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49 Rundbrief 01 / März 2013 FLÜCHTLINGSRAT BADEN-WÜRTTEMBERG Voraussetzungen für eine binaonale Eheschließung FAMILIENRECHT Zunächst gilt hier das sogenannte internaonale Privat- recht, abgekürzt IPR. Dieses Rechtsgebiet regelt die maß- gebliche Privatrechtsordnung bei Sachverhalten mit Aus- landsberührung, also zum Beispiel ausländische Staatsan- gehörigkeit. Das IPR ist geregelt im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, abgekürzt EGBGB. Für Eheschließungen ist im EGBGB der Arkel 13 wichg. Er regelt die Eheschließung und ihre Voraussetzungen. Wichg an Arkel 13 ist insbesondere der Absatz 3, wo- nach eine Ehe im Inland, das heißt in der BRD, nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. (Davon gibt es im Absatz 3 Satz 2 eine Ausnahme, wenn keiner der beiden Verlobten die deutsche Staatsangehö- rigkeit hat.) Arkel 13 Abs. 3 führt direkt zur Regelung des § 1309 BGB. Dieser Paragraf regelt das für die Eheschlie- ßung erforderliche sogenannte Ehefähigkeitszeugnis. Ohne dieses Ehefähigkeitszeugnis ist eine Eheschließung nicht erlaubt. Das Ehefähigkeitszeugnis soll von der inneren Be- hörde des Heimatstaates beigebracht werden und beinhal- tet, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht. Nun gibt es aber sehr viele Staaten auf der Welt, die ein solches von uns gefordertes Ehefähigkeitszeugnis nicht ausstellen. Insofern regelt § 1309 Abs. 2 BGB, dass der Prä- sident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Stan- desamt liegt, bei dem die Ehe geschlossen werden soll, eine Befreiung von dem Erfordernis dieses Ehefähigkeits- zeugnisses erteilen kann. Die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeug- nisses erteilt in Baden-Würemberg das Oberlandes- gericht Stugart. Alles Nähere dazu können Sie auf der Homepage des OLG Verwaltungsabteilung Stugart unter den allgemeinen Hinweisen finden und dann gegliedert nach allen Ländern unter dem Schwort des jeweiligen Herkunſtslandes. Alle Informaonen jeweils aktuell hierzu erhalten Sie unter: www.olg-stugart.de Ganz besonders wichg in diesem Zusammenhang ist folgender Hinweis: Eine verbindliche Prüfung durch das Oberlandesgericht, ob die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses erteilt wird, kann erst nach Vorlage der vollständigen Eheschließungsakten durch das Standesamt mit der Eheschließungsanmeldung, allen notwendigen urkundlichen Nachweisen im Original mit Übersetzungen und eines ordnungsgemäßen Antrages er- folgen. Über die Aufnahme der Eheschließungsanmeldung entscheidet allein das Standesamt. Von Vera Kohlmeyer-Kaiser Dieses Verfahren gilt auch und zwar ohne jede Ausnah- me, wenn einer der Verlobten zwischenzeitlich zwar be- reits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, aber eben ausländischer Herkunſt ist. Wenn dieser Verlobte dann noch frühere Eheschließungen oder Scheidungen im Hei- matland oder jetzt in Deutschland „hinter sich gebracht“ hat, dann kommt eine weitere Prüfung ins Spiel, nämlich die Prüfung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe. Dort läuſt nämlich das Verfahren zur Anerkennung ausländi- scher Entscheidungen in Ehesachen nach § 107 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Hier ist für Baden-Würemberg ausschließlich das OLG Karlsruhe zuständig und was dann im Einzelnen zu diesem Verfah- ren zu sagen ist, kann man wiederum auf der Homepage des OLG Karlsruhe abrufen und zwar unter der Adresse: www.olg-karlsruhe.de Die Eheschließung vor dem Standesamt kann erst erfolgen, wenn das Oberlandesgericht das Ehefähigkeitszeugnis er- teilt hat. Nach derzeigem Kenntnisstand soll das Oberlan- desgericht Karlsruhe bei den Verfahren zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen sehr zügig arbeiten, aber das wird im Einzelfall sicherlich auch von der Anzahl der ausländischen Dokumente und dem Her- kunſtsland abhängen. Beim Oberlandesgericht Stugart dauert die Bearbeitung zur Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses durchschnilich drei Monate. Da Voraussetzung für das Tägwerden des Oberlandesge- richts (oder in Einzelfällen sogar beider Oberlandesgerich- te) das Vorliegen der vollständigen notwendigen Urkunden im Original mit Übersetzungen ist, kann eine geplante Ehe- schließung also sehr leicht 1/4 bis 1/2 Jahr dauern. Tipp! Wenn Eheschließungswünsche im Raum stehen, sollte man so schnell wie möglich zum zuständigen Standesamt gehen, dort die Naonalität des ausländischen Verlobten oder früher ausländischen Verlobten, der inzwischen einen deutschen Pass hat, mieilen und sich dann ein Formular geben lassen, auf dem genau angekreuzt ist, welche Papie- re der ausländische Verlobte im Einzelnen benögt. Hier so früh wie möglich Informaonen einzuholen, macht Sinn, weil die Beschaffung der Dokumente aus dem Heimatland im Einzelfall sehr langwierig und teilweise auch kostenin- tensiv sein kann. Die Autorin: Vera Kohlmeyer- Kaiser ist Rechts- anwäln in Aalen, Mitglied der Rechtsberater- konferenz und 2. Vorsitzende des Flüchtlingsrats Baden-Würem- berg

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Page 1: Voraussetzungen für eine binationale Eheschließungfluechtlingsrat-bw.de/files/Dateien/Dokumente/INFOS - Publikationen... · binationale Eheschließung FAMILIENRECHT Zunächst gilt

49Rundbrief 01 / März 2013

FLÜCHTLINGSRATBADEN-WÜRTTEMBERG

Voraussetzungen für eine binationale Eheschließung

FAMILIENRECHT

Zunächst gilt hier das sogenannte internationale Privat-recht, abgekürzt IPR. Dieses Rechtsgebiet regelt die maß-gebliche Privatrechtsordnung bei Sachverhalten mit Aus-landsberührung, also zum Beispiel ausländische Staatsan-gehörigkeit. Das IPR ist geregelt im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, abgekürzt EGBGB.Für Eheschließungen ist im EGBGB der Artikel 13 wichtig. Er regelt die Eheschließung und ihre Voraussetzungen. Wichtig an Artikel 13 ist insbesondere der Absatz 3, wo-nach eine Ehe im Inland, das heißt in der BRD, nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. (Davon gibt es im Absatz 3 Satz 2 eine Ausnahme, wenn keiner der beiden Verlobten die deutsche Staatsangehö-rigkeit hat.) Artikel 13 Abs. 3 führt direkt zur Regelung des § 1309 BGB. Dieser Paragraf regelt das für die Eheschlie-ßung erforderliche sogenannte Ehefähigkeitszeugnis. Ohne dieses Ehefähigkeitszeugnis ist eine Eheschließung nicht erlaubt. Das Ehefähigkeitszeugnis soll von der inneren Be-hörde des Heimatstaates beigebracht werden und beinhal-tet, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht.Nun gibt es aber sehr viele Staaten auf der Welt, die ein solches von uns gefordertes Ehefähigkeitszeugnis nicht ausstellen. Insofern regelt § 1309 Abs. 2 BGB, dass der Prä-sident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Stan-desamt liegt, bei dem die Ehe geschlossen werden soll, eine Befreiung von dem Erfordernis dieses Ehefähigkeits-zeugnisses erteilen kann.Die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeug-nisses erteilt in Baden-Württemberg das Oberlandes-gericht Stuttgart. Alles Nähere dazu können Sie auf der Homepage des OLG Verwaltungsabteilung Stuttgart unter den allgemeinen Hinweisen finden und dann gegliedert nach allen Ländern unter dem Stichwort des jeweiligen Herkunftslandes. Alle Informationen jeweils aktuell hierzu erhalten Sie unter: www.olg-stuttgart.deGanz besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist folgender Hinweis: Eine verbindliche Prüfung durch das Oberlandesgericht, ob die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses erteilt wird, kann erst nach Vorlage der vollständigen Eheschließungsakten durch das Standesamt mit der Eheschließungsanmeldung, allen notwendigen urkundlichen Nachweisen im Original mit Übersetzungen und eines ordnungsgemäßen Antrages er-folgen. Über die Aufnahme der Eheschließungsanmeldung entscheidet allein das Standesamt.

Von Vera Kohlmeyer-Kaiser

Dieses Verfahren gilt auch und zwar ohne jede Ausnah-me, wenn einer der Verlobten zwischenzeitlich zwar be-reits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, aber eben ausländischer Herkunft ist. Wenn dieser Verlobte dann noch frühere Eheschließungen oder Scheidungen im Hei-matland oder jetzt in Deutschland „hinter sich gebracht“ hat, dann kommt eine weitere Prüfung ins Spiel, nämlich die Prüfung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe. Dort läuft nämlich das Verfahren zur Anerkennung ausländi-scher Entscheidungen in Ehesachen nach § 107 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Hier ist für Baden-Württemberg ausschließlich das OLG Karlsruhe zuständig und was dann im Einzelnen zu diesem Verfah-ren zu sagen ist, kann man wiederum auf der Homepage des OLG Karlsruhe abrufen und zwar unter der Adresse: www.olg-karlsruhe.deDie Eheschließung vor dem Standesamt kann erst erfolgen, wenn das Oberlandesgericht das Ehefähigkeitszeugnis er-teilt hat. Nach derzeitigem Kenntnisstand soll das Oberlan-desgericht Karlsruhe bei den Verfahren zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen sehr zügig arbeiten, aber das wird im Einzelfall sicherlich auch von der Anzahl der ausländischen Dokumente und dem Her-kunftsland abhängen. Beim Oberlandesgericht Stuttgart dauert die Bearbeitung zur Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses durchschnittlich drei Monate. Da Voraussetzung für das Tätigwerden des Oberlandesge-richts (oder in Einzelfällen sogar beider Oberlandesgerich-te) das Vorliegen der vollständigen notwendigen Urkunden im Original mit Übersetzungen ist, kann eine geplante Ehe-schließung also sehr leicht 1/4 bis 1/2 Jahr dauern.

Tipp!Wenn Eheschließungswünsche im Raum stehen, sollte man so schnell wie möglich zum zuständigen Standesamt gehen, dort die Nationalität des ausländischen Verlobten oder früher ausländischen Verlobten, der inzwischen einen deutschen Pass hat, mitteilen und sich dann ein Formular geben lassen, auf dem genau angekreuzt ist, welche Papie-re der ausländische Verlobte im Einzelnen benötigt. Hier so früh wie möglich Informationen einzuholen, macht Sinn, weil die Beschaffung der Dokumente aus dem Heimatland im Einzelfall sehr langwierig und teilweise auch kostenin-tensiv sein kann.

Die Autorin:Vera Kohlmeyer-Kaiser ist Rechts-

anwältin in Aalen, Mitglied der

Rechtsberater-konferenz und 2. Vorsitzende des Flüchtlingsrats

Baden-Württem-berg