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  • 8/12/2019 Tyrion Lannister und seine Familie. Vorurteile gegenber Menschen mit Behinderungen in George R. R. Martins _A Song of Ice and Fire.pdf

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    Fabian KunzUniversitt Heidelberg

    WS 2013/14

    EPG 1: Einsatz fr die Schwachen!

    Ein Profil christlicher Ethik in der Moderne

    Dozent: Dr. Klaus Reuter

    Datum: 25. Februar 2014

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    Inhaltsverzeichnis

    Feststellen des Problems: ....................................................... 3

    Analyse der Situation: ............................................................. 3

    Errterung der Verhaltensalternativen: ................................. 4

    Prfung der Normen: .............................................................. 5

    Urteilsentscheid:..................................................................... 6

    Prfung der Angemessenheit: ................................................. 6

    Bibliographie: ......................................................................... 7

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    Feststellen des Problems:

    George R. R. Martin hat mit seinem EposA Song of Ice and Fireeine Fantasywelt

    erschaffen, die auf den Lesenden wegen ihrer Vielfltigkeit der Lebensweisen,

    Religionen und Motivationen, aber vor allem wegen dem zugrunde liegenden Kampfum die Vorherrschaft so realistisch wirkt.A Game of Thrones - der Titel des ersten

    Bandes und der HBO Adaption fasst in vier Worten zusammen, dass das Knigreich

    Westeros und seine Einwohner zum Spielball einiger weniger adligen Familien und

    deren Oberhuptern werden. Obwohl einige Thronprtendenten fr ihren Anspruch

    kmpfen, vereint niemand Herrscherqualitten in einer Person wie Tyrion aus dem

    Hause Lannister. Der Sohn einer der reichsten Lords ist gewitzt (cunning) und sich

    den Konsequenzen seines Handelns bewusst. Deshalb weit er seinen jungen Neffen,den boshaften Knig Joffrey immer wieder in seine moralischen Grenzen. Tyrion ist

    nicht altruistisch veranlagt, vermag es aber seinen Verstand nicht nur fr sich,

    sondern auch fr das Wohl einfacher Brger einzusetzen. Er besitzt das Talent zu

    regieren, indem er Feinde zu Verbndeten und Freunden macht und aussichtslose

    Situationen, wie die Verteidigung der Hauptstadt, zu meistern. Doch er ist mit einem

    Makel behaftet, der ihn auf Schritt und Tritt verfolgt: er lebt mit einer krperlichen

    Behinderung. Tyrion Lannister ist nicht nur kleinwchsig, sondern wird zudem als

    besonders hsslich beschrieben, u.a. weil die Proportionen seines Gesichts nicht zu

    seinem Krper passen und er unterschiedliche Augenfarben besitzt. Der Adel und

    das gemeine Volk verachten ihn wegen dieser uerlichkeiten und begegnen ihm mit

    Misstrauen. Doch selbst sein eigener Lord Vater, Tywin Lannister, und seine

    Schwester Queen Cersei wnschen sich, dass er nicht geboren wre und versuchen

    ihn politisch zu isolieren, um ihre eigene Macht und Ansehen zu bewahren. Ist es

    ethisch vertretbar, dass die Lannisters Tyrion aufgrund seiner Behinderung von der

    Macht ausschlieen und den Anspruch auf die Herrschaft anderen Personen

    berlassen?

    Analyse der Situation:

    Tyrions Handeln qualifiziert ihn als Knig oder Regent, da er dem Volk nah,

    intelligent und mutig ist. Tyrion wollte die brgerliche Frau Tysha heiraten,

    befreundete Ned Starks natrliches Kind Jon Snow und zog zu Fu mit dem Sldner

    Bron alleine durch Westeros. Er hat die Intelligenz seines Vaters, ist belesen und

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    beweist sich als erfolgreicher Stratege bei der Verteidigung der Hauptstadt Kings

    Landing gegen einen Usurpator. Als die Moral der Soldaten bei der Verteidigung zu

    kippen droht, nimmt er die Rolle des Feldherrn an und reitet einer Truppe voran

    gegen den Feind. Tyrion Lannister wird mit vielen Vorurteilen von verschiedenen

    Seiten konfrontiert; oft geht es dabei um Morde, die man ihm zur Last legt. Seinem

    Vater und seiner lteren Schwester Queen Cersei ist er schon allein deshalb verhasst,

    weil die Mutter bei seiner Geburt starb und er trotz seiner augenscheinliche

    Behinderung die Lannisterinsignien tragen darf. Die geplante Hochzeit mit einer

    brgerlichen Frau ist fr den Vater eine solche Schmach, dass er diese von seinen

    Soldaten vergewaltigen lsst. Seine Schwester, deren Kinder aus einer inzestusen

    Beziehung zu ihrem Zwillingsbruder stammen, beneidet zudem die enge Bindung

    zwischen ihren beiden Brdern und befrchtet die eigene Macht und die ihres

    Sohnes Joffrey an Tyrion zu verlieren. Der junge King Joffrey hasst Tyrion wiederum,

    weil sein Onkel der einzige ist, der ihn in die Schranken verweist. Tyrion mchte ihn

    nmlich zu einem gerechten Knig erziehen, der nicht nur Respekt fordert, sondern

    ihn auch dem Volk erweist. Dies schlgt jedoch fehl, da die Lannisters Tyrion von

    Joffrey fernhalten, nachdem ersterer den jungen Regenten fr eine Grausamkeit

    ohrfeigt.

    Errterung der Verhaltensalternativen:

    Die Lannisters lassen viele Chancen auer Acht sich klger und ethisch korrekter zu

    verhalten. Der Schmerz ber den Verlust der Mutter bei Tyrions Geburt, htte

    genauso gut dazu fhren knnen, dass Tyrion Lieblingssohn und -bruder wird, da

    das Kind fr den Kindbettstod nicht persnlich verantwortlich ist. Dies htte das

    Haus Lannister gestrkt, denn man htte Tyrions Talente bewusst einsetzen knnen,

    um frher aus ihm einen treuen Feldherrn zu machen oder ihm andere

    Verantwortungen zu bertragen. Seine Redekunst htte der ausgesprochen

    schwachen Diplomatie von Queen Cersei Abhilfe schaffen und so Bndnisse strken

    knnen. Auch htten Queen Cersei und ihr Vater Lord Lannister den jungen Knig

    zu einem gerechten Monarchen erziehen sollen, allein schon, um die eigene Stellung

    gegenber Usurpatoren zu strken. Dass der Vater von King Joffrey nicht der

    verstorbene Gemahl von Queen Cersei, sondern ihr Bruder ist, macht es umso

    wichtiger, dass Joffrey beim Volk beliebt ist, denn er besitzt keinen legitimen

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    Anspruch auf die Krone. Statt King Joffreys Herrschaft anzustreben, htten die

    Lannisters auch einen der anderen Thronprtendenten untersttzen und wie vor der

    Revolution von Queen Cerseis Ehemann Robert Baratheon den Monarchen als rechte

    Hand zu dienen. Es htten viele tausende Kriegstote verhindert werden knnen,

    wenn man sich nicht gegen den Thronanspruch von Robert Baratheons Bruder

    Stannis gestellt htte oder der fhigen Daenarys Targaryen aus der alten

    Knigsdynastie die Krone angeboten htte anstatt zu versuchen sie zu ermorden.

    Unter beiden Herrschern htte das Haus Lannister, mit Tyrions Hilfe, seine Macht

    ausbauen knnen ohne Unsummen fr Kriegstreiberei auszugeben und das

    Knigreich ins Chaos zu strzen. Eine stabile Herrschaft ohne Revolten htte Tyrions

    Anliegen die bernatrliche Bedrohung im hohen Norden durch eine personelle und

    finanzielle Strkung der Nightswatch zu bndigen untersttzt. Wie verheerend die

    Auswirkungen dieses Versumnisses sind ist noch nicht bekannt.

    Prfung der Normen:

    Die Rechtsnorm und das Ntzlichkeitsprinzip mchte ich als offensichtlich und

    begrndet annehmen. Rein rechtlich gesehen ist Tyrion ein legitimer Nachkomme

    von Lord Tywin Lannister. Da er keine geistige Behinderung besitzt, ist Tyrion in der

    Lage rechtskrftige Amtsangelegenheiten zu erledigen. Tywin Lannister ist auch

    nicht befhigt Tyrion vom Tragen der Lannisterinsignien und von seinem Erbe

    auszuschlieen. Da Tyrion King Joffrey nicht umgebracht hat, ist es ungerecht, ihm

    dies zur Last zu legen und ihn deswegen zu verfolgen. Wenn man vom

    Ntzlichkeitsprinzip ausgeht, msste das Haus Lannister die Kompetenzen Tyrions

    mit offenen Armen empfangen und in seine Dienste stellen. Tyrion htte nicht nur

    das Potenzial die Macht der Lannisters durch seine Intelligenz zu strken, er knnte

    zudem durch die Hochzeit mit Sansa Stark den Norden befrieden. Durch die

    Mordanklage zwingt Queen Cersei Tyrion ins Exil zu fliehen. Dort knnte er

    Daenarys Targaryens Herrschaft untersttzen und so die Macht von Queen Cersei

    gefhrden. Tyrions rechtliche Stellung und seine Ntzlichkeit htten idealerweise

    dazu gefhrt, dass das Haus Lannister zusammenhlt und die eigene Macht durch

    das Fhren der Amtsgeschfte eines legitimen Monarchen strkt.

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    Urteilsentscheid:

    Der massive Hass, der Tyrion von der Bevlkerung und seiner Familie

    entgegengebracht wird grndet sich auf Vorurteilen, nicht auf einer persnlichen

    Bewertung seines Charakters. Im Gegenteil, denn sobald Menschen wie seine FrauSansa, der Bastard Jon Snow, der Sldner Bron, Soldaten und einfache Leute Tyrion

    kennenlernen, wissen sie schon bald seine Strken zu schtzen. Er sieht das groe

    Ganze und wei, welcher Schritt als nchstes gegangen werden muss. So versucht er

    vergebens seinem Neffen den verantwortungsvollen Umgang mit den kniglichen

    Vollmachten beizubringen, da er sich um die Sicherheit seiner Familie und der des

    Reiches sorgt. Als ihn seine Schwester Queen Cersei fr den angeblichen Mord an

    Joffrey hinrichten lassen mchte, flieht er mit Hilfe seines Bruders nach bersee.Wahrscheinlich tut er dies, um durch die Untersttzung des Thronanspruches der

    Sklavenbefreierin Daenarys aus der alten Dynastie der Targaryens die Situation der

    Seven Kingdoms zu verbessern und dem blutigen Game of Thrones ein Ende zu

    bereiten. Das Haus Lannister verhlt sich trotz Tyrions Qualitten sehr ungerecht

    ihm gegenber. Sie machen dies scheinbar grundlos, da er rechtlich ein echter

    Lannister ist und ihnen sehr ntzlich sein knnte. Htten sie ihn mit Respekt

    behandelt und seine Position gestrkt, so htte Tyrion seinen Vater Tywin Lannister

    nicht umgebracht und Tyrion htte seine Schwester Cersei davor bewahren knnen

    von religisen Fhrern nackt durch die Stadt getrieben zu werden. Das gesamte

    Reich wrde von einer stabileren Herrschaft profitieren, die durch einen Tyrion

    Lannister in einem hohen Amt wahrscheinlicher werden wrde.

    Prfung der Angemessenheit:

    Ein ethisches Urteil aus der ex post Perspektive auf ein Werk der Fiktion kann nichtangemessen sein. Heutzutage sterben in westlichen Lndern kaum noch Frauen an

    den Folgen einer Geburt, so dass man den Hass auf Tyrion vonseiten seines Vaters

    und seiner Schwester nur schwierig nachvollziehen kann. Auch das Adelssystem und

    die Nachfolgeproblematik sind Themen, mit denen man in der modernen Welt selten

    konfrontiert wird. Trotzdem gibt es auch heute noch weitverbreitete Vorurteile und

    alltgliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Tywin und Cersei

    Lannister nach heutigen Normen zu messen, die doch kaum ein moderner Mensch

    befolgt ist nicht nur scheinheilig, sondern auch folgenlos. George R. R. Martin hlt

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    mit der liebenswerten Figur Tyrion Lannister der Gesellschaft den Spiegel vor und

    fragt, ob es heutzutage weniger Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen

    gibt. Angemessen wre es, wenn die Leserinnen und Leser von A Song of Ice and

    Fireihre eigene Haltung gegenber Menschen mit Behinderungen kritisch

    hinterfragen und ihr Verhalten dementsprechend ndern wrden.

    Bibliographie:

    Martin, George R. R.,A Game of Thrones. The Story Continues, Books 1-5: A Gameof Thrones, A Clash of Kings, A Storm of Swords, A Feast for Crows, A Dance with

    Dragons (A Song of Ice and Fire), New York City 2012.