefühlserschöpfung im

Sinne der compassion fatigue nach Figley.

5.3 Wie erfolgt die Ansteckung, die Infizierung?

Als eine Art ansteckender Krankheit hat Frey (2001) die Sekundäre Traumatisierung

in Analogie beschrieben. „Bei einer Infektionskrankheit sind die Faktoren, welche

den Grad der Ansteckungsfähigkeit bestimmen, die Virulenz, d.h. die Infektionskraft

und Vermehrungsfähigkeit der aggressiven Kleinwesen, die Art der Übertragung

(z.B. über die Luft), das soziale Umfeld (z.B. hygienische Verhältnisse) sowie die

aktuelle immunologische Widerstandskraft des Infizierten. In ähnlicher Weise

beeinflussen bei einer psychischen Ansteckung die Form, Heftigkeit, Dauer und

Wiederholung der traumatischen Ereignisse (…), die sozialen Umstände (Kontexte),

in welchem die Traumatisierungen und deren emotionale und kognitive Verarbeitung

31 Figley: In Hudnall Stamm (Hrsg.) 2002, S. 41

32 Figley 1995b: In Lemke 2010, S. 61

33 Hudnall Stamm : In Gies 2009, S. 1

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stattfinden, sowie die Verletzlichkeit (Vulnerabilität) und Widerstandkraft (Resi-

lienz) der Betroffenen die nachfolgenden Auswirkungen“34.

Abbildung 1: Stellvertretende Traumatisierung35

Als wichtigste Risikofaktoren einer Sekundären Traumatisierung werden benannt:36

frühere eigene Traumatisierungen einschließlich vorangegangener sekundärer

Traumatisierung

allgemeine Lebensumstände wie Lebensstress und psychische Gesundheit

Merkmale des sozialen Umfeldes

Demografische Faktoren wie Alter, Geschlecht, soziale Schicht

Ressourcen und Bewältigungsmechanismen

Neueste neurobiologische Untersuchungen lassen vermuten, dass drei Faktoren eine

entscheidende Rolle bei der Sekundären Traumatisierung spielen. Sie werden von

Daniels (2007) und Udolf (2008) als Empathie, Kindling und Dissoziation

beschrieben.

Empathie ist die Fähigkeit mitfühlen zu können, sich die mentalen Perspektiven

eines Menschen zu erschließen sowie sich in seine emotionale Verfassung

hineinzuversetzen. Dies geschieht neurobiologisch mit Hilfe der Spiegelneuronen

im Gehirn. Ohne diese empathische Fähigkeit, ohne Empathie wären Menschen

unbarmherzig und gleichgültig.

34 Frey: In Lemke 2010, S. 15

35 Frey 2001: In Meier & Schnyder 2007, S.3

36 Lemke 2010, S. 16ff / Gies 2009, S. 4

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Kindling ist eine zunehmende Sensibilisierung bestimmter Hirnareale (Amygdala)

durch wiederholte, unterschwellige Aktivierung, d. h. durch die wiederholte

Konfrontation mit traumatischen Material des primär Geschädigten, wird das

Gehirn, die Amygdala der HelferInnen gereizt.

Dissoziation: ist eine Notfallreaktion des Menschen, die ihm ermöglicht

lebensbedrohliche Situationen zu überstehen, indem er das Geschehen abspaltet und

z.B. wie ein Film oder nicht real empfindet. Durch die wiederholte

Amygdalastimulierung erfolgt ein erhöhtes Erregungsniveau, das wiederum die

Dissoziation bedingt.37

„Sekundärtraumatisierung wird durch die dissoziative Verarbeitung von Trauma-

material ausgelöst. Dissoziative Verarbeitung zeigt sich z.B. in emotionaler Taubheit

oder einer veränderten Zeitwahrnehmung während man mit Traumamaterial konfron-

tiert ist. Das eigene Handeln wird als automatisiert, wie auf Autopilot, erlebt,

während die äußere Welt unreal oder traumähnlich erscheint“38.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass HelferInnen jederzeit und sobald sie

mit traumatisierten Menschen zusammenkommen und empathisch ihren beruflichen

Aufgaben nachgehen, durch die Konfrontation mit Traumamaterial eine Sekundäre

Traumatisierung erleiden können. Ihre persönliche Vulnerabilität und Vorgeschichte

kann ein Risikofaktor sein, ihre Resilienz und Widerstandskraft ebenso ein

Schutzfaktor. Wiederholte ST kann zu einer Sekundären Traumatischen Belastungs-

störung führen.

5.4 Symptome des sekundären traumatischen Stress (STS)

HelferInnen aller verschiedenen Berufen (siehe 5.1, S. 18), erleben ähnliche Symp-

tome wie sie von Traum-Opfern beschrieben werden: Alpträume, intrusive Gedanken

und Bilder, Depression, Gereiztheit, Bedrohungsgefühle einhergehend mit sozialem

Rückzug, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhter Konsum von Alkohol und

Medikamenten. Im Jugendhilfebereich laufen die PädagogInnen ständig Gefahr, den

wiederholenden Konfrontationen mit traumatischen Erlebnissen der Kinder und

Jugendlichen ausgesetzt zu sein und zu begegnen. Udolf verweist auf eine Unter-

suchung, in der hauptsächlich TherapeutInnen befragt und ca. 30% der Teilnehme-

37 Daniels 2007,S.10

38 Daniels 2008, S.3

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rInnen als sekundär traumatisiert diagnostiziert wurden. Ungefähr 14% der Teilneh-

merInnen entwickelten eine dauerhafte Symptomatik, bei den Anderen dauerten die

Symptome länger als vier Wochen an.39

Emotionale Reaktionen:

Angst und Beklemmung

Anspannung und Niedergeschlagenheit

Zorn und allgemeine Reizbarkeit

Pathologischer Kummer

Depression

Kognitive Reaktionen

Vermeidungsverhalten

Veränderung innerer Werte und Einstellungen

Intrusionen (unerwartete Bilder aus den von Kindern und Jugendlichen erzählten

traumatischen Erlebnissen, die heftige emotionale Reaktionen auslösen)

Konzentrationsstörungen

Psychische bzw. psychosomatische Reaktionen

Schlafstörungen und Apetitverlust

Häufige Erkältungen

Kopf- und Bauschmerzen Nacken- und Rückenbeschwerden

gesteigerte Unfallhäufigkeit

Hautirritationen und Ausschläge

ein reduziertes Sexualleben und Erschöpfungszustände

Gesundheitsschädigende Copingstrategien

Überdecken von Müdigkeit durch Koffein und Nikotin

aktives gesundheitsschädigendes Verhalten (übermäßiger Gebrauch von Sucht- und

Beruhigungsmitteln, wie Alkohol, Zigaretten oder Drogen)

39 Udolf 2008. S.1

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Soziale Auswirkungen

Distanzierung und sozialer Rückzug

Zynismus

Konflikte in der Partnerschaft

Streit zu Hause nach belastenden Erlebnissen (vor allem bei Frauen)

Leugnen der Symptome

gesteigerte Sensibilisierung für Unrecht und Gewalt

Eindruck, dass die Familie oder Freunde sich zu sehr um einen kümmern oder einen

gar nicht verstehen40

Die Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit kann als sehr gravierender Verlust

bezeichnet werden. Die drei Grundannahmen der HelferInnen zum Ich und der Welt

werden durch traumatische Erfahrungen, durch sekundären traumatischen Stress

erschüttert: die Vorstellung der persönlichen Unversehrtheit, die positive Selbstsicht

und die Vorstellung in eine geordnete und sinnvolle Welt.41 Das bisherige Selbst-

verständnis der HelferInnen und PädagogInnen kann ins Wanken geraten. Gedanken

und Gefühle über den Sinn des Lebens sowie moralische und ethische Überzeu-

gungen als auch Hoffnungen und Transzendenzen werden hinterfragt und bezweifelt.

In ihrem Artikel betont Udolf die Vermeidung von Unterstützung aller betroffenen

PädagogInnen im Jugendhilfebereich, einerseits verursacht durch den öffentlichen

und finanziellen Druck, der auf Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen lastet und der

seit Jahren unverändert schlechten Lage auf dem Arbeitsmark für soziale Berufe.

Andererseits besteht die Neigung zum Verstecken der Symptome, die gestützt wird

durch das in der Jugendhilfe allgegenwärtige Idealbild von PädagogInnen, die den

alltäglichen Umgang mit sich selbstverletzenden, suizidalen oder aggressiven

Kindern und Jugendlichen als eine normale pädagogische Herausforderung betrach-

ten sollen.42

Sie beschreibt das Risiko der PädagogInnen, sekundär traumatisiert zu werden, „ (…)

ist allein schon deshalb enorm hoch, da professionelle Helfer in hohem Maße dazu

neigen, sich selbst zu schädigen und gleichzeitig die Fürsorge für die eigene

40 Udolf 2008, S.1-3

41 .Hudnall Stamm (Hrsg.), 2002, S. 67, 89-90, 121 / Lemke, 2010, S. 73-76

42 Udolf 2008, S. 5

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Gesundheit auszublenden. Sie arbeiten in der Regel zu viel, übersehen dabei ihre

eigenen Stressreaktionen und neigen auch dazu, sich in ihren Hilfestellungen weit

über ihre psychischen und körperlichen Grenzen hinaus zu verausgaben. Dazu

versuchen sie mit eigenen Belastungen ohne fremde Hilfe fertig zu werden. Sie

haben eher die Neigung, die eigene Verletzbarkeit zu leugnen. Viele glauben, dass

sie einfach selbst damit fertig werden (müssen) oder haben Angst, pathologisiert zu

werden. Sekundär Traumatisierte tendieren dazu, ihre eigenen Reaktionen nicht als

psychologisch zu sehen!“43.

5.5 Prävention von Sekundärer Traumatisierung (ST)

Es gibt viele praxisbezogenen Strategien zur Prävention von Sekundärer Traumati-

sierung aus dem Bereich der Katastrophenhilfe und auch genügend Fachliteratur,

Fortbildungen und Supervisionsangebote für TherapeutInnen. Im pädagogischen und

therapeutischen Alltag der Kinder- und Jugendhilfe fehlten präventive Maßnahmen

bislang. Mit der „neuen“ Fachdisziplin der Traumapädagogik wird diese Lücke ge-

füllt. Die Traumpädagogik fokussiert sich nicht allein auf die traumatiserten Kinder

und Jugendliche und traumaspezifischen Ansätzen, sondern legt auch Schwerpunkt

auf die Prävention von ST bei allen PädagogInnen. In der traumapädagogischen

Praxisberatung bekommt die Notwendigkeit und die Möglichkeiten zur Unterstütz-

ung der PädagogInnen eine zentrale Bedeutung.

Prävention von ST umfasst primär die Verringerung von traumatischen Stress und

seinen Folgeerscheinungen, d.h. die Verringerung seiner Intensität, als auch die

Widerstandsfähigkeit, also die Resilienz aller PädagogInnen zu fördern und zu

stärken. 44

Zur Prävention und Minimierung von ST gehören:

Das Erkennen und der Umgang mit Übertragung/ Gegenübertragung, Rollen und

Beziehungserfahrungen

Das Erkennen eigener Grenzen

Akzeptanz von Grenzen

Das Zuordnen von Verhaltensweisen – die Arbeit mit dem guten Grund/Weil

Die Versorgung von Gefühlen

43 Udolf, 2008, S.5

44 Ebd., S. 4

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Das Herstellen des Gefühl von Sicherheit

Erhalt oder Wiedererlangen von Selbstwirksamkeit

Alle PädagogInnen benötigen Offenheit und Mut, um ihre Gefühle zuzulassen und zu

benennen sowie die Bereitschaft ihre eigenen biografischen Anteile kritisch zu

hinterfragen.45

Ein wichtiger Aspekt zur Bewältigung von traumatischen Erfahrungen, den die

PädagogInnen im Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen erleben, ist

die Kontrolle über das eigene Handeln zu haben und zu behalten (mastery). Dabei

helfen routinierte Handlungsabläufe, Checklisten und strukturierte Vorgehensweisen,

die Sicherheit geben. Ebenso wird mehr Sicherheit unter „gut erprobten“ Teams

erreicht, durch das Wissen über die Fähigkeiten der KollegInnen und das Vertrauen

in ihre Kompetenzen. KollegInnen können sich gegenseitig unterstützen und somit

Belastungen reduzieren.46

Den PädagogInnen wird „… ein Höchstmaß an Selbstreflexion abgefordert, nur mittels

einer ausgeprägten Psychohygiene, einem Wissen von psychotraumatologischen

Dynamiken und einer fundierten Fachberatung und Supervision ist es möglich, eine

professionelle und reflektierende Beziehung zum Kind aufrecht erhalten zu können. Mit

dem Kind mitfühlen ist wichtig, es muss aber die schwierige Balance zwischen

unkontrollierten Emotionen und einer reflektierenden Distanz gewahrt werden“ 47.

Das ABC des Schutzes vor Sekundärer Traumatisierung beschreibt Udolf wie folgt:

A wie Achtsamkeit

Auf sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse zu achten, seine Grenzen und

Ressourcen zu wahren, um gesund zu leben. Um die eigene Ausgeglichenheit zu

behalten sollten PädagogInnen ca. die Hälfte ihrer Aufmerksamkeit auf sich selbst

richten. Sie sollten sich gut selbst kennen und verstehen, um klar im Kontakt mit

Kinder und Jugendlichen sein zu können und um Übertragung und Gegenüber-

tragung unterscheiden zu können.

45 Lang 2011, S. 1-2

46 Udolf 2008, S. 4

47 Schmid 2008, S. 303: In Harder 2010, S.21

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B wie Balance

Ausgeglichenheit zwischen Arbeit und Freizeit ist wichtig und nötig. Eine Balance

zwischen beruflichem Leben und vielfältigen privaten und persönlichen Aktivitäten,

die sozusagen als eine Art „Krafttankstelle“ genutzt werden.

C wie Connection (Verbindung)

Es ist die Verbindung mit der Natur, dem Leben als Solches, mit anderen Menschen

gemeint, sich selbst zu erfahren und zu entwickeln, persönliche Bedürfnisse

wahrzunehmen und sie zu verwirklichen.48

Auch auf Leitungsebene bzw. institutioneller Ebene müssen Rahmenbedingungen für

MitarbeiterInnen zum Schutz vor Sekundärer Traumatisierung geschaffen und vorge-

halten werden. Die Arbeitsstätte muss ein erlebbarer Sicherer Ort für PädagogInnen

sein, ihren Arbeitsleistungen wird mit Wertschätzung und Respekt begegnet. Es

sollten transparente Arbeitsstrukturen zwischen Leitung und MitarbeiterInnen gege-

ben sein, die dem Erhalt von Sicherheiten, Erleben von Autonomie dienen, Kompe-

tenz und Zugehörigkeit vermitteln. Die PädagogInnen sollten an der Gestaltung eige-

ner Arbeitsbedingungen mitwirken können.

48 Udolf 2008, S. 4

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6 Schlussfolgerung

Die Fragestellung „Welche Wellen schlägt „No Fight – No Flight Freeze and

Fragment“ und zu welchen primären und sekundären Auswirkungen können diese

Stresszustände führen?“ wird zu Beginn dieser Hausarbeit ausführlich dargelegt und

verfolgt. Wie intensiv und dauerhaft die weitere Entwicklung und damit das weitere

Leben eines jungen Menschen beeinträchtigt oder gar gestört sein kann, wird aufge-

zeigt. In der Vergangenheit und immer noch scheitern schwer traumatisierte Kinder

und Jugendliche mit ihren schwierigen Verhaltensweisen im Hilfesystem an der

Unwissenheit um ihre Problematik. Ein Basiswissen der Psychotraumatologie aller

PädagogInnen, um adäquat mit Kindern und Jugendlichen umzugehen, die trauma-

tischen Stress erfahren haben und mit ihnen arbeiten zu können, ist nötig! Ebenso

wichtig ist das fachspezifische Wissen einer traumazentrierten Pädagogik, um diesen

jungen Menschen ihre Selbstwirksamkeit und Selbstbemächtigung an ihrem eigenen

Leben zu ermöglichen, ihnen zur Wiederherstellung von Lebensqualität zu verhelfen.

Sicherlich sind nicht alle junge Menschen schwer traumatisiert, die auffälliges

Sozialverhalten und Anpassungsstörungen (in Kapitel 3.2 beschrieben) aufweisen

und es sollte zu keiner Inflation des Traumabegriffes führen.

Die neue Fachdisziplin der Traumapädagogik mit ihren Ansätzen und Methoden,

bietet PädagogInnen eine Hilfestellung, Traumaarbeit in der alltäglichen Lebenswelt

betroffener Kinder und Jugendlichen umzusetzen.

2007 wurde die „Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik“ initiiert, die

fachliche Standards für die pädagogische Praxis, Fortbildungen und Qualifikation

entwickelte. Beratungs- Fort- und Weiterbildungsinstitute in Deutschland sind

entstanden. Weiterhin gibt es bereits Institutions- und Wohneinrichtungskonzepte,

die auf Basis der traumapädagogischen Konzepte arbeiten. Beispielsweise das

Konzept der Jugendwohngruppe Greccio, St. Canisius in Schwäbisch Gmünd 49, die

Evangelische Jugendhilfe Menden50 oder die Wohngruppe Refugio in Göppingen51.

Eine weitere Vernetzung bereits bestehender Projekte ist notwendig sowie weitere

Fortbildung und Qualifikationen der beteiligten Fachkräfte.

49 www.traumapädagogik.de/pdf/Wiesinger.pdf

50 www.ev-jugendhilfe-menden.de

51 www.rupert-meyer-haus.de/refugio. html

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Im März 2011 veranstaltete die Hans-Wendt-Stiftung einen Fachtag zur Trauma-

pädagogik in Jugendhilfe, Klinik und Alltag „Wege aus dem Alptraum“, um die

Fachdiskussion auch im norddeutschen Raum voranzubringen. Als Gastrednerin war

Frau Michaela Huber eingeladen, mit ihrem Vortrag „ Wenn´s zu Hause knallt.

Kinder, Jugendliche und häusliche Gewalt“52. Frau Dr. Anke Lipps und Frau Kerstin

Scholl stellten einen Fall mit klinischem Behandlungsverlauf aus dem Klinikalltag

der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums Bremen-Ost, vor. Frau Margrit

Hohenthal aus der Hans-Wendt-Stiftung erläuterte die Thematik aus dem

Blickwinkel der Jugendhilfe, mit ihrem Vortrag „Verstehen und Handeln – Basis-

strategien“53.

Daneben bot die Hans-Wendt-Stiftung in 2010/2011 allen pädagogischen Mitarbeite-

rInnen in der Sozialpädagogischen Familienhilfe, in Hort und Schule arbeitenden

KollegInnen eine traumapädagogische Fortbildung an. Diese wurde von Frau Sänger

und Frau Udolf geleitet und durchgeführt. Insgesamt nahmen ca. 300 Teilneh-

merInnen, auch LehrerInnen aus Schulen, an der Fortbildung teil und erarbeiteten in

ihren jeweiligen Kleingruppen neben dem Basiswissen der traumazentrierten

Pädagogik auch notwendige Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, um ihre

zukünftige Arbeit nach traumpädagogischen Aspekten umsetzen zu können.

Die Frage, ob ein Trauma ansteckend ist, lässt sich abschließend mit Ja beantwor-

ten.54 Die Gefahr der Sekundäreren Traumatisierung gehen alle Menschen in

helfenden Berufen ein. Bislang wurden diese Risiken in der Jugendhilfe jedoch

wenig thematisiert. Diese Lücke schließt die Traumapädagogik, in dem sie die

professionellen Fachkräfte ebenso zum Schwerpunkt nimmt, wie die Betroffenen

selbst. Trotz öffentlichem Kostendruck und Sparzwängen ist zukünftig eine Verän-

derung institutioneller Rahmenbedingungen durch traumapädagogische Konzepte

wünschenswert und notwendig. Die Selbstfürsorge und Resilienzförderung sowie der

Schutz und die Gesundhaltung aller PädagogInnen muss noch viel mehr berücksich-

tigt und präventive Maßnahmen ausgebaut werden.

52 Huber 2011

53 Hohenthal 2011

54 Herman 2003, S. 193

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7 Fazit

Die Traumpädagogik steckt noch „in den Kinderschuhen“, das Wissen um ihre

Notwendigkeit breitet sich langsam aber sicher aus. Und das ist gut so!

In der thematischen Auseinandersetzung und beim Schreiben dieser Hausarbeit ist

mir bewusst geworden, wie stark traumapädagogisch orientiert, meine Team-

KollegInnen und ich bereits vor 10-12 Jahren – ohne es explizit so zu benennen –

aber auf der Basis der Erkenntnisse der Trauma-Stressphysiologie arbeiteten. Wir

bündelten das Erfahrungswissen unterschiedlicher Professionen und entwickelten

neue Standards für die Arbeit mit traumatisierten Jugendlichen und auch für uns

MitarbeiterInnen. Mittlerweile ist unser Erfahrungswissen angewachsen und fachlich

ausgereift. Heute sind wir routinierter im Umgang mit traumatisierten Jugendlichen

und jungen Erwachsenen: Trauma und Krise ist unser „Alltagsgeschäft“. Wobei wir

nicht routinierter werden (weil wir mitfühlende Menschen und PädagogInnen sind)

ist die Begleitung der Betroffenen in ihrem Leid, die Belastungen sind sehr hoch!

Unserem Team stehen präventive Maßnahmen wie Fach- und Team- Supervision,

kollegiale Beratung, Reflexionsstunden und –tage zur Verfügung und wir nutzen

diese regelmäßig; trotz dem sind wir vor Sekundärer Traumatisierung nicht

geschützt. Sparzwänge und Kostendruck sowie Arbeitsverdichtung und das Ausmaß

erkrankter Jugendlicher, das deutlich gestiegen und in seinen Erscheinungsformen

intensiver wurde, erhöhen diese Belastungen zusätzlich. Wie ich in Kapitel 5 dieser

Arbeit darlege, bietet die neue Fachdisziplin Traumapädagogik meiner Meinung

nach, gerade im Bereich der Prävention der Sekundären Traumatisierung, große

Chancen diese zu minimieren. Die Traumapädagogik stellt die Gesundheit und

Gesundhaltung, die Resilienz und Resilienzförderung der PädagogInnen, die mit

traumatisierten Kindern und Jugendlichen arbeiten in den Vordergrund, gleichwertig

neben der Arbeit mit den Betroffenen. Auch in unserem Team ist diese präventive

Arbeit noch ausbaufähig.

Innerhalb dieses 5. Weiterbildungskurses des Qukuk-Institutes bin ich die einzige

Teilnehmerin aus dem Bereich der Jugendhilfe. Sowohl im Kurs als auch bei meinen

beiden Praxiseinsätzen auf zwei verschiedenen Stationen der Kinder- und Jugend-

psychiatrie im Klinikum Bremen-Ost, bin ich nach anfänglichem Zögern, da aus

einem anderen Bereich kommend, sehr gut aufgenommen worden. Ich lernte im Kurs

und auf beiden Stationen sehr kompetente und engagierte KollegInnen kennen.

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Während des Weiterbildungskurses hatte ich viel Gelegenheit Erfahrungswissen mit

den anderen TeilnehmerInnen auszutauschen und konnte Erkenntnisse und neue

Eindrücke für mich in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sammeln. An dieser Stelle

möchte ich mich bei allen KollegInnen der Station 2a und 2b und der Station 13a und

13b bedanken, die mich sehr freundlich und kollegial in ihre Teams aufnahmen.

Zwei KurskollegInnen absolvierten ihren extramuralen Einsatz in der Hans-Wendt-

Stiftung. Eine Kurskollegin arbeitete vier Wochen mit Jugendlichen in der Haus und

Hof- Gruppe der Hans-Wendt-Stiftung am Lehester Deich und ein Kurskollege

arbeitete vier Wochen in „meiner“ Sozialtherapeutischen Wohn- und Betreuungs-

einrichtung in Walle.

Mit meiner Teilnahme an dieser Weiterbildung hoffe ich, dass die Kooperation

zwischen der Hans-Wendt-Stiftung und der Kinder- und Jugendpsychiatrie erneuert

und vertieft werden konnte.

„Wer mit traumatisierten Menschen arbeitet, muss

drei Dinge beherzigen:

Erstens: gut essen,

Zweitens: Viel feiern,

Drittens: Wütend putzen“

(V. Engel: In: Lang 2009, S. 217).

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