widerstand - brennstoff · 2017. 4. 5. · der sancho pansa ist der repräsentant des satten und...

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Ausgabe Nummer 12 · Mai/Juni 2008 · P.b.b. 05Z036270 M · Verlagspostamt 1080 Wien · www.gea-brennstoff.at Mut ! Was keiner wagt, das sollt ihr wagen was keiner sagt, das sagt heraus was keiner denkt, das wagt zu denken was keiner anfängt, das führt aus wenn keiner ja sagt, sollt ihr’s wagen wenn keiner nein sagt, sagt doch nein wenn alle zweifeln, wagt zu glauben wenn alle mittun, steht allein wo alle loben, habt Bedenken wo alle spotten, spottet nicht wo alle geizen, wagt zu schenken wo alles dunkel ist, macht Licht Franz von Assisi Widerstand

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Page 1: Widerstand - Brennstoff · 2017. 4. 5. · der Sancho Pansa ist der Repräsentant des satten und schlauen Sichabfindens mit dem Gegebenen. Ich glau-be, wir müssen das Große und

Ausgabe Nummer 12 · Mai/Juni 2008 · P.b.b. 05Z036270 M · Verlagspostamt 1080 Wien · www.gea-brennstoff.at

Mut!Was keiner wagt, das sollt ihr wagen

was keiner sagt, das sagt herauswas keiner denkt, das wagt zu denken

was keiner anfängt, das führt auswenn keiner ja sagt, sollt ihr’s wagenwenn keiner nein sagt, sagt doch neinwenn alle zweifeln, wagt zu glauben

wenn alle mittun, steht alleinwo alle loben, habt Bedenkenwo alle spotten, spottet nicht

wo alle geizen, wagt zu schenkenwo alles dunkel ist, macht Licht

Franz von Assisi

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Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM

Page 2: Widerstand - Brennstoff · 2017. 4. 5. · der Sancho Pansa ist der Repräsentant des satten und schlauen Sichabfindens mit dem Gegebenen. Ich glau-be, wir müssen das Große und

2 Nº 12/08

HEINI STAUDINGER

Herausgeber

EditorialInhalt

enn du ins Innere hineinhorchst und demdann gehorchst, gerätst du schnell mit derGesellschaft in Konflikt. Wenn du versuchst

diesem Konflikt auszuweichen, werden die Leute sa-gen: »Er ist so nett«, »sie ist so freundlich«. DieseFreundlichkeiten sind gefährlich. Ein bisschen freund-licher gesagt: diese Freundlichkeiten können gefähr-lich sein. Vielleicht nicht beim ersten Mal. Aber Ach-tung: auf die Dauer wirken sie todsicher.Fritz Zorn schreibt es in seiner Autobiografie (sieheSeite 18) wie sein (Ge-)Horchen auf die anderen beiihm zum Krebs geführt hat. Dem Krebs ist er dann fastdankbar, denn er hat ihn zum Leben wachgerüttelt.Mit Hilfe einer Therapie hofft er Bravsein und Krebs zuüberwinden.Ich habe eine Freundin, die wurde ganz zornig, als siebei einer Besprechung an der Wand folgenden Spruchfand: Es ist leicht es sich schwer zu machen. Es istschwer es sich leicht zu machen. Zornig meinte sie:Nein. Es ist leichter es sich leicht zu machen.Es sich leichter zu machen hieße meistens: ganz ein-fach der inneren Stimme ge-»horchen« und auf dieGepflogenheiten und auf die Konventionen zu pfei-fen. Meine Freundin meint, dies sei leicht. Es ist leichtfür sie. Ohne Zweifel. Sie ist talentiert. Aber was ma-chen wir, die weniger Talentierten?Bravsein kann tödlich sein!Bravsein macht sehr schnell abhängig. Fangen Sie erstgar nicht an.Schützen Sie ihre Kinder – lassen Sie sie nicht Ihreeigene Mutlosigkeit einatmen.Warnungen und Tipps gibt es genug.Auf jeder Zigarettenpackung findet sich eine Esels-brücke, eine Gedächtnisstütze.Das kann helfen. Wir müssen die Warnungen transfor-mieren und in Leben umwandeln.Üben, probieren, scheitern und wieder probieren, dasverbessert die Chancen »es sich leichter zu machen«.

Das meint im Ernst,

Ihr

P.S.: Die Naturbilder in diesem brennstoff sind soschön, als ließe uns die Natur ins Herz schauen. Edu-ardo Galeano sagt es so: »Liebe die Natur, denn Dubist ein Teil von ihr!«So weckt die Liebe zur Natur den Widerstandsgeist. Esist oft unerträglich, was die moderne Welt der Naturantut, also uns antut.

Ausgabe Nº 12 · Mai/Juni 2008

Nº 12/08 3

Medieninhaber und VerlegerGEA Verlag Lange Gasse 24, 1080 Wien

Fax: +43/1/408 36 26–[email protected]

HerausgeberHeinrich Staudinger

ChefredaktionHeinrich StaudingerMoreau

RedaktionsadresseLange Gasse 24 1080 Wien

Fax: +43/1/408 36 26–[email protected]

GEA GrafikVeli

IllustrationenEugen Kment

Satz/GestaltungMoreau

Abos und AnzeigenFax: +43/1/408 36 26–[email protected]

AutorenErich Fried, M. B. RosenbergHuhki, Kalle Lasn, Bernhard Thalhamer,Eduardo Galeano, Franz Moser,Arundhati Roy, Moreau,Heini Staudinger

In den Zitatentout le monde

Erscheinungsweise:Vorerst 4 * im Jahr.Verbreitete Auflage: 60.000

Brennstoff Nr. 12 wird ermöglicht durch die:FörderABOnenntInnen,Waldviertler Schuhwerkstatt, die GEA Möbelwerkstatt, die GEA Geschäfte und unsereInserenten. Danke!.

W

Erich Fried14 Die Maßnahmen

Franz Moser16 Dem Rad in die Speichen fallen

Widerstand und Ergebung beiDietrich Bonhoeffer

Arundhati Roy18 Warum Gandhis Nachfolger so

erfolglos sind

Huhki19 Der Weg der selektiven Inkompetenz

Kalle Lasn19 Echt cool und echt uncool

Short Cuts. Noch mehr brennstoff

11 von Marshall B. Rosenberg, Nelson Mandela, Bernhard Thalhamer ...

Huhki13 Die Macht der Unerreichbarkeit

Eduardo Galeano15 Das Recht zum Träumen

Huhki16 Die Privatisierung der Öffentlichkeit

Heini Staudinger aus Tansania17 Osotua, die Nabelschnur

Oskarl

18 Die Improvisation des Monats

GE GE GE

18 Gelesen. Gehört. Gesehen.

GEA Akademie

Den Sinnen vertrauen, das Eigeneentwickeln, neugierig bleiben oder:

23 werden. Das neue Programm.

Sei kein Mensch. Sei normal.Diese innere Stimme, diesenDrang nach eigenem Lebenständig zu unterdrücken, kostetLebenskraft, die dann alsWiderstandskraft fehlt.Wolf Büntig, brennstoff Nr. 11

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Liebe Freundinnen, liebe Freunde!brennstoffFörderABO

So können Sie uns helfenDer brennstoff ist gratis, aber nicht umsonst. Nun sind Inserenten, die vielGeld haben, wie z. B. Versicherungen, Banken usw. nicht unsere Sache. Inse-renten, die wir sympathisch finden, haben oft kein oder wenig Geld. Darumbitten wir Sie um Hilfe. Mit einem Jahres-FörderABO > um 15,— > um 25,— > um 35,— oder > um .......... Eurokönnen Sie den brennstoff leben und unsere Möglichkeiten wachsen lassen. Willkommen im Club der brennstoff-Freundinnen und -Freunde! Wir schickenIhnen 4 mal im Jahr den brennstoff.

brennstoff FörderABO

PSK-Konto-Nr. 9.647.574 · BLZ 60000 · Konto lautend auf »Heinrich Staudinger GmbH«BIC: OPSKATWW · IBAN: AT816000000009647574Kennwort: brennstoff · Bitte geben Sie Ihren Namen und Ihre Adresse an.

Unter allen neuen brennstoff FörderABOnnenten

verlosen wir 10 Exemplare von Jutta Bauers Meisterwerk Selma.

[email protected]

achdem wir im Jänner 2007 in brennstoff Nr. 7mit dem Verkehrsplaner Hermann Knoflacher

von der TU Wien geredet und seine Erfindung, dasGehzeug, vorgestellt haben, breitet sich die Idee wei-ter aus. So haben seit der großen Aktion in Salzburgim Jänner 2008, die auch im Fernsehen war, weitereGehzeug-Aktionen stattgefunden, u. a. in Volders imInntal, in Gmunden, in Braunau und Simbach ...Außerdem gab es heuer bereits zwei Kunstaktionenmit Gehzeugen, eine am Orff-Institut in Salzburg undeine andere in Augsburg, wo Christian Ranftl eine Wo-che lang mit Schülern und Studenten auf der Straßegearbeitet hat. Das Gehzeug ist ein einfacher Holzrahmen mit Trage-riemen und so groß wie ein Auto. Man schnallt sichdas Gehzeug um und sichert sich damit genauso viel(öffentlichen) Raum, wie Autos für sich beanspruchen. Keine Führerscheinpflicht. Aktuelle Informationen vonder Gehzeug-Front finden Sie unter www.fairkehr.net

Wem gehört der öffentliche Raum? Gehzeug-Aktion in Augsburg, 2008

Raum(M)Enge. Why don’t we do it in the road? Jede (M)Enge Fragen anden Raum. Musik-Sprache-Tanz in und um das Gehzeug. Orff-Institut,Salzburg, 2008

Gehzeuge

ie Leute lachen, wenn sie ein Gehzeug sehen,

und das ist schön, denn gelacht wird nur, wenn

einem ein Licht aufgeht, wenn man die Pointe kapiert

hat. Damit gelingt der Knoflacherschen »Bewusst-

seinsmaschine« mit links, was tiefernste, mit allerlei

Zahlenwerk garnierte Debatten über die Schatten-

seiten der Automobilisierung niemals zustande brin-

gen werden. MOREAU

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Why don’t we do it in the road?

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5Nº 12/084 Nº 12/08

| Bedenkt immer, dass alles, was Hitler getan hat, legal war. |Martin Luther King

erich frieddie maßnahmen

-----------------

die faulen werden geschlachtetdie welt wird fleißig

die hässlichen werden geschlachtetdie welt wird schön

die narren werden geschlachtetdie welt wird weise

die kranken werden geschlachtetdie welt wird gesund

die traurigen werden geschlachtetdie welt wird lustig

die alten werden geschlachtetdie welt wird jung

die feinde werden geschlachtetdie welt wird freundlich

die bösen werden geschlachtetdie welt wird gut

-----------------

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7Nº 12/086 Nº 12/08

ch habe mir hier oft Gedanken darüber ge-macht, wo die Grenzen zwischen dem not-wendigen Widerstand gegen das ›Schicksal‹

und der ebenso notwendigen Ergebung liegen. DerDon Quijote ist das Symbol für die Fortsetzung desWiderstands bis zum Widersinn, ja zum Wahnsinn (... ) Der Widerstand verliert letztlich seinen realen Sinnund verflüchtigt sich ins Theoretisch-Phantastische;der Sancho Pansa ist der Repräsentant des satten undschlauen Sichabfindens mit dem Gegebenen. Ich glau-be, wir müssen das Große und Eigene wirklich unter-nehmen und doch zugleich das selbstverständlich- undallgemein-Notwendige tun, wir müssen dem ›Schick-sal‹ – ich finde das ›Neutrum‹ dieses Begriffs wichtig –ebenso entschlossen entgegentreten wie uns ihm zugegebener Zeit unterwerfen. (... ) Die Grenzen zwischen Widerstand und Ergebung sindalso prinzipiell nicht zu bestimmen; aber es muß bei-des da sein und beides mit Entschlossenheit ergriffenwerden. Der Glaube fordert dieses bewegliche, leben-dige Handeln. Nur so können wir unsere jeweiligegegenwärtige Situation durchhalten und fruchtbarmachen.«

Die »gegenwärtige Situation« des Verfassers dieser Zei-len ist der Februar 1944 im Gefängnis Berlin Tegel innationalsozialistischer Haft, aus der er nicht mehrlebend herauskommen wird. Der evangelische Theo-loge Dietrich Bonhoeffer ist aufgrund seiner aktivenMitwirkung an der wehrmachtsinternen Widerstands-bewegung rund um Admiral Canaris seit dem 5. April1943 inhaftiert.Der Ausnahmetheologe, der bereits mit 24 Jahren ha-bilitiert ist, und der zu den bedeutensten christlichenTheologen des 20. Jahrhunderts gehört, ist von Beginnan klarer Gegner des Nationalsozialismus. Er ist Mit-begründer und einer der wichtigsten Theologen derBekennenden Kirche, die sich gegen den Versuch dernationalsozialistischen Staatsmacht formierte, die ev-angelische Kirche gleichzuschalten. Schon 1933 ergriffBonhoeffer öffentlich Partei für die Juden, er formu-lierte kritisch an die Kirchen gerichtet: »Nur wer fürdie Juden schreit, darf gregorianisch singen.« Aus die-ser Zeit stammt auch sein Bild vom Widerstand: »nichtnur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sonderndem Rad in die Speichen zu fallen.« 1936 erhält Bonhoeffer Lehrverbot. Als Studienleiteram Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Fin-kenwalde fährt er nach der behördlichen Schließung

von 1937 bis 1940 illegal fort. 1940 folgt ein Rede-und Schreibverbot.Wie bei vielen Bekennern und Märtyrern aller Epochengibt es auch im Leben Bonhoeffers einen springendenPunkt in der Biografie. Im Sommer 1939 hält sichBonhoeffer für eine Vortragsreise in den USA auf, zudem Zeitpunkt sind schon einige seiner Werke imAmerikanischen erschienen. Freunde legen ihm nahe,doch einen Lehrstuhl in Amerika anzunehmen undhier weiter und gesichert Theologie zu treiben.Bonhoeffer widersteht mit den Worten, »wenn ichnicht zurückkehre, verrate ich alles, was ich bishergeschrieben, gesagt und getan habe.« Er kehrt also imvollen Bewusstsein der Gefahren nach Deutschlandzurück. Über die Fragmenthaftigkeit seines Lebens schreibt erin den Briefen und Aufzeichnungen aus der Haft, dieunter dem Titel »Widerstand und Ergebung« von sei-nem Schüler und Freund Eberhard Bethge herausge-bracht wurden:

»Unsere geistige Existenz aber bleibt ein Torso. Eskommt wohl nur darauf an, ob man dem Fragmentunseres Lebens noch ansieht, wie das Ganze eigentlichangelegt und gedacht war und aus welchem Materiales besteht. Es gibt schließlich Fragmente, die nur nochauf den Kehrichthaufen gehören, und solche, die be-deutsam sind auf Jahrhunderte hinaus, weil ihre Voll-endung nur eine göttliche Sache sein kann, also Frag-mente, die Fragmente sein müssen – ich denke z. B. andie Kunst der Fuge. Wenn unser Leben auch nur einentferntester Abglanz eines solchen Fragmentes ist, indem wenigstens eine kurze Zeit lang die sich immerstärker häufenden, verschiedenen Themata zusam-menstimmen, und in dem der große Kontrapunkt vonAnfang bis zum Ende durchgehalten wird, sodassschließlich nach dem Abbruch höchstens noch derChoral ›Vor deinen Thron tret’ ich allhier‹ – intoniertwerden kann, dann wollen wir uns auch über unserfragmentarisches Leben nicht beklagen, sondern sogardaran froh werden.«

Am 9. April 1945 wird Dietrich Bonhoeffer im KZFlossenbürg gehängt.

Dem Rad in die Speichen fallenFranz Moser über »Widerstand und Ergebung« bei

Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945)

FRANZ MOSER

Theologe, landwirtschaftlicherFacharbeiter, pädagogischerMitarbeiter im BildungshausSt. Hippolyt, www.hiphaus.at

DIETRICH BONHOEFFER

geb. 1906 in Breslau, gestor-ben am 9. April 1945 im KZFlossenbürg, war ein lutheri-scher Theologe, profilierterVertreter der BekennendenKirche und deutscher Wider-standskämpfer gegen denNationalsozialismus.

LITERATUR

Dietrich BonhoefferWiderstand und Ergebung

Briefe und Aufzeichnungenaus der Haft.Gütersloher Verlagshaus

Renate WindDem Rad in die Speichen

fallen. Die Lebensgeschichtedes Dietrich Bonhoeffer.Gütersloher Verlagshaus

Bei genauerem Zusehen zeigt sich, dass jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser

Art, einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt. Die Macht der einen braucht die Dummheit der

anderen. Der Vorgang ist dabei nicht der, dass bestimmte – also etwa intellektuelle – Anlagen des Menschen

plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern dass unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung

dem Menschen seine innere Selbstständigkeit geraubt wird und dass dieser nun darauf verzichtet, zu den sich

ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden. dietrich bonhoeffer

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9Nº 12/088 Nº 12/08

elche Kritik man auch immer an Gandhi ha-ben mag, kein Politiker auf der Welt hat es jegeschafft, an sein Verständnis von Politik

und der allgemeinen Vorstellungskraft heranzukom-men. Er wusste ganz genau, wie er das Empire mittenins Herz treffen konnte. Der Salzmarsch – als die Inderzum Meer wanderten, um Salz zu gewinnen – war einProtestmarsch gegen die Salzsteuer. Es war kein sym-bolischer Wochenendmarsch, sondern traf die Volks-wirtschaft der Kolonialmacht mitten ins Mark. Das Problem ist allerdings, dass der gewaltfreie Wider-stand immer mehr zu einem symbolischen Akt ver-kommen ist und seinen Bezug zur Realität verlorenhat. Wenn sich ein Symbol von dem löst, was es ei-gentlich symbolisiert, verliert es seine Bedeutung. Eswird wirkungslos. Fünfzehn Millionen Menschen sind am 15. Februar2003 gegen den Irak-Krieg auf die Straße gegangen,was wahrscheinlich die größte Bekundung öffentlicherMoral war, die die Welt je gesehen hat. Es war einfachfantastisch. Aber es war eine symbolische Geste. Diemodernen Regierungen haben gelernt, sich mit sol-chen Dingen zu arrangieren, sie wissen ganz genau,dass sie eine Demonstration oder einen Protestmarsch

Weinfach aussitzen müssen. Sie wissen, dass sich dieMeinungen morgen schon wieder ändern oder durchManipulation verändert werden können. Solange dieöffentliche Gehorsamsverweigerung nicht zu einemrealen, greifbaren Akt wird, sondern symbolisch bleibt,gibt es wenig Hoffnung auf Veränderung. Das ist eine äußerst wichtige Lektion, die wir von derGehorsamsverweigerung der Bevölkerung und demgewaltfreien Widerstand im Kampf um die Unabhän-gigkeit Indiens lernen müssen. Das war zwar ein per-fektes politisches Theater, aber niemals rein symbo-lisch. Es war immer ein spürbarer Schlag gegen dieVolkswirtschaft des Imperialismus. Worum ging es inder swadeshi-Bewegung? Die Parole lautete »Kauftkeine britischen Produkte« und »Stellt euer eigenesGarn her. Stellt euer eigenes Salz her. Wir müssen dieMaschinerie des Empire demontieren und gegen siekampfen.« Die Märsche, Lieder und Zusammenkünftevon heute – das ist alles schön und gut, aber sie sindeben meistens für uns selbst. Wenn wir unsere gesam-te Energie in die Organisation dieser Dinge stecken,fügen wir dem Establishment, dem Imperium keinennennenswerten Schaden zu.

ARUNDHATI ROY, Wahrheit und Macht

er altchinesische Taoismus lehrt die subtilsteForm der Résistance: eine Art politischen Ai-kidos, das die Energie der Widersacher selbst

zum Widerstand nutzt: Das Weiche und Sanfte besiegtdas Harte und Starke ... Tao ist der Weg, von demnichts und niemand abweichen kann und dem wirtrotzdem freudig folgen können – das Paradox desSeins.Man glaubt, etwas zu können wirke sich immer zumVorteil der könnenden Person aus. Nichts ist der Wahr-heit ferner. Der große Künder des Tao, Dschuang-Tse,schwärmte vor 2500 Jahren vom Nutzen der Nutzlo-sigkeit – angesichts eines über die Maßen gewaltigenBaumes: Dort sah er einen ungewöhnlichen Baum, der war sogroß, daß eintausend vierspännige Kutschen von sei-nen Blättern überschattet werden konnten. Als er jedoch hinaufblickte, zu den kleineren Ästen,sah er, dass sie ganz krumm und ungeeignet für Balkenwaren. Als er nach unten auf den massiven Stammsah, bemerkte er, dass er so knorrig war, dass mankeine Särge daraus machen konnte. Leckte man aneinem seiner Blätter, bekam man eitrige Blasen imMund. Roch man an seinem Laub, fiel man in einberauschtes Delirium, das drei Tage andauerte. »Dieser Baum ist wahrlich wertlos«, begeistert sich derMeister angesichts dieses unbrauchbaren Baumriesen,»Ah! Der vergeistigte Mensch ist ebenso wertlos wiedieser Baum.«Der Wunsch, dem System dienlich zu sein – überhauptdie Sucht nach Anerkennung – entspringt einer er-bärmlichen Sklavenmoral. Der Sieg über das Establish-ment beginnt mit der selektiven Inkompetenz. Dasheißt: Plant euer Leben windschief an der ›Wirtschaft‹vorbei; studiert Sanskrit statt BWL, macht keinen Füh-rerschein, werft eure Handys weg, verzichtet auf jeg-liches ›Marketing‹, pfeift aufs Image. Macht euch unbrauchbar für die Konsumgesellschaft:verlernt die Markennamem, kauft bei den letzten Greiß-lern, schätzt das Einfache; schenkt eure Zweitpensionden Armen und Unterdrückten anstatt den Schönheits-farmen. Wer dem Tao folgt, sagt Lao Tse

wünscht, ohne Wünsche zu sein,schätzt keine Luxusgüter,lernt, nicht zu lernen.

Drei simple, unscheinbare Grundsätze, die genügen,die Welt aus den Angeln zu heben. HUHKI

Drüher bedeutete »cool« so etwas wie einzigar-tig, spontan oder begehrenswert. Die coolsteFrau war so, wie alle sein wollten, was aber

keiner ganz gelang, weil sie zu individuell, zu anderswar. Dann veränderte sich die Bedeutung von »cool«.Die Marketingabteilungen fielen über das Wort herund kehrten seine Bedeutung um. Jetzt ist man genaudann cool, wenn man nicht einzigartig ist, sondernAussehen und Ausstrahlung hat, die das unverkennba-re Brandmal von AmericaTM tragen. Haare von PaulMitchell, Khakis von Gap, Auto von BMW, Überzeu-gung von Nike, Vokabular von Letterman, Politik desTalkers Bill Mahrer. Cool ist das Opiat unserer Zeit,und im Verlauf einiger Generationen sind wir süchtigdanach geworden.Menschen, die wirklich cool sind, verstehen sofort,dass die Psychologie der Unterordnung – die Verfüh-rung durch die Konzerne – eine feige Art zu leben ist.Aber diese Menschen gehören zu einer vom Ausster-ben bedrohten Art.Was ist heute noch cool? Dasselbe wie immer: rebel-lisch zu sein. Aber die meisten Menschen, die sich fürrebellisch halten, sind es nicht. Es ist ein verblüffendwirksamer Trick, den der Kulturtrust sich ausgedachthat, um uns »Establishment und Widerstand im prak-tischen Doppelpack anzubieten«, wie Tom Frank, Her-ausgeber des Baff ler Magazine, das nennt. Wir kaufenAnarchie, aber wir bekommen von Konzernen gefer-tigte Konformität. Wir kaufen eine Rebellenschablone,statt unsere eigene zu entwerfen.Machen wir uns doch nichts vor: Wenn Sie sich her-ausputzen, Gas geben und einen Cabernet Sauvignonbestellen, der mehr kostet als ein Wochenende in NewEngland, dann ist das Angeberei. Und Angeberei ist,wie die Harvard-Ökonomin Juliet Schor in The Over-spent American betonte, letztlich ein politisches State-ment. Demonstrativ mit Geld um sich zu werfen istnichts anderes, als die Aufmerksamkeit auf die wach-sende Ungleichheit zwischen Arm und Reich zu lenkenund dabei die eigene Position auf dem sicheren Hügelherauszustreichen. Angeberei offenbart nur Gefühllo-sigkeit, Unmenschlichkeit und Arroganz. Ungleichheitund Exklusivität sind nicht cool. Der Überfluss in der»Ersten Welt« ist nicht cool. Eine Kultur, die die Men-schen dazu anhält, mehr zu konsumieren, ist nichtcool. AmericaTM ist nicht cool. Und die Menschen, dieauf diesen Hype reinfallen, sind im höchsten Grad un-cool, denn sie haben sich reinlegen lassen.

KALLE LASN

F

ArundhatiRoy über Gewaltlosigkeit und warum Gandhis idealistische

Nachfolger so erfolglos sind

Huhkiüber den Weg der selektiven

Inkompetenz

KalleLasn verrät, wer wirklich cool ist

und wer sicher nicht

Mahatma Gandhi, Salzmarsch, 1930

KALLE LASN

CULTURE JAMMING. DasManifest der Anti-Werbung. Verlag orange Press. »Ein sehr cooles Buch undeine sehr coole Idee.«

»Wir, die Menschen, habenunsere Stimme verloren unddie Macht, unsere eigene Kul-tur zu schaffen. Diese Machtmüssen wir zurückerobern«,sagt Kalle Lasn, der Gründerder Media Foundation unddes Adbusters Magazine.

HUHKI

Who is Huhki? Schwer zusagen. Weitere sachdienlicheHinweise auf Seite 13 und 16.

ARUNDHATI ROY

Die 1961 geborene indischeSchriftstellerin und politische

Aktivistin ist eine der profilier-testen Stimmen der Globali-sierungskritik. Zu ihren lite-

rarischen Werken zählenneben dem mehrfach preis-gekrönten Roman »Der Gottder kleinen Dinge« mehrere

politische Sachbücher undzahlreiche Essays.

WAHRHEIT UND MACHT

Arundhati Roy im Gesprächmit David Barsamian.

btb, München, 2004

Der Sieg über das

Establishment beginnt

mit der selektiven

Inkompetenz.

Huhki

Der gewaltfreie

Widerstand ist zu

einem symbolischen

Akt verkommen.

Arundhati Roy

Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM

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10 Nº 12/08 11Nº 12/08

er gehen gelernt hat, der kann auch krabbeln.Umgekehrt gilt das nicht. Ein Kind das gera-de krabbeln gelernt hat, kann noch lange

nicht gehen. Gehen kommt nach dem Krabbeln. Das istEntwicklung. Das gilt auch für die Entwicklung des Bewusstseinsund damit verbunden für das moralische Verhalten.Menschliches Bewusstsein durchläuft – wenn es sichgesund entwickelt – unabhängig von der Kultur, be-stimmte Stufen (bzw. Stadien). Darüber sind sich dieForscher einig. Grob skizziert: Bewusstseinsentwick-lung ist möglich vom »ICH« zum »WIR« bis hin zum»WIR-ALLE«. Die Frage »Was ist gut für mich« bewegteinen Menschen mit egozentrischem Bewusstsein. Aufder nächsten Entwicklungsstufe ist die Frage »Was istgut für mich und meine Gruppe« im Zentrum desBewusstseins. Wer darüber hinaus globales Bewusst-sein erreicht, fragt »Was ist gut für mich und alle Men-schen«.Von globalen Netzwerken zu sprechen, die globaleSichtweise als »nette Vorstellung« zu begreifen, all dasbewirkt noch kein globales Bewusstsein. Viele Vertreteraus Wirtschaft und Politik, die von Globalisierungsprechen, stehen in ihrer inneren Entwicklung aufeiner anderen Stufe, manche von ihnen – betrachtetman ihr moralisches Verhalten – drehen sich zumersten Mal vom Rücken auf den Bauch. B. THALHAMER

tellen wir uns vor, du wanderst den einenFluss entlang und siehst, dass ein Baby denFluss heruntergeschwommen kommt. Es lebt

noch. Du hörst es schreien. Mit Sicherheit springst duhinein und holst es heraus. Du bist noch nicht ganz amUfer angelangt, hast das Baby schon aus dem Wassergeholt, als du zurückschaust aufs Wasser und – Hilfe–, da ist ein weiteres Baby. Du springst wieder hinein,holst es heraus. Jetzt aber siehst du zwei heruntertrei-ben. Du springst hinein, holst sie heraus. Jetzt sind esdrei. Du kannst sie nicht mehr alle selbst herausholen.Aber du siehst, wie jemand anderer am Ufer entlang-läuft und du rufst dieser Person zu: »Hallo, komm, hilfmir!« Ihr zwei holt zusammen die drei Babys herausaus dem Wasser. Ihr schaut euch um und – umHimmels willen – jetzt sind es vier Babys, die ange-schwommen kommen. Nun, hier ist meine Frage: Wenn du in dieser Situation steckst, wirst du damitweitermachen, die Babys aus dem Wasser zu ziehen,oder wirst du flussaufwärts gehen, um nachzuschau-en, wer sie hineinwirft? Wenn wir also dieses Bild aufden gesellschaftlichen Wandel übertragen, finden wirCliquen, die einen so immensen Schaden durch ihrHandeln verursachen. Machen wir dann weiter damit,die Babys aus dem Wasser zu fischen? Es fällt ziemlichschwer, »nein« zu dem schreienden Baby da draußenzu sagen. Hallo, Baby, es tut mir Leid, ich muß strom-aufwärts gehen. Ganz offensichtlich wird ein riesengroßes Leiden durchdie Cliquen in unserer Welt geschaffen, aber wie undwann werden wir uns auf die Cliquen selbst konzen-trieren, die dieses Schlamassel erst schaffen? Also, zuentscheiden, wo ich meine Energien investiere, das istfür mich eine größere, grundlegendere Investition ingesellschaftliche Veränderung. Das Ausmaß an Leidenund an Schmerz, die von den Cliquen geschaffen wer-den, ist unglaublich. Und ich könnte mein ganzesLeben damit verbringen, nur das aufzuputzen, wasdiese Cliquen an Zerstörung hinterlassen.MARSHALL B. ROSENBERG, Das Herz gesellschaftlicher Veränderung

Short Cuts

Marshall B.Rosenberg über mörderische Cliquen

BernhardThalhamer über »globale Krabbler«

Amandla!Nelson Mandela

Noch mehr brennstoff

Du bist ein Kind Gottes.Dich klein zu haltendient der Welt nicht.Dich klein zu haltendamit die anderen um dich herumsich nicht unsicher fühlen:das hat nichts mit Erleuchtung zu tun.Wir sind geboren,um die Größe Gottes,der in uns lebt,zu verwirklichen.Und diese Größeist nicht nur in einigen von uns,sie ist in jedem Menschen.Und wenn wir unser Licht leuchten lassen,dann geben wir unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis,dasselbe zu tun.Wenn wir selbst von Angst frei sind,dann sind die anderen durch unser Daseinauch frei.

S

W

Viele Leute werden aktiv, aber wenn ihr Geisteszustand nicht friedvoll oder glücklich ist, säen ihre Handlungen nur noch mehr Unruhe

und Ärger und verschlimmern die Situation. Statt also zu sagen: »Sitz nicht einfach herum, tu lieber etwas«, sollten wir im Gegenteil sagen:

»Tu nicht einfach etwas, setz Dich lieber hin.« thich nhat hanh

Das Wort »Amandla« stammt aus der südafrika-

nischen Zulu-Sprache und bedeutet »Kraft«,

»Stärke« oder »Energie«.

MARSHALL B. ROSENBERG

geb. 1934 in Canton, Ohio,hat das Konzept der »Gewalt-freien Kommunikation« ent-wickelt. Beeinflusst ist seineArbeit u. a. von den Erkennt-nissen seines Lehrers CarlRogers (Humanistische Psy-chologie) und ÜberlegungenGandhis zur Gewaltfreiheit.

BERNHARD THALHAMER

ist Naturwissenschaftler undBuchautor. Letzte Publikation:»Illusion und Täuschung. DieRundschau-Kolumnen«.

Die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen ist aus wirtschaftlichen

Gründen unverzichtbar. Ein Überleben können wir uns im Interesse

des Wirtschaftswachstums nicht leisten.

Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM

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13Nº 12/0812 Nº 12/08

Die Macht der Unerreichbarkeit

or zwei Jahrzehnten fielen die Leute, andenen ein Mobiltelefon baumelte, noch auf.Heute baumeln wir alle unauffällig am Han-

dy. Totale Erreichbarkeit, früher eine Horrorvorstel-lung, ist zum Standard geworden; Kinder, die mit ihraufwachsen, kennen nicht, was wir einmal ›Privat-leben‹ nannten. Das freut die so genannte Wirtschaft.

Sozialer Suizid? Ich werde ab Sommer diesenJahres auf den Gebrauch von Mobiltelefonen verzich-ten. Seit ich meine Umgebung behutsam darauf vor-bereite, höre ich immer das nämliche: Dann bist du janicht mehr erreichbar! Zu denken gibt mir der leichtentsetzte Blick, von dem diese Warnung begleitet wird.Quasi: Paß auf, das ist gesellschaftlicher Selbstmord.Hätte ich angekündigt, in Zukunft das trappistischeSchweigegelübde auf mich zu nehmen, könnte dieIrritation nicht größer sein. Andere fühlen sich selbst zum Schweigen verdammt:Wie soll ich dich denn dann erreichen?, fragte bang be-sorgt eine philosophische Mitkämpferin, mit der ichseit Jahrzehnten zusammenarbeite. Ja, wie hat sie michdenn in der Festnetzzeit erreicht? Dann gibt es verkappte Vorwürfe, ein kommunikativerEigenbrötler, ja ein fernmündlicher Parasit zu sein:Aha, du ziehst dich also aus dem Verkehr und setzt aufdie Erreichbarkeit der anderen! Tu ich das? Was hat esüberhaupt auf sich mit dieser misteriösen ERREICH-BARKEIT, immer und überall, die uns früher nie abge-gangen ist und ohne die niemand mehr auskommenwill?

Nützliche Handyoten. Bei allen gesellschaftlichwahnwitzigen Trends zählt zuerst die Frage: Cui bono?Wem nützt’s? Und da sehe ich ganz klar, wer profitiertund wer die Zeche zahlt.Psychologisch betrachtet, sind die handlichen akusti-schen Folterinstrumente ausgezeichnete Trainingsge-räte. Schon Kinder lernen so, immer auf Abruf zu le-ben, stets auf ein Signal hin verfügbar zu sein. ImmerRechenschaft zu geben: Wo bist du jetzt? Was machstdu gerade?Denn genau das will später der ›Arbeitgeber‹ wissen,der in Wahrheit die Früchte deiner Arbeit nimmt unddaraus seinen Profit zieht. Überhaupt geht das Argument: »Handys werden dochprivat viel intensiver verwendet als beruflich« wind-schief am Problem vorbei. Denn die totale telefonischeMobilisierung führt zur strafferen Organisation gesell-

schaftlich notwendiger, aber unbezahlter Arbeit, derenLöwenanteil noch immer Frauen verrichten. (»MeineLiebe, du bist wirklich unbezahlbar ; was täten wir nurohne dich?«)Ich glaube, es ist kein historischer Zufall, daß die ›Cell-phone‹-Welle in den USA später anbrandete als beiuns. Die Amerikanerinnen arbeiten etwa soviel wie beiuns, nur weit öfter gegen Bezahlung, in einem offi-ziellen Beschäftigungsverhältnis. Dagegen werden ›private‹ Verrichtungen, wie Kochenund Verköstigen, Feiern organisieren oder Rasenmä-hen in den Staaten meistens von Profis verrichtet. Des-halb ist der indirekte Nutzen des Handys für die sogenannte Wirtschaft in Europa ungleich größer als inden USA. Denn nun kann die Gratisarbeit österreichi-scher, deutscher und italienischer Frauen ›effizienter‹organisiert werden, sodass man auch mehrfache Müt-ter noch zwischendurch in McJobs auspressen kann.Selbstrationalisierung am heimischen Arbeitsplatzschafft freie Zeit zum Ausgebeutetwerden draußen.

Verfügung statt Fügung. Dass der Preis für dietotale akustische Mobilisierung die Spontanität desAlltags ist, steht nicht in den Handy-Verträgen. DieKontrollgier der meisten Menschenwesen wächst mitden Kontrollmöglichkeiten. Je mehr wir auch unserPrivatleben planen, organisieren, entwerfen, desto we-niger kann uns überraschen, erstaunen, bef lügeln.Immer seltener geben wir dem Geschick Gelegenheit,unser Leben zu lenken, wir vertrauen statt dessen un-serer Geschicklickeit als Zeitmanager.Wenn ich zurückblicke, dann beruhen die meistenglücklichen und wunderbaren Wendungen auf zufäl-ligen Treffen und gelegentlichem Verpassen – zweiEreignisarten, die durch das Handy auf der roten Listeaussterbender Situationen gelandet sind. Die mobile Telefonie beseitigt einen Gutteil der natür-lichen Anmut des Lebens, sie killt den Charme desUnerwarteten. Deshalb sage ich mich von ihr los. Nichtnur aufgrund der gesundheitlichen Bedenken.Mein Rat: Erzählt euren Bekannten, dass euch dasHandy Migräne oder Alpträume beschert hat. Erzähltam Arbeitsplatz, der Arzt habe eure Leistungsmin-derung auf Mobiltelefonate zurückgeführt. SammeltStudien über die Schädlichkeit dieser Unterjochungs-technologie. Oder werdet offensiv, macht den Leutenklar, daß Erreichbarkeit Abhängigkeit bedeutet. Und wenn das alles nichts hilft: ZERSTAMPFT DIEHANDYS, KAPPT DIE MASTEN !

Warum Handys Unterdrückungsinstrumente darstellen

HUHKI

absolvierte eine Laufbahn als Tierwärter (Schönbrunn),Liedermacher, Opernsänger( Wr. Kammeroper/operamobile Basel ), Gentechnik-referent (GLOBAL 2000) undWirtschaftsjournalist und istderzeit als Universal-Frei-schaffender in der Hinterbrühltätig.

V

Man ist eingeschläfert

worden und weiß

nicht, dass man

schläft. Man denkt,

man sei normal.

Krishnamurti

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15Nº 12/0814 Nº 12/08

Das Recht zum Träumen

enn wir uns auch nicht die Welt, wie sie seinwird, zusammenraten können, so können wiruns doch immerhin die Welt vorstellen, wie

wir sie wollen. Das Recht zum Träumen kommt nichtvor unter den 30 Menschenrechten, die die UNO Ende1948 ausgerufen hat. Aber wenn dieses Recht nichtwäre, und nicht das Wasser, das es zu trinken gibt –die anderen Rechte wären schon an Austrocknung zuGrunde gegangen. Fallen wir also für einen Moment ins Delirium. DieWelt – jetzt auf dem Kopf – fällt auf die Füße:Auf den Straßen springen die Hunde über Automobile.In der Luft findet sich kein Gift von Maschinen. Und esgibt keine Verschmutzung mehr als nur die, die aus-strömt von den Ängsten und Leidenschaften der Men-schen.Die Leute werden nicht mehr vom Auto rasend ge-macht, nicht mehr vom Computer programmiert, nichtmehr vom Supermarkt aufgekauft und nicht mehr vomFernseher angeglotzt.Das Fernsehgerät ist nicht mehr das wichtigste Fami-lienmitglied und wird behandelt wie das Bügeleisenoder die Waschmaschine.Die Leute arbeiten, um zu leben, anstatt zu leben, umzu arbeiten.In keinem Land werden mehr junge Männer verhaftet,die den Militärdienst verweigern; höchstens noch sol-che, die ihn leisten wollen.Die Ökonomen nennen den Standard des Konsumsnicht mehr »Lebensstandard« und die Menge der Güternicht mehr »Lebensqualität«.

Die Köche werden nicht mehr glauben, dass die Lan-gusten entzückt sind, lebend gekocht zu werden.Die Historiker werden nicht mehr glauben, dass Völkerdavon entzückt sind, erobert zu werden.Die Politiker werden nicht mehr glauben, dass es denArmen gefällt, auf Versprechungen herumzukauen.Die Welt wird nicht mehr im Krieg sein gegen die Ar-men, sondern gegen die Armut; und die Rüstungs-industrie wird für immer den Konkurs anmelden müs-sen.Keiner wird mehr hungers sterben, weil auch keinermehr an Verstopfung stirbt.Die Straßenkinder werden nicht mehr wie Abfall be-handelt, weil es auch keine reichen Kinder mehr gibt.Bildung wird kein Privileg derer mehr sein, die sie be-zahlen können.Die Polizei wird kein Fluch mehr sein für jene, die sienicht kaufen können.Gerechtigkeit und Freiheit – siamesische Zwillinge,verurteilt zum Leben in Trennung – werden sich wie-der vereinen, schön zusammengewachsen Rücken anRücken.Eine Frau, eine Schwarze, wird Präsidentin von Bra-silien; eine andere Frau, eine Schwarze, wird Präsi-dentin der USA. Eine indianische Frau regiert Guate-mala und eine andere Peru.In Argentinien werden die »verrückten Frauen« derPlaza de Mayo zu einem Beispiel für psychische Ge-sundheit, denn sie haben sich geweigert zu vergessenin Zeiten erzwungener Amnesie.Die heilige Mutter Kirche korrigiert einige Druckfehlerauf den Tafeln des Mose. Das sechste Gebot wird hei-ßen: »Du sollst deinen Leib feiern!« Das neunte, wel-ches dem Begehren misstraut, wird das Begehren hei-lig sprechen.Die Kirche wird außerdem ein elftes Gebot ausrufen,das der Herr vergessen hatte: »Liebe die Natur, dennDu bist ein Teil von ihr!«Alle Gefangenen werden feiern, und es wird keineNacht geben, die man nicht lebte, als sei es die letzte,und keinen Tag, der nicht gelebt wurde, als sei es dererste.

Rebellion ist wie dieser Schmetterling, der auf das Meer ohne Insel oder Felsen zuhält.

Er weiß, dass er keinen Platz zum Landen hat. Doch zögert er nicht zu fliegen. Und nein, weder der

Schmetterling noch die Rebellion sind dumm oder selbstmörderisch. Es ist nur so, dass sie wissen,

dass sie doch etwas haben werden, wo sie landen können, weil es in dieser Richtung eine

kleine Insel gibt, die noch kein Satellit entdeckt hat.

Subcomandante Marcos

Von Eduardo Galeano

EDUARDO GALEANO

geboren 1940 in Montevideo,Uruguay, ist Journalist, Essay-ist und Schriftsteller. 1971erschien die erste Fassungseines wichtigsten Werkes,Las venas abiertas de América

Latina (dt. Die offenen Adern

Lateinamerikas ), das sich mitder Geschichte Lateinameri-kas, insbesondere den Kolo-nialherrschaften alter undneuerer Prägung auseinan-dersetzt.

LITERATUR (Auswahl)

Zeit die spricht

Wuppertal, 2005

Die Füße nach oben

Zustand und Zukunft einerverkehrten WeltWuppertal, 2005

Siehe auch Seite 21.

Traumgespräch

Ich träumtedass mein Traum kam

Er sagte:Träume schon endlich!

Ich sah ihn an:Was? Dich?

Nein, dich!Sonst gibt es dich nicht.

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17Nº 12/0816 Nº 12/08

mmer, wenn in einer Diskussion der Begriff›Ich-Stärke‹ auftaucht, frage ich: Und wobleibt die Wir-Stärke? Die Atomisierung der

Gesellschaft läßt am Ende nur Individuen übrig, dieallein durchs Leben schwirren, oder bestenfalls im mo-lekularen Verband der Klein- und Kleinstfamilien. Diesoziale Realität von morgen: eine gesichtlose Massesozialer Atome, sozusagen im thermischen Gleichge-wicht des Todes bei lebendigem Leib.Noch nie waren die Einzelnen so abhängig, so ausge-liefert an die Umstände von Produktion, Transport undVerfügbarkeit der überlebensnotwendigen Güter. Undnoch nie wurde die Illusion der persönlichen Tüchtig-keit, der ökonomischen ›Selbstverantwortung‹ des In-dividualismus so ins Groteske getrieben.

Öffentlichkeitsberaubung. Parallel dazu gehtdie Verherrlichung der Privatisierung. In diesem Fallzeigt schon die Herkunft des Wortes, worum es wirk-lich geht: privare bedeutet berauben, absondern, ver-einzeln – auf gut wienerisch sozial und psychisch ab-stieren. Und genau das meinen Sprecher globaler Kon-zerne wie nationaler Wirtschaftsverbände mit ihremSchlachtruf: Mehr privat!Die diversen Privatisierungskampagnen wuchern wieMetastasen im Restorganismus der ehemals lebendi-gen Öffentlichkeit. Dieses Wort kommt von offen ste-hen, zugänglich sein. Die Philosophin Hannah Arendthat gezeigt, dass die vitale Teilnahme am öffentlichen

Leben seit der antiken Polis maßgeblich für demokra-tische Strukturen bleibt. Das heißt: Demokratie läßt sichnicht privatisieren; sie verwelkt in der Absonderung. Es ist nicht zu glauben, was ( sich ) die Privatisiererschon geleistet haben: Sie haben die Öffentlichkeit derInfrastruktur – Post, Transportmittel, Energie – be-raubt, der Ressourcen – Wälder, Böden, Gewässer –nur Luft, Wind und Regen gehört uns noch gemein-schaftlich, obwohl uns diverse Privatunternehmenschon das Wetter im TV widmen.

Privat-Deprivation. Längst greifen die kapita-len Räuber nach der Öffentlichkeit selbst; diese wirdnicht mehr gelebt, sondern von Privatsendern zusam-men mit der Werbewirtschaft produziert. Auch Bil-dungseinrichtungen werden derzeit weltweit verscha-chert, die Versteigerung an die Meistbietenden machtauch vor ganzen Wissenszweigen nicht halt. Die logische Fortsetzung wäre eigentlich die öffentli-che Privatisierung der Politik; die Betreiber politischerParteien im freien Wettbewerb – wäre das nicht über-legenswert? Wieviele Arbeitsplätze könnte eine De-monstrationsindustrie schaffen – mit professionell ins-zenierten Maiaufmärschen? Oder wie wär’s mit Volks-abstimmungs-Unternehmen? Wenn schon denn schon: Wann hören wir in denNachrichten: »Diesen Bürgerkrieg widmet Ihnen Shellzusammen mit Rio Tinto«; oder: »Ein Präventivschlag,gesponsert von Lockheed Martin«?

Die Privatisierung der ÖffentlichkeitVon Huhki

Ieine Hilfe rinnt so fraglos zu dir wie Nähr-stoffe durch die Nabelschnur.Oder, deine Hilfe rinnt zu mir, so fraglos, wie

das Blut durch die Nabelschnur zum Embryo.Durch die Nabelschnur rinnt, was nötig ist. Nie mehr.Nie mehr als nötig. OSOTUA. So nennen die Maasai den Brauch, wo einerohne Nachfragen dem Anderen gibt, was er dringendbraucht. Er gibt es freiwillig und gibt es von Herzen.Der Beschenkte hat keine Pflicht dem Schenkenden jeetwas zurückzugeben. Selbstverständlich hat der Be-schenkte die Pflicht jedwedem anderen zu geben, derseine Hilfe braucht, wenn der ihn bittet. Zurückzahlengibt’s nicht.Limitiert ist dieses Schenken nur durch das, was derBittende wirklich braucht. Würde einer diesen Brauch missbrauchen, sprich, erwürde seine Not und seinen Bedarf nur vortäuschen,so würde er sein ganzes Leben von der Gemeinschaft,de facto von der ganzen Gesellschaft der Maasai, aus-geschlossen. Für Maasai ist es undenkbar diesenBrauch zu missbrauchen.So ist OSOTUA, die Nabelschnur, das Band, das un-sichtbar die ganze Gesellschaft verbindet.

Jetzt, beim Schreiben, ist es mir zum ersten Mal auf-gefallen, dass Brauch, brauchen, brauchbar ... einerWortfamilie entstammen.Dieses OSOTUA ist wie eine Sozialversicherung ohneDirektoren, ohne Prämien und ohne Verwaltungs-kosten. Ohne Zögern wird gegeben. Gehalten wird esdurch einen großen Brauch (siehe dazu auch das neueBuch von Christian Felber, Neue Werte für die Wirt-schaft ; Hinweis auf brennstoff-Seite 19).Es gibt also etliche Dinge, die die Maasai besser kön-nen als wir, wo wir ihrer als Entwicklungshelfer be-dürften. Es gibt aber auch Dinge, die »wir« besser kön-nen als die Maasai. So werden z.B. in »unseren« Spitälern im MaasailandWunden erstklassig versorgt, die Tuberkulose effizientbekämpft, unterernährte Babys gut aufgepäppelt usw.usf. Die Maasai spüren genau, dass dieses Wissen»unserer« Medizin für sie gut brauchbar ist.

Seit 1973 kenne ich diese Spitäler im Maasailand.Damals war ich zum ersten Mal dort. Als ich vor zweiJahren von ihrer Krise erfuhr, tat mir das weh. Drumkämpfe ich nun mit Leidenschaft um ihr Überleben,denn die Maasai brauchen diese Spitäler dringend.

Die Maasai genießen es, wenn ich mich fürihre Bräuche interessiere. Häufig haben diesenur eine Botschaft: gemeinsam lässt sich dasLeben leichter meistern, besonders in hartenZeiten.In der Nabelschnur gibt es eine leicht zu ver-stehende Fließrichtung. Die Maasai habenOSOTUA einfach der Natur abgeschaut. Manschaut hin und versteht.Unter den Menschen gibt es immer wiederVersuche die Fließrichtung in der Nabelschnur umzu-drehen – vom Adel, von den Großkonzernen, den Ban-ken und dem Kapital ... Oft ist das Machtmissbrauch,und es bringt den Nachwuchs um, wenn man in dieFließrichtung umdreht, z.B. belief sich im Jahr 2003die Entwicklungshilfe der Industrieländer des Nordensfür die 122 Länder der Dritten Welt auf 54 MilliardenDollar; im selben Jahr haben diese Länder der DrittenWelt den Banken des Nordens 436 Milliarden Dollarals Schuldendienst überwiesen.Ein bisschen tiefer gedacht tut es auch den Nutznie-ßern nicht gut. Wir sind eine Welt.Ich müsst’ ja wirklich lachen, wenn meine Maasai-freunde bei Siemens und General Electric, bei Novartisund Pfizer, bei Deutscher Bank und Raika, bei Chanelund Dior und ... Entwicklungshilfe in OSOTUA gebenwürden. Es wäre eigentlich nicht zum Lachen. Es wärrichtig sinnvoll ( siehe dazu auch den Text von Edu-ardo Galeano, »Das Recht zu Träumen«, auf Seite 15).

Nakiteng supai! So lautet ein Gruß unter jungen,gut befreundeten Maasai. Er heißt: »Du bist meinejunge Kuh«; und Kühe sind das wunderbarste im Lebender Maasai. Mit leuchtenden Kuhaugen möchte ichmich heute mit diesem Gruß von Euch verabschiedenund Euch um eine Spende für »unsere« zwei Spitälerim Maasailand bitten.

Nakiteng supai!Euer Heini Staudinger

Osotua, die NabelschnurGeld oder Leben. Von Heini Staudinger aus Tansania

Spendenkontolautend auf

Heinrich Staudinger für AfrikaKonto-Nr. 1.370, Raika 32415IBAN: AT183241500000001370BIC: RLNWATWWOWS

Solange das Weltall

besteht, und solange

es Lebewesen gibt,

solange mag auch ich

daran festhalten,

das Elend der Welt zu

vertreiben.

Dalai Lama

Ich rebelliere,

also sind wir !

Albert CamusM

Ich finde nicht, dass ein Vorstand für einenKonzern wertvoller ist und zehn Millionen Dol-

lar im Jahr verdienen sollte, während Bauern und Ar-beiter hungern müssen. Über das, was einen hohenWert genießt, bestimmt eine kleine Gruppe von Men-schen, die diese Dinge an sich gerissen hat, so dassdrei Viertel der Weltbevölkerung gezwungen ist, inunvorstellbarer Armut zu leben, weil ihre Arbeit nichtals wertvoll erachtet wird. Was würde passieren, wenndie Straßenkehrer in einer Stadt in Streik treten oderdie Abwasserentsorgung plötzlich nicht mehr funktio-nierte? Ein Vorstand wäre doch gar nicht in der Lage,sich selbst um seine Scheiße zu kümmern.Arundhati Roy

Ein Vorstand wäre doch gar nicht in der Lage, sich selbst um seine Scheiße zu kümmern.❝

Unser Leben endet

mit jenem Tag, an dem

wir aufhören, über

die wirklich wichtigen

Dinge den Mund

aufzumachen.

Martin Luther King

Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM

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19Nº 12/0818 Nº 12/08

Fritz Zorn

Mars

ritz Zorn hat einen Zorn. Einen Zorn auf denKrebs, der bei ihm, dem 32-Jährigen diagnosti-

ziert wurde. Noch größer jedoch ist der Zorn auf seinbisheriges Leben. Seine Autobiografie »Mars« beginntmit den Sätzen: Ich bin jung und reich und gebildet; und ich bin un-glücklich, neurotisch und allein. Ich stamme aus einerder allerbesten Familien des rechten Zürichseeufers,das man auch die Goldküste nennt. Ich bin bürgerlicherzogen worden und mein ganzes Leben lang brav ge-wesen.Dem Krebs ist er dann fast dankbar. Er meint, »seinLeben hätte sich nie durch sehr viel Freude ausge-zeichnet«. Erst der Krebs habe in ihm die Ahnung vomLeben geweckt.»Und wenn ich abends immer weiterginge / aus mei-nem Garten, drin ich müde bin, – / ich weiß: dannführen alle Wege hin / zum Arsenal der ungelebtenDinge«, heißt es bei Rilke. Für Fritz Zorn war es der Krebs, der den Weg zum »Ar-senal der ungelebten Dinge« wies. Und da meint erentschlossen: besser mit Krebs das Leben spüren alsohne Krebs unlebendig oder lebendig tot zu sein.Zorn ist sein Pseudonym. Mit »Mars«, dem Kriegsgott,hofft er den Krebs zu besiegen. Endlich will er leben.Sein Kampfgeist und sein Lebenshunger wirken anste-ckend und berührend. »Man« möchte die Lebens-Chance vor dem Krebs heute noch nützen.

Alle gesellschaftlichen Torheit-en rächen sich, manchmal frü-her, manchmal später. Im al-ten China hatten alle Chine-sinnen verkrüppelte Füße. Ge-hinkt und Schmerzen ausge-standen hat jede als Einzelne;aber die Millionen von ver-krüppelten kaiserlichen Füß-chen bewirkten, dass die Re-volution kam und mit ihr dieverkrüppelten Füße samt dem

Kaiser verschwanden. Armer Kaiser? Nein, dummerKaiser – hätte der als Kaiser doch lieber selbst auf dieFüße seiner Untertanen geachtet; dann wäre er viel-leicht sogar das Haupt dieser Füße geblieben.

Hans Tomaschek · Thomas Nagy

Coaching am Rande des Burnout

elbstausbeutung – ein gespenstisches Parallel-syndrom im Mikrokosmos Mensch zur Plün-

derung des Planeten. Hier wie dort steht am Ende derRuin.Immer mehr »freiwillige Zugpferde« der Wirtschaftbrennen aus, Burnout betrifft Enttäuschte aller Spartenund Schichten. Am Ende stehen Verhaltensstörungen,Arbeitsplatzphobien, endokrine Krankheiten, schwereSüchte, schließlich der totale Zusammenbruch. DerCoach Thomas Nagy hat zusammen mit dem Psycho-therapeuten Hans Thomaschek ein Buch zur Verhin-derung des Ärgsten geschrieben. »Coaching am Randedes Burnout« – erschienen bei »Meisterklasse publis-hing« – zeigt Therapeuten, Führungskräften, Kollegenund Betriebsärzten der Betroffenen, wie man die Leis-

tungsbesessenheit exorziertund die ganz normale Freudeam Leben außerhalb des Be-rufs wieder herstellt.Nähere Informationen:www.meisterklasse.atHUHKI

GE GE GEGelesen. Gehört. Gesehen.

omaten setzen war angesagt. Nur war unserKompost so voller Steckerlen und sonstigem

groben ›Werch‹, dass er nicht wirklich lässig zumPflanzen war. Was tun? Sieben mal sieben?« fragtesich Elli vom Winkler Hof in Birgitz im heiligen LandTirol, dachte aber gleich: »Einmal reicht – aber auchdafür braucht's ein Sieb ... Nachdem in unserem wunderschönen alten Hof schoneinige Leutchen gelebt haben und wieder ausgezogensind, bleibt auch immer einiges am Hof. So auch zweikaputte Bambusliegestühle«, erzählt Elli weiter: »Einesder Gestelle – so auf einmal ein genialer Geistesblitz –könnt' ich doch zum Sieb umfunktionieren. Ab insLagerhaus, Drahtgeflecht besorgt und mit Tacker undKabelbindern am leicht zurechtgesägten Liegestuhlbefestigt. Das DAVOR und DANACH seht Ihr auf denFotos. Wir sind vollauf begeistert und die Hauslängeist nun mit Tomatenkübeln und Bohnensetzlingengeziert. Vielleicht ist das ja was für den OSKARL?« Ist es, passt genau! Herzlichen Dank für die Einsen-dung, liebe Elli, und Gratulation zum OSKARL!

Oskarlfür Improvisierer und Innen

Der »Oskarl fürImprovisiererInnen« ist inzwischen eine

fixe Einrichtung im brennstoff.

Schicken Sie uns bitte geglückte

Beispiele aus Ihrem Alltag!

An: [email protected]

T

F

Ich glaube, von einer bestimmten Anzahl verkrüppel-ter Füße oder anderer verkrüppelter Gliedmaßen oderSeelen an kommt die Revolution immer. Sie muss auchkommen, denn ... Fritz Zorn, »Mars«. Ich habe kaumein Buch öfter verschenkt als dieses. HEINI

Fritz Zorn MARS 224 Seiten, Tb., Verlag Fischer, ISBN 3596222028

Das Genie – zunächst:

es haben oder nicht

haben. Dann ruhen

lassen. Auf sein erstes

Keimen lauern. Nichts

beschleunigen, um zu

vermeiden, dass es in

Samen schießt. Die

Auswüchse nicht zu

früh beschneiden. Es

in alle Richtungen

austreiben lassen, bis

sich deutlich ein Weg

abzeichnet. Die erste

Frucht pflücken. Würzen

und heiß servieren.

Handlungsanweisung für Oskarl-AnwärterInnen von

Salvadore Dali

S

Christian Felber

Neue Werte für die Wirtschaft

Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus

enn Sie entscheiden dürften, würden Sie liebergroßzügiges und solidarisches Verhalten gesetz-

lich belohnen oder geiziges, gieriges und egoistisches?So überraschend das klingen mag: Die Gesetze des»freien« Marktes belohnen Egoismus und bestrafenGroßzügigkeit und Solidarität. Es gilt als »rational«und »effizient«, den eigenen Vorteil auf Kosten schwä-cherer MarktteilnehmerInnen durchzusetzen, seiendies Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müs-sen, eine Wohnung benötigen, einen Kredit oder Nah-rungsmittel; oder Kleinunternehmen, die Großkon-zernen zuliefern. Sobald ein »Tauschpartner« auf demMarkt mächtiger ist als ein anderer, kann er seinenVorteil auf Kosten des anderen durchsetzen. Der freieMarkt ist ein »Zwangstauschsystem«, das chronischUngleichheit produziert. Im globalen Wettbewerb ge-winnt das Unternehmen mit dem höchsten Gewinn,ganz gleich, ob es sich rücksichtsvoll oder skrupellosverhält. In der Regel gewinnt das skrupellosere Un-ternehmen. Als höchste Management-Leistung gilt dieErzielung des höchsten Gewinns, dafür gibt es auf demfreien Markt heute bis zu 3,7 Milliarden US-DollarJahresbelohnung. Diese Anreizmechanismen sind per-vers und für die zahllosen »Kollateralschä-den« des Kapitalismus – von Ungleichheitund Armut bis Sinnentleerung und Um-weltzerstörung – verantwortlich.

ine radikale Alternative zur kapita-listischen Marktwirtschaft könnte

privaten Unternehmen ein anderes Zielvorgeben: Gemeinwohlorientierung statt Gewinn. Dashätte zur Folge, dass der Wachstumszwang in derWirtschaft entfällt, weil die Unternehmen nicht mehreinen höheren Gewinn als die anderen erzielen unddeshalb einander fressen müssen. Die Vernichtungs-konkurrenz würde erlöschen. Auch die Schaffungkünstlicher Bedürfnisse entfiele, weil die Vermehrungvon Kapital um seiner selbst willen nicht mehr Zieldes Wirtschaftens wäre. Kapital würde vom Zweckzum Mittel. Je verantwortlicher, solidarischer, demo-kratischer und kooperativer Unternehmen sich verhal-ten, desto stärker werden sie vom Gesetzgeber dafürbelohnt. So wie heute Egoismus, Gier und Geiz recht-lich belohnt werden.

Christian Felber hat mit seinen

»Neuen Werten für die Wirtschaft«

so etwas wie ein Standardwerk der

globalisierungskritischen Bewegung

geschaffen.

Corinna Milborn

W

Christian Felber NEUE WERTE FÜR DIE

WIRTSCHAFT Eine Alternativezu Kommunismus undKapitalismus, Wien 2008,Deuticke, 336 Seiten, ISBN 978-3-552-06072-2

Hans TomaschekThomas Nagy COACHING AM RANDE

DES BURNOUT Chancen,Möglichkeiten und Grenzen. ISBN 978-9502164-5-5

E

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21Nº 12/0820 Nº 12/08

Gerald Oberansmayr

Auf dem Weg zur

Supermacht

Die Militarisierung der

Europäischen Union

U-»Außenminister« Ja-vier Solana schwärmte

bereits im Jahr 2000, dassdie Militarisierung der EU»mit Lichtgeschwindigkeit« vorankomme. Und tatsäch-lich wird hinter den Kulissen eifrig an der militäri-schen Supermacht EU gearbeitet: Aufbau einer starkenRüstungsindustrie, die eine neue Generation von Waf-fen für hochtechnologische Blitzkriege nach dem »Vor-bild« Irak und Afghanistan produziert, Aufstellung vonrasch einsetzbaren EU-Battlegroups für Militäreinsätzevon Zentralafrika bis zum Hindukusch. In EU-Strategiepapieren wird offen gesagt, worum esbei diesen Einsätzen geht: »Zugang zu strategischenRohstoffen und Absicherung der freien Handelswege«(European Defence Paper, 2004). Es ist daher kein Zu-fall, dass im neuen EU-Grundlagenvertrag sowohl dieVerpflichtung zur Aufrüstung als auch die Verpflich-tung zur »offenen Marktwirtschaft mit freiem Wett-bewerb« in den Verfassungsrang gehoben werden soll.

as Buch von Gerald Oberansmayr liefert sowohleine Gesamtschau als auch viele Details dieses

Militarisierungsprozesses. Trotz des gebotenen Pessimismus in der Analyse ver-tritt der Autor einen begründeten Optimismus im Han-deln. Die Mächtigen sind nicht allmächtig. Der Prozessder Herausbildung einer militärischen Supermachtsteckt voller Widersprüche – genügend Möglichkeiten

Guernica

ie »Guernica« ist die Zeitung der Werkstatt Frie-den & Solidarität. Hier kann man finden, was

man im herrschenden Medieneintopf oft schmerzlichvermisst, z. B. (fortschrittliche, weltoffene und solida-rische) EU-Kritik oder gründliches Hinterfragen dersog. »humanitären« Militärinterventionen – ob am Bal-kan, im Nahen Osten oder in Afrika. »Guernica« schautsich aber auch das Kleingedruckte an, wo andere oftnur die Überschriften liefern: was steht wirklich imEU-Reformvertrag, was bringt die geplante Gesund-heitsreform, wie entwickelt sich die Verteilung in Ös-terreich ...?»Guernica« ist eine Zeitung von und für AktivistInnen,die sich im Betrieb, in ihrer Gemeinde und in NGOsfür friedliche, solidarische und ökologische Alterna-tiven engagieren. Das Blatt zeichnet sich durch eineklare Parteilichkeit für die sozial-Benachteiligten undfür direktdemokratische Entscheidungen aus – ohneparteipolitische Scheuklappen.

Jutta Bauer

Selma

chafe sind dumm. Nicht so Selma. Selma wartetauf dich in allen GEA-Geschäften. Warte keine

Minute zu. Komm und schau dir Selma an. Selmakannst Du um acht Euro zwanzig kau-fen. Richtig begriffen kann Selma deinLeben verändern. Selma bei GEA.Danke Selma, danke GEA!

Jutta Bauer SELMA

Geb., 52 Seiten, 15,4 * 11 cm, Verlag Lappan, ISBN 3-89082-688-1Vertraulicher Hinweis: Unter allen neuen brennstoff-FörderABO-nenntInnen verlosen wir 10 Exemplare vom SELMA. Mehr auf Seite 2.

Das Gute ist möglichLebens- und SozialberatungSupervision, CoachingRosemarie Sedlacek

Rufen Sie mich an und vereinbaren Sie Ihren TerminTelefon 01 – 40 36 435

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für Friedens-, globalisierungskritische und Sozialbe-wegungen, dem Rad der Militarisierung in die Spei-chen zu greifen.

Gerald Oberansmayr AUF DEM WEG ZUR SUPERMACHT – Die Militari-sierung der Europäischen Union, Promedia-Verlag, 2005. Erhältlich imBuchhandel oder in der Werkstatt Frieden & Solidarität, Telefon 0732/771094, E-Mail: [email protected] · www.werkstatt.or.at

GUERNICA Das 10-Nummern-Abo gibt es um 9 Euro, das 5-Nummern-Abo um 5 Euro. Ein Abo (oder ein kostenloses Probeexemplar) kön-nen Sie bestellen bei: Werkstatt Frieden & Solidarität, Waltherstraße 15, 4020 Linz, Telefon0732/771094, E-Mail: [email protected] · www.werkstatt.or.at

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GUERNICA Am 26. April 1937 bombardierten deutsche Kampfflug-zeuge der Legion Condor die baskische Stadt Guernica. Erschüttertvon dem Blutvergießen, setzte der spanische Maler Pablo Picasso mitseinem über acht Meter großen Meisterwerk »Guernica« ein weltweitverstandenes Zeichen gegen Krieg und Zerstörung.

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Eduardo Galeano

Der Ball ist rund

ußball-Europameisterschaft. Ein Großereignis,welches heißt wie das Geld: EURO. Das Geld ist

das Wichtigste auf der Welt. »Das Wichtigste beim Fuß-ball ist zu gewinnen, alles andere ist primär«, sagt ei-ner, der es wissen muß, der Ex-Fußballer Hans Krankl.Es lebe die Gewinnmaximierung! Von ganz anderer Art, von ganz anderem Geist ist dasBuch »Der Ball ist rund« von Eduardo Galeano. Dasfängt schon bei der dem Buch vorangestellten Wid-mung an. Galeano widmet das Buch den Kindern, dieihm »einmal vor Jahren in Calella de la Costa über denWeg liefen. Sie kamen vom Fußballspielen und san-gen: Ob gewonnen, ob verloren, wir haben uns ganzarg vergnügt.« »Die Geschichte des Fußballs«, schreibt Galeano, »isteine traurige Reise von der Lust zur Pflicht. In demMaße, wie dieser Sport zur Industrie geworden ist, hater immer mehr die Schönheit verbannt, die aus der

reinen Freude am Spiel entsteht. Indieser Welt (...) verdammt der Profi-fußball alles, was nutzlos ist, undnutzlos ist, was nicht rentabel ist. (...)Das Spiel ist zum Schauspiel gewor-den, mit wenigen Hauptdarstellernund vielen Zuschauern, Fußballzum Zuschauen, und das Schau-spiel ist zu einem der besten Ge-schäfte der Welt geworden, dasnicht stattfindet, damit gespieltwird, sondern um zu verhindern,

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dass gespielt wird. Die Technokraten des Profisportshaben einen Fußball der Schnelligkeit und Kraftdurchgesetzt, der auf die Freude verzichtet, die Fan-tasie verkümmern läßt und den Mut zum Risiko ver-bietet.«Eduardo Galeano liebt den Fußball, er liebt das Spielund das Spielen, die Fantasie und den Witz. Das spürtman in jedem seiner Sätze: »Zum Glück taucht auf denPlätzen, wenn auch nur selten, immer noch der eineoder andere Lausejunge auf, der das Drehbuch vergißtund die Frechheit hat, die ganze gegnerische Mann-schaft auszudribbeln, dazu den Schiedsrichter und dieZuschauer auf der Tribüne, nur aus der reinen Freude

am Körper, der sich ins ver-botene Abenteuer der Freiheitstürzt.«»Galeano läßt die Worte tanzenwie einst Pelé den Ball auf demFuß«. Virtuos und bilderreicherzählt er die Geschichte desFußballs: Charakterisierungenberühmter Spieler und Spiele,

überraschende Anekdoten, Episoden und Sternstun-den, aber auch Entlarvendes über die Machenschaftenmoderner Fußballtechnokraten – eine Hommage anein volksnahes Spektakel mit anarchischer Kraft. Durch Galeanos poetische Intelligenz und seine wun-derbare Sprache ist diese Sammlung literarischer Fuß-ballkostbarkeiten auch für Nicht-Fans ein Gewinn.Alles andere ist bekanntlich primär. MOREAU

Eduardo Galeano DER BALL IST RUND

Unionsverlag, Tb., 272 Seiten, ISBN 978-3-293-20356-3

Eduardo Galeano

Robert Misik

Genial dagegen

Kritisches Denken von

Marx bis Michael Moore

enial dagegen – diesem Titel ist eigentlich nichtshinzuzufügen (»Nix gredt is globt gnua«, wie der

gelernte Österreicher gern sagt). »Misik macht Lust aufpolitisches Leben«, urteilte der Südwestfunk. Das istviel. Respekt. Wir empfehlen ergänzend: www.misik.at

Robert Misik GENIAL DAGEGEN

Kritisches Denken von Marx bis Michael Moore. Aufbau Verlag, Tb.,200 Seiten, ISBN 978-3-7466-7058-4

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Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM

Page 12: Widerstand - Brennstoff · 2017. 4. 5. · der Sancho Pansa ist der Repräsentant des satten und schlauen Sichabfindens mit dem Gegebenen. Ich glau-be, wir müssen das Große und

23Nº 12/0822 Nº 12/08

KURS 2 Nahrhafte Landschaft –

Wildgemüse-Praxisseminar im Waldviertel mitDI Dr. Michael Machatschek von der Forschungsstellefür Landschafts- und Vegetationskunde.Anhand der Nutzbarkeit einiger Pflanzen wird überköstliches Wildgemüse, Wildobst und Heilpflanzen dieNatur auf eine kulinarische Ebene gehoben. Es wer-den die Bedeutungen verschiedenster Wildkräuter undEsspflanzen am Wegrand sowie ihre Standortansprü-che erläutert und erwandert. Das Tasten, Riechen, Schmecken, Hören und Sehen istaber auch heilwirksam und schärft die Sinne. Durchdas Sammeln lernen wir die Urzusammenhänge mitden Elementen, dem Wachsen und Gedeihen, aberauch den kreativen Umgang mit der freien und kulti-vierten Natur wieder neu entdecken.Von dem in der Umgebung gesammelten Wildgemüsebereiten wir anschließend gemeinsam köstliche Spei-sen zu. Die Vielfalt nutzbarer Pflanzen ist unerschöpf-lich, sei es zum Würzen, als Gemüsebeilage, als Spinatoder Spargelgemüse, Rohkost oder für den Salat. DasLehrreiche liegt so nah – am Wegesrand.

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GEA AkademieNiederschremser Straße 43943 Schrems

Die Administration für die GEA Akademie macht dieWaldviertler Schuhwerkstatt:Telefon 02853 / 765 03 32( Nici ), Fax 02853 / 76 503 19

E-Mail: nici@waldviertler–schuhwerkstatt.at

www.gea.at

TERMIN 1 Montag, 18. bis Freitag, 22. August 2008, jeweils 18 – 21 Uhr

KOSTEN TERMIN 1 inkl. Material 120,– Euro/Person

TERMIN 2 Samstag, 23. bis Sonntag, 24. August 2008, 9.30 – 17 Uhr

KOSTEN TERMIN 2 inkl. Material 80,– Euro/Person

ORT Seminarzentrum Waldviertler Schuhwerstatt, Schrems

ANMELDUNG UND INFO GEA Akademie

KURS 1 Waldviertler selber machen

Kursleitung: Toni Schuster

Toni Schuster heißt wirklich Schuster. Toni ist wirklichSchuhmachermeister. Unter seiner Anleitung machensich die KursteilnehmerInnen ihren Waldviertler sel-ber. Toni macht das so gut, dass die Kurse hoffnungs-los überbucht waren. Wir haben Toni überredet, drumkönnen wir Euch jetzt endlich wieder einladen. Will-kommen zu unserem Schuhmacherkurs »Waldviertlerselber machen« im Waldviertel. HEINI

KURS 3 Sommer-Malerei

Kursleitung: Mag. Friedrich Grall

Malen in den Räumlichkeiten der Waldviertler Schuh-werkstatt. Für Erwachsene und alle Interessierten ab14. Vorkenntnisse sind keine nötig. Die Loft-Atmos-phäre ist toll. Wir haben viel Platz. Aufgespannte Leinwände, Pinsel, Farben (acrylgebun-den; Aquarell ), Kreide und Skizzenpapier sind vorhan-den. Alles Material steht zur freien Verfügung.Unter fachkundiger Anleitung wird dein schlummern-des, vielleicht ist es eh schon munter, Genie geweckt.Das Genie freut sich dann meistens sehr, wenn es aufder Welt ist. Dann kannst du es anschauen. Anre-gungen holen wir uns in der Literatur, aber auch inder Natur. Über Bücher und Dias verschaffen wir unsEinblick, was andere große Meister vor uns gemachthaben.

Zu meiner Person: Meine Ausbildung habe ich auf derHochschule für angewandte Kunst genossen. In 15Jahren als Zeichenlehrer habe ich eine nennenswerteErfahrung mit diversen Mal- und Zeichentechnikengesammelt und bin geübt diese weiterzugeben. AlsLeiter einer Gruppe der Malakademie des Landes Nie-derösterreich macht es mir Freude, Talente beim Kei-men, Knospen und Blühen zu begleiten. Willkommenbei unserer Sommer-Malerei. FRIEDRICH GRALL

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GEA AkademieDen Sinnen vertrauen, das Eigene entwickeln, neugierig bleiben oder: werden.

Bitte bringen Sie gutes Schuh-werk mit sowie Sonnen- undRegenschutz, ein Sammelsäck-lein, einen Notizblock, Schreib-zeug und eventuell einen Fo-toapparat.

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TERMIN 1 13. bis 15. Juni 2008

TERMIN 2 4. bis 6. Juli 2008

TERMIN 3 22. bis 24. August 2008

TERMIN 4 5. bis 7. September 2008

KOSTEN 200 Euro (exkl. Materialkosten)

ORT Waldviertler Schuhwerstatt, Schrems

ANMELDUNG UND INFO GEA Akademie

TERMIN 27. und 28. Juni 2008

DAUER Freitag Mittag 12 Uhr bis Samstag Nachmittag, ca. 15 Uhr

ORT Umgebung der GEA-Akademie, Schrems, Waldviertel

KOSTEN 80 Euro/Person (Übernachtung möglich! )

ANMELDUNG UND INFO GEA Akademie

Edward Bernays Propaganda

J. Stauber, S. Rampton Giftmüll macht schlank

er nicht blind, sondern intelligent und effizientWiderstand leisten und/oder innerlich einiger-

maßen frei bleiben möchte, sollte wissen, mit welchenMethoden die PR-Industrie im Auftrag von Firmen,Interessensverbänden, Parteien und Staaten die öffent-liche Meinung manipuliert. Diese zwei Bücher leistenda gute Dienste.»Propaganda« ist ein Klassiker, der lange Zeit nicht aufDeutsch erhältlich war. Das Werk, 1928 erstmals auf-gelegt, stammt von Edward Bernays, einem Neffenvon Sigmund Freud und zugleich Erfinder der moder-nen PR, den schon Nazi-Propagandaminister JosephGoebbels begeistert gelesen haben soll. Das Buch ge-währt einen praxisbezogenen Einblick in das Innen-leben der mächtigsten Institutionen der modernen De-mokratien in den kapitalistischen Industrienationen.Das leistet aus kritischem Blickwinkel auch »Giftmüllmacht schlank«, in dem John Stauber und SheldonRampton haarsträubende PR-Praxisbeispiele von denAnfängen bis in die Gegenwart zusammen getragenhaben. Beide Werke liefern ein profundes Wissen überdie milliardenschwere Desinformationsindustrie, die ingroßem Maße bestimmt, was wir fühlen, denken, glau-ben, kaufen und wählen. MOREAU

Edward Bernays PROPAGANDA Die Kunst der Public Relations. orange press, Pb., 158 Seiten, ISBN 978-3-936086-35-5

John Stauber, Sheldon Rampton GIFTMÜLL MACHT SCHLANK

Medienprofis, Spin Doctors, PR-Wizards. Die Wahrheit über diePublic-Relations-Industrie. Mit einem Vorwort von Freimut Duve.orange press, Pb., 319 Seiten, ISBN 978-3-936086-28-7

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Subhash

Mein Venezuela

Eine Studienreise

nach Venezuela und

Kolumbien

ie Legionen der Armen wachsen. Sie wachsenüberall. Nicht in Venezuela. »Wenn man die Ar-

mut beseitigen will, muss man die Macht den Armengeben«, sagt Hugo Chávez.Unser Freund Subhash machte als brennstoff-Reportereine Studienreise nach Venezuela, um einen authenti-schen Eindruck zu gewinnen. Seine Berichte, seineBilder, mögliche und unmögliche Lösungs-Wege fin-den Sie unter http://venezuela.subhash.at

Einladung an alle Vor- & Nachdenklichen

Philonight mit Huhki

iesmal geht’s um die Frage: Sind wir Existentia-listen? Inklusive Einführung in »Das Sein und

das Nichts« von Jean-Paul Sartre. Moderation: Huhki Termin: Samstag, 31. Mai 2008 ab 18 UhrOrt: WEINBÖRSE Wien, 1. Bezirk, Parkring 2Bei Fragen: Lisi Kadlec, Telefon 0699/19468810 bzw.E-Mail: [email protected]

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Was ist wirklich los in Venezuela?

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L’ardeur

Quieten Down

enn hier von Trotz die Rede ist, hat das nichtsmit unserem Titelthema »Widerstand« zu tun.

Es geht auch nicht um den Trotz, sondern um dieTrotz, Vorname Monika, charismatische Vokalistin ausWien, die nach einer Vielzahl von Projekten – u.a.mit dem Vienna Art Orchestra – endlich ihr längstfälliges Debütalbum vorgelegt hat. »Quieten Down«

heißt das jazzige Werk mit starker kammermusikali-scher Note, bei dem Monika Trotz es schafft, auch»Son of a preacher man«, den alten Pophit von DustySpringfield, oder das Kinderlied »Ein Männlein stehtim Walde« neu und aufregend klingen zu lassen.Neben Monika Trotz (voc, comp), die als eine der bes-ten Vokalistinnen der Jazzhauptstadt Wien gilt, gehö-ren dieser »besonderen All-Girls-Band« Ingrid Ober-kanins (perc ), Ilse Riedler ( sax, fl, bcl ) und MariaFrodl (vcl ) an. Als Special Guests sind auf »QuietenDown« außerdem der Saxophonist Wolfgang Pusch-nig und Uli Scherer am Klavier zu hören. Sympa-thisch, kraftvoll und sehr, sehr lässig! MOREAU

L’ARDEUR QUIETEN DOWN, CD, Extraplatte, EX 606-2Wer in die CD hineinhören oder sie bestellen möchte, kann das u. a.über die Website www.monikatrotz.at

LIVE ist L’ARDEUR am Dienstag, 24. Juni 2008, im Porgy & Bess zuhören. Wien 1, Riemergasse 11, 20.30 Uhr

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Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM

Page 13: Widerstand - Brennstoff · 2017. 4. 5. · der Sancho Pansa ist der Repräsentant des satten und schlauen Sichabfindens mit dem Gegebenen. Ich glau-be, wir müssen das Große und

ÖSTERREICH2700 Wr. Neustadt, Bahngasse 38, Tel. 02622 / 23 6 87 2340 Mödling, Pfarrgasse 4, Tel. 02236 / 86 00 48 2542 Kottingbrunn, Grenzgasse 3 (Eing. Wagramer St.), Tel. 02252 / 79 01 07 3430 Tulln, Frauentorgasse 9, Tel. 02272 / 66 7 013943 Schrems, Niederschremserstr. 4, Waldviertler Schuh- & Möbelwerkstätte, Tel. 02853 / 76 5 03 4560 Kirchdorf/Kr., Stadtpassage, Tel. 07582 / 51 0 45 4020 Linz, Graben 25, Tel. 0732 / 77 66 06 4600 Wels, Hermann’s, Dragonerstr. 6, Tel. 07242 / 68 6 105020 Salzburg, Schrannengasse 12, Tel. 0662 / 87 72 66 6020 Innsbruck, Anichstr. 20, Tel. 0512 / 58 28 29 6850 Dorn birn, Klückar, Schulgasse 1, Tel. 05572 / 28 4 94 8010 Graz, Sackstraße 36, Tel. 0316 / 82 49 82 9020 Klagenfurt, 8.-Mai-Straße 10, Tel. 0463 / 50 26 81 9900 Lienz, Messinggasse 18, Tel. 048 52 / 65 3 82

ÖSTERREICH1010 Wien, Himmelpfortgasse 26, Tel. 01 / 512 19 67 1080 Wien, Lange Gasse 24 (Schuh), Tel. 01 / 408 36 261080 Wien, Lange Gasse 31 (Möbel),Tel. 01 / 407 50 23 1210 Wien, Am Spitz 2 (Schuhtrafik - keine Betten), Tel. 01 / 270 08 10

DEUTSCHLAND D-81667 München, Weißenburger Platz 1,Tel. ++49 / 89 / 52 03 20 20 D-90403 Nürnberg, Burgstraße 7, Tel. ++49 / 911 / 20 29 315

LUXEMBURGL-2330 LuxemburgBoulevard de la Petrusse 144

NEU ab JUNI 2008

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Brennstoff_12_ANSICHT.ps - 5/16/2008 9:20 AM