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Umwelt- und qualitätsorientierte Erzeugung und
Verarbeitung von Winterweizen
Jens Begemann
Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Quelle: www.wissensforum-backwaren.de
Eiweißarten
Proteine im Weizenkorn
Die löslichen Pro-
teine (Albumine
und Globuline)
lösen sich beim
Anteigen im Teig-
wasser
lösliches
Eiweiß
lösliches
Eiweiß
im Keimling
in der Aleuronschicht
im Mehlkörper
Die wasserunlös-
lichen Kleberpro-
teine bilden beim
Anteigen von Mehl
und Wasser den
backtechnisch
wichtigen Kleber
unlösliches
Klebereiweiß
= Gliadin und
Glutenin
2 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
03.09.2015 3 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Funktionalität Kleberproteine im Weizen
03.09.2015 4 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Prozesssicherheit bei Weizengebäcken (hefegelockert): Eiweißqualität und -menge
E
A
B
C
Sedim
en
tationsw
ert
[m
L]
Proteingehalt [% TS] (N=5,7)
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
70
60
50
40
30
20
10
0
Hohe Eiweißmenge
fördert Backfähigkeit und
Prozesssicherheit
innerhalb der Sorte oder
Qualitätsgruppe
(Hefelockerung: >11,5 %
Proteingehalt)
Eiweißqualität (Sedi.-wert)
fördert: Teigausbeute,
Teigeigenschaft,
Gärtoleranz,
Gebäckvolumen und
Krumenbeschaffenheit
Protein als Hauptfaktor des Verarbeitungswerts von Weizen
03.09.2015 5 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Protein-Haupt-Aspekte:
Proteingehalt ist ein akzeptierter Index für den Eignungswert, insbes. bei Sortennennung.
Proteingehalt ist ein schnell und genau zu ermittelndes Separierungskriterium.
Gehalt und Qualität des Kleberproteins dominieren die Backeigenschaften (z.B. Gär-Toleranz).
Relation an Gliadin zu Glutenin beeinflusst Gluten-Index, Gashaltung, Gebäcklockerung,
Mehl-Wasseraufnahme und die Teigeigenschaften (Dehnwiderstand / Dehnbarkeit).
Aktuelle Fragen bezüglich der Rohstoff- und Prozessvariablen:
Reduzierte Proteingehalte durch qualitätsorientierte Handlungsweisen?
Welche Sorte mit optimalem Backpotenzial ist für welches Backsortiment verfügbar?
Gibt es backpotenzial-fördernde Handlungsweisen?
03.09.2015 6 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Hektarerträge der deutschen Winterweizenernte von 1965 bis 2014
- Ergebnisse der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung -
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015
0
30
40
50
60
70
80
90
Erntejahr
Ert
rag [d
t/ha]
Einfluss durch:
moderne Agrartechnik
Züchtungsfortschritt,
und Sortenwandel
03.09.2015 7 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Proteingehalt und Sedimentationswert der deutschen Winterweizenernte von 1965 bis 2014
- Ergebnisse der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (Praxisanbau) -
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015
0
11
12
13
14
0
20
30
40
50
Pro
tein
geha
lt [%
TS
]S
edimentationsw
ert [mL]
alte Bundesländer gesamte Bundesländer
mediterraner Juli
Sommer- trockenheit
Erntejahr
03.09.2015 8 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Bedeutung der Weizen-Funktionseigenschaften im Hinblick auf den Sorten- und
Qualitätswandel und die Umweltverantwortung
UBA: neg. Auswirkungen bei hoher N-Belastung in der Landwirtschaft: hohe N-Verluste in die
Umwelt, Gefährdung der biolog. Vielfalt, Luft- und Wasserqualität und Klimaänderung (Studie
„Reaktiver Stickstoff in Deutschland - Ursachen, Wirkungen, Maßnahmen“). Hoher N-
Überhang widerspricht der Umweltverantwortung.
WRRL und Dünge-VO: effektive Qualitätsdüngung, max. zulässiger N-Überhang = 50 kg N/ha
p.a. Folge: mehr als 40 % der heimischen A-Weizen erreichen die Proteingehalte von 13,0 %
TS nicht.
freiwillige Marketingkonzepte mit Nachhaltigkeitsgrundsätzen (biolog.-, ökolog.- oder CO2-Fuß-
abdruck), Nachfragesteigerung/Image-Verbesserung.
freiwilliger Verzicht auf Lebensmittelzusatzstoffe „Clean Labeling“ trotz steigender
Qualitätsanforderungen Nachfragesteigerung/Image-Verbesserung.
höhere Funktionalität der
backwirksamen
Inhaltsstoffe
03.09.2015 9 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Aussagekraft der Backvolumenvorhersage bei modernen Weizensorten
R² = 0,385
550
600
650
700
750
800
500 550 600 650 700 750 800
bere
ch
nete
s B
ack
vo
lum
en
1
[m
L/1
00g
]
Backvolumen [mL/100g]
1Berechnungsformel nach Bolling:
420 + (10 x Prot.-geh.) + (3 x Sedi.-wert) für A- und E-Sorten
306 + (17 x Prot.-geh.) + (3 x Sedi.-wert) für B-Sorten
Mühlenmuster der Ernte 2014
Qualitätsgruppen E A B C
Merkmale
Eliteweizen APS
Qualitätsweizen APS Brotweizen APS sonstiger Weizen
RMT-Volumenausbeute mind. 8 mind. 6 mind. 4 -
Fallzahl mind. 6 mind. 5 mind. 4 -
Rohproteingehalt mind. 6 mind. 4 mind. 2 -
Sedimentationswert mind. 7 mind. 5 mind. 3 -
Wasseraufnahme mind. 4 mind. 3 mind. 2 -
Mehlausbeute (T550) mind. 5 mind. 5 (WW) / mind. 4 (SW) mind. 4 (WW) / mind. 3 (SW)
10 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Mindestanforderungen für E-, A- und B-Weizen 2013 in Ausprägungsstufen (APS)
Rohproteingehalt
Wasseraufnahme
Volumenausbeute
Sedimentationswert
Mehlausbeute Fallzahl
E
A B
APS 1 - 9 Quelle: BSA, Beschreibende Sortenliste 2013
03.09.2015 11 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
A-Sorten-Entwicklung und Backvolumen von 2000 bis 2014
(Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 2014)
2000: nur die A-Sorten (n = 30)
Proteingehalt (APS) 3 4 5 6 7 8 9
RM
T-B
ackvolu
men (
AP
S)
4
5
6
7
8
9 2010: nur die A-Sorten (n = 52)
Proteingehalt (APS) 3 4 5 6 7 8 9
RM
T-B
ackvolu
men (
AP
S)
4
5
6
7
8
9
30%
61%
23%
70%
3 4 5 6 7 8 9
4
5
6
7
8
9
Proteingehalt (APS)
2014: nur die A-Sorten (n = 58)
34%
60% RM
T-B
ackvolu
men (
AP
S)
mehr A-Sorten mit höherem Backvolumen
gleiches Backvolumen mit weniger Protein
erhöhte Backqualität der A-Sorten 2014:
Erntejahr
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Rel
ativ
e H
äufig
keit
[%]
0
20
40
60
80
100Bundesgebiet: Ernte 2014
E
A
B
C
EU
unbekannt
Spezifische Funktionseigenschaften der
backwirksamen Korninhaltsstoffe sind das
Potenzial für die nachhaltige Landwirtschaft
und wirtschaftlich-effektive Verarbeitung !
03.09.2015 12 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Stickstoff- und qualitätseffiziente Weizensorten
Auswahl entnommen aus: „Beschreibende Sortenliste 2014“ (BSA)
Qualität
E-
WWW-
Sorten
Prot. Sed. Backvol.
Bonituren
Adler (4) 9 9 9
Akteur (5) 8 9 8
Arktis (5) 6 9 9
Bernstein (5) 7 8 8
Bussard (3) 8 9 9
Butaro (öko) 9 9 9
Event (5) 6 9 9
Genius (5) 8 9 9
Kobold (6) 6 8 8
Pilgrim (2) 7 7 9
SWW-Sorte
Granus (6) 6 9 8
Qualität
A-
WWW-
Sorten
Prot. Sed. Backvol.
Bonituren
Akratos (6) 4 6 6
Attraktion (7) 4 7 7
Brilliant (5) 5 6 6
Cubus (7) 4 8 6
Estivus (6) 4 6 6
Magnus (7) 4 6 6
Meister (6) 5 6 7
Mirage 5 6 8
Opal (6) 5 8 8
Potenzial (6) 5 8 7
Tarso 6 5 7
Tuareg (6) 4 7 6
Türkis (5) 5 7 8
Zeppelin (6) 6 9 6 Ziffern in Klammern: Bonituren Kornertrag
2014
1989
2012
2014
2014
2014
03.09.2015 13 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Volumen-Effizienz der A-Weizensorten Sortenkatalog 2013:
RMT-Backvolumen bei 12,45% Proteingehalt (APS 4) und RMT-Backvolumen-Änderung je % Proteingehalt R
MT-B
ackvolu
men [m
L/1
00g M
ehl] (
bei 12,4
5%
Pro
tein
gehalt)
Berechnungsbasis: Ergebnisse der Sortenprüfung im Rahmen der Wertprüfung (Vergleichs-/Verrechnungssorten, Prüfstämme)
Türkis
Schamane
Akratos Brilliant
Potenzial Tuareg
Meister
Avenir
Opal
Cubus
Magnus Rebell
Impression
Pamier
Linus Tommi
Discus
Sokrates
Kometus
Mindest-Backvol.
APS 6
A-Sorten
A-Sorten 2013
Mindest-Backvolumen APS 6
JB Asano
Julius
rot = neu zugelassen Backvolumen-Änderung je % Kornproteingehalt [mL/100g Mehl]
Pionier
KWS Cobalt
Apertus
Capone
effizient
ineffizient
Toras
03.09.2015 14 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Volumen-Effizienz der B-Weizensorten Sortenkatalog 2013:
RMT-Backvolumen bei 11,75% Proteingehalt (APS 2) und RMT-Backvolumen-Änderung je % Proteingehalt
RM
T-B
ackvolu
men [m
L/1
00g M
ehl] (
bei 11,7
5%
Pro
tein
gehalt)
Backvolumen-Änderung je % Kornproteingehalt [mL/100g Mehl]
Mulan Inspiration
Mindest-
Backvol. APS 4 Gordian
Memory
Desamo
Berechnungsbasis: Ergebnisse der Sortenprüfung im Rahmen der Wertprüfung (Vergleichs-/Verrechnungssorten, Prüfstämme)
B-Sorten
B-Sorten 2013
Mindest-Backvolumen APS 4
Tobak
Egoist
Sophytra
Matrix Colonia
Primus Orcas
Edgar
Kredo
rot = neu zugelassen
Dekan
Manager
Ritmo
Rumor
Mescal
Edward Kurt
Apian
Aszita
effizient
ineffizient
Züchtung bzw. Sortenwandel
birgt großes Potential aber
erschwert die Vorhersage der
Qualität!
Forschungsprojekt
03.09.2015 15 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und
Verarbeitung von Winterweizen
Zusammenarbeit mit der LK-Niedersachsen und dem Netzwerk
Ackerbau Niedersachsen
Anbauversuche mit 6 Sorten an 2 Standorten mit 3 unterschiedlichen
Düngevarianten in 3 Anbaujahren
Verhalten der Sorten bei unterschiedlicher Düngung überprüfen
Kombinationen für Aufmischeffekte identifizieren und über die
Düngungsvarianten, Standorte und Anbaujahre überprüfen
Aufmischeffekte mit Standardanalytik und Rheologie korrelieren
03.09.2015 16 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten
600
600
600
K
N
K
N K N
K N
K
N
K W
N W W W
W
W
Aufmischeffekt:
Sorten mit extrem weichen
Teigeigenschaften kombiniert mit
solchen vorwiegend kurzer
Teigeigenschaften bewirken höchste
Aufmischeffekte.
Sorten mit optimalen
teigrheologischen Verhalten bewirken
sowohl mit Sorten weicher, wie auch
kurzer Viskoelastizität einen geringen
oder keinen messbaren
Aufmischeffekt.
Teigeigenschaften:
K: Kurz
N: Normal
W: Weich
03.09.2015 17 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
560
570
580
590
600
610
620
630
640
650
0 20 40 60 80 100
Back
vo
lum
en
[
ml/1
00
g]
Anteil Julius [%]
Kerubino - Julius
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten1
Quelle: Forschungsprojekt „Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und Verarbeitung von Winterweizen“,
LK-Niedersachsen, Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, MRI Detmold
03.09.2015 18 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
560
570
580
590
600
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620
630
640
650
0 20 40 60 80 100
Back
vo
lum
en
[
ml/1
00
g]
Anteil Julius [%]
JB Asano - Julius
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten1
Quelle: Forschungsprojekt „Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und Verarbeitung von Winterweizen“,
LK-Niedersachsen, Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, MRI Detmold
03.09.2015 19 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
600
610
620
630
640
650
660
0 20 40 60 80 100
Back
vo
lum
en
[
ml/1
00
g]
Anteil JB Asano [%]
Opal - JB Asano
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten1
Quelle: Forschungsprojekt „Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und Verarbeitung von Winterweizen“,
LK-Niedersachsen, Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, MRI Detmold
03.09.2015 20 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
600
610
620
630
640
650
660
670
0 20 40 60 80 100
Back
vo
lum
en
[
ml/1
00
g]
Anteil Memory [%]
Opal - Memory
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten1
Quelle: Forschungsprojekt „Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und Verarbeitung von Winterweizen“,
LK-Niedersachsen, Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, MRI Detmold
03.09.2015 21 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
600
605
610
615
620
625
630
635
640
0 20 40 60 80 100
Back
vo
lum
en
[
ml/1
00
g]
Anteil Rumor [%]
Memory - Rumor
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten1
Quelle: Forschungsprojekt „Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und Verarbeitung von Winterweizen“,
LK-Niedersachsen, Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, MRI Detmold
03.09.2015 22 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
590
600
610
620
630
640
650
0 20 40 60 80 100
Back
vo
lum
en
[
ml/1
00
g]
Anteil Rumor [%]
Kerubino - Rumor
Kombinationseffekte bei der Mischung verschiedener Weizensorten1
Quelle: Forschungsprojekt „Wasser- und Klimaschutzorientierte Produktion und Verarbeitung von Winterweizen“,
LK-Niedersachsen, Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, MRI Detmold
Zum mitnehmen…
03.09.2015 23 MRI – Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide
Proteingehalt und Sedimentationswert als Qualitätskriterium bedingt
aussagekräftig
Sorten mit hoher Backqualität bei niedrigem Proteingehalt verfügbar
Sorten mit unterschiedlichem Verhalten bei schwankenden
Proteingehalten verfügbar
Sorten mit günstigem Verhalten bei niedrigem Proteingehalt bevorzugen
Sortenkombination für Aufmischeffekte identifizieren und nutzen