wolfgang reinke einladung zum monolog · das auge liest mit – schöne bücher für kluge leser...
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Wolfgang Reinke
Einladungzum Monolog
Neue Gedichte
Mit 6 Fotografiendes Autors
Grupello
Das Auge l i e s t mit – schöne Bücher für kluge LeserBesuchen Sie uns im Internet unter: www.g r upe l l o . d eHier finden Sie Leseproben zu allen unseren Büchern, Veranstal-tungshinweise und Besprechungen. E-Mail: [email protected]
Foto auf dem Einband: Hadwig Schindler
1. Auflage 2004
© by Grupello VerlagSchwerinstr. 55 · 40476 Düsseldorf
Tel.: 0211-498 10 10 · Fax: 0211-498 01 83Druck: Müller-Satz, Grevenbroich
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 3-89978-020-5
Inhalt
KartographObenauf
WasserzeichenOberton
So grün erlaubtWill sagen
ViertelstündlichStupor mundi 1998
Erweiterter InfinitivGartenHaus
Mittelwort der GegenwartKonsekration
MeditationClairobscur
PharaoIm Feld
Denkbar – allesDreieck
Kleiner AufbruchNicht allein
AusDas Äquivalent
Ja unbemerkt Anleitung zum Fliegen
ImmerAnders
DortHalbtonlasur
Nur bei Südwind hört man die StraßeTriptychon
91011121314151617182122232425262728293033343536373839404142
für Hadwig Schindler
Passiflora caeruleaByzanz (Zyklus)
ReflektorenSo unerreichbar
JetztDa dachte ich
JanuarErst geschrieben
Nicht Kies, Muscheln sind esNeue Mitte - intuitive Schau
Fast nichtsKytheraSepia -
WaldinneresSeide
InitialenOhne Masse - kein GeistSchon die Art und Weise
BittersüßSchonungslos
Kleine salische ImpressionAkanthus
Der SeeDelta
WarteschleifeKorallenFlußBett
Doppelt gereiht(K)einer weiß
ApollonAbgesehenEben hier
Manche Gedichte
454654575859606162636465666970717273747576777881828384858687888990
Kartograph
Ich halte inne –welch ein Wortwenn ich beginnedie Räume zu beschreibenfern plakativer Rosendruckezeitlos, sozusagen im Vorübergehenum dann im Wechsel sinngebeugter Reflexiones auf jeder Wand zu sehn, wie Tag um Tag das Sonnenlichtalle bestäubten Lider wieder in die flache Atmung bricht.
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Wasserzeichenfür Doris Draber
Gewährt für kurze Zeitder abgewandte Blick der stillen Flächedie das Licht der nahen Nacht ins Ufer rieb
als der Ruf des Haubentaucherstauschend sich der Bilderfülleunser Auge in den sanften Abend trieb.
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Obenauf
Gelebter Tag aus Brot und Schlafnichts ortend außer RegelwerkRestflächennutzung als VerdichtungspositionStützungskäufe für die Seele
und in den Straßen sinkt das Erdenliedneuschneebedeckter Wiesenins Schwarz archäologischer Befunde
dem ein mattes Grau entsteigtdir ebenbürtig randverzweigtwie Linderung aus einer satten Wunde.
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So grün erlaubt
verkürzt die Sicht ins Spiel gebrachter Gunstnur eine Handbreit von den Magellanschen Wolken
in einem Satz, an einem Ort, der anders seials beider Wiederkehrerwartung
und all dessen, was in Flug und Suchenlächelnd im Traum die eigene Utopie durchläuft
ist Entschädigung, als Schlagwort in die Saitenselbsterhaltend, Wort auf Wort gehäuft
die im Klang erloschen, nur als Bild von Weitenschwach umrissen, doch erkennbar noch
des erwarteten und einen SonnenzeichensEfeu, rankend durch das Rosenjoch
um letztlich diesem Ziel, sorglos erklärtem Nichtssich selbst betrügend eines andren Lichts.
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Oberton
In den Bäumen überhöht stimmt der Tagblättergleich, beginnend und forderndträgt Zeichen eigener Ordnung in Krone und Stamm
so seien die Stunden geborgen, sagt man
zu Schwingen gefächert ihr währendes Spielsein Laub sei wie Regen, die Höhen durchwanderndihr Wachen nichts weiter als tagendes Ziel.
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Viertelstündlich
ist ein schönes Wortlehnt ähnlich einer Handsich lieber stundenweit ins Landund greift dabei den Horen in den Schritt
die sahen ihre Wünsche offenbuchstabierten förmlichwas zur Reife drängt, erfüllt vonPflichterfüllung, blütenschweren Jahren
letzter Sonne, die die Ähre fängtohne Halt und letztlichohne Wissen, geschultes Lichtkaskadengleich aus einem Punkt gedacht
wächst aus Eiskristallen wieder Sommergrün Erlaubtes aus der SaatHyazinth und Brunnenkressemetaphorisches Ejakulat.
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Will sagen
daß die Summe der gelösten Stoffeunweigerlich die Brache decktauf der ich mich wie du empfandum jener Lust akribischer Distanzauf zartlavierten Brücken zu umgehen
ich bin bemüht den matten Glanz zu wahrenumbrischen Lichtes ohne Halldas, aus welcher Sicht auch immerdich mir so schattenlos erscheinen läßtaus gegenläufiger Bewegung.
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Erweiterter Infinitiv
Langsam zieht die Spinne ihre Fäden ins Sonnenlichtvergleichbar den Kondensstreifen eines Flugesüber die Monate polarisierten Lichts –lineare Choreographie, Vektorenspielekeiner weiteren Anleitung bedürftigund dennoch entzieht sich meiner KenntnisAnfang und Ziel, wie zwingende Notwendigkeitdieser Art Metamorphose mit BewußtseinRechnung zu tragen.
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Stupor mundi 1998
Aus kreisendem Umlandan Waffengang und Lot gewöhntdie goldene Kasel über die Schulter geworfenund ohne Vorbehalt auch die Kaurimuschelnzur kritischen Masse bestellt, die lässigdie Riffe umspielen
sie, verfärbten Horizontsdem Haut-Ich gesellend, mehrjährig blühendmanchmal in Gestalt der Athene, dannschamhaft den Neigungswinkel im Augeein Versagen – tonale Folgeneines Strauchelns auf dem Teppich von Bayeux
oder sinnender Aias, der in letzter Sekundeden wahren Gebrauch von Metallen erkenntsiegreicher Sommer wegen, die Petrischaleals kalkulatorische Größe und das 23. Chromosomals weißer Punkt auf Reede im Blau eines Meeresdas seine Tiefe nicht kennt.
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GartenHaus
Auf den Dielen wandern die SchattenQuadrate aus Licht über den Fußso weiß ist das Laken im Sommer
zeitgleich Bewegung und Klang derspielenden Hand auf der Brust, der Tonden Wiesen zu, durch die offene Tür
in den flammenden Tag – süße Perlenauf Stirn und Erinnerung, den Hutganz tief über Lider und Nacht.
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Mittelwort der Gegenwart
Gehe vor dem Haus auf und abdie Sonne messend, den Grad ihrer Heiterkeitauf den Wänden des Zimmers schätzendzwischen den Blättern der Bäumevermutlichen Grüns, die Gaslaterneund die halbrunden Fensterbogendes Parterres mit Wohlwollen abwägendgegen die dunkelwogende Stiegeder Absturzgefahr niedriger Geländerund keiner merkt's –nur wenige Schritte vom Leben der Straße.
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Meditation
Da wallt sich ein Segelzerlappt sich im Traumjetzt saugt mich der Egelim Fugensaum
zerläuft diese Schwelleund schält mir das Rotaus krümmender WelleWiege und Tod.
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Konsekration
Durch die Schattenjochein die Vierung, blätterüberwölbtes BlauKonchenkränze, SublimierungHand an Hand im Überbau
wer in wem, aus Wolkenbildernziehen Fresken ihren Lauftauchen in den Augen niederstaudengrüner Welt hinauf.
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Pharao
Erigiertes Sterben –unterhalb des Blütenkragens setzt es anumspannend die zum Gruß erhobene Handdie, überkreuzt auf Brust, in Leintuchrosenharzgetränkt, alle Kanopenbis zum Rand gefüllt mit weicherer Erinnerungan jene Spasmen, die nunmehr wie von selbstals letzte Sommer ihre Becken kreisen lassen
so flieht das Land und blühn die Strömein die Hemisphären, das Auge stehtbewegungslos im Blau und preßt die Stirneohne jeden Glaubenan einen kühlen marmorierten Traum.
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Clairobscurmeinen Töchtern Vera und Isabella
Ich halte die dunkleren Farbendu trägst sie hell in die Weltdann scheint es, als ob sie erwarbenwas ohne Träger zerfällt.
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Denkbar – allesan Christina Georgina Rossetti
wenn Sie wollendennoch herrenloses Gutnichts steht für sich selberdas nicht jemals in sich selbst geruht
steinern kühlte dieser Fächereine Zeit, die nicht verbliebund sie, mangels Masseeiner andren Wertigkeit verschrieb
aus den Brüchen in die SinneQuecksilber und Eisenhutgrünes Gras laß deckendeine Hände, meiner Augen Blut
steinern aber blüht die MauerTal der Ruhe, Vale of Restund die Stirne wiederan den marmorierten Traum gepreßt.
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Im Feld
noch in die steigende Sonne gesenkterwachenden Schrittes, ein Gleitendie Blicke, die Nebel, sind taudurchtränktinmitten schon brennender Weiten
so kommst du und gehst und wartest auf nichtsdoch trägst du ein Wort in den Händenaus Tränen unausgesprochenen Lichtserlösend es selber zu enden.
26
Kleiner Aufbruch
Es ist ein Leben im Nichts –ich scheiß auf meine Ritualesteige auf und tret in die Pedalewissend um die Schönheit reinen Lichts.
29
Dreieck
Zwischen Türmen und MastenBergen und Seesinkende Lastenschwebender Klee
brannte das Feldund flehte der Mondwenn auch zerschelltes wurde bewohnt
wie der Turm und die Mastendie Berge, die Seesinkende Lastenund schwebender Klee.
28
Nicht allein
gingst du hinauf an diesen Ortdiesen Bereich, ihn zu erkundenvon Dörfern war die Redehalbverlassenen, fast einsamhinter Reben, karstigem Gestein
der alte Bunker, wesenlose Kühledann eine Stimme, die, ins Dunkel singendwieder hell den Ort verläßt und dir –eine Echo jener Nacht – als Badendeihr leises Marmorlicht entfacht.
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