Über das wesen der gerinnungsaktivität der frauenmilch

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(Aus der Gaukinderklinik, Posen. -- Leiter: Doz. Dr. reed. habil. Dr. phil. F. Widenbauer "~.) ber das Wesen der Gerinnungsaktivit tt der Frauenmilch. Von Christian Reichel. (Eingegangen am 10. Juni 1944.) Die Eigenschaft der Frauenmilch (FM.)~ die Blutkoagulation in hohem Mal~e zu beschleunigen, ist seit langem bekannt. Schon 1902 haben Hamburger und Moro und Bernheiin-Karrer die Mitteilung yon Schlopmann best~ttigt, dab FM. Hydrocelenflfissigkeit, die "praktisch eine reine Fibrinogenl~isung darstellt, zur. Gerinnung bringt. Sie schlos- sen darius, daft die FM. ein Gerinnungsferment enthalten miisse. Prak- tische Folgerungen wurden aus diesen Beobachtungen nicht gezogen. Erst viele Jahre sp~tter (1935) wurden Untersuchungen fiber die u wendbarkeit der FM. als leicht zu beschaffendes, Ortlich wirkendes Hiimostypticum durchgefiihrt. Sole kommt das Verdienst zu, als Erster an ekiem grSl~eren Krankengut die blutstillende Wirkung der FM. aus- probiert zu haben. Er berichtet fiber sehr gute Erfolge bei schwer still- baren h~tmophilen Blutungen nach ausgedehnter Nasenoperation, nach Zahnextraktion und nach Verletzung am Kopf. Andere Autoren (Grunke, :Trauner) best~tigten die gtinstigefi Ergebnisse yon Sole. Dimmel beschreibt weiter einen Fall yon schwerer thrombopenischer Blutung des Zahnfleisches, bei dem die Verwendung yon FM. prompten Erfolg hatte. Schlie~lich seien aus der Reihe der Untersucher noch Kraszewski und Lindenfeld genannt, die fiber gute Erfolge bei Ver- wendung yon FM. bei Prostatektomien berichten. Sie bekamen die stark blutende Prostataloge bei Verwendung yon FM.-Tamponaden rasch blutleer. Nach allen bis jetzt vorliegenden Mitteilungen wirkt die FM. nicht nur bei der H~mophilie und den sogenannten Blutungsfibeln als gutes (irtliches Hiiinostypticum, sondern bei jeder Blutung, bei der eine rasche Blutkoagulation zum Versehluf der Gefitfte fiihrt und da- mit die Blutung beendigt. Die Beschleunigung der Blutgerinnung durch FM. ist nicht nur in vivo, s.ondern auch in vitro nachgewiesen worden, und zwar sowohl a~l hamophilem als auch an normalem Blur. Nach Fonio gerannen 10 Trop- fen hamophiles Blut unbeeinflul~t naeh 3 Stunden und 20 Minuten, w~h- rend nach Zusatz yon einem Tropfen frischer Frauenmilch die Ge-

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(Aus der Gaukinderklinik, Posen. - - Leiter: Doz. Dr. reed. habil. Dr. phil. F. Widenbauer "~.)

ber das Wesen der Gerinnungsaktivit tt der Frauenmilch.

Von Christian Reichel.

(Eingegangen am 10. Juni 1944.)

Die Eigenschaft der Frauenmilch (FM.)~ die Blutkoagulation i n hohem Mal~e zu beschleunigen, ist seit langem bekannt. Schon 1902 haben Hamburger und Moro und Bernheiin-Karrer die Mitteilung yon Schlopmann best~ttigt, dab FM. Hydrocelenflfissigkeit, die "praktisch eine reine Fibrinogenl~isung darstellt, zur. Gerinnung bringt. Sie schlos- sen darius, daft die FM. ein Gerinnungsferment enthalten miisse. Prak- tische Folgerungen wurden aus diesen Beobachtungen nicht gezogen. Erst viele Jahre sp~tter (1935) wurden Untersuchungen fiber die u wendbarkeit der FM. a l s leicht zu beschaffendes, Ortlich wirkendes Hiimostypticum durchgefiihrt. Sole kommt das Verdienst zu, als Erster an ekiem grSl~eren Krankengut die blutstillende Wirkung der FM. aus- probiert zu haben. E r berichtet fiber sehr gute Erfolge bei schwer still- baren h~tmophilen Blutungen nach ausgedehnter Nasenoperation, nach Zahnextraktion und nach Verletzung am Kopf. Andere Autoren (Grunke, :Trauner) best~tigten die gtinstigefi Ergebnisse yon Sole. Dimmel beschreibt weiter einen Fall yon schwerer thrombopenischer Blutung des Zahnfleisches, bei dem die Verwendung yon FM. prompten Erfolg hatte. Schlie~lich seien aus der Reihe der Untersucher noch Kraszewski und Lindenfeld genannt, die fiber gute Erfolge bei Ver- wendung yon FM. bei Prostatektomien berichten. Sie bekamen die stark blutende Prostataloge bei Verwendung yon FM.-Tamponaden rasch blutleer. Nach allen bis jetzt vorliegenden Mitteilungen wirkt die FM. nicht nur bei der H~mophilie und den sogenannten Blutungsfibeln als gutes (irtliches Hiiinostypticum, sondern bei jeder Blutung, bei der eine rasche Blutkoagulation zum Versehluf der Gefitfte fiihrt und da- mit die Blutung beendigt.

Die Beschleunigung der Blutgerinnung durch FM. ist nicht nur in vivo, s.ondern auch in vitro nachgewiesen worden, und zwar sowohl a~l hamophilem als auch an normalem Blur. Nach Fonio gerannen 10 Trop- fen hamophiles Blut unbeeinflul~t naeh 3 Stunden und 20 Minuten, w~h- rend nach Zusatz yon einem T r o p f e n frischer Frauenmilch die Ge-

450 Christian Reiehel:

rinnung in 16 Minuten abgeschlossen war und bei 2 Tropfen sogar in 12 Minuten. Kraszewski und Lindenfeld berichten fiber 20fache Be- schleunigung der Gerinnung bei Normalblut, wenn FM. im Verh~ltnis 1 :1 zugegeben wird. Iqach allen bisher vorliegenden Untersuchungen ist die gerinnungsaktive Wirkung der FM. nicht artspezifisch. Kanin- then-, Meerschweinchen= und G~nsevollblut werden in derselben Weise beeinflul~t wie menschliches Blur.

Die gerinnungsaktive Wirkung der FM. ist nach Sole, Kraszewski und Lindenfe'ld zu Beginn dor Laktatioa noch gering und steigt erst allm~hlich an. Im Durchschnitt soll das Optimum der Gerinnungs- aktivitat zwischen dem 14.--30. Tag erreicht werden und bleibt dann wit.hrend der ganzen Stillzeit mit gewissen Schwankungen erhalten. Nach den Mitteilungen yon Sole ist das Kolostrum unwirksam, and Kraszewski und Lindenfeld fanden nur eine geringe blutgerinnungs- f6rdernde Wirkung.

Tierische Milch zeigt in sehr unterschiedlichem Ma~e gerinnungs- aktive Wirkung. Der FM. am n~ichsten soll die Schafmilch stehen, die nach Buruiana, der ihre Wirkung an reinen FibrinogenlSsungen gepriift hat, sogar noch wirksamer als FM. ist. Kuh- und Ziegenmiich siud schon bedeutend weniger gerinnungsaktiv und Stutenmilch soll keine wesentliche Gerinnungskraft aufbringen.

Wie Sole angibt, verlieren FM. und tierische Milch beim Stehen an de r Luft rasch ihre blutgerinnungsbeschleunigende Wirkung. Er nimmt an, dab die Peroxydase der FM. das wirksame Prinzip zerstSrt. Durch PyrroI- oder 0,5%igen Yatrenzusatz kann es weitgehend vor der Zer- stSrung geschiitzt werden (Sole).

Sole beobachtete auch, dab sich das wirksame Prinzip der FM. beim Zentrifugieren in der Fettsehicht anreichert, wahrend die gerinnungs- aktive Wirkung der fettarmen Milch absinkL Das wirksame Prinzip finder sich auch nocb, wenn auch abgeschw~cht, in vSllig fettfreier :FM., die dureh Tonkerzen filtriert wurde. Leider ftibrt Sole keine exakten Gerinnungsversuche an, so dab via yergleich der Gerinnungs- aktivit~t yon normaler FM. und FM., die dutch Tonkerzen gefiltert wurde, nicht miiglich ist. Sole meint auf Grund seiner Beobaehtungen, daft die gerinnungsbeschleunigende Substanz der FM. zum grill~ten Toil an die Emulsoide d e r FM. adsorbiert ist und dabei wahrscheinlich durch Reaktion an groBen Oberfliichen in seiner Wirkungsintensit~it gesteigert wird.

Sole hat die Beobaehtung, dab sich in der Milehfettschicht .die ge- �9 innungsaktive Substanz anreichern laB~, dazu benutzt, um diese Sub- stanz bis zu einem gewissen Grade zu isolieren. Er i s t dabei folgender- mafien vorgegangen. FM.-Fett wird mit hther oder Aceton ausgeschfit-

(2bet das Wesen der Gerinnungsaktiviff, tt der Frauenmilch. 451

telt. Als unISslicher Rfickstand bIeibt ein welles Pulver, das sich sehr gut in physiologischer NaCl-Liisung emulgieren l~tflt. An recMcifizier- tem Blut oder Plasma gepriift, zeigte die Emulsion hohe Gerinnungs- aktivit~t. Xther- und Acetonrfickstand dagegen zeigten keinerlei ge- rinnungsaktive Wirkung.

Nach Sole, Kraszewski und Lindenfeld wird das gerinnungsaktive Prinzip der FM. durch kurzes Erhitzen bei 100 o wohl geschltdigt, es finder sich abet nachher noch eine recht beachtliche Wirknamkeit.

Versuehe, das Wesen der Wirl(ung yon FM. ~tuf die Blutgerinnung und auf Fibrinogenl6sungen aufzukl~ren, sind nur ganz vereinzelt uriter- nommen worden und haben bish~r zu keiner befriedigenden L6sung des Problems geffihrt. Nachdem Schlo~mann beobachten konnte, daft Hydrocelenflfinsigkeit junger S~uglinge, mit einem Tropfen FM. ver- setzt, ger innt und diene Beobachtung dureh Hamburger und Moro und Bernheim-Karrer best~itigt wurde, vermutete man, dal~ die FM. Throm- bin enth~ilt. Es blieb abet bei dieser unwahrscheinliehen hypotheti- schen Annahme, die durch e x a k t e Vernuche nicht bewienen wurde. Zudem waren zu damaliger Zei t die Kenntnisne fiber die wirksamen Faktoren bei der Blutgerinnung noch recht ger!ng, so dal~ die L0nung dieses Problems wenig wahrscheinlich war . Erst mit der weiteren Ent- wicklung der sogenannten klassischen Gerinnungslehre (A. Schmidt, Hammarsten, Morawitz u. a.) , die den gr~ifiten Teil tier Erseheinungen und Probleme der Gerinnung in befriedigender Weise erkl~trt, war die Grundlage geschaffen , yon der aus die Ltisung den Problems der Ge- rinnungsaktivit~tt der FM. m0glich erschien.

Da die Anschauungen fiber den Blutgerinnungsvorgang, wie sie die iklassische Lehre bringt, auch den vorliegenden Untersuchungen zu- grundeliegen, neien ihre Grundlagen an dieser Stelle kurz angeffihrt. Darnach l~tuft der Vorgang der Blutgerinnung in zwei Phanen ab. In tier ersten Phase wird das Prothrombin bei Anwesenheit yon Ca-Ionen durch die Thrombokinase, deren stoffliche Natur noch keinenwegs gekl~rt ist~ in Thrombin fibergefiihrt, das dann in der zweiten Phase das Fibrinogen fiber das Profibrin in das Fibrin umwandett. Die Wir- kung ~des Thrombins auf das Fibrinogen ist yon der Anwesenheit yon Ca-Ionen unabhi~ngig. Am umstrittensten ist bis in die neue~te Zeit hinein an dieser Lehre das Thrombokinaseproblem. Da es auch ffir die vorliegende Arbeit yon Bedentung" ist, sei es aunfiihrlieher erSrtert. Um eine Begriffsverwirrung auszuschliel~en, ist es notwendig, den Be- griff der Thrombokinase enger zu umschreiben, als dan leider bisher fiblich war . Als Thrombokinase kSnnen nur solche Substanzen gelten, die aus Prothrombin bei Anwesenheit yon Ca-Ionen Thrombin bilden. Wichtig ist dabei, daft die gerinnungsaktiven Zellsubntanzeni ffir die Morawitz den Begriff der Thrombokinase eigentlich gepragt :hat , nach

Zeitschrift ftir Kinderheilkunde. 64. 4. H. 30

452 Christian Reicheh

den untersuchungen yon Widenbauer und Reichel keine Thrombokinase- eigenschaften in obigem Sinne aufweisen und deshalb in ihrem Wir- kungsprinzip anders beurteilt werden miissen. Sie wirken lediglich beschleunigend auf die erste Please und spielen bei der Gerinnung von Blut~ das direkt der Vene entnommen ist~ keine Rolle~ wohl aber fttr 'den Gerinnungsvorgang in einer Wunde, wo ]a aus verletzten Zellen geniigend gerinnungsaktive Substanzen frei werden..Bordet, dem wir wesentliche Erkenntnisse fiber den Blutgerinnungsvorgang verdanken~ hat sich in ganz ~thnlichem Sinne geltui~ert. Nach dieser Einschriinkung

umfal~t der Begriff der Thr6mbokinase zwei Substanzen, niimlich die gerinnungsaktiven Lipoid% im Prinzip wahrscheinlich das alkoholl6s- liche Cephalin und die Blutthrombokinase, ein bluteigener Eiweil~k~irper yon EugloSulineharakter (Lenggenhager, Widenbauer und Reichel, Reichel). Die Blutthrombokinase finder sich intravasal in einer in- aktiven Vorstufe (Prothrombokinase), die durch den pl(itzlichen C02- Spannungsabfall beim Austritt des Blutes aus den Gef~l~en in die aktive Thrombokinase umgewandelt wird. Die Menge der mobili- sierten Thrombokinase ist yon der HOhe des Co~-Spannungsabfalles

abhangig. Inaktives Serum enthalt noch Prothrombokinase. Reiche[ konnte in unverdiinntem Serum und in Zitratplasma durch Erzeugung eines pl6tzlichen CO,-Spannungsabfalles, gewissermal~en im Modell- versuch, die Mobilisierung der aktiven Blutthrombokinase aus der in- aktiven Vorstufe aufzeigen. Diese Erkenntnisse gewinnen Bedeutung bei der Betrachtnng der Gerinnungsaktivit~tt der FM. und wurden des- halb im Grunds~tzlichen an dieser Stelle er6rtert.

Angeregt durch die Mitteilungen Soles, der selbst keine Stellung zu dem substantiellen und wirkungsm~tBigen Prinzip der FM. nahmr haben in ne~erer Zeit als erste Kraszewski und Lindenfeld versucht, das Wesen der gerinnungsaktiven Wirkung der FM.:aufzukl~ren. Sie nehmen auf Grund nicht v(illig iiberzeugender experimenteller Unter- suchungen an, dal~ die blutgerinnungsbeschleunigende Wirkung der FM. durch eine ' Substanz ausgelSst wird, clie mit der gerinnungsaktiven Substanz der Blutpl~ittchen zu vergleichen sei. Sie sprechen deshalb, in Anlehnung an Bordet, yon einem Cytozym der FM., das in der ersten Phase des Gerinnungsablaufes wirksam sei und als eehte Throm- bokinase wirke. Eine Identifizierung der gerinnungsaktiven Substanz der FM. mit dem Cytozym Borders wurde nicht versucht. Nach ihren Angaben wirkt FM. auch bei 24stiindiger Einwirkung auf gereinigte: Fibrinogenl6sungen oder auf Zitrat- oder O:~alatplasma nicht defibri- nierend. Sie lehnen deshalb die Anwesenheit yon Thrombin oder einer Substanz yon thrombin~ihnlicher Wirkung in der FM, ab und ffihren die Gerinnungsaktivit~tt der FM. lediglich auf die Anwesenheit einer echten Thrombokinase zuriick. Diese Anschauung erscheint nach den

Ober das Wesen der Gerinnungsaktivit/it tier Frauenmilch. 453

einwandfreiea Beobachtungen yon Schlo~mann, Hamburger und Moro und Bernheim-Karrer tiberraschend. Dieselbe Ansicht fiber das Wir- kungsprinzip der FM. wie Kraszewski und Lindenfeld hat scheinbar auch Freudenberg, der den Vorsehlag gemacht hat, die FM., nachdem sit entkalkt wurde, als thromboplastische Substanz bei der Prothrombin- zeitbestimmung zu verwenden. Den Beweis fiir diese Annahme hat Freudenberg nieht gefiihrt.

In neuester Ze i t hat Buruiana in einer VerSffentlichung zu dem Problem der gerinnungsaktiven Wirkung der FM. und der tierischen Milch Stellung genommen. Von der Arbeit erhielt der Verfasser erst nach Abschlul~ der wichtigsten experimentellen Untersuchungen Kennt- nis, und zwar durch ein kurzes Referat, so dal~ an dieser Stelle nieht eingehend dartiber berichtet werden kann. Buruiana hat an Fibrinogen- liisungen das Wesen der gerinriungsaktiven Wirkung der FM. und tie- rischer Milch untersucht. Er stellte dabei in der Koagulationsf~thigkeit der ~,ersehiedenen Mileharten wesentliche Unterschiede fest. Schaf- und ttundemilch fibertreffen in der Wirkung noch die FM., w~thrend Stuten-, Ziegen- und Kuhmilch in absteigender Reihe unter der Wir- k u n g d e r FM. stehen. Naeh Buruiana h~tngt die Koagulationswirksam- keit der Milch in deutticher Weise y o n der ph-Ionen-Konzentration ab. Das Wirkungsoptimum liegt bei ph-7. Nach einer Methode Buruianas, die zur Isolierung der Reduktase yon Schardinger diente, konnte aus der FM. eine Substanz isoliert werden, die eine h~ihere Koagulations- wirkung auf Fibrinogenl(isungen besal5 Ms Milch. Auf Grund ihrer Wirkung nennt er die wirksame Komponente Fibrinogenase and glaubt, dab "es sich um eine Milchdiastase hUndelt. Diese Fibrinogenase ist thermolabil und emPfindlich gegentiber ph-Xnderungen. Au~erdem hat Burufana aus dem unverseifbaren Anteil des )[therauszuges des Milch- fetts eine weitere Substanz isolieren k(innen, die Fibrinogen floekig ausf/illt, im Gegensatz zur dichten Koagulation (lurch die Fribrino- genase. Sie ist hitzestabiler als diese and Bumiana meint, da6 es sich bei dieser Substanz um nichts anderes als um das Vitamin K handelt.

Es stehen sich demnach zwei Ansichten fiber das wirksame Prinzip der FM. gegenfiber, die sieh nieht in ~bereinstimmung bringen lassen. Auf der einen Seite wird angenommen, dab die gerinnungsaktive Wir- kung der FM. dutch eine hitzestabile thromboplastische Substanz , die als echte Thrombokinase wirken soll, bedingt ist (Kraszewski und Lin- denfeld, Freudenberg) und auf der anderen Seite soil das koagulierende Prinzip ein defibrinierendes Ferment ~thnlich dem Thrombin sein (Bu- ruianas Fibrinogenase).

In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, das Wesen der gerinnungsaktiven Wirkung der FM. aufzukl~tren.

30*

454 Christian Reichel. ~

Gerinnungsv.ersuche mit Frauemnilch.

Zun~chst wurden Versuche angesetzt, um die Art der gerinnungs- akt iven Wirkung der FM. feststelien zu k(innen. Die Problemstellung war dabei fo lgende : Wirkt die FM. in der ersten Phase oder in der zweiten oder vielleicht in beiden? Zu diesem Zwecke wurde ihre Wir- kung auf recalcifiziertes Plasma, auf Zitratplasma als Fibrinogenl(isung und auf gereinigte Fibrinogenl0sungen geprfift. In den oft wiederholten Ansatzen wurde Plasma yon Mensch und Rind verwendet, die sich beide gleich verhielten.

Die FM. wurde durch Na~F2 (15 mg Na2F~ auf 20 ccm FM.) entkalkt und gegen 9hysiol. NaC1-L0sung dialysiert. Aus Rinderzitratplasma wurden durch ~/5 S~ttigung mit Ammonsulfat, nach den Angaben yon McLean, die gereinigten FibrinogenlSsungen dargestellt. Nach 4--5- maliger Umflillung ist das Fibrinogen kalziumfest, d. h. bei Zusatz yon Ca-Ionen trit t auch nach 24 Stunden keine Gerinnung ein. Das fiber: schfissige Ammonsulfat w u r d e aus d e n FibrinogenlSsungen durch 24stiindige Dialyse gegen physiologische NaCI-LSsung entfernt. u der Verwendung wurde die FibrinogenlOsung wit Thrombin auf Ge- rinnungsflihigkeit gepriift.

Versuchsanordnung: Die Gerinnungsversuche .wurden in allen vor- liegenden Fallen in halbkugeligen Glass chalchcn durchgeffihrt, die in ein Wasserbad von 38~ eintauchten. Als Ca-I0nenlOsung wurde eine 0,28%ige CaCi2-NaC1 (physiol.)-L(isung verwendet. Der Zeitpunkt der totalen Gerin- hung wurde durch vorsiehtiges Durchrtihren des Gerinnungssystems mit einem dfinnen Glasst~ibchen bestimmt, Messung der Gerinnungszeit mit einer Stoppuhr.

F er suchs er g ebnisse :

L Mit recaleifiziertem Plasma: a) 0,1 ccm FM. + 0,1 ecm CaC12 + 0,1 ccm Zitratplasma

Ger.-Z.: 34 Sek. b) 0,1 ccm NaCl-physioh + 0,1 cem CaCI~ + 0,1 ccm Zi-Plasma (Leer-

versuch) Ger.-Z.: 119 Sek.

2. Mit Zi-Plasma als FibrinogenlSsung: ~) 0,2 ecru Zi-Plasma + 0,2 cem FM. Ger.:Z.: 170 Sek. b) 0,3 cem Zi-Plasma + 0,1 ccm FM. Ger.-Z.: Keine Gerinnung

3. Mit gereinigter Fibria0genliisung: a) 0,3 ccm FibrinogenlSsung + 0,3 ccm FM. Ger.-Z.: 228 Sek~ b) 0,3 ecru Fibrinogenl0sung + 0,3 ccm NaCl Ger.,Z:: Keine Gerinnung

4. Mit gereinigter FibrinogeniSsung: und Ca-Ionen: a) 0,2 ccm Fibrinogenllisung + 0,2 eem FM. + 0,2 ccm CaC]~

Ger.-Z.: 272 Sek. b) 0,2 ccm Fibrinogenliisung + 0,2 ecru FM. + 0,2 ccm NaCl-physiol.

Ger.-Z.: 267 Sek.

l~ber das Wesen der Gerinnungsaktivitlit der Frauenmilch. 455

Die FM. ~beschleunigt demnach die Gerinnungszeit yon recalcifi- ziertem Plasma in hohem Mal~e (Vers. 1) und wandelt Fibrinogen in Fibrin urn, und zwar in Zitratplasma (Vers. 2) und in ffereinigten Fi- brinogenli~sungen (Vers. 3). Die Umwandlung des Fibrinogens des Zi-Plasmas in Fibrin durch FM. ist yon der Anwesenheit einer bestimm- ten Menge FM. abhiingig (Vers. 2 a, 2 b), d. h. bei ungentigender Zu- gabe von FM. zu Zitratplasma als Fibrinogenltisung wird die defibri- nierende Eigenschaft der FM. nicht sichtbar. Auf die Ursache dieser Erscheinunff wird an sp~iterer Stelle eingegangen. Wie aus dem Vers. 4 hervorgeht, beschleunigen Ca-Ionen die Gerinnungszeit yon gereinigten FibrinogenlSsungen nicht.

An gereinigten Fibrinogenl6sungen ist die defibrinierende Wirkung der FM. aueh noch bei hoher Yerdtinnung naehzuweisen, wie d ie fol- genden Versuche an einer FM.-Verdtinnungsreihe zeigen.

Versuchsanordnung: 0,3 ccm FibrinogedlSsung + 0,3 ccm FM.-Verdfinnung

FM.-Verdiinnung: 1 : 3 Gerinnung 1 : 5 Gerin~aung 1 : 10 Gerinnung 1 : 20 Gerinnung 1 : 30 Gerinnung

�9 1 : 50 Partielle Gerinnung

Die hohe Gerinnungsbeschleunigung von recalcifiziertem Plasma dutch FM. ist durch die Annahme, dab das wirksame Prinzip nur in der zweiten Phase, wo Fibrinogen in Fibrin umgewandelt wird, nicht erkl~trbar, denn die Anwesenheit yon Ca-Ionen beschleunigt die de- fibrinierende Wirkung der FM. n i ch t . So liegt der Gedanke nahe, dal~ durch die FM. beim Gerinnungversuch mit recalcifiziertem Plaslna eine beschleunigte und vielleicht auch vermehrte Thrombinbildung ausgel6st wird, d. h. die Wirkung der FM. erstreckt sich in diesem Fall auf die crste Phase der Gerinnnng. Anders formuliert wtirde das heiBen: Bei Fibrinogenl6sungen wirkt die FM. direkt, ohne Mitwirkung yon Throm- bin defibrinierend, w~thrend im recalcifizierten System die Fibrinogen- gerinnung dutch Thrombin ausgeliist wird. Die Gerinnungsaktivit~tt der FM. wiirde demnach aus zwei Komponenten bestehen, n~tmlich aus einer, defibrinierenden und einer sog. thromboplastischen.

Die thromboplastische Wirkung der FM., wie sie vorl~tufig genannt werden soll, bleib~ auch bei hohen Verdtinnun. gsgraden noch erhalten und nimmt ganz allm~thlich ab. Die folgenden Versuche, die in der tiblichen Weise mit recalcifiziertem Plasma durchgefiihrt wurden, zeigen diese Verh~tltnisse auf.

456 Christian Reiehel'

Verdiinnungsreihe FM.-NaCl-physiol.: normal Ger.-Z.: 31 Sek. 1 :3 Ger.-Z.: 32 Sek. 1 : 5 Ger,-Z.: 32 Sek. 1 : 10 Ger.-Z.: 34 Sek. 1 :20 Ger.-Z.: 36 Sek. 1:30 Ger.-Z.: 38 Sek. 1 : 60 Ger.-Z.: 48 Sek.

Leerversuch: 0,1 ecm NaC1 + 0,1 ccm CaCl~ + 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.: 84 Sek.

Um eine Vorstellung fiber die thromboplastische Wirkung der FM. zu bekommen, wurde ihr EinfluB auf eine ProthrombinlSsung bei An- wesenheit yon Ca-Ionen geprfift. Wenn es sich bei dem thromboplasti- schen Prinzip der FM. um eine echte Thrombokinase handelt, dann war zu erwarten, dab alas Prothrombin in Thrombin umgewandelt wird. Ffir die Versuche wurde die ~lialysierte FM., um eine gentigende Ab- schw~ichung des defibrinierenden Prinzips zu erreichen, auf das drei- fache Volumen mit NaCl physiol, verdiinnt. Als Prothrombinl~isung vcurde inaktives Serum, das 'bekanntl ich keine Thrombokinase mehr

enthiilt, verwendet. Dabei hat sich Retroplacentarserum als besonders brauchbar erwiesen. Zu zwei Teilea Serum wurde ein Tell FM. verd. gegeben Und dieses Gemisch dann bei 38o im Wasserbad gehalten. So- fort nach der Durchmischung und dann in bestimmten Zeitabst/inden wurde an Plasma als Fibrinogenliisung auf Thrombinwirkung geprfift. Eine defibrinierende Wirkung durch das defibrinierende Prinzip der FM. wurde durch folgenden Versuch ausgeschlossen: 0,5ccm Zi- Plasma + 0,5 ccm FM. dialys. Keine Gerinnung nach 24 Stunden.

Versuchsergebnisse: Vers.-Ansatz: 0~2 ccm Zi-Plasma + 072 ccm Gemisch. Zeit der Eninahme nach Durchmischung Ger.-Z.

Sofort Keine Gerinnung 5 i~iin. 47 Sek.

10 Min. 53 Sek. 15 Min. 2 Min. 34 Sek. 20 Min. 5 Min. 46 Sek. 30 Min. 7 Min. 24 Sck. 45 Min. Bei etwa 11 Min. Fibrinfgden,

aber auch nach Stunde~ keine fortschreitende Gerinnung

60 Min. Koine Gerinnung

Derartige Versuche wurden in gr0i~erer Anzahi durehgeffihrt und hatten grunds~tzlich immer das gleiche Ergebnis.. Wenn es zur Ge' rinnung kam~ dann bildete sich in kurzer Zeit immer ein festes Ko- agulum, das die gesamte" Versuehsflfissigkeit erfal~te. Die Versuche zeigen, daI~ Prothrombin bei Anwesenheit yon Ca-Ionen dutch thrombo-

~ b e r das Wesen der Gerinnungsaktivit~tt der Frauenmilch. 457

plastisch wirksame FM. in einem zeitlich verfolgbaren Prozei~ in Throm- bin umgewandelt wird. Daft die Bildung des Thrombins nur bei An- wesenheit yon Ca-Ionen vor sich geht, soll durch folgende Versuche gezeigt werden.

0,2 ccm FM. dial. und 0,4ccm Serum werden bei 38 0 10 Min. in- kubiert und dann zur Ausschaltung der Ca-Ionen 0,06 ccm bTatrium- citratlSsung 3,8%ig und 0,2 ccm Zi-Plasm~ hinzugegebem Nach 57 Sek. gerinnt das Fibria0gen des Plasmas fast schlagartig. Bei Abwesenheit "con Ca-Ionen tritt nach der Inkubation keine Fibrinogengerinnung ein, wie der folgende Versuch zeigt. 0,2 ccm FY[. dial. -~- 0,06 ccm Natrium- citratlSsung ~-0,4 ccm Serum werden wie oben 10 Min. inkubiert nud dann 0,2 ccm Zitratplasma hifizugegeben. Es tritt keine Gerinnung ein.

Das thromboplastische Prinzip der.FiVI, ist demnach wirkungsma~ig den echten Thrombokinasen gleichzusetzen, die sich in entsprechenden Versuchen g~nz ~hnlich verhalten. Ob auch ursi~chlich der gleiche Vor- gang der Thrombinbildung aus Prothrombin vorliegt, wird sp~iter dis- kutiert.

Wie schon erw~hnt, teiltenSole, Kraszewski und Lindenfeld mit, dal~ nach ihren Untersuchungen das gerinnungsaktive Prinzip der FM. auffallend hitzestabil ist. Da die Kliirung dieser Frage ftir die L5sung des vorliegenden Problems yon Bedeutung ist, wurden eingehendere Unte~:suchungen dariiber angestellt. Zunlichst konnte festgestellt wer- den, dal~ frische, entkalkte FM., kurze Zeit bei 100 0 erhitzt, noch eine recht beachtliche Gerinnungskraft gegeniiber Fibrinogenl~isungen und l ecalcifiziertem P la sma aufbringt.

1. Vor Erhitzen auf 38~ a) 0,1 ccm FM. + 0,1 ccm CaCl: + 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.: 36 Sek. b) 0,4 ccm Fibrinogen + 0,2 ccm FM. Ger.-Z.: 3 Min. 38 Sek.

2. Nach Erhitzen auf 100 o: a) 0,1 ccm FM. -b 0,1 ccm CaCIe -b 0~1 ccm Zi-PIasma Ger.-Z.: 58 Sek. b) 0,4 ccm Fibrinogen + 0,2 ccm FI~I. Ger.-Z.: 4 Min. 15 Sek.

Leerversuch des recalcifizicrten Plasmas: 3 Min. 38 Sek.

Auch durch 5/~Iinuten langes Erhitzen bei 70 o wird die gerinnungs- ~,ktive Wirkung der F]~I. nur geschw~icht, aber nieht zerstiirt. In der Versuchs~nordnung wie oben gerinnt die FibrinogenlSsung nach dem Erhitzen bei 6 Min. 20 Sek. und recalcifiziertes Plasma in 83 Sek. Nach diesea Versuchen erscheint die gerinnungsaktive Substanz der FM. auffallend hitzestabil. Eine endgiiltige Beurteilung 4er Hitzestabilit~t, bzw. Instabilit~t des gerinnungsaktiven Prinzips der FM. ist auf Grund dieser Versuche nicht m(iglich, da Elektrolyt-K011oid- und Emulsoid- gehalt der Milch eine Stabilisierung der wirksamen Substanz als wahr- scheinlich erscheinen lassen. Das zeigen schon entsprechende Versuche

458 Christian Reichel:

auf, d ie mit dialysierter FM. unternommen wurden. Gegen a, dest. di- alysierte'FM, wurde stufenweise yon 38 0 bis 100 o erhitzt und die Ge- rinnungskraft jeweils gegen recalcifiziertes Plasma und ffcreinigte Fi- brinogenlOsungen gepriift.

Versuchsanordnung wie bei 1. siche oben: Versuchsergebnisse:

Temperatur Ger.-Z. mlt Z i -P lasma

38 o 33 Sek. 50 o 37 Sek. 60 o 112 Sek. 70 o 119 Sek. 80 o 124 Sek.

100 o 122 Sek.

Ger-Z. mit Fibrinogen

230 Sek. 227 Sek.

Keine Gerinnung Keine Gerinnung Keine Gerinnung Keine Gerinnung

Leerversuch: 0,1 ccm NaCI+ 0,1 ccm CaCI~ -t- 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.: 119 Sek.

Bei dialysierter FM. geht demnach die gerinnungsaktive Wirkung zwischen 50~ und 60~ verloren, und zwar sowohl in bezug auf re- calcifiziertes Plasma als auch in Hinsicht auf gereinigte Fibrinogen- 16sungen. Das aktive Prinzip ist also in dialysierter FM. hitzelabil. Die Versuchsergebnisse lassen sich immer wieder mit den gleichen Ergeb- nissen reproduzieren.

Die Mitteilung vow Sole, dal3 durch Zentrifugieren die Gerinnungs- aktivitlit der entstehenden Magermilch geringer ist als die der Voll- milch und dai~ sich die gerinnungsaktive Substanz in der Fettschicht anreichert, konnte in eigenen Versuchen bestiitigt werden. Diese Ver- suche wurdcn in der fiblichen Weise mit recalcifizierten Zi-Plasma und mit gereinigten FibrinogenlSsungen durchgeftihrt. Das abzentrifugierte Milchfett wurde, nach zweimaligem Auswaschen mit a. dest., in physiol. NaCl.-L6sung, dem Vollmilchausgangsvolumen entsprechend, emulgiert.

Versuchsergebnisse: Gerinnungszeit :

Zi-Plasma recalcitiz. FibrinogenlSsung Normal-Vollmilch 31 Sek. 19"2 Sek. Magermilch 58 Sek. 3"24 Sek. Fettemulsion in NaC! 36 Sek. 234 Sek.

Leervcrsuch mit recalcifiziertem Plasma: 218 Sek.

Bemerkenswert an diesen Versuchen ist die Tatsache, dab nicht nur das defibrinierende Prinzip, sondern auch das thromboplastische zu einem wesentlichen Teil mit dem Milchfett aus der Vollmilch entfernt werden kann.

Die Adsorption der wirksamen Substanz~ bzw. der wirksamen Sub- stanzen kann dazu benfitzt ~verden, um sie durch Behandlung mit Ad- sorbentien praktisch vollstfindig aus der FM. zu entfernen.

~ber das Wesen der Gerinnungsaktivit~it der Frauenmilch. 459

Adsorptionsversuch mit Kaolin (Merck): 30 ccm geniigend entfettete FM. werden mit Kaolin 10 Minuten lang geschtittclt und dann zentrifugiert. Dic iiberstehende Fliissigkeit Wird noch dreimal auf diese Weise behandclt.

Die zuletzt erhaltene F1fissigkeit zeigt keinerlei gerinnungsaktive Wirkung mehr.

In Plasma" geht die thromboplastische Wirkung der FM. rasch ver- lorcn. Mischt man ni~mlich 5 ccm Zi-Plasma mit 5 ccm FM., die mit physiol. NaC1-L6sung im Verh~ltnis 1 : 3 ~;erdfinnt wurde , so tritt auch nach 24 Stunden keine Gerinnung ein. Proben dieses Gemisches ge- rinnen recalcifiziert, gleich nach der Durchmischung gepri if t , nach 46 Sek. bei einer Leerzeit von 208 Sek. Schon nach kurzer Zeit steigt die Gerinnungszeit kontinuierlich an, und nach etwa dreiviertel Stunden gerinnt das Milchplasma in derselben Zeit wie das Leerplasma, das mlt physiol. NaC1-L~sung entsprechend verdtinnt wurde. Das thromboplasti: sche Prinzip der FM. ist in Plasma nicht haltbar, es wird, ~ihnlich wie viele Fermente, in kurzer Zeit inaktivierL ganz im Gegensatz z. B. zu den gerinnungsaktiven Gewebsextrakten, die in Plasma recht gut haltbar sind.

~ b e r Eis bleibt das thromboplastische Prinzip und wirkungsmli•ig etwas weniger gut auch das defibrinierende Prinzip der FM. tagelang ohne wesentlichen Verlust der Gerinnungsaktivit~tt erhalten. So brachte z. B. neun Tage alte FM. recalcifiziertes Plasma mit einer Leerzeit yon 214 Sek. in 56 Sek. zur Gerinnung. Die defibrinierende Wirkung s inkt rascher ab, sic ist aber, solange die thromboplastische Wirkung deut- lich nachweisbar ist, ebenfalls erhalten.

Die Mitteiiung yon Schloflmann, Hamburger und Moro und Bern-

heim-Karrer fiber die Gerinnung yon Hydrocelenfliissigkeit bei Zugabe yon FM. wurde in eigenen Versuchen nachgeprfift.

V er suchser g ebnisse : 0,2 ccm ttydrocelenfltissigkeit + 0,2 ecm FM. Ger.-Z.: 1 Min. 51 Sek. 0,4 ccm Hydrocelenflfissigkeit + 0,2 ccm FM. Ger.-Z.: 2 Min. 7 Sek. 0~6 ccm Hydrocelenfltissigkeit + 0,2 ccm FM. Ger.-Z.: 2 Min. 31 Sek. 1,0 ccm Hydrocelenfltissigkeit + 0,2 ccm FM. Ger.-Z.: 3 Min. 40 Sek.

Die Gerinnung war in allen Fiillen rasch und total und unterschied sich in keiner Weise yon der Thrombingerinnung. Dal~ die defibri- nierende Wirkung der FM. auf FibrinogenlSsungen verschiedentlich nicht beobachtet werden konnte, liegt wahrscheinlich an einer unzweck- m~tl~igen und ungeniigenden Versnchsanordnung. Sic ist aber eine nun so oft bewiesene Tatsache, dais man sic nicht unbeachtet lassen kann. Ohne diese Erkenntnis ist eine genfigende und einleuchtende Erkl~trung des Wesens der Gerinnungsaktivit~t der FM. nicht m(iglich.

Bisher ist nur eine Substanz bekannt, die eine 'rasche Umwandlung" des Fibrinogens in Fibrin bewirkt, namlich das Thrombin. Dal~ es sich dabei mn einen fermentativen Prozel~ handelt, w i rd heute trotz vet-

460 Christian Reichel:

schiedener Schwierigkeiten, die sich der Beweisfiihrunff entgegen- stellen, allgemein angenommen. Die Xhnlichkeit in der Wirkung der difibrinierenden Substanz tier FM. mit dem Thrombin ist so auffallend, dal~ der Gedanke, es handle sich dabei ebenfalls um elnen fertnenta~tiven ProzeiS, naheliegend ist. Darauf deutcn nach den bisherigen Unter- suchungen auch die Hitzeinstabilit~it in salzarmer FM., die Adsorptions- f~ihigkeit an Kaolin und die Emulsoise der FM. und die Wirkung hoher Verdiinnungen hin, Zur weiteren Klarung des Problems wurde zunachst der EinfluB yon Blaus~ture, die bekanntlich viele Fermentprozesse zu hemmen vermag, auf das defibrinierende Prinzip der FM. untersucht.

Zur Herstellung einer verdiinnten HCN-LSsung wurden 10~ bzw. 20 mg KCN in 20 ccm NaC1 physiol, aufgeli~st. Dutch die eintretende Hydrolyse von KCN entsteht eine verdtinnte BlausliurelSsung.

V ersuchser g ebnis se :

Mit 10 mg KCN[20 ccm NaC1-L(isung: 1. 0,1 ccm KCN-L5sung + 0,1 ccm F~. + 0,'2 ccm Fibrinogen Ger.-Z.: 251 Sek. 2. 0,1 ccm NaCI-L~isunff n a 0,1 ccm FM. -{- 0~2 ccm Fibrinogen

(Leerversuch) Ger.-Z.: 143 Sek. Mit 10 mg KCN]lo ccm NaC1-LiJsung:

1. 0,1 ecru KCN -{- 0,1 cc m FM. -4- 0,2 ccm Fibrinogen Ger.-Z.: erste F~tden bei etwa 7 Min.

totale Gerinnung bei 17 Min. 2. Leerversueh wie oben.

Die Versuche zeigen, daI~ das defibrinierende Prinzip der Fl~I. durch Blaus~ture deutlich gehemmt wird, im Gegensatz zur Thrombinwirkung, die bekanntlich dadurch nicht gehemmt wird. Dieses Ergebnis weist ebenfalls auf den Fermentcharakter der defibrinierenden Substanz hin und zeigt auSerdem einen wesenttichen Unterschiecl zum Thrombin ~uf.

Naehdem die hemmende Wirkung der Blausaure auf das defibri- nierende Prinzip der FM. bewiesen war, l ag es nahe, auch die soge- nannte thromboplastische Wirkung daraufhin zu untersuchen. Als Blaus~turelSsung wurde die LSsung yon 10mg KCN in 10cem NaC1 physiol, bentitzt.

Versuchsergebnisse:

1. 0~1 ccm KCN A- 0,1 ccm CaC12 -4- 0,1 ecru FM; --}- 0~1 ccm Plasma Ger.-Z.: 114 Sek.

2. 0,1 ccm NaCI + 0,1 ccm CaCI, -4- 0,1 ccm FM. + 0,1 ccm Plasma Ger.-Z.: 3t Sek.

3. 0,2 ccm NaC1 A- 0,1 ccm CaCI~ + 0,1 ccm Plasma Ger.-Z.: 130 Sek. Die Tatsache, dal~ auch die thromboplastische Wirkung in reealei-

fiziertem Plasma durch Blausiture gehemmt wird, ist bemerkenswert und gewinnt im Zusammenhang mit spliteren Untersuchungen beson- dere Bedeutung.

/dber das Wesen der Gerinnungsaktivit~tt der Frauenmilch. 461

Fermentreakt ionen zeichnen sich neben anderen Eigensehaftcn be- sonders dadureh aus, dafl sie bei einem bestimmten pH- oder bei einem mehr oder weniger abgrenzbaren pH-Bereich ein Wirkungsoptimum aufweisen, w~hrend ihre Wirkung in aaderen pH~Bereichen abnimmt oder sogar vOllig gehemmt wird. Die Zusammenh~inge zwischen Wir- kung und Wasserstoffionenkonzentration wurden auch fiir die defibri- nierende Substanz der FM. aufzuklliren v e r s u c h t .

Ftir diese Untersuchu.ngen wurde ein n/15KH~PO~-n/15 Na2HPO~- Puffer, wie ihn S t 6 r e n s e n angab, verwendet, pH-Bereich 5,288---8,034.

Versuchsansatz: 0,2 ccm FM. + 0,2 ccm Puffer + 0,2 ccm Fibrinogenliisung. V ersuchser g ebnisse :

pH Ger.-Z. 5,~288 2 Min. 39 Sek. 5,589 2 Min. 36 Sek. 5,906 2 Min. 34 Sek. 6,239 2 Min. 30 Sek. 6,468 2 Min. 31 Sek. 6,643 2 Min. 33 Sek. 6,813 2 Min. 35 Sek. 6,979 2 Min. 37 Sek. 7,168 2 Min. 46 Sek. 7,381 2 Min. 49 Sek. 7~731 3 Min. 07 Sek.

NB.: Die Ger.-Z. stellen Mittelwerte aus 4 Werten dar, die durchschnitt- lich um 2--3 Sek. voneinander differierten.

Das Wirkungsoptimum der defibrinierenden Substanz der FM. liegt nach den Versuchen im Bereich yon pH :--5,906 und pH _--6,643, ohne daft es zu einer scharfen Auspr~gung kommt. Diese Befunde sind ein wichtiger Beitrag ffir den blachweis der Fermentnatur dieses Prinzips.

Die wichtigsten Ergebnisse der Gerinnungsversuche mit FM. seien der l~bersicht halber noch einmal kurz zusammengefaf~t. Die FM. ent- h~tlt ein defibrinierendes und ein thromboplastisches Pr inz ip . FM. wan- del t bei Anwesenheit yon Ca-Ionen Prothrombin in Thrombin urn, ent- halt also nach den bisherigen Vorstellungen eine echte Thrombokinase. Die komplexe gerinnungsaktive Wirkung der FM. ist noch bei hohen Verdtinnungsgraden naehzuweisen. u mit salzarmer FM. deuten darauf hin, daf$ die gerinnungsaktive .Wirkung hitzeinstabil ist. Durch Adsorptionsmittel, wie Kaolin, l~if~t sich der gerinnungsaktive Komplex vollst~ndig aus der FM. entfernen. Blaus~ture hemmt die gerinnungs- beschleunigende und defibrinierend e Eigenschaft der FM. Die Wirkung der defibrinierenden Eigenschaft istl yon der pH-I0nenkonzentration abh~ngig. Die Annahme, dab es sich wenigstens bei dem defibrinieren- den Prinzip um ein Ferment handelt, ist nach den bisherigen Unter- suchungeu naheliegend.

462 Christian Reiehel:

I so l i e rung , Reinigung und Eigenschaften der ger innungs-

ak t iven Subs tanz . Durch die Gerinnungsversuche mit FM. sind wesentliche Erkennt-

nisse fiber das Wesen der gerinnungsaktiven Wirkung getunden wor- den. Um die vorliegenden Probleme wetter aufklaren zu k0nnen, wurdo der Versuch unternommen, die gerinnungsaktive Subst~nz zu isolieren und mSglichst weitgehend zu reinigen. Die Beobachtung, dab sowohI das defibrinierende als auch das thromboplastische Prinzip leicht ad- sorbiert werden, deutete die Wege an, die erfolgreich erschienen. Zu- niichst handelte es sich darum, zusammen mit dem Kasein das Fett aus der FM. zu entfernen, um die Kasein-Fett-Fraktion und das Milch- serum, das neben den Molkenproteinen die Lactalbumine und die Lacto-

�9 globuline ~nthalt', gesondert auf gerinnungsaktive Wirkung untersuchen zu k6nnen. Die iiblichen Methoden, Kasein-Fett dutch Aussalzen oder S~turefitllung aus verdfinnter LSsung zur Abscheidung zu bringen, er- wiesen sich als wenig brauchbar. Dagegen hat sich folgende eigene Methode gut bew~ihrt.

Methodik: FM. wird im Dialysator, unter h~ufigem Wechsel der Dia- lysierfliissigkeit, mindestens 24 Stunden gegen a. dest. dialysiert. In di~ dialysierte FM. wird etw~ 20--30 Minuten lang e i n langsamer CO2-Strom eingeleitet. Nach Beendigung der Einleitung l~ft man die Fi~I. bet Zimmer- temperatur so lange stehen, bis sich das Kasein, welches das Milchfett mit einschliel~t, in dichten Flocken abscheidet und in den oberen Flfissigkeits- teilen ansammelt. Dutch wiederholtes Filtrieren trennt man die Kasein~ Fett-Fraktion vom Milchserum. Die Filtration muff so lange durchgeffihr~ werden, bis ein v611ig klares Filtrat erhalten wird, deo bet Anwesenheit yon Fettspuren die Versuchsergebnisse in bezug auf die Serumfraktion nicht einwzndfrei beurteilt werden k0nnen. Nach l~tngerem Stehen daft zuf dem Filtrat keine Schleierbildung sichtbar werdem Der Filtratriickstand wird einlge ~[ale mit a. dest. gewasehen und dann mit Aceton und ~ther extrahiert. Der verbleibende Rtickstand stellt eta gu t haltbares Trocken- pr~tparat der gerinnungsaktiven Substanz dar. Durch Emulgierung und Ab- zentrifugieren oder Abfiltrieren der unlSslichen Bestandteile lliBt sich ein~ hochwirks~/me , gerinnungsaktive LSsudg herstellen. Die Ausfitllung der Ka- sein-Fett-Fraktion aus der dialys. FM. l~tfit sich aueh durch Zusatz ~-on 0,'20 cem Eisessig auf 50 ccm dialys. FM. erreiehen. Das Milchserum mul~ nochmals kurz gegen physiol. NaCI-Ltisung dialysiert werden.

Diese Methode eignet sich, aul~er zur Isolierung der Kasein:Fett- Fraktion, besonders zur D~rstellung der Milchserumfraktion. Verwendet man sie ftirdiesen Zweck, so ist es ratsam, vor der Dialyse den wesent- lichen Tell des Milchfettes durch hoehtouriges Zentrifugieren zu enV fernen. : . . . . .

Ein anderer Weg zur Gewinnung gerinnungsaktiver Substanz aus FM. ist dureh die Isolierung der Fettsubstanzen, die wesentliehe Men- gen des gerinnungsaktiven Prinzips adsorbiert haben, gegeben. Diese ]~Iethode ist im Grundslitzlichen schon yon Sole angegeben worden.

(~ber das Wcscn der Gerinnungsaktiviti~t der Frauenmilch. 2t63

Methodik: Frisch gewonnene FM. w i r d mehrmals zentrifugiert und 5edesmal das Fett isoliert. Das Milchfett wird in tiberschiissiger physiol. NaC1-L0sung emulgiert und dann scharf zentrifugiert. Nach zweimaliger Bchandlung des Milchfetts auf diese Weise ist es praktisch eiv~eif~frei. Zur Entfernung yon Wasser und Fettsubstanzen'wird das ~[ilchfett einige- real mit iiberschiissigem Aceton ausgezogen. Der Acetonauszug wird im Vakuum rasch zum Trocknen gebracht und der verbleibende acetonbehan- delte Riickstand einigemal mit _~ther extrahiert, um die Lipoidfraktion zu entfernen. Der Xtherauszug wird auf die gleiche Weise wie tier Aceton- auszug eingedampft. Nach tier Ather- und Acetonextraktion verbleibt ein weil~es Pulver, das im Vakuumexsikkator sorgfiiltig getrocknet wird. Es liigt sich in physiol. NaC1-L(isung sehr ffut emulgieren.

Gerinnungsaktive Wirkung der aceton- und iither- unlfislichen Substanz.

Ftir die Versuche wurde eine Emulsion des Trockenpulvers ver- wendet, das aus dem isolierten Milchfett gewonnen wurde. Bei Ver- wendung yon Trockenpulver der Kasein-Fet t -Frakt ion ergaben sich die gleichen Versuchsergebnisse. Das Pulver wurde in physiol. NaC1- L(isuaff geniigend emulgiert und d i e festen Bestandteile durch Zentri- fugieren abgetrennt. Versuchsanordnung wie bei den Gerinnungs- veisuchen mit FM. Z u r Herstellung der ger innungsakt iven LSsung Wurden 10 mg TrockenPulver in 5 ccm NaCI physiol, emulgiert.

Versuchsergebnisse: 1. Mit recalcifiziertem Plasma:

a) 0,l ccm Emulsion -4- 0,1 ccm CaCl., + 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.:

b) 0,1 ccm NaC1 -4- 0,1 ccm CaCl~ + 0~1 ccm Zi-Plasma (Leerversuch) G er.-Z.:

2. Mit Zi-Ptasma als. Fibrinogenli~sung: a) 0,2 ccm Zi-Plasma + 0,2 ccm Emulsion b) 0,3 ccm Zi-Plasma + 0,1 ccm Emulsion c) 0,5 ccm Zi-Plasma + 0,1 ccm Emulsion d) 1:0 ccm Zi-Plasma + 0,1 ccm Emulsion

e) 1,5 ccm Zi-Plasma.+ 0,1 ccm Emulsion

26 Sek.

112 Sek.

Ger.-Z.: 46 Sek. Ger.-Z.: 2 Mia. 46 Sek. Ger.-Z.: 5 Min. 23 Sek. Ger.-Z.: Mit etwa 11 Min. Fibrinf~den, keine fort- schreitende Gerinnung. Ger.-Z.: Kein Anzeichen yon Gerinnung.

3. Mit gereinigter Fibrinogenl6sung: 0,3 ccm Fibrinogenliisung -4- 0,3 ccm Emulsion Ger.-Z.: 46 Sek.

4. biit gereinigter FibrinogenlSsung und Ca-Ionen: a) 0,2 ccm FibrinogenlSsung 5- 0,2 cem Emulsion + 0, 2 ccm CaCI2

Ger.-Z.: 1 Min. 06 Sek, b) 0,2 ccm FibrinogenlSsung + 0,2 ccm Emulsion -~ 0, 2 ccm NaC1

Ger.-Z.: 58 Sek.

464 Christian Reichel:

Die Versuchsergebnisse zeigen, datl alle Erscheinungen der gerin- nungsaktivea Wirkung der FM. gegenfiber recalcifiziertem Plasma, ge- reinigten FibrinogenlOsungen und Zitratplasma als FibrinogenlSsung auch bei Verwcndung dcr Emulsion, und zwar in verst~rktem Mal~e beobachtet werden k~innen. Die defibrinierende und die thromboplasti- sche Komponente werden deutlich~ ein Beweis, dab beide an das Milch- fett adsorbiert sind. Ca-Ionen beschle~nigen auch bei dem gereinigten gerinnungsaktiven Prinzip die Gerinnungszeit gegeniiber Fibrinogen- Risungen nicht. D i e defibrinierende Wirkung der Emulsion ist, ent- sprechend den Versuchen mit FM., gegentiber Zi-Plasma als Fibrinogen- l~isung yon einem bcstimmten Verh~tltnis Plasm~ : defibrinierendes Prinzip abh~tngig. B e i groBem Plasmaiiberschufi wi rd das Prinzip nicht wirksam, da die Inaktivierung durch PlasmaeiweiBkSrper so rasch vor sich geht , dal~ die Zeit, die fiir die Ausl~sung des de- fibrinierenden Vorganges bei einer gewissen Konzentration des Prinzips notwendig ist, nie erreicht wird.

Schon bei den Gerinnungsversuchea mit F~ . wurde festgestellt, dal~ das thromboplastische Prinzip ~uch bei recht betri~chtlichen Ver- dtinnungsgraden ohne wesentlichen Wirkungsverlust erhMten blcibt, wRhrend die defibrinierende Wirkung gegeniiber Zitratplasma Ms Fi- brinogenl(isung rasch absank. Die komplexe gerinnungsaktive Wirkung der gereinigten Substanz verh~,Llt sich ganz entsprechend, wie die fol- genden Versuche ze igen . Emulgierte Substanzmenge: 30 mg auf 5 ccm NaC1 physiol.

Versuchsansatz: 1. 0,1 ccm Emulsion + 0:1 ccm CaCl2 + 0:1 ccm Zi-Plasma 2. 0,2 ccm Emulsion + 0:2 ccm Zi-Plasma

Ger|nnungzeit: Verdiinnungsgrad Recalcifizieries Plasma unverdiinnt 34 Sek.

1 : 1 34 Sek. 1 : 2 34 Sek. 1 : 3 35 Sek. 1 : 4 38 Sek. 1 : 8 40 Sek. 1:32 54 Sek. 1 :64 67 Sek. 1 : 128 78 Sek. 1 : 256 98 Sek, I : 512 111 Sek. 1 : 1024 143 Sek. 1 : 2048 156 Sek.

Leerversuch:

Zi-Plasma

42 Sek. 74 Sek.

4. Min. 21 Sek. Etwa 20.21 Min. Keine Gerinnung Keine Gerinnung Keinc Gerinnung Keine @erinnung Keine Gerinnung Keine Gerinnung Keine Gerinnung Keine Gerinnung Keine Gerinnung

0,1 cem NaC1 + 0,1 eem CaC12 + 0,1 ecru Zi-Plasma Ger.-Z.: 152 Sek.

(~ber das Wesen der Gerinnungsaktivit~tt der Frauenmilch. 465

Da6 die Gerinnungsbesehleunigung des recalcifizierten Zi-Plasmas auch d u t c h kleiuste Mengen des thromboplastischen Prinzips aus- gel6st wird und da6 dabei keine st0chiometrischen Beziehungen beob- aehtet werden k~inneff, deutet anf eine katalytische Funktion hin. - - Die thr0mbopIastisetIe Komponente 3 die sich in etwa 0,02 mg Troeken- pulver findet und die davon sicherlieh wieder nut einen Bruehteil aus- macht, 15st noch eine recht beachtliehe Gerinnungbeschlennigung an recalcifiziertem Zi-Plasma aus (siehe Versuch S. 464, Verdfinnung 1 : 32):

Die wichtige Eigenschaft des thromboplastischen Prinzips der FM., n~imlich die F~thigkeit, bei Anwesenheit y o n Ca-Ionen Prothrombin in Thrombin umzuwandeln, laBt sich auch bei Yerwendung der gereinig- ten Substanz als Emulsion nachweisen.. Die Versuchsanordnung war dieselbe wie bei Verwendung yon FM. Als Ausgangsl6sung der Emul- sion wurde eine L0sung yon 30 mg Troekenpulver ~uf 5 ccm l~aCi physiol, beniitzt, und zwar in der Verdiinnung 1 : 32 (siehe oben),

Versuchsansatz:. 0,2 ccm Zi-Plasma + 0,2 ccm Serum-- Emulsion. Zeit der Entnahme nach Durehmisehung Ger.-Z.

Sofort Keine Gerinnung 5 Min. 27 Sek.

10 Min. 23 Sek. 15 Min. 62 Sek. 20 Min. 3 Min. 58 Sek. 30Min. Partielle Gerinnung bei etwa 12 Min,

totale Gerinnung bei etw~ 15 Min. 45 Min. Keine Gerinnung

Bei Abwesenheit yon Ca-Ionen findet in dem Gemisch Serum - - Emulsion keine Thrombinbildung statt, entsprechead den Versuchen mit FM. Auch bei hohen Verdfinnungsgraden (1 : 512), bei denen die gerinnungsaktive Wirkung auf Zitratplasma weitgehend abgesunken ist, l~tBt sich ira Inkubationsversuch noch einwandfrei Thrombin- bildung nachweisen. Es genfigen demnach geringste Mengen der thromboplastischen Komponente, um die Bedingungen fiir die Um- wandlung des Prothrombins in Thrombin zu sehaffen, eine Eigenschaft,. die in besonderem Mai3e die Fermente charakterisiert.

Schon nach den bisherigen Versuchsergebnissen mit der Pulver- Emulsion des aceton- und ~therunl~islichen Anteils des Milehfetts, die eine v611ige /2bereinstimmung in der Art der gerinnungsaktiven Wir- kung mit der FM. aufweisen, darf angenommen werden, da~ es sieh dabei um das isolierte und gereinigte gerinnungsaktive Prinzip der FM. handelt. Damit sind M~glichkeiten gegeben, eine Reihe wiehtiger

Probleme fiber Natur und Wirkung der gerinnungsaktiven Komponen- ten einwandfreier zu beurteilen, als das bei Verwendung yon FM. m6glich ist.

466 Christian Reichel:

In engstem Zusammenhang mi t der Frage tiber die fermentkata- lytisch'e Wirkung der gerinnungsaktiven Prinzipien, auf die eine ganze Reihe vorL Versuehsergebnissen mit :FM, und Pulver=Emulsion hin- weisen, steht seine Hitzestabilit~t, bzw. Instabilit~tt. Hitzestabilit~tt wtirde ein gewichtiges Argument gegen d ie Fermentnatur sein, denn Fermente sind ausnahmslos temperaturempfindlich, u n d die meisten werden sehon bei etwa 60 ~ irreversibel inaktiviert. Bei Verwendung y o n FM. liel3 sich eine einwandfreie Kl~trung dieses Problems nicht erzielen. Sie gelingt bei Erhitzungsversuchen mit der Pulveremulsion. Dabei werden sowohl das defibrinierende als auch alas thromb0plasti- sche" Prinzip durch 5 Minuten langes Erhitzen zwischen 60 0 und 65 0 zerst6rt. Es l~[~t sich darnach keinerlei gerinnungsaktive Wirkung mellr feststetlen. Einzelheiten sind aus den nachstehenden Versuctm- ergebnissen zu ersehen.

~ersuchsanordnung: 1:0,1 ccm Pulveremulsion +0,1 ccm CaCl: + 0,1 ccm Zi-Plasma 2. "0,2 ccm Fibrinogen + 0~2 cem Pul~'eremulsion V ersuchser gebnisse :

Temperatur Recalcifizier',es Plasma Fibtinogen

38 o 40 Sek. 2 Min, 27 Sck. 50 o 41 Sek. 2 Min. 23 Sek. 55 ~ 60 Sek. 4 Min. 47 Sek. 60 Q 2 Min. 51 Sek, Bei etwa 14 Min. Fadenbildung.

Keine "fortschreitende Gerinn. 65 o 3Min. 41 Sek. Keine Anzeichen yon Gerinn. 70 o 3 ~Iin. 39 Sek. Keine Gerinnung

100 o 3 Min. 45 Sek. Keine Gerinnung Leerversuch: 0,1 ccm NaC1 + 01i ecru Ca0i2 + 0,1 ccm Zi-Plasma

Ger.-Z.: 3 Min. 36Sek. Aus der Emulsion der gereinigten Substanz wird durch Behandlung

mit Kaolin das defibrinicrende und das thromboplastische Prinzip in gleicher Weise entfernt wie bei den entSprechenden Versuchen mit FM.

Die defibrinierende Komp0nente der Pulveremulsion und der FM. ist in ihrer Wirkung deutlieh temperaturabhangig, wie die folgenden Yersuche zeigen.

Versuchsansatz: 0,2 cem Fibrinogen + 0~2 ccm Pulver-Emulsion (FM.) Temperatur Pulveremulsion FM.

25 o 3 Min. 02 Sek. 6 Min. 08 Sek. 30 o 2 Min. 32 Sek. 4 Min. 57 Sek. 35 o 2 Min. 08 Sek. 3 Min. 46 Sek. 38 o 1 Min. 56 Sek. 3 Min. 28 Sek.

Wie bei den Versuchen mit FM. liiBt sich die hemmende Wirkung geringer Mengen yon Blaus~ure auf die defibrinierendeund thrombo- plastische Methode auch in der gereinigten L(isung der gereinigten Sub-

0ber das Wesen der Gerinnungsaktivitlit der Frauenmilch. 467

stanz nachweisen. Als BlausaurelSsung wurde die schon bei den Ver- suchen mit FM. benfitzte LSsung v0n 10 mg/10 ccm NaC1 physiol, ver- wendet.

V er suehser g ebnisse :

.Mit recalcifiziertem Plasma:

1 a) 0,1 ccm KCN -{- 0,1 ccm CaCI~ 4- 0,1 ccm Zi-Plasma 4- 4- 0,1 ccm Pulveremulsion Ger.-Z.: 3 Min. 39 Sek.

1 b) 0,1 ccm NaCl 4- 0,1 ccm CaCI2 4- 0,1 ecru Pulveremulsion q- 4- 0,1 cem Zi-Plasma Ger.-Z.: 34 Sek.

I e) 0,2 ccm NaCl -t- 0,1 ccm CaC12 + 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.: 3 Min. 55 Sek.

Mit gereinigter Fibrinogenl6sung:

1 a) 0,1 ecru NaC1 -]- 0,1 ccm Pulveremulsion 4- 0,1 ccm Fibrinogen Ger.-Z.: 1 Mira 43 Sek.

I b) 0,I ccm KCN -1- 0,1 ccm Pulveremulsion 4- 0,1 cem Fibrinogen Ger.-Z.: Fttden bei etwa 6 Min. Totale Gerin- nung bei 9 Min. 15 Sek.

Untersuchungen fiber die Wirkungsabh~ingigkeit des gereinigten defibrinierenden Prinzips yon der H-Ionenkonzentra t ion in entsprechen- den Versuchen wie mit FM. ergaben e in Wirkungsopt imum zwischen pH ~__ 5,9--6,468.

Versuehsansatz: 0,2 ccm Pulver-Emulsion -4- 0,2 ccm Puffer 4- 4- 0,2 ccm Fibrinogen.

Versuchsergebnisse:

pH Ger.-Z.

5,~88 1 Min. 39 Sek. 5~589 1 Min. 38 Sek. 5,906 1 Min. 36 Sek. 6,239 1 Min. 31 Sek. 6,468 1 Mira 33 Sek. 6,643 1 Min. 36 Sek. 6,813 1 Min. 38 Sek. 6,979 1 Min. 40 Sek. 7,168 1 Min. 42 Sek. 7,381 1 Min. 50 Sek. 7,731 1 Min. 56 Sek.

Naeh den Ergebnissen der Gerinnungsversuche mit der gereinigten Substanz des l~litchfetts kann kein Zweifel mehr bestehen, daft die ge- r innungsakt iven Prinzipien mit denen der FM. identillziert werden diirfen.

Einer Kllirung bedurfte noch die Frage, ob das Milchserum, das nach der Entfernung der Kasein-Fet t -Frakt ion zurfickbleibt, wesentliche Gerinnungsaktivi t~t aufweist , denn es w~ire durchaus denkbar, daI~ MileheiweiftkSrper yon Globulincharakter, ghnlich wie die Eugl0buline der Gewebsextrakte und die Thrombokinase des Blutes, gerinnungs-

Zeitschfift flit Kiudethe[lkunde. 64. 4. H. 31

468 Christian Reichel:

beschleunigende Wirkung aufweisen. Zu diesem Zwecke wurde das Milchserum an recalcifiziertem Plasma und an gereinigten Fibrinogen- 15sungen gepriift: In wenigen F~llen lie~ sich eine geringe gerinnungs- aktive Wirkung gegeniiber recalcifiziertem Plasma nachweisen, with- rend in keinem Fall eine direkte Einwirkung ~uf Fibrinogen im Sinne einer Thrombinwirkung beobachtet werden konnte. Die Wirkung auf recalcifiziertes Plasma geht mit zunehmender Reinheit des Filtrats immer mehr verloren, so dal~ der Schlufi berechtigt ist, dal~ diese Wir- kung durch Spuren der thromboplastischen Komponente bedingt ist, die sich mit dem Milchfett entfernen l~t[~t.

Ffir die Beurteilung der mSglichen stofflichen Struktur der gerin- nungsaktiven Prinzipien ist wichtig, daft wede r der Rfickstand des Acetonauszuges, noch der des :~therauszuges, an recalcifiziertem Plasma und FibrinogenlSsungen geprtift~ Gerinnungsaktivitttt zeigen. Damit ist die Beteiligung yon gerinnungsaktiven Lipoiden, die in bezug auf das Thrombokinaseproblem eine noch nicht vSllig klar zu .beurteilende Rolle spielen i ausgeschlossen. Der Beweis dafiir konnte auch noch durch eine andere Versuchsanordnung gefiihrt werden. Frauenmager- milch wurde i2 Stunden lang mit :Xther ausgeschiittelt. Der Xther wurde dreimal erneuert und die Gesamtmenge im Vakuum abgedampft. Der verbleibende Lipoidriiekstand wurde in NaC1-Liisung emulgiert und auf Gerinnungsaktivit~it geprt i f t . .~ach der Xtherextraktion, die sicher- lich praktisch zu einer vtilligen Entfernung der Lipoide gefiihrt ha~, hatte die gerinnungsaktive Wirkung der Magermilch keinerlei wesent- liehe EinbuSe erlitten, wie das die folgenden Versuche aufzeigen. Der )~therriickstand verhielt sich in Gerinnungsversuchen inaktiv.

Versuchsergebnisse: Mit recalcifiziertem Plasma:

1 a) 0,1 ccm Magermilch d- 0,1 eem CaC12 d- 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.: 48 Sek.

1 b) 0,1 ccm Magermilch tttherextr. -t- 0,1 ccm CaC12 d- d- 0,1 ccm Zi-Plasma Ger.-Z.: 53 Sek.

1 e) 0,1 ccm NaC1 -b 0,1 ccm CaCl~ -4- 0,1 ccm Zi-Plasma (Leerversueh) Ger.-Z.: 3 Min. 31 Sek.

/~Iit Fibr!nogenlSsung: a) 0~2 ccm Fibrinogenliisung -k 0,2 eem Magermilch Ger.-Z.: 4 Min. 12 Sek.

I b) 0,2 ccm Fibrinogenliisung -t- 0~2 ecm Magermilch ~ttherextr. ' Ger.-Z.: 4 iKin. 36 Sek.

Besonderes Interesse gewinnt d ie Frage, ob die gerianungsaktiven Komponenten der FM. Eigenschaften einer Substanz sind oder zwei verschiedenen Substanzen zugerechnet werden mfissen. Eine Trennnng der beiden Prinzipien ist bisher nicht gelungen, und die Tatsache, dal~ sie in ihrem physikalisch-chemischen Verhalten Sich so weitgeher/d ithn- lich sind, ltti~t die Vermutung zu, dais es sich um eine Substanz mit

t~ber das Wesen der Oerinnungsaktivit~it der Frauenmileh. 469

zwei Wirkungskomponenten handelt. Nachdem an der Fermentnatur der defibrinierenden Komponente nicht mehr gezweifelt werden kann, miii~te in diesem Falle allerdings auch das thromboplastische Prinzip in seiner Wirkung als ferment&atalytisch aufgefa~t werden, eine An- sicht, die durch Yersuchsergebnisse gestiitzt wird.

Uber die urs~chliche Wirkung der gerinnungsaktiven Substanz der Frauenmilch ,

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Die gerinnungsaktive Wirkung der FM. beruht nach clen vorliegen- den Untersuchungen auf zwei Komponenten,. einer defibrinierenden und einer sogenannten thromboplastischen. Befde finden sich im aceton- und ~therunliislichen Rtickstand des Milchfetts und konnten bish.er nicht gesondert isoliert werden.

Die defibrinierende Eigenschaft der FM. darf auf Grund der experi- mentellen Ergebnisse als eine fermentkatalytische Wirkung aufgefal3t werden, ~hnlich wie die des Thrombins, mit dem dieses Prinzip wirkungs- m~i~ig eine recht weitgehende ~hnlichkeit aufweist, andererseits aber s recht wesentliche Unterschiede, die eine Identifizierung mit dem Thrombin ausschlie~en. Wie die Denaturierung in den Einzelheiten ab-

�9 lauft wissen wir noch nicht, bekannt ist aber, dat~ die spontane Flockung des Fibrinogens katalytischen Einflfissen zug~nglich ist. Eine fcrment- katalytische Beeinflussung yon Fibrinogenl(isungen im Sinne einer Dena- turierung ist bisher cinwandfrei nut yore Thrombin bekannt, und W6h- lisch hat deshalb das Thrombin eine Fibrinogendenaturase genannt. In Analogie dazu daxf die defibrinierende Komponente der FM. ebenfalls als F ibrinogendenaturase bezeichnet werden, ohne Festlegung auf eine gruppenspezifische Wirkung, wie sie in der Fermentlehre fiblich ist.

Bedeutend schwieriger zu beurteilen ist der Wirkungsmechanismus der thromboplastischen Komponente, die mit den echten Thrombo- kinasen die Eigenschaft gemeinsam hut, aus Prothrembin bei Anwesen- beit yon Ca-Ionen Thrombin bilden zu kiinnen. Die auffallendste Eigen- schaft dieses Prinzips ist die ]~higkeit, auch noch bei hohen u dfinnungsgraden recht erhebliehe Gerinnungsbeschleunigung auslSsen zu kSnnen. Diese starke Wirkung bei au~erordentlich geringer Kon- zentration ist eine wesentliche Eigenschaft der Fermente. Nachdem gezeigt wurde, daft auch noeh eine Reihe anderer Erscheinungen auf eine fermentkatalytische Wirkung des thromboplastischen Prinzips hin- w'eisen, ist eine Betrachtung des Wirkungsmechanismus des thrombo- plastischen Prinzips unter diesen Gesichtspunkten naheliegend.

Uber die Art der Wirkung sind zwei VorsteUungen m~iglich, nltmlich diedirekte Einwirkung des thr0mboplastischen Prinzips auf Prothrom- bin', ohne wesentliche Mitwirkung der im Blut vorhandenen Thrombo- kinase und, nach den neuesten Erkenntnissen fiber die BIutthrombo-

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kinase, die Einwirkung fiber die Mobilisierung der Thrombokinase aus der Prothrombokinase. Um diese Fragen befriedigend beantworten zu kiinnen, mfissen zun~tchst ihre experimentellen und theoretischen Grund- lagen eingehender dargestellt werden. Im iibrigen sind es Probleme, die ftir das Phanomen d e r Blutgerinnung fiberhaupt y o n au6erordent- licher Bedeutung sind.

Zunachst ist an die M(iglichkeit zu denken, daft das thromboplasti- sche Prinzip, otme Mitwirkung einer bluteigenen Thrombokinase, direkt am Prothrombin angreift und die Umwandlung in Thrombin bewirkt. Dieser Vorgang w~re als Fermentkatalyse anzusehen, wobei kein Ein- bau yon Thrombokinase in das Thrombinmolekfil stattfindet. Ffir eine solche Ansicht k(innten Mitteilungen herangezogen werden, in denen yon einer spontancn Umwandlung des Prothrombins in Thrombin bei Abwesenheit yon Thrombokinase und Ca-Ionen berichtet wird (Mel- lanby). Diese Spontanumwandlung soll ein Prothrombinpr~tparat zeigen, das "durch Essigs~tureflillung aus verdfinntem Rinderoxalatplasma bei p H - - 5 , 3 gewonnen wurde. L~iBt man n~imlich den Prothrombinnieder- schlag, der nach Mellanby frei yon Thrombokinase sein soll, etwa 24 Stunden in feuchtem Zustand stehen, so soil nach 24 Stunden ei-n hochaktives Thrombin entstanden sein. Mellanby ist b e i der Deutung seiner Versuchsergebnisse ein Irr tum unterlaufen, denn bei jeder bis jetzt mitgeteilten.Methode zur Reindarstellung yon Prothrombin aus Plasma werden wesentliche Mengen yon bluteigener Thrombokinase mit- gefallt und die Entfernung dieser Thrombokinase stSBt auf recht er- hebliche Schwierigkeiten. Sicher ist jedenfalls, dab das durch Essig- s~iurefi~llung erhaltene Prothrombin Thrombokinase enth~tlt. Darauf deutet auch ein eigener Befund Mellanbys bin, wenn er anftih.rt, dab Prothrombin allein dutch Ca-Ionen zu Thrombin aktiviert werden kann. VSllig verstandlich wird die , ,Spontanumwandlung" des Prothrombins im Rahmen der bisher tiblichen Vorstellungen, durch den.Nachweis, da~ in einer EuglobulinlSsung, wahrscheinlich aus gebundenem Eiweifi- calcium, Ca-Ionen abdissoziiert werden. Diese Abspaltullg yon Ca- Ionen in einer zun~tchst cal~ciumfreien L~isung von Plasma-Euglobulinen, in der sich s~mtliche Gerinnungsfaktoren (antler Ca) finden, miige fol- gender Versuch zeigen, der immer wieder reproduziert werden konnte. Oxalatplasma wird mit a. dest. auf das 20fache Volumen verdiinnt und dann bis zum Ausfallen eines flockigen Niederschlags C02 ein- geleitet. Der entstandene Niederschlag wird abzentrifugiert und einige- mal mit einem groBen f2berschuB yon a. dest. ausge4-aschen. Dann wird der Niederschlag in einer dem Plasmaausgangsvolumen entspre- chenden Menge NaC1 physioh'aufgelSst. Nach 12--24 Stunden ist voll- s t~ndige Gerinnung eingetreten und in der L(isung findet sich hoch- wirksames Thrombin. Durch die iiblichen analytischcn Methoden las-

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Uber das Wesen der Gerinnungsaktivitat der Frauenmilch. 471

sen sich in der verbleibenden L6sung wesentliche Mengen yon Ca-Ionen nachweisen, und zwar 0,8--1,0 mg%. Es finden sich demnach nach eini- ger Zeit alle Gerinnungsfaktoren, die zur Thrombinbildung nach den bisher fiblichen Vorstellungen notwendig sind. Damit i s t . aber auch eine einleuchtende Erkl~rung der , ,Spontanaktivierung" yon feuchtem Prothrombin gegeben. Beachtenswert sind in diesem Zusammenhang eingehendere Unersuchungen yon Lenggenhager an gereinigtem Pro- thrombin. 'Er betont immer wieder die schnelle Zerst6rung dieser Sub- stanz, konnte aber nie eine Ver~nderung im Sinne einer Thrombin- bildung beobaehten, wenn die Anwesenheit yon Thrombokinase und Ca-Ionen ausgeschlossen werden konnte. Jedenfalls miissen wir, so- lange der Beweis fiir eine Spontanumwandlung yon Prothrombin in Thrombin bei Abwesenheit yon Thrombokinase und C~-Ionen nieht einwandfrei erbracht ist, bei der wohlbegriindeten Ansicht bleiben, dab ohne Ca-Ionen und ohne Thrombokinase eine Umwandlung des Pro- thrombins in Thrombin nieht stattfindet.

Wenn die Annahme wahrseheinlieh ist, dal3 es ohne Thrombokinase keine Umwandlung des Prothrombins in Thrombin gibt, dann tri t t die

F r a g e naeh der Wirkung der Thrombokinase auf. Nach der klas- sischen Auffassung wirkt die Tlirombokinase im Sinne eines Kataly- sators, eine Ansicht, die nicht unwidersprochen geblieben ist (Dycker- ho#, Miehler und Steiner, Lenggenhager). Unter dieser Annahme bleibt es unverst~ndlieh, warum bei dem physiologischea Gerinnungsablauf nur ein Bruehteil des Prothrombins in Thrombin umgewandelt wird, denn im Serum finden sieh noch reeht betr~chtliehe Mengen Prothrom- bin. Diese Tatsache zeigt einwandfrei, da[~ die Thrombokinase des Blutes innerhalb der kurzen Gerinnungszeit verbraucht wird. ~brigens verhalten sieh Pl~ttehensuspensionen und gerinnungsaktives Kephalin in dleser Hinsicht ganz anders (Eagle). Minimale Mengen davon ge- niigen, um in einem pl~ittchenfreien Plasma oder einer Prothrombin- lOsung maximale Thrombinmengen zu erzeugen. Diese Versuehsergeb- nisse werden z. B. yon W6hlisch als Argument fiir die katalytisehe Wirkung der Thrombokinase angefiihrt, wobei allerdings die Iden.titltt der BlutthroInbokinase mit gerinnungsaktiven Lipoiden vorausgesetzt wird. Sie gelten aber nur fiir Versuehe mit Lipoiden und nicht fiir die Thrombokinase des Blutes, die ja nach den neuesten Untorsuehungen Wahrseheinlieh als Euglobulin aufgefal~t werden 'mul~ und auch ohne Lipoidkomponente wirksam ist. hn Gegenteil, hier wird ein wich-tiger Unterschied in der Wirkung der bluteigenen Thrombokinase und in den Lipoidthrombokinasen siehtbar, der auch eine andere funktionelle Wir- k u n g andeutet. Nach Lenggenhager gelingt durch Behandlung des Thrombins mit */ionHC1 die Aufspaltung in Blutthrombokinase u n d Prothrombin und auch die Resynthese aus den beiden Komponenten.

472 " Christian Reicheh

Eine endgfiltige L(~sung dieses hSehst wichtigen, aber leider noch recht wenig erforschten Problems bringen vielleicht weitere Erkenntnisse fiber die Blutthrombokinase, seit dcren Entdeekung manche Schwierig- keit in der Erkllirung der physiologischen Gerinnung entf~llen ist. Nachdem eine ganze Relhe wichtiger Befunde gegen die Katalys~tor- natur der Blutthrombokinase sprechen, wird ffir die vorliegenden Unter- suchungen angenommen, daf~ Thrombin durch eine engere Bindnng yon Prothrombin nnd Thrombokinase, vielleicht im Sinne einer ferment- chemischen Verbindung, entsteht. Unter dieser Voraussetzung ist ein direkter Angriff der thromb0plastischen Substanz der FM. am Pro- thrombinmolektil, ohne Mitwirkung der Blutthrombokinase, unwahr- schcinlieh. Es mu{~ der Versuch untemommen werden, den Wirkungs- mechanismus dutch andere u befriedigend zu erkli~ren.

Einen Weg dazu zeigen die Inkubationsversuche der thrombo- plastischen Substanz mit Serum als Prothrombinli~sung auf, dutch die eindeutig die Bildung yon Throinbin naehgewiesen werden konnte. Es mu~ also Thrombokinase neugebildet worden sein. N~chdem die fer- mentkatalytisehe Wirkung d e s thromboplastischen Prinzips der FM. als gesichert angesehen werden darf, mfifite angenommen werden, daft die Mobitisierung der Blutthrombokinase im Serum auf fermentativem Wege erfolgte. Ffir diese. Annahme lassen sich eine Reihe wichtiger Versuehsergebnisse anffihren, die wiederholt bcst~tigt worden sind. So konnte Dale und Walpole dutch Trypsin spontan nictlt gerinnendes Vogelblut zur Gerinnung bringen. Sie nehmen an, dad Vogelblut an Plasmueiweii~kSrper gebundene und dcshalb unwirksume Thrombo- kinase enthalt~ die durch Trypsin in Freiheit gesetzt wird. Trypsin beschleunigt auch in recalcifizicrtem Normalplasm~ die Gerinnung aul~erordentlieh~ wie Strughold und WOhlisch nachwcisen konnten. Die Besctfleunigung miii~te dann, in Analogie zu den Versuchen mit Vogel- blur, im wesentlichen vielleicht durch eine Mobilisierung yon zuslitz- licher Thrombokinase aus einer unwirksamen Vorstufe erkl~trt werden. Ein Vergleich yon Vogelblut und Serum zeigt, daI~ in bezug auf die Ger!nnungsfaktoren der ersten Phase beide nur Prothrombin und Cal- cium-Ionen enthalten~ w~thrend die freie, aktive Thrombokinase fehlt. Durch Trypsin, bzw. die thromboplastische Substanz der FM. wird Thrombokinase mobilisiert~ nnd zwar auf fermentativem Wege. Der Angriitspunkt des Trypsins und des thromboplastischen Prinzips der FM. ist derselbe, beide aktivieren aus einer unwirksamen Vorstufe aktive Thrombokinase. -

Die Ansicht, daf~ die gerinnungsbeschleunigende Substanz der FM. fiber die Mobilisierung der Tlirombokinase wirkt, ist nieht nur ffir das Wissen um die Gerinnungsaktivitgt der FM. yon Bedeutung, sondern auch fiir das Problem Prothrombokinase--Thrombokinase, fiber das

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wir uns immer bessere ~orstellungen machen kSnrten. Es l~gt sicll nach den bisherigert Erkenntnissen etwa folgendermal~en darstellen. Intravasal finden sich Prothrombin , Ca-Ionen und Prothrombokinase. Beim Gef~l~austritt l~ist der pliitzliche C02-Spannungsabfall die Ober- fiflmmg der Prothrombokinase in Thrombokinase aus, die dann, beein- flul~t, durch oberfl~tchenaktive KrMte, in Anwesenheit yon Ca-Ionen ['rothrombin in Thrombin umwandelt. So sind die Vorg~nge bei der physiologischen Gerinnung. Die Mobilisierung der metastabilen Pro- thrombokinase kann aber auch durch ganz andersartige Einfltisse ausge- 15st werden, z. B. dutch Fermentwirkung (Thromboplastisches Prinzip der FM., Trypsin)oder , wie Refchel an anderer Stelle diskutiert hat, dutch gerinnungsaktive Lipoide. Es ist durchaus denkbar, dab auch noch andere Einfliisse, die bis jetzt nicht bekannt sind, die Entstabilisierung der Prothrombokinase erm0glichen. Die Bedeutung aeeelerierender Substanzert~ die eine beschleunig'te Thrombinbildung aus Prothrombin und Thrombokinase erm0glichen, soll in diesem Zusammenhang nicht~ diskutiert werden.

Unter der Annahme, da~ es sich bei der thromboplastischen Wir- k u n g der FM. um e i n e fermentkatalytische Umwandlung yon Pro- thrombokinase in Thrombokinase handelt, wird auch die gerinnungs- beschleunigende Wirkung auf H~tmophilieblut bei den Versuchen yon Fonio verst~tndlich, die durch die defibrinierende Wirkung der FM. nicht erkl~trt werden kann, da dieses Prinzip in so grol~er Verdiinnung- keine Wirkung mehr hat. Das Wesen der H~mophilie beruht nach den neuesten Anschauungen im wesentlichen auf einem Thrombokinase- mangel, der wahrscheinlich durch eine verz(igerte Umwandlung der Prothrombokinase in die Thrombokinase beim Gef~tl~austritt bedingt. ist. Durch das thr0mboplastisehe Prinzip der FM. wird diese Hemmung ~ fiberwunden und die Gerinnungszeit bedeutend herabgesetzt.

Bisher waren unsere Kenntnisse fiber das Wesen tier Gerinnungs- aktivit~tt der FM. und das Wissen um die urs~tchliche Wirkung det- beteiligten Faktoren recht gering. Nach den vorliegenden Untersuchun- gen u n d dem Versuch, das Wesen der gerinnungsaktiven Wirkung in Zusammenhang mit den neuesten Erkenntnissen fiber die Blutthrombo- kinase und ihrer Vorstufe aufzukli~ren, k(innen wir uns ein versti~nd- liches Bild yon dieser auffallenden Erscheinung der FM. maehen, und sie wird, soweit alas bei dem schwierigen Problem der Blutgeria.nung- tiberhaupt m6glich ist, in befriedigender Weise in das zu einem grol]en Tell noch recht wenig gekl~irte Problem der Blutgerinnung eingeordnet. Andererseits ist die Erkenntnis, dal~ die Gerinnungsaktivit/it der FM. auf fermentativen Komponenten beruht, fiir die Blutgerinnungslehre yon Bedeutung und kann vielleicht dazu beitragen, das vielumstrittene und ungekl~rte Thrombokinaseproblem einer L~isung n~iber zu bringen.

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Biologische Bedeutung der Gerinnungsaktivit~t der Frauenmilch und therapeutische M~glichkeiten.

Bei auffallenden Ph~inomen, und die Gerinnungsaktivit~tt der FM. ist zweifellos ein solches, ist,es wahrscheinlich, daft sie eine biologische Bedeutung haben. Welcher Art sie im einzelnen ist, das mtissen wei- tere Untersuchungen fiber dieses bis jetzt kaum beachtete Problem zeigen. Vielleicht ergeben systematische Untersuchungen bei den viel- seitigen Blutungstlbeln des S~uglings- und besonders des Neugeborenen- alters, die, wie Fanconi nachweisen konnte, nur zu einem Teil auf einem Prothrombinmangel beruhen, iiberraschende Zusammenh~nge mit der gerinnungsaktiven Wirkung der FM.

Die hlimostyptische Wirkung der FM. wird sich, gewissermaBen physiologisch, in erster Linie im Magen und wahrscheinlich in den ~beren Darmabschnitten entfalten. Voraussetzung daftir ist die Erhal- tung der gerinnungsaktiven Wirkung auch bei l~ingerer Verweildauer im Magen oder Dfinndarm. Zur Kl~trung dieser Frage wurden einem 9 Monate alten S~ugling per Sonde 100 ccm frischer Frauenmilch, deren gerinnungsbeschleunigende Wirkung vorher an einem recalcifi- 7ierten Zi-Plasma geprtift wurde, in den Magen gegebea und nach ~ , ~/ und �90 Stunden ein Tell der Fhl. wieder ausgehebert, um die ge-

rinnungsbeschleunigende Wirkung zu prfifen. Dabei ergab sich der auf- J~tllige Befund, dai~ selbst naeh �90 Stunden die Gerinnungsaktiviti~t der FM. noch in hohem Mai~e erhalten war.

Versuchsansatz: 0,l ccm FM. -t- 0,1 ccm CaCl., ~ 0,1 ccm Zi-Plasma. Gerinnungszeit mit der normalen FM.: 30 Sek.

Gerinnungs~eit nach YerweiIdauer

Std. 46 Sek. Std. 48 Sek.

�90 Std. 51 Sek. Der Leerversuch wurde mit gekochter, inaktiver FM. der 3. Frak-

~ion durchgefiihrt und ergab eine Gerinnungszeit yon 2 Min. 35 Sek.

In Zusammenhang mit diesen Versuchen sei auf die Tatsache hin- gewiesen, dat~ sich beim nattirlich erni~hrten Si~ugling im Magen und in den oberen Diinndarmabsehnitten pH-Werte um 5,0 finden und da~ .das Wirkungsoptimum der Gerinnungsaktivit~t der FM. ebenfalls auf <ter sauren Seite liegt. Es ist durehaus miiglich, dal~ unter diesen Be- dingungen die gerinnungsaktive Wirkung der FM. bis in tiefere Ab- ~schnitte des Dtinndarms hinein erhalten bleib't. So erscheint die FM. bei allen Blutungen in den oberen Teilen des Digestionstraktus als alas physiologische H~mostypticum der Wahl. Bei allen Blutungen so'leher -Art bei Neugeborenen, besonders bei Melaena neonatorum, wird, da <las Wirkungsoptimum der FM. erst 14 Tage bis 3 Woehen nach Lak-

[~ber das Wesen der GerinnungsaktivitStt der Frauenmilch. 475

tationsbeginn erreicht wird, zweckmafiigerweise verdtinnte Milch einer schon l~tnger laktierenden Amme gegeben. Bei h~morrhagischen Dia- thesen, die mit Blutungen in den untersten Darmabschnitten einher- gehen, kann vielleicht dutch Verweilklysmen eine erfolgreiche Blut- stillung erreicht werden. Die Frage, ob das gerinnungsaktive Prinzit) der FM. die Magendarmwand des S~iuglings ungeschadigt passieren kann, ist sehwer zu entscheiden und der ~bergang wesent!iche r Mengen davon ist unwahrscheinlich.

Beim S~tugling k6nnte die h~mostyptische Wirkung der FM. durch- aus eine zweckm~UMge Regulation gegeniiber auftretenden Blutungen des Digestionstraktus darstellen. Die Verwendbarkeit als gutes, 0rtlich wirkendes H~tmostypticum ist damit aber nieht ersch~pft. Ganz all: gemein wird die FM. diese Wirkung, auch beim Erwachsenen, dort, entfalten, wo sie in gentigender Weise appliziert werden kann, und damit [st ein weites Feld der therapeutischen Anwendung gegeben. Besonders aussichtsreich erscheint die Behandlung yon Magenblutun- gen verschiedenster Genese~ bei denen bis jetzt eine erfolgre!che M0g- lichkeit der iirtIichen BIutsfillung kaum besteht.

Zusammenfassung. Die seit langem bekannte Erseheinung, daft FM. Fibrinogenl0sungen

zur Gerinnung bringt und in einem recalcifizierten Plasma den Ablauf der Gerinnung in auffallender Weise beschleunigt, konnte bisher nicht in befriedigender Weise mit der Blutgerinnungslehre in Einklang ge- bracht werden, da die Ursachen dieses Ph~tnomens nicht genfigend bekannt waren. Die L0sung dieses Problems solite in den vorliegenden Untersuchungen ~ unter Berttcksichtigung der neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiete der Blutgerinnungslehre, versucht werden. Die wichtigster~ Ergebnisse dieser Untersuchungen sind:

1. Die Gerinnungsaktivit~t der FM. setzt sich aus zwei Komponen- ten zusammen, einer defibrinierenden und einer sogenannten thrombo- plastischen. �9

2. Eine Reihe yon Versuchsergebnissen deuten darauf hin, dal~ co- wohl die defibrinierende als auch die thromboplastische Komponente fermentkatalytisch wirken. Die Beteiligung yon Lipoiden an der ge- rinnungsaktiven Wirkung der FM. konnte durch Versuche ausgeschlos- sen werden, und damit entfallt die Anschauung, dab es sich, in be zug auf das thromboplastische Prinzip, um eine Suhstanz im Sinne yon Borders Cytozym handelt. Im Milchserum findet sieh nur in vereinzelten F~.llen geringe thromboplastische Wirksamkeit, die mit grofler Wahr- scheinlichkeit auf Spuren des gerinnungsaktiven Prinzips Zuriickgefiihrt werden konnte, das mit der Kasein-Fett-Fraktion entfernt werden

476 Chr. Reichel: Uber d. Wesen d. Gerinnungsaktivitltt d. Frauenmilch.

kann. Die Mitwirkung gerinnungsaktiver Eiweil3kSrper d e s Milch- serums kann damit ausgeschlossen werden.,

3. Durch Zentrifugieren yon FM. und durch F~illung der Kasein- Fett-Fraktion gelingt eine Isolierung und dureh "Aceton- und ~ther- extraktion eine Re in igung der defibrinierenden und der thromboplasti- schen Komponente. In dem auf diese Weise erhaltenen Troekenpulver sind beide Prinzipien ohne Wirkungsverlust monatelang haltbar.

4. Das hitzelabile, defibrinierende Prinzip, mit einem Wirkungs- optimum zwischen pH - - 5,906,-6,643 zeigt in der Wirkung grol~e Rhn: lichkeit mit der Fibrinogendenaturase d~s Blutes~ dem Thrombin, und daft als Fibrinogendenaturase der FM. angesehen werden. (~ber den Wirkungsmechanismus miissen wir uns, soweit das naeh den bisherigen Erkenntnissen iiberhaupt mSglich ist, entsprechende Vorstellungen wie bei der denaturierenden Wirkung des Thrombins machen.

5. Das hitzelabile, thromboplastische Prinzip, das sich besonders durch seine Wirkung in hoher Verdiinnung auszeichnet, zeigt in seinem physikalisch-chemischen Verhalten eine so weitgehende .~hnlichkeit mit tier defibrinierendefi Komponente, daf} die Annahme, es handle sich bei dem gerinnungsaktiven Prinzip der FM. um eine Substanz mit zwei Wirkungskomponenten, naheliegend ist.

6. Der m(lgliche Wirkungsmechanismus der thromboplastischen Komponente wurde unter Zugrundelegung der Tatsache, d a ~ s i e bei Anwesenheit yon Ca-lonen Prothrombin in Thrombin umwandelt, als fermentkatalytischer Vorgang diskutiert, der fiber die Mobilisierung der Thrombokinase des Blutes aus der Vorstufe wirksam ist.

7. Die praktische Verwendbarkeit der FM. als (irtlich wirkendes l-llimostypticum wurde bereits festgestellt. Die vorli~genden Unter- suchungen weisen ebenfalls auf eine sehr vielseitige Anwendungsmi~g: lichkeit hin.

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