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Cushing & Co. –Internistische Erkrankungen beim älteren Pferdteren Pferdte st sc e
Dr. Bianca Schwarz, DipECEIM
European Specialist in Equine Internal Medicine
Was ist ein altes Pferd?
• Alter in Jahren
• Physiologisches Alter– Wie gut geht es Pferd noch verglichen mit
jungem Artgenossen?
• Alter verglichen mit anderen Pferden– Warmblut vs. Quarter Horse vs. Isländer
• Funktionelles Alter– Berücksichtigt die Nutzung des Pferdes
Ältestes Pferd?
• Umfrage 1994– „Teddy“ – 52-jähriges Shetland Pony
• „Ältestes Pferd der Welt“ – Guinness Buch– „ Old Billy“ – 62-jähriges English Draft Horse
• Mein ältester Patient– „L.B.“ – 42-jähriges Pony
Warum reden wir über PPID?
• PPID ist eine Hauptursache von Hufrehe
• Wenn PPID nicht erkannt und therapiert wird, führt dies meist
– zu Krankheit und verminderter Lebensqualität
– zu hohen Kosten
– zum frühen Verlust des Pferdes
• Kenntnis der Erkrankung führt zu früherer Diagnose und Therapie
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Was ist PPID?
• Pituitary Pars intermedia Dysfunktion
• Fehlfunktion der Hirnanhangdrüse
• Hyperplasie/Adenom der Hirnanhangdrüse
Þ vermehrte Bildung von Hormonen
Þ progressive, degenerative Erkrankung
Wie entsteht PPID?
Degeneration dopaminerger Neuronen im Hypothalamus
Fehlen inhibitorischer Kontrolle auf Hypophyse
Hyperplasie, dann Neoplasie der Pars intermedia der Hypophyse
Exzessive und autonome Sekretion von POMCs:
ACTH, MSH, CLIP, β-Endorphin, etc.
Wen betrifft PPID?
• Ältere Pferde
– Ca. 15-30% aller Pferde > 20 Jahren betroffen
– Ca. 20% aller Pferd > 15 Jahre betroffen
Wen betrifft PPID?
• Auch jüngere Pferde?
Prascend Diagnostikleitfaden
Wen betrifft PPID?
• Keine Rasse- oder Geschlechtsprädisposition
• Pferde und Ponys mit Equinem metabolischen Syndrom(EMS) und Insulinresistenz erkranken anscheinend früher
Zusammenhang PPID/IR
• Nicht alle Pferde mit PPID haben IR
• Studie mit großer Anzahl an PPID Patienten
• PPID-Definition– Klinische Symptome
– ACTH > 29 pg/ml (Nov-Juli)
– ACTH > 47 pg/ml (Aug-Okt)
• Mehr Ponys?
• Unterschiede zwischen Pferden und Ponys mit PPID– Ponys sind jünger
– Ponys haben höheres Insulin
– Ponys haben höhere Triglyceride
Klinische Symptome
• Hypertrichose (Hirsutismus)
Klinische Symptome
• Probleme mit Fellwechsel
• Lokale Hypertrichose
• Helleres Fell
Klinische Symptome
• Hyperhydrosis (vermehrtes Schwitzen)
Klinische Symptome
• Hufrehe
Klinische Symptome
• Hufrehe und ihre Folgen, z.B. Hufabszeße
Klinische Symptome
• Lethargie
Klinische Symptome
• Gewichtsverlust/Muskelatrophie
• Abmagerung/Lordose/Pendelabdomen
Klinische Symptome
• Fettumverteilung, Speckhals, Fettpolster vor Euter, Fetteinlagerung im Schlauch, supraorbitaleFettpölster
• Insulinresistenz
Klinische Symptome
• Hyperphagie (gesteigerter Appetit)
PPID assoziierte Probleme
• Leistungsschwäche
• Fruchtbarkeitsstörungen/Laktation
• Polyurie/Polydipsie
• Hautinfektionen
PPID assoziierte Probleme
• Wiederkehrende Infektionen(Immunsuppression)
• Parasiten
PPID assoziierte Probleme
• Sinusitis
• Zahnerkrankungen
PPID assoziierte Probleme
• Wundheilungsstörungen (Problemkeime)
• Neurologische Symptome
• Blindheit
Laborveränderungen bei PPID
• Anämie
• Neutrophilie
• Lymphopenie
• Hyperglycämie
• Hyperinsulinämie
• Hyperlipidämie
• Leberenzymerhöhung
ABER:
Þ viele der Veränderungen aufgrund von Sekundärproblemen oder IR
Þ Lymphopenie als Anzeichen der Alterung des Immunsystems(“Immunoseneszenz”)
PPID Diagnostik: ACTH
• ACTH Konzentration im Plasma
– Keine Korrelation des ACTH- und Cortisol-Spiegels
– ACTH zwischen August und Oktober immer höher sowohl bei PPID alsauch gesunden Pferden
• FRÜHER:
– Testen im Herbst erhöht die Anzahl der falsch positiven Pferde
• JETZT:
– Im Herbst testen hat Vorteil, dass Unterschiede zwischen PPID und gesunden Pferden größer sind
– Verwendung saisonaler Referenzbereiche
• > 29 pg/ml (Nov-Juli)
• > 47 pg/ml (August-Okt)
Durham et al. 2017
Durham et al. 2017 Durham et al. 2017
Durham et al. 2017 ACTH-Bestimmung
• Päanalytik wichtig!
– EDTA Blut innerhalb von 3 h abzentrifugiert (bis dahin gekühlt)
– In unbeschichtetes Röhrchen
– Plasma gekühlt
– Eintreffen im Labor am nächsten Tag
– (ACTH vermindert sich um 10-20% pro Tag beim Raumtemperatur)
• Am häufigsten verwendeter Test
– Sensitivität 84% = % PPID Fälle die auch positive Test haben
– Hohe Spezifität mit 97% = % normale Pferde welche negative Test haben
– 90% der Pferde werden korrekt getestet
Test bei Pferden > 15 Jahren?
• Macht Sinn als Prophylaxe
• Grundsätzlich beim älteren Pferd an PPID denken
• Nachteil: wir suchen nach Erkrankung, auf die es noch keine Hinweise gibt
– Im Anfangsstadium noch keine klaren klinischen Symptome bzw. oft nur milde Symptome
– Neuere Studienergebnisse konnten zeigen, dass nur die histologisch weit fortgeschrittenen Fälle klinische Symptome zeigen
• Falsch positive werden steigen
• Milde positive Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren
Test bei jungen Pferden?
• Anzeichen früher PPID-Erkrankung– Verzögerter regionaler Fellwechsel
– Verlust an Muskelmasse
– Regionale Adipositas
– Hufrehe
– Leistungsintoleranz
– Degeneration des Fesselträgers (?)
– Tendinitis oberflächliche Beugesehne (?)
• Lahmheit beim Sportpferd assoziiert mit positivem TRH-Stimulationstest (?)
In unklaren Fällen?
• Wiederholte ACTH-Bestimmung
– ABER: nur bei < 5% ist die Variation des ACTH so, dass sie in eineranderen Beurteilung mündet
• ACTH-Bestimmung ½ Jahr später
• TRH Stimulationstest
• (Dexamethason-Suppressionstest)
• (Domperidon-Provokationstest)
TRH-Stimulationstest
• ACTH-Bestimmung zum Zeitpunkt 0 = Basalwert
• Injektion von 1 g TRH iv (für 500 kg Pferd)
• Präanalytik wie bei ACTH-Bestimmung
• ACTH-Bestimmung nach 10 min
– Von Dezember bis Juli: cut off bei 100 pg/ml ACTH
• Vorteile
– Sehr guter Test!
– Sensitiver und spezifischer als Dexamethason-Suppressionstest
TRH-Stimulationstest
• ACTH-Bestimmung nach 30 min
– Von Dezember bis Juli: cut off bei 35 pg/ml ACTH
– Weniger sensitiv und spezifisch im Vergleich zu Auswertung des Tests nach 10 min
• Vorsicht:
– TRH für Pferd keine Zulassung
• Derzeit kein Referenzbereich im Herbst!
• ABER: viele Studien => in der nächsten Zeit noch Änderungen zuerwarten, bzw. auch saisonale Referenzbereiche (z.B. Adams et al.)
Durham et al. 2017
Dexamethason-Suppressionstest
• Früher lange Goldstandard
• Durchführung und Bewertung
– 1. Blutprobe um 17 h + Injektion von 40 ug/kg Dexamethason i.m.
– 2. Blutprobe um die Mittagszeit (nach ca. 20 h)
– Gesunde Pferde supprimieren auf Kortisolwerte <10 ug/ml.
• Nachteile
– Wenger sensitiv als TRH-Stimulationstest
– In Herbstmonaten supprimieren gesunde Pferde schlechter
– 2 Besuche notwendig
– Cortison und Hufrehe?
• Vorteile
– Dexamethason zugelassenes Medikament
Weitere Laboruntersuchungen?
• Glucose
• Insulin
• Kombinierter Glucose-Insulin-Test
• Oraler Glucosetest
Therapie: Pergolid
• Dopamin Agonist
– Ursprünglich Therapie von Morbus Parkinson
– Bindet am Dopaminrezeptoren der Pars intermedia
– Vermindert POMC Produktion
• 1,7-6 µg/kg per os SID (2 µg/kg)
• Sicherheitsstudien bis 10 µg/kg
• Eventuell Dosissteigerung nötig
• Langsame Dosissteigerung verhindert Nebenwirkungen
• Einmal tägliche Gabe morgens
• Lebenslange Therapie
Therapie: Pergolid
• Schweiz
– 79% der Besitzer (38 Fälle) war mit Therapieerfolg zufrieden
– Behandlungsdauer 13,8 (1-38 Monate)
• USA
– 76% erfolgreich therapiert (113 Fälle)
– Mindestens 1 klinisches Symptom besser
– ACTH normal oder < 50% oder DST normal
– Behandlungsdauer 180 Tage
Therapie: Pergolid
• UK
– 54% sprechen gut auf Therapie an (ACTH < 35 pg/ml)
– 31% zeigen Reduktion der ACTH Konzentration um > 50% (jedoch nicht < 35 pg/ml)
– 15% keine Reduktion des ACTH Spiegels um > 50%
– Bei 11/39 Dosissteigerung nötig
• USA
– 50% der PPID-Pferde leben noch 4,6 Jahre nach Diagnosestellung
– 85% der nicht-überlebenden Pferden wurden euthanasiert, davon 73% aufgrund von PPID-assoziierten Erkrankungen
Therapie: Pergolid
• UK: Vergleich ACTH Messung vor und nach Beginn der Therapie (0,5 - 1 mg Pergolid SID, 4-12 Wochen)
– ACTH sinkt in 91,8% der Fälle
• 37% sind im Referenzbereich
• Bei 38% ist ACTH um > 50% gesunken
• Bei 25% ist ACTH um < 50% gesunken
=> 75% sprechen initial gut auf Therapie an
– nach > 6 Monaten Therapie sind es weniger
• 31% sind im Referenzbereich
• Bei 27% ist ACTH um > 50% gesunken
• Bei 42% ist ACTH um < 50% gesunken
=> Gründe u.U. Fortschreiten der Erkrankung?
Nebenwirkungen von Pergolid
• Anorexie/verminderter Appetit 33% (40/120)
– Transient
– Meist innerhalb der ersten 5 Monate
• Durchfall/weicher Kot 10% (12/120)
• Lethargie 10% (12/122)
• Verhaltensänderungen 5% (6/122)
– Aggression, gesteigerte Erregbarkeit, Nervosität
Praktisches Vorgehen
• Ermittlung der niedrigsten effektiven Dosis
• Initialdosis 1 ug/kg/Tag (entspricht 0,5 mg für 500 kg Pferd)
• Klinische Verbesserung innerhalb der ersten 4 Wochen
• Nach 4 Wochen die erste ACTH Kontrolle
– 63% sprechen innerhalb der ersten Woche auf Pergolid an
– 80% nach 2 Wochen und
– 91% nach 4 Wochen
– Nur 1/33 (3%) sprachen nicht innerhalb der ersten 4 Wochen an
• Regelmäßige ACTH Kontrollen
– Verschiedene Empfehlungen: von monatlich bis zweimal jährlich
Praktisches Vorgehen
• Die meisten Pferde (500 kg) benötigen 1 mg Pergolid/Tag (zwischen 0,75 und 1,5 mg pro Tag).
• Maximale Dosis = 10 ug/kg (oder Budget des Besitzers)
• Falls keine Besserung:
– Steigerung der Dosis bis 4 ug/kg
– Späteres Ansprechen noch möglich
• Falls keine Besserung bei maximaler Dosis:
– Bei der Dosis, die sich Besitzer leisten kann bleiben, da manchePferde doch vielleicht noch ansprechen.
– Zusätzliche Cyproheptadin: 0,25 mg/kg BID per os
Praktisches Vorgehen
• Nebenwirkungen
– Dosisreduktion für 3-5 Tage
– Dann wieder langsam steigern
• Vorsicht bei Verwendung von Dopaminantagonisten
– z.B. Phenothiazine, Domperidon, Metoclopramid
– Gleichzeitige Verabreichung vermindert Wirkung von Pergolid.
Dosissteigerung im Herbst?
• Bei bekannter Hufrehe
• Verschlechterung
• Insulinresistenz
• Hyperinsulinämie
Andere Medikamente?
• Dopamin-Agonist Bromocriptin hat niedrige Bioverfügbarkeit
• Serotonin-Antagonist Cyproheptadin
– Auf Cyproheptadin alleine haben nur ca. 1/3 der Fälle angesprochen.
– Zusätzlich bei hohen Dosen Pergolid (synergistischer Effekt?)
• Trilostan
– Inhibitor der 3-β-Hydroxysteroiddehydrogenase
– Blockiert adrenale Steroidproduktion
– Nur sehr wenige Pferden haben tatsächlich eine vermehrte endogene Cortisolproduktion
– Hat keinen Effekt auf exzessive POMC Produktion
Phytotherapie
• Vitex agnus castus (Mönchspfeffer)
– Diterpenoide, welche Dopamin-Rezeptoren stimulieren sollen
– Studie aus USA: Mönchspfefferpräparat bei PPID unwirksam
– Studie aus Deutschland: Präparat, welches unter anderemMönchspfeffer enthält (Corticosal) führt zu einer Verbesserung der klinischen Symptome von PPID
www.navalis-vet.dewww.navalis vet.de
Kann ich einen Patienten mit PPID mit Cortison behandelt?
• Früher dachte man PPID = Hyperadrenokortizismus– Inzwischen weiß man:
• Cortisonspiegel ist nicht erhöht
• Adrenale Hyperplasie nur bei wenigen Pferden
• ABER: – Erhöhtes Risiko für Hufrehe bei PPID/IR
– Deshalb Pferd mit PPID, welches mit Cortison behandelt wird wahrscheinlich größeres Risiko als Pferd, welches keine PPID hat
• Lösung? – Individuelles Risiko abwägen
– Besitzereinverständnis nach Risikoaufklärung (Unterschrift)
Management
• Allgemeine Gesundheitsvorsorge
• Impfungen
• Entwurmen
• Regelmäßige Gewichtskontrolle
• Bewegungsprogramm angepasst
• Haltung angepasst
• Trockene Einstreu
• Kontrolle des Haarkleides und der Haut
• Evtl. Scheren des Haarkleides
orsorge
ntrolle
gepasst
und der
des
Management
• Hufpflege, Hufkorrektur
• Hufrehebeschlag
Management
• Regelmäßige Zahnkontrolle und -behandlung
Management
• Angepasste Fütterung
– Abhängig davon ob dick oder dünn
– Abhängig von IR oder nicht
• Optimal: Rationsberechnung
Mehr über PPID?
Beijing
21st to 23rd April 2018
www.chinaweva.org
Fragen?