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VON DER STUBENLOHE ZUM ZOLLHAUSVIERTEL Open-Air-Ausstellung des Stadtmuseums Erlangen 19.5. – 29.7. 2012 VON DER STUBENLOHE ZUM ZOLLHAUSVIERTEL

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Von der Stubenlohe zum zollhAuSViertel

Open-Air-Ausstellung des Stadtmuseums Erlangen 19.5. – 29.7.2012

Von der Stubenlohe zum zollhAuSViertel

Ausschnitt aus dem Katasterplan von 1889Vermessungsamt erlangen

Die Oststadt und Ringstraße im Kaiserreich

bis mitte des 19. Jahrhunderts war erlangen noch fast völlig von seinen zollmauern umschlossen. erst im Kaiserreich erlebte die Stadt durch die industrialisierung und den Ausbau der Garnison einen Wachstumsschub, so dass sich die einwohnerzahl zwischen 1871 und 1910 auf knapp 25 000 verdoppelte. das wichtigste Stadterwei-terungsgebiet lag im osten, wo sich die Sandäcker der sog. neubrüche erstreckten, die durch die schrittweise rodung des Altstädter Gemeindewaldes „Stubenlohe“ entstanden waren.

die ersten neu angelegten Straßen, die Wald-, Stubenloh- und Feldstraße, erinnern in ihren namen an die ehemalige nutzung des terrains. durch die kleinen, meist eingeschossigen häuser wurde dieses Quartier zu einem „Kleine-leute-Viertel“, wie man es vom angrenzenden bohlenplatz her kannte. dagegen entwickelte sich im umfeld der Jägerkaserne zwischen der bismarck-, marquardsen- und luitpold-straße ein bürgerliches Wohn gebiet mit mehrgeschossigen repräsentativen Wohn-häusern. infolge des baufortschritts verlegte man 1881 die Gefällstation, an der der Pflasterzoll erhoben wurde, vom bohlenplatz weiter nach osten an die bucken-hofer Straße (drausnickstraße), wo die Stadt nun begann.

Wichtige Weichenstellungen für die weitere entwicklung waren der bau der Sekundärbahn („Seku“) von erlangen nach Gräfenberg 1886 und die gleichzeitige Projektierung der ringstraße. die bahnlinie führte in einem weiten bogen um den Stadtsüden, um beim bahnhof „zollhaus“ in die buckenhofer Straße einzumünden. hier entstand 1892/93 die elektrotechnische Fabrik von „reiniger, Gebbert & Schall“, die Wurzel der medizintechnik in erlangen. Kurz vorher hatte sich die bürstenfabrik Kränzlein an der Glückstraße angesiedelt, die ebenfalls zu einem Großunternehmen aufstieg. Auch der bau der neuen Kasernen an der drausnick- und Artilleriestraße seit 1890 und 1900 trug zur raschen expansion der oststadt bei.

die ersten häuser an der ringstraße wurden ab 1888 errichtet. 1908 war die bebauung zwischen dem bahnhof zollhaus und der henkestraße weitgehend abgeschlossen; nur zwei eckgebäude entstanden erst 1923/24. in den meist dreigeschossigen, oft in Sichtziegelmauerwerk ausgeführten mietshäusern wohnten Fabrikarbeiter, Werkmeister und mechaniker, aber auch handwerker und kleine Gewerbetreibende, die im rückgebäude eine Werkstatt oder im erd-geschoss einen laden führten. So bildete die ringstraße mit der benachbarten Stubenloh- und Wald straße ein Viertel der kleinen leute, das überwiegend sozial-demokratisch geprägt war und seine treffpunkte in den zahlreichen Wirtshäusern des Quartiers hatte.

Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1907 Stadtarchiv erlangen, iV.e.2

Das Zollhaus-Viertel heutein den letzten hundert Jahren hat sich das Viertel in vieler hinsicht gewandelt. zu den offensichtlichen Veränderungen zählt die Gestaltung des Straßenraums, mit der die Stadt auf Verkehrsprobleme und bürger anhörungen reagierte. nach einstellung der „Seku“ 1963 projektierten Stadt planer ende der 1970er Jahre noch unter dem leitbild der auto gerechten Stadt den Ausbau der Werner-von-Siemens-Straße zur neuen hauptachse für den ost-westlichen Straßenverkehr. das Vorhaben einer „Stadtautobahn“ wurde jedoch infolge des Protests der „bürgerinitiative zollhaus viertel“ und des umdenkens vieler Stadträte aufgegeben. Seit 1981 ist die ehemalige ringstraße eine begrünte Anwohnerstraße, in der sich der durch-gangsverkehr auf die busse beschränkt.

heute erlebt das Quartier durch modernisierungsmaßnahmen einen nachhaltigen Wandel. die aktuellen Sanierungen zielen vor allem auf die Schaffung von kleinen eigentumswohnungen für Studenten. um den Wohnraum zu verdichten, werden auch die rückgebäude umgebaut und durch Außentreppen vom hof aus neu erschlossen.

ein gegenwärtig diskutiertes zukunftsprojekt, das auch das zollhaus-Viertel betrifft, ist die Stadt-umland-bahn, deren trasse von der henke straße über den letzten Abschnitt der Werner-von-Siemens-Straße in die drausnickstraße führen soll. Auch hier geht es wieder um die Frage, wie das Verhältnis von individueller motorisie-rung und öffentlichen Verkehrsmitteln im nahverkehr zukünftig aussehen soll.

Die „Seku“ vor dem Fabrikgebäude von „Reiniger, Gebbert & Schall“, um 1900

luitpoldstraße 45, heute: museumswinkel, Gebbertstraße 1Foto: Siemens unternehmensarchiv für medizintechnik, erlangen

das 1892/1893 errichtete Fabrikgebäude von reiniger, Gebbert & Schall wurde bereits fünf Jahre nach dem bezug durch einen Anbau an der loewenichstraße (seit 1936 Gebbertstraße) erheblich vergrößert. hinter dem Kopfbau befand sich die Gefällstation, an der der Pflasterzoll erhoben wurde. das Foto ist im rechten moment aufgenommen, denn gerade fährt eine dampflok der Sekundärbahn aus dem bahnhof zollhaus aus. Ansonsten sind nur Fußgänger und Pferdefuhrwerke unterwegs. die luitpoldstraße ist gepflastert und im bereich der Station als Allee angelegt. der Fabrikbau gehört heute der Stadt. im erdgeschoss sind das medizin-technische Archiv und museum von Siemens untergebracht.

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2 Kollision eines RGS-Lastwagens mit der „Seku“, um 1930/32

luitpoldstraße 45 Foto: hans berthold (1911 – 1945), Privatbesitz

direkt vor dem eingang zu rGS (seit 1932 „Siemens-reiniger-Werke“) ist ein last-wagen mit einem zug aus Gräfenberg kollidiert. die lokomotive ist danach von den Waggons abgehängt worden. An der unfallstelle haben sich Augenzeugen und Passanten versammelt. die Szene hat der 20-jährige Wirtssohn hans berthold vom gegenüberliegenden Gasthaus „zollhaus“ (luitpoldstr. 46, heute: reinigung berthold) fotografiert, der bei rGS Werkzeugmacher gelernt hat. da die Gleise auf Fahrbahn niveau lagen, bestand immer die Gefahr schwerer unfälle. diese häuften sich in der tat entlang der bahnstrecke ins umland mit der zunehmenden motorisierung im zeichen des Wirtschaftswunders.

Die Fleischerei und Charkuterie Michael Betz, 1910/1914

luitpoldstraße 38Foto: Stadtarchiv erlangen, Vi.m.b.1751

Seit 115 Jahren befindet sich in diesem eckhaus eine metzgerei. der Fleischer-meister Georg Vierzigmann (aus der erlanger „metzgerdynastie“ Vierzigmann) hat es um 1896 wohl als neue Filiale im Stadt osten errichten erlassen, aber schon nach vier Jahren an seinen Kollegen michael betz (1875 – 1954) verkauft. Über 50 Jahre hat die Familie betz die metzgerei geführt; seit 1952 heißen die inhaber Paul. das freistehende Gebäude ist ein typischer backsteinbau der zeit um 1900. die mansarde ist mit Schieferschindeln verkleidet und ganz ausgebaut. die Fenster im ersten Stock sind traditionell geohrt, nur die Sandsteinquader im erdgeschoss sind vorgetäuscht.

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4 Blick in den Expeditions-Saal von RGS, 1905

luitpoldstraße 45 Foto: Siemens unternehmensarchiv für medizintechnik, erlangen

1905 beschäftigte die elektrotechnische Fabrik von „reiniger, Gebbert & Schall“ 350 Arbeiter, das „technische und kaufmännische beamtenpersonal“ nicht ein-gerechnet. der Anteil weiblicher Arbeitskräfte lag nur bei etwa 10 Prozent. Wie das Foto zeigt, gehörte die „expedition“ zu den Abteilungen, in denen auch Frauen arbeiteten. die Geräte, die für den Versand bestimmt sind, stehen auf den Arbeitstischen bereit. im Vordergrund ist die induktionsspule eines röntgengeräts erkennbar.

Fahrkartenkontrolle am „Bahnhof Zollhaus“, Januar 1958

luitpoldstraße 33/35 Foto: rudi Stümpel, Stadtarchiv erlangen, Vi.r.b.250

die Fahrgäste warten am bis heute namenlosen zollhaus-Platz auf den zug, die dunkel gekleidete dame locht die Fahrkarten. zu dieser zeit galt die nebenbahn auf den Straßen des wachsenden erlangen bereits als überholt. zur Sicherheit war ihre Geschwindigkeit stetig reduziert worden: bis neunkirchen (12 km!) brauchte sie 50 minuten. Wer täglich in die Stadt zur Arbeit pendelte, stieg auf das Auto um, sobald er sich eines leisten konnte. 1963 wurden die Gleise bis eschenau stillgelegt. die reststrecke wird als teil der bahnlinie nürnberg-nordost – Gräfenberg noch heute befahren. der bahnhof ist 1967 abgebrochen worden, und die „erfrischungs-halle“ von 1956 wurde zum toilettenhäuschen.

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6 Die „Seku“ fährt vom Bahnhof Zollhaus in die Ringstraße, 1932

von rechts: Werner-von-Siemens-Straße 1, 1a, 1b Foto: Planinspektor Karl meder (1895 – 1975), Privatbesitz

der anfahrende zug wurde aus meders mietwohnung ringstraße 6, 2. Stock, foto-grafiert. zu sehen ist eine für nebenstrecken typische kleine tenderlokomotive der reichsbahn (baureihe 98). Vorne, am zaun und Gleis, halten sich zwei neugierige buben auf. Autos und lastwagen machten der „Seku“ noch kaum Konkurrenz: die Fahrbahn neben dem Gleis ist leer. nur ein einziges Auto befährt gerade die luitpoldstraße im hintergrund. das mietshaus in der bildmitte (1a) wurde 1898 vom maurermeister heinrich reichel gebaut. die Gaststätte „Fränkische Schweiz“ befand sich seit 1903 im erdgeschoss. Fassade und hinterhof dieses Gebäudes sind 2011 mit mitteln aus dem städtischen Fassaden-Programm saniert worden.

Frontansicht des Doppelhauses Ringstraße 6 – 8, 1893

Werner-von-Siemens-Straße 6 – 8 bauzeichnung: Stadtarchiv erlangen, bA 6436 i

die zwei miets- und Geschäftshäuser wurden als unverputzte backsteinbauten auf einem mauerwerk aus Sandsteinquadern ausgeführt. bauherr war der Schreiner michael heinlein, auf den auch die mietshäuser nr. 12 (1895) und nr. 18 (1888, heute: neubau) zurückgehen. die häuser 6 (nun verputzt) und 12 behielt er, 8 und 18 verkaufte er weiter. durch die heirat seiner tochter Katharina mit dem berliner Kaufmann Johannes Schwalbe wurde aus dem „möbelmagazin heinlein“ (1893) das „möbelhaus Schwalbe“ (1904) (ringstr. 6 u. 12) – bis um 1960 das älteste und größte erlanger einrichtungshaus. die ringstr. 8 gehörte seit 1899 der bäcker-familie Scherzer, die es auch über drei Generationen halten konnte.

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Werbebanner für Studentenappartements im Hinterhof, 2011

Werner-von-Siemens-Straße 7

Foto: erich malter

Wofür das banner der Fürther immobiliengruppe P & P wirbt, wird inzwischen gebaut. in den häusern Werner-von-Siemens-Str. 7 und 9 entstehen gegenwärtig 60 ein- und zwei-zimmer appartements. um die insgesamt 1500 m² Wohnfläche realisieren zu können, werden die bestehenden Vorder- und hinterhäuser sowie das neu erstellte rückgebäude in kleine Wohneinheiten zwischen 15 m² und 53 m² aufgeteilt, die vom hof aus durch Außentreppen und „laubengänge“ erschlossen werden. Adressaten des immobilienprojekts sind – wie der name „erlanger uni-kate“ andeutet – Studenten und eltern, aber auch investoren.

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9 Frontansicht und Querschnitt des Eckhauses an der Feld- und Ringstraße, 1892

Feldstraße 6bauzeichnung: Stadtarchiv erlangen, bA 1694

Weshalb der schlichte backsteinbau erst nach vier Jahren realisiert wurde, ist unklar, hatte sich sein bauherr, der zimmermann martin mußgiller, doch als bau unternehmer bewährt. Gekauft hat das fertige haus ulrich tauber, brauerei-besitzer in der Altstadt. ihm folgten ein Fürther Gastwirt (1902) und die erlanger henninger-reifbräu (1907). die Wirte vom „Krokodil“ im Parterre wechselten acht mal in 14 Jahren, bis henninger eine weitere mietwohnung darin ein richtete. Fabrikarbeiter und handwerker, mit oder ohne Familie, auch ledige „Schlafgänger“, zählten zu den oft wechselnden mietern. mit ein Grund dafür waren mietschulden angesichts noch nicht garantierter löhne.

10 Das erste Zollhausfest im Zeichen des Bürger protests, 1979

Foto: bernd böhner

die Anwohner im zollhaus-Viertel begehen ihr erstes Sommerfest, und die griechischen nachbarn aus der ersten Generation der „Gastarbeiter“ feiern fleißig mit. organisiert hat es die „bürgerinitiative zollhaus“ (biz), die 1978 gegründet wurde, um die lebensqualität in dem dicht besiedelten Stadtquartier (2000 bewohner) gegen die überholten Pläne eines vierspurigen Ausbaus der Werner-von-Siemens-Straße zu verteidigen. Stadtteilfeste lagen seinerzeit im trend, was auch die biz inspirierte: Wo sonst ließen sich mehr mitstreiter auf einmal für die Kehrtwende gewinnen? das zollhaus-Fest ist über den erfolgreichen Protest hinaus zur tradition geworden.

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11 Hofseite eines Wohnhauses an der Stubenlohstraße, 1968

Werner-von-Siemens-Straße 22, 22a, 22b Foto: rudi Stümpel, Stadtarchiv erlangen, Viii.11103.n.6/3

die Westseite der Werner-von-Siemens-Straße zwischen Feld- und henkestraße ließ vor 40 Jahren noch durchblicke auf die häuser an der Stubenlohstraße zu. hier ist die hofseite eines bescheiden anmutenden ein- oder zweifamilienhauses dokumentiert, das vermutlich aus der Vorkriegszeit stammt. inzwischen ist die Sicht nicht mehr frei. die lücke wurde von der immobilienfirma dWi durst, erlangen, durch drei neubauten mit acht eigentumswohnungen geschlossen, die inzwischen verkauft sind.

12 Wohnungsbau der zwanziger Jahre: der erste Wohnblock von RGS, 1927

Werner-von-Siemens-Straße 21, 23, 23½ und Gabelsbergerstraße 1, 1½Foto: Siemens unternehmensarchiv für medizintechnik, erlangen, 1927

Wie das städtische Pendant gegenüber steht dieser Wohnblock der „reiniger, Gebbert & Schall AG“ von 1923 als zweiflügelige, reduziert-historisierende bau-genossenschafts-Wohnanlage unter denkmalschutz. den baugrund hat die Stadt damals der Firma kostenlos überlassen und auch die Kanalisierung und Straßen-erschließung übernommen. im Verbund mit baugenossenschaften und Firmen kurbelte sie seit 1920 den Wohnungsbau an, um der Arbeitslosigkeit und Wohnungs-not in der Krise nach dem Krieg abzuhelfen. in den Wohnblock zogen 14 Familien von Facharbeitern, Konstrukteuren, buchhaltern und Kaufleuten von rGS ein. bis 2009 gehörte der baukomplex zur „Siemens-Wohnungsgesellschaft“ (SiWoGe).

13 Wohnungsbau der zwanziger Jahre: ein Wohnblock der Stadt, um 1930

Werner-von-Siemens-Straße 24, 26, 28 und Stubenlohstraße 29Foto: Josef Keller, Stadtarchiv erlangen, Vi.K.b.269

im baujahr 1923/24 hat die Stadt allein 42 Wohnungen projektiert. unter ihrer regie entstand dieser ebenfalls zweiflügelige Wohnblock mit 15 drei-zimmer- Wohnungen (ca. 70 qm), davon jeweils drei pro Stockwerk schon mit bad. drei zugänge liegen an der Werner-von-Siemens-Straße (damals ringstraße), der vierte im Vorhof an der Stubenlohstraße. der Wohnblock gehört heute der „Gemein nützigen Wohnungsbaugesellschaft” (GeWobAu). Städtische mitarbeiter können noch immer bevor rechtigt in eine frei werdende Wohnung einziehen. erst wenn sich kein solcher interessent für die sog. Werkmietwohnungen findet, kann die GeWobAu sie anderweitig vermieten.

14 Die „Deutsche Eiche“ an der Ringstraße, um 1905

Werner-von-Siemens-Straße 29Fotopostkarte: Privatbesitz

zum Foto vor dem 1899 erbauten Gast- und mietshaus haben sich etliche Kinder aus den im umfeld lebenden Arbeiterfamilien eingefunden, fast alle barfuß. bauherr war der Schreinermeister Andreas Wrede. Ab 1901 gehörte das Gebäude Josef Gerneth, dem Wirt der „deutschen eiche“. die zweite etage war vermietet (u.a. an die tüncherfamilie Strickroth, rechts), ebenso die dachzimmer. Keine der damals fünf Wirtschaften an der ringstraße ist je für rekruten aus den nahen Kasernen verboten worden, da die organisierte Arbeiterschaft mehr in lokalen der Wald- und Stubenlohstraße zuhause war. die „deutsche eiche“ bestand bis um 1960. in den Folgejahren haben hier auch Gastarbeiter gewohnt.

Der Stammtisch „Grüner Zweig“ vor dem Gasthaus „König Otto“, 1929

henkestraße 56Foto: Privatbesitz

der Stammtisch „Grüner zweig“ traf sich seit 1928 im „König otto“. zum Gruppen-foto aufgestellt hat sich, in der tür links, auch der junge Wirt Christian Kofler. der gelernte Gärtner hatte das im ersten Weltkrieg eingegangene Gasthaus 1927 wieder eröffnet. 1946 starb er nach einem unfall mit der „Seku“ in der drausnick-straße. in seiner zeit ist das 1889 von braumeister Andreas ballwieser errichtete Gasthaus eher bürgerlich geworden. doch als Gründungslokal des ortsvereins des „deutschen metallarbeiterverbandes“ (1892) und des erlanger „Gewerkschafts-kartells“ (1893) erzählt es auch Arbeitergeschichte. Seit 1999 ist der „König otto“ ein „hotel garni“ in dritter Generation in der Familie Kofler.

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Vision Stadt-Umland-Bahn (StUB): der „Avenio“ von Siemens

Fotos: erich malter und Siemens AG, infrastruktur & Städte

Fotomontage: Peter hörndl

Wird die Stub als Straßenbahn von nürnberg-nord über erlangen bis uttenreuth in absehbarer zeit Wirklichkeit? hier fährt sie schon mal probeweise durchs bild und biegt auf die alte trasse der „Seku“ ab. der komfortable niederflurzug „Avenio“ wird von Siemens konstruiert und fährt ohne das Stadtbild störende oberleitun gen. Sein Stromabnehmer liegt flach auf dem dach und wird zur Stromabnahme an dafür vorgesehenen haltestellen hochgefahren (derzeit nach 2,5 Kilometern Fahrt). in die diskussion um die lang avisierte Stub ist neuerdings bewegung gekommen: inzwischen hat sie auch Anhänger bei der landespolitik gefunden.

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Ein Doppel-Mietshaus im Jugendstil, um 1910

henkestraße 63 (Abbildung) und Werner-von- Siemens-Straße 31Foto: Privatbesitz

bauherr und eigentümer des vierstöckigen mietshauses, eines eckgebäudes, war 1909 der maurer Andreas Fiedler vom theaterplatz. Allein durch sein bauvolumen unterschied es sich von den vor ihm entstandenen mietshäusern. Wer in ein solch solides haus einzog, konnte die höhere miete aufbringen: beamte, lehrer, offiziere, kleine, selbständige handwerker. Wie Fiedler haben sich noch mehr vermögende erlanger handwerksmeister als bauunternehmer und Kapitalanleger betätigt. binnen 20 Jahren kam deshalb die bebauung der ringstraße zwischen luitpold- und henkestraße auf beiden Straßenseiten gut voran. und die mieter, oft zuwan-derer vom land, haben im neuen Stadtquartier Stubenloh Fuß gefasst.

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Mit Siemens auf dem Weg zur Großstadt, 1965/70

rechts: Werner-von-Siemens-Straße 50, links: Werner-von-Siemens-Straße 63, 65 und 67 Fotopostkarte: metz, tübingen, Stadtarchiv erlangen, Xiii.4.m.261

das Foto zeigt den breiten teil der Werner-von-Siemens-Straße (bis 1953 „ring-straße“) ab der hofmannstraße nach Süden. links und rechts säumen die neu ent-standenen Siemens-bürogebäude die Straße: rechts der „himbeerpalast“ (1948/53) sowie links: das 6-stöckige „bingelhaus“ (1956/58), der 17-stöckige „Glaspalast“ (1959/62) und der Flachbau eines Forschungslabors. Auch die stillgelegte trasse der „Seku“ ist noch sichtbar. im hintergrund volle Parkplätze und Ansätze der Wohnbebauung im Stadt süden. mit dem Siemens-Konzern ist 1945 ein Garant wirtschaftlichen erfolgs nach erlangen gekommen. Auch durch dessen steten Ausbau ist die Stadt 1974 zur Großstadt geworden.

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1:1.500 Moser 03.05.2012

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Plan der Ausstellung an der Werner-von-Siemens-StraßeKartengrundlage: Amt für Stadtentwicklung und -planung

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die Ausstellung „Von der Stubenlohe zum zollhaus-Viertel“ ist der beitrag des Stadtmuseums erlangen zum bayernweiten Festival „Stadt. Geschichte. zukunft“, das von StAdtKultur netzwerk bayerischer Städte e.V. im Sommer 2012 veranstaltet wird.

Quellen Stadtarchiv erlangen, ii.18.W.1; iii.85.b.1 (betz); iii.207.K.1 (Kofler); iii.114.Sch.1 (Schwalbe); 6.A.iii.nr.9632 (Schwalbe); XiV.1.P.7 („Seku“); 6.A.Viii.W.3 (Gastwirt-schaften 1900ff.); 6.A.Viii.W.305 i (König otto); bA 2076 i; bA 2803 i; bA 6431; bA 6449; bA 6450; bA 6452; Verwaltungsberichte der Stadt erlangen 1919 – 1925; Adress- und einwohnerbücher der Stadt erlangen.

LiteraturChristoph Friedrich, bertold Frhr. von haller, Andreas Jakob (hg.): erlanger Stadt lexikon. nürnberg 2002; Günther Klebes, Friedemann Kliesch-brandes: die Seekuh. die Geschichte der lokalbahn von erlangen nach Gräfenberg. erlangen 1989; Jürgen Sandweg: bauen und Wohnen im Wandel von hundert Jahren (1820 – 1920). in: ders. (hg.): erlangen von der Strumpfer- zur Siemens-Stadt. erlangen 1982, S. 405 – 450. Frank Wairer: zollhausviertel. erster erlanger Stadtteilführer. erlangen 1994.

Dank Stadtarchiv erlangen Stadt erlangen, Amt für Stadtentwicklung und StadtplanungSiemens unternehmensarchiv für medizintechnik, erlangenSiemens AG, infrastruktur & Städte, erlangen

Friedrich berthold, erlangenheinz meder, münchenChristian r. Kofler, erlangenmartin Strickroth, erlangen

Impressum Stadtmuseum erlangen | martin-luther-Platz 9 | 91054 erlangentel. 0 91 31 / 86 24 08 | Fax 0 91 31 / 86 2532 | [email protected]/stadtmuseum

texte: thomas engelhardt: einleitung, nr. 1, 4, 8Gertraud lehmann: nr. 2, 3, 5 – 7, 9 – 18

Fotos: Privatbesitz (titelbild), erich malter (rückseite)Gestaltung: Peter hörndl