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TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
EK ‚Politische Systeme‘
Interessengruppen
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt
Gliederung der Vorlesung
I. Was ist Politik?II. Was ist ein ‚politisches System‘?III. Warum und wie vergleicht man politische Systeme?IV. Wie läßt sich politische Macht ausüben und
bändigen? V. Welche Arten politischer Systeme gibt es?
VI. Wie wandeln sich politische Systeme? VII. Welche Strukturen und Funktionen besitzen die
zentralen Elemente moderner politischer Systeme?
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zentrale Elemente moderner politischer Systeme
politische Kultur politische
Sozialisation politische Eliten Interessengruppen Parteien Wahlsysteme,
Wahlkämpfe, Wahlverhalten
Parlament Regierung und
Verwaltung Massenmedien Föderalismus
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Gliederung des Gedankengangs
Stellenwert von Interessengruppen im politischen System allgemein, im Pluralismus im besonderen.
Was sind Interessen, was Interessengruppen? Welche Arten von Interessen und Interessengruppen gibt es?
Wie funktionieren und agieren Interessengruppen?
Was sind die nach innen und außen gerichteten Funktionen von Interessengruppen?
Kritik am Verbändepluralismus
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Massenmedien
Gesellschaft
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Das politische System
Interessengrupp
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Interessengruppen sind ...
Vereinigungen von Bürgernzur Artikulation und Durchsetzung
selbstdefinierter Interessengegenüber anderen
Interessengruppen, der Öffentlichkeit und dem politischen SystemDürfen die denn
das? Leitgedanken von Pluralismus
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Interessen sind ...
verhaltensorientierende Ziele und Bedürfnisse
von Einzelnen oder Gruppen,die sich aus den unterschiedlichsten Lagen
ergeben können:persönlichenkulturellengesellschaftlichenwirtschaftlichenpolitischen
legitime Vielfalt von Lagen sowie von mit diesen Lagen verbundenen Zielen und Bedürfnissen
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Leitgedanken von Pluralismus Menschen haben zu Recht sehr verschiedene, von ihnen selbst
bestimmte Interessen (‚legitime Vielfalt‘). Es ist vernünftiger, diese Interessenvielfalt zu akzeptieren, als sie
zu vereinheitlichen. Darum soll der Staat den Bürgern nur minimale Vorgaben machen.
Insgesamt soll das politische System auf Interessenkonkurrenz aufgebaut werden, wobei allgemein nur das verbindlich wird, was die Mehrheit so entscheidet.
Ohne Gefahr von Bürgerkrieg und Gemeinwohl gelingt das aber nur auf der Basis von ... immer wieder neu zu sicherndem Minimalkonsens wirkungsvollem Schutz von Minderheiten und Schwachen.
Also braucht es sowohl wirkungsvoll agierende Interessengruppen als auch von Amtes wegen die Fürsorge für Minderheiten und Schwache seitens des Staates
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Gliederung von Interessen I
wirtschaftliche undsoziale Interessen
allgemeine ideelleInteressen
konkrete Inhalte der vertretenen Interessen
Bedeutung des Interesses für das politische System:zentral vs. peripher
z.B. Arbeitgeberinteresse an flexiblem Arbeitsmarkt
große Bedeutung
z.B. Förderung musikalisch hochbegabter Jugendlicher
geringe Bedeutung
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Gliederung von Interessen II
manifeste vs. latente Interessen Wie erkennt man die ‚wahren‘ Interessen von
jemandem?
subjektive vs. objektive Interessen Wie bestimmt man die ‚objektive‘ Interessen?
Allgemeininteressen vs. Partikularinteressen Wie hebt man die ersteren von den letzteren ab?
kurz-, mittel- und langfristige Interessen Wie setzt man Prioritäten bei Konflikten zwischen
ihnen?Am besten durch fairen Konflikt zwischen denen, die zu allen diesen Fragen unterschiedliche Antworten
haben!
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- ‚ein einziges Anliegen‘
- Vielzahl verwandter Anliegen
- kurzfristig- langfristig
- gering- (relativ) hoch
Gliederung von Interessengruppen I
‚Bürgerinitiativen‘
Vereine,
Verbände
Breite des Spektrums vertretener Interessen
Zeithorizont des Engagements
Organisationsgrad
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Gliederung von Interessengruppen II
Organisationsmerkmale
Handlungsfelder
bevorzugte Handlungsstrategien
- spontan-informell- institutionalisiert-
formell
- z.B. Wirtschafts- und Arbeitswelt, Wohlfahrt, Kultur ...
- institutionalisierter Dauereinfluß
- massenmedial attraktive Aktionen
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Organisatorische Merkmale von Interessengruppen
häufig territoriale Gliederung (z.B. Kreis-, Landes-, Bundes-, übernationale Gliedverbände)
Mitglieder in der Regel interessiert an ... Mitmachen auf niedriger Organisationsebene (Sportverein,
Feuerwehr, Kulturverein ...) Dienstleistungen der Verbandsführung oder des
professionellen Verbandsapparats Mitglieder in der Regel wenig interessiert an
persönlicher verbandspolitischer Aktivität Aus genau diesem Grund: verbandspolitische
Initiative, und Gestaltungsaktivität in der Regel von oben nach unten (‚ehernes Gesetz der Oligarchie‘)
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Strategien des Verbandseinflusses
Einwirken auf die Öffentlichkeitnormale Öffentlichkeitsarbeitsymbolische und spektakuläre AktionenHandlungsdruck entfaltende Aktionen:
Demonstrationen, Streiks, ‚ziviler Ungehorsam‘Vernetzung mit politischen Entscheidungsträgern
Allianzen von InteressengruppenVernetzungen und Beziehungspflege in Parteien,
Parlamenten, Regierungen, Verwaltungen ‚Neokorporatismus‘ (Runde Tische, ‚Bündnis für ...‘,
‚Konzertierte Aktion‘, Tripartismus usw.)
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(Neo-) Korporatismus
Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und gesellschaftlichen Verbänden dergestalt, daß … Produzenten-/Arbeitgeberinteressen in starken
Dachverbänden organisiert sind, Gewerkschaften eine politische Schlüsselstellung besitzen, diese Verbände intern hierarchisch strukturiert sind und –
innerhalb ihrer funktional differenzierten Zuständigkeit – ein faktisches Repräsentationsmonopol haben,
Parteiensystem und – so ausgestaltetes – Verbändesystem eng miteinander vernetzt sind,
die Beziehungen zwischen Verbänden und Regierung(en) institutionalisiert sind (z.B. ‚konzertierte Aktion‘, ‚Bündnis für …),
die Regierung eine Art Gewährsträgerschaft für die ausgehandelten Ergebnisse übernimmt.
d.h.: Bürger werden in ihrer Eigenschaft als Träger spezifischer Interessen kontinuierlich und wirksam, wenn auch in funktionaler Engführung, gegenüber Parlament und Regierung vertreten
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Binnenfunktionen von Interessengruppen
= Dienstleistungen für Mitglieder, v.a.gemeinsame UnternehmungenBildungsveranstaltungen InformationsaustauschRechtsberatungSelbsthilfeSolidaritätSelbstverwaltung (v.a. bei ‚belehnten Verbänden‘
wie Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Technischer Überwachungsverein usw.)
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Außenfunktionen von Interessengruppen
Entdecken und Bewußtmachen von Mitgliederinteressen Widerspiegelung gesellschaftlicher Interessenheterogenität
Interessenselektion Setzung von Prioritäten für den politischen Streit
Interessenaggregation Bündelung von Interessen zu plausiblen
Handlungsprogrammen und entscheidbaren Alternativen Interessenartikulation
Gang an die Öffentlichkeit, Herantreten an Entscheidungsträger
Ringen um die Durchsetzung von Interessen Herbeiführen und Durchstehen von Konflikten
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Nutzen von Interessengruppen für ein pluralistisches politisches System
Einbringen von Initiative, Sachverstand und Kontrolle in den politischen Prozeß
Erzwingen von Responsivität des politischen Systems, mit verbesserter gesellschaftlicher Integration als Folge
Beitrag zur Problemerkennungs- und Steuerungskapazität des politischen Systems durch gesellschaftliche Problemdiagnose und Ausarbeitung politischer Therapievorschläge
Akzeptanzsicherung und Legitimitätssteigerung des politischen Systems durch ... Wirken als ‚Frühwarnsystem‘ Einbindung in politische Willensbildungs- und
Entscheidungsprozesse und somit in die Führungsverantwortung (‚delegierte Führungsleistungen‘)
Steigerung der Lernfähigkeit und Lernleistung des Systems
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Kritik an Interessengruppen
ausgehend von ‚Identitätstheorie‘der Demokratie
populäre Verbändekritikrechte Verbändekritiklinke Verbändekritikrealistische Verbändekritik
Fazit:
triftige Kritikpunkte ernst nehmen und
anhand ihrer ein pluralistisches
System verbessern!
Aber: Keinesfalls auf Interessengruppenpluralismus verzichten!
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‚identitätsdemokratische‘ Verbändekritik
„Verbände mediatisieren die Bürger und setzen Partikularinteressen anstelle des Gemeinwohls durch!“
Richtig daran: Oligarchische Verbandsführungen kümmern sich oft mehr
um ihre (kurzfristigen) persönlichen Sichtweisen und Interessen als um die (langfristigen) Interessen ihrer Mitglieder.
Falsch daran: Antipluralismus und Vorstellung eines Gemeinwohls a
priori
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populäre Verbändekritik
„Lobbyisten kungeln mit Politikern und setzen – auch durch Korruption – bürgerferne Interessenpolitik an die Stelle demokratischer Willensbildung!“
Richtig daran: Es gibt immer wieder Korruption, zumal an der
Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft Falsch daran:
Es gibt kein Politikmonopol für Politiker! Vielmehr hat jeder das Recht, allein oder mit anderen
ganz gleich welche Interessen in den politischen Prozeß einzubringen
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rechte Verbändekritik
„Interessengruppen machen den Staat unregierbar und schwächen den gesellschaftlichen Zusammenhalt!“
Richtig daran: Neokorporatismus führt immer wieder zu Systemblockaden
sowie zum Versickern von Verantwortung Interessengruppen geben sich – zu Unrecht – gleichrangig mit
demokratisch legitimierten staatlichen Entscheidungsträgern Falsch daran:
Antipluralistisch-autoritäre Vorstellung, eine oberhalb der Gesellschaft und ihrer Interessenorganisationen stehende staatliche Elite werde kraft Amt oder Herkunft das Gemeinwohl bestmöglich kennen und verwirklichen
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linke Verbändekritik
„Das Gemeinwohl ergibt sich keineswegs als Resultante im Parallelogramm gleichwertiger Kräfte – sondern es setzen sich ökonomisch wichtige Gruppen vorrangig zu Lasten der sozial Schwachen durch!“
Richtig daran: Pluralistischer Streit führt keineswegs von sich aus zur
Verteilungsgerechtigkeit; letzterer nahezukommen bedarf staatlicher sozialpolitischer Maßnahmen!
Falsch daran: Daß sich ökonomisch wichtige Interessengruppen viel leichter als
andere Interessengruppen durchsetzen, muß noch lange nicht heißen, daß die Interessen der wirtschaftlich weniger wichtigen Gruppen unbefriedigt bleiben.
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realistische Verbändekritik
Im pluralistischen Streit haben zwei Arten von Interessen besonders gute Chancen, durchgesetzt zu werden: organisationsfähige Interessen konfliktfähige Interessen
Organisations- und konfliktfähig sind nun aber Partikularinteressen viel leichter als Allgemeininteressen! Theorie öffentlicher Güter, ‚Tragödie der Allmende‘
Folglich gilt: ein sich selbst überlassener Verbändepluralismus führt nicht zum
Gemeinwohl Aufgabe des Staates ist es, von Amts wegen Sachwalter der
wenig organisations- und konfliktfähigen Allgemeininteressen zu sein
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Damit sollte klar sein,
was Interessen sowie Interessengruppen sind und wie man beides gliedern kann
welche Leistungen Interessengruppen sowohl für ihre Mitglieder als auch für das politische System erbringen
auf welche Weise Interessengruppen politisch wirksam agieren
welches die wichtigsten Kritikpunkte an Interessengruppen sind und was von ihnen zu halten ist
weiter mit: ‚Parteien ‘
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Einführungskurs‚Politische Systeme‘
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