univ.-prof. dr. phil. dr. phil. h.c. c.f. gethmann · 2021. 2. 2. · allgemeine semantik...

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Werteerziehung - Wertegemeinschaft Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. phil. h.c. C.F. Gethmann

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  • Werteerziehung - Wertegemeinschaft

    Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. phil. h.c. C.F. Gethmann

  • „Wert„Wert„Wert„Wert----Jargon“Jargon“Jargon“Jargon“

    x hat andere x hat andere x hat andere x hat andere WerteWerteWerteWerte als yals yals yals y

    x und y bilden (k)eine x und y bilden (k)eine x und y bilden (k)eine x und y bilden (k)eine WertegemeinschaftWertegemeinschaftWertegemeinschaftWertegemeinschaft

    p ist eine Folge des p ist eine Folge des p ist eine Folge des p ist eine Folge des WertwandelsWertwandelsWertwandelsWertwandels

    hi trägt den Gesetzen des hi trägt den Gesetzen des hi trägt den Gesetzen des hi trägt den Gesetzen des WertwandelsWertwandelsWertwandelsWertwandels nicht Rechnungnicht Rechnungnicht Rechnungnicht Rechnung

    …………

    …………

  • Maxime:Maxime:Maxime:Maxime:

    Wenn du das Wort „Wert“ verwenden willst, Wenn du das Wort „Wert“ verwenden willst, Wenn du das Wort „Wert“ verwenden willst, Wenn du das Wort „Wert“ verwenden willst, halte kurz inne und frage dich:halte kurz inne und frage dich:halte kurz inne und frage dich:halte kurz inne und frage dich:

    - Welche Bedeutung verbinde ich mit dem Gebrauch?Welche Bedeutung verbinde ich mit dem Gebrauch?Welche Bedeutung verbinde ich mit dem Gebrauch?Welche Bedeutung verbinde ich mit dem Gebrauch?- Gibt es zu dieser Bedeutung kein passenderes Wort?Gibt es zu dieser Bedeutung kein passenderes Wort?Gibt es zu dieser Bedeutung kein passenderes Wort?Gibt es zu dieser Bedeutung kein passenderes Wort?- Achte ich auf die Gefahr der Exklusion?Achte ich auf die Gefahr der Exklusion?Achte ich auf die Gefahr der Exklusion?Achte ich auf die Gefahr der Exklusion?

  • Möglicher Einwand:Möglicher Einwand:Möglicher Einwand:Möglicher Einwand:

    - Braucht man zur Erklärung der Funktionsfähigkeit der Moral

    nicht „Werte“?

  • IIII Kleine Sprachphilosophie zur Verwendung von „…wertKleine Sprachphilosophie zur Verwendung von „…wertKleine Sprachphilosophie zur Verwendung von „…wertKleine Sprachphilosophie zur Verwendung von „…wert------------““““

    IIIIIIII Kleine Philosophiegeschichte der WerteKleine Philosophiegeschichte der WerteKleine Philosophiegeschichte der WerteKleine Philosophiegeschichte der Werte

    III III III III Kleine Einführung in die EthikKleine Einführung in die EthikKleine Einführung in die EthikKleine Einführung in die Ethik

  • I Kleine Sprachphilosophie zur Verwendung von „…wert---“

  • Harmlose Wortverwendungen:

    o Mein Auto ist noch 5000 € wert.o Mein Autohändler hat mein Auto mit 5000€ bewertet.o Der Wert meines Autos ist 5000€.o Wenn ich das Auto weiter fahre, verfällt sein Wert.

    Problematische Wortverwendungen:

    o Zu meinem Auto gehören nicht nur sein Motor, seine Räder usw., sondern auch sein Wert.

    o Mein Auto kann man ersetzen, aber den Wert meines Autos kann mir niemand ersetzen.

  • Allgemeine Semantik (Bedeutungstheorie)

    � Referenztheorie der Bedeutung:

    „Die Bedeutung eines Ausdrucks ist der Gegenstand, auf den sich der Ausdruck bezieht.“

  • • Franz Beckenbauer• Sokrates• Schneewittchen

    − klassenlose Gesellschaft− Paradies− Gespenst von Dartmoor− höchste Primzahl

    � Und� Hilfe � Aua� poh e-i

  • � Gebrauchstheorie der Bedeutung

    „Die Bedeutung eines Ausdrucks ergibt sich aus seinem sprachlichen Gebrauch.“

  • Beispiel: „Wert“

    Referenztheorie: Es muss etwas geben (ein „Etwas“ (Rickert s.u.), worauf der Ausdruck „Wert“ referiert.

    Gebrauchstheorie:Sprecher / Hörer kennen (implizit) die Regeln, deren Befolgung die korrekte Verwendung von „Wert“ ist.

  • Unklare Verwendung in normativen (moralischen und juridischen) Kontexten:

    • „Gerechtigkeit“ ε Wert: � Tugend (Habitus)

    • „Anderen zu helfen ist wichtiger als Geld zu verdienen.“ ε Wert: �Maxime

    • „Handele so, daß die Maxime deines Handelns für jedermann gelten könnte.“ ε Wert:�Norm

    • Würde ε Wert:� (Letzt-)Zweck

    • u. a.

  • These:

    Die substantivische Verwendung von „Wert“ ist vieldeutig.

    Für (fast?) jede Verwendung läßt sich ein anderer

    � „besserer“, weil einen Gewinn an Differenzierung bereitstellender,

    Terminus angeben.

  • IIIIIIII Kleine Philosophiegeschichte der WerteKleine Philosophiegeschichte der WerteKleine Philosophiegeschichte der WerteKleine Philosophiegeschichte der Werte

  • IIIIMMANUELMMANUELMMANUELMMANUEL KKKKANTANTANTANTGrundlegung zur Metaphysik der Sitten Grundlegung zur Metaphysik der Sitten Grundlegung zur Metaphysik der Sitten Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785)(1785)(1785)(1785)„Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen PreisPreisPreisPreis oder eine oder eine oder eine oder eine WürdeWürdeWürdeWürde. Was . Was . Was . Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als ÄquivalentÄquivalentÄquivalentÄquivalentgesetzt werden; was aber dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein gesetzt werden; was aber dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein gesetzt werden; was aber dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein gesetzt werden; was aber dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent Äquivalent Äquivalent Äquivalent verstattetverstattetverstattetverstattet, das hat eine Würde.“, das hat eine Würde.“, das hat eine Würde.“, das hat eine Würde.“[…][…][…][…]“ Das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich “ Das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich “ Das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich “ Das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern einen inneren Wert, d. i. Würde.“einen inneren Wert, d. i. Würde.“einen inneren Wert, d. i. Würde.“einen inneren Wert, d. i. Würde.“

    ↑ ökonomische Theorie von Wert/Preis↑ ökonomische Theorie von Wert/Preis↑ ökonomische Theorie von Wert/Preis↑ ökonomische Theorie von Wert/PreisTTTTHOMASHOMASHOMASHOMAS HHHHOBBESOBBESOBBESOBBESWWWWILLIAMILLIAMILLIAMILLIAM PPPPETTYETTYETTYETTYJJJJOHNOHNOHNOHN LLLLOCKEOCKEOCKEOCKE

  • „harmlose“ Verwendung „harmlose“ Verwendung „harmlose“ Verwendung „harmlose“ Verwendung ���� PhilosophiePhilosophiePhilosophiePhilosophie

    „Wert (moralisch) (engl. „Wert (moralisch) (engl. „Wert (moralisch) (engl. „Wert (moralisch) (engl. valuevaluevaluevalue), im ), im ), im ), im weiteren Sinne Bezeichnung für den Grund weiteren Sinne Bezeichnung für den Grund weiteren Sinne Bezeichnung für den Grund weiteren Sinne Bezeichnung für den Grund oder das Ergebnis einer Wertung, d.h. der Bevorzugung einer Handlung vor oder das Ergebnis einer Wertung, d.h. der Bevorzugung einer Handlung vor oder das Ergebnis einer Wertung, d.h. der Bevorzugung einer Handlung vor oder das Ergebnis einer Wertung, d.h. der Bevorzugung einer Handlung vor einer anderen bzw. allgemein eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes einer anderen bzw. allgemein eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes einer anderen bzw. allgemein eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes einer anderen bzw. allgemein eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes vor einem vor einem vor einem vor einem anderen.“anderen.“anderen.“anderen.“OOOOSWALDSWALDSWALDSWALD SSSSCHWEMMERCHWEMMERCHWEMMERCHWEMMER, „Wert (moralisch)“ in: J. Mittelstraß (Hg.), , „Wert (moralisch)“ in: J. Mittelstraß (Hg.), , „Wert (moralisch)“ in: J. Mittelstraß (Hg.), , „Wert (moralisch)“ in: J. Mittelstraß (Hg.), Enzyklopädie Enzyklopädie Enzyklopädie Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie,Philosophie und Wissenschaftstheorie,Philosophie und Wissenschaftstheorie,Philosophie und Wissenschaftstheorie, Stuttgart 1996, IV 662 Stuttgart 1996, IV 662 Stuttgart 1996, IV 662 Stuttgart 1996, IV 662

    Nota:Nota:Nota:Nota:„Wert“ „Wert“ „Wert“ „Wert“ ����Präsupposition / Prämisse oder Resultat der Handlung „Werten“ Präsupposition / Prämisse oder Resultat der Handlung „Werten“ Präsupposition / Prämisse oder Resultat der Handlung „Werten“ Präsupposition / Prämisse oder Resultat der Handlung „Werten“ � „Bevorzugen“ „Bevorzugen“ „Bevorzugen“ „Bevorzugen“ [[[[���� „Beschreiben“ & „Auffordern“]„Beschreiben“ & „Auffordern“]„Beschreiben“ & „Auffordern“]„Beschreiben“ & „Auffordern“]

  • Problematische Verwendung Problematische Verwendung Problematische Verwendung Problematische Verwendung ���� Wertethik Wertethik Wertethik Wertethik ���� SoziologieSoziologieSoziologieSoziologie

    HHHHERMANNERMANNERMANNERMANN LLLLOTZEOTZEOTZEOTZE (+1881): (+1881): (+1881): (+1881):

    Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) wissenschaftlicher Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) wissenschaftlicher Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) wissenschaftlicher Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) wissenschaftlicher Behauptungen?Behauptungen?Behauptungen?Behauptungen?

    Antwort:Antwort:Antwort:Antwort:nicht nicht nicht nicht empirischeempirischeempirischeempirische Tatsachen (diese verändern sich),Tatsachen (diese verändern sich),Tatsachen (diese verändern sich),Tatsachen (diese verändern sich),sondern sondern sondern sondern idealeidealeidealeideale SachverhalteSachverhalteSachverhalteSachverhalte

  • Analog:Analog:Analog:Analog:

    Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) Frage: Grundlage für die Allgemeingültigkeit („Geltung“) moralischer Aufforderungen?moralischer Aufforderungen?moralischer Aufforderungen?moralischer Aufforderungen?

    nicht materielle Güter, sd. nicht materielle Güter, sd. nicht materielle Güter, sd. nicht materielle Güter, sd. idealeidealeidealeideale SollgrößenSollgrößenSollgrößenSollgrößen==> Werte==> Werte==> Werte==> Werte

    Werte: = Werte: = Werte: = Werte: = ideale materiale Sollgrößenideale materiale Sollgrößenideale materiale Sollgrößenideale materiale Sollgrößen

    ���� „moralische Tatsachen“„moralische Tatsachen“„moralische Tatsachen“„moralische Tatsachen“

  • Phänomenologie:Phänomenologie:Phänomenologie:Phänomenologie:

    FFFFRANZRANZRANZRANZ BBBBRENTANORENTANORENTANORENTANOAAAALEXIUSLEXIUSLEXIUSLEXIUS MMMMEINONGEINONGEINONGEINONGEEEEDMUNDDMUNDDMUNDDMUND HHHHUSSERLUSSERLUSSERLUSSERL: : : : formale (!) Wertethikformale (!) Wertethikformale (!) Wertethikformale (!) Wertethik

    MMMMAXAXAXAX SSSSCHELERCHELERCHELERCHELER (+ 1928)(+ 1928)(+ 1928)(+ 1928)Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik (1913)(1913)(1913)(1913)

    NNNNICOLAIICOLAIICOLAIICOLAI HHHHARTMANNARTMANNARTMANNARTMANN (+ 1950)(+ 1950)(+ 1950)(+ 1950)EthikEthikEthikEthik (1926)(1926)(1926)(1926)

  • Südwestdeutscher NeukantianismusSüdwestdeutscher NeukantianismusSüdwestdeutscher NeukantianismusSüdwestdeutscher Neukantianismus

    • Wilhelm Windelband (+1915)Wilhelm Windelband (+1915)Wilhelm Windelband (+1915)Wilhelm Windelband (+1915)• Heinrich Rickert (+1936Heinrich Rickert (+1936Heinrich Rickert (+1936Heinrich Rickert (+1936))))„„„„Wir brauchen dies Wort, das einen Begriff bezeichnet, Wir brauchen dies Wort, das einen Begriff bezeichnet, Wir brauchen dies Wort, das einen Begriff bezeichnet, Wir brauchen dies Wort, das einen Begriff bezeichnet, der der der der sich sich sich sich ebenso wenig wie der des ebenso wenig wie der des ebenso wenig wie der des ebenso wenig wie der des Existierens Existierens Existierens Existierens definieren lässt, definieren lässt, definieren lässt, definieren lässt, für für für für Gebilde, die nicht existieren und Gebilde, die nicht existieren und Gebilde, die nicht existieren und Gebilde, die nicht existieren und trotzdem ‚Etwas‘ trotzdem ‚Etwas‘ trotzdem ‚Etwas‘ trotzdem ‚Etwas‘ sind, sind, sind, sind, und und und und wir drücken dies am besten dadurch aus, dass wir sagen, sie wir drücken dies am besten dadurch aus, dass wir sagen, sie wir drücken dies am besten dadurch aus, dass wir sagen, sie wir drücken dies am besten dadurch aus, dass wir sagen, sie gelten.“gelten.“gelten.“gelten.“Der Gegenstand der Erkenntnis: ein Beitrag zum Problem der Der Gegenstand der Erkenntnis: ein Beitrag zum Problem der Der Gegenstand der Erkenntnis: ein Beitrag zum Problem der Der Gegenstand der Erkenntnis: ein Beitrag zum Problem der philosophischen philosophischen philosophischen philosophischen TranscendenzTranscendenzTranscendenzTranscendenz, , , , Freiburg 1892, 229fFreiburg 1892, 229fFreiburg 1892, 229fFreiburg 1892, 229f

    • ����Max Weber (+ 1920)Max Weber (+ 1920)Max Weber (+ 1920)Max Weber (+ 1920)

  • ���� WerturteilsstreitWerturteilsstreitWerturteilsstreitWerturteilsstreit

    Max Weber vs. KathedersozialistenMax Weber vs. KathedersozialistenMax Weber vs. KathedersozialistenMax Weber vs. Kathedersozialisten

    WWWWEBEREBEREBEREBER, M, M, M, MAXAXAXAX: : : : „Die „Die „Die „Die ‚Objektivität‘ ‚Objektivität‘ ‚Objektivität‘ ‚Objektivität‘ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“ , sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“ , sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“ , sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“ , in: in: in: in: Archiv für Sozialwissenschaft und SozialpolitikArchiv für Sozialwissenschaft und SozialpolitikArchiv für Sozialwissenschaft und SozialpolitikArchiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1904) 19 (1904) 19 (1904) 19 (1904)

    „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften“ , in: Wissenschaften“ , in: Wissenschaften“ , in: Wissenschaften“ , in: Logos Logos Logos Logos 7 (1918)7 (1918)7 (1918)7 (1918)

    ���� Grundlagen der Soziologie und PolitologieGrundlagen der Soziologie und PolitologieGrundlagen der Soziologie und PolitologieGrundlagen der Soziologie und Politologie

  • WWWWEBEREBEREBEREBER, M, M, M, MAXAXAXAX: : : : WertWertWertWert----Individualismus, Individualismus, Individualismus, Individualismus, ---- EmotivismusEmotivismusEmotivismusEmotivismus

    “ Die Geltung solcher Werte zu beurteilen, ist Sache des Glaubens, daneben “ Die Geltung solcher Werte zu beurteilen, ist Sache des Glaubens, daneben “ Die Geltung solcher Werte zu beurteilen, ist Sache des Glaubens, daneben “ Die Geltung solcher Werte zu beurteilen, ist Sache des Glaubens, daneben vielleicht eine Aufgabe spekulativer Betrachtung und Deutung des Lebens und vielleicht eine Aufgabe spekulativer Betrachtung und Deutung des Lebens und vielleicht eine Aufgabe spekulativer Betrachtung und Deutung des Lebens und vielleicht eine Aufgabe spekulativer Betrachtung und Deutung des Lebens und der Welt auf ihren Sinn hin, sicherlich aber nicht Gegenstand einer der Welt auf ihren Sinn hin, sicherlich aber nicht Gegenstand einer der Welt auf ihren Sinn hin, sicherlich aber nicht Gegenstand einer der Welt auf ihren Sinn hin, sicherlich aber nicht Gegenstand einer Erfahrungswissenschaft..."Erfahrungswissenschaft..."Erfahrungswissenschaft..."Erfahrungswissenschaft..."(„Die ‚Objektivität ‚ … “, in: („Die ‚Objektivität ‚ … “, in: („Die ‚Objektivität ‚ … “, in: („Die ‚Objektivität ‚ … “, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre,Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre,Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre,Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre,Tübingen Tübingen Tübingen Tübingen 44441973,152)1973,152)1973,152)1973,152)

    „Dagegen bestreite ich sehr nachdrücklich: daß eine 'realistische' Wissenschaft „Dagegen bestreite ich sehr nachdrücklich: daß eine 'realistische' Wissenschaft „Dagegen bestreite ich sehr nachdrücklich: daß eine 'realistische' Wissenschaft „Dagegen bestreite ich sehr nachdrücklich: daß eine 'realistische' Wissenschaft vom Ethischen ... ihrerseits eine 'Ethik' ergebe, welche jemals über das Gelten vom Ethischen ... ihrerseits eine 'Ethik' ergebe, welche jemals über das Gelten vom Ethischen ... ihrerseits eine 'Ethik' ergebe, welche jemals über das Gelten vom Ethischen ... ihrerseits eine 'Ethik' ergebe, welche jemals über das Gelten sollende etwas aussagen könne."sollende etwas aussagen könne."sollende etwas aussagen könne."sollende etwas aussagen könne."("Der Sinn der ‚Wertfreiheit' ...", in: ("Der Sinn der ‚Wertfreiheit' ...", in: ("Der Sinn der ‚Wertfreiheit' ...", in: ("Der Sinn der ‚Wertfreiheit' ...", in: Gesammelte Aufsätze Gesammelte Aufsätze Gesammelte Aufsätze Gesammelte Aufsätze ,,,,aaOaaOaaOaaO 502)502)502)502)

  • Kernthesen der Wertethik:

    (i) Werte sind die Referenzobjekte von moralischen Imperativen.

    (ii) Werte stehen in einer Wert(rang)ordnung (-hierarchie).

    (iii) Es gilt die AXIOLOGISCHE GRUND-NORM:

    Realisiere stets den höheren Wert !

    beziehungsweise

    Beurteile Handlungen (Handlungsoptionen) stets nach dem Maßstab der Wertordnung !

  • Wertordnung nach Scheler:

    Wertordnung subj. Rezeption

    • heilige (Un-) Werte Liebe / Haßheilig / unheiligselig / unselig

    • geistige (Un-)Werte geistiges Fühlengeistig / ungeistigrein wahr / rein unwahrrecht / unrechtschön / häßlich

    • vitale (Un-) Werte vitales Fühlenedles / gemeineswohl / unwohl

    • sinnliche (Un-) Werte sinnliches Fühlenangenehmes / unangenehmesschädlich / unschädlich

  • Probleme der Wertethik:

    1. Ontologische Defizite: „Platonismus“:

    � Die Möglichkeit parteien-invarianter Behauptungen und Aufforderungen ist auch mit schwächeren ontological commitments erklärbar.(↑ Begründungs-, Rechtfertigungsstrategien)���� Occams Razor: Entia non sint multiplicanda praeter necessitatem.

    � Τρίτος ἄνθροπος-Problem: Werte von Werten … (unendlicher Regreß)

    � Kategorienfehler: Erklärung moralischer Konflikte, Kollisionen, Dilemmata

    � Sie beruhen darauf, daß ein Akteur den Wert nicht (adäquat) rezipiert hat. (Es gibt nur Wert-Irrtümer, keine echten Wert-Konflikte usw.)

  • 2. Ethische Defizite

    � „Rigorismus“: die axiologische Norm läßt keine Abwägung von Verbindlichkeiten zu;

    � - Wert-Subjektivismus ���� Verkehrung des Projekts:

    � Der Versuch, die Allgemeingültigkeit moralischer Imperative zu erklären, schlägt in einen Individualismus des Wertfühlens um.

    Jeder hat schließlich "seine" Werte.

  • 3. Politische Defizite

    � Begriffliche Bivalenz ���� soziale Exklusion

    „Wertegemeinschaft“

    • Wer unsere Werte insgesamt nicht teilt, • Wer die axiologische Grundnorm nicht teil,

    ���� gehört nicht zu uns.

    � Toleranzproblem

  • Einige historische Folgen der Wertethik:

    1. Max WEBER: Gesinnungs- vs. Verantwortungsethik

    Problem: Wer nach seinen Wertfühlungen handelt und die axiologische Grund-Norm befolgt, kümmert sich nicht um die Folgen des Handelns.

    WERT = GRUND der Handlung ���� GesinnnungsethikFOLGE der Handlung ���� Verantwortungsethik

    Nota:Jedes ethische Paradigma ist ein Gründe-Folgen-Raisonnement. (↑ KANT)

  • 2. Werte als Gegenstand der Soziologie

    Soziologie ist die Wissenschaft von den Gesetzen des sozialen Handelns.

    Frage: Worin unterscheidet sich soziales Handeln von z.B. technischem?

    ↑ ARISTOTELES: πραξις vs. ποιησις.

    Antwort: Realisierung von Werten

    ���� Soziologie handelt von Werten.

    - Wertwandel- Gesetze des Wertwandels

    ���� Partikularisierung des Ethos (der Moral, Sitte); „Subjektivismus“

    ���� "Deutsches Sonderphänomen"

  • Zusammenfassung:

    Mehrdeutigkeiten, überstarke ontologische Unterstellungen und ethische / politische Defizite der Wertethik lassen es als empfehlenswert erscheinen,

    den Ausdruck „Wert“ nicht zu verwenden (oder zu definieren und dadurch seine Eliminierbarkeit anzugeben).

  • III Kleine Einführung in die Ethik

  • DISZIPLIN GEGENSTAND

    Ethik Ethos (ἔϑος, pl. ἔϑη)oder

    Moralphilosophie Moral(en)oder

    Sittenlehre Sitte(n)

    Adjektive:

    Ethik ethisch (moralphilosophisch)

    Ethos ethisch → moralisch

  • Eth-ik *ars eth-ica

    vgl.

    Log-ik, Grammat-ik, Rhetor-ik, Mechan-ik, Opt-ik, Akust-ik, Mus-ik,

    Arithmet-ik u.a.

    ars Lehre vom Können(↑ artes liberales, Artistenfakultät)

    scientia Lehre vom Wissen

    ars ethica Lehre vom ethos

  • Ethos (gr.) - Moral (lt.) – Sitte (de.)

    „Ensemble von Üblichkeiten (scil. in einer Gruppe)“ (O. MARQUARD)

    Ensemble (Rhapsodie):kein System, keine logische Ordnung (z.B. Kohärenz)

  • Üblichkeiten: „präsumtive“ Regeln

    Regeln, für die gilt:

    • Der Akteur erwartet die Einhaltung der Regeln von den Koakteuren.• Die Koakteure wissen, daß der Akteur die Einhaltung der Regeln von ihnen erwartet.• Der Akteur weiß, daß die Koakteure die Einhaltung der Regeln von ihm erwarten.

    Nota:

    Präsumtionen (Erwartungen) werden durch Nicht-Erfüllung enttäuscht, aber nicht „widerlegt“.

  • Gruppe: ETHOS IST EIN SOZIALES PHÄNOMEN.

    Individualethos (-’ethik’): contradictio in adiectoSozial-’ethik’: Hendiadyoin

  • Wissenschaften vom Ethos

    • Moralpsychologie• Moralsoziologie • Moraltheologie• Jurisprudenz

    o „Rechtsethik“

    • Moralphilosophie = Ethik

  • Moralische Regeln:

    „Bei uns soll es eine gemeinsame Mahlzeit pro Tag geben.“

    „Man soll schlechtem Geld kein gutes hinterherwerfen.“

    „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!“

  • Ethische Regeln:

    „Was du nicht willst, was man dir tu, das füge auch keinem andern zu!“

    „Handle so, daß du durch deine Handlung das größte Glück der größtenZahl verwirklichst!“

    „Handle so, daß die Maxime deines Handelns jederzeit eine Norm seinkönnte!“

  • Kleines Modell eines Ethos:

    • Wir wollen / sollen nicht lügen (Regel der Wahrhaftigkeit)• Wir wollen / sollen unsere Versprechen halten (Regel der Verläßlichkeit)• Wir wollen / sollen gegenseitig helfen (Regel der Hilfsbereitschaft)

  • Regel-Kollision? Kann man unter allen Umständen zugleich wahrhaftig und hilfsbereit sein (Regel-Konflikt)

    Regel-KonfliktZwei Akteure, die die gleiche Moral anerkennen, müssen nicht zu gleichen Regelsubsumtionen kommen.

    Regel-DilemmaJede Handlungsoption verstößt gegen eine der für richtige gehaltenen Regeln

  • Nota:

    Die Erfahrungen von Regel-Kollisionen, -Konflikten und –Dilemmata sind die Ausgangspunkte für die Suche nach ETHISCHEN REGELN.

    QUID IURIS ?

  • Moralen:

    - Familienmoral(en)

    - Nachbarschaftsmoral(en)

    - Stammesmoral(en)

    - Standesmoral(en)

    - Klassenmoral(en)

    - religiöse Moral(en)

    - Staatsmoral(en)

    - Rassenmoral(en)

    - Wirtschaftsmoral(en)

    - MENSCHHEITSMORAL(EN)

    usw.

  • Ethische Beurteilungskategorien:

    moralisch... → verallgemeinerbar → ethisch...:

    ... „gut“

    (= „empfehlenswert“) →...→ geboten O(A)

    ... „schlecht“

    (= „verwerflich“) →...→ verboten F(A)

    ... „nicht schlecht“

    (= „zulässig“) →...→ erlaubt P(A)

    ... „weder gut noch schlecht“

    (= „beliebig“) →...→ indifferent I(A)

  • „Norm“: ∆(A)

    kategorisch: Ø → ∆(A)

    hypothetisch: B → ∆(A)

  • Paradigmen der Ethik

    Geschichte der Ethik

    J. Ritter / A. Pieper, „Ethik“, Hist Wb Phil 2, 759 – 810

  • Pluralismen

    Unterscheide:

    Pluralismus...

    ... von έθη, Moralen, Sitten, Üblichkeiten (in Gruppen):

    „moralischer Pluralismus“

    ... von moralischen Überzeugungen (von Individuen innerhalb von Gruppen)

    „Pluralismus individueller Überzeugungen“

    ... von Ethik-Konzeptionen, ethischen Theorien, Forschungsparadigmen

    „ethischer Pluralismus“

  • Nota:

    (i) Einheiten wissenschaftlicher Systematisierung (Makrotheorien, Theorien, Paradigmen) müssen sich nicht immer widersprüchlich zueinander verhalten.

    (ii) Eine theoretische Pluralität diskreditiert nicht die Theorien. Sie ist vielmehr epistemologisch wünschenswert.

  • Unterscheide:

    Divergente/konvergente Interpretation einer theoretischen Pluralität

    Konvergente Interpretation := Herstellung einer positiven intertheoretischen Relation

    Satz:Interpretiere theoretische Pluralitäten möglichst konvergent!

  • 3 + 1 Ethikkonzeptionen

    Konzeption Affinität

    Tugendethik Pädagogik

    (Platon, Aristoteles, Mittelalter)

    Verpflichtungsethik Jurisprudenz

    (Kant, „deontologische Ethik“)

    Nutzenethik Ökonomie

    (Mill, Bentham, „Utilitarismus“

    Konsequenzialismus)

  • [(Wertethik Theologie)

    (N. Hartmann, Scheler

    „ethischer Objektivismus“)]

  • Tugendethik (ARISTOTELES)

    „In welche Handlungsweisen müssen sich die Bürger einüben, damit sie >taugliche< Staatsbürger sind?“

    Verpflichtungsethik (KANT)

    „Wie läßt sich rechtfertigen, daß Akteure kategorisch verpflichtet sind, bestimmte Handlungen auszuführen bzw. zu unterlassen?“

    Nutzenethik (BENTHAM)

    „Wie läßt sich eine Handlung auszeichnen, die für möglichst viele Menschen möglichst erwünschte Folgen zeigt?“

  • Hintergrund der Wertethik: PLATON

    (1) Das Gute ist eine Idee.

    (2) Das dem Guten angemessene Leben beruht daher auf einer richtigen Erkenntnis der Idee.

  • Dagegen ARISTOTELES:

    (1) Das Gute ergibt sich aus den Zwecken des richtigen Handelns.

    (2) Das Ethos des Tugendhaften (>Tauglichen

  • Zusammenfassung:

    Die Ethik hat es nicht mit Erkenntnis (des Guten), sondern den Kriterien des richtigen Handelns zu tun.

    Für die Bestimmung dessen, was zu tun richtig ist, ist der Verstand (ὄρθος λόγος) einzusetzen,

    d.h. mit den Instrumenten der Diskursivität*) zu arbeiten.

    *dis-currere: etwas schrittweise durchlaufen = argumentieren