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unsere gewässer – forschungsbedarf aus sicht der praxis Eine Dokumentation von HTG und DGGT unsere gewässer – forschungsbedarf aus sicht der praxis ISBN 978-3-87700-124-0

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ISBN 978-3-87700-124-0

Herausgeber: Hafentechnische Gesellschaft e.V.und Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V. (DGGT)

© 2009 by Schiffahrts-Verlag “Hansa” C. Schroedter & Co.(GmbH & Co. KG), HamburgAlle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten.Gestaltung und Satz: Michael Herold, Heiligenstedtenwww.typografikdesign.deDruck: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, AltenburgPrinted in Germany

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Inhalt

Vorwort . . . 7

Herausforderung für die Forschung im Küsteningenieurwesen, maritimen und binnenländischenHafen- und Verkehrswasserbau aus dem Blickwinkel von HTG und DGGT . . . 8hocine oumeraci und hans p. dücker

Sachorientierte Leitthemen

Leitthema A1:Sturmflutwasserstände und Seegang –Mögliche Extremereignisse und Klimaänderungen . . . 23jürgen jensen

Leitthema A2:Morphodynamik im Küsten- und Ästuarraum . . . 33Langfristige Vorhersageverfahren und Vorhersagemodelle einschließlich Einfluss von Baumaßnahmenharro heyer

Leitthema A3:Vorhersageverfahren und -modelle für Sediment- und Schadstofftransport, Optimierungsverfahrenfür Unterhaltungsbaggerungen . . . 40axel netzband

Leitthema A4:Optimierung des Systems Schiff undWasserstraße Entwicklung vonWerkzeugen undModellen . . . 45michael ippich

Leitthema A5:Küsten- und seeseitiger Hochwasserschutz . . . 54karsten peters

Leitthema A6:Bauwerke und Bauwerksertüchtigung im Küsten- und Verkehrswasserbau . . . 65georg heerten

Leitthema A7:Herausforderungen für die Forschung imKüsteningenieurwesen amBeispiel der Offshore-Windenergie . . . 73werner richwien

Leitthema A8:Ökologisch integrierte Nutzung und Entwicklung von Küstengewässern, Ästuaren undWasserstraßen . . . 81volkhard wetzel

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Leitthema A9:»Digitaler Katalog der deutschenKüste und Binnengewässer, Fernerkundung und Informationssysteme« . . . 89rainer lehfeldt

Leitthema A10:Wechselwirkungen zwischenWasser, Struktur und Boden – Bedeutung und Defizite . . . 102jürgen grabe

Methodenorientierte Leitthemen

Leitthema B1:Probabilistische Bemessung von Bauwerken . . . 109andreas kortenhaus

Leitthema B2:Risikobewertung und Risikomanagement . . . 123Hintergründe undMotivation, Funktionen und Ziele des Risikomanagements, Methodik derVulnerabilitätsanalyse undManagementmethoden der Katastrophenvorsorgetorsten schlurmann

Leitthema B3:Integrierte Konzepte, Modelle und Techniken für bestehende und neue Bauwerke . . . 128manfred glimm

Ausblick: Zielsetzung und praktische Umsetzung . . . 134hans p. dücker und manfred nußbaumer

Anhang . . . 134

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Die Herausgabe der Broschüre „Unsere Gewässer – FOR-SCHUNG TUT NOT“ in 2004 durch HTG und DGGTmitgezielter Verteilung in Politik, Verwaltung und Fachweltstellte einen ersten Schritt zur Sensibilisierung der Öf-fentlichkeit dar, um auf dringend notwendige Forschungs-aktivitäten hinzuweisen. Es gelang, auf Forschungspro-gramme Einfluss zu nehmen, denn einige Aspekte undAnregungen wurden in heute etablierten Programmenaufgegriffen und zwischenzeitlich weiter vorangebracht.Gleichwohl haben HTG und DGGT, die aus der Sicht bei-der FachgesellschaftenbestehendenBedarfe in Forschungund Entwicklung unter dem Kerngedanken „Unsere Ge-wässer“ analysiert und fortgeschrieben. Hierzu wurden,beginnend in 2005mit einemStrategiepapier vonDückerund Oumeraci in der HANSA, Heft Nr. 143, zu den einzel-nen Forschungsschwerpunkten jeweils vertiefende Fach-beiträge veröffentlicht. Insgesamt wurden in dreizehnArbeitsgruppen zehn Sachthemen (A1–A10) und dreigebietsübergreifende methodische Themen (B1–B3) de-finiert und die aus der Sicht beider Fachgesellschaftenerforderlichen Forschungsbedarfe erläutert.Die Veröffentlichungen sind im Sinne der Aufgabenstel-lung der bei den oben genannten Fachgesellschaftennachfolgend zusammengestellt. Sie bilden die Plattformfür Forschungsaktivitäten, wie sie aus der praktischenArbeit der technisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaf-ten HTG und DGGT für die Zukunft unserer Gewässer-landschaften an der Küste und im Binnenland als drin-gend notwendig angesehen werden. Die beschriebenenForschungsschwerpunkte stellen die ganze Bandbreiteder Herausforderungen in Forschung- und Entwick-lung aus dem Blickwinkel der HTG und DGGT dar undverstehen sich in einzelnen sachorientierten Fragestel-lungen und Methodiken zum Teil als komplementäreingenieurwissenschaftliche Beiträge zu bereits initiier-ten bzw. etablierten Vorhaben und Initiativen hieraus.Diese Veröffentlichung richtet sich an Wissenschaftler-innen und Wissenschaftler in Universitäten, Hochschu-len und außeruniversitäre Einrichtungen, ohne derengemeinsames Engagement mit den Anwendern in derIngenieurpraxis und Verwaltungen die hier formulierten

Schwerpunkte nicht in Forschungsrahmenprogrammenund konkrete F+E-Vorhaben umgesetzt werden. Sie rich-ten sich in besonderemMaße aber auch an Vertreter derPolitik und der Verwaltungen sowie an die Gesellschaftim allgemeinen, die in ihrer Meinungsbildung und Ver-antwortung die Grundlagen für diese Forschungsvorha-ben durch inhaltliche und finanzielle Entscheidungenschaffenmüssen.Allen Mitgliedern der Arbeitsgruppen und Autoren so-wie allen denen, die zur Erstellung dieser Forschungs-plattform „Unsere Gewässer“ angeregt und beigetragenhaben, gilt der Dank der Verantwortlichen für dieseSchrift.

hans peter dücker · hocine oumeraci

Vorwort

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1. Einführung

In der Denkschrift der DFG „Wasserforschung imSpannungsfeld zwischen Gegenwartsbewältigung undZukunftssicherung“, erschienen im Jahr 2003 imWiley-VCH-Verlag, werden die wichtigsten Defizite und Her-ausforderungen in der Forschung aus der Sicht derDFG- und BMBF-Förderung kurz umrissen (DFG, 2003;Oumeraci, 2003). Dabei wurde nur teilweise auf dienational und global bedeutenden Forschungsschwer-punkte des Küsteningenieurwesens und des Hafen- undVerkehrswasserbaus eingegangen. Die Bündelung undNutzbarmachung der Erkenntnisse und ErfahrungenausWissenschaft und Forschung sowie vonAnwendernund Bedarfsträgern gehört zum Leistungsspektrum derHTG.Mit dem Oberziel der Stärkung des Forschungs- undTechnologiestandortes Deutschland imWege der Förde-rung von F+E–Vorhaben im Küsteningenieurwesen, Ha-fen- und Verkehrswasserbau wurde 2004 von der HTGund der DGGT (Deutsche Gesellschaft für Geotechnik)die Broschüre „Unsere Gewässer – FORSCHUNG TUTNOT“ herausgegeben. Die im Folgenden verfasste Aus-arbeitung ergänzt und präzisiert die in der vorgenann-ten Broschüre formulierten Forschungsschwerpunkte.Am Beispiel Deutschland wird einführend die gesamt-wirtschaftliche Bedeutung der Binnen- und Küstenge-wässer anhand einiger Fakten und Zahlen unterstrichen,um die Notwendigkeit der F+E-Förderung zu verdeutli-chen.Ausgehend von den Leitlinien der nachhaltigen Ent-wicklung der Binnen- und Küstengewässer (BMBF, 2004;Oumeraci, 2000) wird anschließend gezeigt, dass eigent-lich die wichtigsten Herausforderungen für F+E aus

diesen Leitlinien und den Nachhaltigkeitsdefiziten abzu-leiten sind. Im Lichte der geophysikalischen und anthro-pogenen Phänomene, ihrer Wirkungsmechanismen aufKüstenzonen, Ästuare und Flusseinzugsgebiete sowiederen Nutzungspotenziale und entsprechend den in derHTG-DGGT-Broschüre formulierten Themen werden dieprioritären F+E-Schwerpunkte nach einer einheitlichenStruktur kurz beschrieben. Verknüpfungslinien zu globalbedeutsamenFragestellungen,wie zuKlimaänderungenund zu Veränderungen der Abflusscharakteristika derFlusseinzugsgebiete, werden dabei deutlich und reflek-tieren bzw. ergänzen zum Teil bereits mehrere auf Initia-tive der Bundesregierung und der Länder vornehmlichunter den Vorzeichen des Klimaschutzes bzw. -politikund der Entwicklung von so genannten Anpassungs-strategien Forschungs- und Förderprogramme, wie bei-spielsweise Klimzug1, Klimazwei2, Kliwas3, Kliff4, DAS5

und andere. Allerdings sind weitere zusätzliche Bemü-hungen in Forschung und Entwicklung notwendig undwerden im Folgenden aufgezeigt.

hocine oumeraci · hans peter dücker

Herausforderung für die Forschung im Küsteningenieurwesen,maritimen und binnenländischen Hafen- und Verkehrswasser-bau aus dem Blickwinkel von HTG und DGGT

„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorherzusagen,sondern es kommt darauf an, auf die Zukunft vorbereitet zu sein“

Perikles, 500 v. Ch.

1 Klimzug – Klimawandel in Regionen, Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF)

2 Klimazwei – Forschung für den Klimaschutz und Schutz vorKlimawirkungen, Bundesministerium für Bildung und For-schung (BMBF)

3 Kliwas –Auswirkungen des Klimawandels aufWasserstraßenund Schifffahrt in Deutschland, Ressortforschungsprogrammdes Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-lung (BMVBS)

4 Klimafolgenforschung – Szenarien für die Klimaanpassung,Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur(MWK)

5 DAS – Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel,Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit (BMU)

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Insgesamt gesehen sind die hier aufgezeigten F+E-Feld-ermit ihren Perspektiven für weltweite Fragestellungengeeignet, für unser rohstoffarmes Land imwissenschaft-lichen und technischen Fortschritt zur Erreichung derNachhaltigkeitsziele und zur Wahrung der Zukunfts-chancen beizutragen. Sie liegen damit auf der Linie po-litischer Zielsetzungen der deutschen Regierung. Sie ver-deutlichen auch die Notwendigkeit von ganzheitlichenDenk- und Lösungsansätzen (Dücker, Hansa 2009), umnachhaltige, für Natur und Mensch optimierte Ergeb-nisse zu ermöglichen.

2. Volkswirtschaftliche Bedeutungder Binnen- und Küstengewässeraus HTG- und DGGT-Sicht

Die Binnen- und Küstengewässer Deutschlands, seitlangem Teil von Kulturlandschaften, sind keine baulichunberührten Naturräume mehr. Sie sind als unverzicht-bare Lebens- und Wirtschaftsräume durch unterschied-lichste Nutzungen und bauliche Eingriffe, Schifffahrt,Tourismus sowie Stoffeinträge und -entnahmen geprägt.Genauso unverzichtbar und überall auch erkennbarsind die Bemühungen, die natürliche Entwicklung vonFauna, Flora und Habitat so wenig wie möglich zu be-einträchtigen und so dem Nachhaltigkeitsgebot Rech-nung zu tragen.

2.1. Bedeutung der BinnengewässerDie Fläche Deutschlands ist Teil von zehn Flusseinzugs-gebieten. Die seit alters her geübte Praxis derNutzung derTalräume – einschließlich von Teilen der Hochwasser-überschwemmungsgebiete und sogar der Hochwasser-abflussgebiete – für Wohnen, Wirtschaftsbetriebe undLandwirtschaft findet ihre Grenzen unter den Gesichts-punkten der Verringerung der Schadenspotenziale auf-grund von Hochwasserereignissen und der nachhalti-gen Nutzung der Flächenressourcen.Auf den schiffbaren Binnengewässern nehmen die Bin-nenschifffahrt und die zugehörigen Infrastrukturen eineherausragende Stellung ein. Die Binnenwasserstraßenwei-sen in ihrer Verkehrsfunktion eine konkurrenzlos hoheEffizienz auf.Die Transportleistungder Binnenschifffahrtmit rd. 64Mrd.tkm/Jahr entspricht knapp 60%derTrans-portleistung der Eisenbahnen (rd. 11,5 Mrd. tkm/Jahr).Im grenzüberschreitenden Verkehr liegt das Transport-

aufkommen der Binnenschifffahrt im Güterfernverkehrmit rd. 165 Mio.t /Jahr in 2008 weit über dem der Eisen-bahnen. Auch gewinnen der Wassertourismus und derWassersport, die mit den Binnengewässern und der Bin-nenschifffahrt auch eng verflochten sind, zunehmend anBedeutung.Mit einer Wasserstraßenlänge von über 7.000 km undeinem jährlichenGüterverkehr von ca. 245Mio. Tonnenin 2008 verfügt Deutschland über ein weitmaschiges,weithin wirtschaftlich leistungsfähiges Binnenwasser-straßennetz, auf dem hohe Verkehrsleistungen erbrachtwerden (Tafel 1).Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Binnenschiff-fahrt wird vor allem als Teil eines verflochtenen Kom-plexes sichtbar, zu dem auch die Binnenhäfen, die logis-tischenDienstleister und die Binnenschifffahrt nutzendeverladende Wirtschaft zählen. Nach Schätzung des Bun-desverbandes öffentlicher Binnenhäfen (BöB) waren imJahr 2000 in Deutschland ca. 384.000 Arbeitsplätze direkt(47%) oder indirekt (43% in Zulieferbetrieben und 10%in Konsumversorgung) von der Binnenschifffahrt ab-hängig.Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Wassertouris-mus und desWassersports ist beachtlich. So wurden z.B.im Jahr 2002 ca. 221.000 Teilnehmer an Flusskreuzfahr-ten registriert und der Umsatz imWassersportmarkt lagbei ca. 1,7 Mrd. Euro. Mit einem zusammenhängendenrd. 10.000 km langen Bundes- und Landeswasserstraßen-netz, den vielen Binnenseen und 23.000 km2 Seewasser-

einleitung

Taf. 1 Wirtschaftliche Bedeutung der Binnengewässer

· 7.300 km Bundeswasserstraßen– 75% Flussstrecken– 25 % Kanalstrecken

(+ 23.000 km2 Seewasserstraßen)· Bauwerke: 335 Schleusen, 3 Schiffshebewerke, 280 Wehren,

2 Talsperren und ca. 1.300 Brücken· Binnen- und Seehäfen: mehr als 100· Nord- und Ostsee über 750 km lange Seeschifffahrtsstraßen

erreichbar· Großstadtregionen mit Wasserstraßenanschluss: 54 von 74· Binnenschiffsverkehr:

– 245 Mio. t/Jahr mit Transportleistung von 60 – 65 Mrd. tkm(+ 1,5 Mio. TEU-Container)

– Fast 4000.000 Arbeitsplätze von Bonnenschifffahrt und-häfen abhängig

· Wassertourismus und -sport (Beispieö 2002):– ca. 221.000 Teilnehmer an Flusskreuzfahrten– ca. 1,7 Mrd. € Umsatz im Wassersportmarkt

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straßen verfügt Deutschland über eines der interessan-testenWassersportreviere in Europa.Neben den o.g. umweltfreundlichen Transport- und an-deren Funktionen dienen die Binnengewässer auch derTrink- und Brauchwasserversorgung, derWasserkraftnut-zung, der Bewässerung und Entwässerung, der Abwas-serentsorgung, der Hochwasserabfuhr und der Fischerei.

2.2 Bedeutung der Küstengewässer und MeereDeutschland verfügt über rd. 3.700 km Küstenlinie mit1.590 km an der Nordsee und 2.110 km an der Ostsee, wo-bei mehr als die Hälfte der 2.110 km Boddenküste sind.Fast 5% (rd. 4Mio.) der GesamtbevölkerungDeutschlandsleben im Küstenbereich. Dabei sind jedoch die meistenEinwohner in zwei großenHafenstädten (Hamburg undBremen) sowie in ca. 10 mittleren (>250.000 Einw.) Städ-ten konzentriert. Rd. 60% (2.260 km) der gesamtenKüsten-linie sind Erosionsküsten und lediglich 52% (1.900 km)sind durch Deiche, Dünen u.a. Schutzwerke geschützt.Während 85% der Nordseeküste (1.340 km) gegen Sturm-flut geschützt sind, beträgt die geschützte Strecke an derOstsee lediglich 27% (560 km). Allein aus der Sicht derVersicherungsgesellschaften beträgt das Schadenspoten-tial durch Sturmfluten rd. 35 Mrd. Euro. Die jährlichenAufwendungen für den Hochwasser- und Küstenschutzbetragen imDurchschnitt ca. 100Mio. Euro (Giszas, 2004).

Das entspricht insgesamt 5,3 Mrd. Euro zwischen 1950und 2002. Die Bedeutung der Küstengewässer undMeereals Wirtschaftsraum lässt sich an dem Umsatzpotenzialder deutschen maritimen Verbundwirtschaft verdeut-lichen, das zumBeispiel für das Jahr 2003 rd. 35Mrd. Eurobetrug und bis zum Jahr 2010 auf rd. 43 Mrd. Euro pro-gnostiziert wurde (Tab. 1).Vor dem Hintergrund, dass 95% des interkontinentalenWarenaustausches über See abgewickelt werden unddass Deutschland sehr stark außenhandelsorientiert ist,wird der maritime Standort Deutschland gesamtwirt-schaftlich weiterhin an Bedeutung zunehmen. Diestrifft insbesondere für die Seehäfen als Schnittstellendes Land- und Seeverkehrs sowie als logistische Dienst-leistungszentren und Industriestandorte zugleich zu.Bereits jetzt werden in den deutschen Nord- und Ostsee-häfen jährlich 315 Mio. Tonnen Güter in 2007 umge-schlagen und über 30Mio. Fahrgäste abgefertigt.Blicktman von diesen auf Deutschland bezogenenDatenauf den 22-fach größeren Weltseehandel (rd. 6,5 Mrd. tin 2004) und seine Abwicklung sowie seine Zulauf- undAblaufverkehre in sehr unterschiedlich geprägten geo-physikalischen und maritimen Zonen, so lassen sichallein daraus die großen globalen Potenziale für F+E-Vorhaben, die den Standort Deutschland zu stärken ge-eignet sind, tendenziell ermessen.

Tab.1 Deutsche Maritime Verbundwirtschaft für das Jahr 2003 aufgestellt nach Angaben von MWWV-SH (2005)

Maritimer Wirtschaftsbereich Umsatz in Mrd. € Beschäftigte [1000] Umsatztrend bis 2010

1. Seeschifffahrt 10,7 (30%) 24,7 (11%)

2. Marit. Ausrüstungen /Schiffbauzulieferer 8,3 (23%) 66,4 (31%)

3. Schiffbau 3,5 (10%) 21,2 (10%)

4. Maritimer Tourismus 2,9 (8%) 13,5 (6%)

5. Wasserbau/Küsteningenieurw. 2,7 (8%) 9,3 (4%)

6. Marine/ Marineausgaben 1,6 (4%) 29,0 (13%)

7. Binnenschifffahrt 1,6 (4%) 8,7 (4%)

8. Häfen 1,5 (4%) 15,3 (7%)

9. Offshore Industrie/ Offshore Wind 0,8 (2%) 6,5 (3%)

10. Ausbildung und Forschung 0,4 (1%) 4,4 (2%)

11. Sonstige(**) (Aquakultur, Fischerei, hydrogr. 1,8 (5%) 16,1 (7%)Vermessung, Yacht- und Bootbau, Dienstleistungen)

Gesamt(*) 35,8 (**) 215,4 (*)

(*) Prognosen bis 2010: 43 Mrd. €(**) Nicht eingerechnet werden Fischverarbeitung, Fischhandel und Logistikfunktionen mit zusätzlichen 8 Mrd. € und mehr als 25000 Beschäftigte

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DerKoalitionsvertrag vom11.11.2005 setzt ambitionierteZiele für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien.Eine wesentliche Rolle kommt dabei der Offshore-Windenergie zu. In diesem Zusammenhang steht auchdie Begrenzung der wirtschaftlichen Belastung der strom-intensiven Industrie auf 5cts/kWh.Trotz des hohen Technologieniveaus im Bereich der Off-shore-Windenergie und des weltweit großen und stän-dig wachsendenMarktpotenzials ist die deutsche Indus-trie an dem derzeitigenWeltumsatz von ca. 160Mrd. Eurolediglich mit 2% beteiligt. In diesem Sektor der F+Egeht es von der Grundlagenforschung bis zur vorwett-bewerblichen Entwicklung und um die Definition ge-eigneter Innovationscluster mit dem Ziel, die Wettbe-werbsfähigkeit in einem engen Verbund vonWirtschaftundWissenschaft voranzubringen und die besten Markt-potenziale rechtzeitig zu nutzen. In diesem wichtigenProzess ist es für die HTG und die DGGT Aufgabe undHerausforderung zugleich, die F+E-Schwerpunkte ausder Sicht ihrer Tätigkeitsfelder aufzuzeigen und so zurVorbereitung auf die Zukunft gemäß dem eingangs zi-tiertenMottos von Perikles beizutragen.

3. Nachhaltigkeitsanforderungen an dieNutzung und den Schutz der Binnen-und Küstengewässer

Seit dem Rio-Umweltgipfel von 1992 hat sich ein Para-digmenwechsel zur „nachhaltigen Entwicklung“ vollzo-gen (Abb. 1). Daraus sind Leitlinien (Oumeraci, 2000) ent-standen,diealsOrientierung fürallehandelndenAkteureund Aktivitäten, einschließlich F+E-Vorhaben, dienen.Diese Leitlinien zielen grundsätzlich auf eine umfas-sende Integration aller sozio-ökonomischen und Um-weltaspekte, indem versucht wird, folgende Anforde-rungen zu erfüllen:(I) Umfassende Funktionalität undWirtschaftlichkeit,(II) Effektive Ressourcenschonung und Umweltver-

träglichkeit,(III) Soziale Verträglichkeit durch interregionale und

generationsübergreifende Gerechtigkeit,(IV) Verstärkte Kooperation und Subsidiarität(V) Umfassende Vorsorge und(VI) Mögliche Reversibilität nicht erfolgreicher

Maßnahmen.

Hierbei werden Binnen- und Küstengewässer künftigeine zunehmend bedeutende Rolle auch als Lebens- undNaturräume spielen. Wie aus den Ergebnissen der mo-netären Bewertung der Dienste der Ökosysteme unseresPlaneten in Tab. 2 ersichtlich ist, beträgt der Gesamtwertdieser Dienste fast das Zweifache des Bruttosozialpro-dukts der Erdbevölkerung. Dabei wurden lediglich dieDienste (insgesamt 17) berücksichtigt, die nicht bereitsauf dem Markt sind. Allein die Dienste der Ökosysteme,die im Küstenbereich und an den Binnengewässern ange-siedelt sind, betragen mehr als 50% der Dienste allerÖkosysteme der ErdeAm deutlichsten zeigt sich die Bedeutung der Ökosys-teme imKüstenbereich. Obgleich der Küstenbereich nur6% der Gesamtfläche der Erde ausmacht, erreicht der

Abb. 1 Nichtnachhaltiges und nachhaltiges Vorgehen

(Oumeraci, 2004)

einleitung

Tafel 2 Grunddilemma im Küstenraum

umwelt

wirtschaft gesellschaft

umwelt

wirtschaft gesellschaft

paradigmenwechsel

kurzfristig /kleinräumignichtnachhaltig

längerfristig /großräumignachhaltig

integration

grunddilemma im küstenraum

Steigender Nutzungs undBesiedlungsdruck

·ca. 40% Weltbevölkerung in100 km breiten Küstenstreifen

·mehr als 65 % der Großstädtemit über 2,5 Mio. Einwohnernim Küstengebiet

Steigende Sorge um den Erhaltder Ökosysteme

·Küstenraum: nur 6% derGesamtfläche der Erde

·Küstenökosysteme:fast 40% des Gesamtwertesaller Ökosysteme der Erde

Nachhaltige Lösung nur im Rahmen eines integriertenküstenzonenmanagement (ikzm)

möglich

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Wert der Dienste der Küstenökosysteme fast 40% desGesamtwertes aller marinen und terrestrischen Öko-systeme (Tab. 2).Andererseits lebt mehr als ein Drittel der Weltbevölke-rung weniger als 100 km von den Küsten entfernt undmehr als zwei Drittel der Großstädte mit über 2,5 Mio.Einwohnern liegen in Küstengebieten (Oumeraci, 2003).Dieser Besiedlungs- und Nutzungsdruck dürfte sich in

Zukunft weiter zuspitzen. Daraus erwächst das Grund-dilemma zwischen Nutzungsdruck und Erhalt der Küs-tenökosysteme (Oumeraci, 2000), das nur im Rahmeneines integrierten Küstenzonenmanagements (IKZM)nachhaltig gelöst werden kann (Tafel 2).Die wichtigsten und meisten Herausforderungen fürdie Forschung und Entwicklung lassen sich aus denLeitlinien zur nachhaltigen Nutzung und zum nach-

Abb. 3 Herausforderung der F+E für nachhaltige Nutzung und Schutz der Binnen- und Küstengewässer (nach Oumeraci, 2000)

Tab. 2 Monetäre Bewertung der Ökosysteme nach Daten von Constanza et al. 1997 (Oumeraci, 2000)

Marine Ökosysteme Terrestische Ökosysteme Ökosysteme der Erde

Offenes Meer Küste Wald Feuchtgebiete andere

Flächen [Mio. ha] 33.200 (64 %) 3.102 (6 %) 4.855 (9,4 %) 330 (0,6 %) 10.138 (20 %) 51.625 (100 %)

36302 (70 %) 15.323 (30 %)

Jährlicher Wert pro Fläche 252 4052 969 14.785 – –[US$ / Jahr / ha]

Jährlicher Gesamtwert 8.381 (25 %) 12.568 (38 %) 4.706 (14,1 %) 4.879 (14,7 %) 2.743 (8,2 %) 33.268* (100%)

[Mrd. US$ / Jahr] 20.949 (63 %) 12.319 (37 %)

Bruttosozialprodukt der Erdbevölkerung US $ 18.000 Mrd./Jahr (1994)

Ökosystemde Erde / Bruttosozialprodukt 33.268 / 18.000 = 1,84

(*) Schwankungsbereich US $ 16.000 – 54.000 Mrd. Aufgrunde der Unsicherheit wird der Mittelwert von US $ 33.268 eher unter- als überschätzt

herausforderungenim entwicklungs

bereich

nachhaltigkeitsforderungen für die nutzung und den schutz der gewässer

Funktionalität /ökonomische

Effizienz

Ressourcenschonung /ökologischeIntegration

Interreg. u. -generat.sozioökonomische

Gerechtigkeit

Subsidiaritäts-prinzip

Vorsorge-prinzip

Reversibiltäts-prinzip

herausforderung für die forschung und entwicklung

herausforderungen im forschungsbereich

Methoden zurBerücksichtigung der

Modellierung

Vielfalt undVeränderlichkeit

der Ziele

Innovativeund BauwerkeBauverfahren

Unsicherheit Dynamik Großskalig,skalenübergreifend

Extreme undkatastrophale

Ereignisse

Synergieder Modelle

InnovativeRisikomanage-menttechniken

ultimative herausforderung:Integriertes Konzept für Risiko-Analyse und -Management,

einschließlich transparenter und adaptiver Methoden

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haltigen Schutz der Binnen- und Küstengewässer sowieaus den bisherigen Nachhaltigkeitsdefiziten herleiten(Oumeraci, 2000). Zum Beispiel würde die Verwirkli-chung des Grundprinzips „interregionale und generati-onsübergreifende Gerechtigkeit“ voraussetzen, dass zu-verlässige Vorhersagemodelle verfügbar sind, die unsermöglichen, dieWirkungen und Auswirkungen anthro-pogener Eingriffe in die Naturprozesse über Dekadenbis Jahrhunderte sowie über Hunderte bis Tausende vonKilometern zu berechnen (Abb. 3). Dies ist bekanntlichnoch nicht der Fall. Genauso wenig verfügen wir überdieerforderlichenIntegrationsinstrumente (Gesellschaft/Ökonomie/Umwelt) oder über die Instrumente zur ex-pliziten Berücksichtigung der Unsicherheiten aus denverschiedensten Quellen, die für jede Optimierung imSinne der Nachhaltigkeit unverzichtbar sind (Abb. 3).Eine nähere Darstellung der Nachhaltigkeitsdefizite undder entsprechenden Herausforderung für die Küstenfor-schung aus der Sicht des Küsteningenieurwesens ist inOumeraci (2000) zu finden.

4. Forschungsschwerpunkte aus der Sichtder HTG und der DGGT

4.1 Überblick und VorgehensweiseAuf der Grundlage der oberen Ausführungen sowie unterBerücksichtigung der Forschungsschwerpunkte der Denk-schrift „Wasserforschung“ der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG, 2003; Oumeraci, 2003) und anleh-nend an den in der Broschüre der HTG-DGGT (2004)benannten Schwerpunkte wurden insgesamt 13 Leitthe-men herausgestellt, die jeweils von einer Arbeitsgruppebearbeitet wurden (Tab. 3). Dabei wurde zwischen Sach-themen-orientierten (A1–A10) und methoden-orientier-ten (B1–B3) F+E-Schwerpunkten unterschieden. Die Fest-legung der Schwerpunkte und Arbeitsgruppen wurdevom Vorstand der Hafentechnischen Gesellschaft e.V.(HTG) aus Wissenschaft, Industrie, Herstellern, Häfen,Consulting und Verwaltungen getragen.Die Arbeitgruppen wurden aus einem sehr breiten Spek-trumvonMitgliedern ausWissenschaft,Wirtschaft und

einleitung

Leitthema Arbeitsgruppe(1)

A1 Sturmflutwasserstände und Seegang – Mögliche Extrem- J. Jensen, P. Fröhle, J. Hofstede, G. Gönnert, C. Mudersbach, S. Müller-Navarra,ereignisse und Klimaänderungen H. Oumeraci, G. Rosenhagen, E. Rudolph, F. Thorenz, R. Weisse

A2 Morphodynamik im Küsten- und Ästuarraum H. Heyer, H. Oumeraci, A. Malcherek, U. C.E. Zanke,. T. Strotmann, H. von Storch,Langfristige Vorhersageverfahren und Vorhersagemodelle P. Milbradteinschließlich Einfluss auf Baumaßnahmen

A3 Sediment und Baggergut A. Netzband, H.-H. Witte, P. Heininger, S. Heise, H. Heyer, A. Matheja,Vorhersageverfahren und –modelle für Sediment- und A. MalcherekSchadstofftransport, Optimierungsverfahren für Unterhaltungs-baggerungen

A4 Schiff und Wasserstraße M. Ippich, K. Frerichs, G. Ackermann, F.-P. Eissfeldt, J. Froese, P. Irminger,Optimierung des Systems Schiff und Wasserstraße J. Kayser, A. Maksoud, K. UliczkaEntwicklung von Werkzeugen und Modellen

A5 Küsten- und seeseitiger Hochwasserschutz K. Peters, K.-F. Daemrich, O. Stoschek, H. Schüttrumpf

A6 Bauwerke und Bauwerksertüchtigung im Küsten- und Verkehrs- G. Heerten, M. Achmus, C. Boley, J. Grabe, R. Katzenbach, N. Meyer,wasserbau H. Oumeraci, T. Richter, F. Saathoff, S. Savidis, H.-J. Scheffer

A7 Offshore-Windenergieanlagen W. Richwien, K. Lesny, W. Brunner, H.-D. Clasmeier, G. Funke, J. Grabe,Herausforderungen für die Forschung im Küsteningenieur- G. Hackmann, K. Mittendorf, A. Mitzlaff, T. Retzlaffwesen am Beispiel der Offshore-Windenergie

A8 Ökologisch integrierte Nutzung und Entwicklung von V. Wetzel, H. Glindemann, U. von Bargen, C. Heinzelmann, W. Weber,Küstengewässern, Ästuaren und Wasserstraßen F. Kohmann, M. Fiedler, B. Hochfeld, N. Ohle

A9 Digitaler Katalog der deutschen Küste und Binnengewässer-, R. Lehfeldt, M. Osterthun, A. GötschenbergFernerkundung und Informationssysteme

A10(2) Wechselwirkungen zwischen Wasser, Struktur und Boden – J. Grabe, J. Franke, M. Heibaum, H. Oumeraci, W. Richwien, M. Tenkleve,Bedeutung und Defizite H. Tworuschka

B1 Probabilistische Bemessung von Bauwerken A. Kortenhaus, P. Fröhle, J. Jensen, N. von Lieberman, S. Mai, C. Miller, K. Peters,H. Schüttrumpf

B2 Risikobewertung und Risikomanagement T. Schlurmann, N. von Lieberman, S. Woltering, U. Bauermeister, V. Sigrist, H. Beller

B3(3) Risikobasierte Bauwerksüberwachung und Bauwerkserhaltung M. Rahtge, M. Behrendt, G. Giegerich, , M. Glimm, N. von Lieberman,H. Tworuschka, S. Woltering

Tab. 3 (1) Arbeitsgruppenleiter unterstrichen, weitere Mitglieder alphabetisch geordnet,(2) Leitthema A10 im Prozess der Bearbeitung nachträglich entstanden,(3) Leitthema B3 im Prozess der Bearbeitung nachträglich abgewandelt

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Behörden bebildet, um möglichst viel Erfahrungen ausden unterschiedlichen Perspektiven einfließen zu lassenund eine möglichst breite Akzeptanz der Ausbreitungzu erzielen Darüber hinaus erschien es aus mehrerenGründen zweckmäßig, die Präzisierung der in Tabelle 3aufgeführten F+E Schwerpunkte durch die Arbeitsgrup-pen nach einer einheitlich festgelegten Struktur aus-zuarbeiten. Um die geeigneten Mitglieder und Leiterder jeweiligen Arbeitgruppen besser identifizieren zukönnen und einen Konsens im Gesamtvorstand derHTG besser erzielen zu können, wurde eine Vorab-Kurz-beschreibung der Leitthemen nach der festgelegten ein-heitlichen Struktur erstellt. Dabei blieb jedoch der jewei-ligen Arbeitgruppe das Recht vorbehalten, bereits beiderenkonstituierendenSitzungeventuelleÄnderungen,Präzisierungen und Ergänzungen vorzunehmen, dieunverzüglich an die weiteren Arbeitsgruppen mitge-teilt wurden, um mögliche Redundanzen zu minimie-ren und den Austausch zwischen den Arbeitsgruppenvon Beginn an sicher zustellen.

4.2 Vorab-Kurzbeschreibung der einzelnen LeitthemenUm einen Vergleich zwischen den vom HTG-Vorstandgetragenen „Vorgaben“ und den erzieltenAusarbeitungendurch die Arbeitgruppen (siehe Leitthemen in den nächs-ten Kapiteln) zu ermöglichen, der für künftige ähnlicheInitiativen nützlich sein kann, erscheint es sinnvoll,nachfolgend die Vorab-Kurzbeschreibung der einzelnenLeitthemen so wiederzugeben, wie sie den Arbeitsgrup-pen von Beginn an vorlagen. Dabei ist anzumerken, dassdas Leitthema A10 erst nachträglich im Prozess der Be-arbeitung der anderen Leitthemen entstanden und somithierfür keine Vorab-Kurzbeschreibung vorlag. Bei derfestgelegten einheitlichen Struktur der Leitthemen wur-den folgende Aspekte berücksichtigt:(a) die wichtigsten Ziele(b) die ingenieurpraktische, wirtschaftliche und

gesellschaftliche Bedeutung(c) die größten Defizite in F+E(d) die Schlüsselschwerpunkte der F+E und(e) die Fernziele nach dem Forschungszeitraum.

Leitthema A1:Sturmflutwasserstände und -seegang: „Die perfekteSturmflut“(a) Ziele

Bestimmung der vernünftigerweise anzuneh-menden und der größten anzunehmenden(„undenkbaren“), jedoch physikalisch möglichenextremen Sturmflut, die sich durch kombiniertemeteorologische Extremereignisse, Gezeiten-,hydrologische undmorphologische Einfluss-parameter sowie derenWechselwirkungen unterBerücksichtigung der Klimaänderungen undmöglicher sozioökonomischen Veränderungenergeben. (Zunächst beispielhaft für das Elbeästuarund die Megacity Hamburg, imWeiteren fürweltweite Fragestellungen, z.B. von LDC- undSchwellenländern).

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Verbesserung desWissensstandes hinsichtlichder relativen Beiträge der Komponenten einerextremen Sturmflut sowie der Vorhersage derextremen Bemessungsereignisse (100 bis 10.000JahreWiederkehrperiode), die bisher lediglichdurch Extrapolation (multivariate Extremwert-statistik) ermittelt werden.

• Beitrag zur Verbesserung derWahrnehmung undpraktische Beherrschung „undenkbarer“ Mega-risiken sowie zur Schaffung einer rationellenEntscheidungsgrundlage für die Politik.

(c) Defizite in F+E• Bisher keine physikalische Begründungder Extrapolation zu extremen Bemessungs-ereignissen

• Bisher keine allgemein akzeptierte Methodik fürdie Bestimmung von extremen Bemessungs-sturmfluten vorhanden, die ausWasserständen,Seegang und Hochwasserabflüssen resultiert.

• Multivariate statistische Extemwertanalysevorhandener Messdaten (Wasserstände, Seegang,Hochwasserabflüsse) und reproduzierter kombi-nierter Daten (Hindcast).

• Berücksichtigung bisher nicht ausgespielteraber physikalisch möglicher Kombination derEinflussfaktoren, einschließlich langfristigermorphologischer und klimatischer Verände-rungen.

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(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungszeit-raum)• Wie ist die Sturmflut zu charakterisieren, diezu einem „worst-case scenario“ hinsichtlich desSchadenspotentials führen würde?

• Welche physikalisch mögliche Kombinationder Einflussfaktoren würde zu einer solchen„perfekten Sturmflut“ führen?

• Welche ungewöhnlichenMaßnahmen wären zurReduzierung des Megarisikos auf ein tolerierbaresMaß wären realisierbar?

• Zunächst Forschungsvorhaben am Beispiel derMegacity Hamburg

(e) Perspektiven nach dem Forderungszeitraum(Fernziel)• Erweiterung des Vorgehens für weitere Ästuar-gebiete und für offene Küsten (z.B. Nordsee,Atlantik, Ostsee; ferner Fragestellungen fürGebiete von LDC- und Schwellenländern, etc.)

• „Kopplung“ von Sturmflut, Seegang- undmorpho-logischenModellen für langfristige Prognosenunter Berücksichtigung verschiedener Szenarienfür Klimaänderung und sozio-ökonomischenEntwicklungen.

Leitthema A2:Morphodynamik im Küsten- und Ästuarraum(a) Ziele

Entwicklung und praktische Implementierungvon operationellenModellen zur Vorhersage lang-fristiger und großräumiger morphologischerVeränderungen im Küstenraum (evtl. am Beispielvon Sylt) und im Ästuarraum (evtl. am Beispiel desElbästuars) unter Berücksichtigung verschiedenerSzenarien für die Klimaänderung und die sozio-ökonomischen Entwicklungen (u.a. anthropogeneNutzungen, bauliche Eingriffe).

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Beurteilung des Einflusses der langfristigenmorphologischen Veränderungen auf (i) dieSicherheit und Funktion vorhandener sowiegeplanter Nutzungen und Baumaßnahmen, (ii)die Verfügbarkeit bzw. Beeinträchtigung derWasserverkehrinfrastrukturen; (iii) die Sediment-verfügbarkeit.

• Grundlagen für (i) die Erschließung vonMaterial-quellen für Sandvorspülungen , (ii) die Optimie-rung von Ausbau- Unterhaltsbaggerungenund (iii) Szenarien für Küsten- und Ästuarraum-management.

(c) Defizite in F+E• Bisher keine allgemein akzeptierte Methodik fürdie Erfassung der skalenübergreifenden Prozesseunter Berücksichtigung vonWind, Seegang,Strömung und Sedimenteigenschaften sowie fürverschiedene Szenarien der sozio-ökonomischenEntwicklung (Nutzungen, Baumaßnahmen).

• Bisher kein allgemein akzeptiertes zuverlässigesModell für den operationellen Einsatz.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungszeit-raum)• Prognose der morphologischen Entwicklungenunter Berücksichtigung verschiebender Szenarienfür den Küstenschutz für die nächsten 50 – 100Jahre am Beispiel von Sylt.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Erweiterung der Modelle für dasWattenmeermit vorgelagerten Ostfriesischen Inseln, Einflussbiologischer Faktoren.

• Einbinden der Modelle in ein operationellesSoftwarepaket

• Machbarkeitsstudie für 3D-Modelle und derenVereinfachung für den operationellen Einsatz

• wie vor, jedoch für weltweite Fragestellungen.

Leitthema A3:Sediment und Baggergut(a) Ziele

Verbesserung bestehender und Entwicklung neuerVerfahren, Mess- undMonitoringtechniken undModelle zur Bestimmung von Kausalitätskettenfür Kontaminierungen aus Altlasten und Neuein-tragungen sowie für die Optimierung der Ausbau-und Unterhaltungsbaggerungen und des Manage-ments des Baggerguts in Küstenzonen, Ästuarenund Flusseinzugsgebieten unter Berücksichtigungder EU-Wasserrahmenrichtlinie, des EU-Grün-buches Meerespolitik und internationaler Schutz-abkommen für das Meer und für Flussgebiete.

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(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Verbesserte Charakterisierung und Klassifizie-rung des Baggerguts, auch unter ökologischenGesichtspunkten.

• Nachhaltige Strategien zumManagement desBaggerguts und der Schadstoffe, einschließlichKontrolle der Kontaminierungsquellen sowienachhaltige Umlagerung bzw. Nutzung desBaggerguts.

• Wesentliche Reduzierung der jährlichen Kostensowie der ökotoxologischen und ökologischenBeeinträchtigungen durch Ausbau- und Unterhal-tungsbaggerungen

(c) Defizite in F+E• Mangelhafte Prognose des Sedimenttransports.• Mangelhaftes Prozessverständnis der Lagestabili-tät von Schlick unter Seegang und Strömung sowiedes Verhaltens des Baggerguts beim Einbringen.

• Bisher keinewissenschaftlich fundierten optima-len Nassbaggertechniken für denmaßgenauenAbtrag bei minimaler Aufwirbelung und Ver-driftung des Baggerguts.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungszeit-raum)• Prognose des Sedimenttransports, differenziertnach Kornfraktionen und ökotoxologischenAnlagerungen

• Modellierung der vorübergehenden Trübungs-wolken bei Aufwirbelung und Verdriftung desBaggerguts

• Erfassung biologischer Einflussfaktoren auf dieSedimenteigenschaften

• Quantifizierung der Schiffbarkeit von Fluidmud• Entwicklung standarisierter Verfahren zurCharakterisierung der Schiffbarkeit von Fluid-mud und zur Bestimmung der empirischenParameter für die numerischenModelle unddie Generierung geeigneter Naturdaten für dieValidierung.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Einbinden der Ergebnisse in Empfehlungenfür optimale Unterhaltungsbaggerung und nach-haltiges Management von Baggergut sowie inein entsprechendes integriertes Softwarepaket,auch für weltweite Fragestellungen.

Leitthema A4:Schiff und Wasserstraße(a) Ziele

• Entwicklung vonWerkzeugen undModellenfür die Optimierung des Systems Seeschiff undSeewasserstraße

• Entwicklung vonModellen für die Prognosevon Veränderungen der Abflusscharakteristikavon Flusseinzugsgebieten und darauf basierendauf die wirtschaftlichen Nutzungsveränderungen,insbesondere für die Schifffahrt

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Dauerhafte und kostengünstige Gewährleistungder Sicherheit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeitund ökologischen Verträglichkeit der Schifffahrt,derWasserstraßen, deren Ausbau und derenUnterhaltung

• Grundlagen zur Routenplanung und Verkehrs-lenkung.

(c) Defizite in F+E• Mangelhafte Kenntnis derWechselwirkungenzwischen fahrendem Schiff, Wasserkörper,Gewässerbett und Ufer (insbesondere bei be-grenztenWassertiefen).

• Mangelhafte Kenntnis des Einflusses der nau-tischen Anforderungen und Auswirkungen derFahrt einzelner Schiffe – wie auch der Schiff-fahrt insgesamt – auf das optimale System Schiff-undWasserstraße.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Entwicklung und Verifizierung von Verkehrssi-mulationsmodellen für die Planung des Ausbausund der Routen sowie für die Verkehrslenkung

• Ausarbeitung von wissenschaftlich-technischenGrundlagen für die Bemessung von Uferdeck-werken im Bereich der Küstenzonen und derSeewasserstraßen.

• Entwicklung vonWerkzeugen (Modelle undInformationssystem) für eine verbessertePrognose derWasserstände, der Fahrwasser- undFahrrinnentiefen und Sohlveränderungen.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Entwicklung eines prozessbasierten und physika-lisch fundierten Bemessungsverfahrens für

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Uferdeckwerke für Seewasserstraßen (Schiffs-wellen und Strömungen) und Ästuaren (Wind-wellen, Schiffswellen und Strömungen).

Leitthema A5:Küsten- und seeseitiger Hochwasserschutz(a) Ziele

• Verbesserung bestehender und Entwicklungneuer Schutzkonzepte und -systeme sowievonMethoden zu deren funktionellen undkonstruktiven Bemessung im Rahmen einesgesamtwirtschaftlich und ökologisch optimier-ten Schutzes des Küstenraumes gegen Sturmflut-wasserstände und -seegang, einschl. Tsunami-und „Freak-Waves“.

• Besondere Berücksichtigung der regionalenFolgen von Klimaänderungen für denMeeres-spiegel und für den Zufluss aus dem Flusseinzugs-gebiet und sozio-ökonomischen Entwicklungen.

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Gewährleistung eines volkswirtschaftlichoptimalen Schutzes vonMenschenleben,Sachwerten und Küstenökosystemen

• Unverzichtbar für die nachhaltige Entwick-lung des Küstenraumes sowie für jedesIKZM-Programm.

(c) Defizite in F+E• Bisher i.d.R. isolierte konventionelle Bestimmun-gen eines Schutzniveaus als Reaktion auf ein-getretene Flutereignisse statt gesamte innovativeSchutzkonzepte und -systeme in einem integrier-ten nachhaltigen Rahmenprogramm

• Unzureichende Kenntnisse der hydraulischenWirksamkeit und Belastung der Schutzwerkeund -systeme, die für funktionelle und konstruk-tive Bemessung unerlässlich sind.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Entwicklung neuer Schutzkonzepte, -systemeund -bauwerke

• Entwicklung vonModellen für die Vorhersageder hydraulischenWirksamkeit und Seegangs-belastung

• Entwicklung integrierter Bemessungsverfahrenunter Berücksichtigung der gesamten Lebens-

dauer der Schutzmaßnahmen, einschließlichveränderter Rahmenbedingungen.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Praktische Implementierung in ein operationellesSoftwarepaket für funktionelle und konstruktivePlanung, auch für weltweite Fragestellungen.

• Einbindung in einen Gesamtrahmen für dienachhaltige Entwicklung des Küstenraums(z.B. IKZM-Programm).

Leitthema A6:Bauwerke und Bauwerksertüchtigung im Küsten-und Verkehrswasserbau(a) Ziele

Entwicklung und Bemessung neuer Lösungenund Bauwerke für den Küsten- und Hochwasser-schutz sowie für den Verkehrswasserbau unterEinsatz von herkömmlichen und innovativenBaumaterialien.

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Kostengünstige, umweltverträgliche und flexibleLösungen für den Bau neuer bzw. für die Sanie-rung und Ertüchtigung bestehender Bauwerkeim Küsten- und Offsho-rebereich sowie imVerkehrswasserbau.

(c) Defizite in F+E• Mangelhafte Kenntnisse hinsichtlich des Stand-sicherheitsverhaltens bei Seegang und Strömungunter Berücksichtigung der Verformung innova-tiver Elemente bzw. Bauwerke sowie hinsichtlichder biologischen Einflussfaktoren.

• Bisher keine Bemessungsrichtlinien aufgrundeiner physikalisch begründeten Kenntnis derbeteiligten hydro- und geotechnischen Prozessein Zusammenhangmit denMaterialeigen-schaften (Boden und künstliche Baustoffe).

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Bestimmung der Seegangs- und Strömungsbe-lastung für typische Lösungen wie z.B. geotextileSandcontainer als Deckwerk, Deich- und Dünen-verstärkungen, etc.

• Einfluss biotischer Faktoren auf Sicherheit,Funktion und Dauerhaftigkeit.

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• Ausarbeitung von prozessorientierten Bemes-sungsverfahren

• Verbesserung vorhandener und Entwicklungneuer Lösungen.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Einbindung der Ergebnisse in neue Bemessungs-verfahren für den Einsatz von innovativenBaumaterialien im Küsten- und Verkehrswasser-bau, einschließlich Offshore- und Seehafenbau,auch für weltweite Fragestellungen.

Leitthema A7:Gründungen von Offshore-Windenergieanlagen(a) Ziele

Ausarbeitung undVerbesserung der wissenschaftlich-technischen Grundlagen für die Bemessung, denBau und die Unterhaltung von Gründungsbau-werken von Offshore-Windenergieanlagen unterBerücksichtigung geophysikalischer undmeteo-rologischer Extremereignisse..

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Dauerhafte Gewährleistung der Sicherheitund des Betriebs von Offshore-Windenergie-anlagen

• Reduzierung der Bau- und Unterhaltungskosten.(c) Defizite in F+E

• Große Unsicherheiten bei den bisherigenBemessungsverfahren, insbesondere (i) hinsicht-lich der Extremeinzellasten durchWind undSeegang sowie der zyklischen Belastungen, (ii)der zu erwartenden Kolke und deren Einfluss aufdie Tragfähigkeit der Gründungen und (iii) derReduzierung der Tragfähigkeit des Bodens beizyklischen Belastungen.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungszeit-raum)• Kolkvorhersage bei Seegang und Strömung fürtypische Bauwerkstypen (Monopile, Tripod undCaisson)

• Bemessungsverfahren für den Kolkschutz,einschließlich Bauoptimierung

• Einfluss des Porenwasserdruckaufbaus auf dieTragfähigkeit der Gründung sowie innovativeGegenmaßnahmen.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Einbindung der Ergebnisse in vorhandene bzw.neue Richtlinien für die Planung, den Bau unddie Unterhaltung von Gründungen von Offshore-Windenergieanlagen, auch für weltweite Frage-stellungen.

Leitthema A8:Umweltaspekte beim Ausbau von Küstengewässern,Ästuaren und Wasserstraßen(a) Ziele

Grundlagen undWerkzeuge für die Analyse undVorhersage des Einflusses von Ingenieurmaß-nahmen auf die natürlichen Umweltprozesse undÖkosysteme, einschließlich dessen Quantifizierungund Bewertung, auch im Blick auf den Gewässer-und Bodenschutz.

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Unverzichtbar für die Optimierung von Ingeni-eurmaßnahmen im Sinne der nachhaltigenNutzung der Küsten- und Binnengewässer

• Praktischer Beitrag zur quantitativen Erfassungder sog. intangiblen Kosten bei der Optimierungvon Ingenieurmaßnahmen.

(c) Defizite in F+E• Unzureichende Kenntnisse über die Änderungender bio-chemischen und ökotoxologischenProzesse im Gewässer und im angrenzendenSystem durch zivilisatorische und natürlicheSchadstoffeinleitungen, bauliche Eingriffe undsonstige Gewässernutzungen.

• Keine allgemein anerkannten und zuverlässigenMethoden für die Analyse, die Vorhersage unddie Bewertung solcher Änderungen.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungszeit-raum)• Verbessertes Verständnis derWechselwirkungenzwischen den durch anthropogen verändertenphysikalischen Prozessen (Hydrodynamik,Morphodynamik undMorphologie), Gewässer-eigenschaften und den biotischen Prozessen imWasser und angrenzenden Natursystemen

• Verfahren zur Vorhersage der Degradierung undResilienz der Ökosysteme

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• Bewertungsverfahren für die Degradierung derÖkosysteme unter Berücksichtigung derenResilienz.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Ausarbeitung von Richtlinien für die Analyse,Vorhersage und Bewertung der Beeinträchtigungvon Ökosystemen durch zivilisatorische Ein-wirkungen.

• Einbindung der Ergebnisse in Bemessungs- undOptimierungsverfahren für Maßnahmen zurGewässernutzung, jeweils auch für weltweiteFragestellungen.

Leitthema A9:Digitaler Katalog der deutschen Küste und Binnen-gewässer, Fernerkundung und Informationssysteme(a) Ziele

Entwicklung zuverlässiger Messverfahren (ter-restrische, aviatische, satellitenbasierte) für lokale,regionale und flächendeckende Bereitstellung undManagement von fachgerechten Daten und Infor-mationen über den aktuellen Zustand von Seen,Küstenzonen sowie Flusseinzugsgebieten mitihren Anlagen, Einrichtungen und Nutzungen,einschließlich Zugang durchMeta-(MIS) undGeoinformationssysteme (GIS).

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Gebündelte Verfügbarkeit problemspezifischerInformationen über die früheren Veränderungender Naturvorgänge (Hydrologie, Morphologieund Ökosysteme) im Zusammenhangmit densozio-ökonomischen Entwicklungen undEingriffe als Grundlagen für retrospektiveAnalysen und Prognosen.

• Grundlage für die Prognose kritischer Verände-rungen an Bauwerken (z.B. Durchfeuchtungvon Dämmen und Deichen, Formänderungenvon Bauwerken).

• Grundlage zur Optimierung desWissensmana-gements und Austauschmit anderen Daten-banken.

(c) Defizite in F+E• Für erforderliche Analysen und Prognosen fehlenDaten und geeignete Datenerhebungsmethoden.

• Bisher liegen Daten und Informationen entwedergar nicht, verstreut und nur unvollständig vor –mit der zusätzlichen Gefahr, dass sie unwieder-bringlich verloren gehen können.

• VorliegendeMethoden zur retrospektiven undprospektiven Analyse sind weder vollkommennoch einheitlich.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Entwicklung von Fernerkundungsverfahren fürprioritäre Fragestellungen.

• Konzept für Datenbankgestaltung, Standardsfür die Datengenerierung und Pflege sowie fürden Zugang und den Austauschmit anderenDatenquellen

• Weiterentwicklung der Methoden für die pro-spektive und retrospektive Analyse

• Optimierung des Zugangs und der Nutzung derDatenbank.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Übertragung der Fernerkundungsmethoden und-verfahren auf weltweite Fragestellungen

• Einbindung in geeignete Institutionen undLösung der damit verbundenen organisatorischenund rechtlichen Fragen.

Leitthema B1:Probabilistische Bemessung von Bauwerken undAnlagen (Infrastruktur und Suprastruktur)(a) Ziele

Bereitstellung und beispielhafte praktischeAnwendung eines vollständigen operatio-nellenprobabilistischen Verfahrens für die Bemessungvon Küsten-, Hochwasser-, Hafen- und Offshorebau-werken, einschließlich der Verfahren für dieQuantifizierung und Analyse der Unsicherheitenaus den verschiedensten Quellen.

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Unverzichtbar für jede Optimierung im Sinneeiner nachhaltigen Bemessung

• Förderung eines prozessorientierten Vorgehens(Versagensformen,Wechselwirkungen).

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(c) Defizite in F+E• Erfassung der Versagensformen bisher lückenhaft• Unsicherheiten der Modelle und Eingangsdatensehr lückenhaft

• Bisherige Fehlerbaumanalyse unzureichend beizeitabhängigen Versagensformen und Zeitabhän-gigkeit derWechselwirkungen zwischen denVersagensformen.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Entwicklung der Zustandsgleichungen für diefehlenden Versagensformen von Bauwerken fürden Küsten – und Hochwasserschutz

• Abschätzung der Unsicherheiten der eingesetztenModelle und Eingangsdaten

• Entwicklung neuer Verfahren für die Fehler-baumanalyse bei Zeitabhängigkeit der Versagens-formen und derenWechselwirkungen.

• Beispielhafte Durchführung einer vollständigenprobabilistischen Bemessung und Vergleichmit der bisherigen Bemessung für einen Satzausgewählter Küsten- und Hochwasserschutz-werke.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Einbindung des Verfahrens in ein integriertesrisiko-basiertes Konzept für die Bemessung neuerund die Sicherheitsabschätzung bestehenderBauwerke, auch für weltweite Fragestellungen.

Leitthema B2:Vulnerabilitätsanalyse und Risikobewertung(a) Ziele

Grundlagen undWerkzeuge zur Bestimmungund Bewertung der tangiblen und intangiblenFolgeschäden von Hochwasser und Küstenerosionals Teil der Risikoanalyse undmit dem Ziel, denEinsatz ingenieurtechnischer und organisatorischerMaßnahmen zur Minderung der unvermeidlichenRestrisiken optimieren zu können.

(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Unverzichtbar für die Optimierung die Planungneuer und die Sicherheitsabschätzung vorhande-ner Küsten- und Hochwasserschutzsysteme.

• Unverzichtbare Grundlagen für eventuelleVerstärkung – bzw. gar Entfernung – vorhandenerSchutzwerke.

(c) Defizite in F+E• Keine einheitlichen Verfahren zur Bestimmungder indirekten ökonomischen Folgekosten.

• Keine Verfahren zur Bewertung der intangiblenFolgeschäden und zur Integrationmit den direk-ten und indirekten ökonomischen Folgekosten.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Verbesserung der Verfahren zur Bestimmungder direkten und indirekten ökonomischenFolgekosten.

• Neue Verfahren zur Bestimmung der intangiblenSchäden (Menschenleben, kulturelle undökologische Schäden, etc.).

• Neue Verfahren zur Bestimmung der Regenerati-onsfähigkeit sozio-ökonomischer und ökolo-gischer Systeme.

• Integriertes Konzept zur Bestimmung der Gesamt-kosten über die geplante Lebensdauer der Küsten-und Hochwasserschutzsysteme, einschließlichUnsicherheiten.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Bestimmung eines systematischen Konzeptes mitden entsprechendenMethoden zur Bestimmungtolerierbarer Schäden und Risiken, auch fürweltweite Fragestellungen.

• Einbinden in ein integriertes risiko-basiertesKonzept für die Planung, Betrieb undManage-ment von Küsten- und Hochwasserschutz-systemen.

Leitthema B3:Risikobasierte Bauwerksüberwachung und Bauwerks-erhaltung(a) Ziele

Entwicklung einer vorwiegend präventiv orien-tierten Überwachungs- und Unterhaltungsstrategiefür bestehende Bauwerke, aber auch als integrierterBestandteil der Bemessung neuer Bauwerke mit denentsprechendenMethoden undWerkzeugen aufder Grundlage der probabilistischen Risikoanalyse.Beispielhafte Anwendung an Seedeichen.

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(b) Ingenieurpraktische, wirtschaftliche und gesell-schaftliche Bedeutung• Unverzichtbar für die Optimierung der Ertüchti-gung bestehender Bauwerke, da die Kenntnisder Restsicherheit und der Restfunktion zu jederZeit verfügbar gemacht wird.

• Unverzichtbar für die Optimierung neuer Bau-werke über die gesamte Lebensdauer, da die Über-wachungs- und Unterhaltskosten ein integralerBestandteil der Gesamtkosten darstellt.

(c) Defizite in F+E• Bisher fehlt ein praktisches allgemein akzeptier-tes Gesamtkonzept auf der Grundlage der Risiko-analyse mit entsprechendenWerkzeugen undMethoden.

(d) F+E-Schwerpunkte (mittelfristiger Forschungs-zeitraum)• Entwicklung eines PRA-basierten Gesamtkonzeptsfür Küsten- und Hochwasser-schutzwerke sowiefür Hafenbauwerke.

• Implementierung und Demonstration amBeispiel eines bestehenden Seedeiches sowie amBeispiel eines zu planenden neuen Seedeiches.

(e) Perspektiven nach dem Förderungszeitraum(Fernziel)• Aufbereitung und Einbindung des Gesamtkon-zepts und der entwickeltenMethoden in einSoftwarepaket für die Optimierung von Über-wachungs- und Unterhal-tungsplänen vonKüstenschutz-, Hochwasserschutz- und Hafen-bauwerken, auch für weltweite Fragestellungen.

5. Herausforderungen im Kontextder Klimafolgen

Alle F+E-Schwerpunkte, die in den nachfolgenden 13 Leit-themen beschrieben werden, wurden mehr oder weni-ger explizit auch vor dem Hintergrund der jeweiligenAnpassungen an die Klimafolgen im Sinne eines nach-haltiges Managements der Küsten- und Binnenge-wäs-ser herausgestellt. Beispielsweise geht Leitthema A1 ex-plizit auf die Implikationen für die Veränderungen derSturmfluten ein, und vor dem Hintergrund der starkenWechselwirkung zwischen Sturmflut und Morphody-namik im Küsten- und Ästuarraum geht Leitthema A2folgerichtig auf die langfristigen morphodynamischen

Veränderun-gen ein. Noch expliziter und umfassenderwerden im Leitthema B2 die Klimafolgen für die Risiko-bewertung, das Risikomanagement und die Anpas-sungsstrategie berücksichtigt. Dadurch, dass die Essenzvon probabilistischen Methoden in der expliziten Be-rücksichtigung der Unsicherheiten besteht und dass dieohnehin schon großen Unsicherheiten in jedem Pla-nungsprozess durch den Klimawandel noch viel größerwerden, ist Leitthema B1 in vollem Maße vor dem Hin-tergrund einer nachhaltigen Planung der Anpassungenim Klimawandel anzusehen.Die künftige Verwundbarkeit unserer Binnen- und Küs-tengewässer ist nicht nur von der Klimaänderung ab-hängig, sondern auch von unserer Fähigkeit, das Anpas-sungspotential des sozio-ökonomischen Systems durchF+E auch auf regionaler und lokaler Ebene zu verbes-sern. Letzterer Aspekt bekommt vor dem Hintergrundder Ergebnisse des vierten Sachstandsberichts der IPCC(2007) eine entscheidende Bedeutung. Demnach sinddie Klimafolgen stärker als bisher angenommen unddie Küsten/Feuchtgebiete auch am stärksten betroffen.Darüber hinaus wird projiziert, dass die Küsten zuneh-mend größere Risiken durch Stürme, Überschwem-mungen und Erosion ausgesetzt sein werden, und dassdieser Effekt durch den zunehmenden Nutzungsdrucknoch verschärft wird. In der Tat, die Dringlichkeit, denlokalen Folgen des globalen Klimawandels in Küsten-und Ästuargebieten vorausschauend und präventiv zubegegnen, ergibt sich unmittelbar daraus, dass diese Ge-biete weltweit als bevorzugte Siedlungs- undWirtschafts-räume und daher als vorrangig gefährdet gelten. DieAusarbeitung verlässlicher Handlungsempfehlungenund Gegenmaßnahmen im Sinne einer nachhaltigenAnpassung stößt noch auf große Wissenslücken undviele Schwierigkeiten. Mehrere Förderprogramme fürdie Forschung zumKlimawandelwurden auf nationalerund EU-Ebene initiiert. Die in den Leitthemen vorge-schlagenen F+E-Schwerpunkte stellen eine ideale Er-gänzung und Präzisierung der in diesen Förderprogram-men angesprochenen Fragestellungen der Anpassung,in dem sie von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesell-schaft F+E-Beiträge zu konkreten Lösungen dieser Fra-gestellungen im Küsteningenieurwesen sowie im Ha-fen- und Verkehrswasserbau einfordern.Dies ist ganz im Sinne der Ziele der neueren Förderpro-gramme der EU (z.B. 7. RahmenforschungsprogrammUmwelt, inkl. Klimawandel), die sich zunehmend an

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der Entwicklung praxisorientierter Handlungsstrate-gien und konkreter Lösungen auf lokaler und regionalerEbene orientieren, und den unvermeidbaren Klimawan-del als Innovationsmotor nutzen wollen. IntegrativesDenken und ganzheitliche Lösungsansätze sind hierBausteine für praxisorientierte Lösungsansätze (Dücker(2009 b).

5. Schrifttum

BMBF (2004): Ergebnisse des Forschungsprogramms 2000-2004„Schifffahrt und Meerestechnik für das 21. Jahrhundert“. Bun-desministerium für Bildung und Forschung.

BMBF (2000): „Schifffahrt und Meerestechnik für das 21. Jahr-hundert“. Bundesministerium für Bildung und Forschung,April 2000.

BMU (2005): Erneuerbare Energien in Zahlen – nationale und in-ternationale Entwicklung. Bundesministerium für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit.

Constanza, R. et al. (1997): The value of the world’s ecosystemservices and natural capital. Nature, Vol 387. pp. 253-260.

DFG (2003): Wasserforschung im Spannungsfeld zwischen Ge-genwartsbewältigung und Zukunftssicherung – Denkschriftder Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) – Wiley-VCHVerlag GmbH&Co, KGaA,Weinheim, 175 S.

Dücker, H. P. (2009 a): Chancen und Grenzen des Wachstums –Ganzheitliche Entwicklungskonzepte, HANSA, Heft Februar2009 Nr. 2.

Dücker, H.P. (2009 b): Ganzheitliche Konzepte zur Zukunftssi-cherung, VDI Mensch & Technik II/2009

Giszas, H. (2004): Sturmflutschutz: Herausforderungen und Si-cherheitsphilosophie, HANSA, Zentralorgan für Schifffahrt,Schiffbau, Hafen, Jg. 141 (Nr. 2): S. 47-52.

HTG-DGGT (2004). Unsere Gewässer – FORSCHUNG TUT NOT.Broschüre

IPCC (2007): Vierter Sachstandsbericht des IPCC (AR4). DeutscheÜbersetzung der Zusammenfassungen für politische Ent-scheidungsträger, Umweltbundesamt.

MWWV-SH (2005): Potenzialanalyse für die maritime Wirt-schaft. Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Ver-kehr des Landes Schleswig-Holstein, Juni 2005.

Oumeraci, H. (2004): Einführung in die Vorlesung Küsteningeni-eurwesen.Website Technische Universität Braunschweig.

Oumeraci, H. (2003): Leitthema 3: „Wasser im Küstenraum“ inWasserforschung im Spannungsfeld zwischen Gegenwartsbe-wältigung und Zukunftssicherung. – Denkschrift der Deut-schen Forschungsgesellschaft (DFG), Wiley-VCH, S. 53-69.

Oumeraci, H. (2000): The sustainability challenge in coastal engi-neering. Keynote lecture. Proc. 4th. Intern. Conf. Hydrodyna-mics (ICHD) in Yokohama, Japan, Vol. 1, pp. 57-84

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1. Einleitung und Zielsetzung

Extreme Sturmflutereignisse haben mit zum Teil erheb-lichen Landverlusten weltweit viele Küsten, wie auchdie der Nord- und Ostsee, geprägt. Aus historischenZeiten sind Sturmfluten mit verheerenden Folgen fürdie Bewohner der Küstenregionen bekannt. Sturmflutensind Naturereignisse, die auch heute aufgrund der inten-siven Nutzung des Küstenraumes zu schweren Schädenoder Todesopfern führen können. Sturmfluten könnensowohl in Verbindung mit extra-tropischen als auch inVerbindung mit tropischen Stürmen, beispielsweiseHurrikanen, auftreten. Aufgrund zunehmender Verstäd-terung, Besiedelung und Industrialisierung exponierterKüstenregionen sind die volkswirtschaftlichen Schädenbei Sturmfluten in den letzten Jahrzehnten weltweit umein Vielfaches gestiegen.Die zeitliche Entwicklung des mittleren Wasserstandsan den Küsten ist seit dem Ende der letzten Eiszeit so-wohl durch Transgressions-(Anstieg) als auch Regressi-onsphasen (Rückgang) gekennzeichnet. Die raum-zeit-liche Ausprägung dieser Phasen zeigt eine starkeregionale Variabilität. So fällt derzeit beispielsweise derMeeresspiegel im Bereich der nördlichen Ostsee relativzu Fixpunkten an der Küste infolge von Landhebungs-prozessen, während an Teilen der südlichenNordseeküsteein Anstieg beobachtet wird. Die klimabedingte zeitlicheEntwicklung des Meeresspiegels und das Sturmflutge-schehen stehen dabei in einem unmittelbaren Zusam-menhang mit der zeitlichen Entwicklung der gesamtenMorphologie des Küstenvorfeldes und dem Abbruchge-schehen an den Küsten. Für die Überprüfung bestehen-der und die Planung neuer Küstenschutzmaßnahmensind Aussagen zu langfristigen Veränderungen der Tide-wasserstände und insbesondere der zu erwartenden ex-tremen Sturmflutwasserstände erforderlich.Obwohl nach den Sturmflutereignissen der jüngsten Ge-

genwart, eingeleitet durch die katastrophale Sturmflutin den Niederlanden im Jahre 1953, der Sturmflut in derElbe 1962 (Müller-Navarra et al. 2006) und an der Nord-seeküste 1976 sowie das Sturmtief Anatol im Dezember1999 (Müller-Navarra 2003), in den letzten Jahren einezeitweilige Verringerung der Sturmaktivitäten an denKüsten der Nord- und Ostsee eingetreten zu sein scheint(z.B. Weisse et al. 2005, Weisse und Pluess 2006), gebenjüngere Szenarienrechnungen (z.B. Woth et al. 2006) An-lass zu der Frage, ob sich im Zuge der globalen Erwär-mung eine Veränderung des Sturmflutgeschehens imBereich der Nord- und Ostsee einstellen wird.Sturmfluten waren und sind Gegenstand vielfältiger Un-tersuchungen und Forschungen. Dennoch besteht zumTeil noch erheblicher Bedarf zur Erforschung der außer-ordentlich komplexen Rahmenbedingungen, der Ein-flussgrößen von Sturmfluten bzw. sturmfluterzeugendenWetterlagen sowie deren langfristigen Veränderungenund Variabilität. Dabei ist unter anderem von Interesse,ob sich aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten so-wie meteorologischer und ozeanographischer Randbe-dingungen für die einzelnen Küstengebiete maximaleSturmfluthöhen ermitteln lassen. Letzteres ist insbeson-dere angesichts der möglichen Veränderung des Sturm-flutklimas infolge einer globalen Klimaänderung (z. B.Woth et al. 2006,Woth 2005) von Interesse.Sturmfluten stellen das zentrale Element des Küsteninge-nieurwesens dar und sind damit mit vielen Forschungs-und Entwicklungsvorhaben im Küsteningenieurweseneng verknüpft. Vergleiche hierzu: Dücker und Oumeraci(2006) und HTG-Arbeitsgruppen A2: Morphodynamikim Küsten- und Ästuarraum, A5: Küsten- und seeseitigerHochwasserschutz, A6: Bauwerke und Bauwerksertüchti-gung im Küsten- Verkehrswasserbau, A8: Umweltaspektebeim Ausbau von Küstengewässern, Ästuaren und Was-serstraßen, B1: Probabilistische Bemessung von Bauwer-ken und Anlagen, B2: Vulnerabilitätsanalyse und Risiko-

prof. dr.-ing. jürgen jensen · dr.-ing. peter fröhle · dr. jacobus hofstede · dr. gabriele gönnert ·dipl.-ing. christoph mudersbach · dr. sylvin müller-navarra · prof. dr.-ing. hocine oumeraci ·dipl-met. gudrun rosenhagen · dr. elisabeth rudolph · bd dipl.- ing. frank thorenz · dr. ralf weisse

Sturmflutwasserstände und SeegangMögliche Extremereignisse und Klimaänderungen

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bewertung und B3: Risikobasierte Bauwerksüberwachungund Bauwerkserhaltung. Zukünftig sind insbesondereintegrale Forschungsansätze erforderlich, die sowohl phy-sikalische, mathematische, statisisch-probabilistische undsozio-ökonomische als auch immer noch erforderlicheempirische Ansätze beinhalten (s. auchOumeraci 2004).In diesem Beitrag soll versucht werden, den aktuellenund zukünftigen Forschungs- und Entwicklungsbedarfzum Themenkomplex Sturmflutwasserstände und See-gang unter Berücksichtigung einer globalen Klimaände-rung zu erfassen.

2. Stand der Forschung

Änderungen im Sturmflut- und Seegangsgeschehen anden Küsten der Nord- und Ostsee sind eng mit der zeit-lichen Entwicklung der Sturmtätigkeit in diesem Raumverbunden. Bei der Analyse der langzeitigen Verände-rungen der Sturmaktivität stellt die Homogenität derDatensätze ein entscheidendes Problem dar. Oft werdendeshalb so genannte Proxy- oder Indikatorvariablen zurAnalyse herangezogen, die gegenüber direkten Wind-messungen oder dem Auszählen von Stürmen aus Wet-terkarten eine deutlich verbesserte Homogenität zeigen.Ein systematischer Ansatz zur Analyse der langfristigenÄnderungen des Sturmklimas im nordeuropäischenRaum anhand solcher Proxydaten wurde von der WASA-Gruppe (WASA 1998) vorgelegt. Es wurde gezeigt, dassdie Sturmaktivität in diesem Raum deutlichen deka-dischen Schwankungen unterworfen ist. Insbesonderestieg die Sturmaktivität von einem Minimum um etwa1960 bis etwa Mitte der 90er Jahre an, wobei in etwa dasNiveau zu Beginn des Jahrhunderts erreicht wurde(Alexandersson et al. 1998). Seit Mitte der 90er Jahre des20. Jahrhunderts ist wiederum ein Rückgang der Sturm-aktivität zu beobachten (Alexandersson et al. 2000,Schmidt 2001). Betrachtet man Proxydaten über einennoch längeren Zeitraum, lässt sich derzeit kein drama-tischer Anstieg in der Sturmaktivität analysieren (Bär-ring und von Storch 2004). Unabhängig davon, wird imZuge der globalen Klimaänderung derzeit mit einerleichten Erhöhung der Sturmaktivität im Bereich derNordsee gerechnet (Woth et al. 2006).Zusätzlich zu den Änderungen der sturmflutbedingtenWasserstandsanteile ist mit Änderungen des mittlerenMeeresspiegels (MSL) zu rechnen. In den letzten ca. 100

Jahren ist der mittlere Meeresspiegels im globalen Mit-tel um etwa 10 bis 20 cm gestiegen (IPCC 2007). Inner-halb der nächsten ca. 100 Jahre erwartet der IPCC je nachgewähltem Emissionsszenario einen weiteren Anstiegvon etwa 18 bis 59 cm. Die Modellsimulationen, die die-sen Abschätzungen zugrunde liegen, legen ferner nahe,dass es dabei erhebliche regionale Unterschiede bis ca.1m geben kann. Für die Nordsee haben eine Reihe vonAutoren untersucht, wie sich solche Änderungen im glo-balen Meeresspiegel sowie klimatisch bedingte Ände-rungen der Sturmtätigkeit auf die Wasserstände entlangder Küste auswirken können (z.B. Flather et al. 1998, Loweet al. 2001, Kauker und Langenberg 2000,Woth et al. 2006,Woth 2005). Vermutet wird eine Erhöhung der sturmbe-dingten Wasserstandsanteile entlang der Nordseeküsteim Zuge einer globalen Klimaerwärmung. Bezüglich derGrößenordnung dieser Änderungen und wann diesewirksam werden, bestehen jedoch z.T. noch erheblicheUnsicherheiten.In den letzten Jahren und aktuell sind eine Reihe vonForschungsvorhaben durchgeführt worden bzw. werdendurchgeführt, die sich mit der Thematik Sturmflut bzw.Sturmflutwasserstände und integrierte Strategien befas-sen. Es liegen bisher vielfältige Untersuchungen undForschungen zu einzelnen Sturmfluten bzw. extremenWasserständen an der Nord- und Ostseeküste vor; z.B.Baensch 1875, Woebcken 1924, Schelling 1952, Hundt1955, Liese 1963, Lüders 1971, Führböter 1976 u. 1979,Siefert 1978 u. 1982, Jensen 1985, Baerens et al. 1995,Hupfer et al. 2003, Gönnert 2003, Müller-Navarra et al.2006 und Jensen et al. 2007. Es besteht dennoch erheb-licher Bedarf zur Erforschung der außerordentlich kom-plexen Rahmenbedingungen und Einflussgrößen vonSturmfluten bzw. sturmfluterzeugenden Wetterlagen.Trotz intensiver Forschung sind einzelne Zusammen-hänge und Auswirkungen bei Hochwasserereignissenweiterhin unbekannt.Langfristige Änderungen im Seegangsklima im Bereichder Nordsee in den letzten Dekaden werden beispiels-weise in Günther et. al (1998), WASA (1998) oderWeisseund Günther (2006) beschrieben. Qualitativ sind die be-schriebenen Änderungen konsistent mit der Verände-rung der Sturmtätigkeit im untersuchten Raum. Lang-fristig geht man von einer leichten Zunahme extremerSeegangsereignisse im Zuge der Klimaerwärmung aus(z.B. Grabemann undWeisse 2006).

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3. Forschungsdefizite und F+E-Schwerpunkte

3.1 Sturmfluten an Nord- und OstseeküstenDie Belastungen durchWasserstände und Seegang setzensich im Wesentlichen aus den folgenden Komponentenzusammen (s. auch Abb. 1):• dem astronomisch bedingten Gezeitenanteil, hervor-

gerufen durch dieWirkung von Sonne undMond,• einemmeteorologisch bedingten Anteil, verursachtvor allem durchWindstau und die direkteWirkungdes Luftdrucks auf die Meeresoberfläche (inversbaro-metrischer Effekt),

• systembedingte Einflüsse, beispielsweise Eigen-schwingungen der Meere und Buchten

• einem Anteil, der die langfristige Änderung desmittlerenWasserstandes beschreibt, z.B. durchthermische Ausdehnung infolge einer globalenErwärmung oder durch Abschmelzen von Inlandeis

• einem Anteil, der die langfristige Änderung dermorphologischen Verhältnisse beschreibt

• sowie einem Anteil, hervorgerufen durch Seegangim flachen Küstenbereich oder am Deich

Forschungsdefizite sind insbesondere hinsichtlich derlangfristigen Veränderungen der antreibenden Kräfte ei-ner Sturmflut und in deren überregionaler und lokalerAusprägung vorhanden. Neben der wichtigen Größe desmaximalen Sturmflutscheitelwasserstandes sind insbe-sondere Genese, Verlauf, Dauer und Seegang detaillier-

ter zu erfassen. Insbesondere im Flachwasser könneneinzelne Komponenten miteinander wechselwirken undsich gegenseitig in ihrer Ausprägung beeinflussen.Im Zuge einer globalen Klimaänderung ist davon auszu-gehen, dass Änderungen für alle Komponenten möglichsind und sich als Ergebnis die Sturmflutwasserstände anden deutschen Küsten signifikant ändern können. DerWissensstand bezüglich der Änderungen der einzelnenKomponenten ist dabei jedoch recht unterschiedlich.Relativ gut dokumentiert sind Änderungen im globalenmittleren Meeresspiegel in der jüngsten Vergangenheitsowie Szenarien seiner zukünftigen Entwicklung. Mo-dellergebnisse und Satellitenbeobachtungen deuten je-doch darauf hin, dass regional Abweichungen von die-sem Mittelwert auftreten, die zum Teil erheblich seinkönnen (IPCC 2007). Über die regionale Ausprägung derMeeresspiegeländerung besteht derzeit kein gesichertesWissen.Für die meteorologisch bedingten Anteile am Sturmflut-wasserstand gibt es zumindest für den Bereich der Nord-see relativ umfassende Analysen für die Vergangenheit(z.B.WASA 1998, Langenberg et al. 1999,Weisse und Plüß2006) und seit kurzem auch relativ umfassende Szenarienfür die Zukunft (Woth et al. 2006, Woth 2005). Letztereignorieren allerdings die Wirkung von Fernwellen (sog.external surges), deren Beitrag zum Sturmflutwasser-stand in der Nordsee erheblich sein kann. Die bisher vor-handenen Sturmflutszenarien liegen allerdings nur inrelativ grober Auflösung vor und lassen keine spezi-

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Abb. 1 Strumflutwirkungen und Komponenten der Sturmflutforschung

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fischen lokalen Abschätzungen zu. Ähnlich umfassendeAnalysen für die Ostsee gibt es bisher nicht. Sowohl fürNord- als auch für die Ostsee sind Ansätze nötig, die aufden teilweise vorhandenen regionalen Szenarien undAnalysen aufbauen oder diese erstellen, um anschlie-ßend lokale Aussagen, einschließlich der Simulationmöglicher Schadensereignisse, ableiten zu können.Dieses Vorgehen ist sowohl bezüglich zukünftiger alsauch vergangener Änderungen nötig. Bei der Verwen-dung von Ergebnissen aus Modellanalysen ist zu berück-sichtigen, dass diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt kei-ne anthropogenen Einwirkungen (z.B. Baumaßnahmen,Baggerungen) berücksichtigen können, diese jedoch sig-nifikante Auswirkungen auf die Wasserständen habenkönnen (Weisse und Plüß 2006).Die zukünftigen Arbeiten erfordern auch Untersu-chungen hinsichtlich der Seegangsbelastung von Küs-tenschutzanlagen. Für Letzteres werden unter anderemgesicherte Analysen über vergangene Änderungen desregionalen Seegangsklimas sowie Szenarien für die Zu-kunft benötigt. Für die Nordsee gibt es mittlerweile regi-onale Analysen der letzten Jahrzehnte, die eine Abschät-zung der Veränderungen erlauben. Ähnlich detaillierteSzenarien wie für den meteorologisch bedingten Wasser-standsanteil liegen bisher jedoch noch nicht vor. Für dieOstsee gibt es solche Arbeiten bisher weder für die Ana-lyse der Vergangenheit noch für mögliche zukünftigeEntwicklungen. Sowohl für die Nord- als auch für dieOstsee werden Ansätze benötigt, die Abschätzungen derregionalen Veränderlichkeit des Seegangsklimas auf dielokalen Gegebenheiten projizieren und eine Abschät-zung desWellenauflaufs am Deich ermöglichen.Eine besondere Schwierigkeit bei der Projektion regio-naler Änderungen auf die lokalen Gegebenheiten stelltdas sich ständig ändernde Bodenrelief insbesondere imWattenmeer dar. Es ist davon auszugehen, dass Ände-rungen in den Sturmflutwasserständen einen Einflussauf Erosion und Sedimentation haben. Ebenso könnenÄnderungen der mittleren Wasserstände Auswirkungenauf die Morphologie haben. Die Verknüpfung der Analy-se lokaler Änderungen im Sturmflutklima ist daher engmit der Abschätzung morphodynamischer Änderungenverbunden und stellt eine besondere Herausforderungdar, die bisher nicht zufriedenstellend gelöst ist.Modellsimulationen für die Nordsee zeigen, dass sichdas Gezeitenregime infolge von Änderungen des Meeres-spiegels prinzipiell ändern kann. Da bisher keine gesi-

Hochverdichteter Siedlungsraum an der Küste, New York

Infrastruktur im Küsten und Ästuarbereich, New York

Sedimenttransport in der BrandungD

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cherten Erkenntnisse über die regionale Ausprägungzukünftiger Meeresspiegeländerungen vorliegen undsolche Modellsimulationen die Effekte nicht umfassendund systematisch untersucht haben, können derzeitkeine gesicherten Erkenntnisse über die lokalen Effektesolcher Änderungen getroffen werden.Von großem Interesse ist dabei die Bestimmung einergrößten physikalisch möglichen extremen Sturmflut,die sich durchdieÜberlagerungmeteorologischer Extrem-ereignisse mit den Gezeitenwirkungen, hydrologischenund morphologischen Einflussparametern sowie derenWechselwirkungen ergibt (s. auch Jensen et al. 2005).Neben einer physikalisch größtmöglichen Sturmflutsind Sturmfluten von Bedeutung, bei denen bei heu-tigem Schutzniveau große Schäden eintreten würden.Zusätzlich sind die Auswirkungen einer Klimaänderungzu berücksichtigen. Dabei sind die Wirkungen von ex-tremen Sturmfluten für Inseln und Halligen, für dieFestlandküsten, für Tideästuare und hochverdichteteSiedlungs- undWirtschaftsräume (z.B. Hamburg,Wilhelm-shaven, Bremerhaven) zu unterscheiden.Analoge Aussagen gelten für die Analyse des Seegangs-klimas. Während für die Nordsee mittlerweile räumlichund zeitlich recht hochaufgelöste Analysen und »Nach-hersagen« existieren (z.B. Weisse et al. 2003, Weisse undGünther 2006), gibt es solche Analysen für die Ostseebisher nicht. Die vorhandenen Analysen sind allerdingsnoch zu grob, um beispielsweise die Wirkung des See-gangs auf die Morphologie oder den Wellenauflauf amDeich näher untersuchen zu können. Hier werden nochhöher aufgelöste Analysen benötigt, wie sie beispiels-weise im Rahmen des KFKI Projekts MOSES erstellt oderin Gaslikova und Weisse (2006) für Helgoland beschrie-ben sind. Ebenso werden detaillierte Analysen über dieim Rahmen einer zukünftigen Klimaänderung ablau-fendenmöglichen Änderungen benötigt.Für Planungsmaßnahmen in Küstengebieten müssenden Sturmflutereignissen Eintrittswahrscheinlichkeitenzugeordnet werden, um die resultierenden Risiken fürbestimmte Gebiete erfassen zu können. Dabei ist insbe-sondere zu berücksichtigen, dass die Eintrittswahr-scheinlichkeiten durch eine Veränderung des Sturmflut-geschehens unmittelbar beeinflusst werden. Es sind beiden statistischen Verfahren daher neben der Analyse derbeobachteten Daten auch Ergebnisse aus Modell- undSzenarienrechnungenmit einzubeziehen.

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Wellenüberlauf bei Sturmflut am Nössedeich, Sylt

Brecher bei Morsum, Sylt

Versagen eines Stromdeiches bei Hamburg, Sturmflut 1962D

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Fachgebietsbezogen lassen sich die Forschungsdefizitewie folgt strukturieren:• Defizite im Bereich der Klimatologie undMeteorologie

extremer Ereignisse• Defizite im Bereich der Ozeanographie• Defizite im Bereich der Morphologie• Defizite im Bereich der Ästuare• Defizite im BereichModelltechnik undmathema-

tische Verfahren• Defizite im BereichWellen und SeegangFür die einzelnen Fachgebiete lässt sich der Forschungs-bedarf wie folgt spezifizieren.

3.2 Klimatologie, Meteorologie, Ozeanographieund Morphologie

Die Forschungsdefizite der Bereiche Klimatologie, Ozea-nographie und Morphologie sind in diesem Abschnittzusammengefasst, da direkte Wechselwirkungen zwi-schen den Bereichen bestehen. Auf der einen Seite sindweitere Grundlagenforschungen, wie z.B. zurWindschub-spannung oder Sedimentumlagerungen von großer Be-deutung, und auf der anderen Seite kommt der Abschät-zung zukünftiger Entwicklungen aus Modellanalyseneine wichtige Bedeutung zu. Ebenso ist die Frage der re-gionalen Ausprägung einzelner Parameter, wie z.B.Windund Wasserstand nicht zufrieden stellend gelöst. Es las-sen sich folgende Forschungsdefizite identifizieren:• Wie haben sichWind-, Seegangs- und Sturmflutklima

im Bereich der Nord- und Ostsee in der Vergangenheitgeändert und von welchen Änderungen ist in derZukunft auszugehen?

• Aufarbeitung historischer Sturmfluten und ver-gleichende Betrachtung der Ergebnisse aus unter-schiedlichen Quellen

• Wie groß sind die Unsicherheiten bei der Projektionzukünftiger Änderungen?

• Abschätzung von lokalen Änderungen imWasser-stand und Seegang durch Projektion der regionalenErgebnisse und unter Berücksichtigung lokalerGegebenheiten und Änderungen in der Morphodyna-mik auf die Küstenlinie sowohl für die Nord- als auchfür die Ostsee

• Szenarien und Analysen über dieWirkung vonFernwellen (external surges) in der Nordsee

• Untersuchungen zur Umlagerung von SedimentenimHochwasserfall bzw. Sturmflutfall

• Untersuchungen zum Energieeintrag desWindes auf

dieWasseroberfläche (Windschubspannung)hinsichtlichWindstau und Seegang

• Systematische Untersuchung des Einflusses desregionalenMeeresspiegelanstiegs auf das Tide-verhalten in der Nordsee

• Kannman die regionalen Veränderungen imMeeres-spiegel regional quantifizieren und regional detaillierteAussagen über die zukünftige Entwicklung ableiten?

3.3 ÄstuarsystemeHerbst- und Winterstürme über der Nordsee können zuSturmfluten an der Küste, aber auch in den Ästuaren vonElbe, Jade-Weser und Ems führen. Neben Gezeitendyna-mik und Windstau in der Deutschen Bucht haben auchProzesse in den Ästuaren selbst Einfluss auf die Sturmflut-wasserstände in den genannten tidebeeinflussten Fluss-mündungsgebieten. Die lokale Windwirkung über demÄstuar, der Oberwasserzufluss in das Ästuar, aber auch dieTopographie modifizieren den Sturmflutscheitelwasser-stand entlang des Ästuars. Für diesen Bereich ergebensich schwerpunktmäßig folgende Forschungsdefizite:• WelcheWetterlagen erzeugen extreme Oberwasser-

ereignisse in Elbe, Jade-Weser oder Ems?• Können dieseWetterlagen in einem geeigneten zeit-lichenAbstand vor einer Sturmflutwetterlage auftreten?

• Regionalisierung der für die Deutsche Bucht imRahmen vonMUSE erarbeiteten möglichen extremenWind- undWasserstandssituationen für die tidebeein-flussten Flussmündungsgebiete von Elbe, Jade-Weserund Ems.

• Wie sehen regionaleWindfelder für diese extremenSituationen aus?

• WelcheWasserstände ergeben sich für diese extremenaber realistischen Szenarien z.B. für Hamburg,Bremen oder Emden?

• Welchen Einfluss haben Baumaßnahmen wie Deich-erhöhung, Rückdeichung, Sturmflutsperrwerke,Polder auf die Sturmflutscheitelwasserstände entlangder Ästuare?

• Welche Prognosen ergeben sich aus den Klimaände-rungsszenarien für die Niederschlagsentwicklung inden Einzugsgebieten von Elbe, Jade-Weser und Ems?

• Führen veränderte Niederschläge in den Einzugsge-bieten zu veränderten extremen Oberwasserereignis-sen bei Sturmflut?

• Entwicklung eines operationellenModells für dieÄstuarsysteme (z.B. Elbemodell)

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• Wiemuss unter künftigen klimatischen BedingungenKüstenschutz in Ästuarsystemen aussehen?

• Wie werden sich die gemeinsamen Anforderungen anden Küstenschutz und an den Verkehrswasserbauverändern?

3.4 Modelltechnik und mathematische VerfahrenModellentwicklung ist ein fortlaufender Prozess, derständig auf neuere Erkenntnisse angepasst werdenmuss.Dabei kommt der Verifikation und Validierung der Mo-delle eine besondere Bedeutung zu. Mit der Berücksich-tigung neuer Parameter in einem Modell entstehen inder Regel neue Wechselwirkungen, die es im Vorfeld zuanalysieren gilt. Im Bereich der mathematisch-statisti-schen Verfahren sind vermehrt probabilistische Ansätzezu berücksichtigen, die helfen, Unsicherheiten in denAnalysen quantifizieren zu können und somit wichtigeEntscheidungsgrundlagen geben. Neben den mathema-tischen Ansätzen sind physikalisch begründete Ansätzein die statistischen Verfahren mit einzubeziehen, um zuplausiblen Ergebnissen zu kommen. Stichpunktartig las-sen sich einige Forschungsdefizite in diesem Bereich wiefolgt zusammenfassen:• Die verwendetenModelle unterliegen einem konti-

nuierlichen Entwicklungsprozess, weshalb die vor-liegenden Ergebnisse auch zukünftig mit weiter-entwickeltenModellen verifiziert werdenmüssen.

• Anwendung von gekoppelten Strömungs-/Seegangs-modellen

• bisher keine allgemein akzeptierte Methodik für dieBestimmung von extremen Bemessungssturmflutenvorhanden, die ausWasserständen, Seegang undHochwasserabflüssen resultiert

• Berücksichtigung bisher nicht ausgespielter aberphysikalisch möglicher Kombinationen der Einfluss-faktoren, einschließlich langfristigermorphologischerund klimatischer Veränderungen.

• Verbesserung /Weiterentwicklung statistisch-probabi-listischer Verfahren zur Ermittlung von Bemessungs-ereignissen, insbes. zur Erfassung von Zeitabhängig-keiten

• Berücksichtigung von Ergebnissen vonModell- undSzeanarienrechnungen in statistischen Analysen

• Multivariate statistische Extremwertanalyse vorhan-dener Messdaten (Wasserstände, Seegang, Hochwas-serabflüsse) und reproduzierter kombinierter Daten(Hindcast)

3.5 Wellen und SeegangSeegang stellt für Aufgaben im Küstenwasserbau oft diewichtigste Eingangsgröße dar, darf dennoch nicht iso-liert betrachtet werden. Direkte und indirekte Zusam-menhänge zwischen Seegang undWind, veränderlichenWasserständen und örtlichen Strömungsverhältnissenmüssen für Aufgaben im Küstenwasserbau berücksich-tigt werden. Auch für den Schutz gegen extreme Hoch-wasserstände sind die zu erwartendenWellenhöhen vonentscheidender Bedeutung.In der Vergangenheit wurden eine Vielzahl von For-

sturmflutwasserstände und seegang

COMRISK Gemeinsame Strategien zur Reduzierung der(2002–2005) Risiken von Sturmfluten in Küstenniederungen

FLOODsite Integrated Flood Risk Analysis and ManagementMethodologies

HIPOCAS (Hindcast of Dynamic Processes of the Ocean an(2000–2003) Coastal Areas of Europe) mit dem Ziel der Erstellung

von numerischen Hindcasts/Rekonstruktionen vonWind, Seegang und Wasserstand für ausgewählteeuropäische Küstenregionen.

KRIM Klimawandel und präventives Risiko- und Küsteschutz-(2001–2004) management an der deutschen Nordseeküste

(Universität Bremen)

MERK Mikroskalige Evaluation der Risiken in überflutungs-(2000–2002) gefährdeten Küstenniederungen (Geographisches

Institut der Universität Kiel)

MOSES Modellierung des mittelfristigen Seegangsklimas im2003–2007) deutschen Nordseeküstengebiet

MUSE Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmfluten mit(2002–2005) sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten an der

Deutschen Nordseeküste. (fwu, Universität Siegen)

MUSTOK Modellgestützte Untersuchungen zu extremen Sturm(2005–2008) flutereignissen an der Deutschen Ostseeküste

(fwu, Universität Siegen)

ProDeich Probabilistische Bemessungsmethoden für Seedeiche WI,(2000–2002) (TU Braunschweig)

PRUDENCE (Prediction of Regional scenarios and Uncertainties for(2001–2004) Defining EuropeaN Climate change risks and Effects)

in dem u.a. ein Ensemble von Sturmflutszenarien fürdie Nordsee, wenn auch in relativ grober Auflösung,gerechnet wurde und versucht wurde, Unsicherheitenin den zukünftigen Entwicklungen zu quantifizieren.

SafeCoast Gemeinsame Strategien zur Reduzierung der Risiken(2005–2008) von Sturmfluten in Küstenniederungen (Nachfolge-

projekt von COMRISK)

XtremRisk Extremfluten an offenen Küsten und Ästuargebieten(2008–2012) Risikoermittlung und -beherrschung im Klimawandel

(TU Braunschweig, TH Hamburg-Harburg, UniversitätSiegen, LSBG)

Anl. A Übersicht laufender und abgeschlossener Fotschungs-und Entwicklungsvorhaben zum Themenkomplex»Sturmfluten« (ausgewählte Beispiele)

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schungsvorhaben, Projekten und einzelnen Untersu-chungen zum ThemaWellen und Seegang durchgeführt,und das Wissen über Wellen, Seegang und Wellenklimawurde hierdurch deutlich erweitert. Dennoch sind vieleFragestellungen nur in Ansätzen gelöst.Für die anwendungsorientierte Forschung ist es drin-gend erforderlich, dass bestehende Messprogramme zurErfassung der Seegangsverhältnisse weitergeführt wer-den (z. B. die Dauermessstation vor der Insel Sylt) und inein Netz von Seegangsmessstationen in der Nord- undOstsee mit Erfassung der Richtungsstruktur überführtwerden. Messprogramme werden mit einer Vielzahl vonmethodisch unterschiedlichenMessgeräten wie beispiels-weise Wellenmessbojen, Druckmessdosen in Kombina-tion mit Strömungssonden, ADCP-Messgeräten sowieFernerkundungsmethoden durchgeführt. Dringend erfor-derlich sind daher Untersuchungen zur Bewertung derAussagefähigkeit und der Vergleichbarkeit der mit denunterschiedlichen Geräten aufgezeichneten Wellenver-hältnisse. Da die Verhältnisse in der Ostsee kaum durchTideströmungen und wechselnde Wasserstände beein-flusst werden, wird vorgeschlagen, eine Pilot-Einrichtungzunächst in der Ostsee zu errichten und zu betreiben.Für die Vorhersage von Seegang werden häufig auch nu-merischeModelle eingesetzt. Diese werden durch solcheDauermessungen in ihrer Aussagefähigkeit verbessert,und die in den Modellen verwendeten Ansätze könnenweiterentwickelt werden. Die Entwicklung einer Metho-dik zur flächendeckenden Online-Vorhersage vonWellenund Seegang in der Ostsee und in der Nordsee mit inter-aktiver Kopplung mit der Strömung ist von großem Inter-esse. Der hierfür erforderliche Rechenaufwand sprengtzurzeit noch die Grenzen verfügbarer Rechenanlagen.Neben der Erfassung der Daten stellt die statistische undprobabilistische Analyse und Bewertung der Daten imHinblick auf die Ermittlung gemeinsamer Eintritts-wahrscheinlichkeiten von signifikanten Wellenhöhen,zugehörigen Wellenanlaufrichtungen und zugehörigensignifikanten Wellenperioden sowie deren statistischeVerknüpfung mit Wasserständen einen zukünftigen For-schungsbedarf dar. Die Regionalisierung der integriertenstatistischen Analyse und die Ermittlung extremer Er-eignisse und der zugehörigen Eintrittswahrscheinlich-keiten sowie die Frage nach dem erforderlichen Daten-umfang einer Stichprobe sind weitere Teilaspekte.Für die Verbesserung der Aussagefähigkeit von nume-rischen Modellen insbesondere bei der Simulation von

Wellen im flachenWasser sowie in der Brecherzone undbei der Simulation der Interaktion von Wellen, Strö-mungen und Bauwerken werden auch in Zukunft Unter-suchungen in der Natur und in hydraulischen Modellenerforderlich sein. Weiterhin sind viele Fragen im Zusam-menhang mit der Modellierung von welleninduziertemSedimenttransport ungelöst.Im Bereich der Grundlagenforschung ist die dreidimen-sionale spektrale Form des Seegangs zu untersuchen. Inder Zeitreihe, die die zeitliche Abfolge einzelner Wellenenthält, ist die Frage nach gemeinsamer Eintrittswahr-scheinlichkeit einzelnerWellenhöhen undWellenperio-den auch als Grundlage für die Abschätzung zu erwarten-der maximaler Belastungen aus Seegang derzeit ebensoungelöst wie die Frage nach der vollständigen dreidimen-sionalen Richtungsverteilung. Hiervon sind beispielswei-se Fragen nach der Anlaufrichtung einzelner Wellen inder Zeitserie, sowie resultierende Belastungsbreiten aufBauwerke sowie deren Dauer aber auch die Entwicklungvon sog. Normspektren für die dreidimensionale Vertei-lung des Seegangs betroffen. In diesem Zusammenhangist es notwendig, die von numerischen Modellen vorher-gesagten Spektren auch in ihrer Verteilung über die Fre-quenzmit realen Spektren zu vergleichen und über einenVergleich der signifikanten Parameter, der im Übrigenhäufig vergleichsweise gut ausfällt hinauszugehen.Direkte Forderung aus den vorgeschlagenen Untersu-chungen ist einerseits die Entwicklung von Messgerätenbzw. Auswertemethoden für die vollständige Erfassungdes dreidimensionalen Seegangs sowie andererseits dieIntegration der entwickelten Ansätze in numerischenModellen und der Vergleich mit verfügbaren auf derGrundlage von statistischen Annahmen beruhenden Ver-fahren wie z.B. die Maximum-Likelihood-Methode oderdie Methode der maximalen Entropie.Zusammenfassend lassen sich folgende Forschungsdefi-zite bzw. Forschungsaufgaben im Bereich Wellen undSeegang zusammenfassen:• Erhalt undWeiterführung vonMessprogrammen und

Errichtung eines Netzes von Seegangsmessstationenin der Nord- und Ostsee

• Untersuchungen zur Bewertung der Aussagefähig-keiten und der Vergleichbarkeit der unterschiedlichenMessgeräte wie beispielsweiseWellenmessbojen,Druckmessdosen in Kombination mit Strömungs-sonden, ADCP-Messgeräten, sowie Fernerkundungs-methoden

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• Entwicklung einer Methodik zur flächendeckendenOnline-Vorhersage vonWellen und Seegang

• Zusammenführung vonNatur- und hydraulischenMo-dellmessungen sowie numerischerModellierungmitdem Ziel hybrider Ansätze zur Ermittlung vonWellen-feldern sowie als Grundlage für die Verbesserung vontheoretischen Ansätzen (Flachwassereffekte, Wellen-brechen, Flachwasserseegang, Bauwerkseffekte, etc.)

• Ermittlung von gemeinsamen Eintrittswahrschein-lichkeiten vonWellenhöhen, zugehörigenWellen-anlaufrichtungen,Wellenperioden undWasserständen

• Weiterentwicklung vonMessgeräten imHinblick aufdie vollständige Erfassung des dreidimensionalenSeegangs.

4. Schlussbemerkung und Ausblick

Sturmfluten an den Nord- und Ostseeküsten waren undsind Gegenstand vielfältiger Untersuchungen und For-schungen. Dennoch besteht weiterhin erheblicher Be-darf zur Erforschung der außerordentlich komplexenRahmenbedingungen und Einflussgrößen von Sturm-fluten bzw. sturmfluterzeugenden Wetterlagen. Dabeiist unter anderem die Bestimmung einer größten physi-kalisch möglichen extremen Sturmflut und insbesonde-re deren Wirkung auf die unterschiedlichen Küsten-strukturen (Inseln und Halligen, Festlandsküsten undTideästuare) von größter Bedeutung. Entsprechendesgilt für die Aufstellung von Handlungsstrategien bei ex-tremen Hochwasserereignissen.Sturmfluten einschließlich Wellen und Seegang stellendas zentrale Belastungselement des Küsteningenieur-wesens dar und sind damit mit vielen Forschungs- undEntwicklungsvorhaben im Küsteningenieurwesen (F&E-Arbeitsgruppen A2, A5, A6, A8, B1, B2 und B3) eng ver-knüpft. Deshalb sind zukünftig insbesondere integraleForschungsansätze erforderlich, die sowohl physikali-sche, mathematische, statistisch-probabilistische undsozio-ökonomische als auch immer noch erforderlicheempirische Ansätze beinhalten. Der vorhandene For-schungsbedarf zu Sturmflutgefährdungen der Küsten-gebiete wird nicht zuletzt auch durch die Forschungs-empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates derBundesregierung (WBGU) im Sondergutachten »Die Zu-kunft der Meere – zu warm, zu hoch, zu sauer« (WBGU2006) deutlich herausgestellt.

Da nicht auszuschließen ist, dass Sturmfluten zu Natur-katastrophen mutieren und damit zu verheerenden Fol-gen ähnlich dem Tsunami 2004/05 in Südostasien oderdemHurrikan 2005 in NewOrleans führen können, sindzwingendweitere umfassende Forschungen erforderlich,um die Katastrophenabwehr und geeignete Hochwasser-schutzstrategien weiter zu entwickeln.Forschung tut Not! oder »Es ist besser Deiche zu bauenals zu hoffen, dass die Flut Vernunft annimmt!« (ErichKästner, 1899–1974)

5. Schrifttum[1] Alexandersson, H., Schmith, T., Iden, K. and Tuomenvirta, H.:

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sturmflutwasserstände und seegang

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[20] Jensen, J. und Mudersbach, Ch.: Recent Sea Level Variati-on at the North Sea and Baltiv Sea Coastlines, Proceedings ofInternationalConference onCoastal Engineering (ICCE), Vol. 2,S. 1764 –1774, San Diego, USA, 2006 (in Druck).

[21] Jensen, J. und Mudersbach, Ch.: Untersuchungen zu ex-tremen Sturmflutereignissen an der Deutschen Nordsee-küste, in: Tagungsband zum Tag der Hydrologie, 22./23.März 2006, München.

[22] Jensen, J., Mudersbach, Ch., Müller-Navarra, S., Bork, I.,Koziar, Ch. und Renner, V.: Modellgestützte Untersu-chungen zu Sturmfluten mit sehr geringen Eintrittswahr-scheinlichkeiten an der Deutschen Nordseeküste, in: DieKüste, Heft 71, 2006.

[23] Jensen, J., Mudersbach, Ch. und Müller-Navarra, S.: Mo-delling of Extreme Storm Surges in the North Sea and its Sta-tistical Analysis, Proceedings of the 7. International MED-COAST 2005-Conference, Volume 2, S. 1257–1266, Kusadasi,Turkey, 2005.

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[25] Liese, R.: Beitrag zur Ermittlung der Höhe kommenderSturmfluten, DGM, Jg. 7, 1963.

[26] Lowe, J.A., Gregory, J.M. and Flather, R.A.: Changes in the oc-currence of storm surges around the United Kingdom undera future climate scenario using a dynamic storm surge mo-del driven by theHadley Centre climatemodels. ClimateDyn.,18: 179–188, 2001.

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[28] Müller-Navarra, S., Bork, I., Jensen, J., Koziar, Ch., Mu-dersbach, Ch., Müller, A. und Rudolph, E.: Modellstudien zurSturmflut und zum Hamburg-Orkan 1962, HANSA, Nr.12/2006, Hamburg, 2006.

[29] Müller-Navarra, S. H.; Lange, W.; Dick, S., Soetje, K. C.Über die Verfahren der Wasserstands- und Sturmflutvorher-sage: Hydrodynamisch-numerische Modelle der Nord- undOstsee und ein empirisch-statistisches Verfahren für dieDeutsche Bucht. promet, Jahrg. 29, Nr. 1–4, 117–124, 2003.

[30] Oumeraci, H.: Sustainable Coastal Flood Defenses: Scientificand Modelling Challenges towards an Integrated Risk-BasedDesign Concept, International Conference on Flood Risk As-sessment; University of Barth, 2004.

[31] Schelling, H.: Die Sturmfluten an der Westküste Schleswig-Holsteins unter besonderer Berücksichtigung der Verhält-nisse am Pegel Husum, Die Küste, Heft 1, 1952.

[32] Siefert, W.: Über das Sturmflutgeschehen in Tideflüssen, Mitt.des Leichtweißinstituts der TU Braunschweig, Heft 63, 1978.

[33] Schmidt, H.: Die Entwicklung der Sturmhäufigkeit in derDeutschen Bucht zwischen 1879 und 2000. In Klimastatus-bericht 2001. Deutscher Wetterdienst, Offenbach/Main,2001. 199–205.

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[35] Weisse, R., Feser, F. and Günther, H.: Wind- und See-gangsklimatologie 1958–2001 für die südliche Nordsee ba-sierend auf Modellrechnungen. GKSS Report 2003/10, GKSSForschungszentrumGeesthacht GmbH,Max-Planck-Str. 1, D-21502 Geest-hacht, Germany, 38pp, 2003.

[36] Weisse, R., von Storch, H. and Feser, F.: Northeast Atlanticand North Sea storminess as simulated by a regional climatemodel 1958–2001 and comparison with observations. J. Cli-mate, 18(3): 465–479, doi: 10.1175/JCLI-3281.1, 2005.

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[39] Woodworth, P.L. and Blackman, D.L.: Changes in extremehigh waters at Liverpool since 1768. Int. J. Climatol., 22:697–714, 2002.

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Vorbemerkung

Deutschland verfügt über rd. 3.700 km Küstenlinie mit1.590 km an der Nordsee und 2.110 km an der Ostsee,wobei davonmehr als die Hälfte Boddenküste sind. Rund60% (2.260 km) der gesamten Küstenlinie sind Erosions-küsten. Lediglich 52% (1.900 km) sind durch Deiche, Dü-nen und andere Bauwerke geschützt. Während 85% derNordseeküste (1.340 km) gegen Sturmfluten geschütztsind, beträgt die geschützte Strecke an der Ostsee nur27% (560 km). Langfristige Veränderungen der Belastun-gen auf die Küste und auf ihre Schutzbauwerke entwi-ckeln sich aus einem beschleunigten Anstieg mittlererundmaximalerWasserstände und ausmorphologischenAnpassungsprozessen im Küstenvorfeld. Ein für Küstenund Schifffahrtsstraßen unausgeglichener Sediment-haushalt führt heute und auch in der Zukunft zu neuenund wichtigen Herausforderungen für anstehende For-schungen und Entwicklungen. Diese sind aus den Leitli-nien der nachhaltigen Entwicklung der Binnen- undKüstengewässer und den Nachhaltigkeitsdefiziten abzu-leiten (Oumeraci, 2000).

1. Ziele

Im Küstenraum der Deutschen Bucht verfügt die Morpho-logie über einen ausgeprägten Formenreichtum. Insbeson-dere im Bereich des amphibischen Küstensaums und inden Ästuaren besteht eine große räumliche Variabilität derWassertiefen. Vorländer, Wattflächen, Flachwassergebiete,weit verzweigte Prielsysteme,Wattströmeund tiefe Rinnenbilden die Grundelemente der überwiegendmitWasser be-deckten Landschaft. Ebenso sind die Bestandteile und dieEigenschaften des Gewässerbodens sehr vielfältiger Natur.Seine Zusammensetzung richtet sich zunächst nach denKorngrößen der Sedimente, deren räumliche Verteilung

von der hydrodynamischen Beanspruchung durch Strö-mung und Seegang geprägt ist (Abb. 1).Die Dynamik des Gewässerbodens ist mit der Dynamikder Küstengewässer wechselseitig gekoppelt. In Abhän-gigkeit von der Sedimentzusammensetzung und der Be-anspruchung des Bodens durch die Dynamik des Was-sers bildet sich aus den beweglichen Sedimenten derFormenreichtum des Gewässerbodens. Das Entstehen,Verändern und Vergehen der vielgestaltigen Formen desGewässerbodens erfolgt durch Erosion, natürliche Sedi-mentumlagerung durch Sedimenttransport (direkt amBoden oder durch Verlagerung einer Sedimentsuspensionmit demWasserkörper) und durch natürliche Sediment-ablagerung in weniger hydrodynamisch beanspruchtenGebieten. Dabei findet eine hydraulische Sortierung dertransportierten Korngrößen statt. Die Stabilität des Bo-dens gegenüber den erodierenden hydrodynamischenKräften ist von der Korngrößenverteilung, der biolo-gischen Besiedlung des Bodensubstrats und dem Poren-wassergehalt des Bodens abhängig.Während die Hydrodynamik der Gewässer an der Nord-seeküste verhältnismäßig kurzfristigen periodischen und

lrdir dr.-ing. harro heyer · prof. dr.-ing. hocine oumeraci · prof. dr.-ing. andreas malcherek ·prof. dr.-ing. habil. ulrich c.e. zanke · dipl.-ing. thomas strotmann · prof. dr. hans von storch ·dr.-ing. habil. peter milbradt

Langfristige Vorhersageverfahren und Vorhersagemodelleeinschließlich Einfluss von Baumaßnahmen

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Abb. 1 Der amphibische Küstensaum der Deutschen Bucht

Abb. 2 Sylt

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stochastischen Einflüssen wie z.B. dem Tidegeschehenund dem Geschehen von Starkwind- oder Sturmfluter-eignissen unterliegt, offenbart sich die Morphodynamikim Küsten- und Ästuarraum in der heutigen Zeit (in derdie Ufer in erosionsgefährdeten Abschnitten überwie-gend durch Bauwerke gesichert werden) vornehmlichdurch mittel- bis langfristige Veränderungen. Die mor-phodynamischen Prozesse können charakterisiert seindurch wiederkehrende Zyklen (z.B. bei der Entstehungund dem Vergehen von Inseln und Sänden oder der Mig-ration von Rinnen in Wattgebieten und Ästuaren) inZeitskalen von mehreren oder vielen Jahrzehnten. Häu-fig ist die Morphodynamik durch anhaltende, sich auchselbst verstärkende Trends – z.B. durch MaterialverlustimVorstrandbereich oder durch Aufsedimentationen imzunehmend verlandenden Flutraum der Ästuare – ge-kennzeichnet.Morphologische Trendentwicklungen und morpholo-gische Zyklen werden durch natürliche Prozesse unddurch Bauwerke beeinflusst. Die Bauwerke dienen z.B.der Erleichterung und Verbesserung des Seeverkehrsoder zur Verstärkung des Küstenschutzes. Der zukünftigerwartete beschleunigte Anstieg desMeeresspiegels undein verändertes Wettergeschehen als Folge des Klima-wandels werden insbesondere in den Ästuaren, denWattgebieten und im Küstenvorfeld zu erheblichen Ver-änderungen der Sedimenttransporte und damit der Mor-phologie führen.Es ist deshalb unbedingt erforderlich, langfristige mor-phologische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, umihre zukünftigen Auswirkungen auf alle relevanten Nut-zungen der Küstengewässer realitätsnah abschätzen zukönnen.Das erforderliche Instrumentarium, mit dem eine belast-bare Abschätzung und auf der Grundlage von Szenarienbegründete Prognose der in den kommenden Jahrzehntenzu erwartenden morphodynamischen Veränderungen er-möglicht werden kann, ist im Rahmen von Forschungs-und Entwicklungsprojekten auf der Grundlage bereitsvorhandener und in der Praxis eingesetzter Methodenund Verfahren zielgerichtet weiter zu entwickeln.Ziel ist es, geeignete Berechnungs- und Analyseverfah-ren in Kombination mit Simulationsmodellen unabhän-gig von einzelnen Personen an mehreren Institutionenverfügbar zu machen, um eine langfristige Kontinuitätin der Anwendung zu ermöglichen und um mittel- bislangfristig eine Plattform für weitere kooperative Ent-

wicklungen (in einem nationalen und auch internatio-nalen fachlich getragenen Netzwerk) zu schaffen.Die zu entwickelnden Methoden und Verfahren sollenim Rahmen einer ersten Forschungsförderung auf ausge-wählte Objekte im Tidebereich der Deutschen Bucht an-gewendet und für die prägenden morphodynamischenProzesse erprobt werden, weil die Periodizität der Tidefür langfristige Fragen zunächst einfacher zu handhabenist, als das ausgeprägt stochastische Strömungsgesche-hen in den Gebieten der deutschen Ostseeküste. Dennochsollen die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse inForm von anwendbaren Methoden und Verfahren auchfür die Ostseeküste und auch für Binnengewässer un-mittelbar einsetzbar sein.Die HTG schlägt daher vor, Modelle und Verfahren zurAbschätzung und szenariengestützten Vorhersagemittel-bis langfristiger morphologischer Veränderungen exemp-larisch am Beispiel von Sylt (Dominanz des Einflussesvon Seegang mit überlagerter Tideströmung) (Abb. 2)und exemplarisch am Beispiel des Elbeästuars (Domi-nanz des Einflusses der Tideströmung mit überlagerterDichteströmung) zu entwickeln und vor allem auch fürden mittel- bis langfristigen Einsatz verfügbar zu halten.Dabei sollen im Rahmen der Forschungsaufgabe Szena-rien für Klimaänderungen und sozio-ökonomische Ent-wicklungen (z.B. bauliche Eingriffe auf der Grundlagevon Systemstudien) berücksichtigt werden.Für diese Forschungsaufgabe ist es ohne Einschrän-kungen erforderlich, zunächst die geeigneten Methodenund Modellansätze auszuwählen und zu verifizieren.Dazu wird theoretisches Grundlagenwissen, Wissen ausdem Monitoring der Naturprozesse und vor allem auchErfahrungswissen eingesetzt. Auf dieser Grundlage undauf der Grundlage gezielter Variationen der Einflussgrö-ßen ist der Gültigkeitsbereich der Modelle und ihrer Er-gebnisse unter Berücksichtigung noch unsicheren Wis-sens zu bewerten, so dass im Ergebnis wahrscheinlicheEntwicklungen für zukünftig zunehmende Erosionenoder zunehmende Sedimentationen und Verlandungenin ihren Auswirkungen auf das zukünftige Managementder Küste dargestellt werden können

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2. Ingenieurpraktische Bedeutungund volkswirtschaftliche Bedeutung

Großräumig von der Strömung umfangreich umgelager-te Sedimentmassen erzeugen langfristig erhebliche mor-phologische Veränderungen. Im Umfeld von Bauwerkenkönnen anhaltende Sedimentdefizite zu nachhaltigenErosionen und damit zu bleibenden Beeinträchtigungender Bauwerksstandsicherheit führen. Ein Bauwerk kannbei sich verstärkenden Erosionen so stark geschädigtwerden, dass seine Funktion nicht mehr aufrecht zu er-halten ist. Auch zukünftige Bauwerksplanungen – z.B.für küstennahe Hafenanlagen oder Bauwerke zum Keh-ren höher auflaufender Sturmflutwellen – müssen zu-nehmend Fragen der mittel- bis langfristigen Sediment-verfügbarkeit berücksichtigen.Zukünftig werden weiterhin sandige Sedimente in er-heblichem Umfang für Bauvorhaben an Land und imaquatischen Bereich benötigt. Die für Großvorhabenbenötigten sehr großen Mengen müssen in schiffbarenWassertiefen gewonnen werden können, um diese wirt-schaftlich zu transportieren. Dabei sind Materialquellenzu erschließen, deren Nutzung nicht zu negativen Fol-gen führen darf. Auch für den Schutz bestimmter Küs-tenabschnitte wird Sand weiterhin und wahrscheinlichauch in zunehmendem Umfang von Verschleißbauwer-ken z.B. für Zwecke der Vorspülung benötigt.Fahrrinnen für die Schifffahrt und die Zufahrten zu denHäfen sind ebenfalls als Bauwerke zu bezeichnen. Da fürdie Unterhaltung der Fahrrinnentiefen an vielen Hafen-standorten jährlich erhebliche Mittel aufgewendet wer-den müssen, wird es in der langfristigen morphologi-schen Entwicklung auch um Fragen gehen, wie mandem zunehmenden Eintrieb von Sedimenten insbeson-dere in die oberen Ästuarbereiche z.B. der Ems oder derElbe (Abb. 3) begegnen kann. Zunehmende Sedimentati-onen vernichten noch vorhandenen Flutraum und füh-ren damit zu einer ungünstigen Sedimentbilanz, so dassfür das Sedimentmanagement zukünftig erheblich stei-gende Aufwendungen zu veranschlagen sind.Aus diesen Zusammenhängen und Beispielen wird dievolkswirtschaftliche Bedeutung des Themas des Sedi-menttransports und der morphologischen Entwicklungdes Gewässerbodens deutlich. Wenn der Mensch mitBaumaßnahmen in das Natursystem eingreift, ist heute –zukünftig mit weiter zunehmender Untersuchungs-qualität – eineAbschätzungder langfristigenWirkungen

auf die Gewässermorphologie erforderlich. Falls vor-schnelle Entscheidungen für Maßnahmen getroffen wer-den, die sich langfristig ungünstig auf den Sedimenttrans-port und auf die Morphodynamik auswirken werden,sind erhebliche Kosten (in Milliardenhöhe) aufzuwen-den, um nicht ausgleichbaren Sedimentverlusten oderauch stark zunehmenden Sedimentationen zu begegnen.Eine verlässliche, weiter vorausschauende Abschätzungvon Eingriffsfolgen gemeinsam mit einer belastbarenAbschätzung der naturgegebenen Entwicklung ohnemenschliche Eingriffe kann deshalb einen erheblichenvolkswirtschaftlichen Nutzen bringen.Auch im Ausland wächst das Bewusstsein, langfristigemorphologische Entwicklungen mit zunehmender Prio-rität zu bearbeiten. Dies betrifft nicht nur die ingenieur-praktischen und monetären Aspekte, sondern auch na-turschutzfachliche Fragestellungen. In EnvironmentalAssessment Studies bzw. Umweltverträglichkeitsunter-suchungen spielen Fragen der Sedimente imWasserkör-per und am Gewässerboden eine zunehmend wichtigeRolle. Die Eigenschaften und die Konzentration suspen-dierter Sedimente, die in wenigen Wochen über großeStrecken transportiert werden können, bieten mehr undmehr eine wichtige Schnittstelle zu Fragen des Natur-schutzes.

3. Defizite in Forschung und Entwicklung

Die Bodenformen der natürlichen Gewässer zeigen einesehr große Gestalt- und Größenvielfalt. In der Betrach-tung kleiner Skalen werden z.B. das Verhalten oder dieEigenschaft einzelner Sedimentkörner, die Dynamik vonTransportkörpern (wie z.B. Unterwasserdünen) oder die

morphodynamik im küsten- und ästuarraum

Abb. 3 Berechneter mittlerer Schwebstoffgehalt in der Elbe.

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Kolkentwicklung an Bauwerken untersucht. In räumlichmittel- bis großskaligen Betrachtungsweisen geht es umdie Veränderung und die Verlagerung von Sedimentenim Bereich von Vorstränden, Inseln, Ebbdeltas, Wattein-zugsgebieten, Ästuarmündungen, Fahrrinnen und Fahr-wassern, verzweigten Flusssystemen, Hafenzufahrten,Vorhäfen und Hafenbecken. Änderungen an lokal ausge-prägten Sohlformen können häufig nach Stunden oderTagen festgestellt werden, insbesondere bei kurzzeitigstarker Beanspruchung durch ein Strömungs- oder See-gangsereignis. Kurze und heftige Ereignisse wie z.B.Sturmfluten können aber auch die Morphologie in groß-en Küstengebieten nachhaltig verändern. Hingegen füh-ren mittlere Verhältnisse mit mittleren Belastungen desGewässerbodens zu schleichenden und damit langfristi-gen Veränderungen der Morphologie mit häufig sehrgroßen Umlagerungsmengen (z.B. 20 Mio. m3 Sedimentpro Jahr entlang einer 5 km langenWattrinnenkante).Mit Untersuchungen im Laborgerinne und in der Naturwurden von verschiedenen Fachdisziplinen weltweitunverzichtbare Grundlagen für die numerische Simula-tion der physikalischen Prozesse des Sedimenttransportsgeschaffen. Gerade in jüngster Zeit, in der die Rechenleis-tung marktgängiger Computersysteme den hohen An-forderungen detaillierter Simulationsmodelle gewach-sen ist, hat man in der numerischen, prozessorientiertenSimulation neue positive Erfahrungen gewonnen. Sielassen erwarten, dass noch bestehende Defizite in derweiteren Entwicklung ausgeglichen werden können.ImRahmen des Ninth International Symposium on RiverSedimentation (Van Rijn, 2004) wurden die derzeitig ein-setzbaren Modellverfahren für ingenieurpraktische Fra-gestellungen wie in Tabelle 1 dargestellt nach den ver-schiedenen Raum- und Zeitskalen eingeordnet.In der Einteilung der Tabelle 1 steht der schwarze Balkenfür die Anwendung von Verhaltens-Modellen, die ein-fache Regeln, statistische Korrelationen, Gleichgewichts-beziehungen oder vereinfachte mathematische Grund-gleichungen verwenden. Die Abkürzung RAM steht fürRapid Assessment of Morphology, eine vereinfachendeMethode der morphodynamischen Simulation, in deranfänglich berechnete Sedimenttransportraten bilan-ziert und als Funktion der lokalen Wassertiefenände-rung schrittweise angepasst werden.Die Übersicht zeigt, dass es bisher für langfristige Ab-schätzungen oder gar Prognosen des Sedimenttransportsund der morphologischen Anpassungen im Gewässer-

system keine allgemein akzeptierten Prozess-Simula-tionsmodelle zur physikalischen Beschreibung allerrelevanten skalenübergreifenden Prozesse unter Berück-sichtigung von Wind, Seegang, Strömung und der Sedi-menteigenschaften des Gewässersystems im Bereich derAnwendungen für ingenieurpraktische Fragestellungengibt. Ohne Einsatz solcher Modelle können die langfris-tigen Folgen von Baumaßnahmen nicht realistisch abge-schätzt werden. Auch die prägenden Prozesse im Ist-Zu-stand oder in bereits historischen Zuständen desGewässersystems können ohne Prozess-Simulationsmo-delle nicht im Detail beurteilt werden. Zur Analyse be-kannter Zustände können auch Methoden der Datenas-similation in Prozess-Simulationsmodellen hilfreichsein. Natürliche Veränderungen können aber auch mitden vornehmlich mit Daten gestützten Verhaltens-Mo-dellen ohne detaillierte Simulation der physikalischenProzesse abgeschätzt werden.Für kurz- bis mittelfristige Analysen der Folgen von Bau-maßnahmen (z.B. Fahrrinnenanpassungen (Abb. 4) oderStrombauwerke) betreibt die Bundesanstalt für Wasser-bau seit etwa zwei Jahren (BAW, 2005) dreidimensionaleÄstuarmodelle für Strömung und Sedimenttransport.Für die Berechnung der Ausbreitung umgelagerten Bag-gergutes in der Deutschen Bucht setzt die BAW ein 3DModell der Nordsee mit hoher Auflösung der DeutschenBucht und der Ästuare ein, um die Verdriftungswege derSedimente über mehrere Wochen auch unter Einflussdes Seegangs zu verfolgen.Die langfristige Sedimentdynamik des Systems Tide-becken-Ebbdelta im Bereich des Nordfriesischen Watten-meeres wurde unter Berücksichtigung ausgewählterbiologischer Prozesse im Gewässerboden untersucht(Hirschhäuser et al., 2004). Auch Untersuchungen lang-fristiger Gleichgewichtsbedingungen der Morphologieim Wattenmeer wurden mit Prozess-Simulationsmodel-len durchgeführt (Witting et al., 2004).Im Verbundprojekt PROMORPH wurden umfangreicheUntersuchungen im Bereich der Meldorfer Bucht undModelle zur Simulation mittel- bis langfristiger küsten-morphologischer Entwicklungen mit den Programmsys-temen Telemac und Delft3D durchgeführt.In den Verbundprojekten KLIBO und MORWIN standenmorphodynamische Fragestellungen an der deutschenOstseeküste mit unterschiedlichen Schwerpunkten imVordergrund. Bei den modellierenden Teilprojekten vonKLIBO standen hydro- und morphodynamische Frage-

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stellungen im Sinne der Klimawirkungsforschung imMittelpunkt, wobei klassische modulare Modellstrate-gien zum Einsatz kamen. Untersucht wurden z.B. groß-räumige hydrodynamische undmorphologische Prozessean der Außenküste von Fischland (Weilbeer et al., 1999).Im MORWIN Projekt standen eher kleinräumige undkurzfristige Fragestellungen im Mittelpunkt und wur-den mit einem holistischen Modellkonzept simuliert(Milbradt et al., 2002). Zur Untersuchung von singulärenEreignissen wurde im Ostseebereich der Frage nachge-gangen, ob Hiddensee noch einmal durchbrechen könnte(Zanke, 2004).Diese Beispiele zeigen, dass eine Reihe exzellenter natio-naler Institutionen Grundlagen geschaffen haben, dieviel Potenzial für dringend erforderliche Weiterentwick-lungen bieten. Vergleichbare Untersuchungen wurdenz.B. in bei den Nordseeanrainerstaaten durchgeführt.Zur gesicherten Abschätzung der Folgen von Baumaß-nahmen auf langfristige morphologische Entwicklun-gen konnten bisher jedoch keine allgemein anerkanntenSimulationsverfahren und Modelle publiziert werden(siehe z.B. Lesser et al., 2004).Aufgrund der umfangreichen Vorarbeiten besteht nunein Ziel darin, Prozess-Simulationsmodelle für Raum-skalen von 100 km bis 200 km und Zeitskalen bis zu 100Jahren zu entwickeln und vor allem deren Gültigkeits-bereich für mittel- bis langfristige Vorhersagen zu ver-bessern. Es ist zu erwarten, dass sich auf dem Weg zudiesem Ziel erhebliche Einschränkungen und Hinder-nisse ergeben werden, weil noch vielfältige Unschärfenund Lücken in den Eingangsdaten, inmodellimmanentenVereinfachungen und Parametrisierungen und in den er-forderlichen Validierungsdaten bestehen. Deshalb wird

es in neuen Projekten erforderlich sein, alternative me-thodische Vorgehensweisen auf der Grundlage von Multi-Modell-Anwendungen vorzusehen, um den Vertrauens-bereich derModellanwendungen für die gestellteAufgabezu erkunden und offen zu legen und um damit eineBasis für kontinuierliche Verbesserungen zu schaffen.Zwei- und dreidimensionale Prozess-Simulationsmodel-le bieten dieMöglichkeit der Kopplungmit sogenanntenSubmodellen, in denen z.B. der Seegang, die Strömungs-turbulenz, Prozesse der Atmosphäre und Prozesse amund im Gewässerboden berücksichtigt werden. Auf dieseWeise wird ermöglicht, verschiedene deterministischeund statistische Methoden und Verfahren sinnvoll überstandardisierte Schnittstellen zu verknüpfen und einefunktionierende Plattform für künftige Weiterentwick-lungen zu bieten, in denen Vorhandenes und Bewährtesunmittelbar weiter genutzt werden können.

4. F+E-Schwerpunkte, Herausforderungenund Förderungszeitraum

Die Schwerpunkte der beabsichtigten Forschung lassensich in wenigen Punkten zusammenfassen:• Entwicklung und Begründung der ausgewählten

konzeptionellenModellansätze sowie Aufbau undexemplarischer Einsatz von Prozess-Simulationsmo-dellen für das NordfriesischeWattenmeer um Syltund für das Elbeästuar.

• Die Modelle sollen für den Sedimenttransport unddie morphologische Entwicklung validiert werden.Dies setzt eine Kalibrierung und Validierung derTidedynamik und des Seegangs voraus.

morphodynamik im küsten- und ästuarraum

Tab. 1 Anwendungsbereiche von Prozess-Simulationsmodellen nach Van Rijn.

Zeitskala Stürme Monate bis 1 bis 5 5 bis 10 10 bis 100

Raumskala Jahreszeiten Jahre Jahre Jahre

0 km Modelle für Küstenprofile Modelle für Küstenprofile

bis 2D Modelle für Gebiete 2D Modelle für Gebiete (RAM)

10 km (quasi) 3 Modelle für Gebiete

10 km Flüsse 1D Modell

bis verzweigte Gerinne 1D Modell

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• Es ist zu untersuchen, welche kleinskaligen abio-tischen und ggf. auch biotischen Prozesse in dengroßskaligen und langfristigen Prognosemodellenberücksichtigt werdenmüssen und welche vernach-lässigt werden können.

• Für beide Gebiete sollen Prognoserechnungen füreinen Zeitraum von fünfzig bis hundert Jahren durch-geführt werden. Legt man den Standard der Klima-modellierung zu Grunde, sind Kalibrierungs- undValidierungszeiträume von ca. dreißig Jahren (imHindcast) erforderlich. Hierfür sind alle verfügbarenBeobachtungsdaten aufzubereiten und zu nutzen.

• Es ist zu untersuchen, nach welchen Prognosegrößendie ortsspezifischenModelle kalibriert und validiertwerden können. Dabei wird es erforderlich sein,eine räumliche Aggregation der Prognosegrößenvorzunehmen.

• Wie die Prognosefähigkeit nachvollziehbar undmög-lichst auchmathematisch bewertet werden kann, istmethodisch zu begründen und exemplarisch zu zeigen.

• Die für den Hindcast gesicherten Prognosemodellesind für verschiedene angenommene Eingriffeoder Baumaßnahmen einschließlich Sicherung derPlausibilität der Ergebnisse anzuwenden.

Innerhalb dieser Schwerpunkte ist der Nachweis derPrognosefähigkeit die größte Herausforderung. Die Ab-schätzung der Vertrauenswürdigkeit von Vorhersagenund die Bewertung vonmorphologischen Entwicklungs-pfaden stellt auch heute noch eine Herausforderung dar.Wichtig ist, dass es sich um eine interdisziplinäre Frage-stellung handelt, welche die Hydrodynamik und Boden-mechanik, die Sedimentologie, die Meteorologie, dieNumerik und etwas weiter gefasst auch die Biologie ein-

schließt. In der wasserbaulichen Praxis wird manchmalgefordert, dass numerischemorphodynamischeModelledie Folgen baulicher Eingriffe sowohl quantitativ alsauch in ihrem zeitlichen Verlauf exakt wiedergebenkönnen (Abb. 5). Diese übertriebene Erwartungshaltungwird zweifellos durch einige internationale und natio-nale Veröffentlichungen begründet, die mehr das Posi-tive darstellen anstatt das Negative mit der gebotenenSelbstkritik herauszuarbeiten. In der Umsetzung deshier dargelegten Forschungsschwerpunktes muss des-halb vor allem auch das noch unsichere Wissen in dieBewertung und den Nachweis der Prognosefähigkeiteinfließen.Eine weitere Herausforderung besteht in der transpa-renten und organischen Zusammenarbeit der beteilig-ten Institutionen. Hierfür spielt das Software-Enginee-ring eine sehrwichtige Rolle. Esmuss angestrebt werden,im Rahmen des Forschungsschwerpunktes wichtigeQuellen der Software den relevanten Institutionen allge-mein zur Verfügung zu stellen. Dies erfordert kompatib-le Plattformen und programmierunabhängige Schnitt-stellen, um die künftige Verwendbarkeit der Software inverschiedenen Umgebungen zu erleichtern.Es ist auch davon auszugehen, dass für die zu entwi-ckelnden Prognosemodelle eine leistungsfähige (auchverteilte) Hardware- und Software-Infrastruktur zur Ver-fügung steht, so dass verschiedene Arbeitsgruppen anintegrierten Datenbanken und Modellierungssystemenfür die Morphodynamik der deutschen Küstengewässerarbeiten können.Um diese Herausforderungen erfolgreich umsetzen zukönnen, ist ein mittel- bis langfristig angelegter Förde-rungszeitraum in einem Verbundprojekt verschiedenerInstitutionen erforderlich.

Abb. 4 Materialentnahme beim Ausbau der Elbfahrrinne Abb. 5 Wattkante Elbmündung

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5. Perspektiven nach dem Förderungs-zeitraum (Fernziel)

Die im skizzierten Forschungsschwerpunkt realisierbarenErgebnisse und Modelle können weiter zu einem kon-kreten Fernziel ausgebaut werden:• Es kann ein einheitliches Prognosemodell für die

gesamte Deutsche Bucht und ein einheitlichesPrognosemodell für die gesamte Ostseeküste aufGrundlage der validiertenMethoden und Verfahrengeschaffen werden.

• Das Prognosemodell soll umwichtige biologischeProzesse erweitert werden, zum einen um die Qualitätder Sedimenttransportprozesse noch weiter zu ver-bessern, zum anderen um einen erweiterten Nutzenfür naturschutzfachliche Belange zu gewinnen.

• Die Modelle können in kooperative Anwendungenbei verschiedenen nationalen und internationalenInstituten eingebunden werden. Damit kann auch dieStellung Deutschlands im internationalen Consultingerheblich verbessert werden.

6. Überlappungen zu anderenSchwerpunktthemen der HTG

A1: Sturmflutwasserstände und SeegangDiese Prozesse beeinflussen –wie bereits dargestellt – denSedimenttransport und die Morphologie in erheblicherWeise. Sie müssen auch bei der langfristigen Morphody-namik berücksichtigt werden. Die modellgestütztenVerfahren sollen deshalb nicht isoliert voneinander wei-ter entwickelt werden.

A3: Sediment und BaggergutDieser ebenfalls sehr wichtige Themenkomplex ist mitZukunftsfragen zum Sedimentmanagement verbunden.Das Sedimentmanagement bezieht insbesondere im Hin-blick auf die Schadstoffe das gesamte Einzugsgebiet derBinnenflüsse in die Fragestellungen mit ein. Wohin mitdem Baggergut, wenn es umgelagert werden soll? Wiekann der erneute Eintrieb von Verbringungsmengen inBaggerschwerpunktbereiche minimiert werden? Wiekönnen geschützte Gebiete vor Eintrieb belasteten Bag-gergutes bewahrt werden? Wie kann Baggergut gezieltso verbracht werden, dass sich beabsichtigte Verdrif-tungen im Wasser und Sedimentationen im Küstenvor-feld oder Vorstrandbereich ergeben? Diese Fragen kön-

nenohneProzess-Simulationsmodellenichtbeantwortetwerden. Die modellgestützten Verfahren sollen deshalbnicht isoliert voneinander weiter entwickelt werden.

5. Schrifttum

1 BAW: Untersuchung des Sedimenttransportregimes in derUnterelbe als Grundlage für die Optimierung der Baggerstra-tegie für den Hamburger Hafen. Gutachten im Auftrag derHamburg Port Authority, 2005

2 Hanson, H.; Aarninkhof, S.; Capobianco, M.; Jimenez, J.A.; Lar-son, M.; Nicholls, R.J.; Plant, N.G.; Southgate, H.N.; Steetzel, H.J.; Stive, M.J.F.; de Vriend, H.J.: Modelling of coastal evolutionon yearly to decadal time scales. Journal of Coastal Research,19(4), pp. 790–811, 2003

3 Hirschhäuser, T.; Zanke, U.: Langfristige Sedimentdynamikdes Systems Tidebecken-Ebbdelta unter besonderer Berück-sichtigung von verändertem Seegang und Wasserständen.Die Küste, Heft 68, 2004

4 Lehfeldt, R.; Milbradt, P.; Zyserman, J.A.; Barthel, V.: Evaluati-on of simulation models used for morphodynamic studies.ICCE 2002, Cardiff, 2002

5 Lesser, G.R.; Roelvink, J.A.; von Kester, J.A.T.M.; Stelling, G.S.:Development and validation of a three-dimensional morpho-logical model. Coastal Engineering, 51, pp. 883–915, 2004

6 Milbradt, P.; Lehfeld, R.: Littoral Processes at Micro-TidalCoasts of the Southern Baltic Sea. ICHE 5,Warschau, 2002

7 Oumeraci, H.: Leitthema 3: »Wasser im Küstenraum« in Was-serforschung im Spannungsfeld zwischen Gegenwartsbewäl-tigung und Zukunftssicherung. – Denkschrift der DeutschenForschungsgesellschaft (DFG), Wiley-VCH, S. 53–69, 2003

8 Oumeraci, H.: The sustainability challenge in coastal enginee-ring. Keynote lecture. Proc. 4th. Intern. Conf. Hydrodynamics(ICHD) in Yokohama, Japan, Vol. 1, pp. 57–84, 2000

9 PROMORPH: Die Küste, Heft 69, 200610 Van Rijn, L. C.: Estuarine and Coastal Sedimentation Problems.

Proceedings of the Ninth International Symposium on RiverSedimentation, Yichang, China, 2004

11 Weilbeer, H.; Zielke, W.: Modellierung großräumiger hydro-dynamischer und morphologischer Prozesse an der Außen-küste von Fischland, Darß undZingst. »DieKüste«Heft 61, 1999

12 Witting, M.; Zanke, U.: Development of an equilibrium bay: Along-term morphodynamic modeling study. 29th Internatio-nal Conference on Coastal Engineering ICCE, Lissabon, 2004

13 Wurpts, A.; Mewis, P.; Zanke, U.: Morphodynamic-NumericalSimulations of Dredged Matter Open Disposal. IADC AwardWinning Paper, Terra et Aqua, The Hague/Netherlands, 2006

14 Zanke, U.: Kann Hiddensee durchbrechen? – Morphodyna-mische Simulationen im Ostseebereich. Jahrbuch der Hafen-bautechnischen Gesellschaft HTG, 2004

Dazu gibt es einen Artikel im HANSA InternationalMaritime Journal, 144. Jahrgang 2007, Nr. 3.

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1. Vorbemerkung

Sedimentmanagement ist erforderlich, um die an dieNutzung oder an den Schutz der Gewässer gestellten An-forderungen zu sichern, oder auch, um die Sedimente alsnatürliche Elemente der Gewässer zu schützen. Völlignatürliche, menschlichem Einfluss bzw. Anforderungennicht unterliegende Gewässer bedürfen keines Sediment-managements. Europarechtliche Anforderungen und dieöffentliche Diskussion erfordern verstärkt eine Verfeine-rung des für ein umfassendes Sedimentmanagement zurVerfügung stehenden Instrumentariums.

2. Ziele

Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgendwird hier vonSedimenten gesprochen, wo streng genommen Feststoffegemeint sind, die als Sediment oder Schwebstoff auftre-ten. Sedimente sind elementarer Bestandteil aller aqua-tischen Systeme. Sie sind auch Bestandteil terrestrischerSysteme im Übergang Wasser-Boden. Im Aufgabenbe-reich der HTG sind sie insbesondere von Belang beimBau und der Unterhaltung vonHäfen undWasserstraßensowie beim Küstenschutz. Sie sind weiterhin von Belangbei der Bewirtschaftung von Staustufen (Wasserkraft,Schifffahrt, Hochwasserschutz), der Landwirtschaft (inVordeichgebieten, bei Bodenerosion), Schaffung und Er-halt von Feuchtgebieten etc.Kennzeichnend für aquatische Feststoffe ist ihre hoheDynamik, d.h. der Wechsel von »fest» als Boden über»locker» als Sediment bis hin zu »fluidisiert» als Schweb-stoff. Sie unterliegen dabei einer Vielzahl physika-lischer, chemischer und biologischer Prozesse. Die in-terdisziplinäre Aufklärung der Verknüpfung zwischenden hydrologischen Teilsystemen und Ökosystemen

über biogeochemische Kreisläufe ist nach wie vor einegroße Herausforderung für die naturwissenschaftlicheGrundlagenforschung.Im Gewässer unterliegen die Feststoffe Transportprozes-sen; sie können mit der Strömung ganze Flusssysteme»durchwandern». In Ästuaren und an der Küste ist dieSedimentdynamik von großer Bedeutung für ständigemorphologische Veränderungen. Zum einen erfolgt Ero-sion mit nachfolgendem Erfordernis von Küstenschutz-maßnahmen, zum anderen Sedimentation mit Erforder-nis regelmäßiger Unterhaltungsbaggerungen in HäfenundWasserstraßen. Deshalb fallen imKüstenbereich diegrößten Baggergutmengen an.Der Klimawandel wird auch Folgen für den Sediment-haushalt haben. Veränderte Klimabedingungen könnendie Erosion und damit Feststoffeinträge und -transportein Flüssen verändern, und der Meeresspiegelanstiegwird die Zusammensetzung und Menge der Sedimenteim Küstenbereich nachhaltig beeinflussen.Noch immer verhindert stellenweise die Schadstoffbe-lastung der Sedimente das Erreichen eines guten Gewäs-serzustandes. Allerdings hat die Forschung mittlerweilegezeigt, dass die Überschreitung von chemischen Kon-zentrationsstandards nicht zwangsläufig zu nachtei-ligen ökotoxikologischen Effekten führt; Grund dafür isteine verminderte Bioverfügbarkeit der Kontaminanten.Deshalb ist auch eine Verbesserung des Verständnissesder Beziehung zwischen Schadstoffbelastung und tatsäch-licher Wirkung auf Ökosysteme erforderlich, was aller-dings nicht Bestandteil dieses Vorhabens sein sollte.Schadstoffeinträge oder belastete Altsedimente könnensich auf ein ganzes Flussgebiet auswirken. In Ästuarenerfolgen Sedimenteinträge sowohl aus oberstrom gele-genen Flussbereichen als auch aus dem Meer. Bei schad-stoffbelasteten oberstromigen Sedimenten stellen sichso ausgeprägte Schadstoffgradienten ein. Bisher stellt

dipl.-ing. axel netzband · präsident dr.-ing. hans-heinrich witte · dr. peter heininger · dr. susanne heise ·dr.-ing. harro heyer · dr.-ing. andreas matheja · prof. dr.-ing. andreas malcherek

Vorhersageverfahren und -modelle für Sediment-und Schadstofftransport, Optimierungsverfahrenfür Unterhaltungsbaggerungen

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der dadurch bedingte Umgangmit belastetem Baggergutdie Häfen vor erhebliche Probleme, zu deren Bewälti-gung der Sediment- und Schadstofftransport einschließ-lich einer Quantifizierung der Eintragspfade umfassen-der als bisher zu bestimmen ist.Gleichzeitig ist klar, dass die immensen Mittel zu einerSanierung kurzfristig nicht aufgebracht werden können.Die zur Verfügung stehenden Mittel sollten unter Einbe-ziehung von Methoden des Risikomanagements gezielteingesetzt werden.Sedimentmanagement hat folglich die wesentlichenKomponenten Quantität und Qualität. Der Sediment-haushalt eines Gewässersystems ist prägend für die mor-phologische Entwicklung und damit die Struktur deraquatischen Ökosysteme. Als Bestandteil des Naturraumsbedürfen Sedimente sowohl des Schutzes als auch derBewirtschaftung dort, wo sie menschliche Nutzungenbe-einflussen. Bei Eingriffen in den Sedimenthaushaltmüssen die Langzeitwirkungen berücksichtigt werden.Aufgrund ihrer Mobilität kann eine Sedimentbewirt-schaftung nicht nur lokal, sondern muss im Flussgebieterfolgen. Ein umweltverträgliches und wirtschaftlichesSedimentmanagement einschließlich des Umgangs mitbelasteten Sedimenten erfordert ein umfassendes System-und Prozessverständnis. Auch die europarechtlichenVorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie weisen in dieRichtung, Sedimente in Flussgebieten zu bewirtschaften.Hinzu kommt aktuell die EUMeeressschutzstrategie.Es muss allerdings festgestellt werden, dass umfassendewissenschaftliche Prognoseinstrumente über sediment-bezogene Prozesse bisher noch in den Kinderschuhenstecken. Dies liegt auf Seiten der Wissenschaft in derausgesprochenenKomplexität der Zusammenhänge und

der erforderlichen großen Rechnerleistungen, auf SeitenderAnforderungen an den bisher oft nur lokal gesuchtenLösungen.Insbesondere Ästuare sind i.d.R. durch eine enge räum-liche Vernetzung teilweise widerstreitender Nutzungengekennzeichnet. Gewerbliche Schifffahrt, Sportbootver-kehr, Freizeit und Erholung, Fischerei, Landwirtschaft,Industrie und sonstiges Gewerbe, Sturmflutschutz sowieder Schutz von Natur und Umwelt sind zentrale, in die-sem Zusammenhang zu nennenden Aspekte. Weiter istfestzustellen, dass die gegebenen Verwaltungs- undRechtsstrukturen einen räumlich und fachlich meistnur sektoral begrenzten Blick auf das durch sehr kom-plexe Wirkungs- und Nutzungszusammenhänge gekenn-zeichnete Natursystem ermöglichen. Weiterhin bestehteine Vielzahl zu beachtender, sich z.T. überlagernderRegelwerke und Gesetzesvorschriften. Neue Vorhabenwerden in aller Regel durch umweltpolitische Konfliktebegleitet. Vor diesem Hintergrund sollen die bei derPlanung und Umsetzung von Vorhaben gewonnenen Er-fahrungen analysiert und bewertet werden, um Konflikt-lösungs- undEntscheidungsmechanismen zu entwickeln,mit denen zukünftige Vorhaben unter Einbeziehung al-ler Betroffenen und Beachtung aller Nutzungsaspektebesser gesteuert werden können.Die in den nächsten Jahren anstehenden Maßnahmeninfolge der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben undauch die zunehmende Diskussion außerhalb Europas er-fordern eine Verstärkung der Forschungsaktivitäten.

Abb. 1 Baggerarbeiten im Hamburger Hafen Abb. 2 Sedimentdynamik im Ästuar

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3. Ingenieurpraktische Bedeutung undvolkswirtschaftliche Bedeutung

Bei der Sicherung ausreichender Wassertiefen für dieSchifffahrt fallen in Deutschland jährlich rd. 45 Mio. m3

Baggergut an, davon der überwiegende Anteil an derNordseeküste. Für die sichere Funktion aller deutschenSeehäfen sind Baggerungen unabdinglich. Dies gilt imÜbrigen für die meisten Häfen, die sich häufig in oderan Ästuaren befinden. Das gilt nicht nur für Hamburgoder Bremen, sondern auch für Rotterdam, Antwerpen,Le Havre, englische Häfen, etc. Sedimentmanagement istdeshalb ausschlaggebend für die Volkswirtschaft mitHäfen als Knotenpunkten der globalisiertenWirtschaft.Der größte Teil der gebaggerten Sedimente verbleibt imGewässer und wird umgelagert. Da Sedimente Bestand-teil der Gewässersysteme sind, ist dies auch ökologischgeboten. Zudem stünden, wie internationale Erfahrun-gen zeigen, keine ausreichenden, finanzierbaren odervon der Öffentlichkeit akzeptieren Lösungen zur Verfü-gung. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Umlage-rungen, wie wiederum ein internationaler Vergleich zeigt.Gewässersysteme, zumal immarinen Bereich, sind hoch-dynamisch und hochkomplex. Verstärkt wird gefordert,die Auswirkungen des Baggerns und Umlagerns zu pro-gnostizieren. Deshalb sind verstärkt neben den Elemen-ten der Umweltuntersuchungen auch modelltechnischbasierte Prognosen zu stellen, um die Auswirkungendes Handelns zu verdeutlichen.Dies gilt im Übrigen nicht nur für die verkehrliche Not-wendigkeit. Steigende Umweltschutzanforderungen wer-den zukünftig auch in Flusssystemen gezielte Untersu-chungen erfordern, wo Maßnahmen zum Schutz derSedimente bzw. der Gewässergüte prioritär anzusetzenhaben.

4. Defizite in Forschung und Entwicklung

• Die Prozesse in Flussgebieten bei Erosion, Transport,Sedimentation, Remobilisierung etc. sind nicht hin-reichend untersucht; der Transport von Feststoffen inFlussgebieten und Ästuaren bis ins Meer ist bisherunzureichend bzw. nur mit einer hohen Unsicherheitbeschreibbar.

• Die Kenntnis über die Zustände und Prozesse imWasserkörper der Ästuare, die insbesondere dieStrömung und den Transport gelöster und partikulärerStoffe bestimmen, ist noch unzureichend.

• Das Auftreten und Verhalten der Schweb- und Sink-stoffe imWasser einschließlich deren Abhängigkeitvon der natürlichen Variabilität sowie derenWirkungauf das Ökosystem (Sauerstoffhaushalt, Nahrungs-kette, Lebensgemeinschaften) ist im Hinblick auf dieVerknüpfung der abiotischen und biotischen ProzesseimWasserkörper noch zu wenig bekannt, umModelle entscheidend voran bringen zu können.

• Die vorhandenen Kenntnisse über dieWirkungendesWasserkörpers auf die Gewässersohle, denWassergehalt im Boden und das Grundwasser sindhinsichtlich Formänderung undMaterialzusammen-setzung der Sohle, der Bildung und Konsolidierunghoch konzentrierter Schlicksuspensionen (»fluidmud») zu erweitern.

• Das Verständnis der Beziehung zwischen chemischerBelastung und tatsächlichenWirkungen auf Öko-systeme ist zu verbessern.

• Technische Verfahren zur Fixierung schadstoff-belasteter Sedimente im Gewässer sind bisher nurbegrenzt bekannt.

5. F+E-Schwerpunkte, Herausforderungenund Förderungszeitraum

Ziel der Forschungsarbeiten sind ganzheitlich ausgerich-tete Strategien zur integrierten Bewirtschaftung von Se-dimenten inFlussgebieten.Notwendig ist die verknüpfteBetrachtung physikalischer, hydrologischer, biogeoche-mischer und ökologischer Kreisläufe.Simulationsverfahren sind weiterzuentwickeln und demwachsenden Stand von Wissen-schaft und Forschunganzupassen. Ziel ist die Simulation von Handlungsvari-anten, um sowohl denMitteleinsatz als auch ökologischnegativeWirkungen zuminimieren.Monitoringprogramme sind aufzulegen bzw. ggf. zu op-timieren und zu erweitern, um Simulationsverfahren zukalibrieren und zu validieren.Die sozio-ökonomischen, rechtlichen und institutionell-politischen Rahmenbedingungenmüssen in der Betrach-tung berücksichtigt werden, Methoden des Risikoma-nagements sind einzubeziehen.

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• Zur Bewertung der natürlichenmorphologischen Ent-wicklung und sedimentrelevanter Maßnahmen sindflächendeckende Sedimentdaten in physikalischer,chemischer und biologischer Hinsicht zu erhebenund in einem allgemeingültigen Sedimentkatasterzu integrieren. Auf Grundlage des Sedimentkatasters,im Zusammenhangmit Strömungsmessungen undMessungen der Suspensionskonzentration sowie mitmathematischen Simulationen und der Historiegenauer Vermessungsdaten sind Sedimentbilanzenundmittlere Transportpfade für die Sedimente zubestimmen.

• Mathematische Modelle für Erosion, Transport undSedimentation von Fest- und Schadstoffen in Fluss-gebieten sind zu entwickeln und fortzuschreiben.Dabei sind veränderte Flächennutzungen, Klima-wandel etc. zu berücksichtigen.

• Entwicklung vonModellen für die Langzeitsimula-tion der Schwebstoffdynamik in Ästuaren im Über-gangsbereich Fluss-Meer.

• Grundlagen für den Umgangmit Sedimenten indynamisch zusammengehörenden Gewässergebietensind zu erforschen.

• Technische Verfahren zur Fixierung schadstoffbelaste-ter Sedimente im Gewässer sind weiterzuentwickeln.

• Der Umgangmit Sedimenten hat oftmals eineVielzahl von Interessensträgern, Rechtsgebietenund Verwaltungsgrenzen zu berücksichtigen. NeueMethoden der Kommunikation und Interaktionsind zu entwickeln.

• Verunreinigte Sedimente lassen sich in der Regel nichteindeutig einer Quelle zuordnen. Es sindMethoden zuentwickeln, die auch unter Einbeziehung von Risiko-ermittlungen Schwerpunkte identifizieren, um diefür die Sedimentbehandlung erforderlichenMittelin einem Flussgebiet unter Berücksichtigung umwelt-relevanter, technischer, politischer, ökonomischerund sozialer Faktoren gezielt und gestuft einzusetzen.

Wiewohl ein Großteil der genannten Schwerpunkte vongrundsätzlicher Art und von Bedeutung in vielen Fluss-gebieten ist, könnte sich die Elbe als Modell anbieten.Sie durchfließt mehrere Länder, zum Teil spielen Schad-stoffaltlasten noch eine erhebliche Rolle, es liegen be-reits viele Untersuchungen vor, im Tidebereich ist dasSedimentmanagement von besonderer Wichtigkeit. DieVerknüpfung mit konkreten Fragestellungen könnte die

Relevanz der Untersuchungen unterstreichen und be-gründen. Um diese Herausforderungen erfolgreich um-setzen zu können, ist ein Förderungszeitraum von vierbis fünf Jahren in einem Verbundprojekt verschiedenerInstitutionen erforderlich.

6. Perspektiven nach dem Förderungs-zeitraum (Fernziel)

Die Modelltechnik wird aufgrund der rasanten Entwick-lung der Rechnertechnik zukünftig an Bedeutung gewin-nen. Eine ausreichende Ergebnissicherheit vorausgesetzt,lassen sich Handlungsoptionen vergleichsweise einfachentwickeln. Aus Langfristsimulationen können die Fol-gen unterschiedlicher Szenarien abgeschätzt und somitvorhergesagt werden. Damit lassen sichMittel einsparenbzw. gezielt einsetzen, ökologische Wirkungen erkun-den und damit negative Folgen vermindern, sowie Maß-nahmen wirksam auch für die Öffentlichkeit darstellen.Im internationalen Vergleich sind die in Deutschland inEntwicklung befindlichen Methoden und Systeme imSpitzenbereich; mittel- bis langfristig erscheint damitauch ein Export möglich.Als Endergebnis werden neben einem tief greifendenSystemverständnis auch prozessorientierte Modelle undModellsysteme erwartet, um den Zustand der Flussge-biete und der Küstenzone in Bezug auf natürliche undkünstliche Feststofftransporte über die Gesamtbreite derZeit- und Raumskalen vorherzusagen. Auch würde dieNetzwerkbildung unter den einzelnen Expertengebieten(Biologie, Geologie, Hydrologie, …) vorangetrieben.Die Ergebnisse ermöglichen ökologisch und ökonomischoptimierte Strategien im Umgang mit Sedimenten undBaggergut. Ziele sind dabei eine Optimierung des Mitte-leinsatzes sowie eine Verringerung der ökologischen Be-einträchtigungen. Gleichzeitig wird die Erreichung derZielsetzungen des Europarechts unterstützt.Der Umgang mit Sedimenten und Baggergut kann aufdieser Grundlage zukünftig im Rahmen eines übergrei-fenden Sedimentmanagements gesteuert werden. SolcheAnsätze sind bisher nicht vorhanden. Der Einsatz digi-taler Modelltechnik vereinfacht den Informationsflussdurch den möglichen übergreifenden Datenaustauscherheblich.Die Forschungsergebnisse können auch dazu beitragen,erforderliche Daten und Methoden für die praktische

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Umsetzung des Ästuarmanagements oder des integrier-ten Küstenzonenmanagements (IKZM) bereitzustellen.Hierzu zählen neben neuen integrierten Methoden derPlanung von Maßnahmen für das Management der Küs-tengewässer unter veränderter Umweltbedingung (Mee-resspiegelanstieg, Landsenkungen, Zunahme der Sturm-flutaktivitäten) auch Modelle für retro- und prospektiveAnalysen von Umweltveränderungen unter Berücksich-tigung konkurrierender Interessen.

7. Überlappungen zu anderenSchwerpunktthemen der HTG

Es ergeben sich starke inhaltliche Verknüpfungen mitdem FuE-Schwerpunkt A-2 »Morphodynamik im Küsten-und Ästuarraum/Langfristige Vorhersageverfahren undVorhersage-modelle einschließlich Einfluss von Baumaß-nahmen» sowie mit dem FuE-Schwerpunkt A-8 »Ökolo-gisch integrierte Nutzung und Entwicklung von Küsten-gewässern, Ästuaren undWasserstraßen».Weitere Bezüge bestehen zu A-5 »Küsten- und Hochwas-serschutz /Strategien, Schutzsysteme und -konzepte, See-gang-Bauwerk Interaktion und Bemessungskonzepte«sowie B-2 »Risikobewertung und Risikomanagement /Methoden für tangible und intangible Schäden sowiefür tolerierbare Risiken; Managementmethoden vor,während und nach einer Katastrophe«.

8. Schrifttum

[1] DFG-Senatskommission für Wasserforschung: Wasserfor-schung im Spannungsfeld zwischen Gegenwartsbewältigungund Zukunftssicherung. Denkschrift, 2003

[2] European Sediment ResearchNetwork SedNet: ContaminatedSediments in European River Basins, Abschlussbericht, 2005

[3] Hafenbautechnische Gesellschaft / Fachausschuss Baggergut:Sedimentmanagement im Rahmen der EU-Wasserrahmen-richtlinie aus Sicht der Wassertiefenunterhaltung für dieSchifffahrt. HANSA, Heft 4, S. 54 ff, 2004. Korrespondenz Ab-wasser, Heft 4, 2004. Heyer, H.: Forschung und Entwicklungim Bauwesen /Schwerpunktthema: Küstenschutz und Ästu-are. Veröffentlichung in der HANSA in Vorbereitung

[4] HTG, DGGT: Unsere Gewässer – Forschung tut Not. Informa-tionsbroschüre, 2004

[5] Kuratorium für Forschung im Küsteningenieurwesen: 25 JahreForschung im Küsteningenieurwesen. Bilanz- und Synthese-bericht, 2001

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1. Vorbemerkung

An den deutschen Küsten von Nord- und Ostsee gibt eseine große Anzahl vonHäfen, die für die Schifffahrt überseewärtige Zufahrten an das offene Meer angeschlossenund über diesen Weg in die weltweit vernetzten Schiff-fahrts- und Logistikbeziehungen integriert sind.Innerhalb von Deutschland gibt es über 7.000 km schiff-bare Binnenwasserstraßen, teils als frei fließende oderstaugeregelte Flüsse, als Seen oder als Schifffahrtskanäle.Die Binnenschifffahrt verbindet auf den Binnenwasser-straßen Häfen im Binnenland oder an den Küsten mit-einander. Sie bewältigt, auch im grenzüberschreitendenVerkehr, einen unverzichtbaren Teil der Logistikströmezwischen denWirtschaftszentren.Schiff undWasserstraße stehen in den begrenzten Revie-ren sowohl im Binnenbereich als auch in den seewärti-gen Hafenzufahren in einer engen Wechselbeziehungzueinander. Von Seiten des Schiffes wirken dabei sowohlFormgebungs- als auch fahrtbedingte Parameter ein. AufSeiten der Wasserstraße sind Querschnitts- und Strö-mungsverhältnisse zu beachten. Die aus der Vorbeifahrtdes Schiffes resultierenden Belastungen wirken auf dasGewässerbett und die Uferdeckwerke ein. Sie können fürdie Gestaltung der Ufer maßgebend werden. Gleichzei-tig werden die hydrodynamischen Eigenschaften desSchiffes bei seiner Fahrt durch das Wasser vom begrenz-ten Umströmungsquerschnitt beeinflusst.

2. Ziele

Die in beengten Fahrwassern bestehende enge Wechsel-wirkung von Schiff- undWasserstraße ist sowohl aus derSicht des Schiffes als auch aus der Sicht derWasserstraßevon erheblicher Relevanz (Abb. 1).Bereits bei der Formgebung eines Schiffes sind die Rand-

bedingungen in begrenztem Fahrwasser hinsichtlich derhydrodynamischen Eigenschaften und der Manövrier-und Antriebseinrichtungen ein zu beachtendes Ent-wurfsmerkmal. Die durch die Verdrängung und die Fahrtdes Schiffes ausgelösten hydrodynamischen Vorgängewirken sich direkt auf das Verhalten des Schiffes im be-grenzten Fahrwasser und damit auf die nautischen Ent-scheidungen auf der Brücke, aber auch auf die Umströ-mungdes Schiffesunddiedaraus resultierendeBelastungauf Gewässer-sohle und Ufer aus. Am Ufer ist die entste-hende Wellenbelastung häufig maßgebend für die Not-wendigkeit sowie für die Konstruktion und Dimensio-nierung der Uferbefestigung.Ziel ist es, diese hydrodynamischen Vorgänge bei derUmströmung des Schiffes besser analysieren, umfassen-der nachbilden und das gewonnene Wissen sowohl beischiffsbezogenen (Schiffbau, Schiffsführung) als auch beiwasserbaulichen und geotechnischen Fragestellungenzukünftig einsetzen zu können. Als Instrument für dengesamten hier aufgeführten Fragenkomplex kommeninsbesondere mathematische Simulationsmodelle zurAnwendung.

3. Volkswirtschaftliche und ingenieur-praktische Bedeutung

Den weit überwiegenden Teil des weltweiten Warenver-kehrs bewältigt die Seeschifffahrt. Auch der größte Teildes internationalenWarenverkehrs der EU wird mit demSchiff transportiert. Die Wachstumsraten, insbesonderebei der Containerschifffahrt (Abb. 2), steigen weiterhinnachhaltig. Hiervon profitieren auch die deutschen See-häfen. Im Jahr 2004 hat sich der Seegüterumschlag derdeutschen Seehäfen auf insgesamt ca. 270 Mio. t erhöht.Diese Steigerung übertrifft deutlich die gesamtwirt-schaftliche Entwicklung in Deutschland. Exporte und

dipl.-ing. klaus frerichs · capt. michael ippich · dr.-ing. günter ackermann · dr.-ing. klemens uliczka ·dr.-ing. jan kayser · prof. dr.-ing. abdel maksoud · dipl.-ing. fritz-peter eissfeldt · prof. jens froese ·prof. capt. peter irminger

Optimierung des Systems Schiff und WasserstraßeEntwicklung von Werkzeugen und Modellen

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Importe sind der Lebensnerv des WirtschaftsstandortesDeutschland und zur Sicherung unseres Wohlstandesunverzichtbar. Leistungsfähige Seehäfen sind deshalbfür die Außenhandelsnation Deutschland von großerBedeutung.Die außenhandelsorientiertenUnternehmensind in besonderem Maße darauf angewiesen, dass sieüber leistungsfähige und kostengünstige deutsche See-häfenmitdenunverzichtbarenseewärtigenAnbindungenundHinterlandverkehrswegen ihreTransporte abwickelnkönnen.Mit einer Länge von über 7.000 km und einem jähr-lichen Güterverkehr von ca. 240 Mio. t verfügt Deutsch-land über ein leistungsfähiges Binnenwasserstraßen-netz, auf dem hohe Verkehrsleistungen erbracht werden.Die Transportleistung der Binnenschifffahrt mit etwa65 Mio. t km pro Jahr entspricht rd. 80 % der Transport-leistungen der Bahn. Im grenzüberschreitenden Verkehrliegt das Transportaufkommen der Schifffahrt im Güter-fernverkehr weit über dem der Eisenbahn. Die gesamt-wirtschaftliche Bedeutung der Binnenschifffahrt wirdvor allem als Teil der ganzen Logistikkette sichtbar, zuder auch die Binnenhäfen, die logistischen Dienstleisterund die verladende Wirtschaft zählen. Neben der Nut-zung für den Güterverkehr gewinnen die Binnenwasser-straßen auch für den Wassertourismus und den Wasser-sport zunehmend an Bedeutung.Die ingenieurpraktische Bedeutung des Themenkomple-xes Schiff und Wasserstraße ergibt sich aus wasserbau-licher, aus schiffbaulicher und bei der Fahrt des Schiffesauch aus nautischer Sicht.Die wasserbaulichen Fragestellungen ergeben sich dabeisowohl bei der Planung von Ausbaumaßnahmen, wie z.B.Vertiefungen, aber auch bei Betrieb und Unterhaltung.Dabei ist zu bedenken, dass sowohl Ausbauvorhabenaber auch Betrieb und Unterhaltung vonWasserstraßenmit hohem Kostenaufwand verbunden sind. Allein derAufwand für die Baggermaßnahmen an den seewärtigenZufahrten zu den deutschen Seehäfen kann pro Jahr mitetwa 70 bis 80 Mio. R veranschlagt werden.Wasserbauliche Maßnahmen werden häufig auch ausökologischer Sicht hinterfragt. Flüsse sind nicht nurVerkehrswege, sondern auch Biotope, die ökologisch oftvon hoher Bedeutung sind und häufig auch über einenSchutzstatus z.B. nach europäischem Recht verfügen.Die ökonomische und die ökologische Relevanz spre-chen dafür, allewasserbaulichenMaßnahmenmöglichstzu minimieren. Dabei ist zu beachten, dass die Verfüg-

barkeit des Wasserweges für die Hafenwirtschaft unddie Schifffahrt häufig eine Randbedingung für den Trans-port darstellt, die für die wirtschaftliche Abwicklungmaßgebend und unverzichtbar ist. Auch sollen dieseSchiffsverkehre sicher und leicht abgewickelt werden.Es geht also darum, die vorhandenenWasserstraßen mitihren Querschnitten hinsichtlich des Tiefgangs, der Brei-te, der Verdrängung und des notwendigen Manövrier-raums der Schiffe nicht einzuschränken, sondern unterdem Aspekt der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffs-verkehrs möglichst ganz auszunutzen.Alle Randbedingungen sprechen dafür, die Nutzung derWasserstraße zu maximieren bei gleichzeitiger Minimie-rung der erforderlichen Maßnahmen. In diesem Sinnekann auch die Zulassung von außergewöhnlich großenFahrzeugen oder die Optimierung einer tideabhängigenSchiffsreise eine hochrelevante Fragestellung sein.Notwendigkeit und Gestaltung von schiffsbedingt erfor-derlichen Ufereinfassungen haben Bedeutung im öko-

Abb. 2 Begegnung von Containerschiffen auf der Unterelbe

Abb. 1 Containerschiff auf dem Nord-Ostsee-Kanal

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nomischen wie im ökologischen Sinn. Dabei sind viel-fältige Fragen möglich, so dass Vor- oder Nachteilebestimmter technischer Lösungen nicht sofort ersicht-lich sind. Es geht immer um komplexe und aus wider-strebendem Interesse bedeutende Fragen und Entschei-dungen.Schiffbauliche Fragestellungen müssen immer das ganzeEinsatz- und Nutzungsspektrum des jeweiligen Schiffesganzheitlich erfassen und zu einer einzigen schiffbau-lichen Lösung führen. In diesem Sinn sind alle Fragenzum Verhalten und zu den Manövrier- bzw. Navigations-möglichkeiten eines Schiffes in begrenztem Fahrwassernur ein Aspekt eines größeren Komplexes, der für das je-weilige Schiff von unterschiedlicher Bedeutung seinkann. Es können sich aber auch aus dieser Sicht bedeu-tende Fragestellungen für die Gestaltung des (Unterwas-ser-)Schiffskörpers und für die Auslegung der Manöv-riereinrichtung ergeben.Die Führung eines Schiffes in begrenztem Fahrwasser isteine weitere, zunächst aus nautischer Sicht bedeutendeFragestellung, die aber Auswirkung auf die beiden vor-stehenden, wasserbaulichen oder schiffbaulichen Aspektehaben kann. Die Dimensionierung oder Nutzungsmög-lichkeit eines begrenzten Fahrwassers, aber auch dieSchiffsgestaltung oder -zulassung kann auch auf dieseWeise hinterfragt und optimiert werden.

4. Defizite in Forschung und Entwicklung

Die fachbezogenen Fragestellungen zum SachthemaSchiff und Wasserstraße lassen sich in folgende verfah-rensorientierte Arbeitsbereiche gliedern:• Hydrodynamisch-numerische Modellezur hydrodynamischen Optimierung fahrgebiets-abhängiger Schiffe (u.a. Unterwasserform, Antriebs-system) sowie zur Ermittlung der geschwindigkeits-abhängigen schiffs- und hydrodynamischenParameter inWechselwirkungmit derWasserstraße(u.a. Berechnung von Squat, Trimm,Wellen- undStrömungsbelastung, Propulsionsströmung).

• Schiffsführungssimulationsmodellezur Optimierung derWasserstraße (Sicherheit undLeichtigkeit) hinsichtlich der Fahrrinnenbreitebei Einzelfahrt, Begegnung und Überholvorgängenvon Bemessungsfahrzeugen (u.a. Simulation vonBank-Effekt, Wechselwirkung Schiff / Schiff).

• Verkehrslenkungsmodellezur Simulation und Beratung des Verkehrs in Ab-hängigkeit von z.B. den Schiffsgrößen, dem Verkehrs-aufkommen und der aktuellen UnterwassertopologiederWasserstraße (u.a. Berechnung von Verkehrs-abläufen, Schiffsgeschwindigkeiten, Verkehrslenkungzur betrieblichen Optimierung etc.).

• Technische Entwicklungenzur Klassifizierung der Schiffe in Abhängigkeit vomFahrgebiet unter Berücksichtigung der zulässigenschiffsinduzierten Belastung derWasserstraße(u. a. fahrgebietspezifischeWeiterentwicklung vonUnterwasserformen, Antriebssystemen, Manövrier-organen etc.).

• Geotechnische Bemessungsansätzezur schadlosen Aufnahme der antriebs- undgeschwindigkeitsabhängigen, schiffsinduziertenEinwirkungen auf die Sohle und Ufer (u. a. Ansätzefür technische Lösungen wie z.B. Filter, DeckwerkemitWasserbausteinen oder für innovative Lösungenwie technisch-biologische Ufersicherungen).

Alle Arbeitsbereiche des Sachthemas greifen hinsicht-lich der erforderlichen Basis- und Berechnungsparame-ter ineinander, unterscheiden sich derzeit allerdings inteils notwendigen Vereinfachungen der Eingangsgrößenund der daraus folgenden Berechnungs- bzw. Bemes-sungsgenauigkeit, die zwangsweise durch die gefordertezeitliche Verfügbarkeit der zu berechnenden Parameterbestimmt wird.Für alle Arbeitsbereiche ist eine Verifizierung und Vali-dierung der Verfahren anhand von Daten aus der Naturund /oder aus kleinmaßstäblichen Modellversuchen un-abdinglich. Des Weiteren ist jeweils eine Betrachtungder Unsicherheiten (Risikobetrachtung) vorzunehmen.Hydrodynamisch-numerische (HN) Modellverfahren(auch: CFD-Verfahren, Computational Fluid Dynamics)zur Ermittlung der schiffsdynamischen und hydro-dynamischen Kenngrößen in inhomogenen Wasserstra-ßen stehen derzeit als Gesamtpaket zur Lösung derSchiffsdynamik (z.B. Squat, Trimm) und der Belastungs-größen (Absunk, Primär- und Sekundärwellenhöhe, Ver-drängungsströmung, Uferbelastung) nicht zur Verfügung(u.a. Bertram, 2005).Einzelne Verfahren können je nach Berechnungsauf-wand z.B. auf der Basis der Navier-Stokes Gleichungenalle viskosen Effekte bei beliebig komplexer Geometrie

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unter Einbeziehung von verschiedenen Turbulenzansät-zen und Mehrphasenströmung berücksichtigen (RANSE-Löser, RANSE = Reynolds-Averaged-Navier-Stokes-Equa-tions). Diese Verfahren werden zum Teil für dieNahfeldberechnung am Schiff eingesetzt und sind auf-grund der erforderlichen Rechenkapazität hinsichtlichihrerWechselwirkungmit inhomogenenWasserstraßenderzeit beschränkt in Bezug auf die Größe des Rechenge-biets und die angewandten Randbedingungen der Strö-mungssimulation. Berechnungen zur Schiffsdynamikbei Mehrphasenströmung sowie zur Wechselwirkungmit dem Sohlmaterial (»fluid mud«-Sohle bzw. »Nau-tische Sohle«) sind erst in Ansätzen erfolgt.Vereinfachende Berechnungsverfahren, die auf Basis derPotentialtheorie eine ideale Strömung voraussetzen (in-kompressibel, reibungsfrei, rotationsfrei), ermitteln eben-falls dieWellenbelastungen imNahbereich eines Schiffsin Wechselwirkung mit einer vereinfachten Unterwas-sergeometrie, sind aber nicht für breitere inhomogeneWasserstraßen geeignet, bei denen im Uferbereich um-fangreiche Wellenumformungsprozesse bestimmendsind.Die Wellenumformungsprozesse von z.B. schiffserzeug-ten Wellen lassen sich mittels einer zweidimensionalenBetrachtung durch den Einsatz von Boussinesq-Glei-chungen berechnen, wobei mittels dieser Gleichungeneine Nahfeldberechnung am Schiff nicht möglich ist.Ein fachlicher Austausch sowie interdisziplinäre Ent-wicklungen von Schiffshydrodynamikern und Wasser-bauingenieuren hinsichtlich numerischer Verfahren und/oder einer Kopplung verschiedenster geeigneter Berech-nungsverfahren findet derzeit nur wenig statt (u.a. Bert-ram, 2005).Als Hilfsmittel der Nautik und des Wasserbaus u.a. zuSchulungs-undTrainingszweckenzwecksBeherrschungextremer Fahrsituationen oder zur Ermittlung optima-ler Fahrrinnen bei erforderlicher Sicherheit und Leich-tigkeit wird derzeit die Simulation von verschiedenenFahrszenarien auf Schiffsführungssimulatoren eingesetzt.Die Schiffsführungssimulation greift annähernd in Echt-zeit auf vorab berechnete oder empirisch ermittelteTabellen oder Funktionszusammenhänge zurück, die zu-sammenmit dem »human factor« des Schiffsführers dieFahrverhältnisse bei Einzelfahrt und /oder Begegnungs-verkehr oder nautischen Manövern ermitteln können.Aus den Fahrverhältnissen, die z. B. sowohl auf schiffs-spezifische Daten (z.B. Manövriereigenschaften in Flach-

wasser) als auch auf Strömungsdaten, Bank Effekte,Schiff / Schiff Interaktion und Squatwerte zurückgreifen,werden u.a. erforderliche Fahrrinnenbreiten festgelegt.Das Ergebnis einer Schiffsführungssimulation kann nurso gut sein wie die Qualität der Eingangsdaten. Hier kön-nen Messungen in der Natur und imModell sowie hydro-dynamisch-numerische Verfahren Kenngrößen liefern.Derzeit basieren die hydrodynamischen Kenngrößen,aber auch schiffsspezifische Randdaten teilweise auf äl-teren Ansätzen (z.B. Norrbin, 1971), wurden bei verschie-denen Forschungsanstalten durch Approximationen anneuere Erkenntnisse angepasst (z.B. Brix, 1993; LI, 2000)und werden je nach Aufgabenstellung vom nautischenPersonal durch »Parameterstudien« den tatsächlichenFahreigenschaften angenähert. Für die zukünftig ver-kehrenden und zu simulierenden Fahrzeuge in extremseitlich- und tiefenbegrenztem Fahrwasser, für die z.B.auf Basis der Schiffsführungssimulation Fahrrinnen-breiten bemessen werden, stehen detaillierte, objektiveschiffsspezifische und hydrodynamische Grundlagennur in begrenztem Umfang zur Verfügung.Verkehrslenkungsmodelle stehen als »operative Modelle«nur lokal und fallbezogen zur Verfügung und basierenim Wesentlichen auf vereinfachten analytischen und /oder empirischen Ingenieuransätzen zur geschwindig-keitsabhängigenSchiffsdynamik (z. B. SquatundTrimm)in Verbindung mit aktualisierten digitalen Gelände-modellen der Wasserstraße sowie Wasserstandsvorhersa-gedaten (u.a. StengelL, 2000). Verbesserte Eingangsdatenfür derartige »operative« Verkehrslenkungsmodelle aushydrodynamisch-numerischen Modellen und/oder Mes-sungen in der Natur z.B. zur Schiffsdynamik, Sohllageund Wasserstandsvorhersage können den Betrieb unddie wirtschaftliche Nutzung der Wasserstraße durch eineeffizientere Verkehrsführung erheblich steigern (z. B.optimale lokale Fahrgeschwindigkeiten, fahrtechnischeHinweise an die Schiffsführung etc.).Technische Entwicklungen im Schiffbau berücksichtigenderzeit nur in begrenztem Maß die Auswirkungen desfahrzeugspezifischen Energieeintrags in die Wasserstra-ße. Eine Klassifizierung von z.B. Binnenschiffen hin-sichtlich des Grades, in welchem sie die Wasserstraßebelasten, findet nicht statt. Durch innovativen Schiffs-bau mit gezielter Weiterentwicklung von Schiffsformen,Schiffsantrieben und Manövrierorganen sowie fahr-gebietspezifischen Speziallösungen für extreme Bedin-gungen kann der Einfluss der Schifffahrt auf die Wasser-

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straße reduziert werden. Entsprechend konstruierteFahrzeuge könnten dann zur betrieblichen Optimierungder Wasserstraße erweiterte Zulassungen, z.B. betreffsdes zulässigen Tiefgangs, zulässiger Begegnungs- undÜberholsituationen und zulässiger Ge-schwindigkeitenerhalten.Heute verwendete geotechnische Bemessungsansätze sindhäufig auf einen engen Anwendungsbereich begrenztund nur teilweise auf allgemeine Verhältnisse an Was-serstraßen übertragbar. Zur schadlosen Aufnahme derEinwirkungen muss die Wasserstraße eine ausreichen-de Sohl- und Uferstabilität aufweisen. Dies wird i.d.R.mit technischen Lösungen wie Deckwerken (z. B. Deck-schichtenmitWasserbausteinen) sichergestellt. Es bestehtBedarf in der sicheren und wirtschaftlichen Bemessungeinzelner Komponenten konventioneller Deckwerke,z. B. der Filter und der Deckschichten. Entsprechende Di-mensionierungshilfen sind weiterzuentwickeln. Diesgilt für Binnen- und Seebereich gleichermaßen. Hierbeiist auch eine Sicherheitsphilosophie festzulegen, auf de-ren Basis eine Unterhaltungsstrategie für das Gewässer-bett zu entwickeln ist.ImRahmen der Unterhaltung und des Aus- undNeubausan Wasserstraßen werden verstärkt naturschutzfach-liche Anforderungen gestellt. Daraus hat sich alternativzu den gängigen Methoden ein zunehmender Bedarf antechnisch-biologischenUfersicherungen ergeben. DerenEinsatzgrenzen, Haltbarkeit und Stabilität sind jedochnoch wenig bekannt und bieten somit ein weites For-schungsfeld.

4. F+E-Schwerpunkte, Herausforderungenund Förderungszeitraum

Da es kein »Gesamtpaket« zur Simulation des ganzheit-lichen Systems Schiff /Wasserstraße /Boden geben kann,ist die gezielte Entwicklung, Weiterentwicklung oderKopplung von Rechen- und Simulationsverfahren, dieeine genauere Behandlung der o.g. Problemfelder als bis-her ermöglichen, erforderlich. Dies kann nur gleichzei-tig mit einer ständigen Validierung derModelle erfolgen.Dadurch können Genauigkeit und Einsatzgrenzen derjeweiligen Verfahren bestimmt werden. Das heißt, dassdie Weiterentwicklung von Rechenverfahren mit inten-siven Modell- und Großausführungsversuchen sowieMessungen in der Natur einhergehen muss. Eine inten-sive Weiterentwicklung auch von Messverfahren ist da-her eine wichtige Voraussetzung. Für alle entwickeltenVerfahren ist zudem eine Betrachtung der Unsicher-heiten der Eingangsdaten sowie der Ergebnisse als »Risi-kobetrachtung« vorzunehmen.

4.1 Hydrodynamisch-numerische ModellverfahrenBei den hydrodynamisch-numerischenModellverfahrensind die Forschungsschwerpunkte zum einen auf die ex-akte Ermittlung der Schiffsdynamik, der Wechselwir-kung mit der Sohle (rolliges sowie kohäsives Materialbzw. »Fluid Mud«) sowie des Wellen- und Strömungs-felds im Nahfeld (z. B. RANSE-Löser) und zum anderenauf die Kopplung des Nahfelds mit erweiterten Wellen-ausbreitungsmodellen (z.B. Boussinesq-Verfahren) aus-zurichten, die in der Wechselwirkung mit der inhomo-genen Wasserstraße eine Energieumwandlung bis zum

Abb. 3 Auslaufen einer Heckwelle im Uferbereich der Maas/NL Abb. 4 Sog- und Schwellerscheinung im Uferbereich der Maas/NL

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Ufer nachvollziehen (Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5) und dort alsEingangsdaten z.B. für die Bemessung von Uferbefesti-gungen oder zur Ermittlung morphologischer Umlage-rungen in derWasserstraße dienen können.Nach den theoretischen Grundlagen der HN-Modellver-fahren unterteilt, sind die F+E-Schwerpunkte im Detailwie folgt zu bearbeiten:Die potentialtheoretischen Modellverfahren können inden Fällen verwendet werden, in welchen die Berech-nung derDruckkräfte ausschlaggebend für die Erfassungdes Problems ist (Söding et al., 2005). Um die Problema-tik von Kanalfahrten oder Schiffsbegegnungen genauerberechnen zu können, wäre es kurzfristig möglich, vor-handene Berechnungsmethoden mit folgenden Ergän-zungen zu erweitern:• Berücksichtigung vonWirbeln, die bei Schrägan-

strömung von der Kimm, vom Ruder und vomPropeller ausgehen.

• Erweiterung stationärer, reibungsfreier Strömungs-berechnungen auf Fälle, bei denen das betrachteteSchiff durch das von einem anderen Schiff erzeugteWellenfeld fährt.

• Einfluss der Inhomogenität der Schifffahrtsstraßen inWechselwirkungmit dem Schiff (z.B. unregelmäßigeSohltopografie und Uferlinien, Buhnen, Bermen).

Die Berücksichtigung der Viskosität beim Einsatz vonRANSE-Lösern ist für viele Teilprobleme auf dem Gebietder Wechselwirkung Schiff-Wasserstraße von großer Be-deutung, wie u. a. die Berechnung der Umströmung nahedem Schiff und der Sohle, der dynamischen Schwimm-lage, der Antriebswirkung und der Verformung der Was-seroberfläche unter Berücksichtigung der Unterwasser-

topographie, des Bodenmaterials (z. B. Kolkbildung) unddernatürlichenStrömungsverhältnisse. Kurz-,mittel- undlangfristig ist die Entwicklung dieser Rechenverfahrenunter folgenden Aspekten voranzutreiben:• Die Modellierung vonMehrphasen- undMehrkom-ponentenströmung soll die Berechnung sowohl derfreienWasseroberfläche als auch derWellenbildungenzwischen Schichten von Flüssigkeiten unterschied-licher Eigenschaften sowie desWeiteren die Auswir-kung der Propulsions- undManövrierorgane desSchiffs auf dieWasserstraße ermöglichen.

• Bei der Verwendung einer Gittertechnologie mitüberlappenden Gittern soll eine beliebige Anzahlvon überlappenden Rechengittern verwendet werdenkönnen, die sich relativ zueinander bewegenkönnen. So müssen Rechengitter nur einmal fürWasserstraßenabschnitte und verschiedene Schiffs-typen generiert werden. Die Rechengitter vonSchiffen undWasserstraßen können je nach Aufgaben-stellung (z. B Begegnung, Überholen oder Fahren ineinem Fahrrinnenabschnitt mit komplizierter Topo-graphie) kombiniert werden. Außerdem könnenmitHilfe dieser Technik die Bewegungen von Rudernoder Propellerdrehungen simuliert werden.

• Die Kopplung der Bewegungsgleichungenmit RANSE-Lösern ermöglicht die Simulation vonManövernunter Berücksichtigung der Änderung der dyna-mischen Schwimmlage. Die Simulation erfolgt durchdie Bewegung des Schiffsrechengitters innerhalbdes stationären Rechengitters desWasserstraßenab-schnitts.

• Eine Optimierung der Rechenverfahren hinsichtlichder erforderlichen Rechenzeit durch eine starkeParallelisierung ist unabdingbar, da die zu behandeln-den Probleme automatisch zu Rechengittern miteiner großen Anzahl von Knoten führen.

Die auf den Flachwassergleichungen vom Boussinesq-Typ basierenden Verfahren ermöglichen die Berechnungder lang- und kurzperiodischenWellenumformungspro-zesse über große Flächen unter Berücksichtigung z.B.der Bodentopographie, der Bodenreibung und der natür-lichen Strömungsverhältnisse. Die Berücksichtigung derWellenbildung im schiffsnahen Feld ist mit ausrei-chender Genauigkeit nicht möglich. Deshalb ist dieKopplung der Boussinesq-Verfahren durch die Entwick-lung von robusten und genauen Schnittstellen zu poten-

Abb. 5 Schiffswelle an der Unterelbe

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tialtheoretischen Verfahren und RANSE-Lösern erfor-derlich (Jiang et al., 2005).Angesichts des derzeitigen Standes der Technik, der bis-herigen Erfahrungen mit der Entwicklung von HN-Ver-fahren und der Zunahme von Rechnerkapazitäten wirdein Zeitraum von ca. zehn Jahren angenommen, um ver-lässliche und praktikable Lösungen für die o.a. rele-vanten Probleme liefern zu können. Nationale (u.a. GRA-BE, 2005) und internationale Forschungsaktivitäten sindeinzubeziehen.

4.2 SchiffsführungssimulationsmodelleDie zukünftig bei der Schiffsführungssimulation einzu-setzenden Basisdaten sind in vielfältiger Weise aus derZusammenarbeit des Schiffbaus sowie des Wasserbausbereitzustellen. Da immer die Echtzeitsimulation (z.B.Koeffizienten-Modelle, neuronale Netze) im Vorder-grund stehen sollte, sind funktionale Zusammenhängedes Systems Schiff /Wasserstraße zu Aspekten• der Unterwassertopographie (detailliertes DGM),• der Auflösung des Schiffskörpers für angreifende

Kräfte (u.a. Wind, Strömung, Bank-Effekt)• der Manövriereigenschaften der Schiffsmodelle(u.a. Ruderwirkung, Antriebswirkung im Flach-wasser)

• der Schiffsdynamik (schiffsformspezifische Daten zuSquat, Trimm sowie z.B. Drift- und Gierverhaltendurch äußere Kräfte wie Bank-Effekt und Schiff-Schiff-Interaktion)

• derWechselwirkung zwischen denManövrier-organen des Hauptschiffs (Bug- und Heckstrahler)und Schleppern

• derWechselwirkung Schiff-Welle-Strömung-Ufer-Schiff (Kopplung von Nahfeld und Fernfeldmodellenunter dem Gesichtspunkt der geschwindigkeitsab-hängigen schiffserzeugten Belastungen)

• des Bank-Effekts (Einfluss detaillierter Böschungs-und Uferformen)

• derWirkung der Bodeneigenschaften (feste, quasifeste und »Fluid mud«-Sohle) hinsichtlich der Proto-typähnlichkeit der nautischenManöver zu verbes-sern. Zur Optimierung der Parameteridentifikationist eine Verknüpfung derWeiterentwicklung derSimulationstechnik mit Messungen amModell,in der Natur (Großausführung), HN-Berechnungenund empirischen Approximationen erforderlich(Abb. 6).

Der zeitliche Rahmen wird nach Prioritäten abgestuftauf fünf bis zehn Jahre abgeschätzt. Nationale und inter-nationale Forschungsaktivitäten (z.B. Flanders Hydrau-lics Research /Ghent University, 2006) sind zu berück-sichtigen.

4.3 VerkehrslenkungsmodelleFür eine bessere Effizienz von Verkehrslenkungsmodel-len für die Optimierung von Ausbaumaßnahmen undRoutenplanung in inhomogenenWasserstraßen sind vorallem erforderlich:• verbesserte Datengrundlagen aus den hydrodyna-

misch-numerischenModellen (z. B. Schiffsdynamik),• Eingangs- und Validierungsdaten aus Messungen in

der Natur (z. B. DGMs aus aktuellen, hoch aufgelöstenPeildaten)

• und weitere, zu verbessernde Prognosemodelle (z. B.Wasserstands- und Strömungs-vorhersagemodelle)Zu prüfen ist eine Verbindungmit Verkehrslenkungs-modellen mit Aspekten der Verkehrs-sicherheit undder Hafenwirtschaft und Terminalbetreiber (Ernst,2005), so dass damit – wie schon erwähnt – eine wirt-schaftlichere Nutzung derWasserstraße möglich wird.

Der zeitliche Rahmen wird in Abhängigkeit von den Ak-tivitäten der anderen Forschungsbereiche auf fünf biszehn Jahre abgeschätzt. Nationale und internationaleForschungsaktivitäten sind zu berücksichtigen.

4.4 Technische EntwicklungenIm Bereich des innovativen Schiffbaus sind hinsichtlicheiner Minimierung der Belastung der Wasserstraßen imDetail die technischen Entwicklungen auf folgenden Ge-bieten voranzutreiben:

Abb. 6 Wellenfeld eines Modellschiffs (Foto: BAW)

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• Weiterentwicklung von widerstandsreduziertenUnterwasserformen und -oberflächen.

• Optimierung der Antriebssysteme (z.B. teileinge-tauchte Propeller, Kugelantriebe, Verteilung desSchubs auf mehrere Propeller).

• Verbesserung der nautischen Einrichtungen,z.B. Passivruder, Bugstrahlruder, Pump Jets etc., umden Verkehrsflächenbedarf zu begrenzen und umdadurch z.B. größere Abstände der Fahrrinne zumUfer erreichen zu können.

• Verbesserung der schiffsgestützten Informations-systeme z.B. unter Einbeziehung vonWasserstands-und Strömungsprognosen, der aktuellen Unterwasser-topografie und des Verkehrsaufkommens bis hinzum virtuellen Schiffsführer.

Der zeitliche Rahmen wird in Abhängigkeit von denschon laufenden Entwicklungen auf fünf bis zehn Jahreabgeschätzt. Nationale und internationale Forschungs-aktivitäten sind zu berücksichtigen.

4.5 Geotechnische BemessungsansätzeGeotechnische Bemessungsansätze zur schadlosen Auf-nahme der schiffsinduzierten Einwirkungen auf Sohleund Ufer sind mit folgender Zielrichtung weiterzuent-wickeln:• Bemessung von Filtern in Deckwerken hinsichtlich

den Einwirkungen aus derWasser-straße (Berücksich-tigung des Gasanteils im Grundwasser; Überprüfungklassischer Filterkriterien für die in derWasserstraßewirkenden hohen Gradienten).

• Entwicklung eines Sicherheitskonzeptes mit Unter-haltungsstrategie (Ermittlung der Grenzbelastung,bei der in Deckschichten Steinverlagerungenauftreten; Festlegung zulässiger Schadenzuständein Deckwerken, ggf. auf probabilistischer Basis;Optimierung der Unterhaltung geschützter undungschützter Sohlen vonWasserstraßen insbesonderein Kanälen).

• Validierung und Erweiterung vorhandener Bemes-sungsansätze loser Deckschichten (Dimensionierungvon Deckwerksteinen unter Berücksichtigung derGrößenverteilung, der Steinform und der Lage imVerband; Bemessung auf Rückströmung z.B. Strömungohne Grenzschicht; Bemessung auf Schraubenstrahlundmechanische Beanspruchungen u.a. Eisgang,Schiffsstoß etc.).

• Technisch-biologische Ufersicherungen (Quantifizie-rung der Haltbarkeit von technisch-biologischenUfersicherungen sowie Bewertung der Stabilität vonkombinierten Ufersicherungsmaßnahmen, besondersbeim Einsatz von Pflanzen in Abhängigkeit von derhydraulischen Belastung durch die Schifffahrt;Bereitstellung von Dimensionierungshilfen fürtechnisch-biologische Deckwerke; Festlegung vonRegelbauweisen für technisch-biologische undalternative Deckwerke).

Lücken in der Forschung und der Entwicklung in den o.a.Bereichen können mit Hilfe von numerischen Simulati-onen, aber auch durch ergänzende Naturversuche undphysikalischeModelle u.a. zur Validierung der Verfahrengeschlossen werden.Der für die Untersuchungen erforderliche Zeitraumkann in etwa auf fünf bis zehn Jahre abgeschätzt werden,da z.T. noch Grundlagenforschung zu betreiben ist.

5. Fernziele

Da ein einziges »integriertes Softwarepaket und Wasser-straßeninformationssystem« für die Optimierung undden optimalen Betrieb des Systems Schiff /Wasserstraße /Boden aus Sicht der beteiligten Fachgebiete auch als»Fernziel« nicht sinnvoll ist, ist das Fernziel in Abhän-gigkeit von den Aufgabenstellungen mehrgleisig abzu-decken:• Schaffung eines hydrodynamisch-numerischenWerkzeugs zur detaillierten Prognose der ortsabhän-gigen, physikalischen Prozesse für das SystemSchiff /Wasserstraße.

• Weiterentwicklung der Echtzeit-Schiffsführungs-simulation unter Berücksichtigung des weitgehendminimierten »human factors«.

• Entwicklung eines Tools zur Verkehrslenkung unterdem Aspekt des volkswirtschaftlichen Betriebs derWasserstraßen.

• Hebung von ungenutzten Auslastungspotentialen derSchifffahrtsstraßen durch den Einsatz modernerKommunikationstechnologien (vgl. Slotvergabe imLuftverkehr).

• Verbesserung der Schifffahrtsstraßen zu sicheren,wirtschaftlichen, unterhaltungsarmen und leistungs-fähigen Verkehrswegen.

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• Einbeziehung ökologischer Aspekte (Flora, Fauna)und deren Entwicklungspotential bei der betrieb-lichen Optimierung einerWasserstraße.

• Verbesserung der Kompetenz im Consulting-Bereichmit Blick auf die internationaleWettbewerbsfähigkeit.

6. Überschneidungen zu anderenSachthemen

Abgrenzungen sind zu den Arbeitsgruppen AG6 (Bau-werke und Bauwerksertüchtigung im Küsten- undVerkehrswasserbau) und AG10 (Bodenstrukturwechsel-wirkungen, Messungen/Bemessungsmodelle und -richt-linien) sowie den gebietsübergreifenden Methoden B1(Bemessung von Bauwerken), B2 (Risikobewertung undRisikomanagement) und B3 (Risikobasierte Bauwerks-überwachung und Bauwerkserhaltung) vorzunehmen.

7. Schrifttum

[1] Bertram, V.: Wege zur numerischen Simulation schiffser-zeugter Belastungen im extrem flachen, seitlich begrenz-ten, inhomogenen Fahrwasser, Hamburg, 2005 (unveröffent-licht).

[2] Brix, J. (Hrsg.): Manoeuvring Technical Manual, SeehafenVerlag, 1993.

[3] Ernst, W.: Verbund maritimer Dienste in einem Seever-kehrsleitsystem. HANSA, 142. Jhrg., Nr. 7, Hamburg, 2005.

[4] Flanders Hydraulic Research, Ghent University: Bank Effects,http://www.bankeffects.ugent.be, Antwerpen / Gent 2006.

[5] Grabe, J.: Seehäfen für Containerschiffe zukünftiger Gene-rationen. HANSA, 142. Jhrg., Nr. 1, Hamburg, 2005.

[6] Jiang, T., et al. : Interaktion – Numerische und experimen-telle Untersuchungen der Wirkung der Strömung auf dasfahrende Schiff. BMBF-Statustagung »Schifffahrt und Mee-restechnik für das 21. Jahrhundert«, Rostock, 2005.

[7] Norrbin, N. H.: Theory and observations on the use of mathe-matical model for ship manoeuvring in deep an confinedwaters. Elanders Boktryckeri Aktiebolag, Göteborg, 1971.

[8] Li, Da-Qing: Development of mathematical models for pre-dicting bank effects. SSPA Sweden AB, Report No. 114, Göte-borg, 2000.

[9] Söding, H.; Conrad, F.: Analysis of overtaking manoeuvres innarrowwaterway. Ship Technology Research, Vol. 53, 2005.

[10] Stengel, T.: EDV-gestützte Tidefahrplanerstellung für die Au-ßen- und Unterweser. Der Ingenieur der Wasser- und Schiff-fahrtsverwaltung, Verbandszeitschrift IWSV, Nr. 2, Delmen-horst, 2000.

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1. Vorbemerkung

Die Küstenbereiche stellen die Schnittstellen und Über-gangsbereiche zwischen Land undWasser dar. Weltweitzählen die Küstengebietemit etwa 6%der Gesamtflächeder Erde zu den bedeutendsten Lebens- undWirtschafts-räumen, in denen ca. 37 % der Weltbevölkerung lebenbei einer angenommenen Breite des Küstenstreifens von100 km (Oumeraci, 2001). Vor dem Hintergrund einermodernen Industriegesellschaft wie Deutschland sinddies Küstenbereiche, die als Naturraum, Lebensraumund Wirtschaftsraum unterschiedlich geprägt und ent-wickelt sind und verschiedenartige Nutzungsansprücheund damit verbundene Konflikte beinhalten und bewäl-tigen müssen. Die HTG-Broschüre »Unsere Gewässer«hat die unterschiedlichen Ziele und die aus der Umset-zung resultierenden Aufgaben deutlich gemacht (HTG/DGGT, 2004).Die Küstenbereiche in Deutschland haben sich in unter-schiedlicher Weise zu Lebens-, Natur- und Wirtschafts-räumen ausgeprägt, in denen verschiedene Küsten- undHochwasserschutzsysteme entwickelt und umgesetztwurden. Die entlang der Küstenlinien vorhandenen Küs-ten- und Hochwasserschutzsysteme definieren dabei eineSchutzlinie, welche die Funktionsfähigkeit von Natur-raum, Lebensraum und Wirtschaftsraum garantierensoll. In Abb. 1 wird exemplarisch die Küstenschutzliniefür den Landkreis Cuxhaven dargestellt.Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der sichzukünftig weiter verändernden Randbedingungen (z.B.Wasserstand oder Sturmhäufigkeit) ist die Weiterent-wicklung von funktionsfähigen und wirtschaftlichenKüsten- und Hochwasserschutzsystemen oder -strategienfür die langfristige Sicherung der Existenzgrundlagen inDeutschland von existenzieller Bedeutung. Dies wirdumso deutlicher, je mehr die vorhandene Infrastrukturals Netzwerk innerhalb der zu schützenden Lebens- undWirtschaftsräume verstanden wird, die sich über ent-sprechende Zeiträume entwickelt hat und weiter ent-wickelt wird. Aus der direkten Abhängigkeit zwischen

den Folgen des Klimawandels und der Funktionsfähig-keit der Küsten- und Hochwasserschutzsysteme resul-tiert unmittelbar die Notwendigkeit zur nachhaltigenEntwicklung der Schutzsysteme. Die Bedeutung derKlimaänderungen für das Küsteningenieurwesen zeigtDieckmann (2004) auf.Die intensivste Nutzung findet zweifelsohne an schiff-baren Gewässern statt, auf denen Güter- und Waren-transport im Küsten- und Binnenbereich und Umschlagin denHafenstandorten unter größtmöglicher Schonungökologischer und volkswirtschaftlicher Ressourcen vor-genommen wird.Die Dimensionierung und Auslegung derartiger Schutz-systeme stützt sich dabei auf praktische Erfahrungen,bewährte Bauweisen und Ergebnisse aus Forschung undEntwicklung, aber auch auf ständige Beobachtungen derablaufenden natürlichen Prozesse, aus deren Analyseer-gebnissen vorhandene Wissenslücken verringert wer-den. Zukünftig sind in besonderemMaße die Folgen desKlimawandels zu berücksichtigen.Die Randbedingungen der hydraulischen Wirkfaktoren,maßgeblich bestehend aus einwirkenden Wasserstands-und Seegangsbelastungen, können derzeit nur mit be-grenzter Vertrauenswürdigkeit für zukünftige Hochwas-ser- oder Sturmflutereignisse prognostiziert werden, sodass die Bemessung des Küsten- und Hochwasserschutz-systems im Wesentlichen die bisher aufgetretenenSzenarien widerspiegelt. Daraus resultiert die Notwen-digkeit einer stetigen Anpassung der Bemessungsgrund-lagen und der Schutzsysteme zur nachhaltigen Gewähr-leistung der Funktionsfähigkeit der Schutzsysteme. Eineabsolute Sicherheit kann daraus jedoch nicht grundsätz-lich abgeleitet werden, obwohl z.B. das NiedersächsischeDeichgesetz die Bestimmung nach dem zu erwartendenhöchsten Tidehochwasser fordert.Dieser Beitrag befasst sich mit den vorhandenen Küsten-und Hochwasserschutzsystemen und den darin enthal-tenen elementaren Schutzbauwerken und analysiert Pro-zesse und Wirkungsweisen einwirkender hydraulischerKräfte und Belastungen, denen die Schutzsysteme stand-

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halten müssen. Unzureichend erforschte Prozesse drük-ken sich in Unsicherheiten des Küstenschutzsystems aus,woraus Defizite entstehen können, deren nähere Unter-suchung eine wirtschaftliche Notwendigkeit darstellt.Die Bemessung der Küsten- und Hochwasserschutzsys-teme ist wiederum eingebunden in die gesellschaftlichund politisch gewollten Küstenschutzstrategien.

2. Aufgabe der vorhandenen Küsten- undHochwasserschutzsysteme

Die originäre Aufgabe der vorhandenen Küsten- undHochwasserschutzsysteme besteht in der nachhaltigenSicherung der Küstengebiete an der deutschen Nord-und Ostsee gegen Sturmfluten, Seegang oder Über-schwemmungen. Hiermit wird langfristig eine nachhal-tige Sicherung und Entwicklung des Natur-, Lebens- undWirtschaftsraumes gewährleistet.Vor dem Hintergrund sich verändernder wasserseitigerRandbedingungen (Wasserstände und Seegang) gerade

im Zusammenhang mit dem Klimawandel, ist eine ste-tige Überprüfung und Anpassung der Strategien zumSchutz von Menschen, Natur- und Sachwerten unerläss-lich, immer wieder erforderlich und von existenziellerBedeutung.Veränderungen der Morphologie beispielsweise stehenüber die herrschenden Sedimenttransportregime mit deneinwirkenden hydraulischen Belastungen (Strömungenund Seegang) in einem direkten Zusammenhang. So be-wirken veränderte topografische Verhältnisse im Küs-tenvorfeld eine Veränderung der auf die Schutzsystemeeinwirkenden hydraulischen Belastungen. Aus diesemGrunde kommt der ständigen Beobachtung aber auchder Vorhersage der ablaufenden morphologischen, hydro-und morphodynamischen Prozesse im Küstenvorfeld,im unmittelbaren Nahbereich und am Schutzsystemselbst besondere Bedeutung zu. Dies ist wiederum ver-bunden mit einer ständigen Überprüfung der Schutz-strategien und der Bemessungsansätze für die einzelnenelementaren Schutzbauwerke (vgl. Artikel A1 und A2).

Abb. 1 Küstenschutzlinie im Kreis Cuxhaven (NLWKN 2007)

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3. Ingenieurpraktische und volkswirtschaft-liche Bedeutung des Küsten- und Hoch-wasserschutzes

DerWert jeder besiedelten Region besteht zunächst• im Lebensraum für die dort lebendenMenschen undTiere,

• in den durchMenschen geschaffenenWerten, wieGebäude mit persönlichen und öffentlichenWertge-genständen, Produktionsanlagenmit Lagerbeständenund Verkehrseinrichtungen

• und denMöglichkeiten der Gewinnung der Lebens-grundlagenWasser, pflanzliche und tierische Nahrungund Baumaterial.

Darüber hinaus und diese Werte einschließend erfüllendie Küstenregionen eine Vielzahl von Funktionen, dieWerte darstellen. Von Sterr und Simmering (1996) wer-den die Funktionen unterteilt in• Regulationsfunktionen• Produktions- und Nutzungsfunktionen und• Informationsfunktionen.Eine monetäre Bewertung dieser verschiedensten Küs-tenfunktionen ist nach Sterr und Simmering (1996) al-lerdings kaum möglich. Dennoch wird in den letztenJahren zunehmend daran gearbeitet, die Folgen einesVersagens von Küstenschutzanlagen, die zu einer Über-flutung eines Gebietes führen, auch monetär zu bewer-ten und das Risiko, vereinfacht definiert als Produkt ausVersagenswahrscheinlichkeit und Folgeschäden einzu-schätzen (z. B. Mai, 2004). Auf die Arbeiten der Arbeits-gruppen B1 und B2 wird diesbezüglich verwiesen.

Küstenschutzsystememüssen rund um die Uhr die ihnenzugewiesene Funktion des Schutzes vor Sturmfluten,Seegang oder Überschwemmungen erfüllen. Die dafürerforderliche ausreichende Dimensionierung und Aus-legung des Schutzsystems jetzt und in Zukunft vor allemin Abhängigkeit von den topografischen, geologischenund hydraulischen Randbedingungen sind von zentralerBedeutung und stellen eine anspruchsvolle Herausfor-derung für den Ingenieur dar. Unter Berücksichtigungder bestehendenörtlichenGegebenheiten, der geplantenNutzung und der vorhandenen Randbedingungen wur-den und werden die Küsten- und Hochwasserschutzsys-teme ausgelegt und dimensioniert.Sich einstellende zukünftige Randbedingungen könnenderzeit nur extrapoliert aber nicht gesichert Eingang indie Bemessung finden. In diesem Zusammenhang wer-den z.B. Klimaveränderungen bei der Bemessung vonBauwerken in Form des säkularen Meeresspiegelanstie-ges berücksichtigt.Besondere Aufmerksamkeit erfährt der Küstenschutzimmer dann, wenn Sturmereignisse an den deutschenKüsten die unterschiedlichen Küstenschutzbauwerkebelasten. Im Januar 2007 war es der Sturm »Kyrill«, derinsbesondere auf die vorgelagerten ostfriesischen (vgl.Abb. 2) und nordfriesischen Inseln eingewirkt hat undu.a. auf der Insel Sylt für große Sandverluste an denSchutzdünen und schützenden Vorspüldepots verant-wortlich gewesen ist. Die kontinuierliche Gewährleis-tung des Küstenschutzes erfordert finanzielle Mittel, diejedoch nur einen Bruchteil der zu schützenden Werteausmachen.Entlang der Elbe sorgen überwiegend Deiche für denKüsten- und Hochwasserschutz. In Hamburg sind es ne-ben den Deichen zumeist Hochwasserschutzwände, dieneben den Sperrwerken erhöhte Wasserstände oderSturmfluten zurückhalten und für die Sicherheit in denniedrig gelegenen Poldern und Hafenflächen sorgen.Der zuverlässige Schutz durch diese Küsten- und Hoch-wasserschutzsysteme sichert die volkswirtschaftlichenWerte zunächst in Hamburg, darüber hinaus aber auchin ganz Deutschland. Die Sicherung des StandortesDeutschland und seiner Wirtschaftskraft hängt somiteng mit der Sicherung der Küstengebiete durch ent-sprechende Küsten- und Hochwasserschutzsysteme zu-sammen.

Abb. 2 Küstenabbruch an der niedersächsischen Küstewährend der Sturmflut am 01.11.2006 (Bildquelle NLWKN)

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4. Küsten- und Hochwasserschutzsysteme

4.1 DefinitionAllein Deutschland verfügt insgesamt über eine Küsten-linie von etwa 3.700 km Länge an Nord- und Ostsee. DieseKüstenlinie ist entsprechend ihrer Funktion und Bean-spruchung unterschiedlich geprägt und als Küsten- undHochwasserschutzsystem ausgebildet, das sich aus einerAbfolge der folgenden grundlegenden Elemente zusam-mensetzt (vgl. Abb. 3 am Beispiel der niedersächsischenNordseeküste):• Riff• Schutzdüne / Kliff• Watt• Lahnung• Deichvorland• Hauptdeich• 2. Deichlinie

4.2 Vorhandene Schutzelementesysteme an derdeutschen Nord- und Ostseeküste

Grundsätzlich können für die deutsche Nord- und Ost-seeküste verschiedene elementare Schutzsysteme de-finiert werden, die sich in ganz grundlegender Funk-tions- und Bauweise sowie anhand der zum Einsatzkommenden Küstenschutzelemente voneinander unter-scheiden. In Abhängigkeit von den geologischen, topo-grafischen und hydraulischen Randbedingungen, aberauch unter Berücksichtigung der Art und Ausdehnungdes zu schützenden Natur-, Lebens- oder Wirtschafts-raumes kommen folgende elementare Schutzsysteme inBetracht (Tab. 1), die nachfolgend noch näher beschrie-ben werden.

System DeichVornehmlich an der Nordseeküste in den tiefliegendenund flach geneigten Marschgebieten kommt der Deichals Küsten- und Hochwasserschutzsystem zum Einsatz.Neuere Deiche bestehen aus einem Sandkern, der mit ei-ner entsprechend mächtigen Kleiabdeckung versehenwird. Je nach Lage und Ausrichtung des Deiches sowieder Höhe und Breite des schützenden Vorlandes ist derDeich unterschiedlichen Belastungen infolge Wasser-stand und Seegang ausgesetzt (vgl. Abb. 4).Auch entlang der Ästuare Elbe, Weser und Ems sowie ineinzelnen Abschnitten an der Ostseeküste sind Deichemit und ohne Vorland vorhanden. An der Ostsee besit-zen diese Deiche jedoch eine deutlich niedrigere Kro-nenhöhe aufgrund der veränderten hydraulischen Belas-tung gegenüber den Bedingungen an der Nordsee.Vereinzelt sind den Deichen an der Ostsee auch Dünenoder auch Baumgruppen vorgelagert.

System offene natürliche sandige KüsteMit offenen natürlichen Küsten sind Abschnitte ge-meint, bei denen sich Dünen oder Kliffs an einen Strandund an ein Unterwasserprofil anschließen, wie z.B. beider Insel Sylt. Das Unterwasserprofil steht dabei in Inter-aktion mit den einwirkenden Strömungen und Wellen,die auf die Küste zulaufen. In Abhängigkeit von der In-tensität des Seeganges und der Höhe des Wasserstandeskommt es zurMobilisierung vorhandener Sedimente, zuderen Transport und Umlagerung im Unterwasserprofilaber auch im Strandbereich zu Abbrüchen von schüt-zenden Dünen oder Kliffs.Offene sandige Küstenabschnitte gibt es im Nordseebe-reich nur auf den vorliegenden Inseln und an der Ostsee-küste, wo vielfach die Steilufer bis an den schmalenStrand heranragen.

Abb. 3 Beispielhaftes System aus Küstenschutzelementen für die Nordseeküste (NLWKN 2007) Abb. 4 Wellenbelasung eines Deichesmit und ohne Vorland (NN)

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Tab. 1 Übersicht vorhandener elementarer Küstenschutzsysteme (NLWKN und IMS)

System künstliche BöschungenAn stark belasteten Ufern und Geländeübergängen, dieim Einflussbereich angreifender hydraulischer Belas-tungsgrößen liegen, werden Böschungen mit Deckwer-ken gesichert. Für diese Absicherung der sonst erosions-gefährdeten Uferböschung kommen verschiedensteBauweisen und Baumaterialien in Frage. Die EAK (2002)gibt dazu einen Überblick.

System senkrechte SchutzbauwerkeZu den linienartigen Schutzbauwerken zählen Hoch-wasserschutzwände und -tore, Sielbauwerke und Sperr-werke. Hochwasserschutzwände werden zumeist dannbenötigt, wenn die räumlichen Gegebenheiten keine an-deren Lösungen zulassen, oder diese einfach am effek-tivsten sind. Durchfahrten durch Deichabschnitte oderHochwasserschutzwände werden im Hochwasserfalldurch Schutztore verschlossen.

Verteilung der Küsten- und HochwasserschutzsystemeEine ungefähre Abschätzung der Verteilung der einzelnenKüsten- und Hochwasserschutzsysteme für die Schleswig-HolsteinischeKüstenliniewird in Tabelle 2 dargestellt.Die Verteilung der Küstenschutzelemente in Schleswig-Holstein gibt für die Nord- und Ostseeküste ein unter-schiedliches Bild.Während an der Nordseeküste 72% derKüstenlinie durch Deiche (nur erste Deichlinie) gesichertwerden, sind an der Ostseeküste lediglich 19% zu finden.Der überwiegende Teil der Ostseeküste wird durch of-fene natürliche sandige Küsten (68% der Küstenlinie, ein-schließlich Steilufer) geschützt. Künstliche Böschungen,Deckwerke und linienartige Schutzbauwerke sind fürdie Nord- und Ostseeküste nur in geringerer Ausdeh-nung vorhanden. Auf eine genauere Differenzierungwurde an dieser Stelle verzichtet.Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ist es vielerortserforderlich, die beschriebenen elementaren Schutzsys-

Küsten- und Hochwassersysteme

System Elemente Charakteristisches Beispiel

Deich Watt

Lahnung

Vorland

Hauptdeich

Offene Riff/

natürliche sandige Unterwassertopografie

Küste Schutzdüne/Kliff

Künstliche Böschung Deckwerke

Wellenberecher

Buhnen

Senkrechte Hochwasserschutzwände

Schutzbauwerke Sielbauwerke

Schutztore

Sperrwerke

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teme bzw. -elemente miteinander zu kombinieren. Sowerden beispielsweise Spundwände in die Deichkroneintegriert, um an Einzellokationen Wellenüberläufe zumindern, oder Böschungen der Vorländer oder Deichfüßemit Deckwerken gesichert. D.h. innerhalb der Küstenab-schnitte können einzelne aber auch mehrere Schutzele-mente zu einem gesamtheitlich wirkenden Schutzsys-tem kombiniert werden.

4.3 Seegang-Bauwerk Interaktion und Bemessungs-konzepte

Die geologischen und topografischen Bedingungen imKüstenvor- und Küstennahfeld sowie die Elemente derSchutzsysteme selbst bestimmen die Art und Intensitätder ablaufenden hydro- und morphodynamischen Pro-zesse. Der einlaufende Seegang unterliegt nach Errei-chen von Grenzbedingungen den Flachwassereffekten,bis dieser z. B. als brechendeWelle auf das Küstenschutz-system trifft. In Abhängigkeit von den ablaufenden Pro-zessen (lokal und regional) können sich Veränderungender Topografie aber auch belastungsbedingte Verände-rungen am Bauwerk selbst ergeben.Für die auf die Küstenschutzsysteme anzuwendendenBemessungskonzepte stellen die ablaufenden Prozesse,die kurz- und langfristigen Entwicklungen z.B. der Topo-grafie sowie bautechnische Belange die maßgebendenRandbedingungen für die konkrete Dimensionierungeines Küsten- oder Hochwasserschutzsystems aus den Er-fahrungen der Vergangenheit dar. Nur bei ausreichenderBerücksichtigung dieser lokal und regional unterschied-lichen Entwicklungen und Wirkfaktoren kann das Küs-tenschutzsystem selbst auch in Verbindungmit den sichanschließenden Abschnitten konzipiert und dimensi-oniert werden, nachhaltig Bestand haben und die ihmzugewiesene Funktion zuverlässig erfüllen. Die stetigeAnpassung der Bemessungskonzepte an die sich ver-ändernden Randbedingungen ist für die Zukunft uner-lässlich.

4.4 KüstenschutzstrategienDie Küstenschutzsysteme sind eingebunden in natio-nale und internationale Küstenschutzstrategien, derenZielsetzungen z.B. in einem Küstenfachplan für Schles-wig-Holstein formuliert sind. In Zukunft werden auchauf europäischer Ebene Richtlinien zur Bewertung undBekämpfung von Hochwasserrisiken (EU-HWRL) her-ausgegeben. Hofstede (HANSA 6/2007) benennt die Risi-

kokommunikation, also die Information der Bevölke-rung über mögliche Gefahren, als wichtiges Elementinnerhalb eines Regelmechanismus des Küstenrisikoma-nagements. Die im April 2008 vom Land Schleswig-Hol-stein herausgegebene Broschüre »Sturmflut – wat geihtmi dat an?« weist deutlich auf potenzielle Gefahren undSchutzmaßnahmen im Sturmflutfall hin.

4.5 Defizite in der ForschungSystem DeichDie Geometrie eines Deiches (Deichneigung und Deich-höhe) stellt eine Funktion der einwirkenden hydrauli-schen Belastungsgrößen (Wasserstand und Seegang), aberauch der geologischen Gegebenheiten des Baugrundesdar. Bislang werden flache seewärtige Deichneigungenals optimal angesehen. Eine weitere Untersuchung derGeometrie von Deichen auch im Zusammenhang mitden wichtigen Elementen Watt, Lahnung und Vorlandwird als sinnvoll angesehen. Über dem schützendenWatt bzw. Vorland kommt es zu Umformungen des See-gangsspektrums, d.h. die Seegangsparameter verändernsich, ehe sie auf den Deich treffen, um dort als Auflauf-schwall in Richtung Deichkrone umgewandelt zu wer-den. Vorgelagerte Schutzstrukturen könnenden Seegangderart reduzieren, dass ein nennenswerter Wellenauf-

Tab. 2 Datenrecherche in Zusammenarbeit mit dem Landes-betrieb für Küstenschutz, Nationalpark und MeeresschutzSchleswig-Holstein

Nordsee Ostsee

Länge der Küstenschutzlinie 1.590 km 2.110 kmin Deutschland gesamt

Anteilige Länge der Küstenschutzlinie 568 km 640 kmin Schleswig-Holstein (36%) (30%)

Anteilige Länge der Küstenschutzsysteme an der Küstenlinefür Schleswig-Holstein

Deich 408 km 120 km(72%) (19%)

Offene natürliche sandige Küste 126 km 435 km(22%) (68%)

Künstliche Böschungen32 km 85 kmund Deckwerke

(6%) (13%)Linienartige Schutzbauwerke

Summe 100% 100%

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lauf auf dem Deich nicht mehr stattfindet. Dies stelltgleichzeitig eine Anpassung der bestehenden Schutz-strategie dar.In Anbetracht der Länge der Deichstrecken, die insbe-sondere an der Nordseeküste vorhanden sind, spielt dielückenlose Beobachtung der Deiche zur Gewährleistungder Funktionstüchtigkeit eine immer größere Rolle. Mo-nitoring bedeutet nicht nur eine optische Kontrolle derDeiche, z. B. nach Löchern oder Sackungen im Deich imRahmen der alljährlichen Deichschau, sondern auch ei-ne Kontrolle der nicht unmittelbar sichtbaren Einfluss-größen wie z.B. dem Stauwasserstand in Deichen mitsandigem Deichkern bei undurchlässigen Untergrund-bedingungen. Hierbei kommt es zu einem langandau-ernden Prozess des Aufstaus von einsickernden Wasser-mengen infolge von Regen- und Hochwasserereignissen,die jedoch aufgrund der vorhandenen geotechnischenGegebenheiten nicht direkt in den Untergrund abgege-ben werden können.Dieser erhöhte Stauwasserstand im Deichkern bewirkteine deutliche Reduzierung der Standsicherheit. Bemerk-bar machen sich diese Stauwasserstände durch Wasser-austritte am Deichfuß. Derartige Phänomene sind keineSeltenheit für Deiche an der Nordseeküste und bedürfenweiterer Untersuchung und Analyse der ablaufendenProzesse vor demHintergrund der zeitlichen Skala.

System offene natürliche sandige KüsteDie Prozesse der Sedimentmobilisierung und des Sedi-menttransportes können qualitativ bereits ausreichendbeschrieben werden, in quantitativer Hinsicht fehlen je-doch noch Ansätze und Modelle, die nicht nur einzelne

lokale Prozesse betrachten, sondern im großräumigenKüstenabschnitt die ablaufenden zeitlich und räumlichveränderlichen Prozesse beinhalten und zuverlässig diemorphologischen Veränderungen prognostizieren kön-nen (vgl. dazu Ausführungen der Arbeitsgruppe A2).Allein die Frage der Sedimentmobilisierung und Erosi-onsfestigkeit von Sedimenten stellt einen Themenbe-reich dar, in dem intensiv geforscht wird und praktikab-le Berechnungsansätze vorliegen. Diese spiegeln dieRealität jedoch nur in grober Annäherung wider, da essich bei der Mobilisierung jedoch um einen stochasti-schen und räumlich veränderlichen Prozess handelt,was bisher nicht berücksichtigt wurde. Gleichwohl lie-gen in diesem Thema der Anpassung eines Küsten-schutzsystems an die herrschenden hydraulischen Be-dingungen auch innovative Potenziale. VertiefendeKenntnisse der ablaufenden Prozesse sind stets erforder-lich, wenn es um die Interaktion zwischen Welle undStrömung geht, den Wellenauflauf auf dem Strand unddie Prozesse, diemit demAbbruch vonDünen und Kliffszusammenhängen (Abb. 5). Diese im Strandbereich ab-laufenden Prozesse spiegeln eine Interaktion zwischenhydraulischen und geotechnischen Parametern wider.Gleichwohl kann bei genauerer Kenntnis der o.g. Pro-zesse und Parameter Einfluss genommen werden auf diegroßräumige Morphodynamik in einzelnen Küstenab-schnitten, indem z.B. das Potenzial des Sedimenttrans-portes gezielt durch die Wahl bestimmter Sedimenteund Korngrößen minimiert und die Küste oder Teile desKüstenabschnittes damit stabilisiert werden. Gleichesgilt für Maßnahmen zur Stabilisierung oder Steigerungder Effektivität von schützenden Riffsystemen, die demKüstenabschnitt natürlichen Schutz vor den einwirken-den Seegängen bieten. Neben theoretischen Betrach-tungen sind es vor allem praktische Erfahrungen, dieden Wissensstand letztlich definieren und in den zu-künftigen Bedarf resultieren.

Künstliche BöschungenFür künstliche Böschungen (Deckwerke, Wellenbrecherund Buhnen) besteht Forschungsbedarf bei den einzu-setzenden Bemessungsverfahren, deren Grenzen undUnsicherheiten in Abhängigkeit von den hydraulischenBelastungsgrößen. Für diese Bauwerke liegen keine ana-lytischen Bemessungsverfahren für die Ermittlung er-forderlicher Steingrößen vor. Bisherige Verfahren be-ziehen sich auf elementare Zusammenhänge zwischen

Abb. 5 Erosion infolge Wellenangriff am Haus Kliffende(Bildquelle Naue GmbH)

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einwirkenden (Wellen und Strömungen) und reagieren-den (Steingrößen,Geometrie des Bauwerkes)Kenngrößen.Die vorhandene Unsicherheit drückt sich in entspre-chenden Form- oder Beiwerten aus, z. B. für verschie-denste Wasserbauformsteine. Klare Vorgaben für dieAnwendung der Berechnungsverfahren fehlen.Neben dieser eher globaleren Betrachtung der künstli-chen Böschungen sind auch die einwirkenden Kräfte amEinzelstein von Bedeutung, die bei entsprechender Grö-ße die Verlagerung eines losen Deckwerkssteines zurFolge haben kann. Die ablaufenden Prozesse im abde-ckenden Korngerüst sind kurzfristig entscheidend fürdie Stabilität des Einzelsteines und langfristig entschei-dend für die Stabilität undDauerhaftigkeit der gesamtenBöschung. Darüber hinaus sind Fragestellungen zu Ver-klammerungen von Böschungen und deren Dauerhaf-tigkeit von Bedeutung.

Senkrechte SchutzbauwerkeFür senkrechte Schutzbauwerke existieren unterschied-liche Berechnungs- und Bemessungsformeln u.a. für dieErmittlung von Überlaufmengen bei Hochwasserschutz-wänden. Das Wissen um die Dimensionierung des ein-zelnen Schutzbauwerkes selbst ist sehr umfangreich.Letztlich wirken senkrechte Schutzbauwerke sowohlfür sich allein als auch in Kombination mit weiterenSchutzbauwerken. Hierbei ist der Frage nachzugehen,ob für Bauwerke und deren Anschlusskonstruktionenan die folgenden Schutzbauwerke Gefährdungspotenzi-ale bestehen und wie diese definiert bzw. wie diese inge-nieurpraktisch behandelt werdenmüssen.

KüstenschutzschutzstrategienDie bisherige Küstenschutzstrategie geht von einer lini-enhaften Abwehr der einwirkenden Hochwasser- bzw.Sturmflutereignisse aus. Mit der zunehmenden Belastunginsbesondere in Form des steigenden Meeresspiegelsund der zu erwartenden höheren Scheitelwasserstände(Stichwort Klimawandel) werden somit zwangsläufigÜberprüfungen und Erhöhungen der Schutzsystemeund -elemente erforderlich werden. Für den momentanausgeschlossenen Fall, dass ein Bauwerk versagt, bedeu-ten jedoch höhere Wasserstände auch automatisch grö-ßere Gefährdungspotenziale im Versagensfall. Dement-sprechend ist es konsequent und richtig, über die Fragezukünftiger Schutzstrategien nachzudenken (s. Probstund Hofstede, 2004).

Kunz (2004) schlägt z.B. eine flächenhafte Entwicklungder Schutzsysteme vor, bei der ergänzend zu der ersteneine zweite Schutzlinie installiert wird. Gleichzeitigdürfen zwischen den Schutzlinien keine Erhöhungender Sachwerte erfolgen, um die Verluste im Versagens-fall nicht zu steigern.An dieser Stelle sind weitere Untersuchungen zu derWeiterentwicklung von Küstenschutzstrategien erfor-derlich, insbesondere in Bereichen, in denen einzelneSchutzbauwerke nur schwerlich vor dem Hintergrundansteigender Belastungen oder lokaler Gegebenheitenertüchtigt oder angepasst werden können. Gleichzeitigspielt die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz überdas Zulassen von Hochwasserrisiko eine entscheidendeRolle. Hieraus muss auf Grundlage umfänglicher Unter-suchungen eine Antwort erwachsen, in welcher Art undWeise die Gesellschaft zukünftig mit dem potenziellenHochwasserrisiko allgemein und mit dem Schutz vonPersonen und Sachwerten im Speziellen umgehen willund kann.Weitere Ausführungen zu Küstenschutzstrategien wer-den aktuell auch in einer Arbeitsgruppe des Fachaus-schusses für Küstenschutzwerke (FAK) der HTG erarbei-tet. Einen ersten Überblick gibt Hofstede (2007).

5. F+E-Schwerpunkte und Herausforderungen

5.1 AnmerkungZusammen mit den in Abschnitt 4.5 beschriebenen Defi-ziten der vorhandenen Küsten- und Hochwasserschutz-systeme werden nachfolgend Schwerpunkte für die wei-tere Forschung und Entwicklung abgeleitet, diegleichzeitig die Herausforderungen für den weiterenFörderungszeitraum darstellen. Diese F+E-Schwer-punkte beziehen sich auf alle Küsten- und Hochwasser-schutzsysteme, die vorangehend beschrieben wurden.

5.2 Verbesserung der Eingangsdatengrundlage fürdie Planung und Bemessung von Baumaßnahmenund/oder Bauwerken

Messungen in der NaturFür jede funktionelle und konstruktive Bemessung istdie Kenntnis der Einfluss nehmenden physikalischenVorgänge und der daraus resultierenden »Belastungen«unabdingbar. Daher ist die kontinuierliche Messung

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dieser Größen eine vordringliche Daueraufgabe undwichtige Grundlage für die anstehenden Forschungsauf-gaben, insbesondere auch unter dem Aspekt der globa-len Klimaänderung. Die zu messenden Größen sind• Wind• Wasserstände• Seegang• Strömungen• Eis.

Wichtig für die Bemessung sind auch korrelierte Mes-sungen, aus denen Informationen über die Wahrschein-lichkeit des gleichzeitigen Auftretens sicher abgeleitetwerden können. Ein Beispiel hierfür sind die zu erwar-tenden Wahrscheinlichkeiten von starkem Seegang beihohenWasserständen.Bei der Festlegung vonMessstellenanordnung und -dichteist anzustreben, dass ggf. durch überlagerte numerischeModellierung auch sichere flächige Informationen dar-aus hergeleitet werden können. Beispiele hierfür sindgroßflächige Windfelder für Seegangsberechnungenund Windstauberechnungen sowie Wasserstandsinfor-mationen.

Modellierung der Eingangsdaten für bestimmte Küsten-bereiche, Küstenschutzmaßnahmen oder Bauwerke imKüstenbereichDa üblicherweise Daten aus Messungen in der Naturnicht flächendeckend erhoben werden können, ist für ei-ne bestimmte Maßnahme die Datengrundlage über Mo-dellvorstellungen zu schaffen. Modelle können sein em-pirischeodertheoretischeZusammenhänge,hydraulische(physikalische)Modelle oder numerischeModelle.Forschungsbedarf wird in den folgenden Bereichen gese-hen:• Modellierung der Einflüsse der Küstenform aufWindfelder

• Windstauerzeugung bei hohenWindgeschwindig-keiten

• Modellierung vonWindstau mit 3-dimensionalen nu-merischenModellenmit Rückströmung über die Tiefe

• Seegangsmodellierung bei begrenztem Fetch, ins-besondere bei nahezu küstenparallelenWindrich-tungen

• Seegangserzeugte Strömungen, deren Tiefenvertei-lung, Verhalten und Reaktion unter den örtlichenmorphologischen Randbedingungen

Bemessungsparameter und methodische AnsätzeSowohl funktionale als auch konstruktive Bemessungerfordern Eingangsbedingungen von Wasserständen,Strömungen und insbesondere Seegang. Bei der Ermitt-lung von Belastungen aus Seegang und insbesondere beiWellenauflauf und Wellenüberlauf kommt der kurz-zeitstatistischen Charakteristik einzelner Wellenhöhenund Perioden (und auch Richtungen) und der spektralenCharakteristik (Seegangsspektrum,Richtungsspektrum)am betrachteten Standort besondere Bedeutung zu. Zu-nächst ist für die Analyse von Ergebnissen aus Mes-sungen in Natur und Modellen die Interpretation dereinzelnen Wellencharakteristiken und deren Vertei-lungen und Abhängigkeiten von Bedeutung, zur Bemes-sung aber auch Einschätzungen typischer signifikanterVerteilungen und Spektralformen.Als Forschungsbedarf sind folgende Punkte zu erkennen:• Zuverlässige Messung und physikalische Interpre-tation der Richtungseigenschaften von Seegangund Typisierung für Modelluntersuchungen undBemessung.

• Messung undModellierung des Seegangs und derVeränderung der charakteristischen Eigenschaftenin Zeitbereich und Frequenzbereich beim Einlaufenin flachesWasser einschließlich der Brecherzone.

• Kinematik des unregelmäßigen Seegangs einschließ-lich der gebundenenWellenkomponenten und derdamit verbundenenMassentransportströmungen.

• Modellierung der Umformung von langperiodischenWellen, Beckenschwingungen oder Tsunamisim Küstennahbereich in physikalischen und nume-rischenModellen.

5.3 Konstruktive Bemessung, Interaktion See-gang – Bauwerk – Morphologie

Durch die komplexen Strömungsvorgänge bei der Inter-aktion Seegang Bauwerk sind alle Bemessungsverfahrenan nicht ebenen Bauwerken, beim Auftreten von bre-chenden Wellen und bei schräg anlaufendem Seegangoder nicht geradlinigem Verlauf der Bauwerksachsenmit sehr großen Unsicherheiten behaftet. Dies betrifftsowohl die Belastungsgrößen, die Höhe des Wellenauf-laufs und des Wellenüberlaufs und ganz besonders diemorphologischen Veränderungen in unmittelbarer Um-gebung des Bauwerks (Kolke).

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Als Forschungsbedarf sind folgende Punkte zu erkennen:• Wellenüberlauf an überwiegend senkrechten

Strukturen bei schrägemWellenanlauf und unterBerücksichtigung des Einflusses von Diffraktions-effekten (»MACH-Reflexion«).

• Wirkung vonWellenabweisern und DeichmauernaufWellenüberlaufmengen.

• Einfluss derWassertiefe vor dem Bauwerk bei derInterpretation vonWellenauflauf undWellenüber-lauf an geböschten Küstenschutzbauwerken(Referenzwellenhöhen und Referenzrichtungen).

• Belastung vonWellenabweisern und sonstigenüberwiegend horizontalen Bauwerksteilen (Krag-teilen) durch überwiegend vertikale Komponentender Orbitalbewegung im Seegang.

• Lastfall »brechendeWellen« an Bauwerken.• Belastung von Strukturenmit großen Durchmessern

oder gegliederten Bauteilen durch Richtungsseegang.• Kolke um zylindrische Strukturen inWellen und

Strömungen.• Kolke vor reflektierenden linienförmigen Bauwerken

bei schrägemWellenanlauf.

5.4 Vorhandene Küsten- und Hochwasserschutz-systeme

System Deich• Untersuchungen zur Reduzierung der äußerenhydraulischen Belastungen durch Optimierung desVorlandes und der Geometrie des Deiches (äußereStandsicherheit)

• Untersuchung der hydraulischen Prozesse innerhalbdes Deiches (innere Standsicherheit)

• Automatisiertes Monitoring von Deichen

System offene natürliche Küste• Erfassung, Beschreibung und Prognose klein- und

großräumiger Transportprozesse• Quantifizierung der Einflüsse des Klimawandelsauf das Küstenschutzsystem (Hinweis: Das Systemnatürliche offene Küste einschließlich möglicherSandvorspülungen kann nur eingeschränktangepasst werden)

Künstliche Böschungen• Verbesserung der Grundlagen für die Bauwerksbemes-

sung• Optimierung der Bauwerke unter Berücksichtigung

sich verändernder Randbedingungen auch durch denKlimawandel

Schutzbauwerke• Verbesserung der Bemessungsgrundlagen• Optimierung der Bauwerke unter Berücksichtigung

sich verändernder Randbedingungen, auch durch denKlimawandel

• Berücksichtigung von welleninduzierten Schwin-gungen des Bauwerks bei der Standfestigkeit

5.5 Bemessungskonzepte• Erarbeitung von Vorgaben bzw. Empfehlungen fürdie Anwendung von numerischenModellen beider Erstellung der Bemessungsgrundlagen und beider Bemessung des Küsten- und Hochwasserschutz-systems selbst.

5.6 Küstenschutzstrategien• Anpassung der Küstenschutzstrategien an den

Klimawandel und die sich verändernden Randbe-dingungen (s. Probst und Hofstede, 2004), z..B. durchdie Entwicklung vom linienhaften Küstenschutzzu einem raumbezogenen Küstenschutz und Einrich-tung eines Risikomanagements (Kunz, 2004)

6. Resumee

Der Klimawandel ist verantwortlich für Veränderungenz.B. des Wasserstandes und der Sturmfluthäufigkeit. Fürden Schutz der tiefliegenden Küstengebiete in Deutsch-land sind dies wichtige Randbedingungen, die derzeit je-doch noch nicht in verlässlicher Größe prognostiziertwerden können.Diese klimabedingten Veränderungen der küstenschutz-relevanten Randbedingungen bewirken ihrerseits einestetige Überprüfung der Funktion und Konstruktion derbestehenden Küsten- und Hochwasserschutzsysteme.Damit ist auch die Erweiterung des Wissens im Küsten-ingenieurwesen von einzelnen Prozessen bis hin zu kom-plexen Interaktionen bei Bauwerken von Bedeutung.Da sich die Klimaveränderungen und die daraus abzulei-

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tenden Anpassungen an Küsten- und Hochwasserschutz-systeme relativ langsam vollziehen bzw. erst rückwir-kend nachweisbar sind, wird dadurch auch Zeit für dasEinleiten von Veränderungen unserer Küsten- und Hoch-wasserschutzsysteme und Strategien eingeräumt, dieentsprechend genutzt werden sollte. Die zukünftigenHerausforderungen erfordern dabei ein hohes Maß anInterdisziplinarität der involvierten Fachleute, Gremienund der gesamten Gesellschaft.Eine Weiterentwicklung der Küsten- und Hochwasser-schutzsysteme sowie Strategienmit dem Ziel einer nach-haltigen Entwicklung von Natur-, Lebens- und Wirt-schaftsraum ist unerlässlich. Die dafür erforderlichenAnstrengungen erfordern ein gemeinschaftliches Han-deln der Gesellschaft jetzt und in Zukunft. Die in diesemBeitrag genannten Forschungsdefizite und abgeleitetenForschungsschwerpunkte stellen dabei nur einen erstenSchritt dar.

7. Schrifttum[1] Dieckmann, R. (2004) Klimaänderungen und Küsteningeni-

eurwesen, HTG-Jahrbuch, Band 54, S. 241 ff.[2] EAK (2002) Empfehlungen des Ausschusses für Küsten-

schutzwerke, Die Küste, Heft 65[3] Hofstede (2007) Küstenschutz im Küstenrisikomanagement.

HANSA International Maritime Journal, 144. Jahrgang, HeftNr. 6

[4] HTG/DGGT (2004): Unsere Gewässer - Forschung tut Not.Hafentechnische Gesellschaft, Hamburg, 23 S.

[5] Kunz, H. (2004) Sicherheitsphilosophie für den Küsten-schutz. HTG-Jahrbuch, Band 54, S. 253 ff.

[6] Mai, S. (2004): Klimafolgenanalyse und Risiko für eine Küs-tenzone am Beispiel der Jade-Weser-Region. Mitteilungendes Franzius-Instituts für Wasserbau und Küsteningenieur-wesen, Heft 91

[7] NLWKN (2007) Generalplan Küstenschutz Niedersachsen/Bremen-Festland, Niedersächsischer Landesbetrieb für Was-serwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (Hrsg.)

[8] Oumeraci, H. (2001) Küsteningenieurwesen. In: Taschen-buch der Wasserwirtschaft; Lecher, Lühr, Zanke (Hrsg.), Pa-rey Verlag

[9] Probst, B. und Hofstede, J. (2004) Neue Strategien für denKüstenschutz, HTG-Jahrbuch, Band 54, S. 249 ff.

[10] Sterr, H. und F. Simmering (1996): Die Küstenregionen im 21.Jahrhundert. Vechtaer Studien zur Angewandten Geogra-phie und Regionalwissenschaft, Band 18, 1996, S. 181–188.

[11] Thorenz, F. und Eggert, W.-D. (2004) Forschung für das Küs-teningenieurwesen imKFKI. HTG-Jahrbuch, Band 54, S. 195 ff.

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1. Einleitung

Unser »blauer Planet« Erde ist geprägt durch dasWasserder Ozeane, die ca. zwei Drittel der Erdoberfläche bede-cken. Im Wechsel von Kalt- und Warmphasen der Erd-geschichte mit unterschiedlicher Vereisung der Polar-regionen und der Kontinente ergaben sich großeSchwankungendesMeeresspiegels und auchSenkungenund Hebungen der Landmassen der Kontinente durch Be-bzw. Entlastung von den Eismassen. Im immerwäh-renden Klimawandel sind die Küsten die natürlichenPufferzonen zwischenMeerenundKontinenten, geformtdurch die überwiegend hydrodynamischen Kräfte ausGezeitenwirkung, Klima und Wetter, durch das Zusam-mentreffen von Salz- und Süßwasser in den Flussmün-dungen und durch das Wechselspiel von Erosion undSedimentation. Wie Fossilien belegen, waren heutigeLandmassen vom Meer bedeckt oder heutige Meeresflä-chen wie die Nordsee trockenes Festland. Als »Pufferzo-ne« entwickelte und veränderte sich die Küste im natür-lichen Kräftespiel der oben genannten Einflussgrößen.An mit Strömungen, Wellen und Wind beaufschlagtensandigen Küsten überlagern sich langfristige Verände-rungsprozesse mit kurzfristig gestaltenden Einflüssenz.B. durch Sturmfluten. Felsige Küstenformationen zei-gen dagegen im menschlichen Zeitmaßstab kaum Ver-änderungen und werden als stabile Küstenabschnittewahrgenommen.Mit der zunehmenden Besiedlung besonders der Fluss-mündungen durch dieMenschen und die Schaffung undAnsammlung vonWerten wuchs und wächst der Bedarf,sich vor Raub und Verlust des eigenen Lebens und dergeschaffenenWerte durch Hochwasser und Sturmflutenzu schützen. Die aktuellen weltweiten Herausforde-rungen werden deutlich mit dem Hinweis, dass etwazwei Drittel der stetig steigenden Weltbevölkerung imUfersaum der Flüsse und Meere leben und zudem 65 %

der Großstädte mit mehr als 2,5 Mio. Einwohnern sichals Küsten- oder Hafenstädte an den Küsten oder Fluss-mündungen entwickelt haben. Deutschlandmit• über 2.000 km Erosionsküsten an Nord- und Ostsee,• vier großen Tideästuarien mit bedeutendem Tidehub,

heftigen saisonalen Stürmen und Sturmfluten,ständigen großenmorphodynamischen Verände-rungen unter Einschluss und Einfluss der jeweiligenBrackwasserzonen,

• seiner Abhängigkeit vomWelthandel, Seeverkehrund der Globalisierung derWeltwirtschaft,

• dem Anpassungsdruck für Schifffahrtsstraßen undSeehäfen aus der rasanten Entwicklung desWeltsee-verkehrs, besonders der Containerschifffahrt,

• seinem hohen politischen Anspruch der Ausgewogen-heit zwischen Ökonomie und Ökologie,

• seiner national und europäisch verankerten weitentwickelten Umweltschutzgesetzgebung,

• der politischen Förderung erneuerbarer Energien mitder Perspektive von großen Offshore-Windparks inNord- und Ostsee,

• den bekannten konkurrierenden Ansprüchen andie Nutzung der Küsten und Gewässer als Lebens-undWirtschaftsraum einerseits und Naturschutzan-sprüchen andererseits,

• vier Millionen Einwohnern im Küstengebiet mitriesigem Schadenspotenzial durch Sturmfluten,

• mit enormenWerten aus Küsten- und Verkehrsinfra-struktur und Industrieanlagen

müsste international führend sein, um die Vorausset-zungen zu schaffen, einemöglichst positive, nachhaltigeEntwicklung der hoch sensiblen Ökosysteme an der Küs-te und den Flussmündungen bei gleichzeitiger Befriedi-gung der vielfältigen Nutzungsansprüche (Schifffahrt,Tourismus, Fischerei und Muschelzucht, Energieerzeu-gung, Rohstoffgewinnung, Industrien mit Hafenanbin-dung, Landwirtschaft, militärische Anlagen) zu schaffen.

prof. dr.-ing. georg heerten · univ.-prof. dr.-ing. martin achmus · univ.-prof. dr.-ing. conrad boley ·prof. dr.-ing. jürgen grabe · prof. dr.-ing. rolf katzenbach · univ.-prof. dr.-ing. norbert meyer ·prof. dr.-ing. hocine oumeraci · prof. dr.-ing. thomas richter · prof. dr.-ing. fokke saathoff ·univ.-prof. dr.-ing. stavros savidis · dr.-ing. hans-joachim scheffer (†)

Bauwerke und Bauwerksertüchtigung im Küsten-und Verkehrswasserbau

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Hierfür müsste der Bearbeitung der durch die Hafen-technische Gesellschaft (HTG) und die Deutsche Gesell-schaft für Geotechnik (DGGT) formulierten Forschungs-ansätze, dargelegt in der Informationsbroschüre »UnsereGewässer – FORSCHUNG TUT NOT«, hohe politischePriorität eingeräumt werden. In Abstimmung mit denSchwerpunktthemenA1 bis A10 und B1 bis B3 (vgl. HAN-SA, 144. Jahrgang 2007, Nr. 1) undmit besonderem Bezugzu den Themen A3, A4, A5 und A7 sowie B3 werden beidem Thema A6 »Bauwerke und BauwerksertüchtigungimKüsten- und Verkehrswasserbau« die Arbeitsfelder• zukünftige Nutzung vorhandener Hafeninfrastruktur

bei geänderten Nutzungsansprüchen und• Schutzstrategien für Klimaänderungsfolgenunterschieden und behandelt.Im Rahmen des ersten Arbeitsfeldes sind Strategien so-wie Forschungs- und Entwicklungsvorhaben aufzuzeigen,auf deren Basis die Standsicherheitsreserven und Poten-ziale der Gebrauchstauglichkeit bestehender Bauwerkebestimmt werden können und Einwirkungen von Folge-nutzungen erfasst und berücksichtigt werden können.Das zweite Arbeitsfeld umfasst Strategien sowie For-schungs- und Entwicklungsprojekte zur wirtschaft-lichen und ökologisch verträglichen Anpassung beste-hender Schutz- und Sicherungssysteme an der Küsteund im Binnenland an zukünftig zu erwartende Bean-spruchungen u.a. durch Klimaänderungsfolgen.In den Ausführungen zum übergreifenden F+E-ThemaB3, »Risikobasierte Bauwerksüberwachung und Bau-werkserhaltung – Integrierte Konzepte, Modelle undTechniken für bestehende und neue Bauwerke« (vgl.HANSA, 144. Jahrgang, 2007 Nr. 5), wird empfohlen, ei-ne Strategie zu entwickeln, die auf der Inspektionsstra-tegie aufbaut, aber zusätzlich bauwerksbezogene Infor-mationen und Messwerte nutzt, um rechtzeitig mitMinimierung der Kosten Instandhaltungsarbeiten aus-zuführen und Informationen über vorhandene Reservenund Restnutzungsdauern zu erhalten. Die Bauwerke desKüstenschutzes und der Wasserstraßen- und Hafeninfra-struktur müssten damit zukünftig mit Mess- und Moni-toringeinrichtungen ausgerüstet werden, die eine konti-nuierliche Datenerfassung und Datenauswertung füreine Beurteilung des Bauwerkszustandes erlauben. Zielsoll es sein, zuverlässige Indikatoren für den Zustandkritischer Bauteile zu definieren, um geeignete War-tungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen zum ökono-misch optimalen Zeitpunkt ausführen zu können.

2. Zukünftige Nutzung vorhandener Hafen-infrastruktur bei geänderten Nutzungs-ansprüchen

2.1 AllgemeinesDie Globalisierung der Weltwirtschaft wird getragendurch den Seeverkehr. Nahezu atemberaubende Zu-wächse des Güterverkehrs über See – Massenguttrans-porte zur Rohstoffversorgung, aber vor allem die unge-bremstenenormenZuwächseimContainerverkehr–sindfür die Infrastruktur der Küstenmit Hafenzufahrten undHäfen große Herausforderungen. Die Fahrwassertiefensind den wachsenden Schiffsgrößen der Langstrecken-schiffe anzupassen. Die Hafenumschlaganlagen und Ha-feninfrastruktur müssen Containerzu- und -ablauf vonSee und aus dem Binnenland bewältigen können, wobeidie Weiterverteilung von Containern im Feederverkehrüber See zunehmende Bedeutung erlangt.Die gegenüber traditionellemStückgutumschlag rasanteUmschlagleistung bei Containern erfordert deutlich we-niger Schiffsliegeplätze und damit Kailänge, aber wesent-lichmehr Stell- und Verkehrsfläche für den Containerzu-und -ablauf unmittelbar am Umschlagterminal. In derFolge müssen Kaianlagen deutlich größere Geländes-prünge überbrücken und Hafenbecken und Hafenflä-chen müssen erweitert und veränderten Nutzungsanfor-derungen angepasst werden. Durch Verfüllung vonnicht mehr benötigten Hafenbecken entstehen z.B. neueNutzflächen für Umschlag, Lagerung und Transport derContainer. Dabei ist das Langzeitverformungsverhaltender Böden entscheidend für die langfristige Gebrauch-stauglichkeit der zu errichtendenGebäude, Lagerflächen,Verkehrswege sowie Ver- und Entsorgungsleitungen.Eine besondere Herausforderung stellt hierbei die mög-liche Verwendung von Hafenschlick für die Auffüllungalter Hafenbecken dar. Die aus den vertieften Zufahrtenund Hafenbecken anfallenden Schlickmengen sind lo-gistisch, ökonomisch und ökologisch ein wachsendesordnungspolitisches Problem.

2.2 Sedimentmanagement und HafeninfrastrukturSedimentmanagement ist eine wichtige Zukunftsauf-gabe besonders an der Nordseeküste mit enormen öko-nomischen und ökologischen Auswirkungen. Direkt anden InselküstenunddenAußenbereichen der Tideästuaredominiert das Management von Sand, während strom-auf im inneren Teil der Tideästuare Feinsedimente unter

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Einschluss der Schadstofffracht aus den Binnenflüssendie Herausforderung für ein ökonomisch sinnvolles undökologisch verträgliches Sedimentmanagement bilden.Durch zu entwickelnde Prozesssimulationsmodelle sol-len folgende Fragen behandelt werden (vgl. F+E-Schwer-punkt A3, Sediment und Baggergut):• Wohinmit dem Baggergut, wenn es umgelagertwerden soll?

• Wie kann der erneute Eintrieb vonVerbringungsmen-gen in Baggerschwerpunktbereicheminimiert werden?

• Wie können geschützte Gebiete vor dem Eintrieb vonbelastetem Baggergut bewahrt werden?

Parallel können technische Lösungen über F+E-Projekteentwickelt werden, die eine Reduzierung der zu baggern-den Schlickmengen zum Ziel haben (Nautische Tiefe/Fluid-Mud-Thematik mit Aufrührbaggerungen) oder dieeine ökologisch vertretbare Verwertung von Bagger-schlick mit Immobilisierung der Schadstoffe erlauben.Beispielgebend ist der Versatz von alten Hafenbeckenmit verpacktem, immobilisiertemHafenschlick. Hierbeiwurde der Schlick in vorkonfektionierte Behälter ausmechanisch verfestigten Vliesstoffen verpackt und in zuverfüllende Hafenbecken eingebaut bzw. abgelegt. DieVliesstoffhülle kann so konzipiert werden, dass• die an die Feinsedimente gebundenen Schadstoffe

nicht austreten können und über Hunderte vonJahren sicher verpackt sind,

• die Dränkapazität der Vliesstoffe eine rasche Konsoli-dierung durch Ableitung von Porenwasser erlaubt,

• die vergleichsweise hohen ReibungsbeiwerteVliesstoff /Vliesstoff einen stabilen Bodenkörpererzeugen.

Schon heute könnte so verpackter Baggerschlick, ggf.auch nach vorheriger Aufbereitung zur Volumenredu-zierung (z.B. Hamburger METHA-Schlick) in tiefen Sand-entnahmen, wie sie z. B. für die Auffüllung der für denJadeWeserPort benötigten Hafenflächen geplant sind,deponiert und sicher verwahrt werden. Die ca. 30 m tie-fen Sandentnahmetrichter könnten so als Schlickdepotgenutzt werden, statt den Schlick an Land zu deponie-ren. Sollte es gelingen, Baggertechniken zu entwickeln,die den Schlick schon bei der Baggerung verpacken undggf. vorkonsolidieren, wären die Fragen des Wiederein-triebs und Vertreibens von Baggergut in geschützte Ge-biete gelöst und die Schlickcontainer könnten deponiertoder bei Strombaumaßnahmen z.B. zur Kolkverfüllung

gezielt eingesetzt werden. Eine Impfung des Schlickesmit stabilisierenden, entwässerndenNanokomponentenkönnte die Immobilisierung der Schadstoffe unterstüt-zen. Eine entsprechend interdisziplinär ausgeführteMachbarkeitsstudie könnte weltweite Beachtung finden,da die Probleme mit belasteten Feinsedimenten weltum-spannend sind.

2.3 Bauwerksertüchtigung und FolgenutzungHolzpfähle oder Holzkonstruktionen (z.B. Dalben,Buhnen, Steganlagen in Sportboothäfen), die im Salz-wassermilieu unserer Küsten errichtet wurden, sind zu-nehmend durch Bohrmuschelbefall (Teredo navalis) ge-fährdet. Die Bohrmuschel, die ursprünglich aus denIndo-Pazifischen Ozeanen stammt, ist mittlerweile welt-weit verbreitet und richtet riesige Schäden an. VielePfahlbuhnen an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpom-merns wurden in den 90er Jahren durch Bohrmuschel-befall weitgehend zerstört. Allein hier beträgt der Scha-den über 10Mio. Euro.Im Rahmen eines vom BMBF (Bundesministerium fürBildung und Forschung) und STAUN Rostock (Staatli-ches Amt für Umwelt und Natur) geförderten For-schungsprogramms an der Universität Rostock konntenachgewiesen werden, dass durch Umhüllung der Holz-pfähle mit einemmechanisch verfestigten Vliesstoff mitdefinierter Flächenmasse, Öffnungsweite, Dicke und Fa-serrohstoff ein Eindringen der Larven von Teredo nava-lis in das Holz über einen Versuchszeitraum von sechsJahren verhindert werden konnte. Benachbarte unge-schützte Pfähle wurden befallen und geschädigt. DieLarven der Bohrmuschel konnten das Faserlabyrinth desVliesstoffes nicht durchdringen, ein Wasser- und Gas-austausch des Holzes wurde nicht behindert, sodass kei-ne Fäulnisprozesse wie z.B. bei Versuchen mit Folienum-mantelung eintraten.Nach dieser sechsjährigen Einbauzeit mit kontinuier-licher Einwirkung von Wellen, Strömung, Hitze undKälte sowie Meeresflora und -fauna zeigte der Vliesstoffkeine Anzeichen mechanischer Zerstörung oder vonVerwitterung. Beim Einbau der Pfähle ließ sich die Vlies-stoffhülle problemlos ca. 50 cm tiefmit dem Pfahl in denBoden rammen, und ein sich schnell entwickelnder Be-wuchs schützt wirksam vor Wellen, Strömungen oderSandschliff, so dass ein Langzeitschutz gegen Teredo na-valis für die Gesamtstandzeit der Bauwerke erwartetwerden darf. Mit noch zu entwickelnden optimierten

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Pfahlausrüstungs- und Pfahleinbringverfahren könntendie enormen Schadenspotenziale durch Bohrmuschel-befall an Holzkonstruktionen im Salzwassermilieu so-mit verhindert werden.Bei der Betrachtung und dem Nachweis der Standsicher-heit von Wasserbauwerken sind mögliche Auswirkungenvon Kolkbildungen an der Sohle durch Wellen, Strö-mungen oder Schiffsbetrieb zu beachten. Hoher For-schungsaufwand wird betrieben, um verbesserte nu-merische Ansätze zur sicheren Prognose möglicherKolkbildungen zu entwickeln. Parallel sind bautech-nische Lösungen gefragt, die Kolke im Nahbereich vonPfeilern, Pfählen oder Kaianlagen gar nicht erst entste-hen lassen, sondern Veränderungen der Sohle auf Ab-stand zum Bauwerk halten. Klassisch werden filtermä-ßig aufgebaute Schüttlagen aus Kies/Schotter undSchüttsteinen aufgebracht. Doch auch für den Kolk-schutz oder Kolkverbau bietenGeokunststoffe vielfältigeLösungen und Entwicklungsmöglichkeiten. Abb. 1 zeigtz.B. den Einbau von Sandcontainern zur KolkverfüllungamHafen List auf Sylt.Schwere, flächenhaft verlegte Sandmatten und Sandcon-tainer ausreichender Masse sichern Hafensohlen gegendie Einwirkungen der Schiffsantriebe (Hauptantrieb,Bug- und Heckstrahlruder), stabilisieren Brückenpfeileroder sollen den Kolkschutz für Offshore-Windenergie-anlagen sicherstellen. Besonders beim Ausbau bestehen-der Kaianlagen ist der Einfluss des veränderten Manöv-rierverhaltens großer, moderner Schiffe auf die Stabilitätder Hafensohle unbedingt zu berücksichtigen, und essind ggf. Sohlensicherungen auszuführen. Bei Kolk-schutz an Offshore-Windenergieanlagen wird begrüßt,dass durch Sandcontainer aus Geokunststoffen keineBeschädigungen des Korrosionsschutzes oder von Ka-beln zu befürchten sind.

Erste Ergebnisse zur Bemessung und Bauausführung unterAnnahme der Bemessungswellen für Offshore-Winden-ergieanlagen liegen vor.Weitere Untersuchungen zur tech-nologischen Weiterentwicklung des Kolkschutzes oderKolkverbaus mit Geokunststoffen sind zu empfehlen.Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Folge-nutzung von Bauwerken in Häfen ist das Tragverhaltenvon Pfählen, die traditionell als Gründungselemente ein-gesetzt wurden und werden. Es muss besonders das Lang-zeittragverhalten weiter untersucht werden, da ersteForschungsergebnisse bestätigen, dass die äußere Tragfä-higkeit von Pfählen mit der Zeit beträchtlich zunehmenkann. Wenn es gelingt, die zeitlich veränderliche Wech-selwirkung zwischen Pfahl und Boden im Hinblick aufdie Steigerung der Tragfähigkeit bemessungstechnischzu erfassen, wird es möglich, vorhandenen Konstrukti-onen ein höheres Tragverhalten zuzuordnen. Dies istbesonders für Verstärkungen vorhandener Kaikonstruk-tionen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.

3. Schutzstrategien für Klimaänderungs-folgen

3.1 AllgemeinesKüsten- und seeseitiger Hochwasserschutz an Nord- undOstsee haben einen volkswirtschaftlich optimalen Schutzder Menschen, Sachwerte und Küstenökosysteme zugewährleisten. Im Rahmen eines integrierten Küstenzo-nenmanagements (IKZM) sollen nachhaltige Lösungengefunden und umgesetzt werden, die auch zurzeit disku-tierte Klimaänderungsfolgen wie Meeresspiegelanstiegund erhöhte Sturmfluten berücksichtigen. Neben denklassischen, bekannten technischen Lösungen des Küs-tenschutzes wie Deiche, Längs- und Querwerke oderSandvorspülungen gilt es, durch Elemente der Raumord-nung, des angepassten Bauens, besserer Vorhersagemo-delle für Sturmfluten, verbesserte Katastrophenschutz-pläne und Risikokommunikation mit der Bevölkerungaktuelle Schadenspotenziale zu senken und gleichzeitigdas Bewusstsein der Menschen wach zu halten, in über-schwemmungsgefährdeten Gebieten zu leben. Es mussein gesellschaftspolitischer Konsens gefunden werdenzwischen dem technisch Machbaren, dem finanziell Ver-tretbaren und dem ökologisch Notwendigen für einennachhaltigen modernen Küstenschutz.

Abb. 1 Sandcontainereinbau als Kolkverfüllung am Hafen von List.

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3.2 DeicheObwohl die Deiche an Deutschlands Nord- und Ostsee-küste überwiegend ein sehr hohes Schutzpotenzial bie-ten, werden Zukunftsszenarien diskutiert, die Deiche,entsprechend dem prognostizierten Meeresspiegelan-stieg oder regional zu erwartenden erhöhten Windstau-werten folgend, weiter zu erhöhen. Bei einer simplenFortschreibung der Deichquerschnitte ergeben sich zu-nehmend enorme Kubaturen mit entsprechend hö-herem Raum-, Masse- und Finanzierungsbedarf sowieerheblicher zusätzlicher Belastung des Baugrundes inder Deichaufstandsfläche.In Anlehnung an aktuelle Entwicklungen und Forschung-en für die Deichbautechnik und den Querschnittsent-wurf von Flussdeichen sollten folgende Entwicklungs-möglichkeiten auch für Seedeiche erforscht werden:• Querschnittsertüchtigung durch verbesserte Erosions-

sicherheit und Standsicherheit beiWellenüberlauf,• Deich-Monitoring durch messtechnische Überwa-

chung z.B. des Feuchtezustands im Deichquerschnitt,• Entwicklung von Frühwarnsystemen, Koppelungvon GIS, geotechnischemModell und praxisgerechtenMonitoringmethoden.

Vergangene Sturmfluten zeigten, dass Wellenüberlaufhäufig einem Deichversagen voranging und als aus-schlaggebender Mechanismus betrachtet werden kann.Auch bei Flussdeichen gehört ein Kronenüberlauf zuden vorrangigen Deichbruchszenarien mit nachfolgen-der Erosion der Binnenböschung und der Entwicklunggroßer, tief auskolkender Deichbruchbreschen mit mas-sivem, konzentriertem Einströmen von großen Wasser-massen in den ursprünglichen Schutzbereich desDeiches.Großmaßstäbliche Modellversuche haben gezeigt, dassdie Binnenböschung von Deichen durch die einfache In-

tegration eines Erosionsschutzes aus Geokunststoffenüberströmsicher ausgebildet und eine Breschenbildungim Deichquerschnitt verhindert werden kann. Diesesfür Flussdeiche untersuchte Verbesserungspotenzial derDeichsicherheit dürfte sich auf Seedeiche übertragenlassen, da es hier nur gilt, über einen tideabhängig be-grenzten Zeitraum dem möglichen Wellenüberlauf zuwiderstehen und eine Erosion bzw. Zerstörung der Bin-nenböschung des Seedeiches zu verhindern. Mit der In-tegration eines wirksamen Erosionsschutzes unter, inoder auf der Grasnarbe der Binnenböschung kann derDeich ggf. so ertüchtigt und stabilisiert werden, dasshöhere Bemessungswasserstände ohne Deicherhöhungakzeptiert werden können. Diese und andere Möglich-keiten der Querschnittsertüchtigung bestehender Deichefür höhere Belastungen aus Sturmflutwasserständenund Seegang müssten untersucht werden.Eine Deicherhöhung ohne Verbreiterung der bestehen-den Deichaufstandsfläche könnte z.B. auch mit einererosionssicher erhöhten Deichkrone, wie in Abb. 2 dar-gestellt, kombiniert mit landseitigem und ggf. seeseiti-gem Erosionsschutz als Überströmsicherung aus Geo-kunststoffen, erfolgen. Die erosionssichere Deichkronewird aus Geokunststoffen gebildet, deren Frontbereichdurch Schalungselemente geformt wird, die eine guteVerdichtung des einzubauenden Bodens und eine ange-passte Formgebungder steilerenBöschungskroneerlauben.In einem solchen Deichkronenbereich könnte z. B. auf-bereitetes Baggergut eingebaut werden. Die für die Kro-nenkappe einzusetzenden Geokunststoffe müssten soausgelegt werden, dass eine sichere Immobilisierungvon ggf. im Baggergut vorhandenen Schadstoffen er-reicht wird und sich eine homogene, widerstandsfähigeGrasnarbe entwickeln kann, die eine dünne Oberboden-

Abb. 2 Vorschlag einer überströmsicheren Deicherhöhung ohne Deichverbreiterung

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schicht und die Geokunststoffe durchwurzelt. Mit demGroßen Wellenkanal (GWK) des ForschungszentrumsKüste (FZK), Hannover, stehen Versuchseinrichtungenzur Verfügung, die die Untersuchung entsprechend ge-stalteter Deichquerschnitte mit der Verwendung von inGeokunststoffen verpacktem Baggergut großmaßstäb-lich erlauben. Basierend auf anspruchsvollen Produkt-entwicklungen aus dem Deponiebau können für dieseAnwendungen im Rahmen von Forschungs- und Ent-wicklungsprojekten Geokunststoffprodukte entwickeltund eingesetzt werden, die Wirksamkeiten von mehre-ren Jahrhunderten gewährleisten und die über entspre-chende Prüfzertifikate z.B. der Bundesanstalt für Materi-alprüfung und -forschung (BAM), Berlin, verfügen.Auch in der Fördermaßnahme »Risikomanagement ex-tremer Hochwasserereignisse« (RIMAX) des BMBF (Bun-desministerium für Bildung und Forschung) spielen Geo-kunststoffe eine wichtige Rolle. Es wird angestrebt,Geokunststoffe mit Sensoren auszurüsten, um über imDeichquerschnitt integrierte Filter-, Dichtungs- oder Ero-sionsschutzlagen zusätzlich den Feuchtezustand imDeichquerschnitt zu überwachen und Fehlstellen bzw.Risikozonen im Deich rechtzeitig zu erkennen, zu loka-lisieren und ggf. Sicherungsmaßnahmen einzuleiten.Eine Zustandserfassungmit innovativenMesstechniken(Geoelektrik, Georadar, Infrarot) wird bereits bei Däm-men und Deichen erprobt, muss aber noch weiter ent-wickelt werden. Die Ansätze sind uneingeschränkt aufSeedeiche übertragbar.

3.3 Dünen und Strände»Unser Schutz ist der Sand, aus demdieNatur den Strandgemacht hat.« Das war der Slogan zur Gründung derStiftung Küstenschutz auf der Insel Sylt im Sommer2007. »Solange er da ist« hätte man ergänzen können.Nahezu ausschließlich die Morphodynamik des Sandesim Wechselspiel mit Strömungen, Wellen und Wind istder gestaltende Einfluss auf die deutschenKüstengebieteanNord- undOstseemit Ausnahme der inneren Bereicheder Tideästuare. Man könnte und hat früher mangelstechnischer Möglichkeiten den Sand an den Küsten die-sem Wechselspiel überlassen müssen. Auf dadurch aus-gelöste Veränderungen der Küstenlandschaft hat derMensch durch Aufgabe oder Neuanlage von Siedlungenoder Häfen reagiert. Sturmfluten kosteten Opfer, undganze Landstriche mit Siedlungen und Dörfern sind ver-schwunden, von der See verschlungen.

Mit den heute zur Verfügung stehenden technischenMöglichkeiten einer modernen Industriegesellschaft sindwir tiefer denn je in den Kampfmit derMorphodynamikdes Sandes an unseren Küsten verstrickt. In den (über)lebenswichtigen Seeschifffahrtsstraßen/Küstenästuarienwird nahezu kontinuierlich gebaggert (ca. 45 Mio. m3/Jahr), um Sandeintriebe und Sedimentationen zu entfer-nen und zum Teil immer größere Fahrwassertiefen fürden Seeverkehr der Exportnation Deutschland vorzu-halten. In Erosionsabschnitten unserer für den Touris-mus erschlossenen Küstenabschnitte wird versucht, denSand zu halten oder durch Vorspülungen die Verlustezumindest auszugleichen. Allein auf der Insel Sylt wur-den nach Angaben der Landesregierung Schleswig-Hol-stein seit Beginn der Vorspülungen im Jahre 1972 miteinem Aufwand von 143 Mio. Euro mehr als 35 Mio. m3

Sand aufgespült. Mit imMittel 1 Mio. m3/Jahr vorgespül-ter Sandmenge und den erheblichen Kosten konnte einzum Teil dramatisches Zurückweichen der Strand- oderKliffkante auf derWestseite der Insel Sylt noch nicht ver-hindert werden. Zunehmend geraten diese technischenMaßnahmen in Konflikt mit ökonomischen und ökolo-gischen Zwängen und Auswirkungen. Vor diesem Hin-tergrund sind neue Ansätze für ein optimiertes Sandma-nagement /Baggergutmanagement an unseren Küstendringend erforderlich. Es ist absehbar, dass entspre-chende Aufgaben nur in einem bundeslandübergreifen-den »Integrierten Küstenzonenmanagement« (IKZM) zubewältigen sind und eine enge Zusammenarbeit zwi-schen Bund (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung) undLändern etabliert und gepflegt werdenmuss.

SandmanagementDas Rückgrat der Fahrwasserunterhaltung, aber auchder Sandaufspülung an Erosionsstränden sind zurzeitselbstfahrende Laderaumhopperbagger von privatenNassbaggerfirmen oder verwaltungseigene Fahrzeugeggf. mit zusätzlichen Ölunfallbekämpfungsaufgaben(z.B. Bagger »Nordsee«). Bei der Fahrwasserunterhaltungwird überwiegend im Revier gebaggert und verklappt,um das Baggergut möglichst ökonomisch umzulagernund im Regime des Tideästuars zu belassen. Es sollte er-forscht werden, ob in volkswirtschaftlicher Gesamtbe-trachtung bei entsprechender Geräteentwicklung einSandmanagement entwickelt werden kann, das es er-möglicht, aus Seeschifffahrtsstraßen gebaggerte Sand-massen in Strandregime mit aktuellem Sandverlust ein-

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zubringen. Hierzu wäre eine Trennung von Baggerschiffund Sandtransportbargen, die zu weiter entfernten Ver-klappungsbereichen durch Schub- oder Schleppeinheitenverbracht werden, denkbar. Die kostenintensive Bagger-einheit könnte im Dauerbetrieb arbeiten, während eineentsprechende Anzahl von Sandtransportbargen für ei-nen kontinuierlichen Abtransport des Baggergutes sor-gen. Auch eine Unterbringung des Sandes in Depots zurWeiterverwendung für Baumaßnahmen in küstennahenBereichen ist denkbar. Hierdurch könnten Sandentnah-men imBinnenland zusätzlich reduziert oder vermiedenwerden. Damit könnte auch den zunehmenden ökolo-gisch begründeten Restriktionen zur Sandentnahme imBinnenland entsprochen werden. Eine komplexe volks-wirtschaftliche Gesamtbetrachtung und eine beabsichtig-te Zusammenarbeit von Bund, Ländern und ggf. Kom-munen sind jedoch zwingende Voraussetzung für einentsprechendes Konzept des Sandmanagements und ei-ner Sandversorgung der Strände, die auch Klimaände-rungsfolgen gerecht werden kann.Im Hinblick auf Küstenschutzstrategien im Umfeld vonSandstränden und Dünenküsten ist es sicher richtig,sich auf möglichst weiche Eingriffe in das Küstenregimezu beschränken und die Anwendung von Schüttsteinen,Betonelementen oder Stahlspundbohlen an sandigenKüstenabschnitten weitestgehend zu vermeiden. Einezukünftige Herausforderung wird aber sein, durch flan-kierende technische Maßnahmen Sandvorspülungenlängerfristig zu sichern und zu stabilisieren. Auch kön-nen Kombinationen aus Sandvorspülungen oder Sand-auffüllen mit erosionssicher verpacktem Sand mithel-fen, langfristig eine deutliche Reduzierung der Kostenfür Küstenschutzmaßnahmen zu erreichen.Als Musterbeispiel für gesteigerte Effektivität von Schutz-maßnahmen an einer sandigen Brandungsküste ist daskünstliche Riff bei Narrowneck an der australischenGold Coast zu nennen. Hier wurde nicht nur eine Attrak-tion für Wellensurfer und Meeresbiologen geschaffen,sondern es ist die Stabilisierung eines vorgespültenStrandabschnittes seit nunmehr fast zehn Jahren gelun-gen. Das Gold Coast City Council ist sehr zufrieden mitderWirkung und derWirtschaftlichkeit der Maßnahme.Abb. 3 zeigt eine Luftaufnahme des aus Mega-Sandcon-tainern von etwa 250 m3 Inhalt gebildeten zweiflüge-ligen Riffs und den Klappschuten-Hopperbagger „Fau-con“, der zum hydraulischen Füllen und Verlegen derSandcontainer eingesetzt wurde.

Über 75.000m3 Sandwurden so verpackt und ziel- und lage-genau eingebaut. Die Container wurden aus mechanischverfestigten Polyester-Vliesstoffen mit einer Flächenmas-se von 1.200 g/m3 gefertigt. Nach Einbau wurden sie um-gehend durch Meeresfauna und -flora intensiv besiedeltund so zur ungeplanten Attraktion für Meeresbiologen.Im Zuge der Dünensicherung wird auch an der deut-schen Nord- und Ostseeküste nach neuen Küstenschutz-strategien gesucht. Eine in Pilotprojekten bereits durch-geführte potenzielle Maßnahme ist die Dünensicherungdurch Geotextilien. Dabei ist zwischen dem lagenweisenEinbau des Geotextils (ähnlich dem Konzept der »be-wehrten Erde«), wie es zur Sicherung des Hauses Kliff-ende auf Sylt eingesetzt wurde, und der Verwendung vonSandcontainern als Kernsicherung einer Düne zu unter-scheiden, wie sie z.B. an der Ostseeküste in Glowe oderamHarlehörn der NordseeinselWangerooge erfolgte.Der große Vorteil derartiger geotextiler Bauwerke liegtdarin, dass lokale Materialien (Sande) eingesetzt werden,und somit die Umweltbelastung durch Materialtrans-porte reduziert wird. Zugleich vermindern sich die Bau-kosten. Zudem sind die Maßnahmen leicht reversibelund zurückzubauen, wenn die gewünschte Wirkungausbleiben sollte. Mit Geokunststoffen errichtete Küs-tenschutzbauwerke beeinträchtigen kaum das natür-liche Erscheinungsbild der Küste, da die eigentlichenBauten im Endzustand durch die bepflanzte Düne über-deckt werden. Dieser Zustand eines unter Sand versteck-ten Bollwerkes kann auch nach einer Sturmperiodeleicht wiederhergestellt werden. Ein weiterer Vorteil geo-textiler Sandcontainer im Vergleich zu herkömmlichenBaumaterialien besteht darin, dass sie keine harte Ober-fläche aufweisen und zudem in ihrer Form so flexibelsind, dass sie sich unterschiedlichen Setzungen schadlosanpassen können.

Abb. 3 Luftaufnahme des künstlichen Riffs bei Narrowneck

an der australischen Gold Coast in Queensland

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Auch wenn die Anzahl und Dimensionierung von Sand-containern nach dem Grundsatz »so groß wie nötig undso klein wie möglich« erfolgen sollte, ist ein Hindernisfür die verstärkte Anwendung von Sandcontainerbau-weisen darin zu sehen, dass noch sehr wenig über Stand-sicherheit und Stabilität bei Seegangsbelastungen be-kannt ist. Die praktische Umsetzung und technischeEntwicklung orientierten sich empirisch an den tech-nischen Möglichkeiten der Herstellung und sicherenVerlegung von Sandcontainern. Auf der Basis einer Dis-sertation an der TU Braunschweig (Leichtweiß-Institut)mit dem Thema »Hydraulic Stability of Geotextile SandContainers for Coastal Structures – Effect of Deformati-on and Stability Formulae« werden kurzfristig Lösungs-möglichkeiten zur Bemessung der Seegangsstabilitätvon Sandcontainerbauweisen im Küstenschutz zur Ver-fügung stehen. Die Stabilitätsformel wird auch die kom-plexen Verformungseigenschaften der Sandcontainerbei Wellenbelastung berücksichtigen. Obwohl schon ei-nige Maßnahmen der Dünensicherung an Nord- undOstseemit Geokunststoffen ausgeführt wurden, sind dieMöglichkeiten der technologischen Weiterentwicklungnoch vielfältig im Hinblick auf Anwendungsoptionen,Herstellungsverfahren sowie Füllen und Verlegen vonSandcontainern. Die hierfür notwendigen Forschungs-und Entwicklungsarbeiten liegen im öffentlichen Inter-esse mit Aussicht auf wirtschaftlicheren und ökologischnachhaltigeren Küstenschutz.

5. Schrifttum

[1] Albers, T.; v. Lieberman, N.: Abschätzung von Überflutungs-und Erosionsrisiken an der Deutschen Nordseeküste. HANSAInternational Maritime Journal, 144. Jahrgang, Nr. 3, 2007.

[2] Dede, C.; Kohlhase, S.: Schutz von Holzkonstruktionen imKüstenwasserbau gegen Teredo Navalis – Ergebnisse einesFeldversuchs in der Ostsee. 10. Informations- und Vortrags-tagung über «Kunststoffe in der Geotechnik», München, Feb-ruar 2007. geotechnik, Sonderheft, S. 49–53, 2007.

[3] Dücker, H. P.; Oumeraci, H.: Herausforderung für die For-schung im Küsteningenieurwesen, maritimen und binnen-ländischen Hafen- und Verkehrswasserbau aus dem Blick-winkel der HTG. HANSA International Maritime Journal,143. Jahrgang, Nr. 1, 2006.

[4] Grabe, J.: Marine Geotechnik. Maritime Systeme – Zukunftdurch Forschung und Ausbildung. Broschüre der TUHH(Technische Universität Hamburg-Harburg), S. 80–82.

[5] Grabe, J.; Putzier, D.; Möller, T.: Wiederverwendung von vor-handenen Gründungen am Beispiel der Elbphilharmonieund die juristische Lösung der damit verbundenen Risiken.5. Tiefbaurechtstagung des CBTR, Hamburg, 29. Juni 2007.

[6] Grüne, J.; Sparboom, U.; Schmidt-Koppenhagen, R.; Wang, Z.;Oumeraci, H.: Largescale investigations of geotextile sandcontainers used for scour protection of offshore monopilessupporting wind energy turbines. Proceedings of OMAE2006, 25th International Conference on Offshore Mechanicsand Arctic Engineering, Hamburg, 4–9 June 2006.

[7] Grüne, J.; Sparboom, U.; Oumeraci, H.; Schmidt-Koppenha-gen, R.; Wang, Z.: Untersuchungen zur Stabilität von geotex-tilen Sandcontainern unter Seegang und die Anwendung fürden Kolkschutz von Tragkonstruktionen. 6. FZK-Kolloqui-um Küstenschutz und Seebau, Hannover, 2007.

[8] Haselsteiner, R.; Strobl, T.; Heerten, G.; Werth, K.: ModerneDeichquerschnitte mit integrierten Sicherungsmaßnahmenaus Geokunststoffen – Ergebnisse aus Modellversuchen zurÜberströmung. 10. Informations- und Vortragstagung über»Kunststoffe in der Geotechnik«, München, Februar 2007.geo-technik, Sonderheft, S. 39–48, 2007.

[9] Haselsteiner, R.; Werth, K.; Heerten, G.; Strobl, T.: Überströ-mungssicherung von Deichstrecken mit Geokunststoffen –Ein wirtschaftlicher Sicherheitsgewinn. Dresdner Wasserbaukolloquium2007:»Fünf Jahre nach der Flut« – Hochwasser-schutzkonzepte, Planung, Berechnung, Realisierung. Dres-den, Oktober 2007.

[10] Petereit, K.; Lesemann, D.; Nickels, H.; Tarras, C.; Waßmuth,K.: Hafenbeckenverfüllung Osthafen in Bremerhaven, Ver-wendung von Schlick als Baustoff. Tagungsband HTG-Kon-gress 2007, Dresden, S. 206–220, 12.–15. September 2007.

[11] Pohl, C.; Richwien, W.: Die Bemessung der Außenböschungvon Seedeichen. HANSA International Maritime Journal,143. Jahrgang, Nr. 11, 2006.

[12] Recio Molina, J. A.: Hydraulic Stability of Geotextile SandContainers for Coastal Structures – Effect of Deformationsand Stability Formulae. PhD Thesis, Technische UniversitätBraunschweig, Juni 2007.

[13] Saathoff, F.; Oumeraci, H.; Restall, S.: Australian and Germanexperiences on the use of geotextile containers. Geotextilesand Geomembranes, Special Issue on Tsunami Reconstruc-tion with Geosynthetic Containment Sytems. Volume 25, Is-sues 4–5, August/October 2007.

[14] Vohlken, J.; Lind, H.; Witte, J.: Dünensicherung Harlehörn /Wangerooge mit geotextilen Sandcontainern. HANSA, 140.Jahrgang, Nr. 4, Seite 60–62, 2003.

[15] Beiträge zum F+E-Schwerpunkt – Vorwort. HANSA In-ternational Maritime Journal, 144. Jahrgang, Nr. 1, 2007.

[16] B3 – Risikobasierte Bauwerksüberwachung und Bauwerks-erhaltung – Integrierte Konzepte, Modelle und Technikenfür bestehende und neue Bauwerke. HANSA InternationalMaritime Journal, 144. Jahrgang, Nr. 5, 2007.

[17] International Navigation Association: Maintenanceand Renovation of Navigation Infrastructure. Report of Wor-king Group 25 of the Inland Navigation Commission (In-Com), April 2006.

[18] Unsere Gewässer – Forschung tut Not. Informations-broschüre der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V.(DGGT) und Hafenbautechnischen Gesellschaft e.V. (HTG).Hamburg, 2004.

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1. Vorbemerkung

Die Nutzung regenerativer Energien ist ein vorrangigesZiel der internationalen Energiepolitik. In diesem Zu-sammenhang übernimmt die Windenergie in Deutsch-land einen wichtigen Part, gegenwärtig hat sie mit einerinstallierten Leistung von etwa 18.000MW einen Anteilvon über 5 % am gesamten Stromverbrauch. Allerdingsgilt das Potential landgestützter Windenergienutzungals bereits weitgehend ausgeschöpft. Eine Steigerung desWindenergieanteils ist also vor allem von der Erschlie-ßung von Standorten in den deutschenKüstengewässern(Deutsche Bucht, Ostsee) zu erwarten.Hier sind dieWind-felder homogener und die Nutzung der Windenergie istgrundsätzlich weniger konfliktträchtig als an Land.Prognostiziert wird bis 2030 eine Steigerung der instal-lierten Leistung auf insgesamt mehr als 45.000 MW, wo-bei die installierte Leistung an Land mit rd. 20.000 MWnur knapp über dem heutigen Wert liegt (Abb. 1). Gehtman von dem heutigen Entwicklungsstandmit Anlagenvon rd. 4–5 MW aus, müssten also in den nächsten rd.25 Jahren 5.000 bis 6.000Windmühlen Offshore entwik-kelt und gebaut werden. Das entspricht nach heutigerSchätzung allein für die Gründung einem Investitions-volumen von 12–15 Mrd. Euro, ein gewaltiges Auftrags-potential für die Bauplanung, die Bauwirtschaft und denHafenbau und die Hafenlogistik. Hinzu kommt in etwanoch einmal das gleiche Investitionsvolumen für denMaschinen- und Anlagenbau.Anhand dieser Zahlen wird aber auch das betriebs- undvolkswirtschaftliche Einsparpotential deutlich, das vonverbesserten Lastannahmen, optimierten Planungsab-läufen und insbesondere problemorientierten Bauver-fahren erwartet werden kann.Derzeit stehen der baulichen Umsetzung der in großerZahl bereits beantragten und teilweise sogar genehmig-

ten Offshore-Windparksmit Hunderten vonWindmühlennämlich vor allem noch wirtschaftliche Probleme entge-gen.Weil viele die Planung und die bauliche Umsetzungbetreffende Fragen noch nicht mit der nötigen Aussage-sicherheit beantwortet werden können, kann auch dasInvestitionsvolumen nicht sicher abgeschätzt und somitdie Wirtschaftlichkeit der Investition nicht bewertetwerden. Daraus folgt das dringende betriebs- und volks-wirtschaftliche Interesse, im Rahmen von F+E-Vorhabendie wissenschaftlich/technischen Randbedingungen derNutzung der Offshore-Windenergie zu klären und darausKonzepte für die Planung, den Bau und die UnterhaltungderWindparks sowie ihrer Netzanbindung abzuleiten.Der nachfolgende Beitrag bilanziert die wissenschaft-lich/technische Ausgangssituation für die Nutzung derOffshore-Windenergie und leitet daraus Forschungszieleund deren volkswirtschaftliche Bedeutung ab.

2. Forschungsziele und deren ingenieur-praktische, wirtschaftliche undgesellschaftliche Bedeutung

Die verstärkte Nutzung regenerativer Energieträger istsowohl ökologisch als auch ökonomisch ein unbestrit-tenes Ziel der deutschen Energiepolitik. Die Umsetzungder damit verbundenen baulichen Anlagen erfordert ver-besserte Kenntnisse zu folgenden Fragen:• wissenschaftlich-technische Grundlagen für Bemes-

sung, Bau, Betrieb, Überwachung und Unterhaltungvon Offshore-Windenergieanlagen in der Nord- undOstsee.

• Umsetzung der wissenschaftlich-technischenGrundlagen in verbindliche Planungswerkzeugebzw. Planungsstandards.

• technische, wirtschaftliche und ökologische Bewer-

prof. dr.-ing. werner richwien · dr.-ing. kerstin lesny · prof. wolfgang brunner ·prof. dr.-ing. hans-dieter clasmeier · dr.-ing. günther funke · prof. dr.-ing. jürgen grabe ·dipl.-ing. gerhard hackmann · dr.-ing. kim mittendorf · dr.-ing. alexander mitzlaff ·dipl.-ing. torsten retzlaff

Herausforderungen für die Forschung im Küsteningenieur-wesen am Beispiel der Offshore-Windenergie

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tung verschiedener Bauwerkskonzepte. Bedarfs-ermittlung für Überwachung und Unterhaltung derAnlagen.

• Bedarfsermittlung für spezifische Infra- und Supra-struktur

Es liegt auf der Hand, dass mit der Erschließung der Off-shore-Windenergie unter den spezifischen Randbedin-gungen in der Deutschen Bucht und in der Ostsee ein er-heblichesPotentialanPlanungsleistungen,Bauleistungenund Investitionen in die Bauverfahrenstechnik sowie dieTransportkapazität und die Hafenlogistik verbunden ist.Dieses Potential ist derzeit noch nicht erschlossen, eskönnte vor allem von mittelständischen Unternehmender Bauindustrie, des Schiffbaus und der Logistik genutztwerden. Voraussetzung ist deren internationale Wettbe-werbsfähigkeit. Diese ergibt sich aus einer realistischenEinschätzung der anstehenden Aufgaben auf der Grund-lage einer wissenschaftlich-technischen Problemanalyse.

3. Wissenschaftlich-technischeAusgangssituation

Obwohl die Nutzung der Offshore-Windenergie schonseit inzwischen mehr als zehn Jahren gesellschaftspoli-tisch unumstritten ist, sind Offshore-Windenergieparksin Deutschland im Gegensatz zu unseren europäischenNachbarn bisher noch nicht gebaut worden. Eine we-sentliche Ursache liegt eindeutig in den komplexen undschwierigen Randbedingungen in der Deutschen Bucht,aber auch in der Ostsee. DieWassertiefen sind mit rd. 20m bis rd. 50 m sehr groß, und die Windparks liegen weitvon der Küste entfernt. Damit verbunden sind hohe Kos-ten für die Standorterkundung und daraus folgend hoheBaukosten infolge großer Bemessungslasten aus Windund Seegang sowie hohe Kosten für die Netzeinspeisung.Hinzu kommen kaum abschätzbare Kosten für die Un-terhaltung der Windenergieanlagen. Die Wirtschaftlich-keit der nach heutigem Kenntnisstand erforderlichenInvestitionen kann selbst mit den garantierten Einspei-sungsvergütungen des Erneuerbaren Energien Gesetzesfür diese Standorte nicht zuverlässig beurteilt werden.Diesem Problem könnte abgeholfen werden, und zwar

Abb. 1 Kumulierte Entwicklung der Windenergie in Deutschland bis zum Jahr 2030(1)

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durch eine wissenschaftlich-technische Analyse derkonkreten Randbedingungen mit dem Ziel, die heutenoch bestehenden offenen Fragen zu klären und ange-passte Bauverfahren zu entwickeln.Auf folgenden Gebieten ist derzeit ein F+E Bedarf festzu-stellen:1. Die auf Offshore-Bauwerke einwirkenden Lasten aus

Strömung,WindundWellenundggf. Eismüssenderzeitnoch für den Einzelfall aus Seegangs- und Wetterda-ten abgeleitet werden. Dies war in der VergangenheitGegenstand vieler wissenschaftlicher Untersuchungen,und es existieren auch bereits verschiedene, meisthalbempirische Ansätze, die im Ergebnis aber zudurchaus sehrunterschiedlichenGrößenordnungendereinzelnen Einwirkungen führen. Die einschlägigenRichtlinien. (z. B. Germanischer Lloyd[2, 3], Det NorskeVeritas [4, 5] oder American Petroleum Institute[6] regelnlediglich die Kombination der Einwirkungen im Rah-men der erforderlichen Nachweise, lassen aber dieGröße der einzelnen Einwirkungskomponenten undvor allem ihre Ermittlung in vielen Fällen aus. So er-geben sich in der Phase der Vorplanung wirtschaft-licheUnwägbarkeiten,weil die Bauwerksabmessungennoch nicht verbindlich festgelegt werden können.

2. Die Baugrunderkundungen sind entscheidend für dietechnisch und wirtschaftlich optimale Auslegung derGründung einer Offshore-Windenergieanlage. Aller-dings sind sie zeitaufwändig und teuer (Abb. 2). Geradein der Planungsphase wird daher gern auf aussagefä-hige Baugrunderkundungen verzichtet, mit dem Er-gebnis, dass die Gründungen nur vorbemessen wer-den können und Unwägbarkeiten, insbesondere

hinsichtlich der Baugrundverhältnisse an den jewei-ligen Standorten, bestehen bleiben. Diesem Problemhat sich das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydro-graphie (BSH) mit seinem Standard »Baugrunderkun-dungen«[7] gewidmet, in dem ein Mindestumfang derBaugrunderkundungen definiert wird. In der prak-tischen Umsetzung ist aber bereits jetzt erkennbar,das die Kombination flächiger geophysikalischer Mes-sungen mit punktuellen bodenmechanischen Auf-schlüssen gerade hinsichtlich der Ergebnisauswertungbisher oft unzureichend oder gar nicht möglich ist.

3. Für die Bemessung der Gründung ist neben der Stand-sicherheit, die für Extremeinwirkungen nachgewiesenwird, das Betriebsverhalten unter zyklischen Dauer-lasten ausWind,Wellen, Strömungen und gegebenen-falls Eis entscheidend. Derzeit werden in diesem Zu-sammenhang vorrangig die negativen Auswirkungenzyklischer Dauerlasten diskutiert, die dabei unter-stellten Szenarien sind oft aus der Luft gegriffen undselten auf ihre Relevanz überprüft. Dieser Zustandträgt ganz erheblich zu teilweise ausufernden Nach-weisführungen und einer erheblichen Unsicherheitder Planung bei. Erste Ansätze und Vorschläge für ei-ne systematische Bauwerksbemessung unter realisti-scher Einbeziehung derDauerlastenundder relevantenbodenmechanischen Prozesse liegen vor und werdenwissenschaftlich diskutiert, bedürfen aber der prak-tischen Erprobung[vgl. 8, 9].

4. Erosionsprozesse im Nahfeld der Gründung könnendie Standsicherheit der Bauwerke erheblich beeinflus-sen. Derzeit existieren keine gesicherten Erkenntnisseüber die relevanten Erosionsprozesse, noch weniger

Abb. 2 Baugrunderkundigungen im Arkonabecken mit der

Hubinsel MEB-JB 1

Abb. 2 Kolkbildung um einen Pfahl[10]

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zuverlässige Ansätze für die Abschätzung von Tiefeund Reichweite von Kolken (Abb. 3). Eine Berücksich-tigung bei der Bemessung ist somit allein aus diesemGrund nicht möglich. Insofern kommen nach derzei-tigem Kenntnisstand Offshore-Windenergieanlagenin nicht erosionsstabilen Böden nicht ohne Kolksi-cherungen aus. Diese sind teuer, und über die kons-truktive Gestaltung und Dauerhaftigkeit liegen eben-falls keine verallgemeinerbaren Erkenntnisse vor. Dievorhandenen Erfahrungen zeigen lediglich, dass Kolk-sicherungen einer laufenden Überwachung bedürfenund in vielen Fällen auch laufender Nacharbeiten.

5. Es existiert naturgemäß noch keine spezifische Bau-verfahrenstechnik für die im Zusammenhang mitdem Bau, dem Betrieb und der Unterhaltung von Off-shore Windanlagen entstehenden Aufgaben. Das giltfür Bohrgeräte und Bohrwerkzeuge ebenso wie für Son-diergeräte, Rammen,Hubinseln,Arbeits-, Transport- undVersorgungsschiffe aber auch für die serielle Vorferti-gung der Tragstrukturen an Land und die Netzanbin-dung der Anlagen. In jedem Fall erfordern die großenEntfernungen der Windparks von der Küste und dieWitterungsrandbedingungen auf See einen speziellenPlanungsaufwand, spezielle Einrichtungen in den Hä-fen, spezielle Transportkapazität und eine zielgerichte-te logistische Vorbereitung der Arbeiten. Es ist zu er-warten, dass der Bau der ersten Offshore-Windparkseine große Nachfrage nach spezifischen Baugerätenund neuen Bauverfahrenstechniken, aber auch nachspezifischer Hafenausrüstung, Umschlaggerät undTransportkapazität nach sich zieht. Der dafür erfor-derliche Aufwand ist derzeit nicht zu benennen.

4. Schwerpunkte mittelfristig erforderlicherF+E-Vorhaben

4.1 Lastansätze für Wind, Wellen und StrömungenOffshore-Windenergieanlagen sind so auszulegen, dasssie den kombinierten Einwirkungen infolge von Windund Wellen widerstehen können. Der Zufallscharakterder Lasten ist angemessen zu berücksichtigen. Traditio-nelle Konzepte der Offshore-Industrie für den Bau vonÖl- und Gasanlagen basieren auf statistischenMethoden,um die Unsicherheiten in denWellenlasten angemessenzu berücksichtigen. Dabei werden folgende Bemessungs-fälle unterschieden:

• Bemessung für die Design-(Extrem)Wellen• Bemessung für den Design-Sturm• Langzeitstatistische Bemessung

Bei diesen Verfahren spielt die Einwirkung des Windeseine untergeordnete Rolle, sofern sie überhaupt in dieBetrachtung mit eingeht. Bei Offshore-Windturbinensind jedoch die Lasten aus Wind einschließlich der Ro-torlasten von vergleichbarer Größenordung wie die See-gangslasten und entsprechend zu berücksichtigen. Fürdie Kombination vonWind- undWellenlasten existierenzurzeit noch keine zuverlässigen bzw. validiertenModelle.Empfehlungen hierzu werden also dringend benötigt.

4.2 Entwicklung eigenständiger GründungskonzepteDie derzeit diskutierten Gründungskonzepte für Off-shore-Windenergieanlagen sind von den bewährtenGründungen für freistehende Offshore-Plattformen abge-leitet (Abb. 4). Eigenständige Gründungskonzepte sindbisher die Ausnahme (z.B. abgespannte Strukturen), prak-tische Erfahrungen liegen für diese noch nicht vor.In Konsequenz folgt, dass auch die derzeitige Bemes-sungspraxis (notgedrungen) aus den Modellbildungender klassische Offshore-Gründungen entwickelt wurde.Diese Bemessungen erfüllen zweifellos die Anforderungenan die Standsicherheit und die Gebrauchstauglichkeit,erlauben aber kaum eine Optimierung der Strukturen.Die hierfür erforderlichenWerkzeuge müssen entwickeltwerden. Die technische und wirtschaftliche Optimie-rung der Gründungsstrukturen ist für die Planungssi-cherheit und die Wirtschaftlichkeit der Offshore-Wind-energie mittelfristig entscheidend

4.3 BemessungsregelnEng mit der Entwicklung und Optimierung der Grün-dungsstrukturen von Offshore- Windenergieanlagenverbunden ist deren Bemessung. Die Belastungen vonOffshore-Windenergieanlagen und ihr Zusammenwir-ken unterscheidet sich sowohl von denen an Land wieauch von klassischenOffshore- Bauwerken. Relativ kleineBauwerksmassen, zugleich aber große, nicht richtungs-stabile Horizontal- und Momentenbeanspruchungensind in den Baugrund einzuleiten. Daher gilt im Rahmender Bemessung stets die erste Frage dem Zusammenfüh-ren dieser Einwirkungen zu bemessungsrelevanten Last-kombinationen.Für diese sind die Nachweise der Standsicherheit und

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Gebrauchstauglichkeit zu führen, was wegen der kom-plexen Wechselwirkungen von Einwirkungen, Strukturund Boden allerdings nicht geschlossen möglich ist(Abb. 5). Stattdessen müssen Nachweise für Einzelsitua-tionen gleichwertig nebeneinander geführt werden, wobeiderzeit noch offen ist, wie deren Ergebnisse gegeneinan-der abzugrenzen sind. Im Interesse einer Optimierungder Strukturen ist daher die Entwicklung von Bemes-sungsstrategien erforderlich, die der Bedeutung einzel-ner Einwirkungskombinationen für die Gesamtstandsi-cherheit und die Gebrauchstauglichkeit gerecht werden.Diese Bemessungsstrategien können als Vorstufen pro-babilistischer Bemessungskonzepte verstanden werden.

4.4 Standard BaugrunderkundungBereits 2003 hat das BSH einen Standard Baugrunder-kundung erlassen, um für die Planungen einen einheit-lichen Erkenntnisstand bezüglich der Baugrundverhält-nisse zu gewährleisten. In diesem Standard ist festgelegt,wie viele Baugrunderkundungen (geophysikalische Er-kundungen in Profilschnitten und punktuelle bodenme-chanische Erkundungen) in den einzelnen Planungs-phasen mindestens durchzuführen sind, welche Flächedie Erkundungen erfassen müssen und welche Tiefe siehabenmüssen. Diese Vorgaben enthalten auch Angabenzu Art und Umfang der bodenmechanischen Laborver-suche. Dieser Standard bedarf der ständigen Beobach-tung, Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung andie praktischen Erfahrungen.

4.5 Entwicklung der Bohr- und SondiertechnikIn diesem Zusammenhang sind die Anforderungen andie Bohr- und Sondiertechnik sowie an die geophysika-lischenMessmethoden aufgabenspezifisch zu definieren.Derzeit steht einerseits die Bohr- und Sondiertechnik fürUntersuchungen an Land zur Verfügung, die offshorevon Hubinseln aus eingesetzt wird (vgl. Abb. 2). Mit die-ser Ausrüstung sind allerdings bei Wassertiefen vonmehr als rd. 30 m und/oder Weichschichten an der Ge-wässersohle, in die die Hubinselfüße tief eindringen,nicht alle Standorte erreichbar.Andererseits gibt es für größereWassertiefen Bohrschiffeaus dem Bereich der Lagerstättenerkundung, bei denenallerdings der Bohrkerndurchmesser auf etwa 70 mmbegrenzt ist. Damit sind diese Geräte für bodenmecha-nische Untersuchungen nur bedingt geeignet. Eine deranstehenden F+E-Aufgaben ist also die Entwicklung vonBohr- und Sondiergeräten, mit denen die Standorte inder Deutschen Bucht und in der Ostsee optimal erkun-det werden können.Ähnliches gilt für die heute verfügbaren geophysika-lischen Methoden, die ebenfalls für die spezifischenAufgaben der Erkundung des Baugrund für Offshore-Windenergieanlagen weiterentwickelt werden müssen.Dabei kommt der Identifikation von Einbringhindernis-sen wie Gerölllagen und Findlingen besondere Aufmerk-samkeit zu.

Abb. 4 Gründungskonzepte für Offshore-Windenergieanlagen

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4.6 Kombination geophysikalischer undbodenmechanischer Erkundungsverfahren

Die im Standard Baugrunderkundungen des BSH konzep-tionell angelegte Kombination von geophysikalischenund bodenmechanischen Erkundungsverfahren mussweiterentwickelt werden, um die damit verfolgten undzuvor umrissenen Ziele zu erreichen. Dazu gehört dieKalibrierung geophysikalischer Ergebnisse an boden-mechanischen Kennwerten und die Ableitung vonKorrelationen zwischen geophysikalischen und boden-mechanischen Messwerten. Damit verbunden ist dieWeiterentwicklung der geophysikalischen und boden-mechanischen Verfahren und die Entwicklung vonStrategien für eine zielgerichtete Kombination von geo-physikalischen und bodenmechanischen Untersuchungs-methoden.

4.7 Anforderungen an Baugeräte, Baubehelfeund Logistik

Mit der Umsetzung der eingangs umrissenen energiepo-litischen Ziele ist innerhalb weniger Jahre eine gewal-tige Bauleistung zu erbringen (nach heutigem Planungs-stand rd. 5.000 bis 6.000 Windmühlen bis 2030), undzwar auf hoher See, in Wassertiefen von über 30 m undEntfernungen von der Küste zwischen rd. 30 km und rd.60 km. Zur Bewältigung der anstehenden Transport- undBauleistung muss die erforderliche Infra- und Supra-struktur frühzeitig ermittelt werden, auch um eine Pla-nungsgrundlage für die erforderlichen Investitionen zuschaffen. Neben der Geräte- und Verfahrenstechnik be-trifft dies auch die Gegenüberstellung der vorhandenenund benötigten Lager-, Herstellungs- und Transportka-pazitäten.

Abb. 5 Bemessungskonzeot für Offshore-Windenergieanlagen

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Ausgehend von rd. 6.000 Anlagen die bis 2030 ans Netzgehen sollen, müssten arbeitstäglich zwei Anlagen er-richtet werden, hierfür ist Lager- und Umschlagkapazi-tät zu schaffen und vorzuhalten.

4.8 Entwicklung neuer BauverfahrenstechnikenDie vorherrschenden Bedingungen beim Bau einer groß-en Anzahl von Offshore-Windenergieanlagen auf hoherSee erfordern einen möglichst hohen Anteil an Vorferti-gung von Bauteilen und Strukturen. Daher sind Bauver-fahrenstechniken zu entwickeln, die eine Serienferti-gung trotz lokal unterschiedlichen Randbedingungenetwa hinsichtlich Wassertiefe und Baugrundaufbau er-möglichen. Der wirtschaftliche und technische Auf-wand muss dem erwarteten Nutzen gegenübergestelltwerden. Daraus können Bewertungsverfahren für Bau-verfahren abgeleitet werden.

4.9 Infrastruktur für BauwerksunterhaltungenAus der Anzahl der Einzelanlagen und ihren struktu-rellen Eigenheiten ergibt sich der Bedarf für die lau-fenden Bauwerksüberwachungen und Bauwerksunter-haltungen. Dabei sind auch die Netzanbindungen miteinzubeziehen. Eine auf die Lebensdauer der Anlagen(derzeit 50 Jahre) sowie innerhalb dieser Zeit auf eineeinmalige technische Umrüstung bezogene Bedarfser-mittlung könnte einen wichtigen Impuls für Investiti-onen der Häfen und der einschlägigen Dienstleistungenliefern. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Unter-haltung der Struktur einschließlich der Gründung(Kolkuntersuchungen) einerseits und der Unterhaltungder Betriebseinrichtungen einschließlich der Steuere-lektronik andererseits. Beide Bereiche benötigen vonein-ander unabhängige Lager- und Betriebseinrichtungen.

4.10 Netzanbindung und NetzwartungEin derzeit weder wissenschaftlich/technisch noch wirt-schaftlich überschaubares Feld sind die Netzanbindungeinzelner Anlagen und ganzerWindparks, der in diesemZusammenhang zu erbringenden Planungs- und Bau-leistungen sowie des während der Betriebsphase zu er-wartenden Wartungs- und Reparaturaufwands. Auch di-ese Leistungen müssen definiert werden und es müssenVerfahren und Geräte entwickelt sowie Infrastruktur ge-schaffen und vorgehalten werden. Grundsätzlich sind indiesem Zusammenhang auch Ziele der Versorgungssi-cherheit zu definieren

5. Perspektiven der wirtschaftlichenVerwertung

Deutschland ist derzeit weltweit Spitzenreiter bei Bauund Lieferung vonWindenergieanlagen. Diese führendeRolle konnte errungen werden, weil der deutsche Ma-schinen- und Anlagenbau sich rechtzeitig auf das neueProdukt »Windenergieanlage« eingestellt hat.Im Offshore-Bereich liegt der Schwerpunkt der Investiti-onen bei den baulichen Einrichtungen. Mit diesen wer-den dann wahrscheinlich auch die Anlagen eingekauft.Umso wichtiger ist es, dass die Bauindustrie in Bezug aufOffshore-Windenergie eine ähnlich dominante Rolle aufdem internationalen Markt einnimmt und /oder behältwie der Maschinen- und Anlagenbau.Die vorstehend thematisch umrissenen F+E-Vorhabensind Grundlagen für Planung, Bau und Betrieb vonOffshore-Windenergieanlagen. Ihre Ergebnisse sind un-verzichtbare Voraussetzung für die einschlägige Wettbe-werbsfähigkeit von Planungsbüros, Bauindustrie, Hafen-wirtschaft und Schiffbau. Die Umsetzung der mehrfacherwähnten energiewirtschaftlichen Gesamtkonzepte istmittelfristig zu leisten, ein zeitlicher Rahmen von etwafünf bis acht Jahren ist angemessen und erforderlich,darf aber nicht wesentlich überschritten werden, weilanderenfalls die entsprechenden Entwicklungsarbeitenanderswo durchgeführt werden. Die Kosten für das vor-stehend umrissene F+E-Programm werden derzeit auf rd.12,5Mio. s geschätzt (Personal- und Sachmittel).Der wirtschaftliche Nutzen der einzelnen Programmele-mente kann an verschiedenen Kriterien orientiert sein,gemeinsam ist allen Einzelthemen, dass die Planungs-leistung im Einzelfall erleichtert wird. Zugleich wirdmit der projektunabhängigen und damit wettbewerbs-neutralen Erhebung von Randbedingungen für Planung,Bau und Betrieb die Grundlage für eine Weiterentwick-lung der technischen Lösungen geschaffen

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7. Schrifttum

[1] DEWI: Weiterer Ausbau der Windenergienutzung im Hin-blick auf den Klimaschutz – Teil 2. Deutsches Windenergie-Institut GmbH,Wilhelmshaven, 2002

[2] Germanischer Lloyd: Rules and Guidelines, Section 7, Founda-tions. Hamburg, 1999

[3] Germanischer Lloyd: Rules and Guidelines, Wind Energy.Hamburg, 2005

[4] Det Norske Veritas: Foundations, Classification Notes No. 30.4.Hovig, Norway, 1992

[5] Det Norske Veritas: Design of Offshore Wind Turbine Struc-tures, Offshore Standard DNV-OS-J101. Hovig, Norway, 2004

[6] American Petroleum Institute: Recommended Practice forPlanning, Design and Constructing FixedOffshore Platforms– Working Stress Design. American Petroleum Institute Pub-lishing Services, Washington D.C., 2000

[7] Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: StandardBaugrunderkundung – Mindestanforderungen für Gründun-gen von Offshore- Windenergieanlagen. BSH-Nr. 7004, Ham-burg, 2003

[8] Hinz, P.; Lesny, K.; Richwien, W.: Jahresbericht Gigawind+,Abschnitt 6, Tragstruktur-Gründung. Hannover, www.giga-wind.de, 2005

[9] Lesny, K. ; Hinz, P.: A Concept for a Safe and Economic De-sign of Foundations for Offshore Wind Energy Converters.Littoral, Danzig, 2006 (angenommen zur Veröffentlichung)

[10] Sheppard, D. M.: Large Scale and Live Bed Local PierScour Experiments. Final Report, Florida Department ofTransportation, Contract No. BB-473, 2003

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1. Ziele

Die deutschen Küstengewässer, Ästuare und dort liegen-den Wasserstraßen werden im Zuge der globalen Ent-wicklung existenzielle Träger immer stärker wachsen-der Transportströme.Über sie gelangen die Waren bei vergleichsweise gerin-gem Energie- und Flächenverbrauch an ihre Zielorte.Dabei ist insbesondere der Gezeiteneinfluss eine Beson-derheit dieser Gewässer. Dieser bedingt große, in Flut-und Ebberichtung bewegte, gut schiffbareWasserkörper –aber auch ein hochkomplexes einmaliges Ökosystem.Ästuare haben oft den 10- bis 100-fachen Fließquer-schnitt eines Binnengewässers und ermöglichen dahereinen Seeverkehr bis weit ins Landesinnere.Zur Nutzung dieser ökonomisch hochwertigen Potenzi-ale ist eine integrative interdisziplinäre Vorgehensweiseunabdingbar, da diese Gewässersysteme viele wertvolleBiotype und Arten enthalten, die es zu erhalten und zuentwickeln gilt. Umfassende integrierte Nutzungen undEntwicklungen sind in einem zeitlich und ökonomischvertretbaren Rahmen aber nur möglich, wenn effektiveund übertragbare (Planungs-)Instrumente zur Verfü-gung stehen.Das Wissen über die Prozesse in Küstengewässern undinsbesondere Ästuaren weist jedoch noch erhebliche Lü-cken auf. Hierzu zählen nicht nur hydrologische, mor-phologische, physikalische, chemische und biologischeGrundlagen zu den einzelnen Bestandteilen dieser Öko-systeme, sondern insbesondere auch deren Wechselwir-kungen. Diese müssen noch intensiv erforscht werden.Vor diesem Hintergrund sollen Instrumente geschaffenwerden, mit denen Umweltprozesse analysiert und be-wertet werden können. Ziel ist es, die notwendigen Inge-nieurmaßnahmen damit derart gestalten zu können,dass die langfristige Entwicklung der Ökosysteme mög-lichst nachhaltig positiv beeinflusst wird.

Die Entwicklung der o.g. Instrumente sollte langfristigzu einem übergreifenden und umfassenden biologisch/hydrodynamischen Modell führen. Die erforderlichenGrundlagen hierzu sind jedoch sehr komplex und stel-len somit einen wesentlichen Untersuchungsbedarf dar.So sind neben den hydrodynamischen Eigenschaften derKüstengewässer mit ihrer Gezeitenwirkung und durchWind- und Schifffahrt erzeugten Wellen und Strö-mungen, auch die morphodynamischen Veränderungenmit einem intensiven Feststofftransport, verbunden miteiner ständigen Umformung von Gewässersohle undVorland, sowie der Einfluss von Salz- und Süßwasser aufdie biologische Aktivität zu analysieren (Abb. 1).Hierbei haben die dynamischen Veränderungen im Äs-tuar oder im Binnengewässer nicht nur natürliche Ursa-chen, wie Mäanderbildung, Rinnenaufweitung, Rinnen-neubildung, die natürliche Verlagerung von Rinnen, derMeeresspiegelanstieg, geologische Veränderungen odergeänderte meteorologische Randbedingungen, vielmehrsind sie auch das Ergebnis einer jahrhundertelangen, in-tensiven Kulturtätigkeit des Menschen (Abb. 2).Die dargestellten hochkomplexen Natur- und Ökosyste-me machen es notwendig, dass zur wissenschaftlichenErforschung und Nutzbarmachung der Erkenntnisse, ei-ne stärkere Kooperation aller Akteure erfolgt. Hierbeimuss auch auf internationaler Ebene nach vergleich-baren Modellen gesucht werden. Dieses bietet gleichzei-tig große Chancen, im Sinne einer Nachhaltigkeit, öko-nomische, ökologische und soziale Ziele miteinander zuverknüpfen.Die HTG unterstützt diesen Ansatz und beabsichtigt, di-ese dringend erforderliche wissenschaftliche und wirt-schaftliche Forschung und Entwicklung zu begleitenund hierdurch auch die internationale Vermarktungdeutschen Know-hows zu fördern.

dir. und prof. volkhard wetzel · ebd dipl.-ing. heinz glindemann · dipl.-ing. uwe von bargen ·dr. michael fiedler · dr.-ing. christoph heinzelmann · dr. boris hochfeld · dr. fritz kohmann ·dipl.-ing. nino ohle · dipl.-ing. wolfgang weber

Ökologisch integrierte Nutzung und Entwicklung von Küsten-gewässern, Ästuaren und Wasserstraßen

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2. Ingenieurpraktische, wirtschaftliche undgesellschaftliche Bedeutung

Rechtliche GrundlagenDie ökologisch integrierte Nutzung und Entwicklungder Naturräume ist in der Gesetzgebung bereits vielfachverankert. Insbesondere viele großräumige Belange wer-den auf europäischer Ebene geregelt (Integriertes Küs-tenzonenmanagement IKZM1, WasserrahmenrichtlinieWRRL2, Natura 2000 mit FFH-Richtlinie3 und Vogel-schutz-Richtlinie4, Strategische Umweltprüfung SUP5

und weitere).Obwohl die gesellschaftlich Akzeptanz der ökologischintegrierten Nutzung der Naturräume in der Bundesre-publik im Allgemeinen bereits weit fortgeschritten ist,kommt es im konkreten Einzelfall häufig zu intensivenDiskussionen (z.B. wirtschaftliche Entwicklung kontraNaturschutz etc.). Dies rührt nicht zuletzt daher, dasspraxistaugliche Instrumente (Analyse- und Bewertungs-verfahren, Modelle etc.), mit denen effiziente und ver-lässlicheWirkungsprognosen getroffen werden können,fehlen oder dass der Aufwand den zeitlichen und finan-ziellen Rahmen von Einzelprojekten übersteigt

Gesellschaftliche BedeutungKüstengewässer, Ästuare und deren Wasserstraßen sindhoch komplexe Ökosysteme. Auch die Nutzungsansprü-che sind sehr vielseitig: Fischerei, Schifffahrt, Tourismus,Energie- und Rohstoffgewinnung, Industrie und Land-wirtschaft in den angrenzenden Landflächen, Militärsind einige Beispiele (Abb. 3). Dazu kommen Aspektewie Klima-, Natur-, Landschafts- und Gewässerschutz,Hochwasserschutz, Verkehrs- und Infrastrukturpolitik,kulturelle und weitere Belange.Der z.B. in derWasserrahmenrichtlinie eingeforderte »gu-te Zustand« der Gewässer, der im übertragenen Sinne imRahmen der o.g. europäischen Richtlinien ein Ziel für dengesamten Ökoraum darstellt, ist eine gesamtgesellschaft-liche Aufgabe. Die Überwachung der Gewässer obliegtden zuständigen Behörden, die Umsetzung von Richtli-nien betrifft aber neben den Behörden alle am Planungs-prozess beteiligten Institutionen wie Ingenieurbüros,Träger öffentlicher Belange, Verbände, etc. In letzter Kon-sequenz kann jeder Bürger davon betroffen sein, er kannaber auch aktiv zumErreichen dieses Zustandes beitragen.Um dieser gesellschaftlichen Aufgabe begegnen zu kön-nen, sind allgemein akzeptierte Grundlagen zu erarbeiten,

Abb. 1 Morphodynamische Veränderungen im Watt

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Verfahren zu entwickeln und Werkzeuge zu schaffen,auf deren Basis die notwendigerweise stattfindendenEingriffe in den Ökoraum bewertet werden können,auch um die langfristigen Folgen abzuschätzen (Abb. 4).Nur wenn diese Instrumente existieren, können ver-bindliche Maßstäbe angelegt werden, um eine ökolo-gisch integrierte Nutzung und Entwicklung der Küsten-gewässer, Ästuare undWasserstraßen voran zu treiben.Wie schwierig diese Aufgabe sein kann, zeigt sich z.B.bei der Umsetzung der WRRL, die zuständigkeitsüber-greifende, einzugsgebietsorientierte Strukturen erfor-dert. Dabei mussten und müssen Methoden entwickeltwerden, mit denen der Zustand der Gewässer vergleich-bar bewertet werden kann. Insbesondere die in zahl-reichen Gewässern bereits vorliegenden massiven an-thropogenen Veränderungen, verbunden mit den darangekoppelten wirtschaftlichen und sozialen Abhängig-keiten und konkret vorliegenden Klimaänderungssze-narien, erfordern neue und zukunftsweisende Konzepteund Strategien, die zu nachhaltigen Lösungen führen.

Wirtschaftliche BedeutungDie Wirtschaftlichkeit eines Projektes wird in der Regelmit einer Kosten-Nutzen-Analyse überprüft. Währendprivatwirtschaftliche Unternehmen im Allgemeinen be-triebswirtschaftliche Ansätze zur Quantifizierung her-anziehen, sind im Sinne der ökologisch nachhaltigenEntwicklung der Gewässer volkswirtschaftliche Ansätzeheranzuziehen. Im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analysesind direkte, indirekte und intangible Kosten und Nut-zen des Projektes zu bewerten.Bereits die volkswirtschaftliche Gegenüberstellung (In-anspruchnahme und Schaffung von Sozialprodukt) einer

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Abb. 2 Schwebstoffmessungen mit dem Cux-Sampler

Abb. 3 Vielfältuge Nutzungen an der Elbe wie z. B. Fischerei

und Naturschutz

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privatwirtschaftlichen oder öffentlichen Maßnahme istmit erheblichem Aufwand verbunden und nicht uner-heblich von der Betrachtungsweise des Bearbeiters ab-hängig. Intangible Kosten (z. B. Beeinträchtigung desLandschaftsbildes durch Windräder) und intangiblerNutzen (z. B. Schutz von Menschenleben durch eineHochwasserschutzmaßnahme) werden häufig aus derBetrachtung ausgeschlossen oder können nur qualitativbenannt werden. Eine Quantifizierung ist nicht ohneweiteres möglich. Hierzu fehlen gesellschaftlich akzep-tierte Bewertungsansätze.Neben der projektspezifischen Integration ökologischerBelange in die Ingenieurmaßnahmen (z.B. durch das UVPG)ist die Einbindung in die Raumplanung von entschei-dender Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung derKüstengewässer und Ästuare. Die strategische Umwelt-prüfung, die hierzu einen wesentlichen Beitrag aufraumplanerischer Ebene leistet, trägt zu einem konsis-tenteren Planungsrahmen für dieWirtschaft bei (Abb. 5).Grenzen sind diesen Instrumenten aber überall dort gege-ben, wowirtschaftliche Interessen stark durch globale Pro-zesse beeinflusst sind. Die Berücksichtigung ökologischerBelange bei der Nutzung der Gewässer, die zweifelsohne

einen Kostenfaktor in den Wirtschaftsprozessen dar-stellt, ist ein Wettbewerbsmerkmal. Die Wirtschaftlich-keit der ökologisch integrierten Nutzung ist zwingendgeboten, um langfristig den Wirtschaftsraum der Küs-tengewässer, Ästuare undWasserstraße zu erhalten undzu entwickeln (Abb. 6).

Ingenieurpraktische BedeutungDie ingenieurpraktische Bedeutung für die Bereitstellungder erforderlichen Grundlagen und Instrumente leitetsich aus der Aufgabe der Ingenieure im Planungsprozessab. Die Planer müssen u.a. die ökologischen Auswir-kungen und die Wirtschaftlichkeit der geplanten Ein-griffe nachweisen. Sie sind dabei fundamental auf dieAbbildung der Prozesse und der Natur in Modellen ange-wiesen (Abb. 7). Modelle abstrahieren die Prozesse undbeschränken sich auf vordefinierte Routinen. Sie sind so-mit Konventionen, basierend auf dem jeweiligen StanddesWissens. Jedoch fehlen heute noch zahlreiche Grund-lagen, insbesondere was die Langzeitwirkung von Klima-änderung und Maßnahmen in der Umwelt betrifft. Einerbesseren mathematisch-physikalischen Beschreibungder Prozesse kommt auch zukünftig, neben der Weiter-entwicklung anwendungsorientierter, numerischer Mo-delle, eine große Bedeutung zu. Die Berücksichtigungvon Wahrscheinlichkeiten und die Bewertung von Ri-siken werden dabei weiter an Gewicht gewinnen.Darüber hinaus sind planende Ingenieure darauf ange-wiesen, auf verlässliche Planungsrandbedingungen und-anforderungen zurückzugreifen, d.h. z.B. wann im Pla-nungsprozess sind welche Aussagen zu treffen, welchegesetzlichen Vorgaben sind wie zu berücksichtigen, wieist der Bezugsraum definiert, welche Modelle besitzenwelche Aussagekraft und Akzeptanz, oder welche Prozesseund Auswirkungen sind für die integrierte Entwicklungder Küsten- und Binnengewässer abzubilden. Hierüberist auch in Zukunft ein intensiver Austausch zwischenBehörden,Wissenschaft und Planung erforderlich.

3. Handlungsfelder

Die anstehenden, im globalen Wirtschaftskontext drin-gend erforderlichen Ausbauten der Häfen und ihrer see-wärtigen Zufahrten erfordern in Deutschland eine räum-liche und zeitliche Schwerpunktsetzung auf die Ästuareund Küstengewässer. Die im Folgenden aufgelisteten

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Abb. 4 Schadstoffmonitoring an der Elbe

Abb. 5 Bestandsaufnahme im Rahmen einer Umweltverträglich-keitsprüfung

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Untersuchungsbedarfe sind so aufzuarbeiten, dass mög-lichst bereits mittelfristig Managementstrategien entwi-ckelt werden können, die eine breite gesellschaftlicheBasis finden und bei Orientierung an »Best-Practice«-An-sätzen die internationale Nachfrage nach deutschemKnow-how erhöhen.Auf längere Sicht sollten die Managementstrategien zuanwendungsorientierten Managementsystemen mit prak-tikablen Instrumenten weiterentwickelt werden. Hier-für wird die Entwicklung und fortlaufende Verfeinerungkomplexer rechnergestützter Simulationsmodelle erfor-derlich sein, die sowohl biotische als auch abiotischeFaktoren abbilden können. Im Rahmen der Modellent-wicklung sollten die aktuellen Bewertungsstandardszum Einsatz kommen; wenn nötig müssen weitere ent-wickelt werden. Die Rückkopplung der Modelle mit re-alen Vorgängen im Rahmen von Nachbetrachtungenwird zur Weiterentwicklung beitragen und die Anwend-barkeit nach und nach erweitern.

UntersuchungsbedarfeAuchwenn viele Kenntnisse bereits vorliegen, sind dieseoft nicht (hinreichend) zugänglich. Nützlich wären indiesem Zusammenhang z.B.: raumbezogene (fluss-/küs-tengebietsbezogene) Zusammenstellungen von Bauvor-haben und deren Rahmenbedingungen; hier sollte diffe-renziert werden, ob diese in Vorbereitung/Planung,

beschlossen/in Umsetzung, in Nachbewertung/Wir-kungskontrolle sind. Dargestellt werden sollten auchdie vorhabensbezogen betrachteten Themenfelder, diejeweiligen Untersuchungsansätze, angewandten Analyse-verfahren bzw. -methoden sowie angewandte Bewertungs-ansätze. Ein wichtiger Aspekt, auch um Planverfahrenzu entlasten, ist die Frage nach der Zuordnung von Verän-derungen (Ursachen). Durch Umweltmonitoring solltenDaten bereitgestellt werden, die es ermöglichen, vorha-bensunabhängige Veränderungen der Umwelt zu identi-fizieren, d.h. Veränderungen, die auch ohne den Einflussdes Menschen ablaufen (Entlastung der Planverfahrenvon unabhängigen Themen) (Abb. 8).Hierbei sollen auch Komplexwirkungen erfasst werden,die erst in Summation Effekte zeigen. Vor diesem Hin-tergrundmüssen folgende Themen bearbeitet werden:• Sedimentdynamik: Verlandung/tidal pumping,

Modellstudien• Wattdynamik in Ästuarmündungen• Entwicklung des Meeresspiegelanstiegs, Einflussauf Morphodynamik

• Entwicklung und Einfluss des Oberwasserzuflusses• Gradienten der Sedimentbelastung vom Fluss zum

Meer• Schadstoffquellen und -wege• Summationseffekte, Komplexwirkungen, Risiko-

analysen

Abb. 6 Wirtschaftswettbewerb zwischen den verschiedenen Nordrange Häfen

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• Dynamik von Stromspaltungsgebieten• Multiple-Channel-Systeme für Ebb- und Flutstrom• Zusammenhänge zwischen biotischen und abiotischen

Faktoren als Grundlagen für ein biologisches Modellzur Maßnahmenbewertung

• Rechtlicher Rahmen für Bundeswasserstraßen (FFH,Natura 2000,WRRL)

• Integrative Ansätze, Synergien, IKZM, Meerespolitik• Volkswirtschaftliche Bedeutung von Ästuaren und

Küstengewässern, beispielsweise als Verkehrswege,Rohstoffquellen (Sand, fossile Energieträger), fürOffshore-Energiegewinnung (Windparks), Fischerei-gewässer, Erholungsraum

• Aspekte der Schiffssicherheit• Kompatibilität und Zusammenführung vonz.T. schon bestehenden Daten unterschiedlicherFachdisziplinen

• Ästuare und Küstengewässer im europäischen undweltweiten Vergleich

• Identität von Ästuarregionen/Öffentlichkeitsarbeit/Informationsmanagement

• Anforderungen und Vereinheitlichung für Projekt-planungsunterlagen

• Notwendige Grundlagen bei der Vorhabensplanungfür Ausbau und Unterhaltung, Verfahrensbeschleuni-gung

• Koordination und Synergien parallel laufenderPlanungen

• Verzahnung von Planungsebene,Wissenschaft undÖffentlichkeit

• Analyse von Transportketten unter ökologischenund ökonomischen Aspekten

• Vereinheitlichung von Ausgleich und Ersatz, konsen-suale Einigung auf geeignete wissenschaftlicheMethoden

• Konzepte für ein DSS (Decision Support System),Stellschrauben, Indikatoren, Kriterien, Parameter,Schlüsselfaktoren

• Entwicklung von Planungsmodellen zur AnalysederWirkung technischer Maßnahmen auf dieÖkologie

• Analyse der Einflüsse von Klima, Meeresspiegel-anstieg, Oberwasser und hydrologischer Parameter

• (europäische) Fördermöglichkeiten, z. B. Interreg IV• Wechselwirkungen zwischen Vegetation und

Morphologie im Vorland• Sauerstoffhaushalt

Abb. 7 Entwicklung von numerischen Modellen

zur Risikovorhersage (z.B. Hochwasser)

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• Ästuarine Transportprozesse• Neue Lösungen zum Sedimentmanagement imZusammenhangmit Ausbau- und Unterhaltungs-baggerungen:– Systematische Erforschung/Zusammenstellung

von Sedimenttransportvorgängen an der Küste(Materialherkunft und »küstenparalleler Trans-port«)

– Zusammenstellung vorhandener Kenntnisseund weitere Erforschung bestehender anthropo-gener Einflüsse auf diese Transportvorgänge(Baggerungen, Verklappungen, Verspülungen,Materialentzug, Materialdeponierung, Umlage-rungen)

– Zusammenstellung und Erforschung aktuellerProblemstellungen im Zusammenhangmit derKüstenmorphologie (Verschlickungsprobleme,Abnahme hochwasserfreier Bereiche und Platen,Erosionen an Inseln und Vorländern, Meeres-spiegelanstieg, geologische Senkungsprozesse,klimatische Veränderungen)

– Entwicklung neuer, ökologisch integrierterSedimentmanagementstrategien (soweit möglichmodellgestützt)

– Entwicklung fluss-/ästuar-/küstenbezogenerSedimentmanagementkonzepte

– Klärung bzw. weitere Erforschung des Einflussesvon Baggerungen, Verklappungen, Umlagerungenund Verspülungen auf den Gewässerkörper(u.a. auf: Trübung, Sauerstoffgehalt, bio-chemischeVorgänge, ökotoxikologische Effekte) unterBerücksichtigung der natürlichen Hintergrund-belastung, ggf. der anthropogenen Vorbelastung

• Ermittlung von Veränderungen der Fischbeständeim Bereich der Küste, Ästuare und Flüsse als Basisfür die Entwicklung von integriertenManagement-ansätzen (Referenzzustände ermitteln/beschreiben,aktuelle Zustände ermitteln/beschreiben, Ver-änderungen der Bestände undmögliche Ursachenermitteln/beschreiben, Veränderung der Nahrungs-grundlage, Gewässerverschmutzung, Strömungs-verhältnisse, Fehlen von Flachwasserbereichen,Zielkonzepte ermitteln/beschreiben, nötige Maßnah-men aufzeigen)

• Klärung der Bedeutung unserer Ästuare und Küsten-flüsse fürWanderfische, Klärung von (artabhängigen)Voraussetzungen für erfolgreicheWanderungs-vorgänge

• Klärung der Bedeutung unserer Küste, Ästuareund Küstenflüsse für die Regeneration unsererFischbestände (Rückzugs- und Aufwuchsräume fürFischlarven und Jungfische, Klärung von Voraus-setzungen für erfolgreicheWanderungen vonJungfischen)

• Ermittlung und Beschreibung der Veränderungender Fischerei als bedeutsame, traditionelle undidentitätsstiftende Nutzung unserer Gewässer(Zusammensetzung der Fangflotte: Struktur, Leistung,Fangmengen, Fanggebiete und -arten sowie Ver-änderungen derselben); Fischer als Partner für dieErhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung derBestände (betreute fischereifreie Zonen)

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Abb. 8 Umweltmonitoring am beispiel der Verlandung

des Mühlenberger Lochs

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Fernziele• Managementstrategien/-instrumente, Modelle, Tools

für die Analyse, Vorhersage und Bewertung derBeeinträchtigung von Ökosystemen durch anthropo-gene Einwirkungen

• Entwicklung eines rechnergestützten Gesamtmodellsfür Ästuare und Küstengewässer zur Analyse,Prognose und Bewertung von natürlichen undanthropogenen Einwirkungen auf die Hydromorpho-logie, Hydrochemie und Biologie

• Bemessungs- und Optimierungsverfahren fürMaßnahmen zur Gewässernutzung, auch weltweiteFragestellungen

7. Schrifttum

[1] Empfehlung 2002/413/EG des Europäischen Parlaments unddes Rates vom 30.05.2002 zur Umsetzung einer Strategie fürein integriertes Management der Küstengebiete in Europa

[2] Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und desRates vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmensfür Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpo-litik

[3] Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhal-tung der naturräumlichen Lebensräume sowie der Wildle-benden Tiere und Pflanzen

[4] Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Er-haltung der wildlebenden Vogelarten

[5] Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und desRates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimm-ter Pläne und Programme vom 27.06.2001

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1. Einleitung

In einem funktionierenden integrierten Managementder Küstenzone haben insbesondere die Bereitstellungund die Verteilung zuverlässiger relevanter Daten einenhohen Stellenwert. Hier soll ein digitaler Katalog derdeutschen Küste einen schnellen und sicheren Zugangzu Informationen aus der Küstenzone ermöglichen. Erwird damit zu einem Instrument, das in zukünftigenkollaborativen Systemen für Küstenschutz, Verkehrsin-frastruktur, Häfen undUmweltmanagement[11] mit bereitsexistierenden digitalen Atlanten, wie etwa dem Umwelt-atlas Schleswig-Holstein[8] und demWSV-Portal für Küs-tendaten[40], gemeinsam genutzt werden kann. Im Ein-klang mit dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zuInformationen des Bundes [23] soll er geeignete Informa-tionen in elektronischer Form allgemein zugänglichmachen (Abb. 1).Zur Erhaltung und zum Schutz wichtiger Lebensräumesind eine Dokumentation mit möglichst synoptischenDaten und eine holistische Behandlung der fachlichenFragestellungen erforderlich. Beispielsweise stammenInformationen zu Flusseinzugsgebieten aus unterschied-lichen Quellen und müssen vor einer Zusammenfüh-rung harmonisiert werden. Dabei können z.B. Umwelt-parameter, die aufeinander abgebildet werden müssen,nicht nur in verschiedenen Koordinaten- und Höhenbe-zugssystemen sondern auch mit unterschiedlichenMess-methoden ermittelt worden sein. Die mit terrestrischen,flugzeug- und satellitenbasierten Messverfahren erho-benen Fachdaten mit lokalem, regionalem und groß-flächigem Bezug werden bei verschiedenen Institutio-nen archiviert und gepflegt. Sie sollen nachMaßgabe derINSPIRE-Richtlinie »Infrastructure for Spatial Informa-tion in Europe«[13] für eine gemeinsame Nutzung durchalle Betroffenen bereitgestellt werden können. Konkret an-gesprochen sind hier Themenbereiche wie Verkehrsnetze,Hydrographie und Schutzgebiete [24], für die konsistentedigitale Dokumentationen auch als Referenzmaterial

für Berichte im Zusammenhang mit EU-Rahmenrichtli-nien aufzubauen sind.Eines der wichtigsten Verfahren des Flächen erfassendenMonitorings ist die Fernerkundung. Hier stehen großflä-chige Aufnahmen regelmäßig zur Verfügung und ergän-zen detaillierte in-situ-Messungen, die als Indikator füraktuelle Fragestellungen aus der Wasserrahmenricht-linie oder der Morphodynamik genutzt werden können.Mit dem europäischen Beobachtungssystem für die glo-bale Umwelt und Sicherheitsüberwachung GMES[19] solldas Potenzial Satelliten gestützter Fernerkundungsdatenzusammen mit in-situ-Messungen und Modelldaten ineinem gemeinsamen Datenmanagement für die Aufga-ben der Umweltüberwachung, des Klima- und Zivil-schutzes sowie für das Krisenmanagement und die da-

dr.-ing. rainer lehfeldt · dr.-ing. manuela osterthun · dipl.-ing. axel götschenberg

»Digitaler Katalog der deutschen Küste und Binnengewässer,Fernerkundung und Informationssysteme«

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Abb. 1 Digitaler Katalog

standardisierte Dokumentation: Metadaten, Thesaurus,Gazetteer;

Komponenten: Karten, Modelle, Atlanten, Messungen,Literatur, Methoden;

Funktionalitäten: Visualisierung, Berichte, Auswertung

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mit verbundenen Forschungsschwerpunkte zugänglichgemacht werden.Hinzu kommen Modelldaten sowohl aus numerischenSimulationen über längere Zeiträume, die flächendecken-de Zustandsbeschreibungen von Wind (Abb. 2), Wasser-stand, Strömungen, Seegang (Abb. 3), Salzgehalt, Tempe-ratur (Abb. 4) und Sedimentparameter erzeugen[38], alsauch Simulationen von Szenarien in einer höheren zeit-lichen und räumlichen Auflösung. Kontinuierliche Simu-lationen zu Parametervariationen imSinne von digitalenAtlanten für Wind und Seegang[26] erzeugen Online-Da-ten, die neben der unmittelbaren Nutzung in der Praxisauch in anderen Studien und webbasiertenWerkzeugenwie beispielsweise im Rahmen von Küstenschutzaufga-ben weiter verwendet werden können.Für die sachgerechte Nutzung von Daten ist der Kontext,in dem sie erhoben wurden, von Bedeutung. Ziel der Mes-sungen, die dabei verwendeten Methoden und anschlie-ßende Prozessierung werden daher in den Metadatenprotokolliert, die einem Datenprodukt idealerweise zurEinordnung und Qualitätssicherung mitgegeben wer-den. Die Dokumentation von Daten aus der Küstenzonewird bereits in vielen Bundes- und Landesdienststellen

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Abb. 2 Windatlas Dithmarscher Bucht und Elbmündung

mit einem abgestimmten Küstenzonen-Profil[27] vor-genommen. Dieses hat den Vorteil, gleichermaßen inverschiedenen Informationssystemen wie GeoPortal-Bund[16] und PortalU[35] automatisiert verwendet zu wer-den. Auch die Erfassung und Pflege der Messstellen, zudenen regelmäßig Daten an den ICES[22] geliefert wer-den, erfolgen künftig mit diesenWerkzeugen.WichtigerBestandteil derMetadaten für die Recherche sind präziseAngaben zur Verortung entweder mit Koordinaten, Kilo-metrierungen oder geographischen Namen aus einemGazetteer sowie ein kontrolliertes Fach-Vokabular zurkonsistenten Verschlagwortung, das idealerweise auseinem Thesaurus entnommen wird.Zur umfassenden Interpretation von Daten gehört einZugriff auf Literatur für den jeweiligen Kontext. Hierwerden zukünftig Ergebnisse der gegenwärtig im Schwer-punkt »Informations- und Kommunikationstechnolo-gien« des siebten Rahmenprogramms der EuropäischenGemeinschaft durchgeführten Projekte »Digitale Biblio-theken und Inhalte« [11] richtungweisend sein. In den di-gitalen Inhaltsinfrastrukturen zur Speicherung, Verwal-tung, Übertragung und Nutzung von Literatur sollen sieals Schlüsselkomponenten unter Verwendung von auto-

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matisiertenDiensten die relevante Literatur identifizierenund verfügbar machen. Derzeit sind Projektberichte ausForschungsvorhaben des KFKI und die darin erhobenenDaten über das Nord- und Ostsee Küsteninformations-system NOKIS [28] zugänglich.Mit einem digitalen Katalog der deutschen Küste kannein zentraler Einstiegspunkt in die Themengebiete derKüste angeboten werden, der den momentanen Daten-bestand sowie Ergebnisse aus aktuellen Forschungs- undGutachtentätigkeiten dokumentiert und recherchierbarmacht, die Beziehungen zwischen Naturmessdaten undnumerischen Simulationen transparent darstellt, ausden Langzeitdatenbeständen und -simulationen retros-pektive und prospektive Analysen ermöglicht sowie Da-ten und Projektberichte zusammenführen kann. Dieserdigitale Katalog der Küste unterstützt den Aufbau der fürINSPIRE notwendigen robusten technischen Informati-onsinfrastruktur[32] für verteiltes Datenmanagement mitDiensten zur Analyse, Visualisierung und Berichterstat-tung, wie sie mit der GDI-BSH[31] und NOKIS[29] exemp-larisch aufgebaut wurden (Abb. 5). Nicht zuletzt musseine kontinuierliche Aktualisierung durch die Daten er-hebenden und haltenden Einrichtungen gewährleistet

sein. Mit dieser Infrastruktur ist eine wichtige fachüber-greifende Voraussetzung für die Optimierung von kom-plexen Datenflüssen über Entscheidungsebenen, Län-dergrenzen und Sektoren hinweg erfüllt. Der digitaleKatalog kann als verlässliche Grundlage und Instrumentfür Entscheidungsfindungen verwendet werden, mitdem die relevanten Informationen aus der Küstenzoneintegriert und in weitergehenden Methoden zur Bewer-tung undWichtung nachvollziehbar verwendet werden.

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Abb. 3 Seegangsatlas Deutsche Bucht

Abb. 4 Wetterkarte

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2. Ziele

Die Zusammenführung von Informationen aus den Auf-gabenbereichen des KFKI (Küsteningenieursforschung),des Küstenschutzes, des Meeres- und Naturschutzes, derRaumordnung sowie aller Beteiligten bedarf einer geeig-neten Vernetzung der wesentlichen Datenquellen an derKüste. Übergreifende Rahmenbedingungen sind durchdie INSPIRE-Richtlinie der EU verbindlich vorgegeben.Damit soll es zukünftig möglich sein, in einem ökono-misch vertretbaren Aufwand die umfassende Bereitstel-lung von Fachdaten und Informationen aus dem Küsten-undMeeresbereich fürWissenschaft, Planung, Öffentlich-keit, Wirtschaft, Politik und Verwaltung gemäß den An-forderungen im »Blaubuch zu einer integrierten Meeres-politik« [12] umzusetzen.Mit themenzentriertenWeb-Portalen, die Informationenaus verschiedenenQuellen sowohl sektoral als auch überdie Hierarchien integrieren und gebündelt zugänglichmachen, sollen Kooperationen von wissenschaftlichen

Arbeitsgruppen sowie die Daten haltenden Stellen beiBund und Ländern unterstützt werden. Fachinformati-onen müssen darin recherchierbar und zur Fachaufgabe-nerledigung abrufbar sein, und die Informationsbeständemüssen nutzergerecht präsentiert werden. Im Hinblickauf die Öffentlichkeit gehören dazu homogene Benutzer-oberflächen und multimediale Darstellungsformen, umkomplexe Zusammenhänge zu erfassen und zu vermit-teln. Anhand von Nutzerprofilen, die verschiedene Sich-ten wie die von Experten, Entscheidungsträgern oderLaien repräsentieren, sollten die vorliegenden Informati-onen zusammengeführt und verdichtet werden können.Für zukünftige intersektorale Betrachtungsweisen vonIKZM und EU-Berichtspflichten soll ein integrierter An-satz zur gemeinsamen Bereitstellung und Nutzung vonmarinen Daten aus unterschiedlichen Quellen realisiertwerden. Die notwendige gemeinsame Betrachtungsweisemuss durch Standards und Technologien von Informati-onssystemenerfolgen, die eineKommunikationzwischenheterogenen und verteilten Datenhaltungen unterstüt-

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Abb. 5 Thematische Karten im Nord- und Ostsee Informationssystem des BSH

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zen. Dazu gehören der ISO19115 Standard für Meta-daten, der ISO19119 Standard für Web-Services, die CS-WSchnittstelle für Katalog-Dienste zur Kommunikationzwischen Metadaten-Servern und die OGC-konformenDarstellungs-Dienste WMS, WFS und WCS für Datenaus Geo-Informations-Systemen. Die bisher etabliertenDienste sind für solche Datenbestände, deren Darstel-lung nicht durch GIS-Techniken erfolgt, zu erweiternund in einer webbasierten diensteorientierten Architek-tur zur verteilten Datenhaltung, -nutzung und -verarbei-tung zu verankern.Durch ein modernes Informationsmanagement sollendie erhobenen Daten so dokumentiert und archiviertwerden (Abb. 6), dass einheitliche fachliche Datengrund-lagen geschaffen werden, die in unterschiedlichen (GIS-)Anwendungen benutzt werden können. Aufgabenspezi-fische Auswertungen auf der Grundlage methodischgekoppelter Daten, Analysealgorithmen und Visualisie-rungsmethoden sollen den Dienststellen vor Ort bei derDatenauswertung und der Vorbereitung zur Verwendungin Berichtsdokumenten online bereitgestellt werden.Die vorhandene Metadatenbasis für Daten aus der Küs-tenzonemuss im Sinne synoptischer Betrachtungsweisenin den Bereichen Modellierung und Fernerkundung aus-gebautwerden. Numerische Simulationsmodelle spielenbei der Betrachtung von Szenarien eine zentrale Rolleund müssen zukünftig ebenso standardisiert dokumen-tiert werden, wie die Messdaten (Abb. 7, Abb. 8). Mit derFernerkundung stehen flächendeckende und zeitlichkonsistente Daten im maritimen Bereich für aktuelle For-schungsschwerpunkte wie Morphodynamik und Aus-wirkungen des Klimawandels zur Verfügung, die ausge-wertet und geeignet dokumentiert werdenmüssen.Bei der Erzeugung von Metadaten sollten die Arbeitspro-zesse zur Datenauswertung um eine Komponente derautomatischen Erstellung von Metainformationen er-weitert werden. Neben dieser zukünftig in denWorkfloweingebetteten automatischen Metadatengenerierung istfür den INSPIRE-Prozess eine nachträgliche Aufberei-tung von bereits existierenden Daten zu realisieren. Dazumüssen Datenbank-Extraktionswerkzeuge entwickelt wer-den, die vorhandene Dokumentationen in kompatibleMetadaten konvertieren.Um die textbasierte Suche in digitalen Katalogen opti-mal zu unterstützen, sollen die vorhandenen Ansätzefür strukturiertes Fachvokabular zu einem Thesaurusfür das Küsteningenieurwesen zusammengeführt wer-

den, der bei der Verschlagwortung von Daten verwendetwird. Hier stellt die Zusammenführung mit anderen inder Küstenzone relevanten Ontologien[2] eine besondereHerausforderung dar, da dieser Abgleich auch die Grund-lage für die semantische Interoperabilität vonDaten, d.h.für deren korrekte Interpretation, bilden wird. Für einekartenbasierte Suche sind die geographischen Namenaus der Küstezone strukturiert zu erfassen und exempla-rische Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu einemflächendeckenden Gazetteer für die deutsche Küsten-zone [25] zusammenzufassen und zu ergänzen.Neben der Optimierung der nachhaltigen Verwaltungvon Daten der Küstenzone sind insbesondere die flä-chendeckende Kartierung der Gewässer sowie die Einbe-ziehung vonMeeresbeobachtungssystemen als wichtigeHandlungsfelder zu bearbeiten. Darin spielen die Fächerübergreifenden Werkzeuge eine wesentliche Rolle, mitdenen die notwendige Harmonisierung der verteiltenDatenbestände und deren Interoperabilität unterstütztwerden, um die Anforderungen von INSPIRE erfüllen zukönnen. Hier sind einheitliche, grenzüberschreitendeDatenmodelle erforderlich, die bisher nicht verfügbareblattschnittfreie Datenbestände voraussetzen. Auf der Ba-sis von syntaktischer Interoperabilität, die durchXML- undProtokoll-Standards gesichert wird und sich auf dentechnischen Aspekt des Datenaustausches bezieht, ist diesemantische Interoperabilität von Daten, die zwischenverschiedenen Systemen ausgetauscht werden, sicherzu-stellen.Die Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichenQuellen unter Nutzung von Metadaten und diensteba-sierten Methoden gehört zu den wesentlichen Aufgaben

Abb. 6 Historienverwaltung von Strukturen im Wattenmeer

mit dem Küsten-Gazetteer

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von Werkzeugen, die zur Nutzung eines digitalen Kata-loges der deutschen Küste weiter entwickelt werdenmüssen. Der Umfang des digitalen Kataloges orientiertsich zunächst an den Daten, die durch Richtlinien undInformationsverpflichtungen festgelegt sind. SpezielleForschungsschwerpunkte werden in diesemKontext einerweitertes Informationsangebot bereitstellen.

3. Ingenieurpraktische, wirtschaftliche undgesellschaftliche Bedeutung

Innerhalb eines 100 km breiten Küstenstreifens lebenweltweit mehr als 60 % der Bevölkerung. Dazu kommtnoch ein erheblicher Anteil derer, die an oder in der Nähevon Binnengewässern wohnen. Küsten und Binnenge-wässer sind Nahrungs-, Rohstoff- und Energielieferanten,stellen wichtige Transportwege dar, sie sind einerseitsErholungsraum und Regulator für das Klima, jedochandererseits häufig mit den vielfältigsten Abfallstoffen

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Abb. 7 Animation einer Strömungssimulation und zugehörige Zeitreihe an einem Ort

belastet. Soll die Funktionsfähigkeit der aquatischen Syste-me langfristig erhalten und verbessert werden, so ist es an-gesichts des immer stärker werdenden Drucks im Rah-men der Globalisierung und des Klimawandels erforder-lich, den Zustand dieser Lebensräumemöglichst gut undumfassend zu überwachen und zu bewerten. Belastun-gen und Auswirkungen müssen erkannt und geeigneteMaßnahmen eingeleitet werden. Moderne Monitoring-systeme liefern heute z.B. über eine Fernerkundung invergleichsweise kurzer Zeit flächendeckende Informati-onen über ausgedehnte Gebiete.Hieraus ergeben sich laufend zunehmende Anforderung-en an Themen übergreifende Datenauswertungen, die imZusammenhang mit anthropogenen Veränderungenwassergebundener Ökosysteme und der globalen Klima-veränderung wahrgenommen werden müssen. Neue An-forderungen betreffen auch den Hochwasserschutz. Hiergibt es weiterhin gesetzliche Anforderungen zu Berichts-pflichten, wie sie z. B. in der Meeresstrategie-Rahmen-richtlinie [10] festgelegt sind.

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Verlässliche Geodaten sind eine Grundvoraussetzung fürMeeres- und Küstenschutz, für die Offshore-Industrie,für die Sicherheit der Seeschifffahrt auch in Hinsicht aufden Katastrophenschutz (Öl, Gas, Chemikalien etc.) aberauch z.B. bei der Verbreitung von Tierseuchen. AktuelleFragestellungen, wie z.B. die Beurteilung regionaler oderlokaler Veränderungen der Topographie, Bathymetrieoder auch von Fauna und Flora als Folge von Klimaände-rungen oder menschlicher Eingriffe, erfordern die Heran-ziehung aller existierendenDaten aus unterschiedlichenZuständigkeitsbereichen der Verwaltungen, aus dengroßenDatenzentren und den Forschungsstätten (Abb. 9).Geoinformationen bilden einen wesentlichen Teil des inder modernen Informations- und Kommunikations-gesellschaft vorhandenen Wissens und stellen somitein Wirtschaftsgut ersten Ranges mit zunehmender Be-deutung dar. Ziel muss es daher sein, den Zugang zuGeodaten durch eine verbesserte Koordinierung sowieAusschöpfung der Möglichkeiten der modernen Informa-tionstechnologie für Verwaltung, Wirtschaft, Wissen-schaft und den Bürger wesentlich zu erleichtern[5]. Diesbedeutet, dass eine einheitliche Nutzung raumbezo-gener digitaler Grundlageninformationen zu allen rele-vanten Objekten ermöglicht werden muss, indem Infor-mationen aus verschiedenen Fachbereichen für alleAnwender in einheitlicher Form bereitgestellt werdenmit dem Ziel der interdisziplinären Auskunft, Daten-analyse, Daten- und Ergebnispräsentation in Karten,Datenübernahme, Informationen über verfügbare Da-tenbestände, Optimierung des Zugriffs auf Daten allerFachbereiche, Verbesserung der Verwaltung, Auswer-tung und Darstellung raumbezogener Daten, Verbesse-rung der Integration von Geo-Daten externer Stellen,Unterstützung bei der Bearbeitung von querschnittsori-entierten Fragestellungen und Arbeitsabläufen und derLangzeitarchivierung von Datenbeständen.Die Zusammenführung von Informationen aus thema-tisch und sektoral ausgerichteten Einsatzbereichen be-wirkt eine bessere Verbreitung und Nutzung von For-schungsergebnissen und stellt eine unverzichtbareGrundlage für weitere Forschungsaktivitäten sowie fürdie unmittelbare Lösung von Konflikten dar. Sie wird ei-ne zuverlässige Referenz für die behördlichen Informati-onsaufgaben, die u.a. durch das Informationsfreiheitsge-setz festgelegt sind, bilden.Ein digitaler Katalog der deutschen Küste und Binnenge-wässer bildet zusammenmit geeigneten Visualisierungs-

forschung und entwicklung

Abb. 8 Peilungsdokumentation

und Auswertungsfunktionalitäten eine konsistente undverlässliche Grundlage zur Wahrnehmung der EU-Be-richtspflichten, die für die Wasserrahmen-Richtlinie [15],die Hochwasser-Richtlinie[21] und die Meerestrategie-Richtlinie zu erfüllen sind. Auf diese Weise entlastet erdie Küstendienststellen in ihrer Aufgabenerfüllungdurch die gebündelte Bereitstellung synoptischer Datenund Informationen aus allen Sektoren, die die Küstenund Binnengewässer betreffen. Er leistet einen Beitragzur besseren Verbreitung und Nutzbarmachung von Ge-oinformationen für Wissenschaft, Politik und Öffent-lichkeit im Sinne der DFG-Senatskommission für Geo-wissenschaftliche Gemeinschaftsforschung[3].Insbesondere die Einbeziehung von Altdaten, deren In-teroperabilität mit aktuellen Daten durch geeignete Re-engineering Methoden herzustellen ist, bildet eine Vor-aussetzung für retrospektive Analysen über die früherenVeränderungen der Naturvorgänge in Hydrologie, Mor-phologie und Ökosystemen. Zusammen mit den Szena-rien aus numerischen Simulationen entstehen notwen-dige Grundlagen für die Prognose kritischer Zuständeund Veränderungen, mit denen Planungen von nachhal-tigen Weiterentwicklungen vorgenommen werden kön-nen.

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4. Defizite in Forschung und Entwicklung

Auf einem Workshop zur marinen Datenhaltung inDeutschland[39] wurden bereits 1997 eine verbesserte ins-titutsübergreifende Abstimmung der verteilten Daten-haltung sowie ein verbesserter Service für die Forschunggefordert. Die derzeit laufenden globalen Initiativen zurSchaffung vernetzter Strukturen, wie die GDI-DE alsKomponente für INSPIRE und GEOSS »Global Earth Ob-servation System of Systems« [18] basieren auf modernenintegrierenden Informations- und Kommunikations-Tech-nologien. Ihnen gemeinsam ist aber, dass der Bereichhydrographischer und ozeanographischer Geodaten, d.h.insbesondere Daten aus der Küstenzone mit ihren spezi-fischen Eigenschaften, dabei so gut wie nicht berück-sichtigt werden. Wichtige Datenbestände zur systemati-

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schenAuswertungundBewertung derKüstenzone stehensomit nur verstreut, unvollständig oder in proprietärenSystemen zur Verfügung.Durch die technische Entwicklung imWorldWideWebsind heute die Voraussetzungen für den Aufbau moder-ner Informationsinfrastrukturen vorhanden. Mit densich schnell weiter entwickelnden Informations- undKommunikationstechnologien sind daraus eine schierunübersehbare Anzahl und Vielfalt von Informations-systemen entstanden, die in technischen und konzeptio-nellen Insellösungen amtliche Daten, Projektergebnisseund Präsentationen von Einrichtungen in der Küstenzo-ne individuell veröffentlichen. Daher existieren drin-gend für die Modellierung benötigte synoptische Sich-ten auf Datenbestände bisher nicht. FlächendeckendeDatensätze z.B. für die Bathymetrie oder für die Sedi-

Abb. 9 Messstationen im BLMP und Planungen von Seevermessungen der KFKI AG Synopse

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mentologie, anhand derer auch zeitliche Veränderungenablesbar wären, stehen nicht in der nötigen Auflösungzur Verfügung.In den letzten Jahren haben sich ISO-Standards undOGC-Technologien im Umfeld von Informationssystemenetabliert, die in allen nationalen und internationalen In-formationssystemen angewandt werden. Als Beispieleseien hier die nationale GeoDatenInfrastruktur GDI-DEund das Umweltportal des Bundes PortalU genannt. Diebisher eingeführten Techniken zur Datensuche und Vi-sualisierung sind im Wesentlichen für GIS-Datensätzeanwendbar. Für Daten mit Raum- und ausgeprägtemZeitbezug wie z.B. Zeitreihen skalarer und vektoriellerGrößen und deren statistischen Auswertungen, sind bis-her keine standardisierten Web-Services verfügbar. Ge-rade die hydrologischen Messungen gehören zu diesemDatentyp, so dass hier ein Defizit im webbasierten Da-tenmanagement besteht.Die Anforderungen an Geo-Informationssysteme alsHintergrund für Assistenzsysteme bestehen im Wesent-lichen darin, einfachen Zugang zu Informationen, Mög-lichkeiten zur räumlichen Analyse, Integration von In-formationen aus verschiedenen Quellen, Darstellung inverschiedenen Formaten und Recherchefunktionalitätenanzubieten.[20] Aus Nutzersicht sollten Informationsin-frastrukturen Entscheidungsträger in die Lage versetzen,• Daten aus verschiedenen Quellen gleichzeitig zu

analysieren, zu visualisieren und sie räumlich zuverschneiden,

• für ausgewählte Themenbereiche die Beziehungenzu allen zugehörigen Aktivitäten zu betrachten,statistisch auszuwerten und darzustellen,

• zeitnahe Antworten auf Fragestellungen geben zukönnen,

• Informationsquellen und Zugangsmöglichkeiten zurecherchieren

• und Berichte mit Kartendarstellungen zu erzeugen.

In ähnlicher Weise sind diese Anforderungen in Bezugauf die Europäische Wasserrahmenrichtlinie [37] und fürdie nationale Geodaten-Infrastruktur GDI-DE[1] formu-liert worden.Eine aktuelle Bewertung von Informationssystemen imZusammenhang mit Studien zum integrierten Küstenzo-nenmanagement [30] belegt, dass die Defizite von vorhan-denen Informationssystemen einerseits in fehlendenstandardisierten Metadaten für Dokumentation, Recher-

che und Nutzung der Daten liegen und andererseits inder mangelnden Interoperabilität von Daten begründetsind. Nicht vernetzte Insellösungen führen dazu, dassumfangreiche Datensätze zu unterschiedlichen Frage-stellungen bisher nicht nachhaltig nachgewiesen wer-den und aufgrund syntaktischer Heterogenität auchnicht gemeinsam genutzt werden. Der Zugang zu diesenDaten und eine Recherche, wo welche Daten in welcherAktualität und Qualität zu welchen Konditionen bezo-gen werden können, sind bisher nicht hinreichend reali-siert. Eine retrospektive oder prospektive Auswertungmit einheitlichen Methoden und harmonisierten Datenaus der deutschen Küstenzone ist derzeit nicht möglich.Eine konsistente Verschlagwortung von Daten ist bishermangels eines Thesaurus für die Küstenzone nicht mög-lich. Die in vielen Behörden existierenden Wortlistenspiegeln die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche widerund sind nicht im Sinne eines Thesaurus systematisiert.Gerade in der Kommunikation zwischen den verschie-denen Disziplinen und Sektoren in der Küstenzonespielt die Semantik der verwendeten Begriffe sowohl beieiner textbasierten Recherche als auch bei der Interpre-tation von Daten eine wesentliche Rolle. Die vorhande-nen Ansätze müssen für eine integrierte Nutzung wei-terentwickelt, zusammengeführt und systematisiertwerden.Das geographische Namensgut in den deutschen Küsten-gewässern ist 2005 in einem Kartenwerk[36] veröffent-licht worden und mittlerweile im Gazetteer für diedeutsche Küstenzone teilweise digital erfasst. Danebengibt es weitere Systematisierungen der Verortung wiedie Flusskilometrierungen, die für kartenbasierte Recher-chenmit eingebunden werden sollten.Mit den heute vorhandenen Werkzeugen sind die vonIKZM[9] und EU-Berichtspflichten gestellten Anforderun-gen integrierter intersektoraler Betrachtungsweisen nichtzu bewältigen.Wichtige Bausteine zur notwendigen Ver-netzung sind durch den Aufbau von lokalen Geodaten-infrastrukturen mit standardisierten Web-Diensten undexemplarisch im Nord-Ostsee-Küsten-InformationssystemNOKIS [33] bereits entwickelt worden. Dazu zählen dieGDI-BSH beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydro-graphie in Hamburg (Abb. 5) mit dem GeoSea-Portal [17]

und das WSV-Geoportal [41] der Wasser- und Schifffahrts-verwaltung. Bis zum Einsatz eines funktionierendenNetz-werks besteht jedoch noch ein erheblicher Forschungs-und Standardisierungsbedarf auf europäischer wie auf

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nationaler Ebene, um die vorhandenen und zukünftig(durch Projekte wie z.B. das Beobachtungssystem in derNordsee COSYNA[7] bei der GKSS) flächendeckend erho-benen Küstendaten in vernetzte Informationssystemeeinzubinden, darüber bereitzustellen und zu nutzen.Die mangelhafte Vernetzbarkeit der vorhandenen Da-tenbestände ist auch darin begründet, dass bereits vor-handene nationale und internationale Standards der Da-tenhaltung(z.B.Datenorganisation, -formate,Metadaten)nicht verbindlich institutionsübergreifend eingeführtbzw. konsequent eingehalten werden. Um den wirt-schaftlichen Wert von Geodaten und damit verbunde-ner Daten sowie die Synergieeffekte durch die Verwen-dung verteilter Geodaten umfassend nutzen zu können,bedarf es eines entsprechenden nachhaltigen ordnungs-politischen Rahmens.Bereits 2000 bestätigte die Bundesregierung im Rahmeneiner Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion »Nutzung von Geoinformationen in der Bundes-republik Deutschland«: »Die Bundesregierung betreibt …die Realisierung eines entsprechenden Geoinformati-onsmanagements für Deutschland, das den Verwal-tungen, der Wirtschaft und dem Bürger auf effizienteWeise als wichtiges, bisher nur unzureichend genutztesInstrument zum Auffinden von Grundlagendaten undals Basis für weitreichende wirtschaftliche und gesell-schaftliche Entscheidungsfindungen dient.«[6] Die ver-netzte Nutzung der Geoinformationen hat sich in denvergangenen neun Jahren zwar verbessert, sie bleibtaber nach wie vor hinter den gegebenen Möglichkeitenzurück.

5. F+E Schwerpunkte, Herausforderungen undFörderungszeitraum

In zukünftigen Informationssystemen, die für IKZM-Aufgaben und EU-Berichtspflichten genutzt werden,geht es nicht mehr nur darum nachzuweisen, welche In-formationen verfügbar sind, sondern darum, wie sie zu-gänglich sind, wie sie genutzt werden können und wieaktuell und vertrauenswürdig sie sind. Informationenverstanden als Daten mit Kontext, die für thematischeUntersuchungen und Fragestellungen verwendet werden,bestehen aus mehr als Angaben zum Umweltzustandund dem Identifizieren von Indikatoren zur Bewertungvon Umweltveränderungen.

Daher bildet neben der Weiterentwicklung von harmo-nisierten Daten-Infrastrukturen und -Verarbeitungs-diensten und dem zugehörigen Wissensmanagementinsbesondere die Entwicklung geeigneter Methoden zurDatenanalyse einenwesentlichen F+E-Schwerpunkt. AlsBestandteil des Informationsnetzwerkes zum DigitalenKatalog der deutschen Küste kann durch geeignete Ana-lyseverfahren und entsprechende Präsentationsformenauch das notwendige Verständnis für Prozesse undWechselwirkungen als Hintergrund für Management-Entscheidungen bereitgestellt werden.

5.1 Infrastrukturen aufbauen1) Metadaten zur standardisierten Dokumentation von

Daten, Informationen und Werkzeugen bilden einSchlüsselelement in verteilten Informationssystemen,um das Suchen und Finden vorhandener Quellen zuermöglichen und deren sachgerechte Nutzung zu un-terstützen. Das vorhandene Küstenzonen-Profil be-rücksichtigt bisher keine Fernerkundungsdaten undist für die Modellierung nur exemplarisch getestetworden. In Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Fer-nerkundung und Modellierung sind hier praktikableAnsätze zu entwickeln und zu implementieren.Die Szenarienbetrachtungen nehmen im digitalenKatalog neben denMessdaten einen breiten Raum ein.Ihre standardisierte Dokumentation muss in gemein-samer Anstrengung aller Beteiligten an die Erforder-nisse der integrierenden Informationsinfrastrukturangepasst werden.

2) Thesauri aus den zukünftig zu integrierenden Fach-disziplinen, die unter Beteiligung von Fachleuten ausallen Disziplinen und Sektoren der Küstenzone aufge-baut werden, bilden einen zentralen Bestandteil vonMetainformationssystemen für die textbasierte Suche.Um die Nutzung der Informationssysteme zu opti-mieren, müssen die verschiedenen Ontologien für einestrukturierte Dokumentation von Daten verknüpftwerden. Dies ist Gegenstand weltweiter Forschungund gilt gleichermaßen für die geographischen Na-men in den Küstengebieten, die in einem flächende-ckenden Küsten-Gazetteer zu erfassen sind. Wegender morphologisch aktiven örtlichen Gegebenheitenist dabei eine Historienverwaltung der zugehörigenGeometrien und darüber hinaus die Mehrsprachig-keit der Namen zu berücksichtigen (Abb. 6). Gegebe-nenfalls ist das Datenmodell des Küsten-Gazetteers zu

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erweitern, um weitere Informationen wie z.B. Kilo-metrierungen aufnehmen zu können.

3) Kooperation im Rahmen des digitalen Katalogs be-ruht auf der Verwendung von Standards und kompa-tiblen Werkzeugen, um eine allgemein akzeptierteIntegrationsplattform zu entwickeln und zu publizie-ren, an die sich alle interessierten Institutionen an-schließen können. Für PTJ-BMBF geförderte Projekteist bereits eine Verpflichtung ausgesprochen, alle er-hobenen Daten mit Metadaten zu versehen und inNOKIS einzubringen. Dies muss über Absprachen aufdie gesamte Forschungsszene der Küste erweitert wer-den und sollte z. B. auch für DFG-Förderung, Stif-tungen und EU-Projekte gelten. Mit dem Ziel einersynoptischenZusammenstellungderKüstendaten sindalle einschlägigen Hochschulen und Großforschungs-einrichtungen zu berücksichtigen.

5.2 Datenverarbeitung4) Datenmodelle für integrierte Betrachtungsweisen müs-

sen grenzüberschreitend festgelegt und standardisiertwerden, in denen aktuelle und historische Daten un-ter Beachtung von syntaktischer und semantischerInteroperabilität verwaltet werden können. Dazumüssen auch die vorhandenen projektgebunden Ar-beiten zu mehrsprachigen Wörterbüchern und The-sauri zusammengeführt werden. Dieses konsistenteVokabular wird zukünftig zur Dokumentation bzw.Recherche verwendet und bei der automatisiertenVerarbeitung von Daten in Entscheidungsunterstüt-zungssystemen eine wichtige Rolle spielen[4]. Weiter-hin ist der Aufbau von SensorWeb Infrastrukturen zuberücksichtigen, die eine zusätzliche Komponentedes digitalen Katalogs der deutschen Küste ausma-chen werden

5) Fernerkundungsdaten in Verbindung mit Vorortin-formationen werden systematisch bei nationalenGMES-Projekten im Rahmen von DeCover für terres-trisch orientierte Fragestellungen und von DeMarinefür die Bereiche marine Umwelt und maritime Sicher-heit genutzt. Sie bilden Schwerpunkte bei der tech-nischen Entwicklung vonDiensten zur Überwachungvon Wasserqualität, von Ölverschmutzungen und desWattenmeeres, die die Anforderungen der Nutzer inoptimaler Weise erfüllen. In der Auswertung von Fer-nerkundungsdaten werden die Erdbeobachtungs-Sys-teme und die Geo-Informations-Systeme zusammen-

geführt, so dass großskalige Kartendarstellungenermöglicht werden.In nationalen Vorstudienwie der »Operationalisierungvon Fernerkundungsmethoden für das Wattenmeer-monitoring«, die im Vorwege von DeMarine durchge-führt wurden, konnten Schnittstellen zu NOKIS ent-wickelt werden, mit denen bereits im ArbeitsprozessMetadaten erfasst werden und eine ISO-konforme Do-kumentation der Ergebnisse möglich ist. Für eine In-tegration der Ergebnisse in den digitalen Katalog sindauf der Basis der etablierten Informations- und Kom-munikations-Technologie geeigneteWeb-Services zurVisualisierung und Analyse zu entwickeln.

6) Schnittstellen zwischen Modellen und Messungensind für die schnelle Analyse von Ergebnissen zu rea-lisieren. Dabei müssen für die geographische Daten-verarbeitung Komprimierungsmethoden entwickeltwerden, mit denen die jeweils nötigen Datenmengen,die im digitalen Datenkatalog bei verschiedenenZoomstufen /Detaillierungsgraden erforderlich sind,verwaltet und aus den verteilten Archiven bereitge-stellt werden können. Als Datenaustauschmechanis-mus können die Ergebnisse der OpenMI Initiative[34]

zugrunde gelegt werden. Unabhängig von den jewei-ligen Fach- oder Projektaufgaben berühren die genann-ten Standardisierungsprozesse alle Einrichtungen ander deutschen Küste. Der digitale Datenkatalog bietetdazu einen organisatorischen Rahmen, in dem kompa-tible Technologien verwendet werden, um verteilte undsich ergänzende Informationen zusammenzuführen.

5.3 Wissensmanagement7) eScience. Als Kernstück der Wissensgesellschaft spie-

len die Informations- und Kommunikations-Technikeine wichtige Rolle. Die Verbesserung der Interopera-bilität zwischen Systemen bildet einen wesentlichenArbeitsschwerpunkt, der Software, Dienste und Rech-nerverbünde beinhaltet.Zur Erschließung und nachhaltigen Verfügbarkeit di-gitaler Inhalte von Daten und insbesondere Publika-tionen zu Projekten aus der Küstenzone müssen diebestehenden Archive weiter vernetzt werden. NeueTechnologien zur Erschließung von Wissen über dieetablierten Metadaten hinaus müssen entwickelt wer-den. Mit einer verbesserten semantischen Interopera-bilität kann eine automatisierte Nutzung von Datenaufgebaut werden. In der Anwendung im Bereich des

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Umweltschutzes gilt dies für das Risikomanagementund denZugang zu Informationen für dieÖffentlichkeit.Das Europäische Parlament und der Rat haben mitdem 7. Forschungsrahmenprogramm[14] die Zusammen-arbeit in grenzüberschreitenden Forschungsmaßnah-men unter anderem in den Themenbereichen Infor-mations- undKommunikationstechnologien, Umwelt(einschließlich Klimaänderung) und Verkehr (ein-schließlich Luftfahrt) beschlossen. Internationale Zu-sammenarbeit und themenübergreifende Betrach-tungsweisen sind wesentliche Bestandteile diesesRahmenprogramms.

5.4 Dienste bereitstellen8) GIS Funktionalität für Punktmessungen. Die Ent-

wicklung von GIS-Funktionalitäten für punktuelleMessungen auf der Basis von metadatengesteuertenWeb-Services ist insbesondere im Rahmen von Moni-toring-Aktivitäten für EU-Richtlinien und Umwelt-verträglichkeitsgutachten notwendig. Das Einbeziehenvon Altdaten stellt eine besondere Herausforderungdar. Hier sind geeignete Reengineering Methoden zuentwickeln, um die notwendige Interoperabilität undVergleichbarkeit dieser Daten herzustellen.Die Bündelung dieser Informationen mit GIS-Metho-den und ISO-konformen Metadaten erzeugt im Vor-griff auf Anforderungen von INSPIRE Transparenz,die für die betroffenen Dienststellen eine erheblicheEntlastung darstellen kann.

6. Überlappung zu anderen Schwerpunkt-themen der HTG

Die mit dem digitalen Katalog aufzubauende Informati-onsinfrastruktur mit standardisierten (ISO) Metadatenzur Dokumentation und Recherche und standardisier-ten (OCG+ISO) Web-Diensten für Datenvisualisierungund -zugriff zur intersektoralen Nutzung berührt alleThemenschwerpunkte der F+E-Initiative der HTG. Er kannals offenes System und Informationsdrehscheibe von al-len Akteuren genutzt werden.

7. DanksagungZur Erarbeitung der Thematik fandenWorkshops mit inKüstenforschung und -schutz tätigen Fachkollegen statt,denen für ihre aktive Mitwirkung zu danken ist.

8. Schrifttum

[1] Arbeitsgruppe Architektur GDI-DE (2007): Architektur derGeodateninfrastruktur Deutschland http://www.gdi-de.org/de/download/GDI_ArchitekturKonzept_V1.pdf

[2] Bernard, L., Einspanier, U., Haubrock, S., Hübner, S., Kuhn,W.,Lessing, R., Lutz, M., Visser, U. (2003): Ontologies for Intelli-gent Search and Semantic Translation in Spatial Data In-frastructures. In: Photogrammetrie – Fernerkundung – Geo-information. Ausgabe 6, pp. 451–462.

[3| Bill, R. (ed.) (2005): DFG Rundgespräch »Geowissenschaft-liche Informationsportale«. Universität Hannover

[4] Botts, M., Robin, A. (2007): Bringing the SensorWeb Together,Geosciences,Oct. 2007. http://www.brgm.fr/dcenews-File?ID=473

[5] Bundesministerium des Innern (1998): Bericht zur Verbesse-rung der Koordinierung auf dem Gebiet des Geoinformations-wesens. Verabschiedet vom Bundeskabinett am 17.06.1998.

[6] Bundesregierung (2000): Antwort der Bundesregierung aufdie Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bun-destag »Nutzung vonGeoinformationen in der BundesrepublikDeutschland« (BT-Drs. 14/3214), BT-Drs. 14/4139, 27.09.2000(BMI, O2fN98/2 14/3214, September 2000)

[7] COSYNA: http://cosyna.org[8] Digitaler Umweltatlas Schleswig-Holstein: http://www.um-

weltdaten.landsh.de/atlas/[9] Doody, J.P. (2003): Information required for Integrated Coastal

Zone Management: Conclusions from the European Demons-tration Programme. Coastal Management, 31, pp 163–173.

[10] Europäisches Parlament und der Rat der EuropäischenGemeinschaft (2008): Richtlinie 2008/56/EG zur Schaffungeines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaftim Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmen-richtlinie). Amtsblatt der Europäischen Union, L 164/19-40.

[11] EuropäischeKommission (2007): IKT– Informations- undKom-munikationstechnologien. Themenbereich für Forschungund Entwicklung im Rahmen des spezifischen Programms»Zusammenarbeit« zur Durchführung des Siebten Rahmen-programms (2007–2013) der Europäischen Gemeinschaft imBereich der Forschung, technologischen Entwicklung undDemonstration. Arbeitsprogramm 2007–2008. ftp://ftp.cor-dis.europa.eu/pub/fp7/ict/docs/ict-wp-2007-08_de.pdf

[12] European Commission (2007): Blue Book on an Inte-grated Maritime Policy in the EU, 16p. http://ec.europa.eu/maritimeaffairs/pdf/BlueBook_IMP/EN_IMP_communica-tion_final_COM_575.pdf

[13] European Parliament and Council (2007): Directive2007/2/EC establishing an Infrastructure for Spatial Informa-tion in the European Community (INSPIRE). Official Journalof the European Union L108, pp1-14.

[14] Europäisches Parlament und Rat (2006): Beschluss Nr. 1982/2006/EG über das Siebte Rahmenprogramm der Europä-ischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Ent-wicklung und Demonstration (2007 bis 2013). Amtsblatt derEuropäische Union, L412/1–41. http://www.rp6.de/inhalte/rp7/rp7dokumente/Download/dat_/fil_2167

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[15] Europäisches Parlament und der Rat der EuropäischenGemeinschaft (2000): Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffungeines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaftim Bereich der Wasserpolitik Amtsblatt Nr. L 327 vom22/12/2000 S. 0001 – 0073 eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Le-xUriServ.do?uri=CELEX:32000L0060:DE:HTML

[16] GDI-DE Geodateninfrastruktur Deutschland: http://www.gdi-de.org/de/f_start.html

[17] GeoSeaPortal: www.bsh.de/de/Meeresdaten/Geodaten/[18] Global Earth Observation System of Systems GEOSS:

http://www.epa.gov/geoss/[19] GMES (2004): Global Monitoring for Environment and Secu-

rity. http://www.gmes.info[20] Green, D.R., King, S.D. (2003): Access to Marine Data on the

Internet for Coastal Zone Management: The New Millenni-um. In Green, D.R., King, S.D. (eds.) Coastal and Marine Geo-Information Systems. Kluver Academic Publishers, The Ne-therlands, pp. 555–578.

[21] HWRL-RICHTLINIE 2007/60/EG über die Bewertungund das Management von Hochwasserrisiken. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJL:2007:288:0027:0034:de:PDF

[22] ICES International Council for the Exploration of the Sea:http:// www.ices.dk

[23] Informationsfreiheitsgesetz (2006): http://bundesrecht.juris.de/ifg/

[24] INSPIRE Architecture and Standards (AST) Working Group(2002): INSPIRE Architecture and Standards Position Paper.http://inspire.jrc.it

[25] Kohlus, J., Heidmann, C. (2006): Ein digitaler Gazetteerfür die Küste. In: Traub, K.-P., Kohlus, J. (Hrsg.): GIS imKüstenzo-nenmanagement. Herbert Wichmann Verlag, Heidelberg,pp.180–191.

[26] Lehfeldt, R., Milbradt, P., Höcker, M. (2008): Coastal Sce-narios Documented with Digital Atlases – Computational Mo-deling andMetadata. Proc. ICCE Hamburg (imDruck).

[27] Lehfeldt, R., Heidmann, C. and Piasecki, M. (2002): Metada-ta in Coastal Information Systems. Online Proc. 5th Intl. Conf.Hydro-Science& -Engineering,Warsaw. http://kfki.baw.de/con-ferences/ICHE/2002-Warsaw/ARTICLES/PDF/55E2.pdf.

[28] Lehfeldt, R., Sellerhoff, F. (2008): kfkiGIS – Informations- undPlanungswerkzeuge mit NOKIS. KFKI-Aktuell, 2/2008, p3.

[29] Lehfeldt, R., Reimers, H.-C., Kohlus, J., Sellerhoff, F.(2008): A Network of Metadata andWeb Services for Integra-ted Coastal ZoneManagement. Proc. COPEDEC VII, Dubai

[30] Longhorn, R.A. (2003): Coastal / Marine Geographic Infor-mation /GIS –APan-European Perspective. InGreen,D.R., King,S.D. (eds.) Coastal and Marine Geo-Information Systems.Kluver Academic Publishers, The Netherlands, pp 35–59.

[31] Melles, J., Soetje, K. C. (2006): Die GDI-BSH und dasNautisch-Hydrographische Informationssystem (NAUTHIS).In Traub, K.-P. & Kohlus, J. (Hrsg.): Geoinformationen fürdie Küstenzone. Beiträge des 1. Hamburger Symposiums zurKüstenzone.Wichmann, Heidelberg, pp. 118–124.

[32] Nebert, D. 2004: Developing Spatial Data Infrastruc-tures. The SDI Cookbook Version 2.0.Technical WorkingGroup Chair, GSDI. http://www.gsdi.org

[33] NOKIS: www.nokis.org[34] OpenMI Association (2007): Open Modelling Interface

http://www.OpenMI.org.[35] PortalU –Umweltportal Deutschland: http://www.portalu.de/[36] StAGN – Ständiger Ausschuss für geographische Namen

(Hrsg.) (2005): Geographische Namen in den deutschen Küs-tengewässern. 4 Karten,M.1:200.000. In Zusammenarbeitmitden Landesvermessungsämtern Niedersachsen, Schleswig-Holstein undMecklenburg-Vorpommern. Frankfurt a. M.

[37] Vogt, J. (ed.) (2002): Guidance Document on Implementing theGIS elements of the Water Framework Directive. WFD Com-mon Implementation Strategy.

[38] Weisse, R., H. v. Storch, U. Callies, A. Chrastansky, F. Feser, I. Gra-bemann, H. Guenther, A. Pluess, Th. Stoye, J. Tellkamp, J.Winterfeldt and K. Woth, (2008): Regional meteo-marine rea-nalyses and climate change projections: Results for NorthernEurope and potentials for coastal and offshore applications.BAMS, doi:10.1175/2008/BAMS2713.1. CoastDat. http://www.coastdat.de

[39] Workshop Marine Datenhaltung in Deutschland (1997):DGM-Mitteilungen 1–2, S.18–104.

[40] WSD-Nord (2009): Portal für Küstendaten. http://www.kuesten-daten.de/

[41] WSV-Geoportal: http://geoportal.wsv.bvbs.bund.de

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Instandhaltung, Neubau und ständige Erweiterung vonKüstenbauwerken wie Kaianlagen, Hochwasserschutz-bauwerke und auch Offshore-Bauwerke sowie die Einhal-tung ihrer langfristigen Zuverlässigkeit und Sicherheitgegen Versagen beinhalten wichtige Herausforderungenfür die Forschung und Entwicklung desWasserbaus, derBoden-mechanik und des Grundbaus. Das ergibt sichinsbesondere aus zyklischen und dynamischen Einwir-kungen aus Seegang, wechselnden Wasserständen undStrömungen im Wasser und im Boden, deren Einwir-kungen zum Versagen bzw. zum Verlust der Gebrauch-stauglichkeit führen können. Es steht daher außer Frage,dass diese Einwirkungen bei der Bemessung von Bauwer-ken in und an Küsten- und Binnengewässern von außeror-dentlicher Bedeutung sind. Zugleich sind aber insbeson-dere die hydrodynamischen und bodenmechanischenWechselwirkungen sehr komplex und auch noch nichtin allen Aspekten quantifizierbar. In der detaillierten Er-forschung derWechselwirkungen zwischenWasser, Struk-tur und Boden liegt daher ein kaum zu unterschätzendesPotential zur sicheren und wirtschaftlichen Bemessungvon Bauwerken des See- und Hafenbaus, zugleich könnengegebenenfalls vorhandene Sicherheitsrisiken aufgedecktwerden und insbesondere Nutzungsänderungen zuver-lässig bewertet werden.

1. Ziele

Um die langfristige Sicherheit und Zuverlässigkeit vonStrukturen im Hafen, an der Küste und Offshore zu ge-währleisten, ist es beim Entwurf und bei der Bemessungnotwendig, insbesondere instationäre Einwirkungen aufdas Bauwerk und im Untergrund zu berücksichtigen.Dafür ist ein besseres Verständnis der physikalischenVorgänge bei der Interaktion von Wasser, Struktur undBoden unter nichtmonotonen Beanspruchungen durchWasserdruck, Wellen und Strömungen unentbehrlich.

Für ingenieurmäßige Berechnungen müssen die im Bo-den ausgelösten Prozesse quantifiziert werden und esmüssen Modelle entwickelt werden, in denen die kom-plexen Zusammenhänge anwendungsgerecht in Formvon Bemessungsempfehlungen aufgearbeitet werden.

2. Ingenieurpraktische Bedeutung

Strukturen unter instationären Beanspruchungen durchWasserdruck, Wellen und Strömungen können allmäh-liche oder spontane Lageveränderungen erfahren, dieden Nutzen einschränken oder sogar zum Versagen füh-ren können. Abb. 1 zeigt dies beispielhaft für eine Moleunter Wellenbelastung. Aus den Welleneinwirkungenkönnen zusätzlich Porenwasserüberdrücke entstehen,sodass sich mit zunehmender Zahl n der Welleneinwir-kungen die Bauwerksverschiebungen und -verdrehungen(v und c) mit jeder Welle vergrößern. Im Wesentlichentritt durch Bodenverformungen eine Änderung des Poren-wasserdruckes auf (vgl. Abb. 2), welche eine Reduzierungder Scherfestigkeit des Bodens zur Folge haben kann.Aber auch ohne die Generierung von Porenwasserüber-druck ist eine Zunahme der Bauwerksverformungenmöglich, weil Boden bei nicht monotoner Beanspru-chung grundsätzlich immer auch plastische Formände-rungen erleidet, die sich je nach Spannungsniveau undbodenspezifischen Eigenschaften bis zum Versagen derStruktur akkumulieren können (Abb. 3).Mit Strömungen sind immer auch Transportprozessesowohl im Porenraum des Bodens als auch an Boden-Wasser-Grenzflächen verbunden, die alle Formen derhydrodynamischen Kornumlagerung auslösen können(Köhler, 2005). Eine bekannte Form der hydrodynami-schen Kornumlagerungen ist die Kolkbildung. In Abb. 4ist ein Kolk infolge Schraubenstrahl dargestellt. DieGröße des Kolks kann aber nur in sehr einfachen Fällenvorab zutreffend abgeschätzt werden. Auch die dauer-

prof. dr.-ing. j. grabe · dr.-ing. j. franke · dr.-ing. m. heibaum · prof. dr.-ing. h. oumeraci ·prof. dr.-ing. w. richwien · m. tenkleve · dr.-ing. h. tworuschka

Wechselwirkungen zwischen Wasser, Struktur und Boden –Bedeutung und Defizite

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haften Stabilität von Kolksicherungen ist mit den derzei-tigen Ansätzen nur unzureichend zu belegen. Nicht zu-letzt besteht unter dynamischen Einwirkungen dieGefahr, dass die vorgenannten Effekte durch Resonanzverstärkt werden.Die vorstehenden Ausführungen haben also deutlich ge-macht, dass die Wechselwirkung zwischen Wasser,Struktur und Boden eine Reihe von bodenmechanischenProzessen auslösen kann. Es ist also erforderlich, dieseProzesse zu analysieren und aus den Erkenntnissen Re-geln für die sichere und wirtschaftliche Dimensionie-rung von Bauwerken imHafen, an der Küste undOffshoreabzuleiten, in denen die instationären BeanspruchungendurchWasserdruck,WellenundStrömungenzutreffenderberücksichtigt sind als bisher.

3. Defizite in Forschung und Entwicklung

Der derzeitige Wissensstand reicht nicht aus, um denEinfluss von zyklischen und dynamischen Beanspru-chungen auf die langfristige Gebrauchstauglichkeit be-urteilen zu können. Hier werden insbesondere folgendeProbleme gesehen:• Verhalten von Boden als Mehrphasensystem unter

zyklischer und dynamischer Beanspruchung: DieBetrachtung von Boden als 3-Phasen-Mediumbestehend ausWasser, Bodenpartikeln und Gas istbisher in sehr wenigen Arbeiten zur Erosionsstabilitätvon Gewässersohlen und Unterwasserböschungenberücksichtigt worden. Köhler (2005) beschreibt den

Effekt der Fluidisierung des Bodens infolgeWellen-belastung. Die Druckänderung durch dieWelle führtzu einer Volumenänderung der Gasblasen, waswiederum eine lokale instationäre Strömung auslöst.Dies bewirkt bei geringer Durchlässigkeit des Bodenseine unter Umständen erhebliche Verzögerungen derPorenwasserdruckanpassung. Insbesondere an derGrenzfläche Boden-Wasser entstehen hierdurch In-stabilitäten, die Erosion begünstigen und zumAb-bruch von Unterwasserböschungen führen können.Obwohl die bodenmechanischen Zusammenhängevon Köhler recht umfassend beschrieben werden,gibt es hinsichtlich der Umsetzung in der BemessungProbleme, weil es nur bei sehr einfachen Randbedin-gungenmöglich ist, die Effekte zu quantifizieren.

• Versagen von Strukturen durch Bodenverflüssigung:Bodenverflüssigung infolge akkumulierender Poren-wasserüberdrücke kann durch zyklische und dynami-sche Bewegungen von Strukturen bedingt sein. AlsBeispiele sind Dalben, Holzpfähle im Buhnenbau oderOffshore-Monopiles zu nennen. Schwingungen derStruktur im Zusammenspiel mit wenig durchlässigemBoden führen zu einem »Aufpumpen« der Porenwas-serdrücke (vgl. Grabe et al, 2004, und Kohlhase et al,2005). Lokal ist eine Bodenverflüssigung nicht auszu-schließen, die ein Versagen der Struktur zur Folgehaben kann (s. Abb. 3). Bisher wurde das Problem desStrukturversagens infolge Bodenverflüssigung in derErdbebenforschung behandelt und ein Verfahrenentwickelt, mit dessen Hilfe sich die Verflüssigungs-

Abb. 1 Systemskizze Mole unter Wellenbeanspruchung

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gefährdung eines Sandes anhand seiner Kornvertei-lungskurve abschätzen lässt. Dieses Verfahren istjedoch aufgrund der kleineren Belastungsfrequenzenund längeren Belastungsdauern auf die beschriebeneProblematik nicht übertragbar.

Zutreffendere Abschätzung der Entstehung und derräumlichen Ausdehnung von Kolken und deren Einflüs-sen auf die Struktur: Die bestehenden Ansätze zur Vor-hersage des zu erwartenden Kolkes sind vorwiegend em-pirisch und wurden vor allem durch kleinmaßstäblicheModellexperimente ermittelt. Wegen der Maßstabef-fekte; die erheblich sein können (Oumeraci, 1993), be-stehen große Unsicherheiten bei der Berechnung derKolktiefen auf dieser Basis. Dasselbe gilt für die beste-henden numerischen Modelle, da diese nur durch dieErgebnisse der kleinmaßstäblichen Experimente vali-diert sind. Die Auswirkung von Kolken auf die Standsi-cherheit der Struktur hängt vom Bauwerkstyp ab undlässt sich in der Regel nach den herkömmlichen Berech-nungsverfahren im Grundbau undWasserbau ermitteln.Ein Beispiel zur Illustration des Einflusses von Kolkenauf die Stabilität von Bauwerken ist in Abb. 5 gegeben.Oft werden gegen Kolke konstruktive Kolkschutzmaß-nahmen angeordnet, deren Abmessungen und Dauer-haftigkeit aber ebenfalls noch nicht zuverlässig bewertetwerden können.

4. F & E-Schwerpunkte und Zeitbedarf

F&E-Forschungsschwerpunkte der nächsten Jahre solltenfolgende Themen sein:• Kaikonstruktionen• Molen undWellenbrecher• Dalben• Hochwasserschutzsysteme

KaikonstruktionenWechselnde Wasserstände infolge Tide führen zu insta-tionären Erd- und Wasserdrücken auf die Kaikonstruk-tion (s. Abb. 6). DieseWechsellasten können in der Regelals zyklische Lasten unter Vernachlässigung von Träg-heitskräften betrachtet werden. Sie führen gegebenen-falls zu Spannungsumlagerungen im Tragsystem mitder möglichen Folge von Zusatzverformungen und imschlimmsten Fall schrittweisem Erreichen eines Grenz-zustandes. Das Tragverhalten der Kaikonstruktion unterinstationären Erd- und Wasserdrücken ist bisher zu we-nig erforscht, um eine zuverlässige Prognose durchfüh-ren zu können.

Molen und WellenbrecherDie beiden weltweit am häufigsten verwendeten Bau-weisen fürMolen undWellenbrecher sind Bauwerke ausSchüttsteinen sowie monolithische Bauwerke in Form

Abb. 2 Porenwasserüberdruckbildung bei einem zyklisch beanspruchtem Pfahl (Grabe et al, 2004)

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von Caissons aus Stahlbeton. Besonders in größerenWas-sertiefen stellen Letztere eine vorteilhafte Alternative hin-sichtlich der Gesamtkosten, der Bauzeit, der Bauwerks-unterhaltung und des Betriebes dar. Der Nachteil bestehtdarin, dass die monolithische Bauweise eine genauereKenntnis der Seegang-Bauwerk-Baugrund-Wechsel-wir-kungen erfordert, da sie bei ungünstigen Baugrundver-hältnissen sowie dynamischer und zyklischer Seegangs-belastung viel empfindlicher ist als geschüttete Molen.Die Belastung des Baugrundes kann direkt durch den See-gang bzw. indirekt durch die induzierten Bewegungendes Bauwerkes erfolgen (Kudella; Oumeraci, 2004).Großmaßstäbliche Experimente im Großen Wellenkanaldes FZK in Hannover haben gezeigt, dass der direkte Er-zeugungsmodus auch bei gering durchlässigem Bodenund langen Entwässerungswegen nicht zur Akkumula-tion eines bemessungswirksamen Porenwasserüber-drucks führt. Der indirekte Erzeugungsmodus durch dieBauwerksbewegungen, vorwiegend durch wiederholteDruckschläge, stellt hingegen die eigentliche Gefährdungdes Bauwerks dar, da erhebliche Porenwasserüberdrückeund Bodenverformungen entstehen können (vgl. Abb. 7).Obwohl die hierfür verantwortlichen Prozesse weitest-gehend bekannt sind, fehlen zuverlässige Modelle zurBerechnung der induzierten Porenwasserüberdrückeund der plastischen Bodenverformungen unter sehrgroßen Belastungen über die Gesamtdauer einer Sturm-flut und unter den verschiedensten Entwässerungsver-hältnissen im Boden.Ein erster Schritt könnte sein, die Beziehungen zwischender Akkumulation des Porenwasserüberdrucks und derzeitlichen Entwicklung der plastischen Bodenverfor-mungen zu beschreiben und daraus eine Modellbildungfür allgemeine Bemessungssituationen abzuleiten.Hinsichtlich der Kolkbildung sollen sich die Forschungs-schwerpunkte vorwiegend auf brechende Wellen bzw.gebrocheneWellen unmittelbar vor dem Bauwerk bezie-hen, da unter diesen Bedingungen die großen Unsicher-heiten bei der Bestimmung der Kolktiefen bestehen.Aufgrund der Maßstabseffekte können derartige Unter-suchungen nur im großenMaßstab durchgeführt werden.

DalbenDalben werden seit langem im Hafenbau zur Vertäuungvon Schiffen eingesetzt. Die Bemessung der erforder-lichen Einbindelänge kann über den passiven räum-lichen Erddruck erfolgen, wie es z.B. in der EAU (2004)

Abb. 3 Verhaltensarten von Boden oder Strukturen unterzyklischen Belastungen (Lesny et al, 2004)

Abb. 4 Kaikonstruktion unter stationärem Wasserdruck und beiKolkbildung

Abb. 5 Einfluss von Kolken auf die Stabilität von Bauwerken(Oumeraci, 1993)e

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beschrieben ist. Schwieriger gestaltet sich die Prognoseder auftretendenVerformungen,wie sie zur Bestimmungdes Arbeitsvermögens benötigt werden. Der Ansatz desBettungsmoduls für die verschiedenen Bodenschichten,der für die rechnerische Ermittlung der Pfahlkopfver-schiebung benötigt wird, wird dadurch erschwert, dassfür derartige Wasserbaustellen selten genaue bodenme-chanische Kennwerte für den Untergrund vorliegen.Eine erste Verbesserung der Situation kann durch dieEinführung des Horizontalen Dynamischen Pfahltests(H-DPT) in die Praxis erfolgen. Bei diesem Verfahrenwird der Dalben zum Schwingen angeregt und die ersteEigenfrequenz ermittelt. Diese ist unter anderem direktabhängig vom Bettungsmodul, so dass dieser für den be-stehendenDalben invers berechnet werden kann (Grabeet al, 2006). Eine zutreffende Verformungsberechnungmit dem im H-DPT ermittelten Bettungsmodul ist mög-lich. Der Vorteil des Verfahrens im Gegensatz zum sta-tischen Pfahltest liegt in der wesentlich einfacherenBaustelleneinrichtung.Wenn ein steifer Dalben mit geringer Federsteifigkeit ge-fordert wird, bietet sich der Einsatz von Pfahlschaftauf-weitungen im Pfahlkopfbereich an. Dieser sogenannteFlügelpfahl erhöht die laterale Bettung direkt unterhalbder Gewässersohle und bedingt so ein deutlich steiferes

Kraft-Verschiebungsverhalten als ein Pfahl ohne Flügel(Grabe et al, 2007).Sowohl H-DPT als auch Flügelpfahl begünstigen eine zu-treffendere Dalbenbemessung. Hierdurch können dieKonstruktionen in Funktionalität undWirtschaftlichkeitdeutlich verbessert werden. Im Rahmen des Forschungs-schwerpunktes soll dieWeiterentwicklung und Praxisein-führung dieser Verfahren vorangetrieben werden. EtlicheFragestellungen wie die nach der optimalen Flügelgrößeund -position oder die Anwendbarkeit beider Verfahrenauf bindige Böden sind bisher unbeantwortet.Des weiteren ist die Entstehung von Porenwasserüber-drücken infolge dynamischer Beanspruchung aus Wel-len und Schiffsanprall und deren Folgen für das horizon-tale Pfahltragverhalten zu untersuchen.

HochwasserschutzsystemeHochwasserschutzsysteme wie Deiche, Mauern oderFlutschutztor unterliegen ebenfalls einem ständigenWechselspiel zwischen Boden, Wasser und Struktur. Diebeschriebenen Fragestellungen im Bereich von Molenund Wellenbrechern gelten auch für die Hochwasser-schutzsysteme. Insbesondere die Entstehung und Wir-kung von Porenwasserüberdrücken sind im Rahmen desForschungsschwerpunktes zu behandeln.

Abb. 6 Beanspruchungen aus wechselnden Wasserständen (Mardfeldt, 2006)

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Um diese besonders schwierigen interdisziplinären Fra-gestellungen aus dem Wasserbau, der Geotechnik undder Hydromechanik abschließend untersuchen zu kön-nen, ist ein gesamter Zeitraum von ca. zehn Jahren erfor-derlich.

5. Perspektiven aus dem Vorhaben(Fernziele)

Die in den genannten Schwerpunkten gewonnenenErkenntnisse und die daraus abgeleiteten Bemessungs-modelle tragen zu einer Entwicklung von verbesser-ten Bemessungsrichtlinien für Bauwerke auch unterinstationären Beanspruchungen durch Wasserdruck,Strömungen und Wellen bei. Es wird ferner eine wirt-schaftlichere und nachhaltigere Dimensionierung vonBauwerken im Hafen, an der Küste und Offshore ermög-licht.

Abb. 7 Porenwasserüberdruckentwicklung, Bewegung des Caissonbauwerks sowie bleibende Ver-

formungen infolge Wellenbelastung bei behinderter Dränage von porenwasserüberbrücken imBoden (Kudella et al, 2006)

6. Überlappung zu anderen Schwerpunktender HTG

Inhaltliche Verknüpfungen des Schwerpunktes A10 er-geben sich insbesondere mit folgenden F+E-Schwer-punkten:• A1 Sturmflutwasserstände und -seegang: liefert diehydrodynamischen Randbedingungen für die Seegangs-belastung

• A5 Küsten- und Hochwasserschutz: liefert die See-gangsbelastung sowie dieWechselwirkung zwischenSeegang und Bauwerk

• A7 OffshoreWindenergieanlagen: liefert Belastungund Bemessungsansätze sowie Ansätze zu innovativenGründungen

• B1 Probabilistisch Bemessung von Bauwerken: liefertdie Unsicherheiten der Eingangsdaten für Belastung,Bauwerk und Baugrund.

Weitere Bezüge bestehen auch zu den beiden Schwer-punkten über die Bauwerkserhaltung A6 und B3 sowiezum Schwerpunkt über die Risikobewertung B2.

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7. Schrifttum

[1] De Groot, M.B.; Kudella, M.; Meijers, P.; Oumeraci, H.: Liquef-action phenomena underneath marine gravity structuressubjected to wave loads. ASCE, Journal of Waterway, Port,Coastal and Ocean Engineering, vol. 132, no. 4, Special Issueon Liquefaction Around Marine Structures, pp. 325–335,2006.

[2] Gattermann, J.; Fritsch, M.; Stahlmann, J.: Auswahl- und Ein-baukriterien geotechnischerMessgeber zur Bestimmung desNormalkraftverlaufs der Wand/Verankerung bei Kaimauer-konstruktionen und deren Ergebnisse. Pfahl-Symposium2005, Mitteilungen des Instituts für Grundbau und Boden-mechanik, TU Braunschweig, Heft 80, pp. 21–44, 2005.

[3] Grabe, J.; Dührkop, J.; Mahutka, K.-P.: Monopilegründungenvon Offshore-Windenergieanlagen – Zur Bildung von Poren-wasserüberdrücken aus zyklischer Belastung. Bauingenieur,79(9):418–423, 2004.

[4] Grabe, J.; Mahutka, K.P.; Dührkop, J.; Henke, S.: Inverse Be-stimmung der horizontalen Bettung von Pfählen aus demSchwingungsverhalten. VDI-Fachtagung Baudynamik, Kas-sel, VDI-Berichte Nr. 1941, VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf,pp. 511–520, 2006.

[5] Grabe, J.; König, F.: Zeitabhängige Traglaststeigerung vonVerdrängungspfählen. Tagungsband zur 29. Baugrundta-gung in Bremen 2006: pp. 291–298, 2006.

[6] Grabe, J.; Dührkop, J.: Laterally loaded piles with bulge. Pro-ceedings of OMAE 2007. 26th International Conference onOffshoreMechanics and Arctic Engineering, San Diego, USA,2007.

[7] Henke, S.; Grabe, J.: Simulation of pile driving by 3-dimensio-nal Finite-Element analysis. Proceedings of 17th EuropeanYoung Geotechnical Engineers’ Conference, Zagreb, Croatia,ed. by V. Szavits-Nossan, Croatian Geotechnical Society: pp.215–233, 2006.

[8] Köhler H.-J.: Fluidisierungsphänomene unter Wellenbelas-tung. Tagungsband zum Workshop »Grenzschicht Wasserund Boden – Phänomene und Ansätze«. Veröffentlichungendes Instituts für Geotechnik und Baubetrieb der TU Ham-burg-Harburg, Heft 9, 2005.

[9] Kohlhase, S.; Dede, Ch.; Weichbrodt, F.: Buhnenbau: Bean-spruchung und Bemessung von Holzpfählen im Küstenwas-serbau. BMBF-Forschungsbericht, 2005.

[10] Kohlhase, S.; Dede, Ch.; Weichbrodt, F.; Radomski, J.:Empfehlungen zur Bemessung der Einbindelänge von Holz-pfählen im Buhnenbau. Institut für Wasserbau der Universi-tät Rostock, 2006.

[11] Kudella, M.; Oumeraci, H.; De Groot, M.B.; Meijers, P.: Large-scale experiments on pore pressure generation underneatha caisson breakwater. ASCE, Journal of Waterway, Port, Coas-tal and Ocean Engineering, vol. 132, no. 4, Special Issue onLique-faction AroundMarine Structures, pp. 310–324, 2006.

[12] Kudella, M.; Oumeraci, H.: Wave-induced pore pressurein the sandy sea bed underneath a caisson breakwater – Expe-rimental results of large-scale model tests. LWI Bericht, Tech-nische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut, 2004.

[13] Lesny K.; Richwien, W.: Mindestanforderungen an die Bau-grunderkundung. Tagungsunterlagen zur 3. Tagung Off-shoreWindenergie, Hamburg: 29–39, 2004.

[14] Mardfeldt, B.: Zum Tragverhalten von Kaikonstrukti-onen im Gebrauchszustand. Promotionsschrift. Veröffentli-chungen des Instituts für Geotechnik und Baubetrieb der TUHamburg-Harburg, Heft 11, 2006.

[15] Oumeraci, H.: Scour in Front of Vertical Breakwaters –Review of Scaling Problems –. In Mitteilungen des Leicht-weiß-Instituts für Wasserbau, Technische Universität Braun-schweig, Heft 123, 1993.

[16] Oumeraci, H.; Kortenhaus, A.; Allsop, N.W.H.; De Groot,M.B.; Crouch, R.S.; Vrijling, J.K.; Voortman, H.G.: Probabilisticdesign tools for vertical breakwaters. Balkema, Rotterdam,The Netherlands, 392pp, 2001

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1. Vorbemerkung

Viele Prozesse, die bei der Bemessung von Küsten- undHochwasserschutzwerken eine Rolle spielen, sind mitUnsicherheiten behaftet. Dabei sind sowohl viele Ein-gangsparameter der verwendetenModelle stochastischerNatur als auch die Modelle selber mit Unsicherheitenbelegt. Die heutigen Erkenntnisse erlauben eine Berück-sichtigung dieser Unsicherheiten bei der VerwendungderModelle, z.B. durchdieVerwendungprobabilistischerMethoden.Unter probabilistischen Methoden werden hier Metho-den verstanden, die die Wahrscheinlichkeit ermitteln,mit der das Versagen eines Bauwerks eintritt. Hierzumuss zunächst der Begriff »Versagen des Bauwerks« defi-niert werden. Bei Küsten- undHochwasserschutzwerkenwird dazu in der Regel das »Versagen« definiert, wenn ei-ne Überflutung des Hinterlandes eintritt. Versagen kannalso eintreten, wenn ein Überströmen des Bauwerks auf-tritt (ohne dass dabei das Bauwerk selbst beschädigtwird), oder aber wenn ein Deichbruch eintritt. Das Ver-sagenwird aber in der Regel nicht durch einen einzelnenVersagensmechanismus verursacht, sondern durch meh-rere Mechanismen, die zeitlich hintereinander ablaufen.

2. Ziele

In HTG & DGGT (2004) wurde bereits der grundlegendeForschungsbedarf für verschiedene Gewässer aufgezeigt.Für die zukünftige Bemessung von Bauwerken wird dar-in unter anderem festgehalten:»Mit neuen probabilistischen Bemessungsverfahren kön-nen die Einwirkungen in ihrer zeitlichen Abfolge undvoraussichtlichen Gleichzeitigkeit berücksichtigt wer-den. Sie berücksichtigen auch die Eintretenswahrschein-lichkeit verschiedener Versagensformen und ermöglichenso eine Risikoabschätzung und eine Quantifizierung derZuverlässigkeit von Bauteilen und Bauwerken. Sie sind

somit eine Grundlage für eine strukturelle Optimierungvon Bauwerken und erlauben eine Bewertung der Aus-wirkungen von Planungsänderungen auf die Zuverläs-sigkeit und Sicherheit.«Das Kuratorium für Forschung im Küsteningenieurwe-sen (KFKI) hat in KFKI (2001) die allgemeine Forschungs-richtung des KFKI vorgegeben. Dabei wird ebenfalls aufdie in jeder Prognose vorhandenen Unsicherheiten hin-gewiesen. Gleichzeitig wird die Bedeutung von praxisre-levanten und interdisziplinären Forschungsprojektenunterstrichen.Ein internationaler Vergleich von Bemessungsmetho-den für Küstenschutzwerke ist schwer möglich, weilweltweit völlig unterschiedlicheKüstenschutzstrategieneingesetzt werden und unterschiedliche Bedingungengelten. Einen Überblick über derartige Methoden für diefünf Anrainerstaaten der Nordsee geben Jorissen et al.(2001). Die Auflistung zeigt, dass in vielen Küstenlän-dern entweder bereits risikobasierte Methoden für dieBemessung von Schutzwerken eingesetzt werden oderaber bereits große Schritte in diese Richtung unternom-men werden. Auch aus dieser Sicht und vor dem Hinter-grund anzustrebender Risikoanalysen für die vollständi-ge Erfassung des Küstenraumes bei der Bemessung istdaher ein Vorgehen in Richtung einer probabilistischenBemessung sinnvoll. Gleiches gilt für Bauwerke imFlussraum sowie an den Kanälen.Das vorrangige Ziel der Arbeitsgruppe »ProbabilistischeBemessung von Bauwerken« ist die Darstellung des vor-handenen Forschungsbedarfs für eine Bereitstellungund beispielhafte praktische Anwendung eines vollstän-digen operationellen probabilistischen Verfahrens fürdie Bemessung von Fluss-, Kanal-, Küstenschutz-, Hoch-wasserschutz-, Hafen- und OffshoreBauwerken. Dabeimüssen auch Verfahren für die Quantifizierung undAnalyse der Unsicherheiten aus den verschiedenstenQuellen zur Verfügung gestellt werden.

dr.-ing. andreas kortenhaus · dr.-ing. peter fröhle · prof. dr.-ing. jürgen jensen ·prof. dr.-ing. nicole von lieberman · dr.-ing. stephan mai · dr.-ing. christoph miller ·dr.-ing. karsten peters · prof. dr.-ing. holger schüttrumpf

Probabilistische Bemessung von Bauwerken

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3. Ingenieurpraktische und volkswirt-schaftliche Bedeutung

Die nachhaltige Bemessung von Bauwerken im Küsten-,Ästuar und Flussraum sowie entlang der Kanäle ist eineder entscheidenden Aufgaben für alle imWasserbau undKüsteningenieurwesen tätigen Ingenieure. Dabei stehtschon immer das Bestreben im Vordergrund, Aufwand(Kosten) und Nutzen der Bauwerke zu optimieren, umzum einen überdimensionierte Bauwerke (und damit zuhohe Kosten) und zum anderen unterdimensionierte Bau-werke (potentielle Gefahr durchVersagen) zu vermeiden.Hierfür sind zwei Voraussetzungen unabdingbar:• Verständnis der ablaufenden Prozesse am Bauwerk,

die zum Versagen führen, sowie derenWechsel-wirkungen. Das beinhaltet auch das Verständnis derdazu gehörigen Eingangsparameter.

• Kenntnis der Streubreite undmögliche Veränderungaller maßgebenden Parameter

Die hier angestrebte probabilistische Bemessung ist eineMöglichkeit, diesen Forderungen gerecht zu werden, dasie sowohl prozessorientiert arbeitet als auch die Streu-breite aller Eingangsparameter und der verwendetenModelle berücksichtigt. Daher ist die praktische Bedeu-tung für eine zukünftige Bemessung von Bauwerken imWasserbau und Küsteningenieurwesen als sehr hocheinzustufen.Die Bedeutung zuverlässiger und sicherer Ufersiche-rungs-, Hochwasserschutz- und Küstenschutzmaßnah-men ist eines der wesentlichen Anliegen der Länder unddes Bundes. Dücker & Oumeraci (2006) und Kortenhaus &Oumeraci (2000) weisen darauf hin, dass nach Aussagender Versicherungswirtschaft ca. 35 Mrd. Euro anWertenund ca. 4 Mio. Einwohner im Überflutungsbereich derdeutschen Küsten zu schützen sind. Kron (2002) zeigtdie Entwicklung von Überflutungen weltweit auf undgibt die Dimension von Überflutungen sowie die Ursa-chen für deren Entwicklung aus der Sicht der Versiche-rungswirtschaft an. Daraus lässt sich ableiten, dass so-wohl auf der Seite der »Risikoempfänger« als auch beiden Schutzbauwerken Maßnahmen ergriffen werdenmüssen, um das vorhandene Risiko zuminimieren. Einesichere Bemessung der vorhandenen Schutzwerke istdaher aus volkswirtschaftlicher Sicht unerlässlich.

Abb. 1a Seedeich im Bereich der Leybucht

Abb. 1b Deckwerk und Strandmauer auf Baltrum

Abb. 1c Schleuse im Seedeich bei Ribe, Dänemark

Abb. 1d Sperrwerk an der Eider

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4. Defizite in Forschung und Entwicklung

Bevor auf die Defizite in Forschung und Entwicklungeingegangen wird, soll kurz ein zusammenfassenderÜberblick über die derzeit gültige Bemessungspraxis ge-geben werden. Davon ausgehend werden die Defiziteaufgeführt.Entlang der deutschen Küsten ist eine Vielzahl vonWas-serbauwerken vorhanden, die im Folgenden aufgelistetwerden sollen (s. auch Abb. 1a – 1h), ohne dass hierbeiein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird:• Deiche und Dämme (Abb. 1a)• Deckwerke (Abb. 1b)• Dünen (Abb. 1g)• HWS-Wände, Molen, Kaianlagen, Spundwände,

Pfähle (Abb. 1f)• Offshore-Bauwerke, Zylinder• Siele, Sperrwerke, Schleusen, Auslässe (Abb. 1c – 1e)• Tore, Notverschlüsse• Objektschutzmaßnahmen, Brückenpfeiler

Bemessungspraxis in DeutschlandDie heutige Bemessungspraxis basiert auf jahrzehnte-,wenn nicht jahrhundertelangen Erfahrungen entlangder deutschen Nord- und Ostseeküsten. Sie wurde wäh-rend dieser Zeit immer wieder angepasst und verändertund beschränkt sich im Allgemeinen heute auf die Erfas-sung relevanter Versagensmechanismen des jeweiligenBauwerks (z.B.Wellenüberlauf beimDeich, Stabilität derDeckschicht bei geschütteten Wellenbrechern, Gleitsta-bilität bei Caisson-Wellenbrechern).Bei Seedeichen basiert die allgemeine Bemessungspraxisunter anderem auf der Ermittlung der Bestickhöhe desSeedeiches, bodenmechanischer Aspekte und bauprak-tischer Anforderungen. Für die Ermittlung der Bestick-höhe gibt es in den verschiedenen deutschen Bundeslän-dern unterschiedliche Verfahren, die z.B. für die Küste inOumeraci (2001) und für den Binnenbereich in Patt(2001) dargestellt sind (Abb. 2).Aus bodenmechanischer Sicht gelten für Deichbaumaß-nahmen grundsätzlich die übergeordneten Regeln undNormen für Baugrunduntersuchungen sowie die erfor-derlichen erdstatischen und bodenmechanischen Nach-weise u.a. gemäß DIN 1054 (1996), DIN 4084-100 (1996),DVWK (1986), BAW (2005), EAK (2002), EAU (2004).Deckwerke werden im Fluss- und Kanalbau sowie ent-lang der Ästuare und Küstenlinien als Böschungssiche-

Abb. 1e Siel in der Nähe von Dangast, Nordsee

Abb. 1f Hochwasserschutzwand in Hamburg

Abb. 1g Dünenlandschaft auf Norderney

Abb. 1h Senkrechter Wellenbrecher in Hartlepool, England

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rung eingesetzt. Die aktuelle Bemessungspraxis basiertim Wesentlichen auf der Ermittlung des erforderlichenEigengewichts des Deckwerks für maßgebende Belas-tungen unter Berücksichtigung bodenmechanischer As-pekte.Deckwerke sind im wesentlichen Wasserstands-, Strö-mungs-, Seegangs-, Schiffswellen- und Eisbelastungensowie deren Kombinationen ausgesetzt. GeschütteteDeckwerke sind auf Schüttsteinerosion zu bemessen.Die hydraulische Deckwerksbemessung ist bei BAW(2004) bzw. bei Hansen (1985) beschrieben. Die Ermitt-lung der Eingangsgrößen findet auf der Grundlage vonMessungen in der Natur oder empirischer Ansätze statt.Die geotechnische Bemessung ist in BAW (2004) be-schrieben. Die Regelbauweisen für Böschungs- und Sohl-sicherungen an Wasserstraßen können BAW (1993) ent-nommen werden.

Bemessungspraxis anderer LänderIn den Niederlanden wird eine Überschreitungswahr-scheinlichkeit des Bemessungswasserstandes für die ein-zelnen dort vorhandenen Deichringe vorgeschrieben.

Dabei wird nach TAW (1999) i.d.R. für an der Küste lie-gende Deichringe eine Wahrscheinlichkeit Pf = 1,0 · 10

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definiert, die Deichringe im Hinterland oder in wenigerexponierten Lagenwerdenmit Pf = 2,5·10

–4, 5,0 · 10–4 oder8,0 · 10–4 angesetzt. Eine Überprüfung der darauf beru-henden Bemessung muss dabei alle fünf Jahre erfolgen.Für Flussdeiche wird in den Niederlanden eine Eintritts-wahrscheinlichkeit von 8,0 · 10–4 nach TAW (1995) ange-setzt. Einen Überblick über Risikoanalysen in den An-rainerstaaten der Nordsee geben Jorissen et al. (2001).

DefiziteDie derzeit gültige Bemessungspraxis ist nicht prozesso-rientiert, weil sie nicht alle Versagensmechanismen desBauwerks erfasst und den Ablauf der Schadensprozessenicht berücksichtigt. Bei einer Deckwerksbemessungwerden zwar die verschiedenen Schadensmechanismenberücksichtigt, der zeitliche Verlauf des Schadens sowiedie Interaktion der verschiedenen Belastungsgrößenuntereinander sowie mit dem Deckwerk selber und demanstehenden Boden wird jedoch nur auf statischer Grund-lage erfasst. Die derzeitige Bemessungspraxis erfasst dar-

Abb. 2 Festlegung der Bestickhöhe eines Seedeiches an der Nord- und Ostsee (Oumeraci, 2001)

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über hinaus nicht die Unsicherheiten oder Streubreitender einzelnen Eingangsparameter, was zum einen dazuführen kann, dass viele Deiche oder Deckwerke zu starkauf der sicheren Seite liegend gebaut wurden, anderer-seits aber auch eine gefährliche Unterbemessung auf-grund der Unkenntnis der wirkenden Versagensmecha-nismen sowie deren Interaktionen auftreten kann.Weitere Unzulänglichkeiten deterministischer Bemes-sungsmethoden z.B. für Deiche sind in CUR (1990) oderKuijper & Vrijling (1998) zusammengefasst, eine aus-führlichere Diskussion findet sich in Kortenhaus et al.(2001).Probabilistische Verfahren basieren im Wesentlichen aufeiner prozessorientierten Erfassung des Versagens einesBauwerks, wobei die Unsicherheiten der Eingangspa-rameter und Modelle sowie die Beschreibung der Ver-sagensmechanismen selbst berücksichtigt werden.Darüber hinaus werden die Zusammenhänge der Me-chanismen hinsichtlich ihrer zeitliche Abfolge sowieihrer Interaktionen in der Regel in Fehlerbäumen be-schrieben. Im Vergleich zu deterministischenMethodenmüssen also mehr Informationen für die Bemessungvon Bauwerken auf probabilistischer Grundlage zur Ver-fügung gestellt werden. Daraus und aus der imVergleichzu deterministischen Verfahren geänderten Vorgehens-weise ergeben sich die folgenden Defizite in der For-schung:• Die Erfassung der Versagensformen für unterschied-liche Bauwerke ist bisher lückenhaft. Für vieleKüsten- und Hochwasserschutzwerke ist die Er-fassung der zugrunde liegenden Versagensmechanis-men bisher nicht vorhanden oder lückenhaft, so dassnur teilweise prozessorientierte Informationen zurVerfügung stehen. Dabei sind nach Buijs et al. (2005)auch zeitabhängige Prozesse zu berücksichtigen,die einen Einfluss auf die jeweiligen Versagens-mechanismen haben. So können z.B. morphologischeProzesse oder Veränderungen vor dem Bauwerkeinen deutlichen Einfluss auf die Versagensmechanis-men haben, siehe z.B. Dawson et al. (2005), undJohnson &Hall (2005).– Anmerkung: Es wird jedoch darauf hingewiesen,

dass die gleichen Bemessungsformeln, die deter-ministisch verwendet werden, auch bei probabilis-tischen Verfahren eingesetzt werden können.Hierfür ist in der Regel lediglich eine Umstellungin Form einer Grenzzustandsgleichung

(z = R – S mit R=Widerstände und S = Belastungen)und die Berücksichtigung von Unsicherheiten derEingangsparameter sowie des verwendetenModells erforderlich.

• Die Kenntnis der Unsicherheiten der Eingangsdatenund der Modelle ist sehr lückenhaft. Bisher liegenwenige Untersuchungen vor, auf deren Grundlagesich die statistischen Verteilungsfunktionen derUnsicherheiten bestimmen lassen können. Vielfachist man daher bei der Abschätzung der Unsicher-heiten auf Expertenmeinungen oder Schätzungenangewiesen. Dies beinhaltet auch die Extrapolationauf extreme Ereignisse wie sie immer wieder in derFachwelt diskutiert wird (z.B. ein Bemessungswasser-stand mit einemWiederkehrintervall von 10.000Jahren).– Anmerkung: Selbst (grobe) Schätzungen der

Unsicherheiten sind gegenüber deterministischenMethoden zu bevorzugen, weil sie die Bandbreitedes Ergebnisses deutlich machen. Verbesserungender Datenlage werden später zu einer Verringerungder Versagenswahrscheinlichkeit führen, einerdeterministischen Abschätzung des Ergebnisses(d.h. keine Unsicherheit in den Parametern) liegenweitaus gröbere Annahmen zugrunde.

• Die bisherigen Fehlerbaumanalysen sind unzurei-chend bei zeitabhängigen Versagensformen undbei einer Zeitabhängigkeit derWechselwirkungenzwischen den Versagensformen.Weder dieseZeitabhängigkeiten noch die Abhängigkeiten derVersagensmechanismen untereinander werden durchbisherige Fehlerbaumanalysen berücksichtigt.Abhängigkeiten können durch Korrelationen derMechanismen erfasst werden, hier ist man in derRegel aber auf Annahmen angewiesen.– Anmerkung: Abhängigkeiten zwischen einzelnen

Versagensmechanismen bestehen bereits dann,wenn beide Mechanismen den gleichen odermehrere gleiche Eingangsparameter verwenden.

• Eine einfache und bedienerfreundliche Software fürdie Anwendung probabilistischer Methoden liegtbisher nicht vor.Während deterministische Verfahrenin vielen Fällen noch »per Hand« zu berechnen sind,erfordern die statistischen Verteilungsfunktionen

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und die Level II oder Level III Berechnungen(insbesondere die teilweise zeitaufwändigenMonte-Carlo-Simulationen) der Versagenswahrscheinlich-keit numerische Tools, die am einfachsten mit demRechner bereitzustellen sind. Hierfür existierenzwar einige Software-Produkte, allerdings ist eineeinfache und universell anwendbare Software, dieohne große Vorkenntnisse einzusetzen ist undkomplexe Versagensmechanismen beinhaltet, bishernicht verfügbar. Dadurch ist die Anwendung proba-bilistischer Methoden auf kleine Expertengruppenbeschränkt und wird von vielen Nicht-Expertenkritisch gesehen.

• Probabilistische Verfahren liefern eine Versagens-wahrscheinlichkeit eines Küstenschutzwerkes.Die Bewertung dieses Ergebnisses im Sinne einerBemessung kann nur erfolgen, wenn Vergleichs- oderBemessungswerte herangezogen werden können.Jeder Überflutungswahrscheinlichkeit eines Gebietesmuss daher z.B. eine zulässigeWahrscheinlichkeitgegenüber gestellt werden. Hierzu fehlen bishernachvollziehbare Kriterien, die ein derartiges Vor-gehen erlauben.

Die angeführten Punkte müssen im Weiteren einge-hender diskutiert und aufgeschlüsselt werden. Hierausergibt sich der darzustellende Forschungsbedarf im Be-reich der probabilistischen Bemessung von Bauwerken.

5. F+E-Schwerpunkte, Herausforderungenund Förderungszeitraum

3.1 AllgemeinesIm Folgenden wird ein Überblick gegeben, welche De-tailschritte in der Forschung als notwendig angesehenwerden, um zu einer probabilistischen Bemessung vonBauwerken im Wasserbau und im Küsteningenieurwe-sen zu gelangen.Gleichzeitig soll in diesem Abschnitt auf laufende For-schungsprojekte undArbeitsgruppen verwiesenwerden,dies sich zurzeit oder in der Vergangenheitmit aktuellenForschungsfragen zur Bemessung von Bauwerken inFlussgebieten, Kanälen, Ästuaren, an der Küste oder aufSee beschäftigen oder beschäftigt haben. Eine Übersichtüber ausgewählte derartige Projekte auf internationalerund nationaler Ebene wird in Tab. 1 gegeben.

VersagensmechanismenWesentliche Grundvoraussetzung für eine probabilis-tische Bemessung ist die vollständige Erfassung vonVersagensmechanismen aller Bauwerke im Wasserbau,Küsten- und Hochwasserschutz. Ohne diese Versagens-mechanismen und die damit verbundenen Grenzzu-standsgleichungen ist eine probabilistische Bemessungnicht möglich. Daher wird der bestehende Forschungs-bedarf in den folgenden Schritten gesehen:1) Katalogisierung der Bauwerke für den Küsten – und

Hochwasserschutz: entlang der deutschen Küsten undFlüsse werden Bauwerke katalogisiert, die vor Über-schwemmungen und Hochwasser schützen. Dabei istnicht unbedingt die Länge der jeweiligen Schutzbau-werke entscheidend, sondern lediglich die unter-schiedlichen Typen. Diese Zusammenstellung ist dieGrundlage für die Aufstellung aller Versagensmecha-nismen für diese Bauwerke im nächsten Schritt.

2) Auflistung aller Versagensmechanismen für die ein-zelnen Bauwerke: für die im ersten Schritt zusam-mengestellten Bauwerkstypen müssen alle Versagens-mechanismen gefunden werden. Dabei ist zunächsteine Literaturstudie sinnvoll, in der zusammenge-stellt wird, wie die einzelnen Bauwerkstypen in derVergangenheit bereits versagt haben oder worauf siezurzeit bemessen werden. Alle bereits dokumentier-ten Versagensmechanismen sind gleichfalls aufzulis-ten und kritisch zu beurteilen. Darüber hinaus kanneine Expertenbefragung durchgeführt werden, diemögliche Versagensformen der Bauwerke abfragt undbewertet. Dieses Verfahren wird zu einer Auflistungmöglicher Versagensmechanismen für alle Bauwerkeführen.

3) Entwicklung der Fehlerbäume für die Bauwerke undderen Variationen: im nächsten Schritt muss nun dieAbfolge aller Versagensmechanismen erstellt werden.Aus den im letzten Schritt durchgeführten Schadens-analysen können einzelne Schritte des Gesamtversa-gens abgeleitet werden. Jedes einzelne Teilversagenist ein Versagensmechanismus aus Schritt 2. DieserAblauf des Gesamtversagens wird für jedes Bauwerkzu einem Fehlerbaum führen, der von den auslösen-den hydraulischen und geotechnischen Randbedin-gungen bis hin zum Gesamtversagen das Entsteheneiner Überschwemmung beschreibt.

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Projekt Laufzeit Förderer/ Projektnr. Inhalt

ACTIF EU, EVK1-CT-2002-80014 Überflutungsvorhersage im Flussbereich, Transfer von Wissenschaftzu Anwendern und Praxis

CLASH 2002–2005 EU, EVK3-CT-2001-00058 allgemeine Berechnungsmethoden für Wellenüberlauf überKüstenschutzbauwerke sowie Maßstabseffekte

COMCOAST 2005–2007 EU, Interreg IIIb innovative Lösungen für Überflutungs- und Hochwasserschutz imKüstenbereich

COMRISK 2003–2005 EU, Interreg IIIb Verbesserung des Risikomanagements in Küstenregionen

CRUE 2005– EU, ERAC-CT-2004-515742 Konsolidierung bestehender Hochwasserforschungsprogrammeund Identifizierung von Wissenslücken

Deichprofile 2001–2003 KFKI 75 Optimierung von Deichprofilen

DFNK BMBF, Deutsches Forschungsnetz Wissenschaftliche Grundlagen für ein RisikomanagementNaturkatastrophen, BMBF von Naturkatastrophen

EUROWAVES 1997–2001 EU, MAS3-CT97-0109 Bestimmung des Wellenklimas in Europa, inkl. Wellenstatistikoff-shore, Wellentransformationsmodellen und Statistik am Bauwerk

FLOODsite 2004–2009 EU, 36 Partner aus 13 Ländern Risikobasierte Analyse- und Management-Methoden, Fehlerbäume,Versagensmechanismen

HIPOCAS 2002–2004 EU, EVK2-CT-1999-00038 40 Jahres Hindcast von Wind, Wellen, Wasserstand und Klima fürEuropäische Gewässer

IMPACT 2001–2004 EU, EVG1-CT-2001-00037 Initialisierung von Dammbrüchen, Versagensmechanismen undBruchvorgänge in Dämmen und Böschungen

MAXWAVE 2000– EU, EVK3-CT-2000-00026 beschäftigt sich mit Freakwellen als Ursachen von Schiffsunglücken

MOSES 2003–2007 BMBF, KFKI 80-1 Modellierung des mittelfristigen Seegangsklimas im deutschenNordseeküstengebiet

MUSE 2002–2005 BMBF, KFKI 78 Modellgestützte Untersuchungen zu Sturmfluten mit geringen Eintritts-wahrscheinlichkeiten an der Deutschen Nordseeküste

MUSTOK 2005–2008 BMBF, KFKI 84-86 Modellgestützte Untersuchungen zu extremen Sturmflutereignissenan der Deutschen Ostseeküste

ProDeich 2000–2003 BMBF, KFKI, LWI, TU Braunschweig, Probabilistische Bemessung von Seedeichen, Fehlerbaum für Deiche,IGBE, Uni Duisburg-Essen Versagensmechanismen für Deiche

PROVERBS 1996–1999 EU, 23 Partner aus 8 Ländern Probabilistische Bemessung von senkrechten Wellenbrechern

RASP UK, Environment Agency Risikobestimmung von Flussdeichen in England

Reducing the Risk UK Schadensanalyse der in England aufgetretenen Flussdeichbrüche,of Embankment inkl. Aspekte der Bemessung, Bauausführung, Wartung und ReparaturFailure

RIMAX BMBF, verschiedene Teilprojekte Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse

SAFECOAST 2005–2008 EU, Interreg IIIb, 6 partners Management der Nordsee im Jahr 2050 unter Berücksichtigungvon Klimaschwankungen und Meeresspiegelanstieg

TE 2100 UK Risikobestimmung in der Themse-Region, detaillierte Erfassung vonVersagensmechanismen, Überflutungsvorgängen und Schadensmodellen

WAVEMOD 1993– MAS2-CT92-0025 probabilistische Wellenmodelle und Berücksichtigung von Strömungen

World Wave Atlas 1993– Norwegian Space Centre hoch auflösender Atlas für Wind und Wellen für beliebige Regionen weltweit(WWA)

2000–2002 KFKI 65 Charakterisierung der Tidekurve

1999–2001 KFKI 61 Hydrodynamische Belastung der Binnenböschung von Seedeichendurch Wellenüberlauf

1995–1998 KFKI 52 Windstauanalysen zur Änderung des Sturmflutklimas in der Nord- und Ostsee

1997–1998 KFKI 54 Untersuchungen regionaler Windwirkungen, hydrodynamischer Systemzustände und Oberwassereinflüsse auf das Sturmflutgeschehen in Tideästuaren

1994 KFKI 45 Bemessung auf Seegang

Tab. 1 Übersicht laufender und abgeschlossener Forschungsprojekte (ausgewählte Bereiche)

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4) Entwicklung vonMethoden und Verfahren zur Berück-sichtigung zeitlich variabler Versagensmechanismen:die meisten Versagensmechanismen sind untereinan-der abhängig oder verwenden die gleichen Eingangs-parameter (was gleichfalls eine Abhängigkeit von Ver-sagensmechanismen bedeutet). Wechselwirkungenzwischen den Versagensmechanismen in einem Feh-lerbaum sind zunächst ausgeschlossen, alle Versagens-mechanismen werden als unabhängig betrachtet.Dieser offensichtliche Widerspruch zwischen Realitätund Annahme innerhalb einer Fehlerbaumanalysemuss zunächst konzeptionell gelöst werden. Die neuzu entwickelnden oder aus dem Schrifttum anzupas-senden Verfahren sind dann auf die im Schritt 3 ent-wickeltenFehlerbäumeanzuwenden.EntsprechendeVeränderungen der Fehlerbäume sind vorzunehmen.

5) Entwicklung der Grenzzustandsgleichungen für die feh-lenden Versagensformen: hier sind für die einzelnenVersagensmechanismen Grenzzustandsgleichungenzu entwickeln bzw. aus dem Schrifttum zu überneh-men und kritisch zu beurteilen. Bei ungenügendemWissensstand zu den einzelnen Versagensmechanis-men sind entweder entsprechende Untersuchungenvorzuschlagen oder selbst durchzuführen, wenn dieGrenzzustandsgleichungen vorab bekannt sind (z.B.für Seedeiche oderDünen). Abschließend stehennachdiesem Schritt für jeden der gefundenen Bauwerks-typen sowohl ein Fehlerbaum als auch die darin ent-haltenen Versagensmechanismenmit ihren jeweiligenGrenzzustandsgleichungen und allen Eingangspara-metern zur Verfügung.

Eine Übersicht über relevante laufende bzw. abgeschlos-sene Projekte und Arbeitsgruppen, die sich mit Grenz-zustandsgleichungen und Fehlerbäumen für Bauwerkeim Wasserbau und Küsten- und Hochwasserschutz be-fasst haben oder befassen, gibt die nachfolgende Auflis-tung.Weitere Projekte sind in Tab. 1 aufgelistet.• PROVERBS: Probabilistic Design Tools for Vertical

Breakwaters, EU, 1996–1999• ProDeich: Probabilistische Bemessungsmethoden für

Seedeiche, BMBF/KFKI, 2000–2002• FLOODsite: Integrated Flood Risk Assessment and

Management Methodologies, EU, 2004–2009• Verschiedene BMBF/KFKI Projekte zuWellenbelastungvon Küstenschutzbauwerken wie Deiche, Dünen,Pfähle, etc. (vgl. Liste in Tab. 1)

• EAK Arbeitsgruppe 1: Sickervorgänge im Deich• EAK Arbeitsgruppe 4: Hochwasserschutzwände• EAK Arbeitsgruppe 8: Dünen als Hochwasserschutz• EUROTOP- Europäisches Overtopping Handbuch

UnsicherheitenEin zweiter wesentlicher Gesichtspunkt der probabilis-tischen Bemessung ist die Erfassung der vorhandenenUnsicherheiten in den Eingangsparametern und den ver-wendeten Modellen (Abb. 3). Hier liegt auch der Mehrbe-darf an Eingangsinformationen, da neben den »Mittel-werten« (wie bei einer deterministischen Bemessung)auch die Verteilung der jeweiligen Parameter vorliegenoder abgeschätzt werden muss. Der Forschungsbedarfwird hier wie folgt gesehen:1) Methoden der Datenbehandlung: ein einheitliches

Konzept sollte hier vorliegen, wie vorhandene Datenbehandelt werden, so dass daraus Eingangsvertei-lungen für probabilistische Bemessungen gewonnenwerden können. Dies umfasst vor allem die Behand-lung von Datenlücken, Trends in den Daten, Korrela-tionen, Regressionen, räumliche und zeitliche Abhän-gigkeiten, etc.. Hierzu sind in der Vergangenheit neueMethoden entwickelt worden (Neuronale Netze, CCA= Canonical Correlation Analysis, SSA = SingularSpectrumAnalysis), die vor allem auf ihre allgemeineAnwendbarkeit geprüft und gegebenenfalls erweitertwerdenmüssen.

2) Abschätzung der Unsicherheiten der eingesetztenModelle, Methoden und Eingangsdaten: für die neugefundenen Grenzzustandsgleichungen aus Punkt 0müssen die Eingangsparameter zusammengestelltwerden und im Hinblick auf ihre Unsicherheiten un-tersucht werden. Darüber hinaus muss die Unsicher-heit der Grenzzustandsgleichungen selbst erfasst wer-den. Zusätzlicher Forschungsbedarf besteht in derTrennung dieser Unsicherheit von den Unsicher-heiten der Eingangsparameter. Hierfür sind Schrift-tumsanalysen bzw. weitere Untersuchungen (Mes-sungen im Labor, Modellversuche) erforderlich.

3) Extrapolation für Extremwerte: viele der notwendigenEingangsparameter sind Extremwerte (z.B. Wasser-stand und Seegangsparameter), die aufgrund vonMessreihen extrapoliert worden sind. Neben denunter Punkt 1 vorgestellten Methoden der Zeitreihen-behandlung muss auch die Art der Extrapolation derMessdaten eingehender untersucht bzw. anwendbar

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gemacht werden. Hierzu sind gegebenenfalls weitereUntersuchungen von vorhandenen Zeitreihen bzw.weitere Software-Entwicklungen notwendig.

4) gemeinsame Eintrittswahrscheinlichkeiten: einige derzu untersuchenden Eingangsparameter der Grenzzu-standsgleichungen sind voneinander abhängig. DieseAbhängigkeiten sind eingehender zu untersuchenund darzustellen. Sie sind entweder durch ein ent-sprechendes Modell, ein neuronales Netz, eine Korre-lationsmatrix bzw. gemeinsame Eintrittswahrschein-lichkeitendarzustellen.Die jeweiligeVorgehensweiseist systematisch zu erfassen und darzustellen.

Nach Abschluss dieser Punkte steht eine Gesamtliste al-ler Eingangsparametermit zugehörigenAbhängigkeitenund Unsicherheiten zur Verfügung. Aufbauend auf die-sen Informationen kann zusammen mit den Grenzzu-standsgleichungen eine probabilistische Bemessung deruntersuchten Bauwerke erfolgen.Eine Übersicht über laufende und abgeschlossene Pro-jekte und Arbeitsgruppen, die sich mit Unsicherheitenund ihrer Erfassung und Quantifizierung beschäftigt ha-

ben oder befassen, ist in der folgenden Auflistung bzw. inTab. 1 gegeben.• FLOODsite: Integrated Flood Risk Assessment and

Management Methodologies, EU, 2004–2009• ProDeich: Probabilistische Bemessungsmethoden für

Seedeiche, BMBF/KFKI, 2000–2002• MUSE: Modellgestützte Untersuchungen zu Sturm-flutenmit geringen Eintrittswahrscheinlichkeiten ander Deutschen Nordseeküste, BMBF/KFKI, 2002–2005

• MUSTOK: Modellgestützte Untersuchungen zuextremen Sturmflutereignissen an der DeutschenOstseeküste, BMBF/KFKI, 2005–2008– Charakterisierung der Tidekurve, BMBF/KFKI,2000–2002

– Windstauanalysen zur Änderung des Sturmflut-klimas in der Nord- und Ostsee, BMBF/KFKI,1995–1998

– EAK Arbeitsgruppe 2: Unsicherheit und Bemessung

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Abb. 3 Wesentliche Einteilung der Unsicherheiten bei einer probabilistischen Bemessung (nach Oumeraci et al., 2001)

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BerechnungsverfahrenImmer schnellere Computer und bessere Berechungsal-gorithmen lassen auch probabilistische Berechnungenimmer kürzer werden. Trotzdem sind bei einer großenAnzahl vonVersagensmechanismen bzw. bei komplexenBerechnungsalgorithmen, die mitunter numerische Mo-delle erfordern, immer noch sehr umfangreiche undzeitaufwändige Berechnungen erforderlich. Eine Über-sicht über den abzusehenden Forschungsbedarf ist daherim Folgenden gegeben (Details siehe Tab. 1):1) Entwicklung neuer Verfahren für die Fehlerbaum-

analyse: bei der Analyse der Fehlerbäume wird davonausgegangen, dass die Versagensmechanismen von-einander unabhängig sind. Dann lässt sich die Ge-samt-Versagenswahrscheinlichkeit des Top-Eventseinfach ermitteln. In der Regel ist eine derartige Un-abhängigkeit nicht gegeben, so dass eine Korrelationder Versagensmechanismen oder eine gleichzeitigeBerechnung des gesamten Fehlerbaums innerhalb ei-nerMonte-Carlo-Simulation verwendetwerdenmuss.Darüber hinaus sind einige Versagensmechanismenzeitabhängig und laufen daher nacheinander ab. Die-se zeitliche Koppelung muss ebenfalls berücksichtigtwerden. Hier fehlt eine systematische Vorgehenswei-se zur Erfassung dieser Abhängigkeiten, so dass zu-künftige Anwender ohne großen Aufwand die Korre-lation einzelner Versagensmechanismen bestimmenbzw. deren zeitliche Abhängigkeit berücksichtigenkönnen. Darüber hinaus muss auch die Einteilungder einzelnen Küsten- bzw. Flussabschnitte systema-tischer behandelt werden. Hierbei ist noch völlig un-klar, wie die Einteilung in einzelne Abschnitte zu er-folgen hat, welche Kriterien hierfür zu befolgen sind,welche Längeneffekte auftreten, und welche Auswir-kungen auf ein Gesamtergebnis zu erwarten sind.

2) Verbesserungen der Berechnungszeiten bei aufwän-digen Simulationen (z.B. Monte-Carlo-Simulationen)durch optimierte Verfahren: Monte-Carlo-Simulati-onen benötigen je nach der Versagenswahrschein-lichkeit des Ereignisses eine unterschiedliche Anzahlvon Berechnungen, um zuverlässige Ergebnisse zu er-zielen. Mitunter müssen bei sehr geringen Versagens-wahrscheinlichkeiten bis zu einigen Millionen Be-rechnungen durchgeführt werden. Im Schrifttumgibt es bereits einige anerkannte Verfahren, die dieAnzahl der notwendigen Berechnungen verringern.Derartige Verfahren müssen angepasst, erweitert und

allgemein zur Verfügung gestellt werden, so dassMonte-Carlo-Simulationen deutlich schneller ablau-fen können.

3) Beispielhafte Durchführung einer vollständigen pro-babilistischen Bemessung: die zuvor beschriebenenPunkte müssen zu einer vollständigen probabilis-tischen Bemessung zusammengeführt und auf einenSatz ausgewählter Küsten- und Hochwasserschutzwer-ke angewendet werden. Dabei wird sich vor allem dieAnwendbarkeit neuer oder angepasster Methoden her-ausstellen bzw. Probleme auftreten, die typischerweiseerst bei der ersten Anwendung entdecktwerden. DieseProbleme müssen aufgezeigt und behoben werden.Dabei muss möglichst systematisch vorgegangen wer-den, so dass im Weiteren derartige Probleme bei derAnwendung reduziert werden. Die Anwendung wirdauch zeigen, wie aufwändig die Ermittlung der Gesamt-Versagenswahrscheinlichkeit eines Bauwerks ist undan welchen Stellen Optimierungsbedarf besteht.

4) Entwicklung eines allgemein zugänglichen modu-laren Software-Tools zur einfachen Durchführungprobabilistischer Bemessungen: die Komplexität pro-babilistischer Methoden birgt bis heute eine gewisseAbschreckung. Derartige Verfahren sind nicht ohnedetailliertes Fachwissen und entsprechende Compu-terunterstützung zu lösen. Hier muss eine Zusam-menstellung der vorhandenen Software erfolgen, diedetailliert beschreibt, wie die Software aufgebaut istund welche Charakteristika sie beinhaltet. Daraufaufbauend muss entschieden werden, ob eine vorhan-dene Software verwendet werden oder weiter ausge-baut werden kann, bzw. ob eine neue modular aufge-baute Software entwickeltwerden sollte.Die Softwaremuss ein Modul beinhalten, dass vorhandene geogra-phische Daten sowie Eingangsparameter einlesenund verarbeiten kann, so dass ein minimaler Auf-wand für die Dateneingabe vorhanden ist. Rechener-gebnisse müssen darstellbar sein und in verschiedeneAnwendungen exportierbar (u.a auch GIS, s. Schritt 5).Das Tool muss außerdem erlauben, dass einzelne Ver-sagensmechanismen und auch Teile des Fehlerbaumsausgetauscht werden können. Anwenderschulungensind vorzusehen.

5) Aufbau einer Datenbank für Berechnungsergebnisseund Möglichkeiten der Einbindung in GIS-Systeme:einmal berechnete Streckenabschnitte entlang derdeutschen Küsten sollten in einem zentralen Daten-

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bank-System gespeichert und allgemein zugänglichgemacht werden. Hier empfiehlt sich der Aufbaueines webbasierten Systems, in den neue Berechnungs-ergebnisse eingespeist werden können. Ein derartigesSystem muss konzeptionell aufgebaut und dannschrittweise umgesetzt werden. Die Datenbankenmüssen Schnittstellen vorhalten, so dass Ergebnissejederzeit in ein GIS übernommen werden können.

Eine Übersicht über laufende Projekte und Arbeitsgrup-pen, die sich mit der Erstellung von Software-Tools be-fassen oder Ergebnisse hierzu vorgelegt haben, ist imFolgenden aufgelistet bzw. in Tab. 1 zusammengestellt.• FLOODsite: Integrated Flood Risk Assessment and

Management Methodologies, EU, 2004–2009• ProDeich: Probabilistische Bemessungsmethodenfür Seedeiche, BMBF/KFKI, 2000–2002

Zulässige WahrscheinlichkeitenEine probabilistisch basierte Bemessung kann nur dannErfolg haben, wenn den berechneten Versagenswahr-scheinlichkeiten zulässigeWerte gegenüber gestellt wer-den können. Derartige Werte sind allerdings bislang inweiten Bereichen nicht aufgestellt worden. Demnachfehlen auch grundsätzliche Überlegungen und ein gene-relles Konzept zu ihrer Einführung. Der hierfür notwen-dige Forschungsbedarf ist im Folgenden zusammenge-stellt:

1) Kriterien für die Ableitung zulässiger Versagenswahr-scheinlichkeiten für Bauwerke im Küsten-, Ästuarund Flussraum: die Ergebnisse der oben angeführtenBerechnungen werden in der Regel als Versagens-wahrscheinlichkeit Pf pro Jahr für jeden Bauwerksab-schnitt vorliegen. Es sind dabei je nach Eingangspara-metern Zahlen zwischen Pf = 10

–2/a und Pf = 10–7/a zu

erwarten. Derartige Zahlen sind alleine nicht aussa-gekräftig und können für eine Bemessung nur dannverwendet werden, wenn Vergleichszahlen vorliegen.So sollte ein gewisser Abschnitt eines Bauwerkes ei-ne Mindest-Versagenswahrscheinlichkeit aufweisen,die u.a. davon abhängt, welche Bedeutung das Bau-werk für die Sicherheit des Hinterlandes besitzt, wel-chen Wert das Bauwerk selber hat, welche Werte ge-schützt werden sowie von weiteren Kriterien. DieseKriterien müssen systematisch erarbeitet und zusam-mengestellt werden, so dass eine Grundlage entsteht,auf der zulässige Wahrscheinlichkeiten festgelegtwerden können. Neben den eigentlichen Kriterienmüssen auch Beispiele angegeben werden, wie aufdieser Grundlage zulässige Versagenswahrschein-lichkeiten festgelegt werden können. Gegebenenfallsist dies auch für Beispielbauwerke durchzuführenund dann mit herkömmlichen Verfahren zu verglei-chen (s. auch Schritt 4).

2) Vergleich mit DIN-Normen und probabilistischen Be-messungsansätzen anderer Bauwerke: zulässige Ver-

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Abb. 4 F+E-Schwerpunkte für eine prohabilistische Bemessung und Zusammenarbeit mitanderen Schwerpunktthemen

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sagenswahrscheinlichkeiten haben bereits Eingangin die Bemessung anderer Bauwerke (Hoch- und Tief-bau) gefunden. Derartige Bemessungen sind verglei-chend heranzuziehen und eine Übertragbarkeit bzw.Vergleichbarkeit ist zu prüfen. Wenn sichergestelltwerden kann, dass Verfahren aus anderen Bereichenauf die hier behandelten Fragestellungen übertragbarsind, muss ein Verfahren entwickelt werden, wie der-artige Methoden übernommen werden können. Dieneue Methodik muss anhand von Beispielen aufge-zeigt werden.

3) Einbeziehung als Teil einer risikobasierten Bemes-sung: probabilistische Bemessung wird in weiten Be-reichen nur als Teil einer risikobasierten Bemessungverstanden, bei der nicht ein Vergleich der berechne-ten und zulässigen Versagenswahrscheinlichkeit desBauwerks vorgenommen wird, sondern vielmehr dasermittelte Überflutungsrisiko (in der Regel als Pro-dukt der Versagenswahrscheinlichkeit und den er-mittelten Folgewirkungen) dem zulässigen Risikogegenübergestellt wird. Bei dieser Erweiterung wirdalso das Hinterland des Bauwerks mit in die Bemes-sung einbezogen, was in sich eine logische und sinn-volle Erweiterung des Bemessungsverfahrens ist. Indiesem Schritt soll daher erarbeitet werden, für wel-che Randbedingungen eine risikobasierte BemessungVorteile gegenüber einer probabilistischen Bemes-sung hat und wann nicht. Hieraus sollten Empfeh-lungen resultieren, wann der zusätzliche Aufwandeiner risikobasierten Bemessung eingegangen wer-den sollte und unter welchen Bedingungen die pro-babilistische Bemessung ausreichend ist.

4) Vergleich mit deterministischen Bemessungsverfah-ren: wenn zulässige Versagenswahrscheinlichkeitenermittelt worden sind, muss ein Vergleich erfolgen,wie ein Bauwerk angepasst werden muss, damit esden geänderten Bemessungsrichtlinien entspricht.Die Ergebnisse sind im Einzelnen darzustellen undzu bewerten. Der Vergleich von probabilistischenVerfahren und deterministischen Bemessungsverfah-ren muss aufzeigen unter welchen Umständen eineprobabilistische Bemessung sinnvoll bzw. unver-meidbar ist. Entsprechende Unterschiede in den Be-messungsverfahren sind zu quantifizieren.

Eine Übersicht der laufenden Projekte und Arbeitsgrup-pen gibt Tab. 1. Der Förderungszeitraum für die hier dar-gestellten Aufgaben ist sicher nicht unter fünf Jahren

anzusetzen. Dabei müssen die verschiedenen Aufgabeninterdisziplinär gelöst werden. Eine enge Zusammen-arbeit zwischen Küsteningenieuren, Mathematikern,Grundbauern und Geographen ist hierfür anzustreben.Das hier beschriebene Vorgehen ist in Abb. 4 zusammen-gefasst.

6. Perspektiven nach dem Förderungszeit-raum (Fernziel)

Trotz der diversen Vorteile probabilistischer Bemessungs-methoden (Berücksichtigung der stochastischen Naturder meisten relevanten Eingangsparameter, Erfassungder Unsicherheiten in den Modellen und deren Ein-gangsparametern, bessere Einsicht in das Zusammen-wirken komplexer Systeme) sind auch einige Nachteilez.B. in Sexsmith (1999) und Elishakoff (2000) zusammen-gestellt. Hierinwerden vor allemdie fehlendeAkzeptanzprobabilistischer Methoden und ihre notwendige Ein-bindung in Risikoanalysen genannt, aber auch die häufigunzureichende Datengrundlage wird bemängelt. Trotz-dem wird die Verwendung der probabilistischen Verfah-ren dabei generell befürwortet. Ein großer Nachteil derprobabilistischen Verfahren liegt in der Zugänglichkeit,die aufgrund der erforderlichen Softwaresysteme nichtfür jedermann möglich ist bzw. eine Hemmschwelledarstellt.Probabilistische Verfahren sind heute technisch mach-bar, vor allem, wenn die oben diskutierten Weiterent-wicklungen umgesetzt werden können. Für eine Bemes-sung von Küsten- und Hochwasserschutzwerken imSinne von Empfehlungen müssen jedoch eine Reihe vonweiteren Schritten umgesetzt werden:• Lösung der noch ausstehenden »technischen«

Probleme• Homogenisierung der Bemessung in den Bundes-ländern und des Bundes

• Klärung (und ggf. Änderung) gesetzlicher Bestimm-ungen und Vorgaben

• Bereitstellung des Verfahrens für Behörden undIngenieurbüros (z.B. web-basierte Software)

Probabilistische Verfahren zielen immer auf eine Versa-genswahrscheinlichkeit eines Bauwerks ab, ohne die da-hinter liegenden Gebiete bzw. Überflutungsflächen sowiedie Konsequenzen des Versagens zu berücksichtigen (risi-kobasierte Bemessung). Daher können probabilistische

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küsteningenieurwesen

Methoden immer nur bauwerksbezogene Aussagen ma-chen. Eine Einbeziehung des Hinterlandes wie z.B. imSinne von risikobasierten Methoden ist daher sinnvollund wird verschiedentlich auch bereits untersucht oderangewendet. Es ist vor allem vor dem Hintergrund derneuen EU-Richtlinie über die »Bewertung und Bekämp-fung von Hochwasser« in absehbarer Zeit unabdingbar.Das Ziel eines derartigen Vorgehens ist es, die Bedeutungder zu schützenden Gebiete in der Bemessung zu berück-sichtigen. Die Bemessung erfolgt dann nicht mehr nurauf der Ebene der Versagenswahrscheinlichkeit des Bau-werkes [Einheit: 1/Jahr], sondern auf der Ebene des Ge-samtrisikos einer Überflutung [Einheit z.B.: I / Jahr].

7. Überlappungen zu anderen Schwerpunkt-themen der HTG

Probabilistische Verfahren benötigen Angaben aus ver-schiedenen Schwerpunktthemen, die im Sinne einer Be-messung zusammen geführt werden müssen. Die Ver-bindungen zu anderen Schwerpunktthemen sind daherim Folgenden aufgelistet:• A1: Sturmflutwasserstände und Seegang: extremeWasserstände und Seegangsparameter sowie derenEintrittswahrscheinlichkeiten sind wesentlicheEingangsparameter für probabilistische Bemessungen

• A2: Morphodynamik im Küsten- und Ästuarraum:langfristige und großräumige Veränderungen könnensowohl die Eingangsparameter als auch die am Bau-werk ablaufenden Prozesse entscheidend verändern.Ihre Kenntnis ist daher entscheidend.

• A5: Küsten- und Hochwasserschutz: Mögliche neueSchutzkonzepte oder -systememüssen in die probabi-listische Bemessung einbezogen werden. EineZusammenarbeit mit der AG A5 ist daher notwendig.

• A6: Geokunststoffe imKüsten- und Verkehrswasserbau:neue Baustoffe und Bauweisenmüssen ebenfalls durchprobabilistische Bemessungsverfahren berücksichtigtwerden. Die Veränderung des Fehlerbaumes bzw. ein-zelner Versagensmechanismen für ein Bauwerk durchEinsatz von Geokunststoffen ist zu berücksichtigen.

• B2: Risikobewertung und Risikomanagement: die Ein-beziehung probabilistischer Verfahren in eine Risiko-analyse für den Küstenraum ist eine der wesentlichenErweiterungen der hier diskutiertenMethodik. EineZusammenarbeit mit der AG B2 ist daher notwendig.

Über die geplanten Forschungsschwerpunkte der HTGhinaus sollten Verbindungen zu Forschungsrichtungenwie IKZM (Integriertes Küstenzonenmanagement), prak-tischen Notwendigkeiten wie der Europäischen Wasser-rahmenrichtlinie und grafischen Darstellungsmöglich-keiten wie GIS oder Risikokartierung diskutiert werden.Insbesondere sind aber die Möglichkeiten und Erforder-nisse für eine Umsetzung probabilistischer Verfahren inder Praxis zu diskutieren.

8. Schrifttum

[1] Bundesanstalt für Wasserbau (BAW): Merkblatt für die An-wendung von Regelbauweisen für Böschungs- und Sohlen-sicherungen an Wasserstraßen (MAR). Karlsruhe, Germany,1993.

[2] BAW: Grundlagen zur Bemessung von Böschungs- und Soh-lensicherungen an Binnenwasserstraßen (GBB). BAW, Arbeits-gruppe »Auskleidung von Wasserstraßen«, Mitteilungsblattder Bundesanstalt für Wasserbau, Nr. 87, 136 S., 1 Anhang,2004.

[3] BAW: Merkblatt Standsicherheit von Dämmen an Bundes-wasserstraßen (MSD). Karlsruhe, Germany, 2005.

[4] Buijs, F.A.; Hall, J.W.; Sayers, P.B.: Exploring sensitivity of flooddefence reliability to time-dependent processes. Internatio-nal Seminar on Stochastic Hydraulics (ISSH 2005), IAHR, Nij-megen, The Netherlands, 8 pp, 2005.

[5] CUR: Probabilistic design of flood defences. Centre for CivilEngineering Research, Codes and Specification, no. 141, Gou-da, The Netherlands, 154 pp, 1990.

[6] Dawson, R.J.; Hall, J.W.; Nicholls, R.J.; Bates, P.D.; Dickson,M.E.; Walkden, M.J.A.: Efficient broad scale flood risk assess-ment over multi-decadal timescales, 2005. International Se-minar on Stochastic Hydraulics (ISSH 2005), IAHR, Nijme-gen, The Netherlands, 8 pp.

[7] DIN 1054: Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau. Ber-lin, Germany: Beuth-Verlag, S. 109–191, 1996.

[8] DIN 4084-100: Böschungs- und Geländebruchberechnungen.Teil 100: Berechnung nach dem Konzept mit Teilsicher-heitsbeiwerten. Berlin, Germany: Beuth-Verlag, 1. Auflage,S. 215–234, 1996.

[9] Dücker, H.P.; Oumeraci, H.: Herausforderungen für die For-schung im Küsteningenieurwesen, maritimen und binnen-ländischen Hafen- und Verkehrswasserbau aus dem Blick-winkel der HTG. HANSA, Jg. 143, Nr. 1, S. 65–72, 2006.

[10] DVWK: Flußdeiche. Nr. 210, DVWK-Merkblätter zur Wasser-wirtschaft, Verlag Paul Parey, 1986.

[11] EAK: Empfehlungen für Küstenschutzwerke. Heide i.Holst., Germany: Die Küste. Archiv für Forschung und Tech-nik an der Nord- und Ostsee, Heft 65, Boyens & Co., 589S., 2002.

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[12] EAU: Empfehlungen des Arbeitsausschusses »Uferein-fassungen«, Häfen und Wasserstraßen. HafenbautechnischeGesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Erd- und Grundbau,10. Auflage, Verlag Ernst & Sohn, Berlin, 664 S., 2004.

[13] Elishakoff, I.: Possible limitations of probabilistic me-thods in engineering. Applied Mechanics Review, vol. 53,no. 2, pp. 19 –36, 2000.

[14] Hansen, U.A.: Wasserbausteine im Deckwerksbau – Bemes-sung undKonstruktion. Heide i. Holstein:WestholsteinischeVerlagsanstalt Boyens & Co, 1985.

[15] HTG; DGGT: Unsere Gewässer – Forschung tut Not. Hafenbau-technische Gesellschaft, Hamburg, 23 S., 2004.

[16] Johnson, E.A.; Hall, J.W.: A risk based model assessmentof shingle beach interventions. International Seminar onStochastic Hydraulics (ISSH 2005), IAHR, Nijmegen, The Ne-therlands, 8 pp, 2005.

[17] Jorissen, R.; Litjens-van Loon, J.L.; Lorenzo, A.M.: Floodingrisk in coastal areas. An inventory of risks, safety levels andprobabilistic techniques in five countries along the NorthSea coast. Ministry of Transport, Public Works and WaterManagement, Road and Hydraulic Engineering Division, W-DWW-2000-090, Delft, The Netherlands, 27 pp., 6 App., 2001.

[18] KFKI: Forschungskonzept für das Kuratorium für For-schung im Küsteningenieurwesen 2001. KFKI, Cuxhaven, 26S., 2001.

[19] Kortenhaus, A.; Oumeraci, H.: Probabilistische Bemes-sungsverfahren und Risikoanalysen. HANSA, Jg. 137, Nr. 11,S. 78–80, 2000.

[20] Kortenhaus, A.; Wittkop, A.; Weißmann, R.; Richwien,W.; Oumeraci, H.: Bemessungsgrundlagen und Versagensme-chanismen für Seedeiche. Projektbericht. Leichtweiß-Insti-tut für Wasserbau der Technischen Universität Braun-schweig, Braunschweig, Germany, 196 S., 2 Anlagen, 2001.

[21] Kron, W.: Flood risk = hazard x exposure x vulnerabili-ty. Keynote lecture, Flood Defense‚ 2002, Science Press Ltd.,New York, NY, USA, pp. 82–97, 2002.

[22] Kuijper, H.; Vrijling, J.K.: Probabilistic approach andrisk analysis. In: Pilarczyk, K.W. (ed.): Dikes and revetments,Rotterdam/Brookfield: A.A. Balkema, pp. 443–462, 1998.

[23] Oumeraci, H.: Küsteningenieurwesen. In: Lecher, K.; Lühr,H.-P.;Zanke, U. (eds.): Taschenbuch der Wasserwirtschaft, Ber-lin, Germany: Paul Parey Verlag, Kapitel 12, S. 657–743, 2001.

[24] Patt, H.E.: Hochwasser-Handbuch – Auswirkungen undSchutz. Berlin, Germany: Springer-Verlag, 593 S., 2001.

[25] Sexsmith, R.G.: Probability-based safety analysis – value anddrawbacks. Amsterdam: The Netherlands: Elsevier, Journalof Structural Safety, vol. 21, no. 4, pp. 303–310, 1999.

[26] TAW: Under pressure. Technical Advisory Committee on Wa-ter Retaining Structures, Delft, The Netherlands, 60 pp., 5 Ap-pendices, 1995.

[27] TAW: Guide on sea and lake dikes. Technische Adviescom-missie voor deWaterkeringen (TAW), Delft, TheNetherlands,85 pp., 1999.

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1. Folgen des Klimawandels

Auf Grundlage der bereits heute verfügbaren wissen-schaftlichen Erkenntnisse stellt das Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (BMBF) fest, dass der Klima-wandel große Veränderungen und Schäden verursachenwird[1]. Ausgehend vom aktuellen Hauptgutachten »Si-cherheitsrisiko Klimawandel«[2] desWissenschaftlichenBeirats der Bundesregierung Globale Umweltverände-rungen (WBGU) wird der Klimawandel ohne Gegensteu-ern bereits in den kommenden Jahrzehnten die Anpas-sungsfähigkeit vieler Gesellschaften überfordern. DieFolgen in vielen Regionen der Erde werden neue Instabi-litäten hervorrufen und ggf. in Gewalt und Destabili-sierung eskalieren, die die nationale und internationaleSicherheit in einem bisher unbekannten Ausmaß bedro-hen. Es wird prognostiziert, dass der Klimawandel beste-hende Umweltkrisen wie Dürren,Wasserknappheit undBodendegradation verschärft, Landnutzungskonflikte ver-stärkt und zusätzliche Umweltmigration auslösen kann.

2. Gegenmaßnahmen und -strategien

Unter dem Vorzeichen des Klimaschutzes hat die Bun-desregierung bereits in mehreren Forschungs- und För-derprogrammen (Klimzug, Klimazwei, Bine, etc.) reagiert.Diese verfolgen derzeit hauptsächlich Maßnahmen undZiele, die im Zusammenhang mit Energie, Verkehr, In-dustrie und Haushalt (Energieeffizienz) stehen. Vor die-sem Hintergrund weisen Stehr und von Storch in demso genannten Zeppelin Manifest[3] darauf hin, dass sichderzeit die Klimaschutzpolitik und -forschung sowie dieöffentliche Diskussion überwiegend einpolig darstellen.Wichtige zusätzliche Bemühungen in der Forschung, Po-litik, Wirtschaft und in denMedien hinsichtlich des Um-

gangs mit den Klimagefahren und der Erforschung derdirekten Auswirkungen sind erforderlich, und könnenfolgerichtig nur in Form von Vorsorgemaßnahmen undinterdisziplinärer Forschung realisiert werden. Nach Er-kenntnissen des Instituts für Umwelt und MenschlicheSicherheit (UNU-EHS) der Universität der Vereinten Na-tionen (UNU) zufolge[4], geht man davon aus, dass imJahr 2050 mehr als 2 Mrd. Menschen in potenziell über-schwemmungsgefährdeten Gebieten leben werden. Ex-treme Hochwasserereignisse an Binnengewässern undin Küstenregionen fordern heute bereits jährlich welt-weit zehntausende Todesopfer und ein Vielfaches andirekt betroffenenMenschen – zumeist in Entwicklungs-ländern –, die infolgedessen häufig ihr Obdach und ihrenLebensunterhalt verlieren und von durch verunreini-gtes Wasser übertragene Krankheiten geplagt werden.UNU macht hierfür vor allem eine nicht nachhaltigeWasserwirtschaft und ein fehlendes integrierendes Risi-komanagement verantwortlich und bestätigt, dass sichdieser Trendweiter zuspitzt.Während die überwiegendeAnzahl der Überschwemmungsopfer und Betroffenen inden Entwicklungsländern zu verzeichnen sind, fallendie größten ökonomischen Schäden in den entwickeltenLändern an.

3. Ingenieurpraktische und volkswirt-schaftliche Bedeutung

So stellen die monetär bewertbaren Folgen des HurrikanKatrina imSept. 2005nachAnalysenderMünchnerRück[5]

mit 60 Mrd. US$ versichertem und mit ca. 120 Mrd. US$volkswirtschaftlichem Schaden die bis dato teuerste Na-turkatastrophe weltweit dar. Der Stern-Review[6] erfasstdie vermeintlichen ökonomischen Auswirkungen desKlimawandels auf dieWeltwirtschaft. Demnach werden

prof. dr.-ing. habil. torsten schlurmann · prof. dr.-ing. nicole von lieberman · dr.-ing. stefan woltering ·dr. ulrich bauermeister · prof. dr. viktor sigrist

Risikobewertung und Risikomanagement

Hintergründe und Motivation, Funktionen und Ziele des Risikomanagements, Methodikder Vulnerabilitätsanalyse und Managementmethoden der Katastrophenvorsorge

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raum 2071 bis 2100 gegenüber Vergleichsrechnungenzwischen 1961 bis 1990 an der Nordseeküste in Häufig-keit und mittlerer Dauer signifikant erhöhen. Zwischender Deutschen Bucht und der Nordseeküste Dänemarkswird demnach eine mittlere Erhöhung des Sturmflut-wasserstands aus Windstau resultierend um 20 cm bis30 cm (+20 %) erwartet. In diesen Szenarien sind die zuerwartende thermische Expansion des Wasserkörpersinfolge zunehmender mittlerer Wassertemperaturen,der Anstieg des Meeresspiegels durch Abschmelzen derPolkappen und der durch stärkere Windfelder erhöhteWellenauflauf und mögliche -überlauf an Ufern undDeichen nicht impliziert. Lokal werden von Grossmannet al.[10] Szenarien mit noch deutlicherer Erhöhung dermittleren maximalen Sturmflutwasserstände in Bezugzu beobachtetenDatenreihen imZeitraum 1980 bis 1990ermittelt, die für Cuxhaven Erhöhungen von im Mittel50 cm (max. 61 cm) und für Hamburg am Pegel St. Pauliim Mittel 63 cm (max. 82 cm) umfassen. Diese Werte be-rücksichtigenauchUnsicherheitenindenAbschätzungendes mittleren Anstiegs des Meeresspiegels sowie in denAbschätzungen des Abschmelzens von Inlandeismassenin einemwärmeren Klima.Welche Folgen hingegen der Klimawandel für den Küs-tenschutz an der deutschen Nordseeküste hat, wird mitder Methode der probabilistischen Risikoanalyse vonMai [11] diskutiert, welche auch die Planung von infra-strukturellen Maßnahmen zur Risikominderung alsReaktion auf den Klimawandel ermöglicht. Es ist inDeutschland gängige Praxis, die Bemessung von Küsten-schutzanlagen nach deterministischen Konzepten durch-zuführen, was keine Analyse der Versagenswahrschein-lichkeit bzw. deren Auswirkungen und impliziertenSchäden zulässt. Daher wird auf der Grundlage des de-terministischen Verfahrens ein probabilistisches Kon-zept zur Bemessung von infrastrukturellen Schutzbau-werken entwickelt, das nicht nur eine Ermittlung derVersagenswahrscheinlichkeit des Küstenschutzsystemsinsgesamt ermöglicht, sondern zudem die bei einem Ver-sagen auftretendenÜberflutungsschäden berücksichtigt.Versagenswahrscheinlichkeit und Überflutungsschadenbestimmen schließlich das Sturmflutrisiko einer Küsten-zone. Ein wirksames Hochwasser- und Risikomanage-ment sollte Hochwasserrisiken reduzieren und die Aus-wirkungeneinerGefährdungdurcherhöhteWasserständeaufgrund des Meeresspiegelanstiegs, geänderter Sturm-flutwahrscheinlichkeiten oder erhöhter Abflüsse min-

die Kosten, wenn nicht gehandelt wird, dem Verlust vonwenigstens 5 % des globalen Bruttoinlandsprodukts ent-sprechen. Wenn man sogar eine breitere Palette von Ri-sikenundEinflüssenberücksichtigt, könntendie Schädenauf 20 % oder mehr des erwarteten globalen Bruttoin-landsprodukts ansteigen. Es ist anzumerken, dass Ent-wicklungs- und Schwellenländer die ökonomischen Fol-gen des Klimawandels überdurchschnittlich stark zuspüren bekommen. Der Bericht empfiehlt daher u.a. dieverstärkte Entwicklung nationaler Konzepte und (For-schungs-) Strategien zur Anpassung und den Umgangmit den Auswirkungen des Klimawandels.Das Umweltbundesamt (UBA) stellt in einem mithin er-schienen Bericht heraus[7], dass sich der globale Klima-wandel auch in Deutschland bemerkbar macht und ver-öffentlicht die Ergebnisse regionaler Klimamodelle undmögliche Klimaänderungen in Deutschland bis zumJahr 2100. Das UBA folgert, dass auch in Deutschlandgravierende Folgen für die Menschen und die Umweltzu erwarten sind, sofern Anfälligkeiten und zukünftigeRisiken für einzelne Regionen und Sektoren in Deutsch-land nicht erkannt und Aktionspläne entwickelt wer-den. Dabei basieren die regionalen Klimasimulationenauf globalen Klimamodellen und ermöglichen eine um-fassendere Projektion der möglichen Entwicklung desKlimas inDeutschland bis zumEnde des Jahrhunderts [8].Beispielsweise wird zwar ein vergleichsweise geringerTemperaturanstieg für die Küstenregionen von Nord-und Ostsee bis zum Ende des 21. Jahrhunderts erwartet,jedoch berechnen die Modelle für die Nordseeküste unddas nordwestdeutsche Tiefland im Hinblick auf den Nie-derschlag eine überdurchschnittliche Zunahme imWin-ter und für die Ostseeküste und das nordostdeutscheTiefland eine besonders starke Abnahme der sommer-lichen Niederschläge. Dieses könnte in den heute schonvon Trockenheit betroffenen nordöstlichen RegionenDeutschlands ohne geeignete Anpassung zu ausgedehn-ten Problemen führen – z.B. in der Bewirtschaftung vonlandwirtschaftlichen Nutzflächen oder in der urbanenTrinkwasserver- und -entsorgung auch im Hinblick aufdie Gesundheit und den Tourismus. Dass die deutschenKüstengebiete zudem einer sich ändernden Sturmflutge-fährdung und einer sich damit verändernden Statistikdurch den anthropogen beeinflussten Klimawandel aus-gesetzt sind, wird in einer wissenschaftlichen Studie vonWoth et al. [9] angeführt. Demzufolge werden sich die ex-tremen Sturmflutereignisse für einen projizierten Zeit-

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dern. Diese Leitgedanken werden grundsätzlich auch indem bereits erschienenen HTG-Beitrag B1 – Probabilis-tische Bemessung von Bauwerken aufgegriffen und dar-aus weitere Forschungs- und Entwicklungsziele formu-liert[12].In einer weiteren, erst kürzlich erschienenen Arbeit ana-lysiert Spekker[13], dassnebendenvorhandenen,primärenSchutzelementen wie See- und Flussdeiche sowie Sturm-flutsperrwerke, auch steuerbare Flutrinnen sowie Ent-lastungspolder als potenzielle technische Schutzmaß-nahmen entlang von Ästuaren undDeltas herangezogenwerden können. Kombiniert mit innovativen Kontroll-strategien dienen diese technischen Maßnahmen einerFlutraumerweiterung bzw. -änderung. Neben der Analyseeiner angepassten Steuerung bestehender Kontrollbau-werke stellt die Ermittlung der Wirksamkeit von Aus-leitungen in Entlastungsgerinne und Sturmflutentlas-tungspolder an Tideflüssen mit dem Ziel der Minderungder Scheitelwasserstände und des Risikos für das Hinter-land einen weiteren Schwerpunkt dar.Beide Arbeiten stellen eine Diskussionsgrundlage füralle am integriertenHochwasser- und RisikomanagementBeteiligten dar und mögen zu einer verbesserten Kom-munikation des Risikos und der Möglichkeiten von Risi-kominderungsmaßnahmen verhelfen.Wie hingegen die soziale, ökonomische und ökologischeVulnerabilität und damit implizit das Restrisiko einerNaturgefährdung in Gestalt von Vorsorge- und Anpas-sungsforschung reduziert werden können, belegt Birk-mann[14] nachhaltig mit vielen praxisnahen Beispielen.Darüber hinaus entwickeln Bogardi und Birkmann[15]

hierzu auch eineMethodik der Vulnerabilitätsanalyse ineinem allgemeinen konzeptionellen Rahmen. Technischanschaulich entwickeln und präsentieren Taubenböcket al. [16] die systematischen Wechselwirkungen von na-türlicher Gefährdung, Verwundbarkeit und des darausentstehenden Risikos in einem allgemeinen hierar-chischen aufgebauten Risiko-Metarahmen und ziehenpotenziell betroffene Bestandteile eines gegebenen Sys-tems, wie seine physischen, demographischen, sozialen,ökonomischen, politischen oder ökologischen Bereichein den Fokus der Analyse. Die Weiterentwicklung vonhochaufgelösten, lokalen Frühwarnsystemen und detail-lierte Erfassung der Vulnerabilität und des Evakuie-rungsverhaltens mit einem Bezug zu geophysikalischenNaturgefährdungen (Tsunamis) werden von Birkmannund Schlurmann[17] vorgestellt

4. Defizite in Forschung und Entwicklung

Analog müssen diese integrierte Betrachtung und wis-senschaftlich fundierte Untersuchung der GefährdungundVulnerabilität in urbanen Räumen infolge von Sturm-fluten auch an der Deutschen Küste und ihren Ästuarendurchgeführt werden, und sie sind für die Szenarien-entwicklung möglicher Extremsituationen und adäqua-ten Reaktionsmechanismenunbedingt erforderlich, auchunter Beachtung der Risikowahrnehmung und des Capa-city Buildings der Gesellschaft, Entscheidungsträger, Ins-titutionen und den Medien. Nur in dieser Form kann diewirksame Implementierung von Frühwarn- und Melde-systemen im operativen Betrieb sichergestellt werden.

5. Entwicklungs- und Forschungsziele(F&E Schwerpunkte), Herausforderungenund Förderinstrumente

Bereits der Sonderbericht des WBGU »Die Zukunft derMeere – zuwarm, zu hoch, zu sauer«[18] und insbesonderedie darin enthaltene externe Expertise von Brooks et al.[19]

gibt wesentliche Empfehlungen zur Entwicklung undUmsetzung von Anpassungsstrategien in Küstengebie-ten, die vor allem grundlegende Forschungsaspekte imKüsteningenieurwesen und Wasserbau aufweisen undvon den Autoren dieses Betrags hier aufgeführt und inweiten Teilen mit zusätzlichen, notwendigen Untersu-chungspunkten ergänzt werden, die zum Teil andereDisziplinen betreffen, aber gemeinsam wissenschaftlichbearbeitet werdenmüssen:• Durchführung von Grundlagenstudien und Entwick-lung vonManagementmaßnahmen zur Erfassungder durch den Klimawandel bedingten Veränderungder Küstenmorphologie und beschleunigten Erosions-prozesse sowie Auswirkungen auf die küstennaheHydrologie undWechselwirkungenmit Grundwasser-leitern (Salzwasserintrusion).

• Weiterentwicklung von infrastrukturellen Schutz-maßnahmen sowie Abstimmung vonModellen undMethoden in ein integriertes Konzept für die risiko-basierte Bemessung einschließlich vertiefter Erfas-sung der potenziellen Versagensmechanismen,Management undMonitoring.

• Analyse der Exposition,Widerstandsfähigkeit undResilienz sowie der konkreten klimabedingten

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Gefährdung von Gesellschaften (und der Umwelt)in Küstenzonen und Ausweisung sowie öffentlicheDiskussion von Gefährdungs- und Risikokarten.

• Entwicklung von Indikatoren, Kriterien undWerk-zeugen zur Messung und einheitlichen Bewertungder Vulnerabilität von Küstenregionen, bezogen aufNaturgefahren und den globalen Umweltwandel.

• Erarbeiten von konzertierten Strategien undMaß-nahmen zur Reduzierung der Vulnerabilität mit demZiel der Minderung von naturbezogenen Risiken inKüstenzonen im Rahmen eines integrierten Küsten-zonenmanagements (IKZM) und infolgedessenAufstellung von Handlungsempfehlungen undAktionsplänen zur Katastrophenvorsorge.

• Weiterentwicklung von Technologien undMaßnahmenzumAufbau und Betrieb von Frühwarn- undMelde-systemen im Erdmanagement sowie Capacity Buildingvon Entscheidungsträgern, Institutionen und denMedien zur wirksamen Implementierung von Früh-warn- undMeldesystemen im operativen Betrieb.

• Analyse der wesentlichen Entwicklungstrends in Küs-tenzonen, insbesondere hinsichtlich zunehmenderUrbanisierung und der damit einhergehenden Konflikt-potenziale zwischen anthropogenen Nutzungsan-sprüchen und ökologischen Raumfunktionen sowieden verändertenUmweltbedingungen vonKüstenzonen.

• Weiterentwicklung vonMethoden undWerkzeugenzur verbesserten Risikokommunikation und -perzep-tion[20], die es ermöglichen, unterschiedlichste Ziel-gruppen, wie betroffene Bevölkerung in potenziellenÜberflutungsgebieten, politische Entscheidungsträgerwie auch nicht betroffene Bevölkerung für Hoch-wassergefahren, Sturmflutrisiken sowie (technische)Lösungen und Adaptionsmöglichkeiten an denKüsten zu sensibilisieren undmit ihnen in Kommuni-kation zu treten[21].

Diese aufgezeigten Forschungsziele und -empfehlungenlegen dabei einen Schwerpunkt auf offene Fragen, wiesich die Risikobewertung im Hinblick auf die Gefähr-dung und die Vulnerabilität vonMenschen, Städten undInfrastrukturen in Binnen- und Küstenregionen verein-heitlicht erfassen, analysieren und reduzieren lässt. DerFokus liegt dabei nicht ausschließlich im Bereich der Er-fassung und Analyse von Naturgefährdungen und Versa-gensmechanismen von Infrastrukturen aus dem Blick-winkel der Natur- und Ingenieurwissenschaften, sondern

geht auch auf die gesellschaftlichen Anfälligkeiten sowieentsprechende Reaktionspotenziale ein und umfasst dieMitigation, Adaptation und Prävention von Naturrisikenin einer systematischen, integrierten Vorgehensweise.

6. Perspektiven nach dem Förderungs-zeitraum (Fernziel) in Bezug zurEU-Rahmenrichtlinie

In diesem Zusammenhang kommt der erst kürzlich vomEU-Parlament beschlossenen, für die Mitgliedstaatenverbindlichen Richtlinie zum Hochwasserrisikomanage-ment[22] eine tragende Rolle zu. Inhaltlich geht dieseRichtlinie zum Teil auf die zuvor geforderten Aspekteein und definiert primär, einen Rahmen für die Bewer-tung und das Management von Hochwasserrisiken zurVerringerung der hochwasserbedingten nachteiligenFolgen auf diemenschliche Gesundheit, die Umwelt, dasKulturerbe und die wirtschaftliche Tätigkeit in der Euro-päischen Gemeinschaft zu schaffen. Die Richtlinie defi-niert drei klar formulierte, zeitlich terminierte Resultatevon denMitgliedstaaten:• eine vorläufige Bewertung der Hochwasserrisikenund eine Identifizierung von Risikogebieten fürjedes Flusseinzugsgebiet sowie durch in Küsten-gebieten möglicherweise eindringendes Meerwasser(bis 22.12.2011),

• die anschließende Kartierung dieser Gefährdungenund der resultierenden Risiken als KombinationderWahrscheinlichkeit des Eintritts eines Hoch-wasserereignisses und der hochwasserbedingtenpotenziellen nachteiligen Folgen in diesen Gebieten(bis 22.12.2013), und,

• darauf aufbauend, die Erstellung vonMaßnahmen-plänen zur Reduzierung der Hochwasserrisikenmit dem Schwerpunkt der Verringerung potenziellerhochwasserbedingter nachteiliger Folgen(bis 22.12.2015).

Die Hochwasserrisikomanagementpläne müssen in un-mittelbarer Verbindung zu den Maßnahmenprogram-men und Bewirtschaftungsplänen zur EU-WRRL stehen.Auf allen drei Ebenen ist eine intensive grenzüberschrei-tende Abstimmung und Koordinierung sowie eine In-formation und Einbindung der Öffentlichkeit zwingendvorgesehen. Neben der zusätzlichen Abstimmung bzw.Einbindung der Vorgaben der EU-WRRL, werden vor

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allem einheitliche technische Formate und die Ebeneund Kommunikation der Zusammenarbeit in und zwi-schen den Mitgliedstaaten unmittelbar zu definierensein. Wie bereits Stehr und von Storch zutreffend her-ausstellen, wird in der »öffentlichen Diskussion bis heutenur die Vermeidung als tugendhaftes Verhalten darge-stellt, selbst wenn sie sich zumeist auf rein symbolischesund weitgehend unwirksames Tun bezieht. (…) Eine Re-vision bzw. Ergänzung hin zu einer proaktiven Haltungzur Vorsorge und zu notwendigen gesellschaftlichenVeränderungen, wie sie essentiell ist zum Schutz der Ge-sellschaft vor dem sich wandelnden Klima und damitzur Reduktion der Verletzlichkeit (Vulnerabilität) un-serer Lebensgrundlage, unterbleibt aber.«Die in diesem Beitrag dargestellten Konzepte und Emp-fehlungen stellen eine Diskussionsgrundlage für alle amintegrierten Hochwasser- und Risikomanagement Betei-ligten dar und mögen zu einer verbesserten Kommuni-kation des Risikos und der Möglichkeiten von Risikom-inderungsmaßnahmen verhelfen, denn eine wirksameVerteidigung unserer Lebensgrundlage erfordert in denkommenden Jahren und Jahrzehnten Vorsorge!Hierzu sind Anpassungsstrategien auf Basis einer diszipli-nenübergreifenden Forschung auf dem Gebiet der Risiko-bewertung und des Risikomanagements notwendig, diewir jetzt gemeinsam abstimmen und entwickelnmüssen.

8. Schrifttum

[1] Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Gut-achten Klimaschutz betrifft auch die internationale Sicher-heit. Pressemitteilung 124/2007

[2] Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Um-weltveränderungen (WBGU): Welt im Wandel – Sicherheitsri-siko Klimawandel. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2007)

[3] Stehr, N. und v. Storch, H.: Zeppelin Manifest zum Kli-maschutz. Zeppelin Universität, 2008 http://coast.gkss.de/staff/storch/pdf/Zeppelin-Manifest-2008.pdf

[4] Bogardi, J.J.: Was machen wir falsch? In 2050 werden 2 Mrd.Menschen weltweit Überschwemmungen ausgesetzt sein; Ver-wundbarkeit ist der Schlüssel. Pressemitteilung 2005

[5] Münchner Rück: Schadenspiegel. Schäden und Schadensver-hütung, 1/2006, 49. Jahrgang

[6 | Stern-Review: The Economics of Climate Change, CambridgeUniversity Press, 2007

[7] Umweltbundesamt: Deutschland im Klimawandel An-passung ist notwendig. KompetenzzentrumKlimafolgen undAnpassung (KomPass), 2008

[8] Umweltbundesamt: Neuentwicklung von regional hoch auf-gelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellung re-gionaler Klimaszenarios auf der Basis von globalen Klimasi-mulationen (…), Publikationen desUmweltbundesamtes, 2007

[9] Woth, K., Weisse, R., v. Storch., H.: Climate change and NorthSea storm surge extremes: an ensemble study of storm surge ex-tremes expected in a changed climate projected by four diffe-rent regional climatemodels, OceanDynamics (2006) 56: 3–15

[10] Grossmann, I.; Woth, K.; v. Storch, H.: Localization ofglobal climate change: Storm surge scenarios for Hamburgin 2030 and 2085, Die Küste Nr. 71, 2007, S. 169–182

[11] Mai, S.: Klimafolgenanalyse und Risiko für eine Küstenzoneam Beispiel der Jade-Weser-Region. Dissertation, Mittei-lungen des Franzius-Instituts für Wasserbau und Küstenin-genieurwesen, Heft 91, 2004

[12] Kortenhaus, A., Fröhle, P., Jensen, J., v. Lieberman, N., Mai, S.;Miller, C., Peters, K., Schüttrumpf, H.: HTG-Beitrag B1 – Proba-bilistische Bemessung von Bauwerken. HANSA, Zentralorganfür Schifffahrt, Schiffbau, Hafen, Jg.: 144, Nr.4, 2007, S. 68–76

[13] Spekker, H.: Steuerung von Küstenschutzelementen an Tide-flüssen als Grundlage für ein Hochwasser- und Risikoma-nagement. Dissertation, Mitteilungen des Franzius-InstitutsfürWasserbau und Küsteningenieurwesen, Heft 96, 2008

[14] Birkmann, J.: Measuring Vulnerability to Natural Hazards –TowardsDisaster Resilient Societies. UNUPress, Tokyo –NewYork – Paris, 2006

[15] Bogardi, J.J. and Birkmann, J.: Vulnerability assessment:the first step towards sustainable risk reduction. In: Disastersand society – from hazard assessment to risk reduction. Lo-gos Verlag Berlin, Berlin, pp. 75–82, 2004

[16] Taubenböck, H., Post, J., Roth, H., Zosseder, K., Strunz,G., Dech, S.: A conceptual vulnerability and risk frameworkas outline to identify capabilities of remote sensing. NaturalHazards and Earth Systems Sciences, 8, pp. 409–420, 2008

[17] Birkmann, J., Schlurmann, T.: Numerical Last-Mile Tsu-nami Early Warning and Evacuation Information System.GEOTECHNOLOGIEN Science Report No. 10, pp. 62–74, 2007

[18] Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung GlobaleUmweltveränderungen (WBGU): Die Zukunft derMeere – zuwarm, zu hoch, zu sauer. SonderberichtWBGU, Berlin, 2006

[19] Brooks, N., Nicholls, R. & Hall, J.: Sea Level Rise: CoastalImpacts & Responses, in: SonderberichtWBGU, Berlin, 2006

[20] Hofstede, J.L.A., Kaiser, G., Reese, S., Sterr, H., Risk per-ception and public participation - COMRISK subproject 3,Die Küste, 70, 2005.

[21] Abers, T., von Lieberman, N., Entscheidungshilfesystem fürden Integrierten Küstenmanagementplan Amrum, In: Zen-trum für Flachwasser-, Küsten- undMeeresumweltforschung– Forschungszentrum Terramare (Hrsg.): FZ Terramare Be-richte Nr. 16, ISSN 1432-797X, S. 52–57,Wilhelmshaven, 2006.

[22] Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und desRates: Über die Bewertung und das Management von Hoch-wasserrisiken. Amtsblatt der Europäischen Union, 2007

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1. Einleitung

NebenBrücken, Tunneln, StraßenundEisenbahnstreckenstellen Bauwerke des Wasserbaus, des Binnenverkehrs-wasserbaus und des Küsteningenieurwesens einen wei-teren großen Bestandteil der öffentlichen Infrastrukturder Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Uni-on sowie anderer hoch entwickelter Länder auf derWeltdar. Im Besitz oder unter der Obhut von Behörden, Lan-desbetrieben, aber auch von privaten Investoren stehenu.a. Bauwerke wie• Dämme• Talsperren• Kajen• Wehre• Schleusen• Schöpfwerke• Sperrwerke• Deiche

Wesentliches Merkmal dieser Bauwerke im Sinne derBauwerksüberwachung und Bauwerksinstandhaltungist, dass für die Standsicherheit und Dauerhaftigkeit maß-gebliche Bereiche dieser Bauwerke nach der Herstellungdauerhaft unter Wasser oder im Boden angeordnet sind.Damit ist die allgemein übliche visuelle Kontrolle un-möglich oder mit einem unzumutbar großen Aufwandverbunden. Auch Instandsetzungsmaßnahmen sind ausdenselben Gründen sehr aufwändig. In vielen Fällen ver-bleibt der Neubau als einzige wirtschaftliche Möglich-keit, dauerhaft die Nutzbarkeit der betroffenen Bau-werke sicher zu stellen.Weiterhin unterliegen die Bauwerke sehr intensivenEinwirkungen in Form von hohen, in ihrer Größenord-nung nicht immer bekannten Kräften u.a. durch Schiffs-kontakt, hohe Wasserstände, Belastung aus Eisdruck,mechanische Beanspruchungen aus Geschiebe- oder Ge-röllfracht, die zu einem erheblichen Verschleiß an den

Oberflächen der Bauwerke sowie zu Überbeanspru-chungen der Tragstruktur führen können. Korrosive An-griffe aus dem Wasser oder aus dem Boden sowie ineinem geringerenMaß aus der Luft bestimmen ebenfallswesentlich den Grad der Abnutzung und das Erreichender Lebensdauer des betroffenen Bauwerks oder Bauteils.Angesichts der Größe der bereits getätigten Investiti-onen und des in der Regel großen Investitionsvolumensbei der Neuerstellung der Bauwerke ist es sinnvoll, wiein anderen Bereichen der Wirtschaft auch, Schädenrechtzeitig zu identifizieren und zu beseitigen, um so dieLebensdauer der Bauwerke und ihrer Bauteile zu sichernund bedarfsgerecht zu optimieren.Andererseits ist es unter ökonomischen und nicht zu-letzt ökologischen Gesichtspunkten verständlich, dassdie »unbeeinflusste«Lebensdauer bestimmterBauwerke– soweit auf sichere Weise möglich – ausgenutzt wirdund notwendige Instandsetzungs- oder Neubaumaßnah-men in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer derBauwerke und ihrer Bauteile sowie von dem vorhande-nen Risikopotenzial so spät als möglich in Angriff genom-men werden.

2. Wirtschaftliche Bedeutung des Themas

Die wirtschaftliche Bedeutung der Bauwerke im mariti-men Bereich lässt sich unmittelbar ablesen aus der Be-deutung, die das Element Wasser für die Menschheit all-gemein besitzt:• Der größte Teil der Menschheit lebt an oder im

unmittelbaren Einzugsbereich von Küsten, Flüssenund Kanälen.

• Wasser ist für das Leben der Menschen, für dieWirtschaft sowie für den Verkehr unverzichtbar.

• Die Intensivierung desWelthandels durch dieimmer arbeitsteiliger operierendeWeltwirtschaftspielt sich über große Entfernungen, insbesondere

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Integrierte Konzepte, Modelle und Techniken für bestehendeund neue Bauwerke

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im Rahmen interkontinentaler Handelsbeziehungen,zum größten Teil auf demWasserweg ab.

• Vor demHintergrund der abnehmenden Treibstoff-ressourcen sowie der zunehmenden Umweltver-schmutzung kommt demwirtschaftlichen undumweltschonenden VerkehrsmittelWasserweg eineimmer größere Bedeutung zu.

• Vor demHintergrund der globalen Klimaverände-rungen und der damit eingehenden Anhebungdes Meeresspiegels sowie der weltweit zunehmen-den Zahl an Klimakatastrophen gewinnt derKüstenschutz an Bedeutung, vgl. Abb. 1.

Allein dasNetz der Bundeswasserstraßen inDeutschlandumfasst ca. 7.300 km Binnenwasserstraßen, von denen75% auf Flüsse und 25% auf Kanäle entfallen. Zu den Bun-deswasserstraßen zählen auch 750 km bzw. 23.000 km[2]

Seewasserstraßen. Die bundeseigenen Anlagen an denBundeswasserstraßen umfassen derzeit 335 Schleusenund 280 Wehre, drei Schiffshebewerke, zwei Talsperrenund etwa 1.300 Brücken. Der Wert dieser Anlagen wirdauf ca. 40 Mrd. I beziffert.Zum Hauptnetz mit ca. 4.800 km (WasserstraßenklasseIV und höher) zählen die Magistralen Rhein (mit denNebenflüssen Neckar, Main, Mosel und Saar), Donau,Weser und Elbe sowie die verbindenden Kanalsystemezur Oder und zur Donau. Sie sind ein wesentlicher Be-standteil des »nassen« Transeuropäischen Verkehrs-netzes (TEN) und sind dementsprechend leistungsfähigzu erhalten und zu gestalten. Sie verbindenmehr als 100moderne öffentliche See- und Binnenhäfen. 56 von 74Großstadtregionen in Deutschland haben einen Wasser-straßenanschluss.

3. Forschungsinhalte

Im Bereich der Bauwerksunterhaltung gibt es drei unter-schiedliche Instandhaltungsstrategien, deren Vor- undNachteile im Folgenden unabhängig von der gesetz-lichen Verpflichtung zu regelmäßiger Bauwerksprüfungund unabhängig von den Vorgaben technischer Stan-dards diskutiert werden[1]:• Ausfallstrategie• Präventivstrategie• Inspektionsstrategie.

AusfallstrategieDie Elemente eines Bauwerkes werden bei Anwendungder Ausfallstrategie erst dann instand gesetzt, wenn einSchaden vorliegt. Somit findet eine optimale Ausnut-zung der Lebensdauer der Elemente statt, ggf. allerdingsnur der schwächsten Elemente des Bauwerks. Diese Stra-tegie wird überwiegend an Instandhaltungsobjekten an-gewandt, die nicht ständig verfügbar sein müssen, bzw.wo ein Ausweichen auf andere alternative Objekte leichtmöglich ist. Sie ist nicht geeignet für Objekte, bei denensicherheitstechnische Aspekte betroffen sind, es also zueiner akutenGefährdung von Personen kommenkönnte,oder bei denen mit dem Auftreten von gravierenden Fol-geschäden zu rechnen ist.Zu den vermeintlichen Vorteilen der Ausfallstrategiezählt, dass neben der – nur scheinbar – optimalen Aus-nutzung der Lebensdauer durch Versagen des schwächs-ten Glieds keine Kosten für die Planung vorbeugenderInstandsetzungsmaßnahmen entstehen; es besteht eingeringer administrativer Personalbedarf. Zunächst liegtalso eine scheinbare Kostenminimierung vor.Diesen Vorteilen stehen jedoch gravierende Nachteilegegenüber. Die Lebensdauer einzelner Elemente und dieNutzungsdauer eines Bauwerkes insgesamt können sichbei Anwendung der Ausfallstrategie verringern, da sichanbahnende Schäden nicht rechtzeitig erkannt werdenund somit auch keine Gegenmaßnahmen eingeleitetwerden können. Demzufolge besteht die Möglichkeitvon Folgeschäden in Verbindung mit hohen Schadenfol-gekosten.Da die Instandsetzungsarbeiten diskontinuierlich anfal-len, ist eine kontinuierliche Auslastung der Instandset-zungskapazitäten nicht möglich. Zudem führt eine zeit-

Abb. 1 Sperrwerk Billwerder Bucht, Hamburg

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liche Häufung von nicht absehbaren Ausfällen ausKapazitäts- oder Kapitalmangel zu improvisierter In-standsetzung.

PräventivstrategieDurch die Anwendung der Präventivstrategie soll er-reicht werden, Bauwerkselemente vor demAuftreten vonSchäden instand zu setzen. Dies wird dadurch gewähr-leistet, dass Instandsetzungsmaßnahmen im Gegensatzzur Ausfallstrategie in Abhängigkeit von der zu erwar-tenden Abnutzung geplant und rechtzeitig eingeleitetwerden. Mit dieser Vorgehensweise wird insbesondereerreicht, dass dem Auftreten von Schadenfolgekostenz.B. aus Nutzungsunterbrechungen infolge von Instand-haltung weitestgehend vorgebeugt wird.Von Nachteil ist jedoch der hohe Planungsaufwand. Esmüssen umfangreiche Datensammlungen erstellt, aus-gewertet und fortgeführt werden, um Instandsetzungs-zeitpunkte möglichst genau berechnen zu können (alsoidealerweise kurz vor Eintritt eines Schadens). Diese be-rechneten Zeitpunkte bleiben jedoch mit einer hohenUnsicherheit behaftet und liegen häufig erst dann inaussagekräftigemUmfang vor, wenn das Instandhaltungs-objekt bereits wirtschaftlich oder technisch veraltet ist.Die technische Lebensdauer wird bei Anwendung dieserMethode im Gegensatz zur Ausfallstrategie nicht vollausgeschöpft. Häufig wird daher zu früh instand gesetzt.

InspektionsstrategieDie Inspektionsstrategie basiert auf regelmäßigen In-spektionen, mit deren Hilfe Informationen über den Ab-nutzungsgrad gewonnen werden. Je nach Fortschritt derAbnutzung kann das Inspektionsintervall verkürzt oder

verlängert werden. Die Anwendung der Inspektionsstra-tegie (oft auch als zustandsabhängige Instandhaltungs-strategie bezeichnet) ist daher insbesondere bei Instand-haltungsobjekten sinnvoll, bei denen eine mit der Zeitansteigende Abnutzungsneigung gegeben ist, vgl. Abb. 2.Die Inspektionsstrategie versucht, die Vorteile der aus-fallbedingten Instandhaltung zu nutzen und gleichzei-tig die Nachteile der Präventivstrategie zu vermeiden:• Es ist (wie bei Anwendung der Ausfallstrategie) eine

weitestgehend optimale Ausnutzung der Elementehinsichtlich der technischen Lebensdauer möglich,da Instandsetzungen erst dann durchgeführt werdenmüssen, wenn sich Schäden anbahnen.

• Zudem zeichnet sich die Inspektionsstrategiedadurch aus, dass im Gegensatz zur Präventivstrate-gie keine exakten Angaben über das Abnutzungsver-halten vorliegenmüssen, da das Ziel der Inspektionenin der Informationsgewinnung über den Abnutzungs-zustand liegt. Der hohe Datenerfassungsaufwand, derbei Anwendung der Präventivstrategie notwendig ist,entfällt somit.

Ein weiterer positiver Effekt ergibt sich aus der Tatsache,dass sich die einzelnen Instandsetzungsmaßnahmen,wie bei Anwendung der Präventivstrategie, gut im Vor-feld planen lassen. Zu den nachteiligen Aspekten zähltder Umstand, dass Inspektionen Kosten verursachen. Jenach Intensität der Inspektionen verändern sich auchInspektionskosten.Um den Inspektions- und den Unterhaltungsaufwandvon Bauwerken im Wasserbau so wirtschaftlich wiemöglich zu gestalten, ist es in Kombination der Vorteileder einzelnen vorgenannten Instandhaltungsstrategienwünschenswert,• die Nutzungsdauer der Bauwerke und ihrer Bauteile

so weit als möglich ausnutzen zu können,• Maßnahmen zur Instandhaltung so rechtzeitig vor

dem Ausfall von Bauteilen in Angriff nehmen zukönnen, dass die Maßnahmen im Sinne der Minimie-rung von Folgekosten planbar sind,

• Informationen auch über nicht visuell inspizierbareBauteile nutzen zu können,

• Informationen über die vorhandenen Reserven undüber die Restnutzungsdauer zu erhalten.

Somit ist es notwendig, eine Strategie zu entwickeln, dieauf der Inspektionsstrategie aufbaut, allerdings Informa-tionen und Messwerte nutzt, die mit Hilfe von installier-

Abb. 2 Inspektion einer Rohrwand

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ten Messgebern kostengünstig und nahezu kontinuier-lich erfasst und ausgewertet werden.Für die Festlegung des erforderlichen Umfangs der mess-werttechnischen Untersuchungen und Datenerfassungsowie deren Auswertung sind folgende Informationenerforderlich:1. Tatsächliche Einwirkungen auf das jeweilige

Bauwerk aus dem Betrieb und aus der Umgebung2. Geometrie, Werkstoffe undWerkstoffkennwerte3. Tragverhalten4. Mögliche Versagensmechanismen5. Vorhandene Tragfähigkeitsreserven zu Nutzungs-

beginn6. Geeignete Messwerte zur Überwachung des

Zustands des Bauwerks7. Geeignete Modelle zum Rückschluss aus den

gewonnenenMesswerten auf die vorhandenenTragfähigkeitsreserven zum Zeitpunkt der Messungsowie zur Bestimmung der Restlebensdauer

Während für die vorgenannten Punkte 2 bis 5 im Allge-meinen genügende Kenntnisse und geeigneteMethodenin ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, sind dietatsächlichen Einwirkungen bei den hier behandeltenBauwerken i.d.R. im Vorfeld nicht ausreichend bekannt,um sie bei der Bestimmung der Restnutzungsdauer ver-wenden zu können. Sie müssen daher entweder in geeig-neter Form abgeschätzt werden oder während der Nut-zung des Bauwerks erfasst und ausgewertet werden.Für vielfältige Einsatzfälle sind Messverfahren vorhan-den und im Einsatz erprobt und bewährt (siehe Tab. 1).Die Weiterentwicklung dieser oder die Neuentwicklunganderer Messverfahren sollte daher nicht im Fokus dieserUntersuchungen stehen. In vielen Fällen wäre es aller-dings wünschenswert, wenn die Messwertgeber sowiedie Übertragungswege der gemessenen Informationenrobuster ausgelegt würden, so dass die Zuverlässigkeitbei einem Einsatz unter den zumeist rauen Randbedin-gungen erhöht würde.Der Forschungsschwerpunkt dieser Untersuchung solltedaher hauptsächlich auf die folgenden Punkte gelegtwerden:1. Entwicklung von geeigneten Instandhaltungsstra-

tegien für ausgewählte Bauteile, d.h. für einfach zuerfassende Strukturen, wie z.B. Seedeich, einfachverankerte Spundwand, Verschluss einer Schleuseoder einesWehrs/Sperrwerks,

2. Festlegung von geeignetenMesswerten zur Beschrei-bung des Zustands dieser Strukturen,

3. Entwicklung von geeignetenModellen zur Be-stimmung der Tragfähigkeitsreserven und zurBestimmung der Restlebensdauer.Da die Einwirkungen und die Messwerte über denZustand der Bauwerke bzw. der Einzelbauteile sowieauch die Ermittlung der Tragfähigkeitsreserven undder Restlebensdauer mit Unsicherheiten behaftetsind, müssen die Ungenauigkeit der gewonnenenAussagen und das Risiko der Bewertung untersuchtund abgegrenzt werden. Daher ist zusätzlich dieEntwicklung von Algorithmen zur Abschätzungder Risiken in der Beurteilung der Bauwerke und Bau-teile wesentlicher Bestandteil der Untersuchungen.Ziel ist es letztendlich, zuverlässige Indikatoren fürden Zustand kritischer Bauteile zu definieren, umgeeignete Eingriffsmechanismen und Eingriffszeit-punkte ermitteln zu können. Diese können überSchadensentwicklungsmodelle und Elemente einesnoch zu entwickelnden Erhaltungsmanagement-systems erhalten werden.

Aus Sicht des Küsteningenieurwesens sind innovativeMesstechniken und -methoden für die ZustandserfassungvonDämmenundDeichen erforderlich. Erste Ergebnisseauf Basis der Geoelektrik, Fernerkundung und Georadarweisen einenWeg, müssen aber fortentwickelt werden.Vor dem Hintergrund einer Inspektionsstrategie ist dieWeiterentwicklung von Informationssystemen ein Be-reich der anwendungsbezogenen Forschung. Hierdurchwird sich die Dokumentation der Inspektion und diedaraus abzuleitende Planung von Instandhaltungs- undErneuerungsmaßnahmen durch die Vernetzung aller Be-teiligten positiv entwickeln.Weitergehende Strategien enthalten die Veröffentlichun-gen vonOumeraci[3] und der PIANCWorking Group 25[4].

4. Koordination der Aktivitäten

Anfang 2004 hat der Europäische Rat für Bauforschung,Entwicklung und Innovation (European Council forConstruction Research Development and Innovation –ECCREDI) eineArbeitsgruppe gebildet, umVorschläge füreine Technologieplattform im Bauwesen vorzubereiten.Diese Arbeitsgruppe war eng mit der aktuellen Entwick-

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Tab. 1 Bauwerksüberwachungen durch Messungen

Lfd. Nr. Was wird gemessen? Womit wird gemessen? Ziel der Messungen

1 Ankerkräfte Gleitmikrometer / Extensiometer • Überprüfung der LastansätzeDehnungsmesssteifen • Kontrolle des zeitlichen Kraftverlaufs, evtl. Abfall der TragfähigkeitDruckmessdosen / Kraftmessringe

2 Spundwanddurch- Inklinometersonde • Überprüfung der Lastansätze und des statischen Systemsbiegungen durch Rückrechnung der Momente aus der Biegelinien

• Kontinuierliche Kontrolle der zeitabhängigen Veränderungen

3 Wasserdrücke Pegelschreiber / Insider • Überprüfung der LastansätzePorenwasserdruckgeber • Kontrolle der Konsolidation von überschütteten Weichschichten

4 Erddrücke Erddruckkissen • Überprüfung der Lastansätze

5 Setzungen Pneumatische • Überprüfung der Setzungsprognosen im Hinblick auf die Gebrauchs-Bodenverformungen Setzungsgeber -tauglichkeit von Flächen, Deichen und sonstigen Erdbauwerken

Setzpegelhorizontale Inklinometer

6 Kolktiefe Peilung • Kontrolle möglicher Kolke im Hinblick auf die Standsicherheit von Ufer-bauwerken und Böschungen

7 Spundwanddicke, Ultraschall, Tiefenlehre • Überprüfung der Restdicke von Spundwänden im Hinblick aufAbrostung Resttragfähigkeit und Restlebensdauer

8 Lagemessungen Geodätische Vermessung • Feststellung von Bauwerksverschiebungen

9 Temperatur Thermometer • Temperaturentwicklung bei fugenlosen Betonkonstruktionen• Temperaturentwicklung beim Abbindeprozess von Betonbauteilen• Kontrolle der Temperaturprognosen zur Vermeidung von Spannungsrissen

10 Pfahlintegrität Integritätsprüfungen • Kontrolle des Pfahlzustandes

11 Pfahltragfähigkeit Dynamische Pfahltests • Kontrolle der PfahltragfähigkeitStatische Pfahltests

12 Betondeckung diverse • Kontrolle des Betonzustandes im Hinblick auf ResttragfähigkeitChloridgehalt und RestlebensdauerKarbonatisierungAlkalireaktion

13 Rissbreiten Risslupe • Überprüfung der Gebrauchstauglichkeit im Hinblick auf DurchfeuchtungenGipsmarken und Bewehrungskorrosion.Dehnungsmessstreifen

14 Gefügezustand Bohrkerne • Resttragfähigkeit von Bauteilen, Festigkeit– Beton,– Mauerwerk,– Holz

15 Schwingungen Aufnehmer • Kontrolle der Schwingbelastung von Bauteilen

16 Feuchtigkeit, Widerstandsmessungen • Kontrolle der GebrauchstauglichkeitDurchfeuchtungen Bohrprobenanalyse • Prognose von Restlebensdauer

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lung im E-CORE verbunden (European Construction Re-search Network, Europäisches Forschungsnetzwerk imBauwesen).Die Plattform wurde auf der E-CORE B4E Konferenz inMaastricht am 14.–15. Oktober 2004 gegründet und mitECTP (European Construction Technology Platform) be-zeichnet. Sie wird derzeit von Interessenvertretern desBauwesens in Europa unterstützt und begrüßt die Betei-ligung weiterer interessierter Stellen. Ziel der ECTP ist es,das europäische Bauwesen für die kommenden Jahr-zehnte »fit« zu machen. Dieses gilt sowohl in Bezug aufeine technologische Führungsrolle als auch mit Blickauf eine weltweite Wettbewerbsfähigkeit im Zuge derGlobalisierung der Märkte für das Bauwesen. Weiterfüh-rende Informationen sind auf der ECTP-Homepage ht-tp://www.ectp.org sowie auf dem Homepage des natio-nalen Ablegers GCTP (German Construction TechnologyPlatform) (http://www.gctp.de) verfügbar.In2 formuliert die ECTP die Visionen und strategischenForschungsgebiete für den Zeitraum bis zum Jahr 2030,in Kap. 7.3.2 zum Themenkomplex der Bauwerksüber-wachung von Infrastrukturbauten zur Verbesserung derSicherheit, Dauerhaftigkeit und der Unterhaltungsauf-wendungen. Aufgrund der weitgehenden Deckung derForschungsziele, und der Bedeutung des Themenkom-plexes für alle europäischen Länder und vor dem Hinter-grund des enormen erforderlichen Forschungs- und Ent-wicklungsbedarfs wird vorgeschlagen, die Aktivitätenauf europäischer Ebene abzustimmen.

5. Schrifttum

[1] Braun, A.: Wirtschaftliche Instandhaltung: Strategien undMethodiken mit Beispielen aus dem Wasserbau. Diplomar-beit zur Erlangung des Grades eines Diplom-Wirtschaftsinge-nieurs (FH) an der Fachhochschule Oldenburg, Ostfriesland,Wilhelmshaven, Standort Oldenburg, Fachbereich Bauwesenund Geoinformation; Oldenburg; 2003.

[2] European Construction Technology Platform: NetworkingEurope: Vision 2030 and Strategic Research Agenda, Version12.00; http://www.ectp.org/documentation/FA-Networks-Visi-on-2030-SRA.pdf; November 2005.

[3] Oumeraci, H.: Design and construction of caisson breakwa-ters. In Agerschou, H. (ed.): Planning and design of ports andmarine terminals, Ch. 7, London, UK, Thomas Telford, app.100 pp, 2004.

[4] WG 25: Maintenance and renovation of navigation infrastruc-ture. PIANCWorking Group 25, 2006.

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Autoren

1 Sturmflutwasserstände und Seegang –Mögliche Extremereignisse und Klimaänderungen

arbeitsgruppe »f&e – ›arbeitsgruppe A1 Sturmflutwasser-stände und Seegang‹«An dieser Arbeitsgruppe haben die folgenden Kolleginnenund Kollegen (in alphabetischer Reihenfolge) mitgewirkt:prof. dr. jürgen jensen (Leitung der Arbeitsgruppe),

Universität Siegen, Paul-Bonatz-Str. 9–11, 57068 Siegen,Tel.: +49 (0)271 /740 – 21 72,E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Peter Fröhle Universität RostockDr. Jacobus Hofstede MLUR Schleswig-HolsteinDr. Gabriele Gönnert Hamburg Port AuthorityDipl.-Ing. Christoph Mudersbach Universität SiegenDr. Sylvin Müller-Navarra Bundesamt für Seeschifffahrt und

HydrographieProf. Dr.-Ing. H. Oumeraci Technische Universität BraunschweigDipl.-Met. Gudrun Rosenhagen DeutscherWetterdienst –

SeewetteramtDr. Elisabeth Rudolph Bundesanstalt fürWasserbau – AK KüsteBD Dipl.-Ing. Frank Thorenz KFKI-Forschungsleiter KüsteDr. Ralf Weisse GKSS Forschungszentrum Geesthacht,

Institut für Küstenforschung

2 Langfristige Vorhersageverfahren undVorhersagemodelle einschließlich Einflussvon Baumaßnahmen

LRDir Dr.-Ing. Harro Heyer Bundesanstalt fürWasserbau,Dienststelle Hamburg,Wedeler Landstraße 157,22559 Hamburg

Dieser Beitrag entstand aus einer Ausarbeitung für den Vorstandder HTG. Folgende Personen waren außer dem Autor Mitgliedder Arbeitsgruppe:Prof. Dr.-Ing. Hocine Oumeraci Technische Universität

BraunschweigProf. Dr.-Ing. Andreas Malcherek Universität der Bundeswehr

MünchenDipl.-Ing. Thomas Strotmann Hamburg Port Authority, HamburgProf. Dr. Hans von Storch GKSS-ForschungszentrumDr.-Ing. habil. Peter Milbradt Universität Hannover

Anhang

Die Forschungsplattform »Unsere Gewässer«mit der Dar-stellung des Forschungsbedarfes aus Sicht der Praxis bil-det die Grundlage für gemeinsameAktivitäten vonHTGund DGGT zur Entwicklung des ForschungsstandortesDeutschland und seiner Forschungseinrichtungen aufdiesem Gebiet imWettbewerb mit internationalen Insti-tuten und zur Zukunftssicherung unserer Gewässer-landschaften an der Küste und im Binnenland. Die viel-fältigen Rückwirkungen der Forschungsschwerpunkteauf Mensch, Natur undWirtschaft heben die Bedeutungdieses Ansatzes für die Öffentlichkeit hervor. HTG undDGGT wollen ihr Engagement auf diesem Gebiet für dieGewässer und alle hiermit verbundenen Nutzungen un-terstreichen. Es geht um integrative, in den Gesamtzu-sammenhang gestellte Forschungs- und Entwicklungs-ansätze, deren Initiierung, begleitende Unterstützungund Kommunikation.Zur Begleitung dieses Ansatzes werden HTG und DGGTein Gremium installieren, das die Forschungsschwerpunk-te begleitet und für die weitere Umsetzung, Aktualisie-rung sowie Kommunikation einschließlich der Integra-tioneinzelnerVorhaben indienationaleundeuropäischeFörderlandschaft unterstützt und initiiert.

prof. dr.-ing. hans p. dückervorsitzender htg

prof. dr.-ing. manfred nußbaumervorsitzender dggt

Ausblick

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3 Vorhersageverfahren und -modelle für Sediment- undSchadstofftransport, Optimierungs-verfahren fürUnterhaltungsbaggerungen

Dipl.-Ing. Axel Netzband Hamburg Port Authority,NeuerWandrahm 4, 20457 Hamburg

Präsident Dr.-Ing. Hans-Heinrich Witte Wasser- und Schifffahrts-direktion Nord, Hindenburgufer 247, 24106 Kiel

In die Abstimmung des Papiers wurden einbezogen:HTG Fachausschuss BaggergutHTG Arbeitskreis NassbaggertechnikDr. Peter Heininger Bundesanstalt für GewässerkundeDr. Susanne Heise Beratungszentrum für Integriertes Sediment-

management an TUHHDr.-Ing. Harro Heyer Bundesanstalt fürWasserbau, Dienststelle

HamburgDr.-Ing. Andreas Matheja GottfriedWilhelm Leibniz Universität

Hannover, Franzius-InstitutProf. Dr.-Ing. Andreas Malcherek Universität der Bundeswehr

München

4 Optimierung des Systems Schiff und WasserstraßeEntwicklung von Werkzeugen und Modellen

Prof. Dr.-Ing. Günter Ackermann Technische Universität,Hamburg-Harburg

Dr.-Ing. Klemens Uliczka Bundesanstalt fürWasserbau, HamburgDipl.-Ing. Klaus Frerichs Wasser- und Schifffahrtsdirektion

Nordwest, Schlossplatz 9, 26603 Aurich,E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Jan Kayser Bundesanstalt fürWasserbau, KarlsruheProf. Dr.-Ing. Abdel Maksoud Universität DuisburgDipl.-Ing. Fritz-Peter Eissfeldt Bundesanstalt fürWasserbau,

HamburgProf. Jens Froese Technische Universität, Hamburg-HarburgProf. Capt. Peter Irminger Hochschule BremenCapt. Michael Ippich Unterweser Reederei GmbH,

Blumenthalstrasse 16, 28209 Bremen,E-Mail: [email protected]

5 Küsten- und seeseitiger Hochwasserschutz

Dr.-Ing. Karsten Peters (Leitung der Arbeitsgruppe)IMS Ingenieurgesellschaft mbH, Stadtdeich 5,20097 HamburgE-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Karl-Friedrich Daemrich Franzius-Institut fürWasserbau und Küsteningenieurwesen, GottfriedWilhelmLeibniz Universität Hannover

Dr.-Ing. Oliver Stoschek DHI-WASY GmbH, Niederlassung Syke

Prof. Dr.-Ing. Holger Schüttrumpf Lehrstuhl und Institut fürWasserbau undWasserwirtschaft, Rheinisch-WestphälischeTechnische Hochschule (RWTH) Aachen

Dieser Beitrag entstand aus einer Ausarbeitungfür den Vorstand der HTG.

6 Bauwerke und Bauwerksertüchtigung im Küsten-und Verkehrswasserbau

An der Arbeitsgruppe »F&E – Arbeitsgruppe A6 – Bauwerke undBauwerksertüchtigung im Küsten- und Verkehrswasserbau«haben die folgenden Kollegenmitgewirkt:Prof. Dr.-Ing. Georg Heerten (Leitung der Arbeitsgruppe),

NAUE GmbH&Co. KG, Gewerbestraße 2,32339 Espelkamp-Fiestel,E-Mail: [email protected]

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Achmus Universität HannoverUniv.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley Universität der Bundeswehr

MünchenProf. Dr.-Ing. Jürgen Grabe Technische Universität Hamburg-

HarburgProf. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Technische Universität DarmstadtUniv.-Prof. Dr.-Ing. Norbert Meyer TechnischeUniversitätClausthalProf. Dr.-Ing. Hocine Oumeraci TechnischeUniversität BraunschweigProf. Dr.-Ing. Thomas Richter GuD Geotechnik und Dynamik

Consult GmbH, BerlinProf. Dr.-Ing. Fokke Saathoff Universität Rostockniv.-Prof. Dr.-Ing. Stavros Savidis Technische Universität BerlinDr.-Ing. Hans-Joachim Scheffer Sellhorn Ingenieurgesell-

schaft mbH, Hamburg (†)

7 Herausforderungen für die Forschung im Küsten-ingenieurwesen am Beispiel der Offshore-Windenergie

Prof. Dr.-Ing. Werner RichwienE-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Kerstin Lesny beide Universität Duisburg-Essen,Institut für Grundbau und Bodenmechanik

Dieser Beitrag entstand aus einer Ausarbeitung für den Vorstandder HTG an der außer den Autoren folgende Kollegenmitgewirkthaben:Prof. Wolfgang Brunner SchrobenhausenDr.-Ing. Hans-Dieter Clasmeier EmdenDipl.-Ing. Günther Funke MünsterProf. Dr.-Ing. Jürgen Grabe Hamburg-HarburgDipl.-Ing. Gerhard Hackmann RastedeDr.-Ing. Kim Mittendorf HannoverDr.-Ing. Alexander Mitzlaff HamburgDipl.-Ing. Torsten Retzlaff Rostock

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11 Probabilistische Bemessung von Bauwerken

An der Arbeitsgruppe B1 (Probabilistische Bemessung vonBauwerken) haben die folgenden Kollegen (in alphabetischerReihenfolge) mitgewirkt:Dr.-Ing. Andreas Kortenhaus (Leiter der Arbeitsgruppe),

Technische Universität Braunschweig, Leichtweiß-Institut,Abteilung Hydromechanik und Küsteningenieurwesen,Beethovenstr. 51A, 38106 Braunschweig,Tel.: +49 (0)531 – 391-3981, E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Peter Fröhle Uni RostockProf. Dr.-Ing. Jürgen Jensen Uni SiegenProf. Dr.-Ing. Nicole von Lieberman TUHamburg-HarburgDr.-Ing. Stephan Mai BfG, KoblenzDr.-Ing. Christoph Miller HPA, HamburgDr.-Ing. Karsten Peters IMS, HamburgDr.-Ing. Holger Schüttrumpf BAW, Hamburg

12 Risikobewertung und Risikomanagement

Prof. Dr.-Ing. habil. Torsten Schlurmann(Leitung der Arbeitsgruppe), Franzius-Institut fürWasserbauund Küsteningenieurwesen, Leibniz Universität Hannover,Nienburger Straße 4, 30167 Hannover,Tel: +49 (0)511 – 762 -25 72, Fax: -4002,E-Mail: [email protected]

Prof. Dr.-Ing. Nicole von Lieberman Fachgebiet Küstenzonen-management, Institut fürWasserbau, TU Hamburg-Harburg

Dr.-Ing. Stefan Woltering bremenports GmbH& Co. KG,Bremerhaven

Dr. Ulrich Bauermeister HafenentwicklungsgesellschaftRostock mbH, Rostock

Prof. Dr. Viktor Sigrist Institut für Massivbau, TU Hamburg-Harburg

13 Integrierte Konzepte, Modelle und Technikenfür bestehende und neue Bauwerke

Dipl.-Ing. Rahtge (Leitung der Arbeitsgruppe),HOCHTIEF Construction AG,Civil Engineering andMarineWorks,Hastedter Heerstraße 290, 28207 Bremen,Tel.: +49 (0)421 – 4184-261,E-Mail: [email protected]

BD Behrendt BMVBS, ReferatWS 13-TechnikDipl.-Ing. Glimm Hamburg Port AuthorityProf. Dr.-Ing. von Lieberman TUHamburg Harburg (beratend)Dr.-Ing. Woltering bremenports consult GmbHDipl.-Ing. Giegerich HOCHTIEF Construction AGDr.-Ing. Tworuschka HOCHTIEF Consult MarineWorks

8 Ökologisch integrierte Nutzung und Entwicklungvon Küstengewässern, Ästuaren und Wasserstraßen

Direktor und Professor Volkhard Wetzel Bundesanstalt fürGewässerkunde, AmMainzer Tor 1, 56068 Koblenz

EBD Dipl.-Ing. Heinz Glindemann Hamburg Port Authority,NeuerWandrahm 4, 20457 Hamburg

Dieser Beitrag entstand aus einer Ausarbeitung für den Vorstandder HTG, an der außer den Autoren folgende Kollegenmitge-wirkt haben:Dipl.-Ing. Uwe von Bargen bremenports consult GmbH, BremenDr.-Ing. Christoph Heinzelmann Bundesanstalt fürWasserbau,

KarlsruheDipl.-Ing. Wolfgang Weber Niedersächsisches Ministerium für

Wirtschaft, Arbeit und VerkehrDipl.-Ing. Uwe Lemcke Inros Lackner AG, RostockDr. Fritz Kohmann Bundesanstalt für Gewässerkunde, KoblenzDr. Michael Fiedler Bundesanstalt für Gewässerkunde, KoblenzDr. Boris Hochfeld Hamburg Port Authority, HamburgDipl.-Ing. Nino Ohle Hamburg Port Authority, Hamburg

9 »Digitaler Katalog der deutschen Küste und Binnen-gewässer«, Fernerkundung und Informationssysteme

Dr.-Ing. Rainer Lehfeldt (Leitung der Arbeitsgruppe),Bundesanstalt fürWasserbau, Dienststelle Hamburg,Wedeler Landstraße 157, 22559 Hamburg,Tel.: 040 – 81 90 83 12, E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. Manuela Osterthun Wasser- und SchifffahrtsdirektionMitte

Dipl.-Ing. Axel Götschenberg Wasser- und SchifffahrtsamtWilhelmshaven

10 Wechselwirkungen zwischen Wasser, Struktur undBoden – Bedeutung und Defizite

Prof. Dr.-Ing. J. Grabe TUHH, Institut für Geotechnik undBaubetrieb (Leiter der Arbeitsgruppe),Harburger Schlossstraße 20 Anbau, 21079 Hamburg,E-Mail: [email protected]

Dr.-Ing. J. Franke IGB Ingenieurgesellschaft HamburgDr.-Ing. M. Heibaum BAWKarlsruheProf. Dr.-Ing. H. Oumeraci TU Braunschweig,

Leichtweiß-Institut fürWasserbauProf. Dr.-Ing. W. Richwien Universität GH Essen,

Institut für Grundbau und Boden-mechanikM. Tenkleve HPAHamburgDr.-Ing. H. Tworuschka Hochtief Construction AG, Hamburg

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