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Impressum
Autoren: Anton Wagner
Herausgeber: kik AG / ITS
Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG
© kik business academy
lernen lernen
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Was ist Lernen?
Lernbegriff – der Erwerb von
Fähigkeiten?
Pädagogische Interaktion oder unmittelbare
Erfahrung: In der Umgangssprache wird der
Begriff des Lernens besonders im Zusammen-
hang mit der Schule gebraucht. Dort lernt man
Schreiben, Lesen, Rechnen, erwirbt erdkundli-
ches und geschichtliches Wissen usw. Auch der
Erwerb bestimmter sozialer Umgangsformen
wird in diesem Verständnis gelernt.
Im Mittelpunkt dieser Auffassung von Ler-
nen steht die pädagogische Situation. Proto-
typen sind der vom Lehrer organisierte
Unterricht und die erziehenden Eltern.
Der psychologische Lernbegriff ist wesent-
lich weiter gefasst. Hier sprechen wir auch
vom Lernen von Angst und Sicherheit, vom
Erwerb von Vorlieben und Abneigungen, der
Ausbildung von Gewohnheiten, der Befähigung
zu planvollem Handeln und problemlösendem
Denken.
Ein solches Lernen findet im Alltag ausserordent-
lich häufig statt. Gemeinsames Merkmal aller
Lernprozesse ist die (unmittelbare oder sozial
vermittelte) Erfahrungsbildung.
Von Lernprozessen abzuheben sind die weitge-
hend durch Vererbung festgelegten und im Ver-
lauf der Reifung auftretenden Verhaltensmög-
lichkeiten (z. B. die motorische Entwicklung im
ersten Lebensjahr, u. a. das fälschlicherweise
sog. Gehen lernen).
Lernen als Wechselwirkung
Aussensteuerung und Innensteuerung: Mensch-
liche Aktivität kann als abhängig von Faktoren in
der Person und in der Umwelt angesehen wer-
den. Der Zusammenhang zwischen Person und
Umwelt ist am besten als Interaktion (Wechsel-
wirkung) aufzufassen. Das Gewicht der beiden
Faktoren kann im Einzelfall sehr unterschiedlich
sein.
Menschliche Aktivität kann sich entweder mehr
auf Anpassung an die Umwelt oder mehr auf
aktive Gestaltung der Umwelt beziehen. Im
ersteren Fall wird das Verhalten in starkem Mas-
se durch Umweltreize kontrolliert. Wir sprechen
in diesem Zusammenhang von der Aussensteue-
rung des Verhaltens. Im zweiten Fall geht die
Aktivität schwerpunktmässig von der Person
aus. Beim kognitiven Lernen und Handeln spre-
chen wir deshalb von Innensteuerung.
Es erscheint vorteilhaft, im Zusammenhang mit
Lernen nicht mehr von Anpassung, sondern von
Auseinandersetzung mit der Umwelt zu spre-
chen. Im Zuge dieser mehr aussen- oder mehr
innengesteuerten Auseinandersetzung mit der
Umwelt kommt es zur Bildung von Erfahrungen,
die in der Zukunft neue Aktivitäten beeinflussen.
Dies ist das wesentlichste Merkmal des Lernens.
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Lernen bewirkt Veränderung
Lernen ist dispositionell: Der Prozess des Ler-
nens führt zu dem Produkt des Neuerwerbs oder
Veränderung psychischer Dispositionen, d. h. zur
Bereitschaft und Fähigkeit, bestimmte seelische
oder körperliche Leistungen zu erbringen.
Manchmal spricht man in diesem Zusammen-
hang auch von Erwerb eines "Verhaltenspotenti-
als". Lernen ist durch relativ überdauernde Ver-
änderung im Organismus gekennzeichnet, wäh-
rend die Leistung (Performanz) von momenta-
nen Bedingungen (z.B. Motivation, Ermüdung)
abhängt.
Das eigentliche Lernen besteht also im Erwerb
von Dispositionen, d. h. von Verhaltens- und
Handlungsmöglichkeiten. Der psychologische
Begriff des Lernens schliesst nicht nur das durch
Unterricht absichtlich und planvoll organisierte
Lernen ein. Lernen ist auf keinen Entwicklungs-
abschnitt beschränkt. Sowohl der Säugling als
auch der alte Mensch verändern laufend ihren
Erfahrungsschatz. Lernen meint nicht nur den
Erwerb einzelner, isolierter Dispositionen, son-
dern auch Aufbau einer komplexen Persönlich-
keit durch Aneignung der menschlichen Kultur in
einem individuellen Lebensweg.
Grundformen des Lernens –
vier Mal anders
Nach fast 100 Jahren moderner Lernforschung -
von der russischen Reflexologie und dem ameri-
kanischen Behaviorismus über die sog. Kognitive
Wende in der Psychologie bis zu den Handlungs-
theorien - besteht keine Einigkeit darüber, wie
viele Unterkategorien von Lernprozessen man
sinnvollerweise annehmen soll. Im Folgenden
gehen wir von vier Grundformen des Lernens
aus.
Das Reiz-Reaktions-Lernen
Etwa um die Jahrhundertwende untersuchte der
russische Physiologe Iwan Petrowitsch Pawlow
die psychische Erregung der Speichel- und Ma-
gendrüsen (Klassische Konditionierung). Die
Beobachtung, dass bei hungrigen Tieren oder
Menschen bereits beim Anblick von Nahrung
oder sogar bei der Vorstellung von Speisen Spei-
chel zu fliessen beginnt, wurde zum Ausgangs-
punkt zahlreicher Lernexperimente.
Manche Reize lösen angeborenermassen ein
Antwortverhalten aus. Solche Reize nennt man
unbedingte (ungelernte) Reize und das Antwort-
verhalten wird als unbedingte Reaktion bezeich-
net. Tritt ein neutraler Reiz (der später bedingte
Reiz) hinzu, kann es zu einer Reizsubstitution
(Reizersetzung) kommen. Der neue Reiz löst die
gleiche oder eine sehr ähnliche (bedingte) Reak-
tion aus wie der ursprüngliche Stimulus. Dies ist
dann eine gelernte Reiz-Reaktions-Verbindung.
Die Gedankengänge der russischen Reflexologen
(Pawlow, Setschenow) wurden in Amerika bald
von den Behavioristen um Watson aufgegriffen
(Behaviorismus). Das Reiz-Reaktions-Lernen
(weitere Bezeichnungen: Klassisches Konditio-
nieren oder Bedingen, Signal-Lernen, reaktives
Lernen) wird ursprünglich streng bewusstseinsu-
nabhängig als Verknüpfung von Reiz und Reakti-
on erklärt. Unter pädagogischen Gesichtspunk-
ten ist die Auslösung einer emotional-
motivationalen Reaktion (z. B. Angst, Attraktivi-
tät) bedeutsamer als die Auslösung von Reflex-
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Reaktionen (Aktivierung von Muskeln oder Drü-
sen). Das Modell des Reiz-Reaktions-Lernens
spielt eine bedeutende Rolle in behavioristisch
orientierten Theorien der Angst, in der Verhal-
tenstherapie, in anreiztheoretischen Auffassun-
gen von Motivation, in der Werbepsychologie.
Das instrumentelle Lernen
Nachdem Thorndike mit dem "Lernen am Erfolg"
das Prinzip der Verstärkungstheorien entdeckt
hatte, beschreibt Skinner etwa ab 1930 die
operante Konditionierung, die heute instrumen-
telles Lernen genannt wird. Beim instrumentel-
len Lernen entscheiden die Konsequenzen, die
dem Verhalten folgen, über dessen zukünftiges
Auftreten.
Von instrumentellem Verhalten, IV, sprechen
wir, weil das Verhalten das Instrument oder
Mittel ist, das die entsprechende Konsequenz
hervorruft. In der Regel wird erst durch häufig
wiederkehrende, gleichförmige Konsequenzen
allmählich ein stabiles IV gelernt.
Nach der Art der Konsequenzen unterscheiden
wir vier Formen des instrumentellen Lernens:
• positive Verstärkung: Dem Verhalten
folgt ein positives Ereignis.
• negative Verstärkung: Dem Verhalten
folgt das Verschwinden eines aversiven
(unangenehmen) Ereignisses.
• Bestrafung: Dem Verhalten folgt ein
unangenehmes Ereignis.
• Löschung: Dem Verhalten folgt weder
ein angenehmes noch ein unangeneh-
mes Ereignis. Positive und negative
Verstärkung führen zum Aufbau eines
Verhaltens, Bestrafung und Löschung
zum Abbau eines Verhaltens.
Die Tatsache, dass beim instrumentellen Lernen
Aussenreize ausschlaggebend sind, wird als
Verhaltenskontrolle bezeichnet. Instrumentelles
Lernen ist motivationsabhängig. Die Konsequen-
zen eines Verhaltens führen nur dann zum Auf-
oder Abbau dieses Verhaltens, wenn sie einem
bestimmten Motiv entsprechen.
Instrumentelles Lernen ist situationsabhängig.
Der Lernprozess findet unter bestimmten situati-
ven Bedingungen statt, und das Verhalten wird
später nur in ähnlichen Situationen gezeigt. Das
instrumentelle Lernen führt zu einem gewohn-
heitsmässigen Verhalten. Es ist motiviert und
zielgerichtet, aber eng an bestimmte Situationen
gebunden und erscheint deswegen relativ starr.
Im Gegensatz dazu ist das planvolle Handeln
durch Flexibilität gekennzeichnet und kann in
neuartigen Situationen angewandt werden.
Kognitives Lernen
Unter Kognitionen versteht man jene Vorgänge,
durch die ein Organismus Kenntnis von seiner
Umwelt erlangt. Im menschlichen Bereich sind
dies besonders: Wahrnehmung, Vorstellung,
Denken, Urteilen , Sprache. Man könnte auch
sagen: Durch Kognition wird Wissen erworben.
Kognitive Prozesse lassen sich von emotionalen
(gefühlsmässigen) und motivationalen (aktivie-
renden) unterscheiden. Diese Trennung ist je-
doch weitgehend eine analytische. In der Regel
sind auf Erkenntnis bezogene (= kognitive)
Prozesse eng mit emotionalen und motivationa-
len verbunden.
Durch kognitive Prozesse werden kognitive
Strukturen (Wissensstrukturen) aufgebaut. Beg-
riffsbildung und Wissenserwerb sind zentrale
Bestandteile der Kognitionspsychologie. Es findet
häufig kein völliges Neulernen, sondern ein Um-
lernen statt. Hierbei handelt es sich um aktive,
subjektive Strukturierungsprozesse. Kognitive
Strukturen sind kein Abbild der Umwelt. Sie sind
mentale (geistige) Konstruktionen.
• Begriffsbildung: Man unterscheidet
zwei Hauptklassen von Begriffen: die
Eigenschaftsbegriffe (Kategorien) und
die Erklärungsbegriffe (Theorien). Bei
den Eigenschaftsbegriffen gibt es zwei
Auffassungen: die klassische Theorie
und die Prototypentheorie. Nach der
klassischen Theorie ist der Inhalt des
Begriffs seine logische Struktur (die
Kombination der kritischen Attribute),
nach der Prototypentheorie wird der
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Begriff durch einen Prototyp (idealer
Vertreter) repräsentiert.
Begriffsbildung ist ein aktiver Vorgang.
Begriffe sind nicht nur eine abstrahierte
Abbildung der Realität. Begriffe sind
Strukturen unseres Denkens. Dies ist
auch der Grund für die oft zu beobach-
tende Willkürlichkeit und Subjektivität
der Begriffsbildung.
• Wissenserwerb: Es gibt unterschiedli-
che Konzepte von Wissen. Meine Auf-
fassung von Sachwissen lässt sich unter
neun Gesichtspunkten darstellen:
- Begriffsbildung: Fein- oder Grob-
strukturierung
- Assimilation: sinnvoll (Gegenteil: me-
chanisch)
- Repräsentation: aussagenartig, ana-
log, handlungsmässig
- Vernetztheit propositionale und se-
mantische Netze
- Art der Erfahrung: unmittelbar oder
sozial vermittelt
- Verwendungszweck: Alltag oder Ex-
perte
- Bewusstheit: analytisch oder intuitiv
- Ausmass der Lenkung: Selbststeue-
rung oder rezeptiv
- Motivation: Kognitionen verbunden
mit Motivation.
Der ausschlaggebende Gesichtspunkt beim Ler-
nen grösserer Wissensgebiete ist die Vernetzt-
heit: Dies ist ein "Netzwerk lernpsychologischer
Grundbegriffe". Hierbei sind sowohl das ganze
System, wie auch die einzelnen Elemente in
einem für die Adressaten optimalen Ausmass an
Differenzierung zu strukturieren. Ein isoliertes,
lexikalisches Wissen ist in dieser Sichtweise
absolut unbefriedigend.
Das Lernen von Handeln und
Problemelösen
Modell-Lernen
Es gibt verschiedene Theorien des Modell-
Lernens, deren wichtigste heute die sozial-
kognitive Theorie von Bandura ist. Diese Auffas-
sung ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen
der Anregung des Verhaltens durch ein Modell
und der Ausführung des Verhaltens durch den
Beobachter kognitive Prozesse angenommen
werden. Die Theorie des Modell-Lernens kann als
Vorläufer der Handlungstheorien aufgefasst
werden.
Planvolles Handeln
Bei Begriffsbildung und Wissenserwerb wurden
vorwiegend (statische) Strukturen beschrieben,
während Handeln und Problemlösen als (dyna-
mische) Prozesse aufzufassen sind. Bei der Wil-
lenshandlung (Gollwitzer) lassen sich zwei
Schwerpunkte unterscheiden: die Entscheidung
und die Handlungsregulation. Die Entscheidung
beinhaltet die Ausbildung einer Intention sowie
die Entwicklung eines flexiblen Handlungskon-
zeptes (Planes), und Handlungsregulation be-
deutet die Realisierung des Handlungskonzeptes
bis zur Zielerreichung.
Problemlösen
Problemlösen ist ein Sonderfall des planvollen
Handelns. Ein Problem ist durch drei Komponen-
ten gekennzeichnet:
• unerwünschter Anfangszustand
• erwünschter Zielzustand
• Barriere, die die Überführung des An-
fangszustandes in den Zielzustand im
Augenblick verhindert
Problemlösen bedeutet Überwindung der Barrie-
re durch Anwendung spezifischer Problemlöse-
verfahren. Die wichtigsten Formen des problem-
lösenden Denkens (Problemlösetheorien) sind:
Problemlösen durch Versuch und Irrtum, durch
Umstrukturieren, durch Anwendung von Strate-
gien, durch Kreativität, durch Systemdenken.
Der Problemlöseprozess lässt sich auch als Um-
strukturierung beschreiben.
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Zusammenfassung und
Ausblick
Es lassen sich heute zwei Hauptkategorien von
Lernprozessen unterscheiden. Beide können
noch einmal in zwei Unterkategorien gegliedert
werden:
Bei der Aussensteuerung können einmal die
vorausgehenden Reize eine Reaktion auslösen
(Reiz-Reaktions-Lernen), oder im anderen Fall
bestimmen die dem Verhalten nachfolgenden
Reize (Konsequenzen) dessen zukünftige Auftre-
tenswahrscheinlichkeit (instrumentelles Lernen).
Bei der Innensteuerung kann es entweder
mehr um den Erwerb von Sachwissen gehen
(Begriffsbildung und Wissenserwerb, kognitives
Lernen im engeren Sinn), oder es steht die Aus-
bildung von Handlungswissen im Vordergrund
(Handeln und Problemlösen).
Jede Lernpsychologie, die nur eine der beiden
Hauptkategorien für menschliches Lernen als
relevant unterstellt, ist defizitär.
Die klassischen Grenzen zwischen Lernpsycholo-
gie, Denkpsychologie (Denken), Motivationspsy-
chologie (Motivation) und Gedächtnispsychologie
(Gedächtnis) haben sich verwischt.
Menschliche Informationsverarbeitung ist nur
eine andere Bezeichnung für Lernen und Ge-
dächtnis. Als wesentlichstes Merkmal des Ler-
nens zeigen sich die Erfahrungsbildung und die
Verhaltensveränderung beim Lernenden. Dies
bedeutet, dass sich die Lernenden nach Ab-
schluss des Lernprozesses anders verhalten,
anders denken, anders wollen, anders handeln
können.
Forderung
Es ist wesentlich, zukünftig häufiger ein (relativ)
selbstgesteuertes, kooperatives, problemlösen-
des, in authentischen Lernsituationen stattfin-
dendes und lebenslanges Lernen (Erwachsenen-
bildung) anzustreben, als ein kurzfristig prü-
fungsorientiertes.
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Wunderwelt Hirn
Um zu verstehen, was das menschliche Lernen
ermöglicht braucht es einen ersten Blick ins
hominide Hirn. Die Lebensumstände des Men-
schen, seine geistige Ent-
wicklung, seine körperliche
und intellektuelle Leistung,
seine Gemütsverfassung
sowie Krankheit und Tod
sind von der Funktion des
Gehirns abhängig. Das
Gehirn ist jedoch auch die
Quelle unserer Vermessen-
heit, unserer Irrtümer und
unseres Elends, denn mit der Entwicklung des
Menschen und seines Denkorgans stieg auch die
Störanfälligkeit des Systems.
Funktionen des Gehirns – die
zentralen Aufgaben
Das Gehirn hat die Aufgabe Reize aufzunehmen,
zu verarbeiten und zu beantworten. Rezeptoren,
wie z.B. die Sinnesorgane nehmen bestimmte
Reize (Licht, Druck, Töne, Temperatur,...) auf
und senden diese als kodierte Signale auf elekt-
rochemischem Weg in das Zentrale Nervensys-
tem, dessen wichtigste Schaltstelle das Gehirn
darstellt. Dort werden die eingegangenen Signa-
le nach bestimmten Mustern bearbeitet und, falls
erforderlich, in Form Reaktionsreizen an die
Effektoren (Muskeln, Drüsen, ...) weitergeleitet.
Der wesentliche Kern der Informationsverarbei-
tung erfolgt in der Hirnrinde, dem Grosshirn
oder Neokortex. Dieses 2 bis 3 cm dicke Gewebe
erstreckt sich beim Menschen in Form eines
lappenartigen Gebildes voller Furchungen und
Windungen über ca. 1,2 Quadratmeter, würde es
man es auffalten. Assoziativ zusammengehören-
de Fähigkeiten (Motorik, Tasten, Sehen, Lage)
sind jeweils auf einem Teil der Hirnrinde zu-
sammenhängend gespeichert.
Komplex und vernetzt
Unser Gehirn wiegt nur etwa 1300g und besteht
dennoch aus mehr als 150 Milliarden Zellen.
Neben den Nervenzellen
(Neuronen) enthält das
Gehirn auch Stützzellen
(Gliazellen), Blutgefässe
und Organe, die Substan-
zen ausscheiden. Die ele-
mentaren Verarbeitungs-
einheiten sind die Neuro-
nen, die in einem komple-
xen Netzwerk untereinan-
der verbunden sind und auf elektrochemischem
Wege Signale austauschen und sich gegenseitig
erregen oder hemmen können. Sie verfügen
jeweils durchschnittlich über 10’000 Verbindun-
gen mit benachbarten Zellen, etliche sogar bis
zu 80'000. Allein das Grosshirn umfasst über
100 Milliarden Neuronen.
Das Gehirn ist zu unglaublichen Leistungen fähig
und sicherlich eines der wunderbarsten Gebilde
in unserer bekannten Welt. Es steuert uns Men-
schen im Raum, dirigiert unsere Gefühle und ist
zuständig für Erinnerung, Bewusstsein und Mo-
ral. Es übertrifft an Komplexität und Leistungs-
vielfalt alle anderen bekannten Systeme auf der
Erde. Trotz dieser Funktionsvielfalt wird seine
Biologie von einer einfachen Physik und Chemie
bestimmt.
Bei der Geburt sind bereits sämtliche Neuronen
vorhanden, es bestehen jedoch, verglichen mit
dem erwachsenen Hirn noch verhältnismässig
wenige Verbindungen; die Vernetzung erfolgt
erst mit dem Lernen.
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Integration – die beste Verknüpfung
Die Verbindung zwischen der Sensorik und der
Motorik bildet der Integrator, der so genannte
Assoziationskortex. Er ist, wie beinahe das ge-
samte Hirn, zweiteilig und mit 70 % der ca. 100
Milliarden Grosshirnneurone das grösste Neuro-
nensystem des Hirns. Über einen Balken, weite-
re Neuronenstränge und über das Mittelhirn ist
dieser Hirnbereich zu einer Einheit verschmol-
zen. Hier wird das über die Sinne Aufgenomme-
ne zum Körper-im-Raum-Schema vernetzt,
darüber hinaus entsteht hier auch Neues, Eigen-
ständiges, werden also die geistigen Leistungen
hervorgebracht. Ein Teil der Neuronen dieses
Bereichs sind sogar spontanaktiv, denn sie er-
zeugen eigene Leistungen, ohne Anstoss von
aussen über die Sensorik. Das Hirn selbst ist
also auch ohne äussere Reize in einem gewissen
Masse reflexiv, geistig aktiv und kreativ.
Gesamtsystem Hirn mit spezia-
lisierten Teilbereichen
Dieses komplexe Gebilde ist in seinem Aufbau
ein extrem dicht vernetzendes Neuronensystem.
Seine Bedeutung liegt in der Vernetzung, im
Zusammenbau, in der Integration. Seine Eigen-
leistungen sind unter 3 Aspekten zu betrachten:
• Denken: mit Einfallsreichtum, Durch-
blick, Interesse, Kritikvermögen. Kon-
zentration, Aufmerksamkeit, Erkennen
und freier Gedächtnisabruf.
• Erleben: mit Ergriffensein, Begeiste-
rungsfähigkeit und Kreativität.
• Wollen: mit Regsamkeit, Initiative, Un-
ternehmungslust, Zielausrichtung, Aus-
dauer, Durchsetzungsvermögen und
Zuverlässigkeit.
Im sensomotorischen System, im Sprach- und
Schriftsystem sowie in den musischen Bereichen
finden sich zudem Neurone, die speziell abge-
speicherte Erlebnis- und Verhaltensmuster aus
dem Erinnerungsdepot aufrufen und wiederge-
ben, aber auch Neues kreieren können, sie ar-
beiten dabei wieder mit Teilbereichen aus dem
Gesamtsystem zusammen.
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Das eigentliche Lernen
Engrammierung heisst Spurenbilden
Beim Lernen entstehen, nebst den Gesamtmus-
tern (Gehen, Raumgefühl, Dreidimensionalität,
Gesamtzusammenhänge, globales Wissen etc.)
so genannte Engramme. Das sind physiologische
Spuren, die die Reize im Gehirn hinterlassen.
Das ist die eigentliche Grundlage von Lernfähig-
keit und Gedächtnis. Ist beispielsweise im
Sprachsystem ein bestimmtes Wort gespeichert,
liegen im Gesamtsystem die Gesamteindrücke
mit den Begleitumständen, die beim Hören die-
ses Wortes vorlagen, abgelegt, ebenso das Wis-
sen, das sich zu diesem Wort ergibt. Doch wie
gelangt nun eine Information von aussen ins
Gedächtnis? Es erfolgt in einem stufenweisen
Abspeichern.
• Eine Information in Form eines sinnlich
wahrnehmbaren Reizes erreicht uns.
Der Reiz kann ein visueller (sichtbarer),
auditiver (hörbarer), haptischer (den
Tastsinn ansprechender), olfaktorischer
(geruchlicher) oder gustatorischer (ge-
schmacklicher) Reiz sein. Die eintref-
fende Informationsmenge ist von der
Art des Reizes abhängig: Olfaktorische
Reize können etwa 20 Bit (kleinste In-
formationseinheiten) pro Sekunde ent-
halten, visuelle hingegen ca. 10 Millio-
nen Bit.
• Der wahrnehmbare Reiz trifft auf eine
Sinneszelle, die ihn in Form eines elekt-
rischen Erregungsimpulses ("Spike") an
eine Nervenzelle und ihre Nervenfaser-
endung, die Synapse, weitergibt (Ultra-
kurzzeitgedächtnis).
• Der elektrische Erregungsimpuls be-
ginnt nun zwischen den Synapsen ver-
schiedener Nervenzellen zu kreisen.
(Kurzzeitgedächtnis). Er kreist in be-
stimmten, sich wiederholenden Bahnen
im Netzwerk der Nervenzellen und hin-
terlässt dabei charakteristische moleku-
lare Spuren, die sich chemisch im Ge-
hirn einprägen. Die zunächst noch nicht
fest zusammen geschalteten Nerven-
bahnen festigen sich dabei; es entste-
hen nach und nach solide Verbindun-
gen, die „Engramme“. Sie bilden dann
unser Langzeitgedächtnis.
Assoziationen und Halluzinationen
Das gegenseitige Aufrufen der Engramme erfolgt
assoziativ, das Gesamtsystem weckt die dazu-
gehörenden Informationen und umgekehrt.
Zwischen den Wahrnehmungen über die Senso-
rik und den geweckten Gedächtnisinhalten im
Gehirn kann das Bewusstsein klar unterschei-
den. Wenn diese Unterscheidungsfähigkeit im
Wachzustand ausfällt, kommt es zu Halluzinatio-
nen. Im Traum hingegen ist die Unterscheidbar-
keit aufgehoben.
Vergessen, falls lange nicht gebraucht
Gelerntes wird auch wieder vergessen. Alle En-
gramme, wie auch die Muster und Inhalte im
Gesamtsystem, unterliegen dem Abbau. Was
nicht gebraucht und immer wieder auf- und
abgerufen wird, versinkt in der Bedeutungslosig-
keit, entsprechend werden die Neuronenvernet-
zungen zurückgebildet, um neuen, bedeutende-
ren Impulsen Platz zu machen. So verändert sich
der Gedächtnishintergrund ständig und lebens-
lang. Lebenslanges Lernen ist ebenso möglich,
wie lebenslanges Vergessen Realität ist.
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Teilsysteme für spezielle Aufgaben
Als Ergänzung zum Gesamtsystem haben sich
18 Teilsysteme entwickelt, die nur in einem
bestimmten Hirnareal vorkommen und vom
Gesamtsystem delegierte Teilaufgaben über-
nommen haben. Sie sind entsprechend hoch
spezialisiert. Hierbei handelt es sich um
• 7 Wahrnehmungssysteme (Sehen, Hö-
ren, Riechen, Schmecken, Hautsinne,
Bindegewebesinn, Harn- und Stuhl-
drang-Sinn)
• 3 verbale Kommunikationssysteme
(Sprache, Laute, Gesang)
• 2 nonverbale Kommunikationssysteme
(Körpersprache, Geruchssprache)
• das sensomotorische System (Geh-,
Greif-, Mundmotorik, Mimik, Gestik,
limbische Laute)
• das Körper/Raum-Orientierungssystem
(Gleichgewicht, Dreidimensionalität)
• die limbischen Systeme:
- emotionales (Wohlbefinden, Aggres-
sionsgrad, Stabilität)
- instinktives (Sexualität, Nahrungsbe-
schaffung, Geselligkeit, Sicherung)
- retikuläres (vegetative Reaktionen,
Exkretion, Wärmeregulation)
- Engrammierung (Erinnern, Gedächt-
nisleistung, Wiedererkennen)
Sie stehen mit dem Gesamtsystem entweder in
Wechselbeziehung als Zweiwegsysteme oder
überbringen als Einwegsysteme Information
oder übernehmen Informationen, um sie an
andere Systeme weiterzugeben.
Hirnzahlen
Anzahl reizaufnehmendee
Zellen beim Riechen:
200’000’000
Anzahl reizaufnehmender
Zellen im Auge:
100’000’000
Anzahl motorischer Zellen: 4’000’000
Anzahl Synapsen pro Neuron:
Gewisse Neuronen haben sogar
über 80’000 Synapsen
ca. 10’000
Anzahl Synapsen im mensch-
lichen Gehirn insgesamt:
1 Billiarde
Anzahl Neuronen im mensch-
lichen Gehirn:
150 Milliarden
Hirn und Gedächtnis
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Hirn und Gedächtnis
Unser Gedächtnis
Lernen verlangt Gedächtnisleistungen
Um Gelerntes wieder verwenden zu können,
muss es gespeichert, abgelegt werden und ab-
rufbar zur Verfügung stehen. Es braucht das,
was landläufig als Gedächtnis bezeichnet wird.
Es geht also um einer Art System zur Speiche-
rung von Informationen im Gehirn. Und nach der
Speicherung um die Vorgänge des Abrufs ge-
speicherter Informationen, ebenso um die Ursa-
chen des Vergessens und die Unterscheidung
verschiedener Speichersysteme. Sie sind grund-
legend wichtig für das Erkennen wahrgenomme-
ner Objekte sowie für Lernen und Denken.
Funktionen des Gedächtnisses
Unabhängig davon, ob das Gedächtnis als Sys-
tem voneinander getrennter Speicher (Multispei-
chermodell) oder als einheitliches Speichersys-
tem (Einspeichermodell) betrachtet wird, kann
man im Zusammenhang mit unterschiedlichen
kognitiven Leistungen zahlreiche Gedächtnis-
funktionen unterscheiden.
Dazu gehören
• die sehr kurzfristige Speicherung
physischer Merkmale wahrgenommener
Objekte (sensorische Speicherfunktion)
• die kurzzeitige Speicherung geringer
Informationsmengen zum Zweck der
aktuellen Handlungsplanung und
-steuerung (Kurzzeit- und Arbeitsspei-
cherfunktion)
• die langfristige Speicherung unter-
schiedlichster Informationen, die noch
nach zusätzlichen funktionellen Ge-
sichtspunkten unterteilt werden (Lang-
zeitspeicherfunktion).
Jede dieser Speicherfunktionen lässt sich hin-
sichtlich folgender Funktionsmerkmale beschrei-
ben:
• Speicherdauer: die Zeitspanne, wäh-
rend der die im Speicher enthaltene In-
formation abgerufen und effektiv ver-
wendet werden kann
• Speicherkapazität: die Menge an In-
formation, die in einem Speichersystem
maximal enthalten sein kann
• Codierung der Information: die Art
der im Speicher vorhandenen Informa-
tion
• Abrufprozesse: die Prozesse, durch
die Informationen aus dem Speicher zur
Weiterverwendung abgerufen werden
• Vergessensmechanismen: die Pro-
zesse, die einen Informationsverlust in
einem Speicher bewirken.
Physiologie und Anatomie des Ge-
dächtnisses
Neue Gedächtnisinhalte werden nach Verarbei-
tung und Gebrauch im Kurzzeit-Arbeitsspeicher
zunächst im Hippocampus, einem Teil des limbi-
schen Systems, gespeichert und wahrscheinlich
– vorwiegend in der Nacht – an die Vorderhirn-
rinde weitergeleitet. Grundsätzlich werden Ge-
dächtnisinhalte auf zellulärer Ebene im Bereich
der Synapsen gespeichert. Langfristige Erinne-
rungen gehen mit anatomischen Veränderungen
im Bereich dieser Schaltstellen zwischen den
Nervenzellen einher. Dabei werden Proteine neu
gebildet, welche die Form und Funktion der
Synapsen verändern, die Informationen werden
dauerhaft gesichert.
Verschiedene Strukturen im limbischen System
des Gehirns nehmen unterschiedliche Erinne-
rungsfunktionen wahr. Beispielsweise ist ein
Funktionskreis durch den Hippocampus und den
Thalamus für räumliche Erinnerungen zuständig,
während ein anderer durch die Amygdala und
den Thalamus an emotionalen Erinnerungen
beteiligt ist. Erinnerungen an motorische Fertig-
keiten werden jedoch anders gespeichert werden
als intellektuelle Gedächtnisinhalte.
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Die drei grossen Speicher
Das ikonografische Gedächtnis – die
sensorischen Speicher
In einem Vorspeicher, dem sensorischen Ge-
dächtnis, über den jeder einzelne Sinn verfügt,
wird die Information, die über die verschiedenen
Sinne aufgenommen wird, nur für eine sehr
kurze Zeitspanne gespeichert. Genau so lang,
wie das Wahrnehmungssystem braucht, bis ein
sensorischer Reiz der Rezeptoren (Sinneszellen)
ein „Bild“ der wahrgenommenen Umwelt herge-
stellt hat damit im Hirn ein erster Abgleich mit
Bekanntem stattfinden kann. Die Fragen lauten:
Bekannt-Unbekannt, Gefährlich-Ungefährlich,
Bemerkenswert-Ingenirierbar, Vorteilhaft-
Aufwändig etc.
• Speicherdauer: Je nach Sinnesmodalität
beträgt sie zwischen circa 250 Millise-
kunden bei der visuellen Wahrnehmung
(ikonisches Gedächtnis) und vier bis
fünf Sekunden beim Hören (echoisches
Gedächtnis).
• Speicherkapazität: Sie ist unbegrenzt;
der Speicher enthält die gesamte In-
formation, die das Wahrnehmungssys-
tem zur Verfügung stellt.
• Codierung: Es werden nur die physi-
schen Merkmale der wahrgenommenen
Objekte gespeichert, bei Wörtern z. B.
keine Bedeutungen, sondern nur die vi-
suellen Figurmerkmale der Buchstaben
und des gesamten Wortes.
• Abrufprozesse: Der Zugriff geschieht
durch selektive Informationsentnahme
(siehe Aufmerksamkeit), wobei nur
physische Merkmale zur Selektion ver-
wendet werden können (z. B. räumliche
Position, Form, Farbe).
• Vergessensmechanismen: Die Informa-
tion verblasst von selbst (die Aktivie-
rung der entsprechenden neuronalen
Strukturen lässt allmählich nach), oder
sie wird durch eine neue Wahrnehmung
aktiv ausgelöscht, z. B. durch rückwir-
kende Maskierung (wobei ein dem ge-
speicherten Reiz folgender Reiz die Er-
kennbarkeit des gespeicherten Reizes
innerhalb eines kritischen Zeitfensters
von 250 Millisekunden um so stärker
beeinträchtigt, je geringer der Zeitab-
stand ist).
Kurzzeitgedächtnis – der Arbeits-
speicher
Die dem sensorischen Speicher selektiv ent-
nommene Information kann nun nach der physi-
sche Wahrnehmung der Reize und der daraus
resultierenden Analyse weiterverarbeitet wer-
den, indem alle nur denkbaren Assoziationen
und Formen, die für den wahrgenommenen Reiz
notwendig sein können, codiert werden (z. B. als
analoger Code in Form eines Vorstellungsbildes,
als semantischer Code in Form der Bedeutung
eines Wortes oder der Benennung eines bekann-
ten Objekts). Die Information, die im Kurzzeit-
gedächtnis gespeichert ist, wird als bewusst
verfügbar erlebt. Dieses Gedächtnis ist der ei-
gentliche Arbeitsspeicher da es auch zum Planen
und Steuern von Handlungen benötigt wird und
daher an allen bewusst gesteuerten Prozessen
beteiligt ist.
Speicherdauer
Sie beträgt unter ungünstigen Bedingungen (es
wird weitere Information aufgenommen, die
Aufmerksamkeit ist abgelenkt, so dass ein inter-
nes Memorieren der Information nicht möglich
ist) nur circa 15 bis 20 Sekunden, unter günsti-
gen Bedingungen ohne internes Memorieren
lernen lernen
3
(inneres, lautloses Wiederholen) etwa 40 Se-
kunden. Wenn man memoriert, kann die Infor-
mation im Prinzip so lange gespeichert bleiben,
wie memoriert wird.
Speicherkapazität
Die Kapazität (hier auch Gedächtnisspanne ge-
nannt) beträgt bei völlig neuen Informationen
maximal vier bis fünf Einheiten, bei geläufigen
Informationen sieben plus/minus zwei Einheiten.
Was als Einheit zu betrachten ist, hängt vom
Material ab und der Art und Weise, wie die Per-
son das Material organisiert und zu Einheiten
höherer Ordnung (Chunks) zusammengefasst
hat (bei einem neuen Wort als Menge einzelner
Buchstaben, wobei jeder Buchstabe eine Einheit
ist; bei bekannten Wörtern als Wort, wobei alle
Buchstaben zusammen eine Einheit bilden).
Codierung
Ältere Befunde sprachen dafür, dass dieser Spei-
cher speziell nur Sprachlaute (Phoneme; siehe
Phonologie) zu speichern in der Lage ist; neuere
Befunde zeigen jedoch, dass alle Codierungsar-
ten verfügbar sind.
Abrufprozesse
Bei sehr bekannter oder eindeutig unbekannter
Information wird unter Ausrichtung der Auf-
merksamkeit auf diesen Vorgang parallel (alle
Information gleichzeitig) aus dem Kurzzeitspei-
cher abgerufen, denn der Bekanntheitsgrad ist
ein deutliches Kriterium dafür, dass es sich um
Information handelt, die erst kürzlich in den
Speicher gelangt ist; bei Information mittlerer
Bekanntheit wird seriell abgerufen (eine Einheit
nach der anderen wird daraufhin geprüft, ob es
sich um die benötigte Information handelt oder
nicht), um exakt prüfen zu können, ob es sich
tatsächlich um die gesuchte Information handelt
oder nicht.
Vergessensmechanismen
Es gibt hier zwei Vergessensmechanismen: Spu-
renzerfall und Hemmung (auch als Interferenz
bezeichnet). Unter Spurenzerfall versteht man
die allmähliche Abnahme der Aktivierungsstärke
einer Informationseinheit – sofern kein internes
Memorieren erfolgt, was die Aktivierungsstärke
auf einem hohen Niveau hält. Unter Hemmung
versteht man die gegenseitige Beeinträchtigung
der im Speicher vorhandenen Information beim
Versuch des Abrufs; sie ist um so grösser, je
ähnlicher die Information ist. Die Hemmungsef-
fekte erklären circa 70 Prozent des Vergessens.
Langzeitgedächtnis – der Tresor und
Langzeitspeicher
Der Langzeitspeicher enthält mannigfaltige In-
formationen, für die manche Theorien sogar
getrennte Speicher postulieren. Hier sind sämtli-
che Informationen vorhanden, die benötigt wer-
den, um
• die Objekte der Umwelt zu erkennen
(implizites Gedächtnis)
• Handlungen auszuführen (prozedurales
Wissen)
• alles Regel- und Bedeutungswissen zu
verwalten (semantisches Gedächtnis).
Es ist lange angenommen worden, dass Infor-
mation aus dem Langzeitgedächtnis dann be-
sonders gut abrufbar ist, wenn sie beim Abspei-
chern der Information häufig wiederholt wird. –
Wiederholung aber ist nicht der effizienteste
Mechanismus. Sehr viel wichtiger ist, dass nur
solche Information später beim Erinnern als
Abruf- oder Suchhinweis effektiv nutzbar ist, die
bereits beim Lernen und Speichern vorhanden
war. Alle langfristig zu behaltende Information
sollte nicht isoliert, sondern immer im Zusam-
menhang mit möglichen Hinweisen auf weitere
Zusammenhänge und Verknüpfungen mit mögli-
lernen lernen
4
chen, späteren Einsatzbereichen gespeichert
werden.
Beispielsweise kann der situative Kontext, in
dem gelernt wird, hilfreich sein: Lernt man z. B.
in dem Raum, in dem man die Information für
eine Prüfung auch wieder abrufen soll, verknüp-
fen sich die zu lernenden Informationen mit
Situationsmerkmalen, und das Erinnern in die-
sem Raum wird erleichtert, an anderen Orten ist
es aber erschwert. Dies funktioniert auch, wenn
man sich den Raum beim Lernen nur detailliert
vorstellt. Auf dieser Methode beruhen einige so
genannte Memotechniken (Techniken der Ge-
dächtniskunst). Eine andere effiziente Strategie
wird als Elaboration bezeichnet und besteht
darin, alles zu behaltende Material sehr syste-
matisch zu organisieren, alles miteinander in
Beziehung zu bringen, also Zusammenhänge
abzuspeichern, und wenn keine existieren, sie
extra herzustellen (per Assoziation z. B. mit
Vorstellungsbildern). Elaboration ist wesentlich
wichtiger als reines Wiederholen, um ein gutes
Behalten zu erreichen.
Speicherdauer
Eine Begrenzung der Speicherdauer ist nicht
bekannt. Es gibt nur mehr oder weniger lang
andauernde Schwierigkeiten, auf Information
zuzugreifen, die den Eindruck erzeugen, die
Information sei vergessen worden. Informati-
onsverlust tritt nur bei traumatischen Einflüssen
auf die Neurone des Gehirns auf, z. B. bei Hirn-
verletzungen oder Erkrankungen, die zum Abbau
von Hirnsubstanz führen.
Speicherkapazität
Eine Begrenzung der Speicherkapazität ist nicht
bekannt.
Codierung
Es bestehen alle bekannten Codierungsformen
(z. B. physische Merkmale, phonetisch, seman-
tisch, symbolisch, als Vorstellungsbild).
Abrufprozesse
Entweder wird durch automatische Aktivierung
abgerufen, wie das beim Erkennen bekannter
Objekte und bei Wörtern der Fall ist, oder es
wird gesucht, indem von Anhaltspunkten und
Hinweisen auf die gesuchte Information ausge-
hend automatisch semantisch benachbarte Rep-
räsentationen aktiviert werden.
Vergessensmechanismen
Vergessensmechanismen in dem Sinne, dass
Information ausgelöscht und dadurch permanent
nicht verfügbar wird, gibt es hier nicht. Allenfalls
kann der Zugriff auf einzelne Informationen
mehr oder weniger erschwert sein; dies ist meis-
tens aber nur zeitlich begrenzt der Fall.
lernen lernen
5
Weitere Speicher –
die Überraschenden
Das Prime-Gedächtnis
Laufend werden wir durch die Aktualiät aus allen
Medien und in zahllosen Gesprächen berieselt,
zudem leben wir in einem dauernd um uns her-
um sich manifestierenden kulturellen Kontext.
Inhalte aus diesen, bewusst und unbewusst
wahrgenommenen Dauerreizen sowie die dazu
gehörenden Peacks (Aktualität, Sensationen,
neue Modeereignisse, Events) bilden den Boden
des Zeitgeistes, den wir im Aktualitätsgedächtnis
stets präsent halten. Laufend aber wirden diese
Inhalte durch neue ersetzt. Ihre Zwischenlage-
rung findet in den Zellen des Hyppocampus
statt, deren dornartige Fortsätze innert weniger
Minuten wachsen, die Informationen speichern,
um dann wieder abgebaut um dann in neuen
Auswüchsen neue Information zu speichern.
Das eidetische Gedächtnis
In der Regel sind Erinnerungen weniger deutlich
und detailliert als Wahrnehmungen; manchmal
zeigt ein Erinnerungsbild jedoch jedes einzelne
Detail. Dieses Phänomen wird als eidetisches
Gedächtnis bezeichnet; es kommt fast nur bei
Kindern vor; sie können sich eidetische Bilder in
manchen Fällen dermassen vollständig in Erinne-
rung rufen, dass sie eine Seite mit einem Text in
einer ihnen unbekannten Sprache, die sie nur
kurze Zeit gesehen haben, vollständig buchsta-
bieren können. Diese Fähigkeit geht gewöhnlich
mit zunehmendem Alter wieder verloren. Solche
ausserordentlichen Gedächtnisleistungen können
auch bei Autisten beobachtet werden.
Das Schockgedächtnis
Schockerlebnisse (z. B. durch einen Unfall) kön-
nen Bereiche des Langzeit- wie des Kurzzeitge-
dächtnisses akut oder sogar dauerhaft ausser
Funktion setzen (Amnesie) ebenso wie sie sich in
Bruchteilen von Sekunden oder wenigen Minuten
als unvergesslich und unauslöschbar im Hirn
verankern können.
Das Weltgedächtnis
Verschiedene Psychologen aber auch Weise,
Druiden, und Magier postulieren ein Urgedächt-
nis, dass uns durch alle Zeiten begleitet und sich
in grndlegendem Wissen manifestiert (Angst vor
grosser Überschwemmung, Erdbeben, Seuchen,
Sternenkollisionen etc.)
Das spirituelle Gedächtnis
Gott lebt in uns, behaupten nicht wenige Men-
schen und die Gläubigen verfügen über ein be-
sonderes spirituelles Gedächtnis, das ihnen Got-
tesnähe und religiöse Fundamentalerlebnisse
zugänglich macht. Das Wissen um Gnade, Hoff-
nung und Erlösung ist für viele Menschen greif-
bare Realität.
Impressum
Autoren: Anton Wagner
Herausgeber: kik AG / ITS
Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG
© kik business academy
lernen lernen
1
Feuer im Hirn
Lernen lernen
Menschen lernen besser, wenn sie mit Freude
und Spass lernen. Lernprozesse in freundlichem
Umfeld oder unter Angst und Stress verlaufen
sehr verschieden. Der
Unterschied besteht
vor allem darin, dass
die Emotionen von
Angst oder Freude
unterschiedlich arbei-
tende neuronale
Systeme ansprechen.
Unter Angst-Stress
wird das Denken
durch eine Hirnregion
bestimmt, die Man-
delkerne im limbi-
schen System, die
einzig darauf zielt, der Angst zu entkommen.
Kreatives und freies Denken sind dabei stark
eingeschränkt, da sich das Hirn in dieser Situati-
on an die simpelsten, irgendwie funktionieren-
den Schemata hält.
Macht das Lernen aber Freude, erwachsen dabei
aus der erbrachten Leistung und der gewonne-
nen Einsicht Selbstvertrauen und Befriedigung.
Damit steigt die Lust auf weitere Herausforde-
rungen, der Lernprozess läuft weiter. Also ge-
deihen Lernen, Selbstständigkeit und Kreativität
vor allem in einem entspannten Klima.
Konstanter Prüfungsstress, gewürzt mit
täglichen Misserfolgserlebnissen, ist Gift
für das Lernen und für die damit verbunde-
ne Entfaltung der Persönlichkeit.
Das Hirn nie langweilen
In unserem Hirn müssen viele Zellen vieles ein
wenig wissen und sie lernen nur was wichtig ist.
Das Wissen liegt nach dem Lernen, Einprägen
und Erfahren in Teilnetzwerken von Millionen
von Hirnzellen, den Neuronen, gespeichert. Nur
die Kombination vieler Teilnetzwerke ermöglicht
uns das komplexe Erinnern. Die intellektuellen
Fähigkeiten der Lebewesen beruhen vor allem
auf der intensiven neuronalen Verknüpfung.
Vieles begegnet uns an einem normalen Tag.
Nur das Wichtige wird im Hirn aufbewahrt. Das
Unwichtige wird abgehandelt und vergessen.
Was ins Hirn eingebetet werden soll, muss also
sehr wichtig sein.
Grundsätzlich sendet eine Zelle eines sensori-
schen Systems nur dann ein Ausgangssignal an
eine weiterverarbeitende Zelle, wenn die Summe
der Eingangssignale, die sie erhält, einen be-
stimmten Schwellenwert überschreitet (z.B.
Lichtimpulse, Druckimpulse etc.). Bleibt die
Eingangserregung unter dieser Grenze, reagiert
die Zelle gar nicht, andere, mit ihr verknüpfte
Zellen, erhalten also kein „Aufgepasst-ich-habe-
da-was-Wichtiges-Signal“. „Einmal ist kein Mal“
gilt beim Hirn in besonderem Masse. Ausser bei
extremen Schockerlebnissen muss sich etwas
mehrfach, besser sogar viele Male abspielen, bis
es im Hirn länger anhaltend gespeichert wird.
Weniger oder nur kurzzeitig Wichtiges wird nur
wenige Sekunden bis Minuten im Kurzzeitge-
dächtnis zwischengelagert und gleich nach
Gebrauch wieder gelöscht.
Öfter lernen – aber nie eintönig büf-
feln
Das Netzwerk der Neuronen ist im Gegensatz zu
einem Computer nicht nach einem detaillierten
Plan geknüpft, sondern weitgehend zufällig or-
ganisiert. Sind miteinander verbundene Zellen
gemeinsam aktiv, erinnern sie sich zusammen
an einen Gegenstand, eine Zahl, ein Gesicht,
eine Geschichte oder einen Vorgang. Je öfter
diese gemeinsame Aktivierung abläuft, wie es
beim Lernen geschieht, desto leichter wird spä-
ter erinnert. Irgendwann reicht es, dass nur eine
Andeutung schon die ganze Erinnerung hervor-
zaubert.
Solches Lernen ist langsam und lebt von der
Wiederholung. Dabei kommt es nicht auf die
absolute Zeitdauer an: Häufiger, aber kürzer
lernen lernen
2
üben wirkt besser. Nur muss der Lernstoff im-
mer wieder auf stets etwas andere Weise be-
trachtet und bearbeitet werden. – Nichts ist
beim Lernen gefährlicher als Langeweile und
gleichmässiger Stumpfsinn. Das Hirn lernt durch
Herausforderung und Abwechslung. Das bedingt
variierte Aufgaben und andere Herangehenswei-
sen, immer wieder neue Formen der Auseinan-
dersetzung mit dem Thema, je reichhaltiger und
vielfältiger, desto besser. Wichtig sind dabei gut
ausgewählte Beispiele an denen sich allgemeine
Eigenschaften und Regeln ableiten lassen. Die
Details vergessen wir meist rasch, es bringt
daher auch nichts, Wissensinhalte stur auswen-
dig zu lernen. Nicht mehr gebraucht, versinkt
solches Wissen bald in der Vergessenheit.
Das Hirn schätzt Qualität
Lernen, d. h. Überführen und Abspeichern von
Informationen ins Langzeitgedächtnis, geschieht
beim blossen Wiederholen, wie bei
rein manuellen Tätigkeiten, uneffi-
zient. Da braucht es monatelanges
Einschleifen, wie wir es beim Ler-
nen im Sport kennen. Besser ist es
– und das ist beim intellektuellen
Lernen möglich – den Lernstoff in
Beziehung zu bereits Bekanntem
setzen. Verstreute Einzelheiten
werden dabei mit anderen Einzel-
heiten zu qualitativ höher stehen-
den neuen Einheiten zusammenge-
packt. Gewonnen werden diese
höherwertigen Informationseinheiten durch
geistige Aktivität, nämlich durch:
• Selektion – Auswahl
• Komparation – Vergleich
• Koordination – Verbinden, Abstimmen
• Integration – Miteinbeziehung
• Reduktion – Zurückführung, Abbau
• Abstraktion – Gedankliche Verallgemei-
nerung, Erhebung zum Begriff
• Hierarchiebildung – Aufbau eines Ord-
nungs- und Beziehungssystems
Anleitung zum Lernen
Ein gutes Ambiente ist wichtig
Das Lernen beginnt, falls möglich, im Unterricht,
durch lebhafte Beteiligung, Mitmachen, Diskutie-
ren und die intensive Konzentration auf den
vermittelten Stoff. Beim selbstständigen Lernen
und Vertiefen nach dem Unterricht oder beim
Selbststudium helfen ein ruhiges Umfeld, Ent-
spannung durch spezifische Übungen und beru-
higende Atemtechnik. Es gilt Stress und Lern-
barrieren aufzulösen und eine für das Lernen gut
ausgewogene Aufmerksamkeit zu erreichen. Das
gesamte System Körper-Gehirn soll aufnahme-
bereit gemacht werden. Nicht nur entsprechen-
den Übungen sondern auch besonders ausge-
wählte Musik, hilft den Körper richtig zu syn-
chronisieren.
Am Besten funktioniert das Lernen unter leichter
körperlicher Anregung, mit einem
Puls etwas oberhalb der Ruhe-
schwelle (90-100). Man sollte sich
etwas bewegen, auf einem Spa-
ziergang oder beim langsamen
Radfahren, um während dessen
und anschliessend zu lernen. Auch
Herumgehen (learning by walking)
oder Lernen auch dem Hometrainer
geht gut. Wichtig ist dabei eine
angenehme Lernatmosphäre ohne
viel Ablenkung und ein anregendes
Umfeld, bezüglich Farben, Formen,
Bilder, Pflanzen, Bewegungs-, Sitz- und Liege-
möglichkeiten. Der Stoff sollte mit Übungen in
verschiedenster Gestalt mehrfach aktiv und
passiv wiederholt werden. Je attraktiver das
Lernmaterial und dazu sorgfältig angefertigte
spezifische Spiele und Anwendungsbeispiele
sind, desto besser verankert sich das Wissen.
Noch stärker vertieft sich das Wissen, wenn in
der Lernphase thematisch passende Bücher,
Filme, Bilder und interaktive Projekte das Lernen
begleiten. Wenn es zudem gelingt, zusammen
mit anderen zu lernen, entstehen positive Ge-
meinschaftserlebnisse rund um den Lerninhalt,
was zu einer definitiven Festigung des Stoffes
verhilft.
lernen lernen
3
Die Vorgänge im Hirn
Karten im Hirn – Eigenschaften und
Regeln
Lernende brauchen vor allem gut ausgewählte
Beispiele. Auf die Regeln kommen sie dann von
selbst.
Das Netzwerk im Kopf bein-
haltet unser ganzes Können
und Wissen durch seine
besondere Struktur. Beo-
bachtet man die Aktivität
des Gehirns, so zeigt sich,
was wir momentan wahr-
nehmen, denken, reden und
tun. Dadurch lässt sich aber
nicht aufzeigen, wie komplex
die Vernetzung aufgebaut ist und als Ganzes
aktiviert wird. Obwohl bei jeder geistigen Tätig-
keit jeweils eine riesige Zahl Neuronen in vielen
Hirngebieten zusammen aktiv ist, lassen sich
aber auch aufgabenspezifische Neuronengrup-
pen finden. Zellen im visuellen Kortex zum Bei-
spiel, erkennen und speichern Ecken und Kanten
oder auch Farben von Objekten, Neuronen im
Hörkortex spiegeln Eigenschaften von Tönen
wieder.
Für alle möglichen Kategorien von Wissen ord-
nen sich also Neuronen und Neuronengruppen
durch eigenständiges Vernetzen zu regelmässi-
gen Mustern, zu einer Art mehrdimensionaler
Wissenskarten. In diesen Karten und den Mög-
lichkeiten ihres Zusammenspiels ist ein grosser
Teil der Erfahrungen unseres Lebens gespei-
chert. Solche Karten bilden sich nur durch Lern-
prozesse, sie sind erfahrungsabhängig.
Einmal angelegte Karten passen sich im Laufe
des Lebens dauernd an die Erfordernisse und
frisch Gelerntes an. Lernt ein Mensch Blinden-
schrift, dann vergrössert sich der Bereich, der in
der Grosshirnrinde für die Fingerkuppe des rech-
ten Zeigefingers zuständig ist. Bei Musikern ist
die akustische Karte für Töne 25 Prozent grösser
als bei Nichtmusikern. In der Hirnrinde von
Trompetern sind Trompetentöne, in der von
Geigern Geigentöne weitflächiger repräsentiert –
wohl aufgrund des Übens.
Die Fähigkeit, quasi beliebige Informationen zu
verknüpfen, zeichnet den menschlichen Geist
aus, aber ebenso die Fähigkeit, die Fülle zu
bändigen und in sinnvolle Bahnen zu lenken.
Diese vielfältigen Aktivitäten
bedeuten, dass das Gehirn Teile
und Ganzheiten parallel wahr-
nimmt und erzeugt, in innigem
Wechselspiel der Ebenen und
Aspekte.
Fakten sollten deshalb stets mit
Blick auf das Ganze erarbeitet
werden und das Ganze im Licht
der Details. Das klappt besonders
gut, wenn zentrale Grundideen in mehreren
Durchgängen auf immer neuer Ebene und aus
immer neuen Blickwinkeln behandelt werden.
Das Hirn ist stark mit sich selbst be-
schäftigt
Die Grösse des Grosshirns ist durch die vielen
unter der Hirnrinde verlaufenden Nervenäste
verursacht, die Nervenzellen miteinander ver-
binden. Ohne diese Faserbündel hätte das
Grosshirn nicht mehr Volumen als eine kleine
Faust. Die Menge der Fasern, die ins menschli-
che Gehirn hinein- und hinausgehen, beträgt nur
etwa ein Hunderttausendstel der internen Ver-
bindungen.
Im Innern sind die Verbindungen stark ausge-
prägt. Jede Hirnzelle steht mit jeder beliebigen
anderen über wenige Zwischenschritte in Kon-
takt. Jede Zelle kann Signale von etwa 10000
Neuronen empfangen und Signale an etwa
10000 andere übermitteln. Diese Möglichkeit zur
Vielfalt ist eine der elementaren Voraussetzun-
gen für jede Geistestätigkeit insbesondere für
Fantasie und Kreativität.
lernen lernen
4
Viele Bezugspunkte und Assoziationen
verbessern die Leistung
Das Hirn versteht und lernt, wie es scheint,
umso besser, je mehr Beziehungen es zu einem
Thema herstellen kann. Deshalb müssen Lehr-
und Lerninhalte zwingend vielfältige Zugänge
aufweisen und mehrkanalige, kognitive und
emotive Verarbeitungsformen miteinander kom-
binieren, um an möglichst vielen Orten im Hirn
Spuren zu hinterlassen.
Wir lernen nur das, was interessant ist. Einzel-
fakten attraktiv zu präsentieren oder in Form
eines Rätsels finden zu lassen, ist deshalb ge-
wiss ein guter Ratschlag fürs Lernen. Geschich-
ten und Zusammenhänge treiben uns um, nicht
Fakten.
Das durch die Medienvielfalt so beliebte „Info-
tainment“ regt nur zum neugierigen Konsumie-
ren an, hinterlässt kaum dauerhafte Spuren. Im
Unterricht muss „Edutainment“ dafür sorgen,
dass sich die Lernenden aufmerksam mit dem
Lerngegenstand beschäftigen, nur so wird nach-
haltiges Lernen ermöglicht. Je aufmerksamer wir
uns mit etwas beschäftigen, umso grösser ist die
Chance, dass wir uns später daran erinnern.
Sich in ein Thema zu vertiefen, kann schon Ler-
nen bedeuten. Das Lernen geschieht dabei ge-
wissermassen ohne Absicht.
Motivation
Interesse, Einsicht und Sinn sind die
wahren Motivatoren
Neurobiologische Erkenntnisse führen in Variati-
onen stets zu den gleichen Schlussfolgerungen:
Das Gehirn ist kein Computer, in dem man Be-
liebiges speichern kann. Menschliches Lernen ist
geleitet von Interesse, von der Suche nach Ein-
sicht und Sinn. Aktives Handeln und Forschen,
Erfahrung mit allen Sinnen und intellektuellen
Fähigkeiten erleichtern diese Suche, ebenso
vielfältige Vernetzung sowie eine unterstützende
emotionale und mitmenschliche Atmosphäre.
Fehler sind wichtig – ohne Angst Fehler machen
dürfen ist für das Lernen des Richtigen zentral.
Denn viele Fehler entstehen gerade, wenn kaum
verstandene Regeln blind angewendet werden.
Die Lust am Wissen
Unser Gehirn motiviert sich vielfach selbst zum
Lernen. Kinder sind von Natur aus neugierig und
haben Freude an Herausforderungen. Sie fragen
unermüdlich. Sie beschäftigen sich voller Hinga-
be mit den Objekten ihrer Entdeckerfreude, sind
lustig, originell und kreativ. Was machen Schu-
len falsch, wenn manche Kinder, die sich längst
geistvolle Rechentricks beigebracht haben, beim
Einmaleins versagen; wenn andere, die sich
spannende Geschichten ausdenken konnten, im
Aufsatz miese Noten nach Hause bringen; wenn
ihre Begeisterung sich auf alles Mögliche be-
zieht, doch selten auf die Themen des Unter-
richts?
lernen lernen
5
Das Lernen passiert eher nebenbei
Neurobiologen haben herausgefunden, dass
Kinder zwar mit Feuereifer die Welt begreifen
möchten, sich aber für das Lernen als solches
erst einmal wenig begeistern. Noch weniger,
wenn andere es von ihnen erwarten. Überspitzt
gesagt: Unser Hirn ist so gebaut, dass Lernen
uns kaum interessiert. Was uns aber antreibt,
ist, uns selbst und die Welt zu erkunden und zu
begreifen, herausfordernde Aufgaben zu bewäl-
tigen. Und wenn wir dies tun, lernen wir auch -
nebenbei, gewissermassen. Dies gilt ebenso für
die Erwachsenen, nur ist es diesen schwieriger
beizubringen. „Lernen Sie wie die Kinder“ wäre
ja die richtige Empfehlung.
Wie weckt man Lernmotivation?
Die verbreitete Demotivation hängt mit dem
Grundproblem der Ausbildung zusammen, dass
zuerst Eltern, Gesellschaft und später auch die
Unternehmen vom Einzelnen Verhaltensweisen,
Kenntnisse und Leistungen erwarten, die er nicht
unbedingt von selbst anstrebt. Daraus folgt dann
Problem Nummer zwei: Wie lassen sich Lernen-
de dahin bringen, zu tun, was ihre Ausbildner für
richtig halten? Wie lassen sie sich motivieren?
„Interesse wecken, Lob und Tadel verteilen“,
lautet das gängige Konzept.
Lehrstoff in kleinen Portionen
Bis vor kurzem galt weithin diese „Verstärker-
theorie des Lernens“: Wofür ein Lebewesen
belohnt wird, das wiederholt es, und wofür es
bestraft wird, das lässt es sein. Die Zauberfor-
mel für das menschliche Lernen schien gefun-
den: Am besten lernt man, wenn der Stoff, gut
verdaulich, in kleinen Portionen dargeboten
wird. Beherrscht der Lernende eine solche Porti-
on, so gibt's dafür ein Lob; wenn nicht, muss er
sich am gleichen Stoff erneut versuchen, bis
alles „sitzt“. Das wirkt wirklich, doch nur kurz-
fristig, gleicht es doch eher einer Dressur als
lebensgerechtem Lernen. Unterdessen weiss
man mehr. So hat die moderne Neurobiologie
ein weiteres Belohnungssystem entdeckt, und
zwar ein hirneigenes. Und dies spielt die wirklich
entscheidende Rolle für das Lernen.
Motivationsdroge im Hirn
Forscher haben mittlerweile die Komponenten
und die Funktion dieses Systems detailliert auf-
geklärt: Tief im Inneren des Grosshirns verbirgt
sich eine Ansammlung von Neuronen, deren
„Ausgangskabel“, die Axone, bis in die Gross-
hirnrinde hinter der Stirn, reichen, zum Teil auf
direktem Wege, zum Teil über eine Zwischensta-
tion. An beiden Stellen setzen die Neuronen
jeweils den chemischen Botenstoff Dopamin frei.
Wenn das Spass-Signal funkt
Die genannte Zwischenstation ist ein wichtiges
Lustzentrum. Sie signalisiert den anderen Hirn-
teilen: „Das macht Spass!“ Und wenn etwas
Spass macht, dann wird es gelernt und immer
wieder angestrebt. Aus dieser Zwischenstation
reichen die Neuronen mit ihren Ästen ebenfalls
in die Grosshirnrinde und schütten dort hirnei-
gene Opiate aus, also Moleküle jener Stoffklas-
se, zu der auch Drogen wie Opium, Morphium
und Heroin gehören.
Ohne Dopamin kommt keine Freude auf
Diese Opiate sorgen nicht nur dafür, dass wir als
angenehm empfinden, was uns gerade beschäf-
tigt, sondern sie beeinflussen Nervenzellen im
Grosshirn auch derart, dass diese ihre momen-
tane Aktivität fortsetzen und festigen, also ler-
nen. Das Dopaminsystem scheint vor allem dann
zu feuern, wenn etwas geschieht, das besser ist
als erwartet. Dopamin ist die Substanz der Neu-
lernen lernen
6
gier und der Suche nach Neuigkeit. Dazu passt,
dass Mangel an diesem Stoff zu allgemeiner
Interesse- und Lustlosigkeit führt. Aus all dem
scheint auf den ersten Blick die pädagogisch-
andragogische Devise zu folgen: „Möglichst viel
loben und unterstützen!“ Allerdings ist zu beach-
ten, dass wer beispielsweise stets die gleichen
guten Lernenden und Studenten lobt, der frust-
riert den Rest.
Das Gelernte nicht vergessen
Der grosse Gedächtnisschwund
Selbst guten Lernenden entschwindet nach Prü-
fungen häufig mehr oder weniger alles, was sie
sich fleissig eingeprägt haben. Ist der grosse
Schwund zwangsläufig, da wir Menschen eben
vergesslich sind? Das Gehirn verliert in der Aus-
bildung Gelerntes unter anderem deshalb, weil
mit Absolvieren der Prüfung der Kontext, in dem
das angesammelte Wissen einen Zweck hatte,
verschwunden ist. Was folgt daraus? Bestimmt
nicht, dass Lob und Tadel keinen Platz mehr
haben in einer menschengerechten Ausbildung.
Doch viel wichtiger ist die unmittelbare Freude
an sinnvoller Tätigkeit.
Themen müssen faszinieren
Es ist also gut, Lob und Tadel äusserst sparsam
und bedacht austeilen und stattdessen, wo im-
mer möglich, auf die Kraft und Faszination der
Themen zu setzen. Lust und Freude an einem
Thema signalisieren dem Gehirn, ebenso wie Lob
und Tadel, dass sich eine weitere Beschäftigung
lohnt, nur eben nachhaltiger. So kristallisiert
sich heraus, was ein Mensch wichtig findet im
Leben und worum er sich bemüht – letztlich sein
Lebenssinn. Unser Denkorgan arbeitet dabei als
eine Sinnsuch- und Sinnkonstruktionsmaschine.
Welchen Sinn es im Allgemeinen und im Beson-
deren für sich sucht und konstruiert, hängt von
seinen Erfahrungen ab.
Die Kraft des vernetzten Denkens
Besonders effektiv und anhaltend prägen wir uns
Inhalte ein, die in grössere Zusammenhänge
eingebettet sind. Moderne Didaktiken versuchen,
die Kraft der Vernetzung mehr und mehr zu
nutzen – etwa durch Lernen mit allen Sinnen.
Fruchtbares Lernen bedeutet danach nicht, Fak-
ten und Regeln anzuhäufen, sondern das Wis-
sensnetz über die gesuchte Sinnhaftigkeit zu
knüpfen. Nicht die durch die Lehrer mit Lob und
Tadel und durch Prüfungsstress aufgebauten
Wissensfaktenfriedhöfe bereichern uns wirklich
und machen schlussendlich Intelligenz, Kreativi-
tät und Brillanz der vielseitigen Persönlichkeit
aus. Nur durch eigenes Forschen, sich Erarbeiten
und Erfahren konstruierte Hirnwissensnetze
erweisen sich als solide, da sie tief im individuel-
len Wissen verankert und gleichzeitig im ganz
persönlichen Lernstil und -tempo entstanden
sind.
Impressum
Autoren: Anton Wagner
Herausgeber: kik AG / ITS
Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG
© kik business academy
lernen lernen
1
Lerntypen
Lernende Menschen lassen sich danach unter-
scheiden, welchen ihrer Sinne sie bevorzugt
benützen.
Es gilt also herauszufinden, welcher Lern-
typ jemand ist. Um erfolgreich lernen zu
können, ist es hilfreich, den persönlichen
Lernstil des Lernenden zu kennen, um
dementsprechend den Lernstoff aufzube-
reiten. Man braucht dafür nicht unbedingt
einen psychologischen Test um herauszu-
finden, welcher Lerntyp man ist, meist
genügt es, sich selber einmal beim Lernen
zu beobachten und über seine Lernge-
wohnheiten nachzudenken.
Die Sinne
Wer von seinen Sinnen das Sehen bevor-
zugt, braucht Texte zum Lesen, Graphiken zum
Anschauen, braucht Bilder und Illustrationen,
um einen Lernstoff zu verstehen. Solche Men-
schen lernen am besten mit Überblickstafeln,
Übersichten, Lernplakaten. Sie brauchen meist
auch eine schöne Lernumgebung, um sich beim
Lernen wohlzufühlen.
Wer das Hören bevorzugt, lernt am besten,
wenn er den Lernstoff hören kann, wenn er ihn
auf Tonbandkassetten spricht, sich selbst den
Text laut vorliest oder einem anderen zuhört.
Solche Menschen führen oft Selbstgespräche und
fühlen sich durch Geräusche in der Lernumge-
bung schnell gestört.
Manche Menschen lernen durch das Tun am
leichtesten, also durch Ausprobieren, Rollenspie-
le, Vorzeigen, Erklären oder in Zusammenarbeit
mit anderen. Typisch für diese Menschen sind
viele Gesten und auch der innere Drang, sich
viel zu bewegen.
Wichtig für das Lernen ist schliesslich auch noch
das Sprechen. Es liegt irgendwo zwischen Hören
und Tun, denn
beim Reden hö-
ren wir uns selber
und bewegen
gleichzeitig unse-
re Lippen. Aller-
dings lässt sich
bei den Menschen
ein bevorzugter
Lernstil meist
nicht eindeutig
bestimmen. Fast
alle Menschen
sind Mischtypen.
Genau das hat
Konfuzius nun
entdeckt: beim
Lernen ist eine
Verbindung der verschiedenen Sinne am güns-
tigsten, ganz unabhängig davon, welcher Typ
man ist. Schliesslich sollten wir alle unsere Sinne
möglichst auch nutzen.
Nach Forschungen der wissenschaftlichen Psy-
chologie wächst also der Lernerfolg, wenn wir
unsere Sinne beim Lernen sinnvoll zusammen-
arbeiten lassen. Am einfachsten lässt sich das in
einer Tabelle darstellen:
% des Gelernten
Hören 10 bis 20
Sehen 15 bis 30
Hören + Sehen 25 bis 40
Hören + Sehen + Reden 30 bis 70
Hören + Sehen + Reden + Tun bis 90
lernen lernen
2
Arten des Lernens
Wer lernt, nimmt Informationen über seine Sin-
nesorgane auf. Über diese Sinnesorgane gelangt
der Lernstoff in das Gedächtnis. Da die einzelnen
Sinnesorgane bei jedem Menschen unterschied-
lich beschaffen sind und es gerade beim Lernen
Gewohnheiten und Vorlieben gibt, lernt jedes
Kind und jeder Erwachsene auf seine eigene,
unverwechselbare Art. Kein Mensch ist wie der
andere; kein Mensch lernt wie der andere. Zu
unterschiedlich sind die Interessen, das Tempo
und die Lernvoraussetzungen, als dass es eine
für alle Menschen stimmige Lernmethode geben
könnte.
Mehrkanaliges Lernen
Beim Lernen spielen die Sinne eine wichtige
Rolle. Untersuchungen haben ergeben, dass wir
Informationen besser aufnehmen und länger
behalten, wenn sie uns über mehrere Wahrneh-
mungskanäle erreichen. Wenn wir etwas nur
hören, haben wir binnen kurzer Zeit etwa 80%
wieder vergessen. Wird ein Text gelesen oder
ein Bild betrachtet, beträgt die Vergessensrate
70%. Wenn wir hören und sehen, wenn wir den
Lernstoff also akustisch und visuell aufnehmen,
können wir uns nach kurzer Zeit immerhin noch
an die Hälfte erinnern.
Dieser Erfolg lässt sich steigern: Wird gleichzei-
tig hörend, sehend und sprechend gelernt, sinkt
die Vergessensrate auf 30%. Am effektivsten
lernt, wer Hören, Lesen, Sprechen und Schrei-
ben kombiniert. In diesem Fall werden nur 10%
vergessen oder positiv ausgedrückt: 90% kön-
nen wieder abgerufen werden, haben also den
Weg ins Gedächtnis gefunden. Reiner Frontalun-
terricht ist demnach die ungünstigste Unter-
richtsform. Unterricht, der viele Sinne mobili-
siert, ist dagegen lern-, leistungs- und motivati-
onsfördernd.
Suggestopädie - Lehren und Lernen
mit allen Sinnen
Suggestopädie ist eine Lehr- und Lernmethode,
die Lernen mit allen Sinnen ermöglicht. Sie geht
auf den bulgarischen Psychiater Georgi Lozanov
zurück. Lernfördernde Elemente sind der Einsatz
von Musik und Entspannungsübungen, das Ein-
beziehen des Körpers durch Rollenspiele und
Bewegungsübungen sowie das spielerische Erar-
beiten von Lerninhalten. Die unterschiedlichen
Lernkanäle, das Bewusstsein und das Unterbe-
wusstsein werden gleichermassen angespro-
chen. Auf diese Weise ermöglicht suggestopädi-
scher Unterricht jedem Lernenden die zum je-
weiligen Lerntyp passende Aufnahme und Ver-
ankerung von Informationen. Suggestopädie ist
eine sehr individuelle Unterrichtsform. Weil sie
alle Lerntypen gleichermassen anspricht, kann
sie leicht in der Gruppe durchgeführt werden.
lernen lernen
3
Welcher Lerntyp?
Jeder sollte seinen Lerntyp kennen! Wer seinen
Lerntyp kennt und ihn beim Lernen berücksich-
tigt, kann Informationen schneller und nachhal-
tiger aufnehmen. Die für das reine Lernen auf-
gewendete Zeit lässt sich verkürzen und die
Chance, dass man sich im passenden Moment an
das Gelernte erinnert, steigt. Kurz: Wer mehr
über seine Art zu lernen weiss, lernt effektiver.
Am Lernprozess sind viele Sinnesorgane betei-
ligt, und diesen Sinnesorganen kann jeweils
einer der nachfolgenden Lerntypen zugeordnet
werden.
Auditiver Lerntyp
Der auditive Lerntyp lernt vorwiegend über das
Hören und Sprechen. Man erkennt ihn daran,
dass er beim Lernen die Lippen bewegt oder den
Lernstoff laut vor sich hersagt. Auditiv lernende
Kinder können schon nach kurzer Zeit Hörspiel-
kassetten auswendig wiedergeben. Auch Gedich-
te und Melodien prägen sich ihnen zur Freude
ihrer Lehrer schnell und dauerhaft ein. Lernende
dieses Lerntyps verfügen über eine gute Auffas-
sungsgabe. Sie hören aufmerksam zu, erzählen
hervorragend nach und können gut kombinieren.
Visueller Lerntyp
Der visuelle Lerntyp verlässt sich auf das, was er
sieht. Er nimmt Informationen besser auf, wenn
er ein Bild hat oder sich eines machen kann.
Man erkennt visuelle Lerntypen daran, dass sie
sich häufig Notizen machen oder Skizzen anfer-
tigen. Fragt man sie, wo was in ihrem Hefter
steht, müssen sie nicht lange suchen. Diese
Lerntypen können sich gut an Details erinnern.
Sie arbeiten genau und ordentlich. Ihre Sprache
und ihre Träume sind meist bilderreich, farbig
und voller Details. Lesen und Puzzeln zählen zu
ihren Hobbys.
Motorischer Lerntyp
Der motorische Lerntyp ist ein Anpacker - kei-
ner, der zögert oder lange nachdenkt. Er lässt
sich von seinen Gefühlen leiten und setzt Impul-
se sofort in Aktionen um. Diese Menschen sind
praktisch veranlagt, bewegen sich gerne und
begreifen auch das Lernen als einen aktiven
Vorgang. Im Unterricht stehen sie bei Versuchen
in der ersten Reihe und legen am liebsten selbst
Hand an. Man erkennt diesen Lerntyp daran,
dass er beim Erzählen auch seine Hände spre-
chen lässt, überdurchschnittlich lange die Finger
beim Rechnen benutzt und gerne Kaugummi
kaut. Im Kinderzimmer des motorischen Lerners
stehen häufig Modellflugzeuge, Chemiebaukäs-
ten oder andere Zeugnisse starker Experimen-
tierfreude.
Kommunikativer Lerntyp
Der kommunikative Lerntyp ist ein guter Redner
und ein noch besserer Zuhörer. Bei Lehrern ist
er besonders beliebt, weil er den Unterricht aktiv
mitgestaltet. Er neigt dazu, gut durchdachte
Fragen zu stellen und Glaubenssätze zu hinter-
fragen. Sein sympathisches Wesen kommt auch
bei den MitLernenden gut an: Häufig wird er
zum Klassensprecher gewählt, um Rat gefragt
oder er bringt sich bei Streitigkeiten selbst als
Schlichter ein. Der kommunikative Lerntyp lernt
gerne und gut im Austausch mit anderen. Er hat
einen grossen Freundeskreis und engagiert sich
häufig frühzeitig in der Politik oder im Umwelt-
schutz.
lernen lernen
4
Personenorientierter Lerntyp
Der personenorientierte Lerntyp ist in hohem
Masse auf eine sympathische und fähige Lehr-
kraft angewiesen. Am liebsten wäre ihm Einzel-
unterricht. Diese Lernende sitzen gerne in der
Nähe des Pults. Selbst auf dem Pausenhof su-
chen sie Kontakt zu bestimmten Lehrern. Wenn
dieser Lerntyp einen guten Draht zu seiner Lehr-
kraft hat, lernt er so gut wie alles. Ist das Ver-
hältnis zum Lehrer jedoch schlecht, kann er sein
volles Potential nicht entfalten. Der personenori-
entierte Lerntyp neigt zu Leistungsschwankun-
gen und Selbstzweifeln. Er hat wenige oder
keine Freunde, spielt meist alleine in seinem
Zimmer und grübelt häufig.
Medienorientierter Lerntyp
Der medienorientierte Lerntyp lernt gut mit
technischen Medien. Im Grunde braucht er keine
Lehrer, ist er doch in der Lage, sich die meisten
Lehrinhalte von virtuellen Lehrern vermitteln zu
lassen. Man erkennt diesen Lerntyp an seiner
andauernden Begeisterung für technische Zu-
sammenhänge. Er nutzt audiovisuelle Medien
und den Computer nicht nur zum reinen Spiel,
sondern zieht echten Nutzen daraus. Der me-
dienorientierte Lerntyp hat schon frühzeitig
einen Computer, Lernprogramme und einen
Videorecorder auf der Wunschliste.
Mischtypen
Soweit die Theorie. In der Praxis treten diese
Lerntypen selten isoliert auf. Es gibt eine Viel-
zahl von Verknüpfungen der grundlegenden
Lerntypen. Wenn Sie sich oder Ihr Kind in meh-
reren dieser Beschreibungen wiedergefunden
haben, gehören auch Sie Mischtypen an. Mit
Schubladendenken wird man gerade in der Pä-
dagogik niemandem gerecht. Patentrezepte gibt
es nicht. Und dennoch: Es gibt zu jedem dieser
Lerntypen Regeln, nach denen die Lehr- und
Lernmethoden abgestimmt werden sollten, um
einen maximalen Lerneffekt zu erreichen.
Wie lernt jeder Lerntyp am
effektivsten?
Menschen nehmen Lerninhalte auf unterschiedli-
chen Wegen auf. Und sie verarbeiten diese In-
formationen auf ihre ganz persönliche Art und
Weise. Individuell verschiedene Erbanlagen,
Umwelteinflüsse und Erfahrungen beeinflussen
unsere Art zu lernen.
Auditiver Lerntyp
Auditive Lerntypen haben mit reinem Frontalun-
terricht am wenigsten
Probleme. Sie hören gerne zu
und saugen Informationen mit
den Ohren auf. Musik beim
Lernen – wovon die meisten
Lehrer eher abraten - kann
der Produktivität des auditiven
Lerners Flügel verleihen. Er
sollte Lerntexte laut lesen,
damit sich Inhalt, Klang und
Melodie des Schulstoffs besser
einprägen. Auch das Aufnehmen von Vokabeln
oder Gedichten mit Hilfe eines Kassettenrekor-
ders ist empfehlenswert. Lassen Sie Ihr Kind
diese Aufnahmen in einem entspannten Zustand
anhören, sprechen Sie möglichst oft über Lern-
inhalte und nehmen Sie interessante Dokumen-
tationen im Radio auf.
Visueller Lerntyp
Visuelle Lerntypen verlassen sich beim Lernen in
erster Linie auf die Augen. Für sie müssen In-
formationen übersichtlich und optisch anspre-
chend aufbereitet sein. Wesentliches sollte mit
Textmarkern hervorgehoben werden. Zeichnun-
gen oder Skizzen können selbst komplizierte
Textaufgaben einfach erscheinen lassen. Der
visuelle Lerner sollte im Unterricht mitschreiben.
So schlägt er eine Brücke zwischen dem auditi-
ven, dem motorischen und dem bei ihm beson-
ders stark ausgeprägten visuellen Kanal. Visuelle
Lerner lesen gerne. Diese Leidenschaft können
Sie mit regelmässigen Besuchen in Büchereien
und Buchhandlungen fördern. Wichtig ist auch
eine ansprechende Lernumgebung: Ein aufge-
lernen lernen
5
räumter Schreibtisch, dem eigenen ästhetischen
Empfinden entsprechende Wohnaccessoires und
genug Platz zum Aufhängen von Lernpostern
sind ein Muss.
Motorischer Lerntyp
Motorische Lerntypen können nicht mehr als
eine halbe Stunde am Stück am Schreibtisch
sitzen. Ihr Bewegungsdrang sollte und kann
nicht unterdrückt werden. Besser ist es, die
Unruhe in sinnvolle Bahnen zu lenken. So hilft es
motorischen Lernern, wenn sie beim Auswendig-
lernen von einer Zimmerecke in die andere ge-
hen. Jeder Schritt kann dabei für ein Wort oder
eine Strophe stehen. Das gleichzeitige Ausspre-
chen der Lerninhalte verbindet den motorischen
mit dem auditiven Kanal. Mancher Stoff lässt
sich auch gestisch oder szenisch darstellen oder
man probiert zu Hause einfach aus, worüber im
Unterricht gesprochen wurde. Vielen hyperakti-
ven Kindern ist geholfen, wenn sie während des
Lernens in einer Hängematte schaukeln dürfen.
Kommunikativer Lerntyp
Kommunikative Lerntypen bringen sich gerne
aktiv in den Unterricht ein. Sie lernen am liebs-
ten in einer Gruppe von Gleichgesinnten, mit
denen sie sich über den zu lernenden Stoff aus-
tauschen können. Eine gute Lernmethode ist die
Quizshow: Jedes Mitglied der Lerngruppe
schreibt Fragen zum aktuellen Lernstoff auf
Karteikarten. Die Karten, auf denen jeweils im-
mer nur eine Frage steht, werden zugedeckt auf
den Tisch gelegt.
Jeder Mitspieler zieht reihum eine Karte und
versucht, eine möglichst gute Antwort zu
finden. Kann die Frage ohne jegliche Hilfen
beantwortet werden, gibt es zwei Punkte;
muss nachgeschlagen werden, nur einen.
Falsche oder keine Antworten schlagen mit
null Punkten zu Buche. Der Gewinner darf
bestimmen, wer das nächste Treffen
ausrichtet. Wenn Sie mit Ihrem Kind alleine
sind, sollten Sie möglichst oft das Gespräch
suchen. Nehmen Sie bei gesellschaftlichen
Themen ab und zu eine provozierende Haltung
ein. Widersprechen Sie. So bringen Sie den
Teilnehmern bei, sich aktiv mit Informationen
auseinanderzusetzen und bestehende Glaubens-
sätze zu hinterfragen.
Personenorientierter Lerntyp
Personenorientierte Lerntypen sind in besonde-
rem Masse auf ein gutes Verhältnis zur Lehrkraft
angewiesen. Häufig schwanken sie zwischen
zwei Extremen: Entweder ist der Lehrer ganz toll
oder er ist total blöd. Eltern können ihren Kin-
dern helfen, eine allzu negative Haltung gegen-
über Lehrern abzubauen: Reden Sie nicht
schlecht über die Lehrer Ihres Kindes, auch
wenn Sie Grund zum Klagen haben. Machen Sie
deutlich, dass auch Lehrer Launen haben und
ungerecht sein können, aber dass es sich trotz
allem lohnt, offen und freundlich zu bleiben.
Medienorientierter Lerntyp
Medienorientierte Lerntypen haben ihr techni-
sches Verständnis mit der Muttermilch aufgeso-
gen. Im Umgang mit dem Computer sind sie
geborene Autodidakten. Lernprogramme dürfen
nicht zu einfach sein, denn dieser Lerntyp
braucht echte Herausforderungen. Nutzen Sie
neben CD-Roms auch das Internet, Videofilme,
Fernsehbeiträge, Presseerzeugnisse und Bücher.
Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht verein-
samt. Öffnen Sie Ihr Haus für Klassenkameraden
und Freunde. Regen Sie die Bildung von Arbeits-
gruppen an. Auch dieser Lerntyp ist trotz aller
Liebe zu Medien ein soziales Wesen.
lernen lernen
6
Lerntypen-Test
Dieser Test gibt Aufschluss, wie Sie am besten lernen!
Wie lerne ich am besten? Was ist die beste Lerntechnik? Diese Fragen haben sich Lernende
schon oft gestellt und es ist gar nicht so leicht, eine Antwort darauf zu finden. Aber es gibt
einige Hinweise, wie diese Antwort lauten kann, denn Menschen unterscheiden sich beim
Gebrauch ihrer Sinnesorgane und der Verarbeitung von Lernstoff im Gehirn deutlich vonein-
ander. Diese Unterschiede kann man auf persönliche Merkmale, Gewohnheiten und bisherige
Erfahrungen zurückführen.
Das Wissen um solche Unterschiede ist deshalb von Bedeutung für das Lernen, weil sich
manche Menschen mit einer Lerntechnik plagen, die für sie nicht unbedingt die günstigste
ist. Weiss man aber, mit welcher Methode einem das Lernen leichter fällt, kann man versu-
chen, diese gezielt häufiger einzusetzen, um so rascher und effizienter zum Erfolg zu finden.
Wählen Sie bei den folgenden zehn Fragen immer jene zwei Antworten aus, die für Sie am
ehesten zutreffen. Achten Sie bitte darauf, dass Sie bei jeder Frage nur zwei Antworten an-
streichen, also immer zwei Antworten mit einem Kreuzchen versehen sind!
Die Auswertungen werden wir dann für Sie vornehmen und Ihnen zustellen.
Auf gutes Lernen!
lernen lernen
7
1 Sie besuchen in einer fremden Stadt einen Freund. Er kann Sie aber nicht am Bahnhof abholen und Sie müssen selbst den Weg zu ihm finden. Am meisten helfen würde Ihnen
ein Stadtplan, den Sie sich am Kiosk kaufen
ein freundlicher Mensch, der Sie begleitet
die genaue Beschreibung des Weges im letzten Brief des Freundes
die genaue Erklärung des Weges durch einen Ortskundigen
2 Sie sind nicht ganz sicher, ob man korrekt "parallel", "paralell oder "parallell" schreibt. Sie würden
das Wörterbuch aus dem Büchergestell holen und darin nachschlagen,
die Augen schliessen und sich das geschriebene Wort im Schriftbild vorstellen,
Sich den Klang des Wortes vorstellen und es ein paar Mal aussprechen,
das Wort blind und rasch auf ein Blatt Papier schreiben, ohne zu denken.
3 Sie haben im Kurs das Thema für eine Projektarbeit, einen Businessplan zu schreiben, erfah-ren. Sie möchten Ihre Kollegin, die gefehlt hat, darüber informieren. Sie würden
sie sofort anrufen und ihr alles am Telefon erzählen
ihr ein E-Mail mit der genauen Beschreibung der Aufgabe schicken
ihr die Projektaufgabe anhand eines Beispiels zeigen
ihr bei einem Treffen mitteilen, wie man bei dieser Projektarbeit profitieren kann
4 Sie planen für Ihr Geburtstagsfest, zu dem Sie viele Ihrer Freunde einladen möchten, eine be-sonderes Dessert. Sie würden
etwas Ihnen gut Bekanntes, das sicher gelingt, ohne Kochbuch zubereiten
ein bebildertes Kochbuch durchblättern und sich anregen lassen
Freunde anrufen und sie nach ihren Lieblingsdesserts fragen
alle Rezepte in einem Ihrer Kochbücher genau durchlesen, um zu entscheiden
5 Sie sollen mit Kurskollegen eine Zoobesichtigung planen. Sie würden
vorher hinfahren und sich vor Ort umschauen
sich einen bebilderten Prospekt mit einem Plan besorgen
ein spannendes Buch über die Tiere lesen, die es in diesem Zoo gibt
jemanden aus dem Tierpark anrufen und sich beraten lassen
6 Sie möchten sich eine neue Musikanlage für Ihr Wohnzimmer anschaffen. Was würde Ihre Entscheidung am meisten beeinflussen?
was Ihnen der Verkäufer darüber erzählt hat
die Informationen in der Beschreibung der Geräte
selber im Verkaufsgeschäft mit den Knöpfen an der Anlage probieren zu können
dass die Anlage zu Ihrer Wohnungseinrichtung passt und gut aussieht
lernen lernen
8
7 Stellen Sie sich vor, ein Ausserirdischer fragt Sie, wie eine moderne Kaffeemaschine funktio-niert. Wie erklären Sie die Maschine?
Sie zeichnen die Maschine auf ein Blatt und erklären ihm die wichtigsten Teile
Sie gehen mit ihm anhand der schriftlichen Betriebsanleitung den Ablauf Schritt für Schritt durch
Sie erklären ihm mit einfachen Worten detailliert den Ablauf des Kaffeekochens
Sie kochen Kaffee für ihn und lassen ihn dann die Maschine ausprobieren
8 Sie möchten, dass Sie eine Bekannte aus der gleichen Stadt, die den Weg zu Ihnen nicht kennt, besucht. Sie würden
ihr die Kopie eines Stadtplans mit eingezeichnetem Weg schicken
ihr am Telefon eine genaue Beschreibung des Weges geben
sie von ihrer Wohnung abholen
ihr ein SMS oder E-Mail mit einer genauen Beschreibung schicken
9 Sie möchten sich ein neues Fachbuch für einen Kurs kaufen, aber die Auswahl ist gross. Was würde Ihre Auswahl am meisten beeinflussen?
das Fachbuch zur Probe zu haben und einige Zeit benutzen zu können
die mündliche Empfehlung durch den Buchhändler
das genaue Durchlesen von einzelnen Stichwörtern und des Inhaltsverzeichnisses
dass es eine übersichtliche und mit Bildern unterstützte Darstellung hat
10 Sie bevorzugen Dozenten und Fachlehrer, die beim Unterricht vorwiegend
Arbeitspapiere und Lehrbücher einsetzen, weil man alles nachlesen kann
Projekttage oder Besichtigungen durchführen, da man hier den Stoff miterlebt
Powerpoints, Filme und Folien verwenden, weil Bilder alles anschaulicher machen
mit der Kursklasse diskutieren, weil man dann Unklarheiten besser klären kann
Kurs (genaue Bezeichnung)
____________________________________________________________________
Vorname, Name ____________________________________________________________________
Geschlecht männlich weiblich
Ihr Alter
21 bis 25 Jahre 26 bis 30 Jahre
31 bis 40 Jahre 41 bis 50 Jahre
51 bis 60 Jahre
Ihre Vorbildung
Berufsschule, Berufsdiplom
Kaufmännische Schule, Betriebswirtschaft
Matura, Berufsmaturität, Bac
Universität, Fachhochschule, Master
berufliche Tätigkeit (genaue Bezeichnung)
_________________________________________________________
lernen lernen
9
5.5.1 Übersicht Lerntypen
Auditiver Lerntyp
Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen
hören und sprechen bewegt beim Lernen die Lippen oder sagt den Lernstoff laut vor sich her
• gute Auffassungsgabe, kann schon nach kurzer Zeit Hörspiele, Gedichte und Melo-dien auswendig wiedergeben
• kann aufmerksam zuhören, • hervorragend nacherzählen, • gut kombinieren
Visueller Lerntyp
Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen
sehen macht häufig Notizen oder fertigt gerne Skizzen an
• verlässt sich auf das, was er sieht • kann sich gut an Details erinnern • arbeitet genau und ordentlich • Sprache und Träume sind meist bilder-
reich, farbig und voller Details • pflegt Lesen und Puzzlen als Hobbys
Motorischer Lerntyp
Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen
praktisches tun und sich bewegen
bewegt sich gerne und begreift Lernen als einen aktiven Vorgang
• lässt sich von Gefühlen leiten und setzt Impulse sofort in Aktionen um
• lässt beim Erzählen auch seine Hände sprechen, benutzt beim Rechnen oft und lange die Finger
Kommunikativer Lerntyp
Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen
sprachlich kommunizieren, reden
ist ein guter Redner und ein noch besserer Zuhörer
• gestaltet den Unterricht oft aktiv mit • lernt gerne mit anderen • hat einen grossen Freundeskreis • engagiert sich häufig frühzeitig in der Poli-
tik oder im Umweltschutz.
Personenorientierter Lerntyp
Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen
positive Beziehung gestal-ten
ist ein guter Redner und ein noch besserer Zuhörer
• ist auf sympathische und fähige Lehrkraft angewiesen
• neigt zu Leistungsschwankungen und Selbstzweifeln
• hat wenige oder keine Freunde • spielt meist alleine, grübelt häufig
Medienorientierter Lerntyp
Sinnesmodalität Erkennungsmerkmale Mögliche Verhaltensausprägungen
lernt gut mit technischen Medien
andauernde Begeisterung für technische Zusammenhänge
• nutzt audiovisuelle Medien und den Com-puter nicht nur zum reinen Spiel, sondern zieht echten Nutzen daraus
• kann sich die meisten Lehrinhalte von virtuellen Lehrern vermitteln lassen
• hat schon frühzeitig einen Computer, Lern-programme und einen Videorecorder auf der Wunschliste.
lernen lernen
10
5.6 Lern-Checkliste
Unser Hirn lernt nur dann leicht, wenn
• es eine unmittelbare Notwendigkeit für den Lernprozess feststellt
• der Lernvorgang nicht durch wichtigere lebensnotwendige Anforderungen gestört
bzw. überdeckt wird
• die Lernprozesse nicht zu grosse Verhaltensänderungen bewirken wollen
• kurzfristig hoher Lustgewinn in Aussicht steht
• das Lernen nicht von anderen, als primär eingestuften Vorgängen ablenkt
• der Lernvorgang keine Aggressionen beim Lernenden hervorruft
• der Lernvorgang eine deutliche Belohnung verspricht
Wichtige Lernvoraussetzungen
• Entspannung durch spezifische Übungen, Atemschulung
• Auflösen alter Stressprogramme und Lernbarrieren
• Körpersynchronisation durch besonders ausgewählte Musik
• angenehme Lernatmosphäre, anregendes Umfeld
• mehrfache Wiederholung der Übungen, passiv und aktiv
• gutes Lernmaterial und sorgfältig angefertigte spezifische Spiele
• positive Gemeinschaftserlebnisse um den Lerninhalt
Impressum
Autoren: Anton Wagner
Herausgeber: kik AG / ITS
Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG
© kik business academy
lernen lernen
1
Lernpraxis
Die Mitschrift
Warum überhaupt mitschreiben?
In einer Doppelstunde sagt ein Lehrer, den man
nicht unterbricht, zwischen 5.000 und 9.000
Wörter, führt höchstens zwei Dutzend neue
Tatsachen ein und versucht, vielleicht ein halbes
Dutzend Kerngedanken zu vermitteln. Der Rest
sind Erläuterungen, Beispiele, Veranschauli-
chungen, Wiederholungen, sprachliches Füllma-
terial, auch missglückte Formulierungen, Flos-
keln, weitergespon-
nene Gedanken und
sicher auch manches
Überflüssige.
Für den Lehrer ist
diese Mischung gar
nicht schwer, denn er
hat (hoffentlich) eine
klare Struktur seiner
Stunde vor Augen. Er
weiss zu jeder Zeit, was Kernsätze sind und was
Abschweifungen. Für den Lernenden ist das
natürlich anders, so dass es kommt, dass er
manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht
sieht.
Ein Fach jedoch, in dem man auf Dauer "über-
haupt nichts mitbekommt", gibt es nicht. Die
entscheidende Frage, die man nur für sich selbst
beantworten kann, ist vielmehr, wie viel Energie
man zu investieren bereit ist, um auf Dauer
"etwas mitzubekommen". Wichtig ist dabei in
jedem Fall, die Zusammenhänge dessen zu
erkennen, was man lernen will, soll oder muss.
Dass Mitschriften eine Hilfe gerade beim Über-
brücken von "Durststrecken", aber natürlich
auch langfristig gesehen fachlich wertvoll sein
können, zeigt das folgende Schaubild. Man muss
es links oben beginnen und dann im Uhrzeiger-
sinn lesen:
Beim Mitschreiben ist das Endprodukt eigentlich
gar nicht wichtig. Es hat nur einen Sinn, wenn es
den Vorgang des Strukturierens unterstützt.
Eine gute Aufzeichnung ist wie ein guter Fleisch-
extrakt: Isoliert ist sie ungeniessbar, aber auf-
gefüllt mit den eigenen Erinnerungsspuren und
dem vorhandenen Wissensbestand ergibt sich im
Idealfall wieder das Ausgangsprodukt. Wer die
Aufzeichnungen selbst erstellt hat, muss mit
ihrer Hilfe bei Bedarf den ursprünglichen Text
ausreichend detailliert wieder rekonstruieren
können.
"Anfänger" tun sich hier oft schwer und machen
typische Fehler:
• sie benutzen gebundene Hefte, in die
sich nichts nachtragen lässt;
• sie verwenden ungeeignete Papierfor-
mate (schlecht archivierbar!);
• ihre Notizen sind unübersichtlich und
ungegliedert (sie wandern schnell in
den Papierkorb);
• sie schreiben alles mit, verstehen in
Wirklichkeit überhaupt nichts und ver-
gessen später alles;
• sie schreiben nichts mit, verstehen an-
scheinend alles und wissen später
ebenfalls nichts.
Das Ziel kann nicht sein kann, ständig mitzu-
schreiben, denn zu viel hält vom Mithören und
Mitreden ab. Viele Schülerinnen und Schüler
aber haben von sich aus gar keine Neigung,
überhaupt etwas mitzuschreiben - und das ist
der sicherste Weg, den Unterricht wie eine Ne-
belbank an sich vorüberziehen zu lassen.
Um etwas zu lernen, muss das Gehirn es fixie-
ren, und da das Gehirn neuen Lernstoff meistens
nicht sofort codiert, muss man es zu Papier
bringen, um es später nochmals zu verarbeiten
(memorieren). Wer das Geschehen nicht für sich
festhält, für den ist es verloren. Es bleibt nur
eine vage Erinnerung, die zum genauen Merken
kaum mehr taugt, und zum wiederholenden
Lernen (z.B. als Vorbereitung auf Prüfungen)
überhaupt nicht!
lernen lernen
2
Kontinuierliches Mitschreiben dagegen ermög-
licht im Laufe der Zeit den Aufbau einer Kartei,
die im Folgenden eine Fülle von Aufgaben wahr-
nehmen kann.
Zwei Verfahren des Mitschreibens
Im Folgenden stelle ich zwei Verfahren der Un-
terrichtsmitschrift vor. Das Erste ist die traditio-
nelle Methode des "linearen Mitschreibens", die
man an Schulen und Universitäten meistens
kennen lernt und praktiziert. Ich selbst habe
bislang fast ausschliesslich damit gearbeitet. Das
zweite Verfahren („Mind Map“) richtet sich an
eher visuelle Lernertypen. Seitdem ich diese
Methode kenne, bemühe ich mich bewusst,
damit zu arbeiten, auch im Unterricht, denn mit
ihr scheint es möglich, grossen Lernstoff auf
wenig Raum so zu verschlüsseln, dass das Ge-
hirn ihn sich gut und lange merken kann.
Beide Verfahren schliessen einander aber nicht
aus. Es müsste problemlos gelingen, die eine
Mitschrift auch nachträglich noch in die andere
zu "übersetzen".
a. Die lineare Mitschrift
Hier kann ich mir eine "Einführung" - anders als
bei der Mind-Map- Technik - sparen, denn die
meisten schreiben "linear" mit, d.h. zeilenorien-
tiert von oben nach unten.
Grundregeln
Zur übersichtlichen Mitschrift gehören die fol-
genden Teile:
• Datum der Stunde
• Thema der Stunde
• Tafelmitschrift und/oder Lehrerdiktat
• Hausaufgaben
• Korrektur
• Randsymbole zur Markierung von Be-
sonderheiten
• Das Datum
Das Datum dient als Anhaltspunkt da-
für, wann ein bestimmtes Thema be-
handelt wurde. Es ist eine Erinnerungs-
stütze.
• Thema der Stunde
Die Benennung des Themas hilft erken-
nen, worum es in der Stunde geht. Das
erleichtert die Auswahl dessen, was
man in der Stunde ins Heft einträgt und
was später zu Hause - bei den
Hausaufgaben oder bei der Vorberei-
tung einer Klassenarbeit - wiederholt
werden muss. Einer Unterrichtsstunde
kann man besser folgen, wenn man
weiss, worauf der Unterricht hinaus-
läuft. Meistens sagen Lehrer das Thema
der Stunde nicht an. Man kann aber
seinen Lehrer darum bitten, es in Zu-
kunft zu tun, damit die Klasse besser
im Bilde und damit besser bei der Sa-
che ist.
• Tafelmitschrift und/oder Lehrerdik-
tat
Dies ist der entscheidende Teil der
Stundenmitschrift. Hier erscheint, was
Wichtiges an der Tafel steht oder was
der Lehrer ausdrücklich diktiert. Wenn
der Lehrer nicht von sich aus sagt, was
mitgeschrieben soll, sollte man nach-
fragen. Viele Lehrer (mich eingeschlos-
sen) sind von der Schülerfrage "Sollen
wir das mitschreiben?" oft genervt, a-
ber dies ist eigentlich eine der wichtigs-
ten Schülerfragen überhaupt. Denn sie
ist Ausdruck dafür, dass die Schüler
wirklich das Wichtige mitbekommen
wollen.
• Randsymbole
Mit kleinen Symbolen am Rande lassen
sich wichtige Informationen über den
Unterricht und den Lernstoff schnell
und sicher anbringen. Solche Symbole
können sein:
lernen lernen
3
Ich habe den Stoff verstanden.
Nicht begriffen. Nachfragen!
Beispielsätze, Beispielrechnungen
Hier ist mir ein Licht aufgegangen!
Sehr wichtiger Stoff!
Definition
Zusammenfassung Hier ergab sich eine Diskussion.
Hausaufgabe
Es empfehlen sich auch Strich-Punkt-Männchen. Etwa so:
Hat Spass gemacht!
war langweilig; automatisch erledigt
konnte die Aufga-be nicht gut
war schwer, hab's aber gepackt!
Weitere Tipps
Keine wörtliche Mitschrift! Stattdessen:
• Wichtige Punkte, neue Begriffe, 'Über-
schriften' in Stichworten
• Beispiele, gleichbedeutende Begriffe,
Querverweise, Besonderheiten usw.
diesen Hauptpunkten unterordnen
• Die wichtigen Begriffe auch grafisch-
optisch deutlich hervorheben und die
Zusammenhänge zwischen ihnen sicht-
bar werden lassen
• Übersichtlich schreiben, unterschiedli-
che Wichtigkeit durch unterschiedliche
Schriftgrösse verdeutlichen, unterstrei-
chen, farbig markieren
• Zusammenhänge in grafischer Form
strukturieren (Tabelle, Ablaufdia-
gramm)
• Nachträgliches Ergänzen, Berichtigen
und Verbessern von Mitschriften, gera-
de in Problemfächern"
• Auslassungen oder Lücken in der Mit-
schrift zu füllen versuchen
• Kerngedanken zusammenfassen; dabei
evtl. Lehrbuch zu Hilfe nehmen
• von Zeit zu Zeit eigene Aufzeichnungen
mit denen anderer vergleichen: Vorzü-
ge? Nachteile?
• Sehr wirkungsvoll: Testfragen formulie-
ren!
lernen lernen
4
b. Die Mind-Map-Technik
Wenn jemand ein Buch beschreibt, das er gele-
sen hat, oder einen Ort, an dem er gewesen ist,
liest er nicht aus dem Gedächtnis ab. Er gibt
vielmehr nach Schlüsselbegriffen eine Übersicht,
indem er die Hauptpersonen charakterisiert, die
Umstände und Ereignisse berichtet und Detail-
beschreibungen einfügt. In entsprechender Wei-
se bringt das Schlüsselwort oder die Schlüssel-
phrase ganze Erfahrungs- und Empfindungsrei-
hen zurück. Man denke zum Beispiel an die
Vorstellungsreihe, die im Geist ausgelöst wird,
wenn man das Wort "Kind" liest.
Da wir es gewohnt sind, uns am gesprochenen
und geschriebenen Wort zu orientieren, haben
wir angenommen, dass die normale Satzstruktur
der beste Weg sei, sich an verbale Bilder und
Ideen zu erinnern.
Daher machen die meisten Schüler und Studen-
ten ihre Aufzeichnungen in linearer Form. Neue
Erkenntnisse über die Beziehung zwischen
Schlüsselbegriffen und Erinnerung zeigen aber,
dass bei dem linearen Aufzeichnungstyp 90
Prozent der Wörter für Erinnerungszwecke unnö-
tig sind.
Wie können wir nun das Phänomen der Schlüs-
selerinnerung für die Gestaltung unserer Auf-
zeichnungen nutzbar machen?
Die Grundregeln der Mind-Map-Technik
1. Man beginnt mit einem farbigen Bild in
der Mitte. Denn "ein Bild sagt mehr als
tausend Worte"; es regt kreatives Den-
ken an und prägt sich dem Gedächtnis
besonders gut ein.
2. Auch sonst kann man Bilder in die Mind
Map einfügen. Aus denselben Gründen
wie in Regel 1 und um alle Gehirnpro-
zesse zu stimulieren.
3. Die Wörter sollten in Druckschrift mit
Grossbuchstaben geschrieben werden.
Beim Nachlesen gibt die Druckschrift
ein fotografischeres, unmittelbareres
und verständlicheres Bild. Die für diese
Schriftart aufzuwendende zusätzliche
Zeit wird durch die Zeitersparnis bei der
Auswertung mehr als wettgemacht.
4. Die Wörter sollten auf Linien geschrie-
ben und jede Linie mit anderen Linien
verbunden sein. Dadurch wird die
Grundstruktur der Mind Map deutlich.
5. Wörter sollten in Einheiten angeordnet
sein, ein Wort je Linie. Das lässt für je-
des Wort mehrere offene "Haken" und
gibt den Aufzeichnungen mehr Freiheit
und Flexibilität.
6. Man verwendet durchgängig Farben.
Sie erhöhen die Übersichtlichkeit und
lassen die Zusammenhänge deutlicher
erkennen.
7. Bei kreativen Tätigkeiten dieser Art soll-
te der Geist möglichst "frei" gehalten
werden. Jedes "Nachdenken" darüber,
wohin Dinge gehören oder ob sie über-
haupt eingebracht werden sollen, wird
den Prozess verlangsamen. Man sollte
alles, woran man im Zusammenhang
mit der Zentralidee denkt, festhalten.
lernen lernen
5
Beide Verfahren im Vergleich
Aus der Sicht der Mind-Map-Technik fällt die
Kritik am linearen Verfahren vernichtend aus:
1. Es wird Zeit damit vergeudet, Wörter
niederzuschreiben, die keinen Wert für
das Gedächtnis haben.
2. Es wird Zeit damit vergeudet, dieselben
unnötigen Wörter wieder zu lesen.
3. Es wird Zeit damit vergeudet, nach den
Wörtern zu suchen, die Schlüsselfunkti-
on haben, denn sie werden gewöhnlich
nicht hervorgehoben und vermischen
sich daher mit anderen, für die Erinne-
rung irrelevanten Wörtern.
4. Die Verbindungen zwischen den Schlüs-
selwörtern werden durch trennende
Wörter unterbrochen. Wir wissen, dass
das Gedächtnis auf Assoziation beruht.
Jede Einfügung von erinnerungsneutra-
len Wörtern wird daher die Verbindun-
gen lockern.
5. Die Schlüsselwörter werden durch die
Einschaltungen zeitlich getrennt. Nach-
dem man ein Schlüsselwort gelesen
hat, wird es mindestens einige Sekun-
den dauern, bis man zum nächsten
Schlüsselwort kommt. Je grösser der
zeitliche Abstand zwischen den Schlüs-
selwörtern ist, umso geringer ist die
Chance, die korrekte Verknüpfung her-
zustellen.
6. Die Schlüsselwörter werden räumlich
getrennt. Wie beim zeitlichen Abstand
gilt: Je grösser die Entfernung, umso
geringer ist die Chance einer korrekten
Verbindung.
Dagegen bietet eine Mind Map eine Reihe von
Vorteilen gegenüber den linearen Aufzeich-
nungsformen:
1. Die Zentral- oder Hauptidee wird deutli-
cher herausgestellt.
2. Die relative Bedeutung jeder Idee tritt
sinnfälliger in Erscheinung. Wichtigere
Ideen befinden sich in der Nähe des
Zentrums, weniger wichtige in den
Randzonen.
3. Die Verknüpfungen zwischen den
Schlüsselbegriffen werden durch ihre
Linienverbindungen leicht erkennbar.
4. Als Ergebnis werden Erinnerungspro-
zess und Wiederholungstechnik effekti-
ver und schneller.
5. Die Art der Struktur erlaubt es, neue
Informationen leicht und ohne die
Übersichtlichkeit störende Streichungen
und eingezwängte Nachträge unterzu-
bringen.
6. Jede Mind Map ist von jeder anderen
nach Form und Inhalt deutlich unter-
schieden. Das ist für die Erinnerung
hilfreich.
7. Im kreativen Bereich des Aufzeichnens,
etwa bei der Vorbereitung von Aufsät-
zen und Reden, erleichtert es das nach
allen Seiten offene Mind-Map-Schema,
neue Ideenverknüpfungen herzustellen.
Man muss sich seine eigene Meinung bilden; das
gelingt natürlich am besten, wenn man beide
Methoden einmal ernsthaft ausprobiert – und
das heisst: wenn man sich überwindet, über-
haupt mitzuschreiben!
lernen lernen
6
Die Mitarbeit
Die meisten Rahmenrichtlinien verlangen heute
von den Schülerinnen und Schüler nicht nur ein
rezeptives Lernen, son-
dern eine aktive Teilnah-
me am Unterrichtsge-
schehen. Die Zeugnis- und
Versetzungsnoten setzen
sich oft zu gleichen Teilen
aus den schriftlichen Leis-
tungen und den "sonsti-
gen" Leistungen zusam-
men (mündliche Mitarbeit + Hausaufgaben +
eventuell Tests). Der Mitarbeit, dem aktiven
Lernen, kommt also ein hoher Stellenwert zu.
Aktives Lernen und seine Vorzüge
Aktiv lernen heisst:
• innere und äussere Selbstbeteiligung
am Lernprozess
• zielbewusste Teilnahme am Unterricht
durch Zuhören, Mitdenken, Mitreden
und Mitschreiben.
Vorzüge:
• Die Aufnahmebereitschaft wird erhöht.
• Die Verknüpfung neuer Lerninhalte mit
bereits bekannten Vorstellungen und
Erfahrungen gelingt leichter. Dadurch
wird die Behaltensquote erhöht
• Aktives Lernen erspart Zeit, die z.B.
beim Anfertigen von Hausaufgaben
bzw. bei der Vorbereitung von Klassen-
arbeiten, Klausuren oder Prüfungen
gewonnen wird. Rein körperliche Anwe-
senheit reicht nicht.
• Das Lernklima bessert sich. Nicht nur,
dass der Lehrer oder die Lehrerin lieber
in eine Klasse geht, die "mitzieht"; auch
die Motivation innerhalb der Gruppe
lässt sich durch aktive Mitarbeit stär-
ken.
Das TQ3L-Verfahren zur Mitarbeit
Was kann ich denn nun aber persönlich und
ganz konkret tun? Gibt es dafür auch eine Tech-
nik? Ja und nein. Mitarbeit hat ganz entschei-
dend mit der eigenen inneren
Einstellung zum Unterricht zu
tun. Mit technischen Mitteln
gegen heftige innere Abnei-
gungen anzukämpfen gelingt
so gut wie nie. Aber auf einen
Versuch kann man es ja einmal
ankommen lassen.
Oft verhilft nämlich ein Wechsel in der inneren
Einstellung zum und der Beteiligung am Unter-
richt zu Erfolgserlebnissen. Ich versuche, meine
Aufnahmebereitschaft mit der Methode TQ3L zu
erhöhen und dadurch aktiv zu lernen:
• Tune-In: Ich stimme mich auf das nun
kommende Fach (positiv) ein.
• Question: Ich formuliere neugierige
Fragen zum voraussichtlichen Stunden-
thema und stimuliere dadurch mein In-
teresse.
• Look at the speaker: Ich schaue den
Lehrer an, damit mir Hervorhebungen
(Gestik!) nicht entgehen.
• Listen: Ich höre genau hin; auch durch
die Stimme macht der Lehrer Hervor-
hebungen, die ich für die Mitschrift nut-
zen kann.
• Look over: Von Zeit zu Zeit überdenke
ich das Gehörte: Ist ein roter Faden
noch erkennbar, oder verstehe ich nicht
mehr, was ich höre? Wenn ich mich
langweile, versuche ich vorauszuden-
ken. Wenn ich anderer Meinung bin,
sammle ich Gegenargumente und no-
tiere sie.
Ich lerne so auf die Dauer, im Unterricht Wichti-
ges von Unwichtigerem zu unterscheiden und
meine Konzentration bei weniger Wichtigem
zurückzunehmen, ohne den roten Faden zu
verlieren.
lernen lernen
7
Umgang mit Vokabeln
Allgemeine Grundsätze
• Teile die zu lernenden Vokabeln in Blö-
cke zu je 6 oder 7 Vokabeln auf.
• Lerne den ersten Vokabelblock. Lasse
dir dabei für jede Vokabel mindestens
eine Minute lang Zeit. Stelle dir die Vo-
kabel möglichst intensiv vor, als Ge-
genstand, als Handlung, als Hörein-
druck ...
• Mache anschliessend eine ganze Weile
lang etwas anderes, z.B. einen Aufsatz
schreiben, Matheaufgaben, einen Text
für Geschichte lesen...
• Lerne anschliessend den nächsten Vo-
kabelblock. Mache wieder Pause usw.
• Mehr als 30 Vokabeln am Tag zu lernen
ist Unsinn.
Das Lernen mit dem 5-Fächer-
Lernkartei-Kasten
Der Lernkartei-Kasten ist eine einfache „Lernma-
schine“. Mit ihm kann man fast alles lernen, was
von der Grundschule bis zum Gymnasium, wäh-
rend der Berufsausbildung oder in der Universi-
tät gelernt werden muss. Denn alles, was man
lernen möchte, schreibt man auf kleine Zettel:
Auf die Vorderseite die Frage und auf die Rück-
seite die Antwort. Bei Vokabeln ist es aber oft
wichtig, nicht nur die einzelne Vokabel aufzu-
schreiben, sondern einen zusammenhängenden
Satz, aus dem der genaue Sinn des Wortes
ersichtlich ist.
Gelernt wird dann täglich so:
• Den Zettel nehmen,
• die Frage lesen,
• die Antwort überlegen,
• Zettel drehen und die gedachte Antwort
überprüfen,
• Zettel ablegen.
Mit Hilfe der Lernkartei kann man dich also im-
mer selbst abhören. Du allein entscheidest, wie
lange du überlegst, bevor du die Karte umdrehst
und wie viele Karten du hintereinander bearbei-
test. Und du allein entscheidest auch, ob du die
Antwort noch als "richtig" gelten lässt oder als
"falsch" werten musst. Am Anfang fällt es einem
vielleicht schwer, eine fast richtige Antwort als
"falsch" einzuordnen. Und es macht auch gar
nichts, wenn man zu Beginn etwas grosszügig ist
und sich darüber freut, wie viele Kärtchen man
richtig beantwortet hat.
Und so geht es los:
Alle neuen Kärtchen kommen in Fach 1. Wenn
man sie am nächsten Tag kontrolliert (Frage
lesen, Antwort überlegen, Karte drehen und
Antwort überprüfen, Karte ablegen), dann kann
die gedachte Antwort richtig oder falsch gewe-
sen sein.
• Bei richtig wandert die Karte weiter in
Fach 2.
• Bei falsch steckt man die Karte wieder
in Fach 1.
• Fach 2 wird erst dann bearbeitet, wenn
es fast voll ist! Dann stecken schon eine
ganze Menge Kärtchen drin.
Wenn man sich jetzt diese Kärtchen vornimmt,
geht man so vor wie bei Fach 1:
• Bei richtig kommen die Kärtchen ins
nächste Fach (3).
• Bei falsch kommen die Kärtchen zurück
in Fach 1.
Jetzt fällt auch auf, dass es dir nicht viel hilft,
wenn du am Anfang grosszügig warst. Denn
wenn du nicht genau die richtige Antwort ge-
wusst hast, dann merkst du es spätestens jetzt:
lernen lernen
8
Das Kärtchen wandert zurück in Fach 1 – und
muss dann doch wieder gelernt werden – das
schadet aber auch nichts!
Fach 1 wird jeden Tag wiederholt.
JEDEN TAG!
Also noch einmal das Prinzip:
• Neue Kärtchen kommen in Fach 1.
• Fach 1 wird jeden Tag bearbeitet.
• War die Antwort richtig, wandert das
Kärtchen in das nächste Fach.
• War die Antwort falsch, bleibt das Kärt-
chen in Fach 1.
• Alle anderen Fächer werden erst bear-
beitet, wenn sie fast voll sind.
• Alle richtig beantworteten Kärtchen
wandern in das nächste Fach
• Alle falsch beantworteten Kärtchen
wandern zurück in Fach 1.
Oder – ganz kurz:
• Bei richtig ins nächste Fach!
• bei falsch zurück in Fach 1 !
Damit dieses Lernverfahren so sinnvoll wie mög-
lich angewendet werden kann, sind noch einige
Hinweise nötig.
Das Geheimnis der 5 Fächer
Auffallend beim Lernkartei-Kasten sind die ver-
schieden grossen Fächer. Vorn in Fach 1 passen
nur wenige Zettel oder Kärtchen hinein, weiter
hinten werden die Fächer immer länger.
Der Grund dafür hängt mit der Art und Weise
zusammen, wie unser Gedächtnis funktioniert.
Da jedes Fach (bis auf das Erste) erst dann
bearbeitet wird, wenn es voll ist, wiederholen wir
den Stoff in immer länger werdenden Zeitab-
ständen, denn da die Fächer immer länger wer-
den, dauert es auch immer länger, bis ein Fach
mit den vorher richtig beantworteten Karten
gefüllt ist.
Dadurch wird der Lernstoff auf den Kärtchen
immer dann in unserem Kopf wieder verstärkt,
wenn er zu verblassen droht, wenn man sich
also nicht mehr so gut an ihn erinnert.
Wichtige Regeln für das Beschriften der Karten
1. Zerlege den Lernstoff in die kleinsten
noch sinnvollen Lerneinheiten, und for-
muliere die Fragen und Antworten so
einfach und so eindeutig wie möglich.
2. Achte darauf, dass du alles richtig auf-
schreibst, damit du keine Rechtschreib-
fehler mitlernst. - Bewährt hat sich das
Lernen im Zweier- Team. Dann könnt
ihr gegenseitig Karten austauschen,
korrigieren und euch auch einmal ge-
genseitig abhören.
3. Verwende für Vokabeln einfache Zettel,
für schwierigere Formeln und Merksätze
stabilere Karteikarten.
4. Beim Lernen in der Gruppe oder in der
Klasse ist es sinnvoll, die Karten ge-
trennt nach Unterrichtsfächern oder
Lerngebieten zu nummerieren: Das "D"
rechts oben auf der Vorderseite der
handbeschriebenen Karte steht dann
zum Beispiel für "Deutsch". Man kann
auch unterschiedliche Farben für unter-
schiedliche Fächer verwenden (blau für
Deutsch, grün für Mathematik, rot für
Englisch usw.).
5. Beschrifte die Karten immer im oberen
Teil, weil dies das Einordnen und Nach-
schlagen erleichtert.
6. Versuche so schön und deutlich wie
möglich zu schreiben. Hast du dich
lernen lernen
9
einmal verschrieben, nimm lieber eine
neue Karte.
7. Jede neue Karte kommt in das Fach 1
hinter die dort schon vorhandenen Kar-
ten.
8. Sei kritisch! Überlege dir gut, was du
alles in deinem Kopf aufbewahren
willst. Du solltest nur den Lernstoff auf-
schreiben, von dem du sicher bist, dass
du ihn in einem Jahr immer noch im
Kopf haben willst.
Beim Vokabellernen Eselsbrücken
bauen
Auch für das Vokabellernen oder für das Behal-
ten von Fremdwörtern sind Phantasie und Krea-
tivität gefragt. Man spricht die fremdsprachige
Vokabel einmal deutsch aus, und stellt dazu - je
verrückter, desto besser! - eine Gedankenver-
bindung her. Zum Schluss verbindet man dieses
Bild mit der Bedeutung der Vokabel.
Beispiele aus dem Englischen:
• Kamingitter – grate – Fischgräte
(Im Kamingitter steckt eine Gräte)
• Herde – flock – Schneeflocke auf
einem Pflock (Eine Schafherde ist an
einen riesengrossen Pflock gebunden
und grosse Schneeflocken fallen vom
Himmel)
• wachsen, werden – grow – grau
(Grüne Pflänzchen werden beim Wach-
sen immer mehr grau)
• Erwerbslosenunterstützung – dole
– Dohle (Alle Leute, die aus dem Ar-
beitsamt kommen, haben eine Dohle
auf dem Kopf)
• Blitz – flash – Flasche (Auf einem
Fabrikdach ist als Werbung eine grosse
Sektflasche angebracht. Ein Blitz
schlägt ein und die Flasche zerbirst in
tausend Scherben)
• Ziegel – brick – Brikett (Ein Haus
wird nicht mit Ziegelsteinen gebaut,
sondern mit Briketts)
• Trödler – broker – zerbrochen (Der
Trödler auf dem Markt verkauft nur
zerbrochene Sachen)
Beispiele aus dem Französischen:
• ausrutschen – glisser – glitzern (Ich
bin ausgerutscht; kein Wunder: Die
Strasse glitzerte vor Raureif!)
• Montag – lundi – Lunte (Als ich an
diesem Montag aufstand, habe ich
gleich Lunte gerochen)
• wissen – savoir – Saftladen (Das ist
vielleicht ein Saftladen, weisst du!)
• Verspätung – retard – Ritter (Der
Ritter kam mit Verspätung an)
Vokabellernen mit allen Sinnen
• Nimm den Text, in dem die Vokabeln
stehen.
• Spiele den Text als Rollenspiel durch.
Mache alles, was die Personen auch
tun. Sprich laut und deutlich. Stelle dir
das Geschehen vor deinem geistigen
Auge wie einen Film vor.
• Erzähle dir anschliessend die Geschich-
te noch einmal selbst. Auf die Weise
hast du fast alle Vokabeln durchs Spiel
gelernt.
lernen lernen
10
Regeln lernen, auswendig
lernen
Unser Gehirn ist in der einzigartigen Lage, Dinge
aufzunehmen und auswendig zu lernen, ohne sie
zu kapieren. So bist du in der Lage, einen latei-
nischen Text fliessend zu lesen, ohne dabei auch
nur ein Wort zu verstehen. Genauso bist du in
der Lage, eine Regel auswendig zu lernen, ohne
zu begreifen, worum es eigentlich geht und wie
sie angewendet wird. Das aber ist ja nicht der
Sinn der Sache.
Wenn du Grammatikregeln lernst, ist es sinnlos,
sie bloss zu lesen oder wortgetreu auswendig zu
können. Eine Regel auswendig können heisst, sie
mit eigenen Worten und Beispielen darstellen
können. Im Grammatikteil deines Schulbuchs
sind die verschiedenen Grammatikregeln über-
sichtlich geordnet. Wenn du eine Regel lernen
willst, gehe wie folgt vor:
Die Regel überfliegen: Wie ist sie aufgebaut?
Normalerweise enthält eine Regel:
• die Überschrift;
• einen Text zur Erläuterung, wie die Re-
gel gebraucht wird;
• Beispielsätze;
• eine Erläuterung der grammatischen
Konstruktion;
• weitere Hinweise auf Ausnahmen, Ver-
wechslungsgefahren usw.
Die Regel mit eigenen Worten erläutern
Nachdem du dir einen Überblick verschafft hast,
liest du dir jetzt den Text durch, der die Regel
erläutert. Versuche, den Text durch eine Skizze
wiederzugeben.
Vergleich der Erläuterung mit den Bei-
spielsätzen in der Regel
• Lies die Beispielsätze laut vor, betone
dabei das, worauf es ankommt, sowohl
in der Fremdsprache als auch in der
deutschen Wiedergabe.
• Schaue dir die Erläuterung der gram-
matischen Konstruktion an und verglei-
che jetzt die Konstruktion mit den Bei-
spielsätzen.
• Erfinde eigene Beispielsätze aus deinem
Alltagsleben
• Lasse diese Sätze von einem Freund,
deinen Eltern oder sonst wem kontrol-
lieren, wenn du dir unsicher bist.
Spiele selbst Lehrer: Erläutere die Regel!
Wenn du eine Regel verstanden zu haben
glaubst, dann schreibe einen Beispielsatz auf ein
grosses Papier. Hänge das Papier auf und erläu-
tere nun auswendig, sozusagen in einem Vor-
trag, die Regel. Das kannst du allein in deinem
Zimmer tun oder vor deinen Eltern. Dann hast
du gleich eine Rückmeldung, ob du verständlich
erklärt und damit den Stoff verstanden hast. So
kannst du zuhause schon die von vielen gefürch-
tete "Tafelsituation" vorwegnehmen.
Immer nur eine Regel zur Zeit
Damit die Ähnlichkeitshemmung (Interferenz)
ausgeschaltet wird, lerne immer nur eine Regel
zur Zeit:
• Mehrere Regeln über den Tag verteilen.
• Ausnahmeregeln oder Besonderheiten
später am Tag lernen.
• Regeln, die aus mehreren Teilen beste-
hen, getrennt nach diesen Teilen ler-
nen.
lernen lernen
11
Manchmal musst du ganze Texte auswendig
lernen, z.B. Gedichte. Gehe dabei folgendermas-
sen vor:
1. Lies dir den ganzen Text durch. Über-
prüfe dabei, ob du alles im Text ver-
stehst oder unbekannte Fremdwörter
dabei sind.
2. Versuche unbedingt, dir die gesamte
Handlung vor dem geistigen Auge vor-
zustellen, so als ob du innerlich einen
Film siehst. Wiederhole den Inhalt der
Geschichte oder des Textes mit eigenen
Worten.
3. Überprüfe anhand des Textes, ob du ihn
richtig wiedergegeben hast: Stimmt der
Inhalt? Stimmt die Reihenfolge des Er-
zählten?
4. Teile jetzt den Text in Absätze ein.
5. Lerne den ersten Absatz auswendig.
Lies dir dazu den Absatz noch einmal
durch, damit du noch mal weisst, wor-
um es geht. Dann nimm dir den ersten
Satz vor.
Viele Sinne benutzen!
Auswendig lernen geht dann am besten, wenn
wieder möglichst viele Sinne beteiligt sind:
• Stelle dich hin, damit du frei atmen
kannst!
• Nutze deine Stimme, um bestimmte
Wörter zu betonen oder lautmalerisch
zu unterstreichen (z.B. das Wort
"gross" mit tiefer Stimme und langem
"oooo" sprechen).
• Benutze deine Hände und Arme (Ges-
tik) und dein Gesichtsspiel (Mimik), um
den Inhalt des Textes mit deinem Kör-
per zu zeigen (ganz so wie im Alltag,
wenn du z.B. einen guten Freund mit
den Worten begrüsst: "Hallo Dieter!",
dabei ein freudestrahlendes Gesicht
aufsetzt und die Arme freudig ausbrei-
test.
Aufsätze schreiben,
Texte bearbeiten
Ein Muster für Aufsätze
Aufsätze können Erlebnisaufsätze oder frei er-
fundene Geschichten sein, das kann aber auch
ein Aufsatz zu einem Sachthema sein. Für das
Schreiben von Aufsätzen kannst du folgendes
Muster verwenden:
1. Sammle Ideen für deinen Aufsatz. Bei
einem Sachaufsatz: Beschaffe dir In-
formationen zum Thema.
2. Entscheide dich, über welche Idee du
schreiben willst.
3. Mache zum ausgewählten Thema er-
neut eine ausführliche Ideensammlung.
4. Überlege, worauf dein Aufsatz hinaus-
laufen soll: auf welche Pointe, auf wel-
chen Spannungshöhepunkt, auf welche
Botschaft oder These.
5. Sortiere jetzt aus deiner Ideensamm-
lung die Ideen aus, die du für deinen
Aufsatz benötigst.
6. Ordne die ausgewählten Ideen danach,
was in die Einleitung, den Höhepunkt
und den Schluss gehört.
7. Schreibe deinen Aufsatz. Schreibe zu-
nächst in dein Schmierheft und mit
breitem Rand (ca. ein Drittel der Seite
als Rand), damit du Verbesserungen
machen kannst. Grundsätzlich kannst
du bei Aufsätzen so vorgehen:
• Einleitung: Hierhin gehören die
Vorstellung der Personen, der Zeit
und der Orte, an denen die Ge-
schichte spielt. Bei einem Sachauf-
satz kannst du hier dein Thema er-
läutern, worum es geht und welche
unterschiedlichen Meinungen es
eventuell gibt.
• Höhepunkt: Hier fliessen die Hand-
lungen aller Personen zusammen
und nähern sich dem Höhepunkt.
lernen lernen
12
In einem Sachaufsatz bringst du in
diesem Teil deine Argumente.
• Schluss: Hier spitzt sich der Auf-
satz auf die Pointe, die Botschaft,
den Spannungshöhepunkt, die
These zu. Der Schluss ist im Ver-
hältnis zum Hauptteil sehr kurz.
8. Überprüfe, ob dein Aufsatz das wieder-
gibt, was du willst (inhaltliche Überprü-
fung) und ob die Reihenfolge der Hand-
lung / der Argumente stimmt.
9. Sprachliche Überprüfung: Jetzt kommt
der Feinschliff! Überprüfe, ob du eine
lebendige Sprache hast. Das bedeutet:
• Benutzt du aussagestarke Wörter
(statt des blassen "er sagte" zum
Beispiel "er beharrte darauf", "er
schrie grimmig" usw.)?
• Wiederholst du oft das gleiche
Wort? Wenn ja, ersetze es durch
Wörter mit ähnlicher Bedeutung!
• Schreibst du anschaulich? Das
heisst, schilderst du Erlebnisse mit
allen Sinnen, so dass der Leser sich
wirklich ein Bild machen kann?
Statt "Ich hatte Angst, in die Burg-
ruine zu gehen", schilderst du, wa-
rum die Ruine dir Angst macht und
wie du die Angst fühlst: "Düster
und bedrohlich erhob sich die Ruine
in den Nachthimmel, und aus dem
Burginneren stiegen im fahlen
Mondlicht weissliche Nebelschwa-
den empor, die sich wie Geister um
den Turm wanden. Mein Herz be-
gann, laut gegen die Brust zu po-
chen, und ein Kribbeln lief mir über
den Rücken. Es half nichts: Ich
musste in die Burg! Mit weichen
Knien setzte ich den Aufstieg fort.
Je näher ich der Ruine kam, umso
dumpfer wehte mir der modrige
Geruch entgegen. Ich fasste allen
Mut zusammen, als ein entsetzli-
cher Schrei die Mondstille zerriss -
Mist, das Heavy Metal-Open Air-
Konzert hatte bereits begonnen!"
10. Überprüfe jetzt deine Rechtschreibung.
11. Schreibe deinen Aufsatz ins Reine, ent-
weder handschriftlich, mit Schreibma-
schine oder Computer.
Ideensammlung für Aufsätze
Bei Aufsätzen kommt es vor allem auf die Ideen-
sammlung an. Diese Phase nimmt am meisten
Zeit in Anspruch. Für die Ideensammlung bieten
sich zwei Methoden an.
a. Brainstorming
Brainstorming heisst wörtlich übersetzt etwa
"Gedankensturm". Dabei schreibst du alle Ge-
danken, die dir kommen, völlig wertungsfrei und
unkommentiert auf. Denn durch dies freie Den-
ken erhöht sich deine Kreativität, und gerade
aus abwegigen Gedanken können sich die besten
Aufsätze ergeben. Das bedeutet, egal wie ver-
rückt oder abwegig dir ein Gedanke erscheint,
schreibe ihn trotzdem erst mal auf. Gerade bei
Themen, zu denen du überhaupt keine Ahnung
hast, ist Brainstorming sehr sinnvoll. Denn durch
den freien Ideenfluss kommst du erst auf die
Fragen, die deinen Aufsatz interessant machen.
Stelle dir vor, du sollst über eine Marsexpedition
schreiben, hast aber keine Ahnung. Setze dich
hin und fantasiere einmal. Dabei könnten jetzt
Gedanken kommen wie:
• Marsexpedition: Luft? Marsmenschen?
Raumschiff Enterprise – was für Raum-
schiffe fliegen zum Mars? Passagierflug-
zeuge? Wissenschaftler – was wird un-
tersucht? Besuch einer Süssigkeiten-
fabrik, Snickers, Raider, Hunger – et-
was essen auf dem Mars? Steine, Pflan-
zen, Tiere, Luft, Temperatur, Mars
macht mobil, sich bewegen auf dem
Mars? Marsmobile, Schwerkraft, Son-
nenenergie,...
lernen lernen
13
Du siehst, für einen Aufsatz über eine Planeten-
expedition ergibt sich schon eine Aufsatzstruktur
mit den Gedanken:
• Welches Raumschiff? Welche Wissen-
schaftler? Worauf man achten muss:
Tiere (Bakterien?), Temperatur, Mars-
mobil - Fortbewegung auf dem Mars.
Von hier aus ergeben sich sofort neue, feinere
Gedanken zu den einzelnen Kapiteln:
• Steine (Schotter? steile Hänge? Treib-
sand?).
So kannst du, ohne die blasseste Ahnung zu
haben, immer noch einen Aufsatz schreiben, in
dem du wichtige Probleme einer Marsfahrt aus
deiner Sicht beschreibst. Aus dem Brainstorming
hat sich aber auch spontan die Idee ergeben,
unter einer "Marsexpedition" einen Besuch einer
Süssigkeitenfabrik zu verstehen. Das wäre ein
sehr überraschender Ansatz für deinen Aufsatz,
nicht wahr...?
b. Mind Mapping
Eine zweite Form der Ideensammlung ist das so
genannte "Mind Mapping", übersetzt etwa das
«Zeichnen einer Ideenlandschaft». Hierbei wer-
den die Gedanken gleich sortiert. Das Prinzip ist
einfach:
• In der Mitte steht das Thema;
• davon gehen grosse Äste ab, die für
wichtige Unterthemen stehen;
• von diesen Ästen gehen wieder kleinere
Äste ab mit Gedanken zum Unterthe-
ma;
• von diesen Gedankenästen gehen eben-
falls wieder Verästelungen ab;
Vorteile:
• Du bekommst gleich eine klare Struktur
für deinen Aufsatz.
• Deine Gedanken können ruhig hin und
her springen zwischen den Ästen.
• Der Überblick über jeden Ast produziert
wieder neue Gedanken.
• Wenn dir nichts mehr einfällt, kannst du
eine Pause machen und durch die klare
Struktur später wieder schnell ins The-
ma kommen.
Ein klarer Kopf für klare Gedanken
Ein Aufsatz entsteht zuerst im Kopf, und erst,
wenn du ihn gedanklich fertig hast, beginnst du
zu schreiben.
Hier ein paar Tipps, wie du die Punkte 4-6 in der
Anleitung zum Aufsatzschreiben umsetzen
kannst. Wer Ideen sortieren und ordnen will,
muss dies ungestört tun können. Er muss vor
allem Musse und Ruhe haben, um "tagzuträu-
men". Dazu kannst du die unten genannten
Techniken verwenden.
• Melodische Musik
Bei Ideensammlungen, ob für Erlebnis-
aufsätze oder Sachaufsätze, hilft dir
passende Musik, die die Fantasie frei-
setzt. Die Musik sollte einen klaren
Rhythmus haben und dazu eine domi-
nierende Melodie. Sie sollte mit norma-
ler Zimmerlautstärke gespielt sein. Du
selbst solltest dann an deinem Liebling-
sort (im Sofa, auf dem Bett, auf dem
Teppich,...) Platz nehmen.
• Entspannte Situationen
Gedankenströme werden auch durch
entspannende Situationen freigesetzt,
die vordergründig dem Körper zugute
kommen (zum Beispiel unter der Du-
sche, auf der Toilette (!), in der Bade-
lernen lernen
14
wanne, auf dem Sofa, beim Waldlauf).
Gerade weil sich diese Tätigkeiten auf
den Körper richten, entspannt sich der
Geist, und du kannst deine Gedanken
zum Thema schweifen lassen.
• Fliessende Gleichgewichte
Ebenso hilfreich ist das Betrachten oder
Hören so genannter "fliessender Gleich-
gewichte": der Blick in eine brennende
Kerze, das gleichmässige Rauschen fal-
lenden Wassers (Wasserfall, ein Stau-
wehr), ein glucksender Bach, das Be-
trachten vorüberziehender Wolken, das
Betrachten eines Pendels.
• Geniale Gedanken sofort aufschrei-
ben
Das Nachdenken über den Aufbau eines
Aufsatzes und die Auswahl der Inhalte,
die in ihm vorkommen, brauchen also
durchaus nicht am Schreibtisch stattzu-
finden. Allerdings solltest du immer et-
was zum Schreiben (oder ein Diktierge-
rät) bei dir haben, damit du geniale
Überlegungen sofort festhalten kannst.
Denn manchmal blitzen Ideen nur ganz
kurz auf, und du musst sie schnell auf-
schreiben, bevor sie nach ca. 20 Se-
kunden wieder in den Tiefen deines Ge-
hirns verschwinden.
Texte bearbeiten
Oft geben Lehrer dir etwas zum Lesen auf, ohne
dass du gezielt Fragen zum Text beantworten
sollst.
Es kann ja durchaus vorkommen, dass dich ein
Thema besonders interessiert, und du willst dazu
extra etwas lesen. Nur: Mit dem blossen Lesen
ist es nicht getan. Denn wenn du dich bloss
hinsetzt und liest, vergisst du noch am selben
Tag rund 90% des Gelesenen.
Auch für das Lesen eines Textes gibt es natürlich
Tricks, die dir entscheidende Lern- und Zeitvor-
teile bringen.
Die Schritte bei der Textbearbeitung
• Überblick verschaffen: Worum geht es
im Text?
• Leseabschnitte einteilen
• Unbekannte Wörter nachschlagen
• Wichtige Passagen unterstrei-
chen/herausschreiben
• Mit eigenen Worten wiederholen
• Den Text skizzieren
Überblick verschaffen
Am besten verschaffst du dir einen Überblick,
indem du zunächst einmal die Überschriften
liest, die dein Text hat. Dann hast du ein Gerüst,
an dem du weitere Informationen aus dem Text
aufhängen kannst.
In Büchern gibt es am Anfang oder Ende eine
Kapitelübersicht. Bei manchen längeren Texten
findest du am Anfang oder am Ende eine In-
haltsangabe. Auch diese solltest du als Erstes
studieren.
Leseabschnitte einteilen
Wenn der Text stark durch Überschriften unter-
teilt ist, kannst du diese Kleinkapitel als Eintei-
lung benutzen. Oft musst du allerdings innerhalb
eines Kapitels unterteilen. Dann kannst du Ab-
satz für Absatz lesen. Das Beste ist es, wenn du
während des Lesens darauf achtest, wann ein
lernen lernen
15
neuer Gedankengang beginnt. Da machst du
dann erst mal einen Zwischenstopp.
Unbekannte Wörter nachschlagen
Unbekannte Wörter musst du sofort nachschla-
gen oder dir erklären lassen. Denn sonst ver-
stehst du nicht, worum es eigentlich geht. Aus-
serdem wächst dadurch dein Wortschatz und
damit deine Kreativität, Ausdrucksfähigkeit und
Rechtschreibsicherheit.
Wichtiges unterstreichen / abschreiben
Das Wichtige eines Textes kannst du unterstrei-
chen oder mit einem Textmarker (Leuchtstift)
markieren. Wenn du im Text selbst nichts
schreiben darfst, dann schreib die
wichtigen Sätze in Stichworten
heraus. (TIPP: Das kannst du
wieder in Form eines Mind Map
tun.) Das Schreiben sorgt dafür,
dass die wichtigen Inhalte sich
gleich fester in deinem
Gedächtnis festsetzen.
Mit eigenen Worten
wiederholen
Nach jedem Absatz solltest du
den gelesenen Text mit eigenen
Worten wiedergeben. Das fördert
das Behalten des Textes.
Den Text skizzieren
Was du gelesen hast, solltest du unbedingt in
einer Skizze festhalten. Weil wir meistens das
besser behalten, was wir in Form eines Bildes
sehen, ist das Skizzieren sehr hilfreich. Eine
solche Skizze kann folgendermassen aussehen:
• Ein Mind Map
• ein Schema (Ablauf- oder Ordnungs-
schema)
• ein Bild, welches den Textinhalt dar-
stellt
Gedächtnistechniken
Hier werden, sozusagen mit "Blick ins Leben",
ein paar Techniken vorgestellt, mit denen man
ganz unabhängig von Hausaufgaben versuchen
kann, sich Fakten einzuprägen. Alle diese Tech-
niken haben eines gemeinsam: Sie versuchen
sich das jeweils unterschiedliche Vermögen von
rechter und linker Gehirnhälfte zunutze zu ma-
chen (s.u.) und den Lernstoff dadurch, dass er
beide Teile des Gehirns anspricht und beschäf-
tigt, dauerhafter zu sichern.
Kettenmethode
Bei dieser Methode werden die zu lernenden
Begriffe wie die Glieder einer
Kette so aneinander
gehängt, dass die richtige
Reihenfolge erhalten bleibt.
Beispiel: Reiseroute Bahn-
hof – Hotel – Park – Kirche –
Café – See:
Ich steige am Bahnhof aus
und gehe zum Hotel, das in
einem wunderschönen, gros-
sen Park liegt. Wenn ich
mitten im Park stehe, kann
ich die Kirche sehen, und
direkt neben der Kirche ist ein Cafe, dessen
Terrasse auf den See hinausgeht.
Wichtig ist, sich nicht nur die einzelnen Begriffe
vorzustellen, sondern praktisch einen "Film" zu
drehen; mit der Kamera ganz langsam von ei-
nem Begriff zum nächsten zu schwenken, so
dass die Begriffe wirklich miteinander "ver-
knüpft" werden.
lernen lernen
16
Geschichtentechnik
Die Geschichtentechnik beruht auf der Ketten-
methode. Die zu lernenden Begriffe werden in
eine möglichst lustige und ausgefallene Ge-
schichte gepackt, die dann auch "verfilmt" wird.
Beispiel Biologie; Ahnenreihe des Menschen
Ramapithecus – Australopithecus – Homo habilis
– Homo erectus – Homo sapiens
Ein Schüler sitzt auf dem Boden und isst ein Brot
mit Rama, während er davon träumt, auf einem
Känguru durch Australien zu reiten. Da er noch
Hunger hat, steht er auf, um noch einmal diese
homogene Masse auf sein Brot zu streichen. Er
kann nicht genug davon haben. Er will haben,
haben, haben. Da kommt sein Freund Erec ins
Zimmer, den er den Aufrechten nennt, weil er
immer ganz gerade und aufgerichtet geht, um
ein bisschen grösser zu erscheinen. Beide stop-
fen nun so viel hinein, dass der kleine Bruder,
der einen Homburg auf dem Kopf hat, ruft: Sap-
perlot, Homo sapiens!
Lokalisationsmethode
Ein Lokaltermin ist ein Ortstermin, und so geht
es hier darum, die wichtigen Begriffe an be-
stimmten Orten "aufzuhängen". Es bietet sich
an, sich das eigene Wohnzimmer vorzustellen
und die Begriffe in Gedanken an die Wände zu
malen, in die Ecken zu stellen, auf den Fussbo-
den zu legen, an die Decke oder an bestimmte
Gegenstände zu hängen.
Eine andere Möglichkeit, sich in Gedanken einen
Weg zu vergegenwärtigen, den man oft geht (z.
B. der Schulweg), und die Dinge, die man sich
merken will, mit diesem Weg zu verbinden.
Reimtechnik
Reime wie 333: bei Issos Keilerei und Lieder
sind für unser Gehirn leicht verdaulich. Deshalb
sollte man so oft wie möglich versuchen, wichti-
ge Fakten zu reimen oder Sachverhalte mit einer
bekannten Melodie zu unterlegen, um sie schnel-
ler und besser behalten zu können.
Beispiel Erdkunde; Nebenflüsse der Donau:
Iller, Lech, Isar, Inn
fliessen nach der Donau hin;
Altmühl, Naab und Regen
fliessen ihr entgegen.
ABC-Technik
Hierbei wird zunächst zu den einzelnen Buchsta-
ben des Alphabets in Gedanken ein Bild gemalt;
z.B.: A = Affe B = Ball C = Cola...
Wenn man diese Bilder jederzeit abrufen kann,
so hat man die Grundlage geschaffen für weite-
res optimales Behalten. Wichtige Begriffe ver-
bindet man nun mit den ABC-Bildern, und eine
richtige Reihenfolge ist gewährleistet.
Merkwortsystem
Eine ganz ähnliche Methode ist das Lernen mit
Merkwörtern. In diesem Fall merkt man sich
zunächst spontan auftretende Begriffe zu Zah-
len. Wichtig dabei ist, dass das Bild der Vorstel-
lung die Zahl symbolisiert und dass einem beim
Nennen der Zahl das Bild sofort einfällt;
Beispiel:
1 = Baum (1 Stamm) 6 = Würfel (6 Flächen)
2 = Brille (2 Gläser) 7 = 7 Zwerge
3 = Dreirad (3 Räder) 8 = Achterbahn
4 = Fenster (4 Ecken) 9 = Kegel (alle Neune!)
5 = Hand (5 Finger) 10 = Zehen (10 Zehen)
Anschliessend verbindet man diese Zahlen-
merkwörter assoziativ mit den neu zu lernenden
Fakten.
Man kann sich mehrere Reihen (vielleicht in
unterschiedlichen Farben) solcher Zahlmerkwör-
ter aufstellen. Wichtig ist, dass der Bezug zur
Zahl so deutlich ist, dass man später nicht nach-
denken muss, sondern das jeweilige Bild spon-
tan vor Augen hat.
lernen lernen
17
Taschen-Trick
Wenn man bei einer Diskussion oder bei einem
Referat keinen Stichwortzettel benutzen möchte,
sollte man den "Taschen-Trick" probieren. Dafür
legt man sich zu Hause ein paar kleine Gegens-
tände zurecht.
Z. B.: Pfennigstück, Radiergummi, Büroklam-
mer, Murmel, Streichholz, Anspitzer, Wattebäll-
chen ...
Nun nimmt man das Pfennigstück in seine Hand,
fühlt es und stellt sich das Stichwort in Verbin-
dung mit dem Pfennig vor. Dann nimmt man
den Radiergummi und denkt an sein zweites
Stichwort ... usw. Wenn man alle Begriffe mit
den Gegenständen verbunden hat, steckt man
die kleinen Gegenstände z. B. in die Hosenta-
sche. In der Diskussion oder beim Referat greift
man in dieTasche und fühlt die einzelnen Teile.
Automatisch kommt die Erinnerung an den ge-
suchten Begriff, und man kann ohne Unterbre-
chung weitersprechen.
Symmetrietechnik
Bei dieser Technik geht es darum, schwierige
Wörter mit bekannten leichten Wörtern, die in
gewissem Sinne gleich geschrieben werden, zu
verbinden.
Beispiel:
I laid the maid onto the green floor
then I lay myself onto the hay
and I denied that this all is lied
Erkosystem (=Zahlenmethode)
Wer Schwierigkeiten beim Zahlenmerken hat
und wer seine rechte Gehirnhälfte so richtig in
Schwung bringen möchte, erarbeitet sich die
Zahlenmethode = Erkosystem. Diese Methode
erinnert zunächst an Geheimschriften mit einem
speziellen Code. Zahlen bekommen willkürlich
die Bedeutung von Mitlauten. Z. B.:
1 = T, D 6 = X, CH, SCH
2 = N 7 = G, K
3 = M 8 = F, V, PF
4 = R 9 = P, B
5 = L O = S, Z
Wie sicher jeder festgestellt hat, fehlen alle
Vokale. Das hat seinen Sinn, denn nun kann
man mit Hilfe der jeweiligen Konsonanten und
beliebig einsetzbarer Vokale Wörter bilden, die
man in seiner Fantasie in Bilder umwandelt. Die
Buchstaben WHY + J kann man als "Joker" ver-
wenden. Z. B.:
1 = T, D Tee 6 = X Hexe
2 = N Noah 7 = G,K Kuh
3 = M Mao oder OMO 8 = F,V Fee
4 = R Reh 9 = P,B Po, Bau
5 = L Leu=Löwe O = S,Z See, Zoo
Diese Zahlenmethode kann man in erster Linie
als eine gute Möglichkeit betrachten, seine rech-
te Gehirnhälfte zu trainieren und damit die Kon-
zentrations- und Gedächtnisfähigkeit zu stei-
gern. Im Alltag kann man diese Methode einset-
zen, wenn es darum geht, leicht zu verwech-
selnde Zahlen oder Telefonnummern sicher zu
speichern.
Beispiel: Telefonnummer: 0975/82 73
Frau X steht vor dem S P ie G e L, hält einen
F ö N und einen Ka Mm
0 9 7 5 8 2 7 3
Eine gute Konzentrationsübung ist es, Texte so
schnell wie möglich in eine Ziffernfolge zu ver-
wandeln, um dann später den Text wieder zu
entschlüsseln.
lernen lernen
18
Referieren
In der Schulpraxis erlebt man es häufig, dass
Schüler einen Kurzvortrag halten sollen und
schon vorher resignierend sagen, sie könnten
das nicht. Dabei bleibt es oft bis zum Abitur, und
nicht wenige Prüfungen fallen schlecht aus, weil
ein Teil der mündlichen Prüfung aus einer zu-
sammenhängenden, selbstständig vorgetrage-
nen freien Rede bestehen soll. Es ist kein Wun-
der, dass viele Schüler vor dem freien Vortrag
Scheu haben, da sie kaum Gelegenheit bekom-
men, sich darin zu üben.
Das Vorurteil, zum Redner müsse man geboren
sein, stimmt so nicht: Reden kann man nämlich
wie alles andere auch lernen und üben.
Planung des Referats
Im Unterschied zur Facharbeit ist bei der Gliede-
rung und Aufarbeitung des Materials für ein
Referat neben dem Stoff immer auch der Hörer
in die Überlegungen miteinzubeziehen. Dabei
erweisen sich drei grundlegende Überlegungen
als notwendig:
• nach dem Ziel des Referats,
• der gedanklichen Abfolge und
• dem Einstieg.
Ziel
Der Aufbau des Referates hat auszugehen von
dem Ziel, das mit dem Referat erreicht werden
soll. Auf Grund seiner sachlichen Vorinformation
und seines Kenntnisstandes muss der Referent
in der Lage sein, den wesentlichen Kern seines
Referates zu bestimmen und in einem bündigen
Satz (Zwecksatz) zu formulieren. Dabei ist zu
beachten, dass die meisten Themen ein Prob-
lem, eine Frage oder einen kontrovers beurteil-
ten Sachverhalt enthalten, den es aufzudecken,
zu klären oder zu beurteilen gilt. So enthält
beispielsweise das Thema "Rechtsradikalismus in
der jüngeren deutschen Geschichte" versteckt
auch die Frage nach der Beurteilung ihrer Rolle.
Von dem Ziel, zu dieser Frage Stellung zu bezie-
hen, leitet sich die gedankliche Abfolge, die den
Hauptteil des Referates bildet, ab.
Gedankliche Abfolge
Hilfreich zur Klärung und zur logischen Ordnung
der Gedanken auf das Ziel hin können die fol-
genden Leitfragen sein:
• Was will ich darlegen, erklären, bewei-
sen oder widerlegen?
• Welcher Mlttel kann ich mich dazu be-
dienen? Argumentation, Darstellung
und Beschreibung, Experimente, Veran-
schaulichungen über Medien.
• Welches Material aus der Stoffsamm-
lung ist im Hinblick auf das Ziel des Re-
ferates von Bedeutung?
• Welche Thesen, Argumente, Belspiele,
Gesichtspunkte oder Versuchsergebnis-
se sind methodisch notwendige Schritte
auf dem Weg zum Ziel?
• Welche Gedanken will ich besonders
herausstellen?
• Wie ordne ich die zu behandelnden
Punkte an, damit sie folgerichtig und
überzeugend zum Ziel hinführen?
Der Einstieg
Der Einstieg in das Referat ist der letzte Teil der
Planung. Er ergibt sich aus den situativen Bedin-
gungen - Erwartungen, Vorkenntnissen und dem
lernen lernen
19
Vorverständnis des Hörerkreises einerseits und
dem, was das Thema dazu hergibt andererseits.
Der Einstieg kann verschieden gestaltet werden,
sollte aber auf jeden Fall Folgendes zu erreichen
suchen:
• zum Thema hinführen
• Interesse wecken
• Motivation erzeugen
• zum Mitdenken anregen.
Versetze dich in die Rolle des Zuhörers und
überlege, wodurch deine Aufmerksamkeit für ein
Thema erweckt werden könnte. In der Praxis hat
sich häufig eine indirekte Hinführung zum The-
ma, die einen unerwarteten Aufmerksamkeitsef-
fekt erzeugt, bewährt.
Vorbereitung des freien Rede
Zehn Regeln
1. Formuliere den Kerngedanken des Re-
ferates möglichst kurz und bündig!
2. Entwickle aus der Materialsammlung
und -verarbeitung stichwortartig eine
logische Gedankenabfolge auf den
Kerngedanken hin!
3. Ordne die Gedanken in einem vorläufi-
gen Stichwortzettel, der aus einem Ge-
dankenflussplan, einem Sinnschritt-
Diagramm oder einem Mind Map be-
steht.
4. Suche Argumente, Belege, Zitate, Be-
weise, Beispiele zu den Stichworten
bzw. Sinnschritten und notiere sie ein-
zeln auf Karteikarten oder losen Blät-
tern!
5. Formuliere Definitionen, wichtige Über-
leitungen oder Kernsätze aus und sor-
tiere sie ebenfalls auf Karteikarten oder
losen Blättern!
6. Erster lauter Sprechversuch, nach Mög-
lichkeit mit Tonbandkontrolle. Er dient
der Feststellung von Lücken, Gedan-
kensprüngen, Formulierungsschwierig-
keiten, Wortwiederholungen, Schwä-
chen der Satzbaus und Mängeln in der
Ausdrucksweise. Fehler anhand des
Tonbandprotokolls im Stichwortzettel
anmerken.
7. Korrigiere die aufgetretenen Fehler!
8. Einsatz von Medien und Verstehenshil-
fen (z.B. Dias, Tafelanschriften, Fotoko-
pien mit Zahlenmaterial, Tabellen, gra-
fische Darstellungen) einplanen und im
Stichwortzettel vermerken.
9. Endgültigen Stichwortzettel aufstellen
und mit Karteikartensammlung und
Medieneinsatz koordinieren.
10. Zweiter Sprechversuch (ggf. weitere)
auf Tonband/Cassette oder vor Famili-
enangehörigen und weitere Korrektu-
ren.
Für den wenig geübten Redner ist es oft not-
wendig, die Sequenzen 6-10 mehrfach in Zeitab-
ständen zu wiederholen, um Sicherheit zu erlan-
gen. Deshalb sind für die Planung ausreichende
Zeitreserven vorzusehen.
Das Stichwortkonzept konkret
• Karteikarten DIN A 5 (halbe Briefbo-
gengrösse) liniert verwenden!
• Karteikarten durch eine markante Linie
von oben nach unten aufteilen. Es erg-
ben sich 1/3 auf der linken Seite (für
Stichworte) und 2/3 rechts für fortlau-
fenden Text und Regieanweisungen).
• Karteikarten durchnummerieren!
• Karteikarten nur einseitig beschreiben
wegen der Gefahr des "Chaos" beim
Umblättern!
• So gross schreiben, dass es aus zirka
einem Meter mühelos lesbar ist!
• Zwischen den einzelnen Zeilen grosse
Abstände lassen, übersichtlich, gross
und lesbar schreiben. Besonders wichti-
ge Punkte werden unterstrichen oder
mit Farben (maximal drei!) gekenn-
zeichnet!
lernen lernen
20
Vortrag des Referats
Ein guter Redner schenkt dem Beginn seines
Vortrags besondere Aufmerksamkeit, weil er das
Interesse seines Publikums gewinnen will. Er
führt deshalb mit einer Anekdote, einer witzigen
Bemerkung, einem besonders treffenden Beispiel
in sein Thema ein, bevor er zu allgemeinen und
abstrakten Darstellungen übergeht. In anderen
Fällen setzt er eine Übersicht, die praktische
Anwendungen seiner Ausführungen an den An-
fang, stellt
einen Bezug
zur Situation
der Hörer her
und weckt
damit ihr Be-
dürfnis, mehr
über das The-
ma zu erfah-
ren.
Ganz allgemein sind ausserdem folgende Punkte
zu beachten:
• Sprich laut genug, damit auch die Leute
in den hintersten Bankreihen dich ver-
stehen.
• Man spricht anders als man schreibt.
Langen, komplizierten Sätzen kann
zwar ein Leser folgen, weil er die Mög-
lichkeit hat, die einzelnen Satzteile iso-
liert zu betrachten. Bei einem Vortrag
empfiehlt es sich aber, kurze, klare
Sätze zu machen.
• Erkläre Begriffe und Fachausdrücke,
wenn du sie zum ersten Mal verwen-
dest.
• Gedankensprünge verwirren die Hörer,
die ja nicht zurückblättern und sich ori-
entieren können. Bleibe beim Thema,
wiederhole eine Angabe lieber als sich
auf das Gedächtnis der Hörer zu verlas-
sen. Fasse das Gesagte ab und zu zu-
sammen.
• Bei schwierigen Sachverhalten hilft es
den Hörern, wenn du das Gleiche in
verschiedenen Worten mehrmals um-
schreibst.
• Vermeide lange Aufzählungen, lege das
Ganze lieber in einigen treffenden Bei-
spielen dar.
• Bei längeren Reden braucht der Hörer
ab und zu eine Atempause. Diese kann
in Form von Abschweifungen, Anekdo-
ten, usw. in den Vortrag eingeflochten
werden. Eine andere Möglichkeit ist das
Einschalten von Übungen oder die Auf-
forderung zu Diskussionen, Fragen,
Kommentaren.
• Überlege dir auch, welche Hilfsmittel
den Vortrag auflockern und zum Ver-
ständnis des Stoffes beitragen können.
Namen, Zahlen, Fachausdrücke, usw.
sollten möglichst an die Tafel geschrie-
ben werden. Tabellen, grafische Dar-
stellungen, Zeichnungen, die du evtl.
mit Hilfe eines Tageslichtprojektors
zeigst, veranschaulichen komplexe Tat-
bestände.
Setze zusätzliche Verstehenshilfen ein,
um das Interesse wachzuhalten, Ver-
stehen zu erleichtern und durch die
Aufnahme über mehrere Sinneskanäle
das Behalten zu verbessern:
- Dias
- Projektoren
- Wandkarten
- Modelle
- Versuchssequenzen
- Tafelanschriften
- Zeichnungen
- Filmausschnitte
- Tonbandspots
- kopierte Materialien.
• Versuche, deine Gliedmassen während
des Sprechens unter Kontrolle zu halten
und nervöse Gewohnheiten, wie wildes
Gestikulieren, Zupfen an der Kleidung,
usw. auszuschalten.
• Angesichts der erschreckenden Aus-
sicht, einen Vortrag zu halten, kann
man sich trösten mit dem Gedanken,
lernen lernen
21
dass die meisten Leute bei einer sol-
chen Aufgabe etwas nervös sind. Ein
wenig Nervosität schadet auch nichts -
es gilt hier dasselbe wie bei den Prü-
fungen. Wenn aber die Angst unmässi-
ge Formen annimmt, muss etwas dage-
gen unternommen werden. Übe den
Vortrag erst im kleinen Kreis, vor
Freunden oder Geschwistern - es ist ja
meist das Unbekannte, das Furcht ein-
flösst.
Bewertungskriterien
Die Kriterien zur Beurteilung der Qualität des
Referates ergeben sich aus der Zweckbestim-
mung:
• Grad der Informiertheit: Ist der Re-
ferent gut informiert? Versteht er, was
er sagt? Weiss er mehr, als er vorträgt?
Kann er auf Rückfragen der Hörer Aus-
kunft geben?
• Grad der Exaktheit und Fasslichkeit
der Information: Ist die Darstellung
themabezogen, verständlich, sachlich,
knapp, gegliedert? Werden schwierige
Sachverhalte durch Hilfsmittel (Bilder,
Erläuterungen) veranschaulicht?
• Grad der Motivation der Hörer: Kann
der Referent die Bedeutung seiner Aus-
führungen erläutern und Interesse we-
cken?
• Technik des hörerangemessenen
Sprechens: Spricht der Referent leb-
haft, artikuliert, anregend, nicht zu
schnell, nicht stockend?
• Hörerangemessene Sprachform
(Wortwahl, Syntax).
Prüfungen
Niemand kommt im Leben ohne Prüfungen aus;
und zum Wesensmerkmal einer modernen Leis-
tungsgesellschaft gehört es geradezu, dass sich
ihre Mitglieder zum kontinuierlichen Weiterler-
nen verpflichten – was nicht selten verlangt,
dass man sich immer und immer wieder neuen
Prüfungen unterziehen muss.
Trotzdem stellt sich durch die Häufung von Prü-
fungssituationen nicht unbedingt eine "Prüfungs-
routine" ein. Ohne Nervosität und Lampenfieber
gehen Prüfungen im Allgemeinen nicht über die
Bühne. So schlecht ist das im Übrigen auch gar
nicht, denn ein mittleres Mass an Motivation, die
sich in einer gewissen Anspannung äussert,
macht körperliche und intellektuelle Reserven
frei (Eustress), die der Vorbereitung und auch
dem Prüfungsergebnis zugute kommen.
Prüfungen kommen im schulischen Bereich in
vielerlei Formen vor, die vom schlichten „Ab-
gefragtwerden“ im Unterricht bis hin zur mündli-
chen und schriftlichen Abiturprüfung reichen
können. Sie können das Leben und die Befind-
lichkeit einer Schülerin oder eines Schülers mit-
unter ganz entscheidend prägen, stellen sie doch
in gewisser Weise Extremsituationen in einem
Alltag dar, in dem man ansonsten gelernt hat,
ruhig seinen Kurs zu halten.
Schulische Prüfungen sind wichtig. Die Frage
stellt sich also: Wie kann ich den notwendig
entstehenden Stress im Hinblick auf Prüfungen
so vermindern, dass mir daraus zum einen keine
schwer wiegende Belastung für Leib und Seele
entsteht und zum andern auch das Ergebnis der
Prüfung angenehm ausfällt?
In dieser letzten Folge der Textreihe "Das Lernen
lernen" gehe ich daher folgenden Fragen nach:
• Warum gibt es überhaupt Prüfungen?
• Wie kann ich mich sinnvoll auf Prüfun-
gen vorbereiten?
• Wie verhalte ich mich in der Prüfungssi-
tuation selbst?
lernen lernen
22
Formen, Zweck und Bedeutung von
Prüfungen
Zur Bewältigung der "normalen" Prüfungsangst
kann es nützlich sein, dass man sich über Form,
Zweck und Bedeutung der einzelnen Prüfungen
Klarheit verschafft. Jeder am Schulbetrieb Betei-
ligte kennt ihre alltäglichen Formen:
• Klassenarbeiten und Kursarbeiten
• unbenotete oder benotete Tests (Exen)
• Referate
• Facharbeiten
• mündliche Prüfungen
• praktische Aufgaben.
Das Abitur nimmt unter den Schulprüfungen
eine besondere Stellung ein, da es sich aus
mehreren schriftlichen Prüfungsteilen und min-
destens einem mündlichen Prüfungsteil zusam-
mensetzt. Es werden umfangreiche Stoffgebiete
geprüft, und es stellt einen Ausbildungsab-
schluss und einen wichtigen Qualifikationsnach-
weis für Studium und Berufsausbildung dar.
Zweck und Bedeutung von Prüfungen lassen sich
auf zweierlei Weise charakterisieren:
1. Prüfungen sind schulinterne Lerner-
folgskontrollen. Sie geben dem Lehrer
Auskunft darüber, ob er die angestreb-
ten Lernziele erreicht hat und den wei-
teren Unterricht auf die vermittelten
Kenntnisse und Fachgebiete aufbauen
kann. Eine solche Lernerfolgskontrolle
muss daher nicht unbedingt benotet
werden. Dem Schüler bietet die Lerner-
folgskontrolle ein Signal, ob und wie
gut er ein gesetztes Lernziel verwirk-
licht hat, mit der Möglichkeit
• der Selbstkontrolle
• der Selbsteinordnung in das Leis-
tungsniveau des Kurses
• der Korrektur des Lernverhaltens
und
• der Feststellung und Aufarbeitung
von Lücken.
2. Prüfungen sind Leistungskontrollen und
dienen der Leistungsbewertung. Sie ha-
ben den Zweck,
• Wissen und Kenntnisse
• Fähigkeiten und Fertigkeiten
• Urteilsvermögen und Problemlö-
sungsverhalten
zu kontrollieren und zu bewerten. In dieser Form
haben Prüfungsergebnisse in Form einer Note
auch Auswirkungen auf die Vergabe von Zu-
kunftschancen (Studien- bzw. Ausbildungsplatz;
spätere Verdienstmöglichkeiten etc.).
Planung von Prüfungen
Langfristige Prüfungsplanung
Es ist eine altbekannte, aber im täglichen Lern-
betrieb immer wieder ignorierte Tatsache, dass
kurzfristiges "Pauken" unmittelbar vor einer zu
erwartenden Prüfung selten den erhofften Erfolg
bringt. Unter Rückverweis auf die in Folge 2
erläuterten biologischen Grundlagen des Lernens
gilt: Nicht die kurzfristige Vorbereitung bestimmt
wesentlich das Prüfungsergebnis, sondern
• aktives Lernen
• regelmässige Arbeit im Arbeitsablauf
• sorgfältige Anlage, Sammlung und Ord-
nung von Unterlagen
Das heisst z. B. für einen Schüler, der in der
Regel 2 bis 2.5 Stunden für Hausaufgaben auf-
wendet, dass er durch Intensivierung vor Prü-
fungen diese Zeit höchstens um 2 Stunden er-
höhen kann. Damit ist meistens die Aufnahme-
fähigkeit für neuen Lernstoff erschöpft. Deshalb
kommt vieles darauf an, die Prüfungsvorberei-
lernen lernen
23
tung frühzeitig zu beginnen und rechtzeitig vor
dem Prüfungstermin abzuschliessen. Hier helfen
nur Planung und Organisation, Fehleinschätzun-
gen des Zeitbedarfs, Termindruck und Stress zu
vermeiden. Aber es kommt nicht nur auf die
aufgewandte Lernzeit an, sondern auch auf die
richtige Auswahl des für die Prüfung wichtigen
Stoffes und auf die Intensität und Qualität des
Lernens. Daraus folgt, dass man erst planen und
lernen kann, wenn man weiss, was gelernt wer-
den muss. Informationen dazu geben:
• die Lehrer
• die Prüfungsordnungen
• Stoffpläne, Lehrpläne, Rahmenrichtli-
nien
• Einheitliche Prüfungsanforderungen in
der Abiturprüfung für die einzelnen Fä-
cher.
Darüber hinaus gibt es als weitere Informations-
quellen Prüfungshinweise mehr inoffizieller und
schulinterner Art, von denen man profitieren
kann:
• Angaben der Lehrer: Eingrenzung des
Prüfungsstoffes;
• Hinweise über Prüfungsstil und Ansprü-
che einzelner Prüfer
• Auskünfte früherer Prüflinge.
Mittelfristige Prüfungsplanung
Am Anfang einer gezielten Prüfungsvorbereitung
sollte für jedes Fach eine Bestandsaufnahme
stehen, die folgende Fragen zu beantworten
sucht:
• Welche Anforderungen (Themenberei-
che) werden gestellt?
• Welche dieser Anforderungen beherr-
sche ich vollständig?
• Welchen Anforderungen werde ich nur
teilweise gerecht?
• Welche Anforderungen erfülle ich nicht?
Die Fragen – nach Fächern und Themenberei-
chen getrennt aufgestellt - ergeben das Lern-
Soll, das mit der zur Verfügung stehenden Lern-
zeit abgestimmt werden muss.
Eine in dieser Weise vorgenommene Prüfungs-
planung erfordert:
• rechtzeitigen Planungsbeginn
• genaue Definition der geforderten The-
menbereiche
• ehrliche Diagnose des Kenntnisstandes
• sorgfältige Zusammenstellung des be-
nötigten Prüfungsmaterials
• realistische Zeitbedarfsschätzungen.
Es ist wohl überflüssig zu betonen, dass alle
Planung sinnlos bleibt, wenn sie nicht auch in die
Tat umgesetzt wird.
Kurzfristige Prüfungsplanung
Trotz der vorgeschlagenen lang- und mittelfristi-
gen Massnahmen bleibt es in der Regel nicht
aus, dass man in den Wochen vor dem Prü-
fungstermin die Anstrengungen erhöht. Damit
sie nicht zum Stress werden, gibt es auch hier
zu beachtende Regeln
a. Prüfungsablauf üben
Zum Üben der schriftlichen Prüfung bieten sich
Aufgaben an, die den gleichen Schwierigkeits-
grad und Umfang wie echte Prüfungsaufgaben
haben, z. B. Aufgaben früherer Abiturprüfungen
oder Klausuren unter Abiturbedingungen (Ehe-
malige fragen; Aufgabensammlungen anlegen!)
oder Modellaufgaben
aus den Abituranfor-
derungen (käuflich im
Buchhandel!). Diese
Aufgaben löst man
mit den gleichen
Hilfsmitteln und im
selben Zeitraum, wie
sie für die Abiturprü-
fung zur Verfügung
stehen.
Für mündliche Prüfungen versucht man, sich in
die Rolle des prüfenden Lehrers zu versetzen
und den Stoff in Fragen umzuformulieren und zu
beantworten. Ein Tipp aus eigener Anschauung:
Eine Prüfungsgruppe bilden und diesen Übungs-
lernen lernen
24
typ in Partnerarbeit anwenden; anschliessend
Prüfungskritik, Fehleranalyse und Note!
b. Lernstoff strukturieren und lernen
Da mündliche, teilweise aber auch schriftliche
Prüfungen zu einem wesentlichen Teil aus der
Abfrage von erlerntem Wissen und dem Aufzei-
gen von Zusammenhängen bestehen, ist es
sinnvoll, den Lernstoff zu strukturieren, indem
man ihn selbst in übersichtliche und bedeu-
tungsstiftende Zusammenhänge bringt, z. B.:
• synoptische Aufbereitung einer Ge-
schichtsepoche
• Stoffgliederungen
• grafische Darstellungen
• Tabellen
• tafelbildähnliche Strukturierung
• Mind Map
• Anlage einer Lernkartei.
• Vorbereitungsgebiete wechseln
Weil das Lernen von Paukstoff schnell zur Ermü-
dung führt und ausserdem leicht Interferenzer-
scheinungen auslöst), empfiehlt sich gerade
hier, die Wissensgebiete zu wechseln und nicht
länger als 30-40 Minuten bei einem Stoff zu
verweilen.
c. Normales Leben führen
So bedeutsam die bevorstehende Prüfung viel-
leicht ist – das Leben sollte dennoch nicht zu
kurz kommen. Erholung und Pausen sind wich-
tig, und auch die sozialen Kontakte wollen ja
gepflegt sein. Normalität ist ein ganz gutes Ge-
genmittel für drohende Nervosität und Überfor-
derung. Eine Gewaltkur mit einem 16-Stunden-
Tag kann der Umgebung zwar imponieren, ist
aber sinnlos, da jeder Mensch nur eine begrenz-
te Lernkapazität hat.
d. Zeit für Gesamtwiederholung einplanen
Am Ende einer grösseren Prüfungsvorbereitung
sollte unbedingt eine Gesamtwiederholung ste-
hen, die der Zusammenschau der gelernten
Einzelstoffe dient. Sie sollte spätestens einen
Tag vor der Prüfung beendet sein.
Der letzte Tag vor dem Prüfungstermin dient
ausschliesslich der Entspannung. Kurzfristig vor
einer Prüfung angelesenes Wissen wird nicht
mehr mit den vorhandenen Kenntnissen ver-
knüpft und stört darüber hinaus als retroaktive
Hemmung das Hervorholen gelernter Kenntnisse
Die Prüfungsvorbereitung auf einen Blick:
a. Aufbereitung (1/3 der Zeit):
• Themen inhaltlich abwechseln
• verschiedene Quellen zusammenführen
• Lernstoff in sinnvolle Zusammenhänge
bringen
b. Einprägen (1/5 der Zeit):
• keinen neuen Stoff mehr hinzufügen
• Wiederholen, Einordnen, Wissenskon-
trolle
• Prüfungsfragen zusammenstellen
• Probeprüfungen durchführen und aus-
werten
• aus Fehlern lernen
c. Wiederholen (1/10 der Zeit):
• nur noch mit den Aufzeichnungen arbei-
ten
• Hauptziel: Überblick
• Probeprüfungen über den Stoff kom-
pletter Prüfungsfächer
• Ruhetag(e) vor der Prüfung einhalten
d. Pausen (ca 1/5 der Zeit):
• dienen der Erholung und Belohnung
• dienen dazu, dass sich der Lernstoff
"setzt"
e. Zeitreserve:
• für Unvorhergesehenes, damit der Prü-
fungsplan funktioniert
• grössere Reserve unmittelbar vor der
Prüfung
lernen lernen
25
Prüfungsverhalten
Schriftliche Prüfungen
Für die Arbeit in schriftlichen Prüfungen gibt es
einige erprobte Regeln, die nützlich sein können:
• Sorgfältig Aufgabenstellung und mögli-
che Hilfen beachten
• Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und
gegebenenfalls Bewertungsschlüssel
prüfen
• Zeit entsprechend Umfang und Schwie-
rigkeitsgrad der Aufgaben planen! Eine
Aufgabe, die nur 10% der Gesamtwer-
tung ausmacht, sollte auch nicht mehr
als 10% der verfügbaren Zeiten in An-
spruch nehmen.
• Nach Möglichkeit die Aufgaben in der
Reihenfolge lösen, wie man sie am bes-
ten kann
• Nach jeder Aufgabe ausreichend Platz
für spätere Hinzufügungen lassen
• Aufgabenstellung im Auge behalten;
Abschweifungen vermeiden; den Auf-
gaben angemessene Darstellungsform
beachten, z.B. knappe, präzise Formu-
lierungen und eingeführte Fachtermino-
logie in den Naturwissenschaften
• Bei längeren Abhandlungen nicht drauf-
losschreiben, sondern vorher Stoff
sammeln und gliedern
• Erst leichtere Aufgaben lösen. Dies
schafft Erfolgserlebnisse, dämpft die
Nervosität und schafft Selbstvertrauen.
Bei Schwierigkeiten zu anderen Aufga-
ben übergehen, aber Lücken lassen, die
später ausgefüllt werden können
• Prüfungen durchstehen und die zur Ver-
fügung stehende Zeit voll nutzen. Oft
fallen einem fehlende Details und Lö-
sungsmöglichkeiten plötzlich ein. Zeit
einplanen für die Schlusskorrektur
(Rechtschreibung, Zeichensetzung, Un-
terstreichungen, Kapitelkennzeichnung
und sonstige Formalien).
Mündliche Prüfungen
Mündlichen "Prüfungen" muss sich der Schüler
im normalen Schulalltag in den verschiedenen
Fächern laufend unterziehen. Infolge der Häufig-
keit solcher Situationen sind diese für den Schü-
ler durchschaubar.
Eine Sonderstellung nimmt in der Schule die
Abiturprüfung ein, deren mündlicher Teil sich
von vielen anderen Prüfungen dadurch unter-
scheidet, dass sie häufig vor einem grösseren
Zuhörerkreis über relativ umfangreiche Stoffge-
biete stattfindet.
Trotz dieser zunächst angsteinflössenden Um-
stände kann diese Prüfung an Schrecken verlie-
ren, wenn man bedenkt, dass der Prüfling Ei-
genarten, Vorlieben und Fragestellung des prü-
fenden Lehrers aus jahrelanger Erfahrung abzu-
schätzen weiss. Hilfreich kann auch die Einsicht
sein, dass der Prüfer selbst sich gegenüber sei-
nen Fachkollegen bzw. Vorgesetzten in einer
prüfungsähnlichen Situation befindet. Es gibt
einige brauchbare Tipps für das Verhalten in
mündlichen Prüfungen. Hier sind einige davon:
1. Denke laut!
Weil die mündliche Prüfung ein Gespräch ist,
stirbt die Unterhaltung, wenn man glaubt, nur
fertige Ergebnisse vortragen zu dürfen. Wichtig
ist, dem Prüfer Gelegenheit zu geben, zu erken-
nen, wie man zu Ergebnissen kommt; und nur
so kann der Prüfer korrigierend und lenkend
lernen lernen
26
eingreifen, sobald man auf Abwege oder in
Sackgassen zu geraten droht. Die meisten Prüfer
sind ja bereit, Hilfe zu geben, wenn man ihnen
auch Möglichkeiten dazu bietet.
2. Beachte die Fragestellung!
Der Prüfer erwartet eine Reaktion auf seine
Frage. Gib zu erkennen, ob du die Frage gehört
und verstanden hast, z.B. durch Wiederholung
oder durch eine Formulierung der Aufgabe mit
eigenen Worten. Wenn das geschieht, kann man
mit dieser
wiederho-
lenden
Formulie-
rung tes-
ten, ob die
Richtung
des vor-
gestellten
Lösungs-
weges
stimmt, z.B.: "Meinen Sie Ihre Frage in Richtung
auf ...?" "Wollen Sie von mir hören, was ...?"
Verunsichere den Prüfer bloss nicht nicht durch
Schweigen!
3. Nicht gleich resignieren!
Wer alles auf Anhieb weiss, erhält eine sehr gute
Note. Zwischen 00 und 15 Punkten liegt aber
noch eine ganze Bandbreite, d.h., dass man
nicht sofort den Kopf in den Sand stecken muss,
wenn man eine Frage nicht sofort vollständig
beantworten kann. Jede Prüfung hat Abschnitte,
in denen man Fragen nur teilweise oder gar
nicht beantworten kann. Es empfiehlt sich dann,
anstatt aufzugeben oder zu verstummen, Lücken
offen einzugestehen, aber das zu äussern, was
man weiss. Dazu eignen sich z.B. folgende For-
mulierungen:
"Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es
könnte ungefähr so sein, dass...", oder "mir fällt
im Augenblick der Ausdruck nicht ein, aber es
handelt sich, ...", und man versucht den Ge-
genstand mit anderen Worten zu umschreiben.
4. Beachte die Reaktionen des Prüfers!
Prüfer reagieren normalerweise auf falsche oder
zutreffende Antworten mit Gesten, zustimmen-
den oder ablehnenden Gebärden. Diese Hilfen
und Tipps sollte man beachten, da sie einem
Hinweise geben, ob man auf der richtigen oder
falschen Fährte ist. Hier gilt ebenfalls: Stummes
Nachdenken fordert auch keine Hilfen heraus.
5. Denke nicht zu kompliziert!
Verstelle dir Lösungswege nicht durch kompli-
ziertes Denken ("Man sieht den
Wald vor lauter Bäumen
nicht"). Häufig wird viel Einfa-
cheres und Näherliegendes
gefragt, als man vermutet.
Gerade zu Beginn einer Prü-
fung versuchen Prüfer durch
einfache Fragen und Rückgriff
auf Spezialgebiete, dem Prüf-
ling wohlwollend entgegenzu-
kommen, um ihm Selbstver-
trauen und Sicherheit zu geben.
6. Verstecke deine Kenntnisse und Fähig-
keiten nicht!
Biete dem Prüfer Gelegenheit, dich über Themen
zu prüfen, in denen du dich besonders sicher
fühlst. Oft lässt sich in Prüfungen durch ge-
schickte "Lenkung" der Prüfende veranlassen,
auf deine Hinweise einzugehen. Ob er das tut,
ist natürlich in sein Belieben gestellt, wie über-
haupt eine solche Lenkung nur geschickt und
zurückhaltend versucht werden sollte.
7. Andererseits sind gerade bei festgelaufenen
Prüfungen Prüfer dankbar, wenn du ihnen solche
Hilfen anbietest. Nutze die Zeit im Vorberei-
tungsraum dazu, auf deinem Konzept zu notie-
ren, welche Informationen du auf jeden Fall im
Prüfungsgespräch unterbringen willst. Bestehe
gegebenenfalls sanft darauf.
lernen lernen
27
8. Nervosität ist normal und wird vom Prü-
fer akzeptiert.
Prüfer sind auch Menschen, die Prüfungen hinter
sich gebracht haben. Sie kennen feuchte Hände,
leicht zitternde Knie und nervöse Gesten und
haben für natürliche Nervosität Verständnis.
Kein Verständnis und kein Mitleid empfinden sie,
wenn Nervosität als Entschuldigung für mangel-
hafte Leistungen vorgetäuscht wird. Eine der
Prüfungssituation angemessene Nervosität ist
hingegen natürlich. Deshalb kann man sie ruhig
zeigen.
9. Gehe mit realistischen Vorerwartungen
in die Prüfung!
Eine realistische Einschätzung seiner Fähigkeiten
und Kenntnisse und damit der erreichbaren
Prüfungsergebnisse baut Angst vor Versagen,
Selbstüberschätzung und übersteigerte Erwar-
tungen ab und stabilisiert Psyche und Nerven.
Wer jahrelang in einem Prüfungsfach nur eine
"Vier" hat, kann schlechterdings in einer Prüfung
nicht auf eine "Zwei" hoffen. Wer andererseits
kontinuierlich eine gute Note hat, kann auch in
der Prüfung auf ein ähnliches Ergebnis hoffen.
10. Stehe Prüfungen durch!
Auf keinen Fall sollte man Prüfungen vorzeitig
abbrechen, sondern bis zum Ende durchhalten.
Fachlich begründete Prüfungsmisserfolge sind in
der Regel durch Wiederholung wettzumachen.
Wird eine Prüfung hingegen abgebrochen, gräbt
sich diese Situation oft traumatisch in die Psyche
ein und löst später immer wieder panische
Angstgefühle aus.
Eselsbrücken
Deutsch
• Wer nämlich mit h schreibt ist dämlich.
• Wer brauchen ohne 'zu' gebraucht,
braucht brauchen überhaupt nicht zu
gebrauchen!
• 'gar nicht' wird gar nicht zusammenge-
schrieben.
• Nach l, n, r das merke ja, steht nie tz
und nie ck
• Da, wo man redet, sagt und spricht,
vergiss die kleinen Zeichen nicht.
• Sei nicht dumm und merk dir bloss:
Namenwörter schreibt man gross!
• Den 'Tiger' schreib mit langem 'i', je-
doch mit mit 'ie' schreib ihn nie!
• Doppel-a, das ist doch klar, sind in
Waage, Haar und Paar!
Englisch
• He, she, it - ein "s" muss mit. (3. Per-
son Singular in Simple Present)
• das gibt's auch auf Englisch: He, she, it
– No "s" is shit.
• Did und Grundform ist die Norm nach
"did" steht nie die Past Tense form.
(das gilt auch für andere Formen von
"to do")
Beispiel dazu: Did you go shopping?
(Simple Past)
• Oder was für die Fragebildung mit
question words: With "who" never "to
do". (I.d.R. braucht man die Umschrei-
bung mit "do" zur Fragebildung, es sei
denn, man benutzt das Fragewort
"Who".
Allerdings gibt's da auch "Ausnahmen"!
(Who do you think you are?)
lernen lernen
28
Französisch
• Um "ou" (oder) von "où" (wo) vonein-
ander zu unterscheiden: Auf der Oder
schwimmt kein Graf.
• • Vor o, u, a, lautet "C" wie "K". Hängt
man eine Cedille dran, nimmt es gleich
den "S-Laut" an.
Latein
• Nach si, nisi, ne, num, pro, ubi, quan-
do, cum fällt ali- um (quis statt aliquis
usw.)
• unus, solus, totus, ullus, uter, alter,
neuter, nullus, und alius – sie haben al-
le "ius" in dem zweiten Falle und im Da-
tiv enden sie stets auf ein langes i
oder:
Unus, solus, totus, ullus, uter, alter,
neuter, nullus und uterque haben alle '-
ius' in dem zweiten Falle. Doch im Dativ
enden sie, wie alius, mit langem '-i'.
oder:
unus, solus, totus, ullus, uter, alter,
neuter, nullus, alius erfordern alle ius in
dem zweiten Falle, und im Dativ setzt
man sie stets mit einem langen i.
• a, ab, abs, e, ex und de cum und sine,
pro und prae stehen mit dem Ablativ
Lateinische Geschlechtsregeln:
• Masculini generis sind die Wörter all'
auf -nis – mensis, orbis, sanguis, fons
collis,lapis,piscis.mons, sermo, ordo,
leo, pons, dens, sol, grex und pulvis.
• Doch iuventus, virtus, salus, servitus,
senectus, palus, merces,seges, quies,
auch: arbor weiblich sind im Brauch.
• Neutra sind cor, vas (Gefäss), cadaver,
iter, ver und aes, os, oris (Mund), os,
ossis (Bein), müssen gleichfalls neutra
sein.
• Brauch männlich die auf -or, -os, -er
und -es Ungleichsilbiger.
• Die -o, -as, -aus, die -x und –is -es in
parisyllabis, und -s, vor dem ein Konso-
nant, als Feminina sind bekannt.
• Die -a, -e, -c, die -l, -n, -t, die -ar, -ur,
-us sind neutrius
Mathematik
• Bedächtig kommt dahergeschritten, 4/3
Pi mal R zur dritten...
• Differenzen und Summen kürzen nur
die Dummen! (Bruchrechnen)
• 6x6 ist 36, ist der Lehrer noch so fleis-
sig...
• Folgenden Merksatz für Pi=3,14... fand
ich im Buch "Mathematik ernst und hei-
ter" von Erich Schneider:
Wie, o dies Pi 3 , 1 4 1 Macht
ernstlich so vielen Müh'!
5 9 2 6 3
Lernt immerhin, Jünglinge, leichte
Verselein,
5 8 9 7 9
Wie so zum Beispiel dies dürfte zu
merken sein!
3 2 3 8 4 6 2 6 4
• In Mathe versuch ich es mit der KLAPS-
Regel: Pi Kla mmer, P unkt vor S trich
Physik
• Für den Phasenverschiebungswinkel in
der Wechselstromtechnik: Beim Kon-
densato(ooooooo)r eilt der Strom vor.
Und: Bei Induktivitäten (also Spulen),
die Ströme sich verspäten.
oder:
Kondensator, Strom eilt vor. Induktivi-
tät, Strom zu spät.
• Omega ist, das weiss ich, n mal Pi
durch dreissig. Es betrifft die Umrech-
nung von der Umdrehungszahl n, ge-
messen in Umdrehungen pro Minute, in
die Kreisfrequenz Omega, gemessen in
1/sekunde.
lernen lernen
29
Geschichte
• 333 bei Issos Keilerei (333 besiegte
Alexander der Grosse den Perserkönig
Darius III in einer Schlacht bei Issos.)
• 753 - Rom schlüpft aus dem Ei
• Aus dem I. Weltkrieg: Jeder Schuss ein
Russ', jeder Stoss ein Franzos', jeder
Tritt ein Brit', die Serben müssen alle
sterben und über die Montenegriner, da
lachen ja die Hihner. (Nicht schön, gibt
aber die Stimmungslage vom Sommer
'14 wieder).
Geographie
• Brigach und Breg bringen die Donau zu
Weg Altmühl, Nab und Regen fliessen
der Donau entgegen, Iller, Lech, Isar,
Inn fliessen zu der Donau hin
oder:
Iller, Lech, Isar, Inn, fliessen rechts der
Donau hin, Altmühl, Naab und Regen,
sind dagegen links gelegen.
• Die Reihenfolge der Ostfriesischen In-
seln kann man sich mit dem folgenden
Satz merken: Welcher Sportler liegt bis
neun im Bett
oder
Welcher Seemann liegt bei Nanni im
Bett (Wangerooge Spiekeroog Lange-
oog Baltrum Norderney Juist Borkum)
• Wo Fulda sich und Werra küssen, sie ih-
ren Namen büssen müssen. So entsteht
– ohne Verdruss – der schöne Weser-
fluss.
• Geographenfluch (so aus den 70er Jah-
ren von Hanns Dieter Hüsch): Lias,
Dogger, Qualm (=Malm), Günz, Mindel,
Riss und Zwirn (=Würm) !! (Die Ab-
schnitte der Jura-Zeit und die vier Eis-
zeiten in Süddeutschland)
• Feldspat, Quarz und Glimmer – hat der
Granit immer.
• Bei Frauen und bei Cirren kann man
sich manchmal irren. (Cirren künden im
Regelfall von einer herannahenden
Warmfront, die Landregen mit sich
bringt – es muss aber nicht unbedingt
so sein.)
• Nie Ohne Seife Waschen. (Die Folge der
Anfangsbuchstaben hilft, die Reihenfol-
ge der Himmelsrichtungen zu behalten,
um sie in Uhrzeigerrichtung in einer
Windrose richtig einzusetzen.)
• Luv = zum Wind, Lee = weg vom Wind
(Luv und zu haben ein u, Lee und weg
ein e.)
• Wenn ich (als Rechtshänder) dir eine
Ohrfeige gebe, hast du eine rote linke
Backe, daher: Backbord ist links und
rot. (Steuerbord ist rechts und grün;
jeweils komplementär.)
• Wenn sich zwei Schiffe nachts begeg-
nen und vom jeweils anderen nichts als
die Positionslaternen sehen, dann gilt:
Rot an Rot hat keine Not.
Grün an Grün kannst du getrost vor-
überziehn.
Astronomie
• Zum Merken der Planetenreihenfolge
bietet sich folgender Satz an:
Mein Merkur
Vater Venus
Erklärt Erde
Mir Mars
Jeden Jupiter
Sonntag Saturn
Unsere Uranus
Neun Neptun
Planeten Pluto
• Wenn aber Pluto mit seiner elliptischen
Bahn näher an der Sonne ist als Nep-
tun, heisst der Spruch: Mein Vater er-
klärt mir jeden Sonntag unsere Plane-
ten neu!
Stress und Prüfungsangst
kik business academy
Neuenhoferstrasse 101
5401 Baden
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Impressum
Autoren: Anton Wagner
Herausgeber: kik AG / ITS
Layout/Gestaltung: Daniela von Bergen, kik AG
© kik business academy
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1
Stress und Prüfungsangst
Stress
Definition
Eigentlich ist Stress eine selbstverständliche
körperliche Reaktion auf eine Herausforderung.
Der Mensch braucht für eine normale körperliche
und seelische Entwicklung angemessene Belas-
tungen, die zum Handeln, zur Anpassung zwin-
gen.
Stress kann aber krank machen, wenn die Bean-
spruchungen übermässig sind, wenn sich der
Körper fast ständig in erhöhter Alarmbereitschaft
befindet.
Es gilt zwischen dem Eustress (eu: gut, schön)
und dem Distress (dis: schlecht, krankhaft) zu
unterscheiden.
Anspannung und Wechsel zur nötigen Entspan-
nung ist Voraussetzung für das Wohlbefinden, ist
ein Lebensgrundprinzip. Verspannungen gilt es
zu lösen oder noch besser zu verhindern.
Nicht jeder Stress macht krank. Wir brauchen
positiven Stress. Er macht das Leben lebens-
wert. "Stress ist Leben". Spannungen erzeugen
Kraft, eben Spannkraft. Ohne ein gewisses Mass
an Stress können wir nicht gesund sein. Aller-
dings sollte sich der Stress in Grenzen alten, und
diese Grenzen sind bei jedem Menschen ver-
schieden. Wir alle brauchen Spannung und Ent-
spannung, das ist ein biologisches und psycholo-
gisches Grundprinzip.
Krank machender Stress
Es gibt vielfältige Stressauslöser. Sie werden
individuell bewertet. Das geschieht automatisch,
und ist von unserem Gesundheitszustand, von
Erziehung und unseren Erbanlagen abhängig.
Stressoren
• Isolation
• Kündigung
• Probleme
• Andauender Lärm
• Behinderung z. B. Stau bei Autofahrt
• Verhalten von Menschen
• Ärger mit Partner
• Ärger im Beruf
• Enge
• Angst
• Armut, finanzielle Schwierigkeiten
• Überlastung, zusätzliche Aufgaben
• Andauernde Leistungsforderung
• Tod eines Freundes
• Nachtarbeit
• Zu hohe eigene Ansprüche
• Zu hohe Erwartungen von aussen
• Krankheit
• Eintönigkeit
• Vortrag/Rede halten
• Minderwertigkeitsgefühl
• Orientierungslosigkeit
• Schuldgefühl
• Eile/Hetze/Zeitdruck
• Entzug der Grundbedürfnisse Es-
sen/Trinken
• hässliche Umgebung
• Arbeitsplatzwechsel, Pensionierung
• massloser Wettkampf
• Einsamkeit
• Neid/Missgunst
• Behinderung z. B. Hörbehinderung
Stressoren sind Stresserzeuger. Wichtig ist,
dass es keine in jedem Falle unfehlbaren Stress-
auslöser gibt. Nicht die Situation ist ein Stress-
auslöser, sondern die individuelle Bewertung.
lernen lernen
2
Wir leben in einer Zeit, in der Hektik und
Distress immer mehr zunehmen. Es gehört
schon fast schon zum guten Ton, gestresst zu
sein. Nicht nur Manager sind gestresst, Haus-
frauen, Schüler, Sportler, Arbeiter, selbst Rent-
ner sind es gleichermassen.
Ungelöste Konflikte beschäftigen und belasten
uns, wir kommen mit Mitmenschen nicht zu-
recht, Arbeiten wachsen uns über den Kopf, wir
ängstigen uns über die Gegenwart und vor der
Zukunft.
Uns werden täglich Aktionen und Reaktionen
abverlangt, die ungewöhnlich sind, wir müssen
uns beispielsweise nach Zeitplänen richten, sind
dauernd in Eile und müssen effizient sein.
Viele Menschen sind mit ihrer familiären, berufli-
chen Situation unzufrieden. Sie sind zerfressen
von Neid auf Besitz und Erfolg, machen sich
selber krank mit ihrer Missgunst.
Das Resultat ist, dass der Körper mit innerer
Unruhe, Konzentrationsschwäche, Antriebslosig-
keit, Schlafstörungen und Resignation reagiert.
Die Folgen von anhaltendem krankmachendem
Stress sind Blutdruckanstieg, Gefässkrankheiten,
Herzmuskelschäden, usw.
Da Stress oft eine selbstgewählte Leidensform
ist und oft auch "hausgemacht" ist, lohnt es sich,
sich mit dieser modernen Seuche auseinander-
zusetzen.
Stresserkennung
Einige Stresssymptome können auch medizini-
sche Gründe haben. Oft sind sie jedoch Reaktio-
nen des Körpers auf ungenügendes Stressmana-
gement.
Stresssymptome
• Kopfschmerzen, Migrälne
• Magenverstimmung
• Angespanntheit
• Irritierbarkeit
• Depression
• Durchfall
• Verstopfung
• Mangel an Energie
• Gefühl der Hoffnungslosigkeit
• Konzentrationsprobleme
• Übermässiges Essen
• Auslassen von Mahlzeiten
• Häuffige Erkältung
• Ärger
• Gefühl der Machtlosigkeit
• Vergesslichkeit
• Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen.
• Schlaflosigkeit
• Erhöhter Konsum von Tabak, Alkohol
oder Medikamenten.
Tipps zum Stressabbau
Beginnen den Tag mit einem Plan
Fangen Sie den Tag an, indem Sie in aller Ruhe
Ihr Tagespensum festlegen. Ordnen Sie die Ziele
nach ihrer Wichtigkeit. Das Unwichtigere kann
dann immer noch verschoben werden.
Mach mal Pause!
Legen Sie eine Pause ein, wenn Sie etwas erle-
digt haben. So merken Sie erst richtig, wie gut
es vorwärts geht. Nur die wenigsten Dinge las-
sen sich zu aller Zufriedenheit und für alle Zeiten
erledigen. Geniessen Sie deshalb auch die Freu-
de, ein Etappenziel zu erreichen.
Belohne dich!
Setzen Sie sich Belohnungen für das Erreichen
Ihrer Ziele. Man kann sich auch belohnen, indem
man jemand eine Freude macht.
lernen lernen
3
Mach am Feierabend einen Punkt!
Machen Sie endgültig Feierabend am Ende der
Arbeitszeit. Unerledigtes kommt auf die folgende
Tagesliste. Und grübeln Sie nicht über begange-
ne Fehler oder Fehlentscheidungen nach. Merken
Sie sich, wie Sie diese künftig vermeiden kön-
nen.
Tue etwas beim Nichtstun!
Auf dem Sofa liegen, fernsehen, Zeitung Lesen,
kann helfen, sich zu entspannen und abzuschal-
ten. Doch es gibt eine Menge anderer Freizeitbe-
schäftigungen – auch anstrengende – die gesund
sind. So z. B. sportliche Betätigungen, muskulä-
re Verspannungen – eine Begleiterscheinung des
Stresses - zu lösen.
Die folgenden 20 Antistresstips sind von der
Boston Public Health Commission herausgege-
ben worden:
• Denk positiv und umgib Dich mit positiv
denkenden Menschen.
• Stecke keine zu hohen Ziele. Bitte wenn
nötig um Hilfe.
• Akzeptiere, dass Du nicht jede Situation
kontrollieren kannst. Sei Flexibel.
• Mach am Tagesanfang eine Liste der zu
erledigenden Aufgaben. Setze Prioritä-
ten.
• Zerlege grössere Aufgaben in kleinere.
• Iss ausgewogen, genügend Früchte,
Korn und Gemüse.
• Schlaf genügend jede Nacht.
• Bau jeden Tag eine Fitnesspause zur
Energie- und Stimmungssteigerung
• Lass Zeit für Freizeit: z.B. Musik, Gar-
tenarbeit, Lesen etc.
• Vermeide Nikotin, Alkohol oder Medi-
kamente.
• Benütze Misserfolge als Lerngelegenhei-
ten.
• Sage "Nein" zu Aufgaben, die zu zuviel
Stress führen.
• Sprich mit einem Freund über Enttäu-
schungen oder Erfolge.
• Gib zu, wenn Du nicht recht hast.
• Vermeide Stressquellen wie laute Musik
oder ständige Unordnung.
• Lache. Nimm Dir Zeit um Spass zu ha-
ben.
• Vergiss nicht, dass es auch in Ordnung
ist, einmal zu weinen.
• Trainiere Tiefenatmung: 5 Sekunden
einatmen, 4 Sekunden halten, 5 Se-
kunden ausatmen.
• Längeres Sitzen produziert Stress.
Nimm Treppen statt Lifte, stehe beim
Telefonieren.
• Mach Antistressübungen.
Stressabwehr mit Hilfe von Entspannungs-
training
Selbst grosse Stresssituationen können gut
ertragen werden, wenn man entspannt und nicht
bereits von vornherein nervös ist. Bereits beste-
hende innere Stressreaktionen können durch
Entspannungsübungen abgebaut werden.
Es gibt verschiedene Verfahren, die zu einer
inneren und äusseren Ruhe führen können.
Bei uns ist das Autogene Training am bekanntes-
ten, in den USA hat die Tiefenmuskelentspan-
nung einen grossen Bekanntheitsgrad.
lernen lernen
4
a. Autogenes Training
Das Autogene Training ist weltweit verbreitet.
Seine gegenwärtige besondere Publizität könnte
den Eindruck erwecken, es handle sich dabei um
eine "Modesache", der gegenüber Skepsis und
Vorbehalte angebracht wären. Nichts wäre fal-
scher als derartige Bedenken.
Der besondere Vorteil des Autogenen Trainings
liegt darin, dass der Übende selber einen Ent-
spannungszustand bewirkt, der nicht nur erhol-
sam ist, sondern auch gezielt Beeinträchtigun-
gen des allgemeinen Wohlbefindens und der
Organfunktionen zu mildern und zu beheben
vermag.
Vorzugsweise und mit guten Erfolgen wurde in
steigendem Masse das Autogene Training zur
Behebung von Störungen der vegetativen Abläu-
fe, des Konzentrationsvermögens, bei Span-
nungs- und Angstzuständen, Ein-und Durch-
schlafschwierigkeiten, Nervosität und Stress
angewandt.
Grundlagen-Stufe
Die Grundlagen-Stufe des autogenen Trainings
dient vor allem der Entspannung.
Sie besteht üblicherweise aus sieben Übungen,
die nacheinander Ruhe, Schwere und Wärme in
den Armen und Beinen, eine Beruhigung des
Pulses und der Atmung, Wärme im Sonnenge-
flecht und Kühle der Stirn durch Selbst-
Suggestion hervorrufen.
Die Übungen im Einzelnen:
• Die Ruhe-Übung versetzt den Körper
und Geist in einen Ruhezustand und soll
der Konzentration helfen. Typische Vor-
stellung: „Ich bin ganz ruhig. Die Ge-
danken kommen und gehen. Nichts
kann mich stören.“
• Die Schwere-Übung löst ein Schwere-
gefühl der Gliedmaßen aus (Muskelent-
spannung). Typische Vorstellung: „Die
Arme und Beine sind schwer.“
• Die Wärme-Übung führt zu einem
Wärmegefühl in den Gliedmaßen (ver-
besserte Durchblutung). Typische Vor-
stellung: „Die Arme und Beine sind
warm.“
• Die Atem-Übung vertieft die Entspan-
nung durch konzentriertes, ruhiges Ein-
und Ausatmen. Typische Vorstellung:
„Die Atmung geht ruhig und gleichmä-
ßig.“, oder: „Es atmet mich.“
• Die Herz-Übung (Konzentration auf
den Herzschlag) beruhigt weiter. Typi-
sche Vorstellung: „Das Herz schlägt ru-
hig und gelassen.“
• Die Sonnengeflechts-Übung bedeutet
Konzentration auf den Solarplexus und
seine Durchblutung (Vertiefen der Ent-
spannung). Typische Vorstellung: „Das
Sonnengeflecht (oder: die Leibmitte) ist
strömend warm.“
• Die Kopf-Übung umfasst Konzentrati-
on auf eine „kühle Stirn“ (dient dem
Wachbleiben und Wiedererlangen von
Konzentrationskraft, z. B. bei Müdig-
keit). Typische Vorstellung: „Der Kopf
ist klar, die Stirn ist kühl.“
Mit zunehmendem Training verstärkt sich die
Wirkung der Übungen (z. B. Wirkung auf den
ganzen Körper anstatt nur auf die Arme). Der
erfahrene Anwender kann daher in kurzer Zeit
eine tiefe Entspannung (bei vollem Bewusstsein)
lernen lernen
5
hervorrufen. Die gesprochenen Formeln werden
dabei nach persönlichem Geschmack angepasst
und erweitert. Insbesondere ist es mit Hilfe der
„formelhaften Formulierungen“ möglich, Aufträ-
ge an sich selbst im Unbewußten zu verankern,
die nach Abschluss der Übung nachwirken (z. B.
„Bei Stress bleibe ich ruhig und gelassen“).
Höhere Stufe
In der höheren Stufe des Autogenen Trainings
soll ein Problem mit Suggestion so weit gelöst
werden, dass die Person Heilung oder wenigs-
tens Linderung erfährt. Über die Ursache des
Problems wird nichts ausgesagt.
Für viele Zwecke sind die Übungen der Grundla-
gen-Stufe vollkommen ausreichend. In der hö-
heren Stufe geht es um vertiefte Selbsterkennt-
nis und um Charakterbildung.
Der Ablauf gestaltet sich etwa so:
• Sitzung: Farberlebnisse
• Sitzung: Wahrnehmen konkreter Ge-
genstände (z. B. eine brennende Kerze,
eine Rose)
• Sitzung: Schau abstrakter Werte (z. B.
Hoffnung, Liebe, Mut)
• Sitzung: Übungen zur Charakterbildung
und vertieften Selbsterkenntnis (Fragen
an sich selbst z. B. „wer bin ich?“ oder
„was soll ich tun?“; neben Fragen sind
auch Suggestionen Inhalt dieser Sit-
zung z. B. „ich nehme mich an“ oder
„ich bin zuversichtlich“)
• Sitzung: Reise auf den Meeresgrund
• Sitzung: Reise auf den Gipfel eines Ber-
ges
• Sitzung: Eigene Bilder mit bestimmten
Zielsetzungen
Die höhere Stufe des Autogenen Trainings kann
für sich praktiziert werden.
Voraussetzung für die Übungen der höheren
Stufe ist die Beherrschung der Übungen der
Grundlagen-Stufe. Die höhere Stufe des autoge-
nen Trainings dient der „aufdeckenden“ Selbst-
erkenntnis. Die Einsichten werden vom Übenden
selbstständig ohne Hilfe eines Therapeuten erar-
beitet.
In der höheren Stufe werden luzide Träume
durchlebt mit bleibenden klaren Erinnerungen,
die nicht wie beim Traum meistens nach weni-
gen Minuten ausgelöscht sind.
Nach üblicher Einleitung des AT über Ruhe,
Schwere und Wärme, Atemübung, Herzübung
und Sonnengeflechtsmeditation bleibt der Üben-
de in der tiefsten Meditationsstufe des Sonnen-
geflechtes, dem hypnoiden Trancezustand, sagt
sich aber jetzt: Vor meinem inneren Auge sehe
ich eine Farbe. Aus dieser Farbe entwickelt sich
ein Traumbild.
Dieses Traumbild hat drei Quellen: Einmal das
vor Beginn der Übung festgelegte Meditations-
bild (Meer, Berg, ein anderer Gegenstand, ein
Mensch etc) zum zweiten die aus dem Unbe-
wussten kommende Veränderung dieses Bildes
und drittens die aus dem aktiven Bewusstsein
kommende gewollte Veränderung dieses Bildes.
Diese drei Zuflüsse vermischen sich in jeweils
unterschiedlicher Quantität und Qualität. Es
entsteht so ein luzider Traum, (Klartraum), der
nach dem üblichen Rückruf im Autogenen Trai-
ning völlig memoriert werden kann. Er kann
selbstheilend wirken oder als Basis für ein thera-
peutisches Gespräch genommen werden. Die
beste Zeitspanne für einen solchen Klartraum
sind ca. 15 Minuten.
lernen lernen
6
b. Tiefenmuskelentspannung oder
Progressive Relaxation
Die progressive Relaxation beruht auf dem ein
Zusammenhang von psychischer Spannung
(Unruhe, Angst) und Muskelspannungen.
Ein Mensch, der seelisch angespannt ist, ist auch
muskulär angespannt. Meist kann man einem
unruhigen oder ängstlichen Menschen die (Mus-
kel-) Spannung ansehen: Das Gesicht ist ge-
spannt (Sorgenfalten), die Schultern hochgezo-
gen und die Haltung verkrampft.
Umgekehrt ist durch gezieltes An- und Entspan-
nen verschiedener Muskelgruppen und durch
den Lernvorgang, sich auf die begleitenden Ge-
fühle von Spannungen und Entspannungen zu
konzentrieren und sie zu unterscheiden, ein
Abbau fast aller Muskelspannungen möglich.
Dadurch kann ein Gefühl tiefer Entspannung
erlebt werden. Hierbei tritt ein Effekt auf, der
dem eines Pendels ähnelt. Auf ein bewusstes
Anspannen eines Muskels tritt nach dem Loslas-
sen eine gegenläufige « Pendelbewegung » ein,
die zu dem Gefühl verstärkter Muskelentspan-
nung führt.
Für die Verbesserung der Entspannungsfähigkeit
ist auch Sensibilisierung für Spannungs- und
Entspannungsgefühle von Vorteil.
Relaxation Response
Die meditative Entspannungsreaktion verändert
langfristig die Biochemie des Körpers und errich-
tet eine Art Blockade gegen die negativen Wir-
kungen des Stresshormons Noradrenalin auf
Blutdruck und Herzschlagfrequenz.
Dazu kommt im psychischen Bereich eine Ver-
minderung von Angst, depressiven Zuständen,
Ärgerbereitschaft und Feindseligkeit.
Es geht darum, den Strom der Alltagsgedanken
zu unterbrechen. Dazu wählt man sich einen
sogenannten "geistigen Fokus", etwas, dem man
sich während 10 bis 20 Minuten ganz hingibt.
Wenn ablenkende Gedanken eindringen, lenkt
man die Wahrnehmung sanft und ohne Zwang
wieder auf den Fokus.
Vorgehen:
1. Wählen Sie ein Wort, einen Begriff -
oder ein Gebet, das Sie als Fokus ver-
wenden wollen, oder konzentrieren Sie
sich nur auf Ihren Atem.
2. Sitzen Sie ruhig in einer bequemen Hal-
tung.
3. Schliessen Sie die Augen.
4. Entspannen Sie die Muskeln.
5. Atmen Sie langsam und natürlich, wie-
derholen Sie Ihr Fokus-Wort jedesmal
beim Ausatmen.
6. Bleiben Sie passiv, kümmern Sie sich
nicht darum, ob Sie es gut machen.
Wenn Ihre Gedanken wandern, lenken
Sie sie auf den Fokus zurück.
7. Halten Sie diese Prozedur 10 bis 20 Mi-
nuten durch.
8. Entspannen Sie sich nach dieser Metho-
de 1-2 Mal pro Tag.
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Entscheidend für den Erfolg ist die Geduld: Es
kann bei allen Verfahren Wochen oder gar Mona-
te dauern, bis die Wirkung spürbar ist.
c. Andere Methoden
Natürlich gibt es noch weitere Methoden, die
eine Entspannung zum Ziel haben, zum Beispiel
Yoga, Meditation oder Biotraining Auch Kurse für
Atemschulung zeigen gute Erfolge. Tiefes, be-
wusstes Atmen steigert die Leistung des Kreis-
laufsystems und begünstigt die Sauerstoff-
aufnahme. Neben dem Sport und bewusst ein-
gesetzten Entspannungstechniken gibt es eine
ganze Reihe Tätigkeiten, die Stress abbauen.
Alles was wir gern und mit Freude tun, baut
Stress ab: Lesen, Musizieren, Tanzen, Singen,
Handarbeiten, Beschäftigung mit Tieren, Nichts-
tun, Ferien, usw. Statt negativ, sollten wir uns
bemühen, positiv zu denken . Eine Aussprache
mit einem Freund, einer Freundin bewirkt oft
wahre Wunder, tut gut und hilft, einen Teil der
Spannungen abzutragen. Auch Tagebuch- oder
Briefeschreiben (vielleicht nur für den Papier-
korb) können unser Inneres besänftigen. Viel-
leicht sprechen Sie auf Farben oder Düfte (äthe-
rische Öle) an, vielleicht hilft eine Tasse Tee,
oder es hilft ein anderes Mittel aus der Natur.
Beruhigende rein pflanzliche Wirkstoffe sind
unter anderem Baldrian, Hopfen, Passionsblume
oder Lavendel. Versuchen Sie, gelassener zu
werden. Denken Sie daran: Wo Schatten ist,
muss auch Licht sein!
Zur Geburt gehört der Tod.
Zum Einatmen gehört das Ausatmen.
Zum Geben gehört das Nehmen
Zur Leistung gehört die Erholung
Zur Geborgenheit gehört die Einsamkeit
Zur Spannung gehört die Entspannung
Chinesische Weisheit
Und dann: Lachen Sie! Lachen ist die beste
Medizin. Die heilende Kraft des Lachens liegt
unter anderem darin, dass Lachen Stress besei-
tigt, denn es löst nervöse Spannungen und reak-
tiviert dadurch das Immunsystem. Indem La-
chen Stress beseitigt oder verringert, bessert es
auch die Leistungsfähigkeit der Sinne und Wahr-
nehmung.
Wege aus der Prüfungsangst
Sich optimal aufregen
Prüfungsangst weist auf ein Ungleichgewicht
zwischen Anforderungen und Bewältigungsmög-
lichkeiten hin. Prüfungsangst an sich ist normal!
Erst ihr Übermaß wird zum Problem. Aufregung
aktiviert Menschen (macht sie munter). Zu viel
Aufregung verringert dagegen die Flexibilität,
weil dann nur noch einfache Flucht- und An-
griffsreaktionen zur Verfügung stehen. Erstreben
Sie also nicht allzu viel „Coolness“, sondern
finden Sie lieber den für Sie optimalen Mittelweg
und machen Sie die Prüfungsangst zu Ihrer
Verbündeten.
Selbstwertgefühl stärken
Obwohl manche Körperreaktionen dies nahe
legen (wie Herzrasen und Schweißausbrüche),
sind Prüfungen kein Angriff auf Ihr Leben oder
Ihre Gesundheit. Machen Sie sich bewusst, dass
Prüfungen vor allem darauf abzielen, Ihre Leis-
tung zu bewerten. „Prüfungsangst“ ist somit eine
Variante der „Bewertungsangst“. Zu ihr passt es
nicht, sich wie ein Steinzeitmensch im Angesicht
eines Säbelzahntigers zu verhalten. Wenn Sie
sich vor und bei Prüfungen übermäßig ängsti-
gen, spricht einiges dafür, dass Sie Ihr Selbst-
wertgefühl stark von der Meinung anderer ab-
hängig machen (Motto: Ich bin nur, was ich
leiste). Vielleicht haben Sie ein hohes Perfekti-
onsstreben und betrachten jeden Misserfolg als
Beweis Ihrer Minderwertigkeit. Da Prüfungen
immer wieder vorkommen können, lohnt es sich,
Ihr Selbstwertgefühl auf eine stabilere Basis zu
stellen. Dazu kann Ihnen – neben positiven
Lebenserfahrungen – eine Psychotherapie hel-
fen.
Verantwortung für das Prüfungser-
gebnis vernünftig verteilen
Der Ausgang einer Prüfung hängt meistens von
mehr als einem Faktor (Ihren Fähigkeiten) ab.
So spielen besonders bei mündlichen Prüfungen
persönliche Sympathien und Antipathien, die
Tagesverfassung des Prüfers und das Verhalten
eventueller Mitprüflinge eine Rolle. Es ist daher
lernen lernen
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lebensfremd, das Prüfungsergebnis nur Ihren
Leistungen oder nur dem Faktor Glück zuzu-
schreiben. Indem Sie die Verantwortung wirk-
lichkeitsgetreuer verteilen, motivieren sie sich,
an den Dingen zu arbeiten, die Sie selbst verän-
dern bzw. beeinflussen können. Hierzu gehört
auch der Versuch, die Rahmenbedingungen der
Prüfung eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Katastrophen zu Ende fantasieren
Viele Prüfungskandidaten gehen davon aus,
„dass die Welt zusammenbricht“, wenn sie nicht
bestehen. In der Regel geht das Leben aber
weiter und finden sich Lösungen für die neue
Situation. Manchmal hilft es daher, sich nicht nur
die Katastrophe vorzustellen, sondern sich auch
die Folgezeit auszudenken. So können Sie sich
selbst vor Augen führen, dass wichtige Men-
schen (Eltern, Freunde, Partner) Sie wegen einer
durchgefallenen Prüfung nicht verachten oder
verlassen werden. Außerdem hält das Leben
Alternativen bereit (Wiederholungsprüfung,
andere Berufswege). Helfen Sie sich mit dem
Satz: „Umwege verbessern die Ortskenntnis“
und „Es gibt keine Misserfolge, sondern nur
nützliche Erfahrungen“.
Sich positiv programmieren und Ener-
gie vernünftig einsetzen
Nutzen Sie das Prinzip der „sich selbst erfüllen-
den Prophezeiung“. Indem Sie von einem Prü-
fungserfolg ausgehen, verhindern Sie, dass
Ängste unsinnig viel Energie binden. Aus dem
gleichen Grund ist es mitunter auch hinderlich,
sich vor einem Prüfer krampfhaft zusammen zu
reißen. Finden Sie Kurzformeln, die Sie in
schwierigen Situationen motivieren („Ich schaffe
das“ „Ich stehe das durch“). Programmieren Sie
Ängste in „gespannte Vorfreude“ (gesundes
Lampenfieber) um.
Perspektiven verändern
Fakten allein sind meist neutral, erst ihre „Be-
deutung“ macht Angst. Sehen Sie die Prüfung
nicht als „Bedrohung“, sondern als Chance zu
zeigen, was in Ihnen steckt. Entnehmen Sie
einem schnell schlagenden Herz die beruhigende
Botschaft, dass jetzt Ihr Gehirn besser durchblu-
tet wird.
Arbeitstechniken optimieren und
realistische Ziele setzen
Prüfungsangst kann auch auf mangelnde Vorbe-
reitung oder ungünstige Lerntechniken (Verzet-
teln, keine Pausen, fehlende Lernziele) hinwei-
sen. Optimieren Sie in diesem Fall Ihre Vorberei-
tungsstrategien (z. B. durch Zeit- und Stoffplä-
ne, ausreichende Wiederholungen).