vortrag paeps erfurt 2011
DESCRIPTION
TRANSCRIPT
Eva-Maria Gronki-Jost
Universität Mannheim
Markus Deimann
Fernuniversität Hagen
Einführung in das Thema
Selbstregulation (SRL) als Imperativ der Wissensgesellschaft: Selbstregulationskompetenz ist Voraussetzung allen Lernens
Kritik: SRL-Kompetenzen oft nicht ausreichend vorhanden (Wolters, 2003)
Aber: Wie viel SRL ist überhaupt notwendig und zielführend? Vor dem Hintergrund von: modularisierten Studiengängen
verkürzter Schulzeit
Weniger Flexibilität?
Theoretischer Rahmen: Volition als Stellhebel für SRL
„Es kommt auf die Passung zwischen der vorherrschenden Stimmung, den situativen Anforderungen und der induzierten bzw. dispositionell präferierten Form der Selbststeuerung an (d.h. Selbstkontrolle oder Selbstregulation)“. (Kuhl, 2010)
Selbstregulation (nicht schuladäquat) → passt zu:
positiver Stimmung
Situationen mit Wahlfreiheit
Selbstkontrolle (schuladäquat) → passt zu:
negativer Stimmung
kontrollierenden Instruktionen
Der Wille als Steuermann
SRL ist ein komplexer, anspruchsvoller Prozess der Regulation verschiedener binnenpsychologischer Mechanismen
Idealerweise werden Ziele gesetzt, Aufgaben analysiert, Lernprozesse reflektiert und optimiert
SRL ist störungsanfällig, Hasselhorn (1996): Defizite bei der Anwendung von Strategien
Abnehmende Motivation beim SRL kann durch Volition kompensiert werden
Modell: Wille als Steuermann
Der Wille als Steuermann
Probleme der Erfassung von SRL
SRL ist situationsabhängig und ”braucht” auslösende Bedingungen, wie z.B.: Motivationale Interferenzen (Fries, 2006)
Resisting to temptation (Patterson & Mischel, 1976)
Multimediales Lernen (Deimann & Keller, 2006)
Strategiereife erforderlich (Hasselhorn, 1996)
Beschränkungen durch Selbstbeobachtung
(z.B. Artelt, 2000) und geringer Grad an Spezifität
Forschungsansatz
Erfassen von SRL in komplexen Situationen: Schulkontext: Gleichwertige Leistungsfeststellung (GFS)
Hochschulkontext: Hausarbeiten schreiben etc. im Fernstudium
Induzieren von volitionsauslösenden Situationen: Unterscheidung zwischen Lieblings- und ”Hass”fach als
Paradebeispiele für Situationen mit divergierender Motivation
Hineinversetzen in motivationale Konflikte
SRL im Schulkontext
Untersuchung von SRL-Komponenten in Situationen mit erhöhtem SRL-Anspruch: ”Gleichwertige Leistungsfeststellung”
Wie ist der Zusammenhang zwischen SRL, Selbstwirksamkeit, SSI-K und Willenstest?
Wie ausgeprägt ist die Fähigkeit, sich in Lieblings- und ”Hass-”fächern zu motivieren?
Wie hoch ist die erlebte aktuelle Anstrengung (Fragebogenbearbeitung)?
GFS – Situation mit erhöhtem SRL- Anspruch
Ausgeprägter Zusammenhang von Leistungs-einschätzungen und SSI (REG) mit .29**
Ausgeprägter Zusammenhang von Leistungs-einschätzungen und Zielerreichungsquotient mit .25**
Passend zu Anforderungen an Schüler/innen und Lehrkräfte im Rahmen der GFS
Ergebnisse zu Motivierungsfähigkeit in
Lieblings- und ”Hass-”fächern SSI (REG) VSW KonK Meta-K VolKom DERS
Einsatz beliebtestes Fach
.16* .15* -.01 .08 .17** .07
Einsatz unbeliebtestes Fach
.15* .14* .10 .09 .11 .16
Schul. Belastung -.26** -.03 .22** .02 .08 -.21**
Motivierungsfähigkeit unbeliebtestes Fach
.21** .22** .06 .19** .15* .18*
Schlussfolgerungen
Im beliebten Fach herrscht eher eine motivationale Steuerungslage vor, geringer SRL Anspruch, eher SKL-Anspruch
Im unbeliebten Fach ist die volitionale Steuerungslage ausgeprägter, d.h. SRL und SKL höher
Bei Motivierungsfähigkeit spielt eher die SRL-Komponenten eine Rolle als die SKL-Komponenten
Hohe Einschätzung des SRL-Potentials steht in Zusammenhang mit hoher Motivierungsfähigkeit
Regressionsanlyse: Einfluss von SSI und Meta auf Motivierungsfähigkeit: ß .29 und .24
Erlebte Anstrengung in volitional herausfordernder Situation?
Höhere Ablenkung, geringere Persistenz, weniger Spaßempfinden, schlechtere Stimmung, höhere Schwierigkeit (Aufgaben zu beantworten) hängt mit hohem Anstrengungserleben während der Befragung zusammen (-.14 bis -.39)
Gründe: Reliabilität; motivationale und emotionale ”Kosten”
Prozessorientiertes Maß für motivationale und volitionale Steuerungslage ermöglicht Feinabstimmung von Interventionen in Lernsituationen
Wie strategisch gehen Fernstudierende vor?
Studie im WS 2010/2011 bei 301 BA-Studierenden der FernUniversität in Hagen, davon 128 komplette Datensätze
105 TN weiblich, Ø Alter: 38 Jahre, 95 TN Teilzeitstudium
Einsatz LIST, Willenstest und Items aus der PISA-Studie
Fünf selbstreflexive Fragen zur Durchführung einer Hausarbeit und zu typischen Lernsituationen
Wie strategisch gehen Fernstudierende vor?
”Bitte versuchen Sie sich nun in den folgenden Verlauf der Situation
„Schreiben einer Hausarbeit“
hineinzuversetzen und bearbeiten Sie die nachstehende Aufgabe so gut es Ihnen möglich ist.
Es fällt Ihnen schwer sich zu konzentrieren, besonders bei dem schönen Sommerwetter draußen.
Beim Schreiben merken Sie wie Sie öfter abschweifen und auch sonst haben Sie das Gefühl,
nicht richtig vorwärts zu kommen. Wie gehen Sie mit diesem Motivationstief um?
Wie motivieren Sie sich, wenn es Ihnen schwer fällt an der Hausarbeit zu arbeiten?
Wie gehen Sie vor? Bitte machen Sie Ihre Angaben stichpunktartig
und so konkret wie möglich.”
Vorgehen
Qualitative Inhaltsanalyse der offenen Fragen
→ Kategorisierungsschema
Clusteranalyse (Ward-Algorithmus) der Kategorien
→ Muster strategischen Lernens und Identifikation von Willenstypen
Quantitative Auswertungen
Vorgehen
Ergebnisse
Interne Willensnutzung: N=31, wenig ressourcenbezogene Strategien, mehr Motivations- und Volitionsstrategien
Die ”konsequenten” Organisierer: N=21, hohe Nutzung ressourcenbezogener Strategien, wenig Motivations- und Volitionsstrategien, aber viel Konsequenzenkontrolle
Elaborierte Willensnutzung: N=59, hohe Nutzung ressourcenbezogener und Motivations- und Volitionsstrategien, hohe volitionale Selbstwirksamkeit
Externe Willensnutzung: N=17, höchste Nutzung ressourcenbezogener Strategien | Umweltkontrolle
Diskussion
Erste Indizien zur Rolle von Volition in SRL-fordernden Situationen
Berücksichtigung von spezifischen Situationen: ”Hass”fach, motivationale Konflikte für die Bedeutung volitionaler Steuerung
Willenstypen im Zusammenhang mit Einsatz von SRL-Strategien belegt
Vignetten-Ansatz (FernUniversität) viel versprechend für Identifikation spezifischer Willenstypen
Ausblick: Replikation der Willenstypen