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Ausgabe 2/2017 37. Jahrgang Preis : 5 Euro Windpark Curslack : 5 Nordex Anlagen für die Forschung und mitten in Hamburg WIN D-KRAFT Natürliche Energien Journal &

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Ausgabe 2/201737. Jahrgang Preis : 5 Euro

Windpark Curslack :5 Nordex Anlagenfür die Forschungund mitten in Hamburg

WIND-KRAFTNatürliche EnergienJournal &

- u1,cover 2-17.qxp_coversatz 5/03 E&B2 31.03.17 11:33 Seite 1

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sten liegen grossflächige Gewerbegebie-te, im Süden grenzen größere Flächenmit Treibhäusern an. Durch den Wind-park laufen zwei 110-kV-Hochspan-nungsleitungen. Im Süden wird dieFläche durch die Wasserfassung unddas Wasserwerk Curslack von HamburgWasser begrenzt.

Die AuflagenDie fünf Anlagen auf der recht kleinenFläche zu plazieren war nicht einfach.Wegen der verhältnismäßig geringen Ab-stände der Anlagen untereinander erhieltder Windpark eine sektorielle Leistungs-begrenzung, um die Standsicherheit trotzevtl. Verwirbelungsschleppen zu gewähr-leisten. Dafür wurde ein umfangreichesTurbulenzgutachten erstellt. Zum Schutz der Fledermäuse wird eineprofessionelle Fledermaus-Abschaltungan den Anlagen installiert.Die Schallberechnungen im Vorfeld wa-ren eine diffizile Angelegenheit. Die lär-mintensive Autobahn musste aus denSchallberechnungen regelrecht heraus-gerechnet werden, um eine neutrale Ba-sis für den Beurteilungspegel zu bekom-men. Zwei Fachbüros haben dafürSchallgutachten erstellt. Entsprechend der Schall-/Schattenwurf-gutachten wurden die Abschaltszenarienfür Schall und Schattenwurf für den An-wohnerschutz programmiert, die etwasstrenger als üblich ausfielen. Das kostetetwas Jahresleistung, ist aber gut für dieAnwohner. Die Anlagen haben für den Anwohner-schutz auch eine Sichtweitenregulierung. Wir wollen aber zusammen mit anderenWindparks versuchen, einen gemeinsa-men Radarschirm für eine bedarfsge-rechte Befeuerung zu realisieren. DieRadareinrichtungen sind sehr teuer, aberim Verbund ist es vielleicht machbar. Als Ausgleichsmaßnahme wurden ca.45.000 m2 alte Gewächshäuser abgeris-sen und in extensives Grünland umge-wandelt. Die Gewächshäuser waren ge-werblich genutzt und entsprachen versie-gelten Flächen im Außenbereich. Die Windparkflächen wurden von 5 Land -

eigentümern gepachtet, wobei uns einLandeigentümer und Betreiber der Ge-wächshäuser diese Ausgleichsmaßnah-me angeboten hat. Bei den Genehmi-gungsbehörden ist dieses Angebot sehrgut aufgenommen worden. Diese spezielle Ausgleichsmaßnahme istfür die Beeinträchtigung des Land-schaftsbildes durch die hohen Windkraft-anlagen festgelegt worden.Für den Artenschutz und die Baumaß-nahmen selbst haben wir ca. 1 ha Grün-fläche speziell für den Kiebitz umgestal-tet und zusätzlich Hecken und Büschegepflanzt sowie einen Gewässergrabenneu angelegt.

Professionelle GenehmigungsbehördenDie Genehmigungsbehörden in Hamburgsind sehr kooperativ, professionell, zielo-rientiert und gut informiert. Die Genehmi-gung eines (Wind)Kraftwerkes innerhalbder dichten Bebauung einer Großstadt istan sich schon eine schwierige Aufgabe,die zahlreichen Auflagen solcher Stan-dorte machen jedes Genehmigungsver-fahren aufwendig. Der Standort in Curs-lack war dabei nochmal etwas schwieri-ger, weil er durch die verschiedenen räumlichen Nutzungen und Infrastruktur -einrichtungen sehr eng begrenzt war. DieZusammenarbeit mit den verschiedenenBehörden war durchgehend angenehm.

Der UhuIm Sommer 2016 wurde ein brütendesUhu-Pärchen im Turm der Leitwarte desWasserwerks entdeckt, das vorher nichtin Erscheinung getreten ist. Scheinbarverunglückte 2016 ein Uhu am Kirchturmin Curslack und wurde von Anwohnerngefunden. Anschließend hat sich der Uhuin der Umgebung des Wasserwerkes er-folgreich angesiedelt.2016 wurde nach einem Widerspruchdes Nabu wegen dieses Uhu-Pärchensder Sofortvollzug für die fünfte Anlageaufgehoben, da sie im vermuteten Jagd-bereich der Uhus liegt. Wir haben daraufhin in Abstimmung mit den Genehmi-gungsbehörden und den Gutachtern dieWEA umgeplant, um ein „signifikant er-höhtes Tötungsrisiko“ für den Uhu auszu-schließen. Dabei wurden folgende Auflagen/Vorga-ben definiert:- Vergrößerung der Durchflughöhe auf60 m- Monitoring/Besenderung der Uhus- Abschaltung der WEA in den Nacht-stunden von März – Oktober bis gesi-cherte Ergebnisse aus dem Monitoringvorliegen

Die Nabenhöhe der fünften Anlage wur-de analog zu den anderen WEA von 91m auf 120 m erhöht, um nach Rückspra-che mit den Fachleuten/Gutachtern einegrößere Durchflughöhe von 61 m zu ge-währleisten. Grund: Der Uhu jagt in derRegel zwischen 15 und 30 m Höhe in derNacht. Die Auswertung der Flug- und Verhal-tensforschung [Miosga et al 2015] zeigt,dass der Uhu in Grenzbereichen zu Wäl-dern und Bächen in aller Regel in niedri-gen Höhen jagt. Nur in Sondersituationenkann es zu Abweichungen kommen. In der PROGRESS-Studie wurden 46Windparks über 2 Jahre in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern

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Die ersten Studien zu Windpotential-flächen im Hamburger Stadtgebiet wur-den 2000/2001 erstellt. Schon damalswurde der Standort in Curslack benannt.Hamburg hat lange gezögert, seineFlächennutzungsplanung grundlegendzu überarbeiten, was für eine wachsendeGroßstadt mit umfangreichen Hafen- undIndustrieflächen auch eine Mammutauf-gabe darstellt. 2010 wurde die Überarbeitung derFlächennutzungspläne in Angriff genom-men. Das Planänderungsverfahren wurdedurch den Aufstellungsbeschluss vom24. Juli 2012 sowie durch die Änderungdes Aufstellungsbeschlusses 10. Sep-

tember 2013 eingeleitet. Zwei Bürgerbe-teiligungen mit öffentlicher Unterrichtungund Erörterung, vier Informationsveran-staltungen sowie die öffentliche Ausle-gung der Planänderung haben nach denBekanntmachungen stattgefunden. Die Verfahren wurden sehr detailliert undgründlich durchgeführt, mit hoher Bürger-beteiligung und vielen öffentlichen Infor-mationsveranstaltungen. 2009 wurden für die Windparkpotential-fläche in Curslack die ersten avifaunisti-schen Gutachten und Gutachten zur Fle-dermauspopulation erstellt. Ab 2010 wurden mehrere Infoveranstal-tungen für Bürger und Anwohner in Ber-gedorf und Curslack durchgeführt.

Am 17.12.2013 trat die 133. Änderungdes FNP in Kraft, in der u.a. die Wind-Vorrangfläche in Curslack ausgewiesenwurde. Mein Büro war von Anfang an laufend indie Standortentwicklung und die Geneh-migungsverfahren eingebunden. Wir hat-ten von Anfang an Interesse am Bau desWindparks Curslack und haben dann2014 die konkrete Planung gestartet. Im Mai 2015 haben wir die BImSchG-An-träge eingereicht. Im April 2016 erhielten wir die Baugeneh-migung. Der Standort ist vorbelastet. Er liegt di-rekt an der Autobahn A29, an der AbfahrtBergedorf/Curslack. Im Norden und We-

In keiner anderen deutschen Stadt stehen so viele Windkraftanlagen in einem städtisch verdichteten Raum. Kaum eine andere Verwaltung hatte bisher das Engagement, Windkraftanlagen auf Industrieflächen mit hohen Sicherheitsauflagen zu genehmigen. Speziell die Genehmigungsverfahren für die Industriebetriebe im Hafengebiet, mitten zwischen Störfallbetrieben, auf einem Klärwerk mit Kraftwerk, einem Aluminiumwerk, einem Containerterminal oder einem Stahlwerk – das ist bundesweit einmalig. Die Hamburger Verwaltung ist Vorreiter für eine Standardisierung der Genehmigungsauflagen in dichten Siedlungsräumen und Industriegebieten - und damit für die Windkraftnutzung direkt in Verbrauchernähe. Auch der Windpark in Curslack hat einige Besonderheiten im Genehmigungsverfahren aufzuweisen. Außerdem gehört er zumTeil der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW/CC4E) und ist ein echter Forschungs-Windpark.

Planer und Mit-Betreiber Dr. Ole Augustin beschreibt den Weg zum Windpark.

Windpark Curslack Die Planung eines Windparks in einer städtisch verdichteten Umgebung Hamburg ist auch in der Nutzung DIE Windenergie-Stadt in Deutschland

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WIND-KRAFT Journal : Seit 1980 Ihre Fachzeitschrift Ausgabe 2/2017 — 4

Im Februar 2015 wurde in Hamburg-Ber-gedorf mit dem Energie-Campus einneuartiges Technologiezentrum eröffnet,dessen Ziel es ist, Unternehmen, Hoch-schulen und andere Einrichtungen ausdem Bereich Erneuerbare Energien mit-einander zu vernetzen.Zu den tragenden Säulen dieses Zen-trums gehören das Windlabor und ein so-genanntes Smart Grid-Labor; beide Ex-perimentierstätten sind in den For-schungs- und Lehrbetrieb integriert. Ein Windpark bildet die dritte Säule amEnergie-Campus, mit Anlagen der neue-sten Generation.

Auf dem Energie-Campus geht es vor al-lem um Innovationen und Lösungen fürdie Energiewende. Durch die enge Ver-zahnung von Forschung und Anwendungsoll der Technologietransfer gefördertwerden, ebenso die Ansiedlung von Un-ternehmen und Existenzgründungen ausder Branche, insbesondere der Winden-ergie. Zu den Zielen Technologiezen-

trums gehören auch die Weiterbildungund Qualifikation von Fachkräften sowiedie Vermittlung von Informationen an dieBürger, um die Akzeptanz der Energie-wende zu fördern.

„Das Besondere am Energie-Campussind neben den technischen Innovatio-nen die interdisziplinär arbeitendenTeams von Ingenieuren aus dem Ma-schinenbau, Umwelt- und Verfahrens-techniker, Elektrotechniker, Informatiker,Wirtschafts- und Kommunikationswis-senschaftler“, sagt Professor Dr. WernerBeba, Leiter des Energie-Campus derHAW Hamburg. „Zudem werden durchden Systemverbund der Forschungsein-richtung mit realem Windpark zahlreicheForschungsvorhaben sowie Synergiepo-tenziale geschaffen.“ Sie beschäftigen sich mit Themen rundum den Betrieb von Windenergieanla-gen und mit der Integration von Wind-strom in das Stromnetz und dessenSpeicherung.

Dazu gehören Fragen wie: Auf welche Weise lassen sich Lebens-dauer, Zuverlässigkeit und Leistung vonWindenergieanlagen steigern? Wie kannman durch Lastmanagement und Spei-cherung einen Schwankungsausgleichermöglichen?

Voraussichtlich ab Sommer 2017 könnendie Anlagen unter realen Bedingungendirekt im Windlabor erforscht werden.Der Leiter dieses Labors, Professor Dipl.-Ing. Peter Dalhoff, und seine Mitarbeiterwerden sich nicht nur um die Optimie-rung von Windenergieanlagen kümmern,sondern auch den Fragen nachgehen,wie sich die Zuverlässigkeit erhöhen undder Materialeinsatz senken lässt oder wieman die Schadensprognose verbessernkann und Ausfälle minimieren. In der Werkhalle des Technologiezen-trums befindet sich ein Prüfstand fürRotorwellen im Maßstab 1:10, um derenErmüdung zu testen. Darüber hinaus beschäftigen sich zwei

Technologiezentrum Energie-Campus Hamburg und Windpark Curslack :Das Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz der HAW Hamburg (Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg)

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untersucht - ohne Schlagopferfund desUhus. Der Bestand des Uhus hat sich mitdem Ausbau der Windenergie sogar sig-nifikant erhöht.

Damit konnte die fünfte Anlage durch ei-ne Änderungsgenehmigung gem. BIm-SchG im Dez. 2016 nachgenehmigt wer-den. Die Errichtung der WEA erfolgt da-durch etwas später, im Juni 2017. Die Umplanung mit Bauänderungen, Auf-lagen und der EEG-Degression war sehrkostenintensiv. Aber durch das Monitoring von besen-derten Uhus, bei uns sogar von einem er-folgreich brütenden Pärchen, könnenzum ersten Mal wirklich feste Daten überdas Verhalten von Uhus zwischen Wind-kraftanlagen gesammelt werden. DiesesMonitoring zu begleiten wird eine sehrspannende Aufgabe, der wir erwartungs-voll entgegen sehen.

Monitorings sind heute in vielen Windpro-jekten Standard, eine wichtige und guteEntwicklung. Viele Empfehlungen für Vogelschutzoder Fledermausschutz gehen auf dasHelgoländer Papier von 2007 zurück, indem für sehr viele Arten das Verhaltenvon den Forschern noch geschätzt wer-den musste, weil die notwendigen Feld-forschungsergebnisse schlicht fehlten.Seit 2015 gibt es das neue HelgoländerPapier, das klarere Handlungsempfeh-lungen gibt, aber in der wissenschaftli-chen Grundlage immer noch in vielenPunkten bezweifelt wird. Erfreulicherweise werden laufend neueund gut dokumentierte Gutachten vonMonitorings veröffentlicht, die das Zu-sammenleben von Wildtieren und Wind-kraftanlagen so genau beschreiben, dassdamit auch sicher geplant werden kann. Das ist ein enormer Erfolg der Forscherund kommt nicht nur der Umwelt, son-dern auch allen Windparkplanern zugute. Wir erwarten uns von unserem „dreidi-

mensionalen“ Uhu-Monitoring gesicherteDaten, um die Uhu-Abschaltung präziserausrichten – bzw ggf. ganz aufheben zukönnen. Wir gehen nach wie vor davonaus, dass kein signifikant erhöhtes Tö-tungsrisiko für den Uhu besteht und dieAbschaltung überflüssig wird.Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.Es ist in ganz Norddeutschland noch keineinziger Uhu-Schlag an Windkraftanla-gen bekannt geworden. In Schleswig-Holstein wurden in den ver-gangenen Jahren sehr viele Uhus ausge-wildert und werden zusätzlich geschützt,und das sehr erfolgreich. Schleswig-Holstein hat heute die höchsteUhu-Dichte in ganz Deutschland. Und auch die höchste Windkraftanlagen-Dichte.

Forschung : Die Zusammenarbeit mitder HAW und dem CC4EDie Hochschule für Angewandte Wissen-schaften suchte im Rahmen des Neu-baus des CC4E Institutes in Bergedorfnach einem Standort für eigene Wind-kraftanlagen, zu Forschungszwecken.Der Windpark Curslack liegt nur 1 kmvom neuen Institutsgebäude entfernt undist der ideale Standort. Die Hochschuletrat daher 2014 an uns heran. Daraus ist sehr schnell eine fruchtbareund angenehme Kooperation entstan-den. Das CC4E und mein Planungsbürofür Umwelttechnik gründeten Anfang2016 die ReTec Zweite Betriebs UG &Co. KG.Der Windpark wird von uns gemeinsambetrieben und steht damit den For-schungsaktivitäten der Hochschule zurVerfügung.

An der HAW hat sich ein regelrechtes Si-licon-Valley der erneuerbaren Energienherausgebildet. Die zahlreichen For-schungs- und Ausbildungsvorhaben imBereich der regenerativen Energien, derNetzintegration und der Speicherung

sind beeindruckend, die Häufung vonFachwissen aus den verschiedenstenForschungsrichtungen ist enorm. CC4E-Leiter Prof. Dr. Werner Beba istausgesprochen gut vernetzt und hat imPlanungsverlauf einige gute Anregungenund Hilfestellungen eingebracht.

Das CC4E wird in den nächsten Monatenauf jeder Windkraftanlage in Curslack einLidar-System errichten und dann um-fangreiche Turbulenzmessungen durch-führen. Wenn die Messungen keine kriti-schen Verwirbelungsschleppen zwi-schen den Anlagen ergeben, könnte diesektorielle Leistungsbegrenzung wiederzurückgenommen werden. Die Stromnetz Hamburg baut zur Zeit einneues 110/10 kV Umspannwerk in Ber-gedorf, um die Windparks in Curslackund Altengamme mit kurzen Kabel-strecken an das vorhandene 110 kV Netzanzuschließen. Die Errichtung eines zu-sätzlichen Batteriespeichers ist ebenfallsauf dem Gelände des UW vorgesehenund ist für die Forschungsvorhaben desCC4E geradezu ideal. So ergänzt sich Forschung und Anwen-dung.

Die AnlagenwahlDie Nordex N117 mit dem 2,4 MW Gene-rator und 120 m Stahltürmen hatte sichim Ausschreibungsverfahren als der wirt-schaftlichste Anlagentyp für den Standortherauskristallisiert. Die eine N117/3 MWAnlage kam auf Initiative des CC4E, diesich die neuste Anlagengeneration für ih-re Forschungsarbeit wünschten. Nordex hat außerdem alle notwendigenZusatz-Einrichtungen und Steuermodulewie die Fledermaus-Abschaltung oderdie Sichtweitenregulierung fertig zertifi-ziert vorliegen, was die Planung ausge-sprochen erleichtert.

Dr. rer. nat. Ole AugustinPlanungsbüro für Umwelttechnik, Umweltschutz und ProspektionStraßenbahnring 13, 20251 HamburgFon: +49 (0) 40 - 45 46 81 Fax: +49 (0) 40 - 45 46 91Mobil: +49 (0) 172 - 410 36 49E-mail: [email protected]

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WIND-KRAFT Journal : Seit 1980 Ihre Fachzeitschrift Ausgabe 2/2017 — 65 — Ausgabe 2/2017 WIND-KRAFT Journal : Seit 1980 Ihre Fachzeitschrift

zukünftig auf mehr Flexibilität und verän-derte Anforderungen der Netze einstel-len. Ein Weg ist, aus Windparks regelba-re Kraftwerke zu machen durch den Ein-bau von lokalen Batteriespeichern.Schwankungen im Netz können so durchRegelenergie ausgeglichen werden unddas Netz entlasten. Konkret wird hierzuim Rahmen von NEW 4.0 ein großer Lit-hium-Ionen-Speicher mit dem WindparkCurslack zu einem Speicherregelkraft-werk verbunden.

NEW 4.0Unter dem Titel NEW 4.0 – Norddeut-sche EnergieWende 4.0 – hat sich inHamburg und Schleswig-Holstein eineambitionierte Projektinitiative mit 60 Part-nern aus Wirtschaft, Wissenschaft undPolitik gebildet, die in einem länderüber-greifenden Großprojekt eine nachhaltigeEnergieversorgung realisieren und dieZukunftsfähigkeit der gesamten Regionstärken will. Das Projekt wird im Rahmendes Förderprogramms „Schaufenster in-telligente Energie – Digitale Energiewen-de“ vom Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie (BMWi) gefördert. NEW 4.0 legt den Entwicklungspfad zudem Ziel, die Region bis 2035 zu 100Prozent sicher und zuverlässig mit rege-nerativem Strom zu versorgen. Gleich-

zeitig soll regenerativ erzeugter Stromsukzessive für die Wärmeversorgungund für industrielle Prozesse, die bislangmit fossilen Energien wie Gas betriebenwurden, verwendet werden: Aus der“Stromwende” soll in Schleswig-Holsteinund Hamburg eine Energiewende wer-den. Hierbei kommen verschiedeneSpeicher, Technologien wie Power-to-Heat, Power-to-Gas und neue Systemein industriellen Prozessen (Power-to-Pro-duct) zum Einsatz. Zudem soll die mark-torientierte Integration mithilfe weiterent-wickelter Marktregeln auf Basis einer re-gulatorischen „Experimentierklausel“ er-probt werden: Die Ergebnisse zur Wirk-samkeit eines zukünftigen Rechtsrah-mens kann wertvolle Erkenntnisse für dieBundespolitik zur Entwicklung deszukünftigen Marktdesigns liefern.

FraunhoferDer Energie-Campus und die bestehen-den Forschungsvorhaben bildeten diewesentlichen Grundlagen für die For-schungsprojekte Norddeutsche Energie-Wende 4.0 (NEW 4.0), X-Energy, die Zu-sammenarbeit mit dem Fraunhofer IWESund dem Anwendungszentrum Lei-stungselektronik für Regenerative Ener-giesysteme des Fraunhofer ISIT. Weiterhin gründet das in Deutschland

führende Fraunhofer-Institut für Winden-ergie und Energiesystemtechnik (IWES)eine Abteilung zum Aufbau und Betriebeines Großprüfstandes für Blattlager vonWindenergieanlagen am Energie-Cam-pus. Damit ist eine enge und langfristigePartnerschaft zwischen dem FraunhoferIWES und der HAW Hamburg verbun-den. Baustart für das neue Gebäude solljetzt im Frühjahr 2017 sein.Ziel ist es einen großen Prüfstand aufzu-bauen um Pitchlager zu testen. Pitchla-ger sind die Lager, die Rotorblätter mitder Nabe verbinden und die Verstellungder Rotorblätter zur Leistungsregulierungermöglichen. Das sind inzwischen sehrgroße Konstruktionen, die Lager errei-chen Durchmesser von fünf Metern fürsehr große Anlagen. Diese Abmessun-gen und Einsatzbedingungen sind bishernicht genau untersucht worden. Offene Fragestellungen lauten beispiels-weise: Wie legt man diese Lager für spezielleAnwendungsbedingungen im Offshore-Bereich für eine hohe Anzahl von Be-triebsstunden mit einem starken Last-wechsel aus? Des Weiteren besitzen Pitchlager sehrkleine Verstellwege, dass bedeutet dasLager verstellt sich immer nur auf sehrkleinen Strecken von zwei bis drei Grad.Deshalb hat die Industrie erkannt, dassman diesen Aspekt etwas genauer erfor-schen sollte.

Ein BatcorderProf. Dr. Friedrich Ueberle bei einer Akustikmessung

Weiterführende Informationen unter:www.cc4e.de

Photos : Nordex SE / Ulrich MertensPhotography, www.visuelle-konzepte.dePlanungsbüro Augustin, CC4E / Wega Wilken, CommonWir danken Frau Wilken für die guteZusammenarbeit.

Forschungsvorhaben am Energie-Cam-pus mit der Verbesserung der Umwelt -akzeptanz. Sie untersuchen, wie sichGeräuschemissionen für den Men-schen und Kollisionen mit Fledermäusenreduzieren lassen. Das Team um Profes-sor Dr. Friedrich Ueberle und Dr. DagmarRokita zeichnet mit Hilfe einer sogenann-ten Akustikkamera Geräuschemissionenauf. Ziel ist die Erstellung einer Sound-Datenbank zur Simulation vonGeräuschszenarien zukünftiger Wind-parks, wodurch sich deren Planung ver-bessern lässt. Die Sound-Datenbank sollin Zukunft auch die Früherkennung vonFehlern ermöglichen, weil sich defekteTeile der Anlage durch veränderteGeräusche „bemerkbar“ machen.

Um den Schutz von Fledermäusen gehtes im Rahmen des Forschungsprojektes„FLEDERWIND“. Das Team um die Pro-fessoren Dr. Carolin Floeter und Dr. Veit

Dominik Kunz erfasst das Flugverhaltenvon Fledermäusen im Windpark Curslackmit Hilfe einer Radaranlage, akustischenErfassungsmethoden zur Aufzeichnungvon Ultraschalllauten und einer Wärme-bildkamera. Daraus abgeleitet wollen dieBiologin, der Elektrotechniker und ihreMitarbeiter Risikominderungsmaßnah-men zum Schutz der nachts jagendenFledermäuse entwickeln. „Wenn wir die Ursachen verstehen, war-um Fledermäuse in Windenergieanlagenfliegen, statt diese zu meiden, können wirRisikominderungsmaßnahmen ent-wickeln und die Anzahl der Kollisionsop-fer reduzieren“, erklärt Professorin Dr.Carolin Floeter.

Bis zum Jahr 2050 möchte Deutschland80 Prozent seines Strombedarfs aus re-generativen Energiequellen wie Sonneund Wind decken. Da diese von Naturaus schwanken und auch nicht immer zur

Verfügung stehen, muss das Zusam-menspiel von Energieerzeugung, Ener-gieverbrauch und Energiespeicherungoptimiert werden. Voraussetzung dafür ist wiederum eineintelligente Vernetzung (engl. SmartGrid), damit Lastschwankungen kleinbleiben und die Stromnutzung so effizientwie möglich gestaltet wird. Das SmartGrid-Labor unter der Leitung von Pro-fessor Dr. Hans Schäfers beschäftigt sichmit genau diesen Fragestellungen. Dort stehen den Wissenschaftlern, die anzahlreichen Forschungsprojekten arbei-ten, folgende Anlagen zur Verfügung: Ein Blockheizkraftwerk, eine Photovol-taik-Anlage, eine Wärmepumpe und Kalt-und Warmwasserspeicher. Außerdem ei-ne Elektrolyse-Anlage, ein Wasser-stoffspeicher sowie eine Anlage zur Met-hanisierung. Letztere dient dazu, Was-serstoff in Methan bzw. Erdgas umzu-wandeln, womit sich wiederum dasBlockheizkraftwerk CO2-neutral „befeu-ern“ lässt.

Die Abstimmung zwischen Erzeugungund Verbrauch von Energie soll durch„Demand Side Integration“ verbessertwerden, also indem man die Strom -nutzung seitens der Verbraucher flexibelgestaltet. „Durch intelligente Vernetzung könnenbestimmte Geräte so geschaltet werden,dass sie den Strom dann nutzen, wenn ervor allem aus erneuerbaren Energiequel-len kommt“, sagt Professor Dr. Schäfers.„Dafür muss aber zuvor die Steuerungs-und Regelungstechnik in Gebäuden an-gepasst werden.“ Um Stromüberschüsse zu speichern fürdie Zeit, wenn gerade mal wenig oder garkein Strom aus Erneuerbaren erzeugtwird, sind verschiedene Konzepte in derErprobung: Die Speicherung von Stromin Batterien oder in Form von Wasser-stoff (durch Elektrolyse). Eine Schlüssel-rolle nimmt dabei der zukünftige Wind-park ein: Auch die Erneuerbaren Erzeu-ger, Windenergieanlagen, müssen sich

Prof. Dr. Werner Beba (links) und Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch zwischen den Wärme- und Kä̈ltespeichern im CC4E

Aufbau eines Modelltriebstrangs am CC4E

Der Europäische Fonds für regionaleEntwicklung (EFRE) unterstützt das 7,3Mio. Euro Projekt Energie-Campus mitrund 3,5 Mio. Euro. Die restliche Summevon 3,8 Mio. Euro finanzierte der Senatder Freien und Hansestadt Hamburg.