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18 WIKU Computer & Technik Mittwoch, 10. März 2010 Schöne neue Digitalwelt „CEBIT“: Größte Computermesse wird kleiner – Viel 3D, neue Handys und andere „Spielchen“ A m vergangenen Samstag ging in Hannover die „Cebit 2010“, die weltgrößte Computermesse, zu Ende. Ein Erfahrungsbericht. Die Cebit baut ab, hatte seit 20 Jahren die niedrigste Aussteller- zahl. Statt acht Tage wie etwa 1987 oder 2003 lief die „Cebit“ nur von Dienstag bis Samstag. Dennoch: Ich habe viel Neues gefunden. 3D noch nicht ausgereift Vor allem schätzte ich die iF-De- sign-Ausstellung, die die schönsten und begehrenswer- testen Geräte in zwei Sälen ver- sammelt, von Fahrrädern über messerschmale Fernseher und Laptops bis zu Handys und Holztischen. Dann sah ich viel 3D, also stereoskopisch anzuse- hende Filme, blieb dabei aber enttäuscht: Die Verfahren sind teuer und inkompatibel, man braucht immer eine extra Brille, Filmmaterial besteht hauptsäch- lich aus Computerspielen in 3D (Der automatischen Umwand- lung von flächigen Filmen in räumliche traue ich nicht: Das kann auf Dauer nicht gut ge- hen). Immerhin gibt es für „Ga- mer“, Spieler, 23-Zoll-3D-Dis- plays um 300 Euro (z. B. Acer GD245HD, LG 3D gaming) und Laptops (Acer Aspire 5740DG € 800), dazu aktive Shutter-Brillen (ca. 200 Euro); die Grafikkarte muss ebenfalls 3D-fähig sein. 3D-Heimkino sah ich nur als Projektor für den Partykeller. Die Aufnahmetechnik muss erarbei- tet werden, wie das Berliner Heinrich-Hertz-Institut mit ei- nem Nachbearbeitungssystem zeigte. 3D-Selbstdrehen geht praktisch noch nicht; ich fürchte eher, dass es einem beim Anse- hen von Hobby-3D-Filmen schlecht wird. Also abwarten. Neue Telefonnachrichten Für Mittelstand und Kleinbüro war die „Cebit“ die Messe schlechthin. Beim Telefon hat sich die IP-Telefonie über Lan voll durchgesetzt, entweder mit eigenem Server im Haus (Aste- risc auf Linux, Microsoft Office Communication Server R2) oder top-modern als „Centrex“: „Central“, das heißt in einer öf- fentlichen Telefonzentrale ste- hend, als „Exchange“, Vermitt- lung. Vodafone hat seine zentra- le, aus Sicht des Kunden ausge- lagerte Telefonanlage vorge- stellt, die erstmals feste und mobile Telefone aller Beteiligten wirklich vereint, etwa in der Chefsekretärin-Kommunikati- on. Die zugehörigen Sip-Telefo- ne, neuerdings auch schnurlose, kommen zumeist vom mittel- ständischen Unternehmen Snom in Berlin (70 MA), in Süd- tirol beispielsweise bei Raiffei- sen-Online zu haben. Das TR69- Protokoll lässt IP-Endgeräte zen- tral von oben her konfigurieren. Der inzwischen weltweit größte (und inkompatible) Telefon- dienstleister Skype hat schon Übergänge zu Sip, dem Stan- dardprotokoll für VoIP, im Beta- test. Für mich ist AVMs Fritz-Box nach wie vor das Universalan- schlussgerät ans Internet, mus- tergültig stromsparend, selbst nachträglich Software-auffrisch- bar, vielseitig wie kein anderes. Die neue Fritz-Box 3370 sendet jetzt drei „Datenstrahlen“ (3- fach-Mimo), kommt damit auf bis zu 450 Mbit/s oder einfach noch einmal die Hälfte weiter. Ach, könnte man doch Fernse- her, Kameras und sonstige Heimelektronik auch neu „fla- shen“, mit frischer Software be- treiben. Bei Handy-Betriebssys- temen wird das gerade üblich. Microsoft propagiert seine Busi- ness-Dienste, virtuell im Haus- netz oder ausgelagert bei „Cloud-Services“. Office 2010 sollen sich fünf Millionen Nutzer seit November 2009 als Beta ge- holt haben. Auf Wunsch läuft es gratis „in der Wolke“ und soll bald auch am Handy verfügbar werden. Bei Hantz sah ich wieder das praktische Normal-plus-Skype- Schnurlostelefon „Dualphone 3088“ und für Motorradfahrer eine schöne neue Gegensprech- anlage, „Sena SMH10“, die am Helm montiert wird. Dank Blue- tooth Klasse 1 reicht der Funk bis zu 900 Meter weit, für bis zu vier Personen und ein Handy oder Navi: 180 Euro pro Person. Eine W-Lan-funkende SD-Foto- karte („Eye-Fi“) teste ich gerade, bin aber noch nicht überzeugt. Zahlen mit Zeigefinger Fortschrittlich fand ich das Be- zahlen an der Supermarktkasse mit dem bloßen Zeigefinger. Na- türlich geht das am schnellsten, wenn man seinen Fingerab- druck einmal hat registrieren lassen. Die Supermarktkette Re- we testet z. B. in Köln Günther Mulls Finger-Leser; Zitat einer Kassiererin: „Geld kann man zu Hause vergessen, die Karte ver- lieren, den Finger nicht.“ Unpassend und doch sehr pu- blikumswirksam fand ich die zwei Hallen (eher Höhlen) voller „Gamer“, die sich im Halbdunkel mit virtuellen Monstern maßen, wilde Rennen fuhren, den „Ti- mid Tigers“ lauschten oder „ganz im Zeichen des Trash Country Punk Rock“ den „Boss Hoss“ und 20 anderen Bands. Das soll dann eine Musikmesse gewesen sein. Die „Cebit“: Kinderspiele für Kids, für Geschäftsleute gute Ge- spräche. FRITZ JÖRN Versuchen wir's mal in 3D: die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und ihr spanischer Kollege Jose Luis Rodri- guez Zapatero auf der „Cebit 2010“. JOCHEN LUEBKE

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Page 1: WIKU Computer & Technik Mittwoch, 10. März 2010 Schöne ...siebenfahr.com/WiKu20100310.pdf · noch einmal die Hälfte weiter. Ach, könnte man doch Fernse-her, Kameras und sonstige

18 WIKU Computer & Technik Mittwoch, 10. März 2010

Schöne neue Digitalwelt„CEBIT“: Größte Computermesse wird kleiner – Viel 3D, neue Handys und andere „Spielchen“

Am vergangenen Samstagging in Hannover die

„Cebit 2010“, die weltgrößteComputermesse, zu Ende.Ein Erfahrungsbericht.

Die Cebit baut ab, hatte seit 20Jahren die niedrigste Aussteller-zahl. Statt acht Tage wie etwa1987 oder 2003 lief die „Cebit“nur von Dienstag bis Samstag.Dennoch: Ich habe viel Neuesgefunden.

3D noch nicht ausgereift

Vor allem schätzte ich die iF-De-sign-Ausstellung, die dieschönsten und begehrenswer-testen Geräte in zwei Sälen ver-sammelt, von Fahrrädern übermesserschmale Fernseher undLaptops bis zu Handys undHolztischen. Dann sah ich viel3D, also stereoskopisch anzuse-hende Filme, blieb dabei aberenttäuscht: Die Verfahren sindteuer und inkompatibel, manbraucht immer eine extra Brille,Filmmaterial besteht hauptsäch-lich aus Computerspielen in 3D(Der automatischen Umwand-lung von flächigen Filmen inräumliche traue ich nicht: Daskann auf Dauer nicht gut ge-hen). Immerhin gibt es für „Ga-mer“, Spieler, 23-Zoll-3D-Dis-plays um 300 Euro (z. B. AcerGD245HD, LG 3D gaming) undLaptops (Acer Aspire 5740DG €800), dazu aktive Shutter-Brillen(ca. 200 Euro); die Grafikkartemuss ebenfalls 3D-fähig sein.3D-Heimkino sah ich nur alsProjektor für den Partykeller. DieAufnahmetechnik muss erarbei-tet werden, wie das BerlinerHeinrich-Hertz-Institut mit ei-nem Nachbearbeitungssystemzeigte. 3D-Selbstdrehen gehtpraktisch noch nicht; ich fürchteeher, dass es einem beim Anse-hen von Hobby-3D-Filmenschlecht wird. Also abwarten.

Neue Telefonnachrichten

Für Mittelstand und Kleinbürowar die „Cebit“ die Messeschlechthin. Beim Telefon hatsich die IP-Telefonie über Lanvoll durchgesetzt, entweder miteigenem Server im Haus (Aste-risc auf Linux, Microsoft OfficeCommunication Server R2) odertop-modern als „Centrex“:„Central“, das heißt in einer öf-fentlichen Telefonzentrale ste-hend, als „Exchange“, Vermitt-lung. Vodafone hat seine zentra-le, aus Sicht des Kunden ausge-lagerte Telefonanlage vorge-stellt, die erstmals feste undmobile Telefone aller Beteiligtenwirklich vereint, etwa in derChefsekretärin-Kommunikati-on. Die zugehörigen Sip-Telefo-ne, neuerdings auch schnurlose,kommen zumeist vom mittel-ständischen UnternehmenSnom in Berlin (70 MA), in Süd-tirol beispielsweise bei Raiffei-sen-Online zu haben. Das TR69-Protokoll lässt IP-Endgeräte zen-tral von oben her konfigurieren.Der inzwischen weltweit größte(und inkompatible) Telefon-dienstleister Skype hat schonÜbergänge zu Sip, dem Stan-dardprotokoll für VoIP, im Beta-test.

Für mich ist AVMs Fritz-Boxnach wie vor das Universalan-schlussgerät ans Internet, mus-tergültig stromsparend, selbstnachträglich Software-auffrisch-bar, vielseitig wie kein anderes.Die neue Fritz-Box 3370 sendetjetzt drei „Datenstrahlen“ (3-fach-Mimo), kommt damit aufbis zu 450 Mbit/s oder einfachnoch einmal die Hälfte weiter.Ach, könnte man doch Fernse-her, Kameras und sonstigeHeimelektronik auch neu „fla-shen“, mit frischer Software be-treiben. Bei Handy-Betriebssys-temen wird das gerade üblich.Microsoft propagiert seine Busi-ness-Dienste, virtuell im Haus-netz oder ausgelagert bei„Cloud-Services“. Office 2010sollen sich fünf Millionen Nutzerseit November 2009 als Beta ge-holt haben. Auf Wunsch läuft esgratis „in der Wolke“ und sollbald auch am Handy verfügbarwerden.Bei Hantz sah ich wieder daspraktische Normal-plus-Skype-Schnurlostelefon „Dualphone3088“ und für Motorradfahrereine schöne neue Gegensprech-anlage, „Sena SMH10“, die amHelm montiert wird. Dank Blue-tooth Klasse 1 reicht der Funkbis zu 900 Meter weit, für bis zu

vier Personen und ein Handyoder Navi: 180 Euro pro Person.Eine W-Lan-funkende SD-Foto-karte („Eye-Fi“) teste ich gerade,bin aber noch nicht überzeugt.

Zahlen mit Zeigefinger

Fortschrittlich fand ich das Be-zahlen an der Supermarktkassemit dem bloßen Zeigefinger. Na-türlich geht das am schnellsten,wenn man seinen Fingerab-druck einmal hat registrierenlassen. Die Supermarktkette Re-we testet z. B. in Köln GüntherMulls Finger-Leser; Zitat einerKassiererin: „Geld kann man zuHause vergessen, die Karte ver-lieren, den Finger nicht.“Unpassend und doch sehr pu-blikumswirksam fand ich diezwei Hallen (eher Höhlen) voller„Gamer“, die sich im Halbdunkelmit virtuellen Monstern maßen,wilde Rennen fuhren, den „Ti-mid Tigers“ lauschten oder„ganz im Zeichen des TrashCountry Punk Rock“ den „BossHoss“ und 20 anderen Bands.Das soll dann eine Musikmessegewesen sein.Die „Cebit“: Kinderspiele fürKids, für Geschäftsleute gute Ge-spräche.

FRITZ JÖRN

Versuchen wir's mal in 3D: die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und ihr spanischer Kollege Jose Luis Rodri-guez Zapatero auf der „Cebit 2010“. JOCHEN LUEBKE

Fritz Jörn
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