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Vortrag 14.12.06 Frauenberatungsstelle Norderstedt „Traumatisierte Frauen“ Hintergründe - Folgen – Therapie Dr. med. Dr. phil Andrea Moldzio, Ärztliche Leiterin der Behandlungseinheit für Frauen (BEF) in der Asklepios Klinik Hamburg Ochsenzoll

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Page 1: Vortrag 14.12.06 Frauenberatungsstelle Norderstedt Traumatisierte Frauen Hintergründe - Folgen – Therapie Dr. med. Dr. phil Andrea Moldzio, Ärztliche Leiterin

Vortrag 14.12.06 Frauenberatungsstelle Norderstedt

„Traumatisierte Frauen“

Hintergründe - Folgen – TherapieDr. med. Dr. phil Andrea Moldzio, Ärztliche Leiterin der

Behandlungseinheit für Frauen (BEF) in der Asklepios Klinik

Hamburg Ochsenzoll

Page 2: Vortrag 14.12.06 Frauenberatungsstelle Norderstedt Traumatisierte Frauen Hintergründe - Folgen – Therapie Dr. med. Dr. phil Andrea Moldzio, Ärztliche Leiterin

Was ist ein Trauma ?

Ein Trauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen

Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das

mit de Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht

und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis

bewirkt.

(Fischer und Riedesser 1998)

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Traumata

Körperliche und sexualisierte Gewalt, auch in der Kindheit (sexueller

Missbrauch)

Vergewaltigung

Geiselnahme

Entführung

Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, KZ

Terroranschlag

Folterung

Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle

Tod einer nahestehenden Person

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Wie belastend sind welche traumatischen Erfahrungen? (nach Kessler 1995)

Trauma Häufigkeit % PTSD

Vergewaltigungen 5,5 55,5

Misshandlungen in der Kindheit 4 35, 4

Krieg 3,2 38,8

Körperliche Gewalt 9 11,5

Unfälle 19,4 7,6

Zeuge von Unfällen und Gewalt 25 7

Feuer/Naturkatastrophe 17,1 4,5

Sexuelle Belästigung 7,5 19,3

Waffengewaltandrohung 12,9 17,2

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Prävalenzdaten

Die Prävalenz traumatischer Ereignisse jeglicher Art liegt zwischen

60 und 89 % (Resnick et al 1993, Kessler et al 1995, Breslau 1998)

Ca. 25 % aller Menschen entwickeln nach einem Trauma eine PTSD.

Frauen doppelt so häufig wie Männer!

Lebenszeitprävalenz der PTSD liegt zwischen 1 und 7 %

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Prävalenzdaten

Jede 4. Frau wird bis zu ihrem 16. Lebensjahr zumindest

einmal Opfer eines sexuellen Übergriffes der einen

juristischen Tatbestand nach § 173 darstellt.

Ca. 20 % aller Frauen werden in ihrem Leben vergewaltigt.

Die Wahrscheinlichkeit auf eine Traumatisierung eine PTSD

zu entwickeln ist bei sexuellen Traumatisierungen am

höchsten!!! Ca. 55 % aller Frauen entwickeln nach einer

Vergewaltigung eine PTSD.

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Prävalenzdaten

Allgemein machen Frauen zwar statistisch gesehen weniger

traumatische Erfahrungen als Männer, entwickeln jedoch bei

gleichem Trauma häufiger eine PTSD als diese und haben

einen chronischeren Verlauf.

Unter psychiatrischen und psychosomatischen Patienten in

stationären Institutionen liegen die Prävalenzdaten von

sexuellem Missbrauch bei ca. 20% (hohe Dunkelziffer).

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Häufigste Traumafolgestörungen

•PTSD

Intrusionen

Konstriktion

Hyperarousal

•Dissoziative Störungen

•Persönlichkeitsstörung (BPS, Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung)

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Komplexe posttraumatische Belastungsstörung

(J. Herman 1992)

1. Traumatisierung über einen längeren Zeitraum (Monate bis Jahre)

2. Störungen der Affektregulation (wie Depressionen mit Suizidgedanken, gesteigerte

Aggressivität und Schuldgefühle)

3. Bewußtseinsveränderungen (wie dissoziative Störungen )

4. gestörte Selbstwahrnehmung (wie vermindertes Selbstwertgefühl, Gefühle der

Ohnmacht und des Ausgeliefertseins)

5. gestörte Wahrnehmung des Täters (Täter wird oft verteidigt, idealisiert und exkulpiert)

6. Beziehungsprobleme (wie Veränderung des Bindungsverhaltens mit vermehrt

unsicherem Bindungsmuster meist vom desorganisierten Typ, Rückzug aus sozialen

Bindungen)

7. Veränderungen des Wertesystems (Verlust der bisherigen Lebens-berzeugungen,

Ideale und Werte, Gefühle der Hoffnungslosigkeit)

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Traumatherapie

Eklektisches Verfahren, welches Techniken und Forschungsarbeiten aus den

Gebieten der Neurophysiologie, Kognitionspsychologie, Verhaltenstherapie,

Hypnotherapie, Psychoanalyse, Gestalttherapie, Psychodrama, EMDR etc.

integriert.

Einer Kombination verschiedener Therapiemethoden bzw. Modifikation der

jeweiligen Methode wird heute der Vorzug gegeben.

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Traumatherapiemethoden

1. Hypnotherapie

2. Kognitiv- behaviorale Therapie

- Konfrontationstherapie

- Angstmanagementtraining

3. Psychodynamisch- orientierte Therapie (Horowitz, Lindy, Reddemann und

Sachsse, Fischer)

4. EMDR

5. Psychopharmakotherapie

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Grundlagen der Traumatherapie

Äußere Sicherheit kein Täterkontakt

Interpersonelle Sicherheit stabile Ärztin-

Patientin- Beziehung

Intrapersonelle Sicherheit Kontrollfähigkeit und

Autonomie

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Stadien der Therapie

1. Stabilisierung

- tragfähige Ärztin- Patientin- Beziehung

- Arbeitsbündnis mit Vereinbarung von Therapiezielen

- Imaginative Übungen (Affektregulation, Kontrolle, Sicherheit,

Schutz, Selbstfürsorge)

2. Traumakonfrontation

- Bildschirmtechnik

- Technik des Inneren Beobachters

- EMDR

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Stadien der Therapie

3. Integration

- Vergangenheit wird zur Vergangenheit

- Zukunftsplanung

- persönliches Wachstum (soziales Engagement, Kampf um

Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, Gleichheit, Redlichkeit, Integrität,

Sensibilität für andere, Interesse an sinnstiftenden geistigen

Werten)