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Verfahrensentwicklung vom Labor zur Miniplant: Hydroformylierung von 1-Dodecen in thermomorphen Lösungsmittelsystemen Michael Zagajewski, Jens Dreimann und Arno Behr* DOI: 10.1002/cite.201300147 Die Anwendung thermomorpher Mehrkomponenten-Lösungsmittelsysteme in chemischen Prozessen kann die Effektivi- tät und Wirtschaftlichkeit homogen katalysierter Verfahren erheblich steigern. Die Ausnutzung einer stark temperaturab- hängigen Mischungslücke von ausgewählten Lösungsmittelkombinationen ermöglicht eine einphasige Reaktionsführung und eine anschließende Katalysatorabtrennung mittels Flüssig/Flüssig-Zweiphasentechnik. Dieses elegante Katalyseprin- zip wurde am Beispiel der rhodiumkatalysierten Hydroformylierung von 1-Dodecen in einer kontinuierlich betriebenen Miniplant im Langzeitbetrieb untersucht. Schlagwörter: Homogene Katalyse, Hydroformylierung, Thermomorphe Mehrkomponenten-Lösungsmittelsysteme, Miniplant, Rhodium, Katalysatorrecycling Eingegangen: 25. Oktober 2013; revidiert: 17. Januar 2014; akzeptiert: 23. Januar 2014 Process Development from Laboratory to Miniplant Scale: Hydroformylation of 1-Dodecene in Thermomorphic Solvent Systems The application of thermomorphic multicomponent solvent systems in chemical processing is able to significantly increase the effectivity and economy of homogenously catalyzed processes. The utilization of a strongly temperature-dependent miscibility gap of selected solvent combinations allows the performance of the reaction in a single phase and a subsequent catalyst separation through liquid-liquid two-phase technique. This elegant principle for catalysis is investigated using the rhodium catalyzed hydroformylation of 1-dodecene in a continuously driven miniplant. Keywords: Catalyst-recycling, Homogeneous catalysis, Hydroformylation, Miniplant, Rhodium, Thermomorphic multicomponent solvent systems 1 Einleitung Die Hydroformylierung ist eines der wichtigsten Beispiele für die industrielle Anwendung der homogenen Übergangs- metallkatalyse. Bei dieser Reaktion handelt es sich um die Umsetzung von ungesättigten Kohlenwasserstoffen mit Synthesegas (H 2 und CO) zu Aldehyden. Weltweit umfasst die Aldehydproduktion über 10 Mio. t a –1 , wobei ein Großteil die Hydroformylierung von Propen mit Synthesegas zu Butanalen ausmacht [1]. Die Reaktionsprodukte der Hydro- formylierung werden als Ausgangsstoffe für Tenside, Weichmacher, Duftstoffe oder Pharmaka verwendet [2,3]. Für die großtechnische Hydroformylierung werden Kata- lysatoren auf Basis von Cobalt und Rhodium eingesetzt. Der Einsatz weiterer Katalysatormetalle wie bspw. Iridium, Platin und Palladium wird bislang nur in der Forschung untersucht. Obwohl Rhodium mit Abstand das aktivste Metall für die Hydroformylierung ist (bis zu 1000-fach akti- ver als Cobalt), wird Cobalt vor allem in technischen Prozes- sen bei Einsatz langkettiger und verzweigter Alkene ange- wendet [4]. Rhodium hingegen ermöglicht deutlich mildere Reaktionsbedingungen und ist somit für großtechnische Verfahren besonders günstig. Rhodium ist jedoch im Ver- gleich zu Cobalt um mehrere Größenordnungen teurer, so dass in einem industriellen Prozess eine nahezu quantita- tive Rückgewinnung des Katalysators zwingend erforderlich ist. Für die Umsetzung kurzkettiger Alkene werden bereits etablierte Verfahren unter der Verwendung von Rhodium- Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 4, 449–457 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Michael Zagajewski, Jens Dreimann, Prof.Dr. Arno Behr (arno.behr @bci.tu-dortmund.de), Technische Universität Dortmund, Lehr- stuhl für Technische Chemie (Chemische Prozessentwicklung), Emil-Figge-Straße 66, 44227 Dortmund, Deutschland. Forschungsarbeit 449 Chemie Ingenieur Technik

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Verfahrensentwicklung vom Labor zur Miniplant:Hydroformylierung von 1-Dodecen inthermomorphen LösungsmittelsystemenMichael Zagajewski, Jens Dreimann und Arno Behr*

DOI: 10.1002/cite.201300147

Die Anwendung thermomorpher Mehrkomponenten-Lösungsmittelsysteme in chemischen Prozessen kann die Effektivi-

tät und Wirtschaftlichkeit homogen katalysierter Verfahren erheblich steigern. Die Ausnutzung einer stark temperaturab-

hängigen Mischungslücke von ausgewählten Lösungsmittelkombinationen ermöglicht eine einphasige Reaktionsführung

und eine anschließende Katalysatorabtrennung mittels Flüssig/Flüssig-Zweiphasentechnik. Dieses elegante Katalyseprin-

zip wurde am Beispiel der rhodiumkatalysierten Hydroformylierung von 1-Dodecen in einer kontinuierlich betriebenen

Miniplant im Langzeitbetrieb untersucht.

Schlagwörter: Homogene Katalyse, Hydroformylierung, Thermomorphe Mehrkomponenten-Lösungsmittelsysteme,Miniplant, Rhodium, Katalysatorrecycling

Eingegangen: 25. Oktober 2013; revidiert: 17. Januar 2014; akzeptiert: 23. Januar 2014

Process Development from Laboratory to Miniplant Scale: Hydroformylation of 1-Dodecenein Thermomorphic Solvent Systems

The application of thermomorphic multicomponent solvent systems in chemical processing is able to significantly increase

the effectivity and economy of homogenously catalyzed processes. The utilization of a strongly temperature-dependent

miscibility gap of selected solvent combinations allows the performance of the reaction in a single phase and a subsequent

catalyst separation through liquid-liquid two-phase technique. This elegant principle for catalysis is investigated using the

rhodium catalyzed hydroformylation of 1-dodecene in a continuously driven miniplant.

Keywords: Catalyst-recycling, Homogeneous catalysis, Hydroformylation, Miniplant, Rhodium,Thermomorphic multicomponent solvent systems

1 Einleitung

Die Hydroformylierung ist eines der wichtigsten Beispielefür die industrielle Anwendung der homogenen Übergangs-metallkatalyse. Bei dieser Reaktion handelt es sich um dieUmsetzung von ungesättigten Kohlenwasserstoffen mitSynthesegas (H2 und CO) zu Aldehyden. Weltweit umfasstdie Aldehydproduktion über 10 Mio. t a–1, wobei ein Großteildie Hydroformylierung von Propen mit Synthesegas zuButanalen ausmacht [1]. Die Reaktionsprodukte der Hydro-

formylierung werden als Ausgangsstoffe für Tenside,Weichmacher, Duftstoffe oder Pharmaka verwendet [2, 3].

Für die großtechnische Hydroformylierung werden Kata-lysatoren auf Basis von Cobalt und Rhodium eingesetzt.Der Einsatz weiterer Katalysatormetalle wie bspw. Iridium,Platin und Palladium wird bislang nur in der Forschunguntersucht. Obwohl Rhodium mit Abstand das aktivsteMetall für die Hydroformylierung ist (bis zu 1000-fach akti-ver als Cobalt), wird Cobalt vor allem in technischen Prozes-sen bei Einsatz langkettiger und verzweigter Alkene ange-wendet [4]. Rhodium hingegen ermöglicht deutlich mildereReaktionsbedingungen und ist somit für großtechnischeVerfahren besonders günstig. Rhodium ist jedoch im Ver-gleich zu Cobalt um mehrere Größenordnungen teurer, sodass in einem industriellen Prozess eine nahezu quantita-tive Rückgewinnung des Katalysators zwingend erforderlichist. Für die Umsetzung kurzkettiger Alkene werden bereitsetablierte Verfahren unter der Verwendung von Rhodium-

Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 4, 449–457 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

–Michael Zagajewski, Jens Dreimann, Prof. Dr. Arno Behr ([email protected]), Technische Universität Dortmund, Lehr-stuhl für Technische Chemie (Chemische Prozessentwicklung),Emil-Figge-Straße 66, 44227 Dortmund, Deutschland.

Forschungsarbeit 449ChemieIngenieurTechnik

komplexkatalysatoren betrieben. Im Ruhrchemie/Rhône-Poulenc-Verfahren (RCh-RP) wird Propen rhodiumkataly-siert in einem Reaktionssystem mit zwei flüssigen Phasen(wässrig/organisch) zu Butanalen umgesetzt [5]. Der Kataly-sator verbleibt dabei in der wässrigen Phase, die wieder inden Reaktor zurückgeführt wird. Aufgrund der verminder-ten Wasserlöslichkeit langkettiger Alkene kann dieses Ver-fahrenskonzept jedoch nicht wirtschaftlich betrieben wer-den, sobald die Molekülkette fünf Kohlenstoffatomeübersteigt [6]. Eine industriell häufig eingesetzte Methodezur Abtrennung und anschließenden Rückführung desKatalysators ist die destillative Abtrennung der kurzkettigenReaktionsprodukte. Hohe Siedetemperaturen langkettigerProdukte führen jedoch zu einer erhöhten thermischenBelastung des temperaturempfindlichen Katalysatorkom-plexes, so dass eine Destillation als Trennschritt nicht sinn-voll angewendet werden kann [4].

Für den wirtschaftlichen Betrieb der rhodiumkatalysier-ten Hydroformylierung langkettiger und verzweigter Alkenemüssen effektive und ressourcenschonende Verfahren miteffizienter Katalysatorrückführung entwickelt werden. Aus-sichtsreiche Forschungsansätze liegen hier in der Verwen-dung der micellaren Katalyse, ionischer Flüssigkeiten oderüberkritischer Fluide [7 – 13]. Eine Alternative zum Kataly-satorrecycling in einer zweiten flüssigen Phase bietet dieAnwendung der organophilen Nanofiltration. Hierbei wirdder Katalysator aufgrund seiner hohen Molekülmasse durcheine Membran zurückgehalten und das Produkt über dieMembran aus dem Reaktionsteil des Prozesses entfernt[14]. Im Fokus dieser Forschungsarbeit steht die Anwen-dung thermomorpher Lösungsmittelsysteme, um Stoff-transportlimitierungen mittels einer einphasigen Reak-tionsführung zu minimieren und gleichzeitig eine effektiveKatalysatorabtrennung durch eine Flüssig/Flüssig-Zweipha-sentechnik zu gewährleisten [15 – 21]. Dieses elegante Prin-zip katalytischer Reaktionsführung wird im Rahmen dervorliegenden Untersuchungen anhand der Modellreaktionder Hydroformylierung von 1-Dodecen (Abb. 1) untersuchtund im Folgenden näher betrachtet [19].

Die Hydroformylierung des endständigen Olefins1-Dodecen führt zu den beiden Hauptprodukten n-Tri-decanal und 2-Methyldodecanal. Als Nebenreaktion ist u. a.die Hydrierung zum Dodecan zu nennen. Weiterhin ist dieGleichgewichtsreaktion der Isomerisierung von 1-Dodecenmöglich. Durch die interne Doppelbindung der Dodecen-Isomere kann prinzipiell eine Vielzahl an verzweigtenAldehyden entstehen. Häufig ist die Herstellung des linea-ren n-Aldehyds gewünscht, um diesen als Ausgangsstoff fürFolgeprodukte, z. B. lineare Waschmittelalkohole, zur Ver-fügung zu stellen. Mit dem Einsatz maßgeschneiderterKatalysator-Ligandkomplexe ist es möglich, das lineareWunschprodukt hochselektiv zu gewinnen. In diesemZusammenhang ist es sinnvoll, das Verhältnis zwischenentstandenem n- und iso-Aldehyd (n/iso) als Beurteilungs-kriterium für die Reaktionsbedingungen und das Katalysa-torsystem zu nutzen [4]. Frühere Forschungsergebnissezeigten, dass Diphosphite (z. B. der Ligand Biphephos,Abb. 2) in einem geringen Überschuss zum Metallatomäußerst aktive und selektive Katalysatorkomplexe bilden,mit denen Selektivitäten zum n-Aldehyd bis zu 95 % er-reichbar sind [21]. Diese hohen Selektivitäten sind auf diesterischen Eigenschaften solcher Chelatliganden zurückzu-führen, welche fast ausschließlich die Addition der Formyl-gruppe an das erste Kohlenstoffatom des Olefins erlauben[1]. Ein erheblicher Nachteil der hochselektiven Phosphit-liganden ist deren Preis, der die Kosten einfach aufgebauterLigandentypen wie bspw. Triphenylphosphin (TPP) um einVielfaches übersteigt [4]. Generell sind bei der Wahl desKatalysatorkomplexes hohe Aktivitäten und milde Reak-tionsbedingungen gegen niedrige Katalysatorpreise abzu-wägen.

Bei der Auslegung industrieller Prozesse ist nicht nureine gute Katalysatorleistung und eine effektive Katalysator-abtrennung wünschenswert, sondern auch der effizienteBetrieb einer kontinuierlich betriebenen Miniplant oderPilotanlage erforderlich. Diese unterschiedlichen Maßstäbevon Experimenten und ergänzende Simulationsergebnisseerlauben eine Prozessskalierung in die industrielle Größen-

ordnung. Üblicherweise kann ein techni-sches Verfahren nicht direkt aus Labor-versuchen ausgelegt und gebaut werden.Es sind neben Stoff- und Wärmetrans-portphänomenen vor allem Unterschiedein der Prozessführung anzuführen, wel-che die direkte Übertragbarkeit von dis-kontinuierlichen Experimenten im Laborauf kontinuierlich betriebene Produk-tionsanlagen nahezu unmöglich ma-chen. Ein wichtiges Werkzeug für denÜbergang vom diskontinuierlich betrie-benen Laborautoklaven zu kontinuierlichdurchgeführten Experimenten ist dieMiniplant-Technik, welche in den letztenJahrzehnten immer mehr an Bedeutunggewonnen hat [22 – 24]. Eine Miniplant

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Abbildung 1. Reaktionsgleichung der Hydroformylierung von 1-Dodecen.

450 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

stellt die Nachahmung von Verfahrensszenarien eines tech-nischen Prozesses mit Durchsätzen von bspw. 0,1 – 1 kg h–1

dar und ist häufig aus standardisierten Laborgeräten aufge-baut. Mit dieser Technologie ist es möglich, diskontinuier-liche Laborversuche in den kontinuierlichen Betrieb zuübertragen und erste Abschätzungen bezüglich der Mach-barkeit eines großtechnischen Verfahrens zu erstellen [22].Des Weiteren ist eine Modifikation der Miniplant meist mitnur geringem Aufwand verbunden, so dass auch Verfah-rensalternativen im kontinuierlichen Betrieb getestet wer-den können.

Mit der kontinuierlichen Betriebsführung ist es möglich,Rückführströme zu schließen und damit Akkumulations-effekte durch Nebenreaktionen oder dauerhafte Tempera-turbelastungen auf das Reaktionssystem zu untersuchen.Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Ausmaß des Katalysator-verlustes (leaching) oder dessen Inaktivierung bei Prozessenmit homogener Übergangsmetallkatalyse von enormerWichtigkeit. Dieser Katalysatorverlust ist durch Batchver-suche im Labor meist nicht exakt zu quantifizieren, so dass inder homogenen Katalyse kontinuierliche Versuche für dieBeurteilung eines Verfahrenskonzeptes unumgänglichsind.

Das mittels Miniplant entwickelte und validierte Verfah-renskonzept erlaubt in vielen Fällen ein direktes Upscalingin den technischen Maßstab. Dies ist z. B. bei Einphasen-reaktoren oder Rektifikationskolonnen mit Scale-up-Fakto-ren von 10 000 und mehr möglich. Ist die Übertragung aufden großtechnischen Maßstab unsicher (z. B. beim Um-gang mit Feststoffen), kann dieses Skalierungsverfahrenden Zwischenschritt einer Pilot-Anlage, z. B. mit einer Pro-duktionskapazität von 5 – 100 kg h–1, erfordern [25].

Ein besonderer Schwerpunkt der vorliegenden Arbeitliegt in der ganzheitlichen Betrachtung der chemischenProzessentwicklung. Im Rahmen des interdisziplinären

Forschungsverbunds InPROMPT wurden sowohl die che-misch/physikalische als auch die verfahrens- und prozess-technische Seite behandelt [26]. In der vorliegenden Arbeitwird der Weg aus dem Labor bis hin zur kontinuierlichbetriebenen Hydroformylierung von 1-Dodecen im Mini-plant-Maßstab vorgestellt.

2 Experimenteller Teil

2.1 Materialien

Für die kontinuierlich betriebenen Hydroformylierungsver-suche wurde ein Rhodiumkomplex als homogener Über-gangsmetallkatalysator verwendet. Der eingesetzte Präkataly-sator (Acetylacetonato)dicarbonylrhodium(I) (Rh(acac)(CO)2)wurde mit einem Rhodiumgehalt von 39,9 % von der FirmaUmicore AG & Co. KG bezogen. Der Ligand 6,6′-[(3,3′-Di-tert-butyl-5,5′-dimethoxy-1,1′-biphenyl-2,2′-diyl)-bis(oxy)]-bis(dibenzo[d,f][1,3,2]dioxaphosphepin) (Biphephos) wurdevon der Firma Molisa GmbH in einer Reinheit von 97 % be-reitgestellt. Des Weiteren wurden 1-Dodecen in einer Rein-heit von 94 % und Synthesegas (CO/H2: 1/1) mit einerReinheit von 99,9999 % zur Hydroformylierung eingesetzt.

Alle verwendeten Chemikalien wurden für die experi-mentellen Untersuchungen ohne weitere Aufreinigungs-schritte eingesetzt. Die Reinheiten der Chemikalien wurdenmittels Gaschromatographie überprüft und bestätigt.

2.2 Analytik

Die Zusammensetzung der Reaktionslösung wurde mittelsGaschromatographie (GC, Agilent 7890A, HP-5 Säule,Flammenionisationsdetektor) bestimmt, um die GrößenUmsatz (X), Ausbeute (Y) und Selektivität (S) zu ermitteln.In diesem Zusammenhang wurde die Messung onlinedurchgeführt und mit der Methode des externen Standardsausgewertet. Mithilfe von Kalibrierreihen der Reinstoffeund unter Verwendung eines definierten Probenvolumensvon 1 ll ist es möglich, die Komponentenmassen der aufge-gebenen Probe zu quantifizieren.

Der Gehalt an Rhodium und Phosphor in den flüssigenPhasen wurde mittels induktiv gekoppelter Plasma-Emissi-onsspektroskopie bestimmt (ICP-OES, ThermoelementalIris Intrepid). Zur Vorbereitung wurde die Probe mit HNO3

und H2SO4 unter Bestrahlung mit Mikrowellen bei einerTemperatur bis 220 °C aufgeschlossen. Weiterhin wurdeeine Kalibrierung im erwarteten Konzentrationsbereich er-stellt. Für jede Probe wurde eine Doppelbestimmung durch-geführt, wobei das Element Phosphor auf drei und das Ele-ment Rhodium auf vier unterschiedlichen Wellenlängenanalysiert wurde. Jede Analyse einer Wellenlänge wurdewiederum dreifach durchgeführt, um die Genauigkeit zuerhöhen. Die Bestimmungsgrenze für Rhodium lag bei2 ppm und für Phosphor bei 3 ppm.

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Abbildung 2. Strukturformel des Liganden Biphephos.

Forschungsarbeit 451ChemieIngenieurTechnik

2.3 Thermomorphe Mehrkomponenten-Lösungs-mittelsysteme (TML)

Das Phasenverhalten thermomorpher Mehrkomponenten-Lösungsmittelsysteme (TML) stellt einen vielversprechen-den Ansatz für die homogen katalysierte Reaktionsführungdar. Nach diesem Prinzip findet die Reaktion in einer einzi-gen flüssigen Phase statt, so dass Stofftransportlimitierun-gen vernachlässigbar gering sind. Die Katalysatorabtren-nung erfolgt hingegen nach dem Konzept der Flüssig/Flüssig-Zweiphasentechnik (FFZPT) (Abb. 3).

Das Prinzip des TML-Systems beruht auf dem Phasenver-halten der verwendeten Lösungsmittel. Hierbei sind dieKomponenten so zu wählen, dass eine Mischungslücke mitmöglichst hoher Temperaturabhängigkeit vorliegt. DiesesReaktionssystem besteht in der Regel aus einer polarenKomponente, die meist den Katalysator enthält, und einemunpolaren Lösungsmittel, in dem das Edukt bzw. das Pro-dukt gelöst sind. Gegebenenfalls ist ein mittelpolarerLösungsvermittler notwendig, um die Temperaturabhän-gigkeit der Mischungslücke zu unterstützen. Bei Reak-tionstemperatur sind beide Phasen vollständig ineinanderlöslich. Bei niedrigen Temperaturen soll die Mischungs-lücke dieser Lösungsmittelsysteme jedoch so groß sein,dass zwei flüssige Phasen gebildet werden [27 – 30]. DieLösungsmittel in chemischen Reaktionen müssen ver-schiedenste Auswahlkriterien erfüllen, um in einem Ver-fahren zur Anwendung zu kommen: Sie sollten chemischstabil sein, eine geringe Toxizität aufweisen und kosten-günstig sein.

2.4 Laboruntersuchungen

Nur mit der Voraussetzung eines geeigneten Stoffsystems,das die Hydroformylierungsreaktion unterstützt und eineeffiziente Katalysatorabtrennung ermöglicht, kann ein kon-tinuierliches Verfahrenskonzept entwickelt werden. Zu die-sem Zweck wurden unterschiedliche Stoffsysteme in Labor-

versuchen untersucht. n-Decan wurde als unpolaresLösungsmittel für die Edukt- bzw. Produktphase eingesetzt.Als Lösungsmittel für den Katalysator wurden u. a. Pro-pylencarbonat, Acetonitril und Dimethylformamid (DMF)untersucht. Ein geringer Katalysatoraustrag zeichnet dasTML-System aus DMF und n-Decan aus, so dass weiterrei-chende Optimierungen hinsichtlich Reaktionsdruck undTemperatur im Labor stattfanden [31]. Auf Grundlage dieserexperimentellen Daten wurde ein thermodynamischesModell zur Beschreibung des Stoffsystems entwickelt [7].Tab. 1 zeigt die optimierten Versuchsparameter für diskonti-nuierlich durchgeführte Versuche, die in einem 300-mL-Druckautoklaven der Firma Parr durchgeführt wurden.

Mit diesen optimierten Versuchsparametern wurden imLabor erste Versuche hinsichtlich des Katalysatorrecyclingsdurchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass der Kataly-sator auch nach 30 Versuchsdurchläufen eine hohe Aktivitätaufweist und hohe Aldehydausbeuten liefert [31].

3 Ergebnisse

3.1 Verfahrenskonzept derMiniplant

Den diskontinuierlich betriebenen Labor-versuchen nachfolgend, ist als nächsterSchritt hin zum industriellen Prozess einVerfahrenskonzept zur kontinuierlichenVersuchsdurchführung notwendig. Sowird in den nachfolgenden Untersuchun-gen die Reaktion einphasig durchgeführt.Nach der Kühlung auf eine festgelegteTemperatur werden zwei flüssige Phasengebildet und diese kontinuierlich vonein-

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Abbildung 3. Das Prinzip thermomorpher Mehrkomponenten-Lösungsmittelsysteme(TML).

Tabelle 1. In Batch-Experimenten optimierte Versuchsbedingun-gen.

Reaktionsparameter

Druck 20 – 30 bar

CO/H2 1/1

TR 90 – 100 °C

tR 0,5 – 1 h

mDMF 12,6 g (42 Gew.-%)

mDecan 12,6 g (42 Gew.-%)

m1-Dodecen 4,4 g (16 Gew.-%)

Präkatalysator Rh(acac)(CO)2

Ligand Biphephos

nRh/nSubstrat 1/2000

nRh/nLig 1/2 – 1/5

452 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

ander getrennt. Im Anschluss daran wird die Katalysator-phase zum erneuten Einsatz in den Reaktor zurückgeführt.

Das erstellte Verfahrenskonzept ist in vereinfachter Formin Abb. 4 dargestellt. Im kontinuierlichen Betrieb entsprichtdie Summe der austretenden Massenströme der Summeder eintretenden Massenströme. Das Eduktgemisch (Sub-strat), das aus dem unpolaren Lösungsmittel n-Decan unddem Edukt 1-Dodecen besteht, wird über die DosierpumpeP1 in den Prozess gefördert. Die homogene Flüssigphaseaus dem Reaktor B1 gelangt mittels Überlaufrohr durchden Wärmeübertrager WT1 in den temperierten Phasen-abscheider (Dekanter) B2. Dieser ist gasseitig mit demReaktor verbunden, so dass hier dieselbe Druckstufe wie imReaktor herrscht. Durch die Temperaturabsenkung imAbscheider kommt es zur Ausbildung zweier flüssiger Pha-sen. Die schwerere DMF-Phase c enthält den Katalysator.Diese wird kontinuierlich mit der Zahnradpumpe P3 ausdem Separator abgezogen und zurück in den Reaktor geför-dert, so dass der Katalysator erneut für die Reaktion zur Ver-fügung steht. Im Falle eines Verlusts der polaren Lösungs-mittelkomponente über die Phase b kann dieser überPumpe P2 (Make-up) ausgeglichen werden. Die leichtePhase b enthält das Lösungsmittel n-Decan, in dem sich diegebildeten Produkte sowie Reste an nicht umgesetztemEdukt lösen. Diese produktreiche Phase gelangt überDruckdifferenz in den Flash B3, wo sie auf Umgebungs-druck entspannt wird. Das Abgas mit den Resten an Synthe-segas wird einer Fackel zugeleitet, während die flüssige Pro-duktphase in einem Vorlagebehälter gesammelt wird.

Ausgehend von den experimentellen Laboruntersuchun-gen wurden die Apparate, unter besonderer Berücksichti-gung des Phasenverhaltens, ausgelegt und dimensioniert.Insbesondere während der ersten kontinuierlich betriebe-nen Experimente ist der Grad an neuen Erkenntnissen hochund verlangt nach Flexibilität des Prozesses. Daher wirdeine Miniplant in der Regel möglichst variabel und anpas-sungsfähig auf Veränderungen von Betriebsparameternausgelegt. Pumpen müssen einen möglichst weiten Arbeits-bereich bei dennoch hoher Fördergenauigkeit aufweisen.Behältergeometrien sind ohne Neukonstruktion nicht im

Nachhinein zu verändern und müssen daher in einem brei-ten Arbeitsbereich die vorgesehenen Strömungsverhältnissegewährleisten. Die errichtete Miniplant zur Hydroformylie-rung von 1-Dodecen ist in Abb. 5 dargestellt. Für den Reak-tionsteil der Miniplant wurde ein Druckautoklav der FirmaBüchi eingesetzt, der für Drücke bis zu 60 bar und Tem-peraturen bis 250 °C ausgelegt ist und ein Volumen von1000 mL besitzt. Bei dem Dekanter handelt es sich umeinen zylindrischen 800-mL-Behälter, der mit einem Dop-pelmantel versehen ist, so dass eine definierte Separations-temperatur eingestellt werden kann. Zusätzlich verfügt derDekanter über ein Zweikammer-System, das die Überläufefür die leichte und die schwere Phase räumlich trennt.

3.2 Kontinuierlich betriebene Hydroformylierungin der Miniplant

Ausgehend von diskontinuierlichen Untersuchungen desKatalysatorrecyclings, bei denen die Katalysatorphase vomProdukt getrennt und erneut in Batchversuchen eingesetztwurde, liegt die Herausforderung in der Übertragung derVersuchsergebnisse in den kontinuierlichen Versuchsbe-trieb. Mit dem vorgestellten Miniplantkonzept ist es mög-lich, die Hydroformylierungsreaktion von 1-Dodecen effizi-ent und langzeitstabil durchzuführen.

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Abbildung 4. VereinfachtesVerfahrensfließbild derMiniplant zur kontinuierlichbetriebenen Hydroformylie-rung von 1-Dodecen in ther-momorphen Lösungsmittel-systemen.

Abbildung 5. Miniplant zur kontinuierlichen Hydroformylierungvon 1-Dodecen am Lehrstuhl für Technische Chemie an der TUDortmund.

Forschungsarbeit 453ChemieIngenieurTechnik

In ersten Untersuchungen wurde der Miniplant-Reaktordiskontinuierlich in Betrieb genommen. Hierbei wurde derfür den kontinuierlichen Betrieb erforderliche, flüssige An-lageninhalt von 795 mL im Reaktor vorgelegt und die Reak-tion für 4 h bei einer Temperatur von 90 °C und einemDruck von 20 bar durchgeführt. Anschließend wurde dieVerbindung zum Phasenabscheider geöffnet und mit demStart der Pumpen der Übergang in den kontinuierlichenAnlagenbetrieb eingeleitet. Bei dieser diskontinuierlichenAnfahrweise beträgt das Volumenverhältnis von Gas- zuFlüssigphase im Reaktor 0,12, wohingegen bei kontinuierli-chem Betrieb das entsprechende Volumenverhältnis 2,3 ist.Auf diese Weise sollte zu Versuchsbeginn eine definierteProduktkonzentration erzeugt werden, um in der Anlagemöglichst schnell einen stationären Betrieb zu erreichen.Hierzu gegenläufig ist der volumenabhängige Leistungsein-trag der Rühreinheit. Dieser nimmt bei gleicher Drehzahlund steigendem Reaktorinhalt wesentlich ab. Durch den ge-ringen spezifischen Leistungseintrag konnte nach 4 h ledig-lich ein Umsatz von 25 % erzielt werden, der im Laufe deskontinuierlichen Betriebs auf ca. 70 % anstieg [32]. In Folge-untersuchungen erwies es sich daher als vorteilhaft, zu Be-ginn der Anfahrprozedur ausschließlich die Katalysator-phase im Reaktor zu temperieren und zu begasen. Sobalddie gewünschten Prozessparameter erreicht wurden, er-folgte die Zufuhr des Substrats. Auf diese Weise konntebereits zu Beginn des kontinuierlichen Betriebs ein stabilerProzess der Miniplant gewährleistet werden. Die optimier-ten Reaktionsbedingungen für den kontinuierlichen Betriebsind in Tab. 2 dargestellt.

Aufgrund der Querlöslichkeit des polaren LösungsmittelsDMF bei der Separationstemperatur (TS) von 5 °C ist ein ge-ringer Austrag dieser Komponente aus dem Reaktionssys-tem nicht vollständig zu unterbinden. Um dennoch denkontinuierlichen Betrieb an einem stationären Arbeitspunktgewährleisten zu können, ist es notwendig, den Phasenver-lust über einen zusätzlichen Make-up-Strom auszugleichen.

Im kontinuierlichen Versuch V1 (Abb. 6) wurde sowohldas Phasenverhalten der beiden flüssigen Phasen als auchdas Verhalten des Rhodiumkomplexkatalysators über einenlangen Zeitraum beobachtet, um Hinweise auf weitere Opti-mierungen des Verfahrens zu sammeln. Aus vorhergehen-den Untersuchungen war zu erkennen, dass die Konzentra-tion des polaren Lösungsmittels DMF in der Produktphasezwischen 7 und 10 Gew.-% beträgt. Dieser Verlust wurdemit einer Zufuhr von 4,5 mL h–1 DMF über den Make-up-Strom ausgeglichen. Der Wert für die zusätzliche Zudosie-rung von DMF wurde gezielt an die untere Grenze des fest-gestellten Verlusts gelegt, um eine Anreicherung von DMFin der Anlage auf jeden Fall zu unterbinden. Darüber hi-naus war es notwendig, die Zudosierung geringer Mengenan Biphephos (31 mg h–1) sicherzustellen, um die erforder-liche n/iso-Selektivität des Reaktionssystems zu gewährleis-ten.

In Abb. 6 ist zu erkennen, dass der Anlagenbetrieb nachca. 10 h Versuchszeit einen quasi-stationären Zustand er-

reichte. Dieser Betriebspunkt wurde über eine Versuchsdau-er von 100 h mit dem sehr guten n/iso-Verhältnis von 98/2aufrechterhalten. Insgesamt wurde eine Turnover Number(TON) von 21 500 bei einer Turnover Frequency (TOF) vondurchschnittlich 1400 h–1 erzielt. Weiterhin wurde eineRaum-Zeit-Ausbeute (RZA) von 154 mol m–3h–1 ermittelt.

Mit dem Versuch V1 konnte die Miniplant erfolgreichüber einen Zeitraum von 100 h kontinuierlich betriebenwerden. Hierbei war es möglich, den quasi-stationären Be-trieb über die gesamte Versuchszeit aufrecht zu erhalten.Der Rhodiumverlust über die organische Produktphase lagzu Beginn des Versuchs bei 4 ppm und nach 100 h bei2 ppm, was insgesamt einem Verlust von 50 % des ur-sprünglich eingesetzten Präkatalysators entspricht. Unterdiesen Bedingungen ist eine Verminderung des Umsatzesvon 75 auf 72 % festzustellen. Eine Abnahme des Umsatzeswurde ebenfalls in Vorversuchen beobachtet, sobald die ge-samte Katalysatormenge im Reaktionssystem unter einen,dem Precursor äquivalenten Wert von 37,8 mg fällt. Ausge-hend von diesen Beobachtungen wurde der Wert von37,8 mg als kritische Katalysatormasse (bezogen auf diemolare Masse des Precursors) im Reaktionssystem definiertund es ist deshalb zu gewährleisten, diese Menge währenddes Anlagenbetriebs nicht zu unterschreiten. Ausgehendvon diesen Ergebnissen wurde eine Optimierung des Kata-lysatoreinsatzes angestrebt. Dabei wurde angenommen,dass 50 % der zuvor eingesetzten Katalysatormenge einen

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Tabelle 2. Versuchsbedingungen der Miniplant.

Reaktionsparameter

Druck 20 bar

CO/H2 1/1

TR 90 °C

TS 5 °C

Präkatalysator Rh(acac)(CO)2

Ligand Biphephos

Ansatz Katalysatorphase

mDMF 274,65 g

mKat 0,0755 g

mLig 1,1500 g

Volumenstrom Edukt

�VEdukt 60 mL h–1

wDecan 0,724

w1-Dodecen 0,276

Volumenstrom Make-Up

�VMake�Up 4,5 mL h–1

wDMF 0,9927

wLig 0,0073

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effektiven und stationären Anlagenbetrieb mit einem Dode-cen-Umsatz von ca. 70 % gewährleisten. Weiter wurde ange-nommen, dass eine Katalysatormenge von 37,8 mg imReaktionssystem zu einem geringen Austrag von 2 ppmführt, was pro Stunde einem Anteil von 0,6 % der Kataly-satormenge innerhalb der Miniplant entspricht. Wie bereitsdargestellt, ist eine Zufuhr des Liganden Biphephos von31 mg h–1 notwendig, um die Selektivität auf einem kons-tant hohen Niveau zu halten. Vorversuche zeigten über dieVersuchszeit eine Abnahme der Selektivität bei geringeremLigandeneinsatz, was zum einen auf die Zersetzung desLiganden und zum anderen auf das Austragsverhaltenzurückzuführen ist. Mit einem Phosphorgehalt zwischen3 und 6 ppm in der Produktphase ist ein Austrag zwischen1,7 und 3,4 mg h–1 festzustellen. Durch den Vergleich zwi-schen Ligandzufuhr und Austrag wird ersichtlich, dass dieAbnahme der Selektivität eher auf die Katalysatorzerset-zung als auf den Katalysatorverlust zurückzuführen ist.

In Versuch V2 (Abb. 7) wurde der stationäre Betriebs-punkt der Miniplant so eingestellt, dass ein dauerhafter Be-trieb bei einem Umsatz über 70 % möglich ist.Zu diesem Zweck wurde die Startkonzentrationdes Katalysators auf 0,025 Mol-% halbiert undder im Vorversuch detektierte Katalysatorverlustmit dem entsprechenden Massenanteil in demzugeführten DMF-Feed (4,5 mL h–1) ausgegli-chen. Für die Nachdosierung des Katalysatorme-talls ist bei einem Substratvolumenstrom von60 mL h–1 ein Massenstrom von 0,238 mg h–1 desKatalysatorvorläufer notwendig. Auf diese Weisekonnte bei einer konstanten Katalysatorkonzen-tration im Reaktor der Katalysatoraustrag mini-miert werden.

Neben der kontinuierlichen Nachdosierungdes Katalysatorvorläufers sollte der Einfluss desisomerisierten 1-Dodecens im Eduktgemischuntersucht werden. Hierbei wurde das Prozess-verhalten bei einem Einsatz von Dodecen-Isome-

ren weiter analysiert. Einen Großteil des nichtumgesetzten Edukts in der Produktphase stellendie Dodecen-Isomere dar. Es war dabei zu unter-suchen, ob das Gleichgewicht der Isomerisie-rung von 1-Dodecen durch eine Rückführungdes nicht umgesetzten Eduktgemisches beein-flusst wird. Die Eduktrückführung wurde fol-gendermaßen realisiert:– Isolierung des nicht umgesetzten Dodecen-

Gemisches aus der Reaktionslösung mittelsVakuumrektifikation

– Berechnung des Ausgangsstroms an nichtumgesetztem Dodecen-Gemisch

– Ansetzen einer synthetischen Eduktlösungbestehend aus n-Decan, 1-Dodecen und denDodecen-IsomerenDer Reaktionsverlauf des Versuchs V2 ist in

Abb. 7 dargestellt. Auch mit verminderter Kataly-satormenge wurde der gewünschte Umsatz von ca. 70 %erreicht. Nach 24 h Reaktionszeit wurden 15 % des Edukts1-Dodecen durch das Gemisch isomerer Dodecene ersetzt.Ist das Gleichgewicht der Isomerisierungsreaktion bereitszuvor erreicht, so hat die Erhöhung des Isomerenanteilskeinen Einfluss auf den Umsatz und die Ausbeuten. Fallsdas Gleichgewicht noch nicht erreicht ist, ist ein Rückgangdes Umsatzes zu erwarten, da die innenständigen Alkenewegen des hochselektiven Liganden Biphephos nicht hydro-formyliert werden können. In dem Verlauf ist zu erkennen,dass der Umsatz nach einer Zeit von 28 h (Dosierung von1-Dodecen mit Dodecen-Isomeren) innerhalb von 20 h aufeinen Wert von 67 % vermindert wurde. Anschließend stiegder Umsatz nach erneutem Eduktwechsel auf 1-Dodecenohne Isomere (nach 50 h) wieder auf einen Wert von 69 %an.

Das Produktgemisch enthält 4 Gew.-% der Dodecen-Isomere, wenn ausschließlich 1-Dodecen für die Hydro-formylierung eingesetzt wird. Sobald der Anteil der Dode-cen-Isomere im Eduktgemisch um die gleichen 4 Gew.-%

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Abbildung 6. Reaktionsverlauf (V1) der Hydroformylierung von 1-Dodecen in derMiniplant (Versuchsbedingungen s. Tab. 2).

Abbildung 7. Reaktionsverlauf (V2) der Hydroformylierung von 1-Dodecen in derMiniplant (Versuchsbedingungen s. Tab. 2, außer Ansatz für Katalysatorphase:mKat = 0,0378 g, mLig = 0,5750 g; mKat,zudosiert = 0,238 mg h–1).

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substituiert wird, steigt der Anteil an Isomeren im Produktauf 5,5 Gew.-%. Es ist zu erkennen, dass die Bildung derIsomere nicht im gleichen Maße zunimmt, wie das Eduktdurch Isomere substituiert wird. Durch die Gleichgewichts-reaktion bedingt, isomerisiert nur noch eine verhältnismä-ßig geringere Menge des 1-Dodecens. Die TON von 19 800und die RZA von 152 mol m–3h–1 liegen im gleichen Bereichwie die Kennzahlen der zuvor dargestellten Untersuchung(V1). Der verringerte Katalysatoreinsatz führt jedoch zueiner erhöhten TOF von 1850 h–1.

Insgesamt wurde im Versuchsverlauf V2 ein Verlust desRhodiumvorläufers von 18,3 mg innerhalb der Versuchszeitvon 70 h festgestellt. Bei einer nachgeförderten Precursor-menge von 16,7 mg entspricht dies einem effektiven Aus-trag des Katalysators von 1,6 mg aus dem Reaktionsgemischüber die gesamte Versuchsdauer. Bei einem Start-Einsatzdes Katalysatorprecursors von 37,8 mg und einer Nachdosie-rung von 0,238 mg h–1 ist es somit möglich, den Katalysator-einsatz im Vergleich zu den vorherigen Versuchen inner-halb einer Versuchszeit von 70 h um 25 % zu senken. Wiein der zuvor dargestellten Untersuchung liegt der Austragdes Liganden zwischen 1,7 und 3,4 mg h–1. Der Versuch V2lässt eindeutig darauf schließen, dass eine stabile Reak-tionsführung über lange Zeiträume auf einem konstantenNiveau möglich ist.

4 Fazit und Ausblick

Für die rhodiumkatalysierte Hydroformylierung von 1-Do-decen wurde ein kontinuierlich betriebenes Verfahren imMiniplant-Maßstab erfolgreich entwickelt und validiert.Ausgehend von einer Datenbasis aus dem Labormaßstabwurde ein Verfahrenskonzept einschließlich Katalysatorre-cycling erarbeitet und ausgelegt. Das Recycling des wert-vollen Katalysatorsystems wurde unter Einsatz des thermo-morphen Mehrkomponenten-Lösungsmittelsystems DMF/n-Decan realisiert. Der stabile kontinuierliche Betrieb vonbis zu 100 h konnte erfolgreich bei einer hohen n/iso-Selek-tivität von 98/2 gewährleistet werden. Durch Optimierungder Einsatzmenge an Rhodiumvorläufer im Reaktions-system konnte sowohl der Produktstrom im Vergleich zuVorversuchen konstant gehalten als auch der Katalysator-austrag um 25 % gesenkt werden. Der Einsatz des LigandenBiphephos ist für die hohe Selektivität zum linearenAldehyd verantwortlich. Jedoch ist eine kontinuierlicheZufuhr von 31 mg h–1 notwendig, um die Leistung des Kata-lysatorkomplexes über die gesamte Versuchszeit konstantzu halten. In weiteren Untersuchungen sind sowohl dieLigandzersetzung als auch der Ligandverlust weiter zuuntersuchen. Es konnte erfolgreich gezeigt werden, dassdie Gleichgewichtslage der Isomerisierungsreaktion von1-Dodecen durch Rückführung von Dodecen-Isomeren be-einflusst werden kann. Das vorrangige Ziel ist hierbei, dieIsomerisierung von 1-Dodecen im kontinuierlichen Prozesszu minimieren, so dass das eingesetzte 1-Dodecen nahezu

vollständig zum linearen Aldehyd umgesetzt werden kann.Dieses Konzept soll durch eine zukünftige Prozesserwei-terung der kontinuierlich betriebenen Miniplant weiterüberprüft werden. Zu diesem Zweck wird derzeit eine Rek-tifikationskolonne in die Anlage integriert, damit die kon-tinuierliche Rückführung der Dodecen-Isomere untersuchtwerden kann.

Diese Arbeit ist Teil des SonderforschungsbereichsTransregio 63 „Integrierte chemische Prozesse in flüssi-gen Mehrphasensystemen“ (InPROMPT). Die Autorenbedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemein-schaft (DFG) für die finanzielle Unterstützung desProjekts. Weiterer Dank gilt der Firma Umicore AG &Co.KG für die Bereitstellung des Rhodiumkatalysators.

Formelzeichen

m [kg] Massep [bar] DruckRZA [mol m–3h–1] Raum-Zeit-Ausbeutet [h] ZeittR [h] ReaktorverweilzeitT [°C] TemperaturTR [°C] ReaktionstemperaturTS [°C] SeparationstemperaturTOF [h–1] Turnover FrequencyTON [–] Turnover Number�V [mL h–1] Volumenstromw [–] GewichtsanteilX [%] Gesamtumsatz von 1-Dodecen

und Dodecen-IsomerenY [%] Ausbeute

Abkürzungen

Biphephos 6,6′-[(3,3′-Di-tert-butyl-5,5′-dimethoxy-1,1′-biphenyl-2,2′-diyl)-bis(oxy)]-bis(dibenzo[d,f][1,3,2]dioxaphosphepin)

DMF N,N-DimethylformamidFFZPT Flüssig/Flüssig-Zweiphasentechnikppm parts per millionRCh-RP Ruhrchemie/Rhône-PoulencTML thermomorphes Mehrkomponenten-Lösungs-

mittelsystem

Indizes

Kat KatalysatorLig LigandRh Rhodium

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