workshop 4 bestandsaufnahme
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Forum Nachhaltiges Tirol, am 17. Juni 2010
Protokoll zum Workshop 4 – Eine positiv kritische Bestandsaufnahme
Moderation: Ursula Rieder-Feldner
Protokoll: Joachim Fuchs
TeilnehmerInnen (in alphabetischer Reihenfolge):
Vorname Nachname Organisation
Ingeborg Brandl Pädagogische Hochschule Tirol
Lehrerin HAK Innsbruck
Julia Brugger
Journalistin und Redakteurin u. a. beim
Zielgruppenverlag
www.sd-forum.de, www.dekade.at
Peter Egg
AdTLR – Abteilung JUFF
Institut für Erziehungswissenschaften Uni Ibk.
Kinder- und Jugendmitbestimmung
(www.mitbestimmung.cc)
Andreas Egger Bürgermeister Aschau im Zillertal
Peter Erler VCÖ (Verkehrsclub Österreich)
Ernst Fleischhacker Wasser Tirol
Peter Hilpold WK Tirol – Wirtschaftspolitische Abteilung
Hans Hofer
Pädagogische Hochschule Tirol
ARGE Biologie
Tiroler Naturschutzverband
Marlene Hopfgartner Wirtschaftskammer Tirol – Volkswirtschaftliche
Abteilung
Christian Larch BR-Vorsitzender Tyrolit
Diana Ortner AdTLR, LA21-Leitstelle
Petra Pöschl Innsbrucker Soziale Dienste (ISD)
Studierende an der Universität Innsbruck
Manfred Riedl AdTLR, Abteilung Raumordnung/Statistik
Ludwig Schmutzhard AdTLR, Abteilung Verkehrsplanung
Peter Trost WK Tirol – Tourismus und Freizeitwirtschaft
Georg Zingerle AdTLR – Vorstand Abteilung Wasser-, Forst-
und Energierecht
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Zusammenfassung
Der Workshop „Eine positiv kritische Bestandsaufnahme“ wurde von 16 TeilnehmerInnen
besucht, die namentlich sowie mit deren beruflichen Hintergrund angeführt werden.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurden die TeilnehmerInnen gebeten, eine
Einschätzung über den aktuellen Status des Themas Nachhaltigkeit in Tirol abzugeben. Die
jeweils persönliche Beurteilung in einem Koordinatensystem mit den Achsen Verankerung
von Nachhaltigkeit in Tirol und Zufriedenheit mit dem aktuellen Status brachte ein erstes
Stimmungsbild zu Tage. Demnach wird dem Thema Nachhaltigkeit in unserem Land zu
wenig Beachtung geschenkt. Die TeilnehmerInnen bemerkten, dass man sich wohl erst am
Beginn eines Entwicklungsprozesses befinde.
Die anschließende Diskussion über das Ergebnis und deren Ursachen machte ebenso die
unzweifelhafte Notwendigkeit eines fortwährenden Weiterentwicklungsprozesses deutlich.
So wurde einhellig festgestellt, dass in den vergangenen Jahren zwar über Nachhaltigkeit
diskutiert wurde, die umfassende Bedeutung des Begriffes in der breiten Bevölkerung jedoch
noch wenig begreiflich gemacht werden konnte. Folglich konnte die konkrete Umsetzung
auch noch nicht Fuß fassen.
Das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung sei vor allem in den jüngeren
Bevölkerungsschichten stärker ausgeprägt. Dies bestätigten WorkshopteilnehmerInnen, die
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im pädagogischen Bereich arbeiten und regelmäßig mit Kindern und / oder Jugendlichen zu
tun haben. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit führt
offensichtlich zu positiven Auswirkungen in der individuellen Konkretisierung. Diese
fortschreitende Beschäftigung müsse unbedingt weiter entwickelt und in den kommenden
Jahren stärker forciert werden. Ein Unterrichtsfach, das sich mit Nachhaltiger Entwicklung
beschäftigt, könnte langfristige und visionäre Perspektiven bieten. Zitat eines Teilnehmers:
„ Es muss in Visionen investiert werden!“
Eine weiter reichende Verankerung des Themas im gesellschaftlichen Querschnitt solle über
verstärkte Visualisierung und Darstellung von Best-Practice-Beispielen aus dem In- und
Ausland erfolgen. Darüber könnten relevante Entscheidungsträger gewonnen werden. Eine
Teilnehmerin meinte dazu: „Nachhaltige Entwicklung erfordert einen Perspektivenwechsel
und verfolgt neue Ansätze. Deshalb ist auch eine Kommunikationsform nach außen hin
wichtig, die zu Reflexion und selbstverantworteten Denken und Handeln anregt. Das kann
über verschiedene Ebenen erfolgen wie beispielsweise über Humor, Irritation und positive
Emotion. Propaganda über Begriffe funktioniere nicht. Die Menschen müssen über Beispiele
in Form von Bildern und Geschichten sensibilisiert und motiviert werden!“
Zum einen erscheint die Kommunikation rund um das Thema verbesserungswürdig, zum
anderen scheitere die Umsetzung zukunftsfähiger und nachhaltiger Strategien stark an
mangelhaften und zum Teil noch fehlenden Strukturen. Ein Workshop-Teilnehmer drückte
diese Problematik folgendermaßen aus: „Rhetorik funktioniert eben schneller als
Realisierung! Es besteht eine riesige Kluft zwischen medialer Präsenz und realer
Umsetzung!“
Einhellig wurde die Meinung vertreten, dass der Prozess der Entwicklung und ehest
möglichen Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in einem Mix aus „top-down“ und
„bottom-up“ strukturiert werden muss. Auf der einen Seite seien klare und verbindliche
Verordnungen von Seiten der Politik notwendig, andererseits müssen diese Regeln
gesellschaftlich akzeptiert und mitgetragen werden. Eine breite Basis bei der Erstellung und
Installierung dieser obligatorischen Normen sei deshalb unverzichtbar.
Je stärker die Zeit drängt, umso wichtiger wären unmissverständliche Verordnungen, welche
umgesetzt und sanktioniert werden müssen. Die Entscheidungsgewalt einzig den
Konsumenten bzw. dem Markt zu überlassen, funktioniere erfahrungsgemäß nicht (z. B.
Verkauf von Einkaufstaschen aus Kunststoff, PET-Flaschen, usw.). Unternehmen müssten
ebenso in die Pflicht genommen werden.
Dem Konsumenten müssen Anreize geboten werden. Ein und dasselbe Produkt zu einem
höheren Preis müsse einen Mehrwert bieten, will es längerfristig erfolgreich verkauft werden.
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Dies funktioniere allerdings nicht in allen Branchen gleichermaßen. Lebensmittel mit den
Prädikaten „Bio“ und „Aus der Region“ haben sich mittlerweile in den Supermarktregalen
etabliert und auch die beliebte „Bauernkiste“ ist eine große Erfolgsgeschichte. Wo in diesem
Bereich beispielsweise mit Hauszustellung gepunktet werden kann, ist es in anderen
Branchen wesentlich schwieriger, Nachhaltigkeit zu verkaufen.
„Die Idee der Bauernkiste ist wohl auch aus der Not heraus geboren,“ stellt eine
Workshopteilnehmerin fest, „besonders schwierige Situationen erfordern eben besonders
innovative Lösungen.“ Positive Erfolgsbeispiele wie hier aus dem Agrarbereich müssten in
ähnlicher Art und Weise auch in anderen ökonomische Sparten umsetzbar sein. Wesentlich
ist dabei, den jeweiligen langfristigen Mehrwert für den Menschen und Unternehmer
hervorzuheben. Nachhaltigkeit und erfolgreiches Wirtschaften sollten nicht immer im
Widerspruch sondern vielmehr als Chance für neuartige Produktions- und Verkaufsstrategien
gesehen werden.
Der Aspekt der sinnvollen Verknüpfung funktionierender Ideen und Ü bertragung dieser
auf andere Bereiche wird im folgenden Abschnitt bei der Erarbeitung der für Tirol
spezifischen Handlungsfelder weiter verfolgt.
Kommunikation
Wie schon im vorigen Abschnitt erwähnt, wurde dem Thema Kommunikation besondere
Bedeutung beigemessen und dies mitunter auch sehr kontrovers diskutiert. Zum einen stelle
Kommunikation von Nachhaltiger Entwicklung ein Werkzeug und damit Metathema dar. Zum
anderen sollte es als eigene Herausforderung thematisiert werden. Eine Teilnehmerin dazu:
„Nachhaltige Entwicklung stellt neue Werte in den Vordergrund und betont neue
Perspektiven. Um diese zielgruppengerecht zu kommunizieren, braucht es auch
verschiedene Kanäle und Formen der Kommunikation, um die Bevölkerung zu sensibilisieren
und zu motivieren.“ Die Kommunikation sollte auf jeden Fall auch wechselseitig verlaufen
und so auch Partizipation im Entwicklungsprozess von Tirol ermöglichen.
Kommunikation spiele im Sinne einer möglichst breiten Beteiligung naturgemäß eine immens
wichtige Rolle. In Anbetracht der alltäglich einprasselnden Informationsflut sei eine
Professionalisierung aller Kommunikationsformen unumgänglich.
Abgesehen von der medialen Kommunikation, geht es bei Kommunikation im allgemeinen
um zentrale Aspekte: Beziehung, Verhältnis, Kontakt und Bindung. Somit wird es Teil der
sozialen Kultur.
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Gesellschaftliche Entwicklung – Soziale Werte
Der sozial-kulturellen Komponente wurde großes Gewicht eingeräumt. Nachhaltigkeit
beginne grundsätzlich bei jedem einzelnen Individuum, gleichzeitig müsse allerdings auch
das Verständnis für andere Kulturen wachsen. Anders wäre die Umsetzung der Prämisse
„Global denken – lokal handeln“ nicht möglich.
Die fortschreitende Demokratisierung der Bevölkerung in den Bereichen Bildung, Politik,
Religion und Wirtschaft schafft zwar Kontrolle über die Entscheidungsträger, bedarf
allerdings auch einer gewissenhaften sozialverträglichen Wertehaltung. In Zeiten
zunehmender Individualisierung sind Werte wie gesellschaftlicher Zusammenhalt und
sozialer Frieden nur noch unzureichend wahrnehmbar.
Familie und Jugend – Bildung
Eine Umfrage unter den SchülerInnen einer Klasse einer Höheren Schule in Innsbruck kam
trotzdem (oder gerade deshalb) zum Ergebnis, dass ein intaktes Familienleben der primäre
Wunsch der Mehrheit der Kinder sei. Zitat: „Vor dem Hintergrund der aktuellen
Trennungsraten stellt sich hierbei die Frage, ob Beziehungsfähigkeit nicht erlernt werden
kann?“ Jedenfalls sollten von Seiten der Politik die Familienstrukturen gestärkt werden, um
Kindern und Jugendlichen jene Basis zu bieten, die für eine gesunde Entwicklung notwendig
ist.
Will man für zukünftige Generationen Verantwortung übernehmen, so müssen deren
Anliegen auch ernst genommen und deren Denkweisen verstanden werden. „Kinder und
Jugendliche gehören in den Demokratisierungs- und P artizipationsprozess mit
einbezogen, es geht schließlich um deren Zukunft“ , meint ein Teilnehmer. „Die ernsthafte
Einbindung der Jugend bei der Entwicklung von zukunftsweisenden Projekten könnte zu
innovativen Lösungen führen!“ Gleichzeitig muss natürlich auch die Verbesserung und
Weiterentwicklung der Bildungssysteme vorangetrieben werden. Ein fächerübergreifender
Unterricht zu den verschiedensten Bereichen Nachhaltiger Entwicklung in allen Schulen für
alle Schulstufen wäre zukunftsweisend.
Ebenso wie die Frage der Jugendbeteiligung so muss auch die Thematik nach dem Umgang
mit älteren Menschen neu hinterfragt werden.
Alterung der Gesellschaft – Folgen der demografischen Entwicklung – „Pflege NEU“:
Die Folgen des gesellschaftlichen Alterungsprozesses werden in den kommenden Jahren
und Jahrzehnten die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Handlungsfelder massiv
beeinflussen. Auch hier gilt das Ziel, die demografische Entwicklung mehr als Chance denn
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als Bürde zu begreifen und neuartige soziale Beziehungs- und Pflegestrukturen zu
entwickeln und umzusetzen (z. B. gemeinschaftliche Pflege).
Migrationsthematik:
Großes Konfliktpotenzial besteht auch bei den gesellschaftspolitischen Handlungsfeldern
Immigration und Integration. In den Bereichen interkulturelle Integrität und sozialer
Zusammenhalt muss noch wesentliche Überzeugungsarbeit geleistet werden, um potenzielle
Spannungen zu vermeiden und den sozialen Frieden langfristig zu sichern.
Interkulturelle Kompetenz und die sich daraus entwickelnde interkulturelle Kommunikation
schaffen die Basis für ein fruchtvolles Miteinander von Menschen mit verschiedener
Herkunft. Dabei steht außer Frage, dass die Bewahrung der eigenen kulturellen Identität ein
wesentlicher Eckpfeiler bleiben soll.
Governance
Die allgemeine Thematik eines Steuerungs- und Regelungssystem im Sinn von neuen
Strukturen sollte in Anbetracht der zukünftigen Herausforderungen jedenfalls alle beteiligten
AkteurInnen einschließen . Hier wurde festgestellt, dass die notwendige Kontrollfunktion
von Seiten der breiten Bevölkerung nur dann wahrgenommen werden kann, wenn sich auch
der Demokratisierungsprozess erfolgreich gestaltet.
Dahin gehend sind aber nicht nur die BürgerInnen selbst, sondern auch die politischen
EntscheidungsträgerInnen gefordert. So lange die Basis für Partizipation nicht gelegt sei,
kann auch keine Mitarbeit eingefordert werden. Als negatives Beispiel hierfür wurde die
mangelnde Einbeziehung von BürgerInnen in die Entwicklung oder Umstrukturierung von
Verkehrskonzepten angeführt.
Verkehr und Mobilität
Partizipation und Vernetzung mit den TeilnehmerInnen habe gerade in der Verkehrsthematik
großen Aufholbedarf aber auch Potenzial. Die Einrichtung einer landesweiten Gesellschaft
für Öffentlichen Verkehr unter Einbindung aller Beteiligter könnte zu bürgernahen
Umsetzungsmaßnahmen führen. Verstärkte Kooperation wäre hier das Stichwort.
Hierzu zählen lt. WorkshopteilnehmerInnen der Ausbau der Infrastruktur für alternative
Fortbewegungsmöglichkeiten (Fuß- und Radwegenetz) und der dringende Handlungsbedarf
im Ausbau von Mobilitätsoptionen in peripheren Regionen. Besonders ältere Menschen aber
auch Jugendliche in den Tiroler Seitentälern haben nur äußerst eingeschränkte
Möglichkeiten.
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Der große Handlungsbedarf hinsichtlich der Mobilität kommt durch das folgende Statement
eines Workshopteilnehmers zum Ausdruck: „Die in Sonntagsreden immer wieder geforderte
Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs (einschließlich des Fuß- und Radwegenetzes) wird
ebenso wie die Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene ein
Lippenbekenntnis bleiben, solange der Politik der Mut und der Verwaltung die rechtlichen
Möglichkeiten fehlen, den motorisierten Individualverkehr bzw. den LKW-Güterverkehr zu
reduzieren. Dies könnte u. a. durch eine geänderte Bewertung der unterschiedlichen
Nutzungen des öffentlichen (Straßen-)Raumes gelingen, womit Lebensqualität in die Städte
und Dörfer zurückgebracht werden muss.“
Nachhaltigkeit im Verkehr heißt auch "Widerstandsfähigkeit gegen Erdölkrisen".
Unser Verkehrssystem muss sich hin zu verstärkter Unabhängigkeit von Erdölimporten
entwickeln. Nur so kann unsere Mobilität angesichts internationaler Finanzkrisen und
Umweltkatastrophen sicher und selbstbestimmt gestaltet werden.
Zu diesem Thema gibt es bereits sehr gute Ansätze, wie z.B. die "Transition Towns"
http://www.transitionnetwork.org/
Energieeffizienz und Ressourcenschonung
Die Diskussion über den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in Tirol konzentrierte sich
primär auf die Thematik Wasser. Einerseits wurde die immense Wichtigkeit dieser
Ressource als Lebensader festgestellt, auf der anderen Seite deren große Bedeutung als
erneuerbare Energiequelle. Tirol hat zweifellos aufgrund seiner geografischen, geologischen
und meteorologischen Situation einen Ausnahmestatus. Nichts desto trotz steht die
Schutzbedürftigkeit dieser Ressource außer Frage.
Ebenso unbestritten ist die dringend notwendige Minimierung der Nutzung fossiler
Energieträger, was auch das folgende Statement eines Workshopteilnehmers unterstreicht:
„Unter der im Forum angewandten Definition von Nachhaltigkeit ist von der Tiroler
Nachhaltigkeitsstrategie zu erwarten, dass als langfristiges Ziel unsere Gesellschaft ohne
den Einsatz von fossilen Energieträgern auskommen muss. Auch wenn dies bis 2030 nicht
umsetzbar sein wird, wird es an der Zeit, diesen Umstand anzusprechen. Andere Länder
sind da schon seit längerer Zeit wesentlich mutiger, offener und auch realistischer. Der
Rohstoff Öl wird versiegen und bereits zuvor wird das Preisniveau so stark ansteigen, dass
unser derzeitiger Verbrauch von Heizöl, Treibstoffen, usw. nicht mehr finanzierbar sein wird.
Wenn wir nicht in der Lage sind, diesen fernen Punkt in der Zukunft im Auge zu behalten,
verschieben wir die Diskussion und das Handeln in die Zukunft. Dann allerdings mit
geringerem zeitlichen Handlungsspielraum.“
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Die Minimierung der Einfuhr fossiler Energien und die Umstellung auf regionale und
umweltfreundliche Alternativen sei zwar wünschenswert, jedoch darf dabei nicht außer acht
gelassen werden, dass dies einen massiven zusätzlichen Bedarf an weiteren
Energiequellen mit sich ziehen würde. Möchte man unter allen Umständen auf fossile
Energie verzichten, so wäre der Ausbau von Wasserkraftanlagen und alternativen
Energiequellen unverzichtbar.
Nun ist der Ausbau der Wasserkraft in Tirol aber ebenso umstritten, da Lebens- und
Freizeiträume sowie einzigartige Naturgebiete in Mitleidenschaft gezogen werden. Die
Einschränkung von Energieimporten würde die Ausschöpfung regionaler Ressourcen
notwendig machen und damit merkliche Einschnitte nach sich ziehen.
Vernetzung der Themenschwerpunkte
Vor dem Hintergrund dieser Problematik erkennt man die schwierige Situation, dass zwar
einzelne Aktionsfelder primär individuell betrachtet werden, diese Entscheidungen aber
wiederum Folgeeffekte auf andere Bereiche haben.
Der Grundtenor war die Dringlichkeit einer engen Vernetzung der Handlungsfelder. Je
konkreter die einzelnen Handlungsfelder ausgeformt sind, umso bedeutender ist die jeweilige
Vernetzung zu anderen Themen. Die Ziele der individuellen Handlungsfelder sollten
harmonisiert und abgestimmt auf andere Themenschwer punkte festgelegt werden.
Erfolgreiches nachhaltiges Handeln funktioniert nur dann, wenn alle Bereiche gleichermaßen
einbezogen werden.
Eine differenziertere Sichtweise dazu wurde von einem Vertreter der Wasserwirtschaft
angemerkt. Zitat: „Wir sehen in der Praxis immer wieder, dass sehr gute
Nachhaltigkeitsprojekte aufgrund der "Komplexität in der Vernetzungsdarstellung" und /
oder aufgrund der "Eindimensionalität in der Betrachtungsweise" scheitern. Die
Umsetzung dieser Nachhaltigkeitsprojekte ist stets vom Grundsatz der Herstellung der
ökologischen, ökonomischen und sozialen Ausgewogenheit im Sinne einer regionalen
Kreislaufwirtschaft geleitet.“
Bei der Vernetzung und Beurteilung der diskutierten Handlungsfelder sollte daher aus Sicht
der Wasserwirtschaft auch von diesem Gedankenmodell der Herstellbarkeit des „Dreiklangs
zwischen Ökologie, Ökonomie und Sozialem“ ausgegangen werden. Wenn man dieses
Prinzip bei der Vernetzung konsequent anwendet, dann würden sich viele – theoretisch
mögliche – Vernetzungsbeziehungen erübrigen.
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Einige Handlungsfelder konnten aufgrund des knappen Zeitplans nur sehr kurz
angesprochen werden. Um trotzdem eine Priorisierung festzustellen, wurden die Teilnehmer
aufgefordert, mit einer limitierten Punkteanzahl von 10 Punkten nach Wichtigkeit zu
werten, wobei die Vergabe von Mehrfachpunkten möglich war.
Ergebnis Punkte
1. GOVERNANCE 15
2. VERKEHR / MOBILITÄT 15
3. SOZIALE WERTE 14
3. RESSOURCEN 14
3. ENERGIE 14
6. FORSCHUNG UND INNOVATION 13
7. MODERNISIERUNG DER BILDUNGSSYSTEME 9
8. KULTUR 8
8. KOMMUNIKATION 8
10. ALTERUNG DER GESELLSCHAFT 5
11. EXISTENZSICHERUNG / ARMUTSBEKÄMPFUNG 4
11. MODERNISIERUNG DER ARBEITSMÄRKTE 4
11. UMWELTFREUNDLICHE PRODUKTIONSWEISEN 4
14. SCHUTZ DER LEBENSRÄUME 3
15. GESUNDHEIT 1
15. LANDWIRTSCHAFT UND ERNÄHRUNG 1
15. WOHNEN UND BAUEN 1
18. KLIMAWANDEL 0
18. GLOBALISIERUNG 0
Zu diesem Ergebnis muss noch angemerkt werden, dass die TeilnehmerInnen des
Workshops die niedriger bewerteten Handlungsfelder wie beispielsweise Klimawandel oder
Globalisierung natürlich nicht „weniger“ wichtig erachten. Viel mehr stehen diese Bereiche
als Metathemen teilweise in Abhängigkeit zu anderen Handlungsfeldern, welche regional
behandelt werden können.