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ZUR Zeitschrift für Umweltrecht Das Forum für Umwelt und Recht Das Thema Windenergieparks Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das Netz Rainer Wolf Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungs- gerichts zur raumordnerischen Steuerung von Windenergieanlagen Helmuth von Nicolai Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks Christian Kahle Aufsatz Artenschutz und Eingriffsregelung Martin Gellermann Rechtsprechung BVerwG Anforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der Raumordnung Mit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet BVerwG Lärmschutz für Hochhäuser an Schienenwegen BVerwG Formell und materiell illegal errichtetes Gewässer BGH Freizeitlärm: Rockkonzert OVG Lüneburg Befahrensbeschränkung für unter Schutz gestellten Wasserlauf OVG Münster Abfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Deponiezulassungen durch OVG Mannheim Zur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-Recht VG Düsseldorf Abfallbegriff und gebrauchte Kompressoren Gesetzgebung Neueste Entwicklungen im Europäischen Umweltrecht Josef Falke Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht Malte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte Rechtsprechung in Leitsätzen, Tagungsberichte, Buchneuerscheinungen, Zeitschriftenschau, Termine NOMOS Verlagsgesellschaft Baden-Baden Immissionsschutz Gewässerschutz Kreislaufwirtschaft Naturschutz Bodenschutz Energiewirtschaft Gentechnik Chemikaliensicherheit Klimaschutz 2 / 2004 Jahrgang 15 · Seiten 65 – 128 · E 10882

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Page 1: Zeitschrift für Umweltrecht · 2010-03-26 · Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks Christian Kahle Aufsatz Artenschutz und Eingriffsregelung Martin Gellermann Rechtsprechung

ZURZeitschrift für Umweltrecht

Das Forum für Umwelt und Recht

Das ThemaWindenergieparksRechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks inder AWZ an das NetzRainer Wolf

Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungs-gerichts zur raumordnerischen Steuerung von WindenergieanlagenHelmuth von Nicolai

Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichenWirtschaftszone am Beispiel der Offshore-WindparksChristian Kahle

AufsatzArtenschutz und Eingriffsregelung Martin Gellermann

RechtsprechungBVerwGAnforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhabenin der RaumordnungMit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet

BVerwGLärmschutz für Hochhäuser an Schienenwegen

BVerwGFormell und materiell illegal errichtetes Gewässer

BGHFreizeitlärm: Rockkonzert

OVG LüneburgBefahrensbeschränkung für unter Schutz gestellten Wasserlauf

OVG MünsterAbfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichendeDeponiezulassungen durch

OVG MannheimZur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-Recht

VG DüsseldorfAbfallbegriff und gebrauchte Kompressoren

GesetzgebungNeueste Entwicklungen im Europäischen UmweltrechtJosef Falke

Neueste Entwicklungen im BundesumweltrechtMalte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte

Rechtsprechung in Leitsätzen, Tagungsberichte,Buchneuerscheinungen, Zeitschriftenschau, Termine

NOMOS VerlagsgesellschaftBaden-Baden

Immissionsschutz

Gewässerschutz

Kreislaufwirtschaft

Naturschutz

Bodenschutz

Energiewirtschaft

Gentechnik

Chemikaliensicherheit

Klimaschutz

2/2004Jahrgang 15 · Seiten 65 – 128 · E 10882

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Flexibilisierung von Umweltstandards

Flexibilisierung von UmweltstandardsVon Carmen Vogt-Beheim2004, 282 S., brosch., 54,– €,ISBN 3-8329-0584-7(Frankfurter Schriften zum Umweltrecht,Bd. 35)

Flexibilität in der Umweltstandardsetzung ist nötig. Zieldieser Untersuchung ist es, Ansätze zur schnelleren Anpas-sung und beweglicheren Anwendung der Standards auf-zuzeigen. Im ersten Teil stehen Richtwerte als flexible Formder Standardsetzung und deren Definition im Vordergrund.Der zweite Teil befaßt sich mit den Auswirkungen vonWahl und Gestaltung der Rechtsform auf die Flexibilitätder Umweltstandardsetzung. Schließlich gilt es im drittenTeil, Alternativen zur derzeitigen Regelungstechnik zu finden,und den Bereich festzulegen, der nach einer Standard-setzung durch Richtwerte verlangt. Das Werk richtet sichan alle, die mit Umweltstandards befaßt sind. Für den Be-reich der Normsetzung zeigt es auf, wie sich die derzeitigeBegriffsvielfalt systematisieren und reduzieren läßt undwelche alternativen Gestaltungsformen überlegenswertsind. Dem Rechtsanwender werden Kriterien benannt, an-hand derer die Bedeutung eines Standards erfaßt und er-öffnete Spielräume genutzt werden können. Die Autorinwar als wissenschaftliche Mitarbeiterin und während ihrerTätigkeit in einer Rechtsabteilung mit Fragen der Umwelt-standardsetzung befaßt und ist derzeit als Richterin tätig.

Flexibilisierung vonUmweltstandards

Carmen Vogt-Beheim

Nomos VerlagsgesellschaftBaden-Baden

Frankfurter Schriften zum Umweltrecht 35

Nomos76520 Baden-Baden

Vogt-BeheimFlexibilisierung von Umweltstandards2004, 282 S., brosch., 54,– €,ISBN 3-8329-0584-7

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TAGUNGEN11. Rostocker SeerechtsgesprächMaxi Keller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11827. umweltrechtliche Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht Christian Au/Björn Dietrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

BUCHREZENSIONRudolf Kiesewetter, Eine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut zur Verlagerung des Güterverkehrsvon der Straße auf die Schiene und die WasserstraßeGisela Günter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

ZUR 2/2004

SchriftleitungProf. Dr. Hans-Joachim Koch,Universität HamburgProf. Dr. Wolfgang Köck,Universität Leipzig/Umweltforschungszentrum Leipzig-HalleDr. Moritz Reese,Umweltrat BerlinDr. Sabine Schlacke,Universität Rostock

Redaktion:Dr. Katja BöttgerProf. Dr. Christian CalliessPriv. Doz. Dr. Andreas FisahnRA Dr. Harald Ginzky Carola GlinskiDr. Ekkehard HofmannJan KarstensDr. Malte KohlsDr. Silke R. LaskowskiChristian MaaßRA Dr. Peter SchütteProf. Dr. Bernhard WegenerRA Dr. Cornelia Ziehm

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Prof. Dr. Wolfgang Köck

RedaktionsbeiratRA Prof. Dr. Martin Beckmann, MünsterProf. Dr. Monika Böhm, Phillipps-Universität-MarburgProf. Dr. Michael Bothe, Johann Wolfgang Goethe Universität,Frankfurt am MainProf. Dr. Martin Führ, Fachhochschule DarmstadtRA Dr. Reiner Geulen, BerlinDr. Werner Görtz, Umweltamt DüsseldorfProf. Dr. Günter Heine, Universität BernDr. Günther-Michael Knopp,Bayer. Staatsministerium, MünchenProf. Dr. Ludwig Krämer, Europäische KommissionDr. Hans-Heinrich Lindemann,Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und ReaktorsicherheitProf. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff, Universität BielefeldDr. Stefan Paetow, Bundesverwaltungsgericht, BerlinRA Ursula Philipp-Gerlach, Frankfurt am MainHelmut Röscheisen, Deutscher-Naturschutz-Ring, BonnProf. Dr. Alexander Roßnagel, Universität-Gesamthochschule KasselDr. Karsten Sach, Bundesumweltministerium Dr. Alexander Schink, Landkreistag NRW, DüsseldorfPeter Vonnahme,Bayer. VGH, MünchenBeate Weber, Oberbürgermeisterin von HeidelbergProf. Dr. Gerd Winter, Universität Bremen

Inhal t

Zeitschrift fürUmweltrechtDas Forum für Umwelt und Recht

15. Jahrgang, S. 65 - 128

ZUR 2/2004

DAS THEMARechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Windenergieparks in der AWZ an das NetzRainer Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zur raumordnerischenSteuerung von WindenergieanlagenHelmuth von Nicolai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore WindparksChristian Kahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

RECHTSPRECHUNG

� BVerwGAnforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben in der RaumordnungUrteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91Mit einer Anmerkung von Wolfgang Köck/Jana Bovet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96� BVerwGLärmschutz für Hochhäuser an SchienenwegenUrteil vom 24. September 2003 – 9 A 69.02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98� BVerwGFormell und materiell illegal errichtetes GewässerBeschluss vom 16. Juli 2003 – 7 B 61.03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99� BGHFreizeitlärm: RockkonzertUrteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100� OVG LüneburgBefahrensbeschränkung für unter Schutz gestellten WasserlaufUrteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2072/01 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102� OVG MünsterAbfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Deponiezulassungen durchUrteil vom 28. Oktober 2003 – 20 D 116/01.AK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107� OVG MannheimZur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-RechtBeschluss vom 4. November 2003 – 8 B 11220/03.OVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110� VG DüsseldorfAbfallbegriff und gebrauchte KompressorenBeschluss vom 5. September 2003 – 17 L 2542/03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Rechtsprechung in Leitsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

RUBRIKENBuchneuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123Zeitschriftenschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI

GESETZGEBUNGNeueste Entwicklungen im Europäischen UmweltrechtJosef Falke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Neueste Entwicklungen im BundesumweltrechtMalte Kohls/Moritz Reese/Peter Schütte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117

AUFSATZArtenschutz und EingriffsregelungMartin Gellermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

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Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht

EurUP – Europäisches Umweltrechtpraxisnah und aktuell

Die Zeitschrift EurUP ist ein europäisches Forum für Um-weltrecht: EurUP berichtet über die vielseitigen Probleme derUmsetzung und Ausgestaltung des europäischen Umweltrechts,auch und gerade in den Beitrittsländern. Zur Zielgruppe zählenPraktiker in Unternehmen, Anwaltskanzleien sowie europa-rechtliche Lehrstühle und Institute, für die die EurUP eine wich-tige Informationsquelle geworden ist.

EurUPBeiträge der Ausgabe Februar 2004 (1/2004):

• Die Umsetzung der EU-Emissionshandels-Richtlinie aus der Perspektive eines globalen Energie-Konzerns

• Emissionshandel in Deutschland

• Emissionshandel: Der deutsche Allokationsplan

• The UK Emissions Trading Scheme: Vom Prototyp zum Auslaufmodell?

• Der deutsch-schweizerische Fluglärmstreit

• Luftqualität und Straßenplanung

Erscheinungsweise:zweimonatlich

Jahresabonnementeinschließlich Nutzung der Online-Datenbank„LexxionPro/EurUP“:€ 155,– (inkl. MwSt. und zzgl. Versandkosten)

Heftumfang:ca. 48 Seiten

ISSN 16 12-42 43

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EurUPfür nur € 30,– inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten (2 Ausgaben)*

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Überzeugen Sie sich mit einem Test-Abo!2 Ausgaben für nur € 30,–

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Herausgeber:

Prof. Siegbert AlberGeneralanwalt am EuGH a.D., Saarbrücken

Prof. Dr. Chris W. Backes Universität Utrecht

Prof. Dr. Martin BeckmannRechtsanwalt, Münster

Prof. Dr. Christian CalliessUniversität Göttingen

Prof. Dr. Marcello ClarichRechtsanwalt, Rom

Prof. Dr. Pawel CzechowskiUniversität Warschau

Prof. Dr. Astrid EpineyUniversität Freiburg (Schweiz)

Dr. Jürgen FluckRechtsanwalt, BASF AG, Ludwigshafen

Dr. Ludger GiesbertsRechtsanwalt, Köln

Prof. Dr. Hans D. JarassUniversität Münster

Prof. Dr. Ludwig KrämerEuropäische Kommission, Brüssel

Pascale Kromarek Total, Paris

Dr. Stefan PaetowBundesverwaltungsgericht, Leipzig

Dr. Norbert PelzerUniversität Göttingen

Prof. Dr. Eckard Rehbinder Universität Frankfurt (Main)

MinR Dr. Peter RösgenBundesumweltministerium, Berlin

Dr. Frank Andreas SchendelBayer Industrie Service, Leverkusen

Dr. Alexander SchinkLandkreistag NRW, Düsseldorf

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Der umfassende Großkommentardeckt in vier Bänden alle wesentlichen Teile desUmweltrechts ab:

• Band I kommentiert ausführlich das Bundes-Immissionsschutzgesetz.

• Band II bietet insbesondere Erläuterungen derDurchführungsvorschriften zum BImSchG, etwa zur VO über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV), zur VO über Immissionsschutz- undStörfallbeauftragte (5. BImSchV), zur StörfallVO (12. BImSchV) sowie zur TA Lärm und zur TA Luft.

F A X - C O U P O N Ja, ich bestelle

Expl. 3-406-34327-9

Landmann/RohmerUmweltrecht41. Auflage. 2004. In 4 Ordnern € 124,–inkl. MwSt., zzgl. VertriebskostenDie Ergänzungslieferungen werden bis auf jederzeit möglichen Widerruf geliefert

• Band III enthält Erläuterungen zu sonstigen zen-tralen Vorschriften des Umweltrechts, u. a. zumUmweltverträglichkeitsprüfungsG, zum Umwelt-haftungsG, zum BenzinbleiG, zum ChemG undzum WasserhaushaltsG.

• In Band IV wird aus dem sonstigen Umweltrechtdas BBodenSchG, das GenTG mit VO, das BNat-SchG und das UAG kommentiert. Außerdem sindzahlreiche Vorschriften des europäischen Umwelt-rechts enthalten (z. B. allg. medienübergreifendeVorschriften, anlagenbezogener Vorschriften, Vor-schriften zur Vermeidung, Verwertung und Besei-tigung von Abfällen).

Aktuell mit Stand 1. Oktober 2003:Im Immissionsschutzrecht wurden die Erläuterungenzur TA Luft 2002 weiter vervollständigt.Aktualisiert wurden die Kommentierungen zu• § 1BImSchG (Zweck des Gesetzes)• § 2 BImSchG (Geltungsbereich)• § 9 BImSchVNeu aufgenommen wurde die 17. BImSchV vom14.08.2003 mit einer VorbemerkungIm Abfallrecht wurden• § 33 KrW-/AbfG (Zulassung vorzeitigen Beginns)• § 34 KrW-/AbfG (Planfeststellungsverfahren)• § 36 KrW-/AbfG (Stilllegung)neu kommentiert.Im Bodenschutzrecht wurde § 18 BBodSchG (Sach-verständige und Untersuchungsstellen) neu kom-mentiert.

Außerordentlich

günstiges Preis-

Leistungs-Verhältnis

Loseblatt-Kommentar.Herausgegeben von Dr. Klaus Hansmann.

Bearbeitet von Dr. Thorsten Bartsch, Prof. Dr. Martin Beckmann, Prof. Dr.Peter Bruckmann, Prof. Dr. Johannes Dietlein, Dr. Matthias Dombert,

Dr. Wolfgang Ewer, Dr. Andreas Gallas, Dr. Martin Gellermann, Prof. Dr.Günter Hager, Dr. Klaus Hansmann, Georg Kahl, Dr. Andreas Kersting,

Prof. Dr. Ernst Kutscheidt, Franz-Josef Moormann, Volkmar Nies, Dr. KayArtur Pape, Prof. Dr. Eckard Rehbinder, Dr. Christof Sangenstedt,

Prof. Dr. Joachim Scherer, Dr. Max-Jürgen Seibert, Dr. Dieter Sellner,Prof. Dr. Hermann Soell†, Prof. Dr. Peter-Christoph Storm,

Michael Theben, Prof. Dr. Rainer Wahl41. Auflage. 2004

Rund 7700 Seiten. In 4 Ordnern € 124,–ISBN 3-406-34327-9

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Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2 Wochen nach Lieferung ohneBegründung an Ihre Buchhandlung oder an den Verlag C.H.Beck, c/o Nörd-linger Verlagsauslieferung, Augsburger Str. 67 a, 86720 Nördlin-gen zurückzusenden, wobei die rechtzeitige Absendung genügt. Kosten undGefahr der Rücksendung trägt der Empfänger. Ihr Verlag C.H.Beck oHG, Wilhelmstr. 9, 80801 München.

„. . . für alle im Umweltrecht Tätigen unentbehrlich“.

Ministerialrat Ralph Lemp, Staatsanzeiger für das Land Hessen 18/2001

Landmann/Rohmer

UmweltR

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NEU!Herausgeber:

Siegfried BreierEuropäische Kommission, Brüssel

Prof. Dr. Dr. Udo Di FabioRichter des BundesverfassungsgerichtsFriedrich-Wilhelms-Universität, Bonn

Dr. Jürgen FluckRechtsanwalt, BASF AG, Ludwigshafen

Dr. Horst von HollebenRechtsanwalt, Berlin

Dietmar KnoppRechtsanwalt, Frankfurt/Main

Ulrike KowalskiBundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin, Dortmund

Prof. Dr. Tobias LenzRechtsanwalt, Köln

Andreas MeisterernstRechtsanwalt, München

Jürgen PaulyRechtsanwalt, Frankfurt/Main

Prof. Dr. Franz-Joseph PeineEuropa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder

MinR Dr. Uwe PetersenBundesministerium für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft, Bonn

Dr. Bernd StroemerGeschäftsführer Industrieverband Körper-pflege und Waschmittel e.V., Frankfurt/Main

H Die aktuelle Zeitschrift für alle Bereiche des Stoffrechts

Das Stoffrecht erlangt vor dem Hintergrund der EU-Rechtsetzung und der Rechtsprechung des EuGH immer größe-re Bedeutung. Etliche Richtlinien und Verordnungen, derzeitzum Teil im Entwurfsstadium, werden erhebliche Auswirkungenauf Hersteller und Verbraucher haben.

Das Stoffrecht fasst alle rechtlichen Aspekte der BereicheChemikalien, Pflanzenschutz, Lebensmittel, Futtermittel,Kosmetika und Arzneimittel zusammen. Die Betrachtung dieserRechtsgebiete ist dabei untrennbar mit produkthaftungs- undverbraucherschutzrechtlichen Fragen verbunden.

StoffRBeiträge der ersten Ausgabe Februar 2004 (1/2004):A Zusatz von Vitaminen und Mineralien:

Entwurf einer EU-VerordnungA Instruktionshaftung und TabakprozesseA Der Nachweis der Ursächlichkeit fehlerhafter

ArzneimittelinformationenA Das europäische Chemikalienrecht im Umbruch –

REACH im ÜberblickA The ICCA HPV Chemicals InitiativeA Verbraucherinformation bei Pflanzenschutzmitteln

StoffRD Chemikalien

D Lebensmittel

D Arzneimittel

D Produkthaftung

D Verbraucher-schutz

Zeitschrift für Stoffrecht

Erscheinungsweise:zweimonatlich

Jahresabonnementeinschließlich Nutzung der Online-Datenbank„LexxionPro/StoffR“:€ 178,– (inkl. MwSt. und zzgl. Versandkosten)

Heftumfang:ca. 48 Seiten

ISSN 1613-3919

Ja, ich bestelle ein Test-Abo der Zeitschrift StoffRfür € 35,– inklusive MwSt. zzgl. Versandkosten (2 Ausgaben)*/**

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Herausgeber: Verein für Umweltrecht e.V.in Kooperation mit:Forschungsstelle Umweltrecht, Universität Hamburg (Geschäftsführung Prof. Dr. Hans-Joachim Koch)Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht, Universität Bremen (Prof. Dr. Gerd Winter)Institut für Umweltrecht, Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff)Institut für Umweltrecht GbR, Bremen (Dr. Hubertus Baumeister und Dr. Niels Griem)

Zeitschrift für UmweltrechtDas Forum für Umwelt und Recht

Auf dem Festland sind geeignete Standorte für Windkraftanlagen knapp ge-worden. Zudem erweist sich dort die Genehmigung von Windkraftanlagen alszunehmend problematisch und konfliktbeladen 1. Die damit verbundenen Pro-bleme sind Anlass, nach Standorten im Offshore-Bereich zu suchen. Winden-ergieanlagen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bedürfen einerGenehmigung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)nach § 2 der SeeAnlVO. Dabei ist bei Anlagenkomplexen mit mehr als 20 An-lagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (§ 2a SeeAnlV i. V.m. Anlage 1 Nr. 1. 6. 1 UVPG). Im Hinblick auf die erforderliche Netzanbin-dung ist eine reine Anlagengenehmigung allerdings wenig wert. Die Rechts-grundlagen für die Zulassung von stromführenden Kabeln in der AWZ sind um-stritten. Während das Schrifttum überwiegend für eine Genehmigung auf derGrundlage des Bergrechts plädiert, präferiert das BSH eine Genehmigung nach§ 2 SeeAnlV, die getrennt von der Anlagengenehmigung und ohne Umweltver-träglichkeitsprüfung erteilt werden soll. Der vorliegende Aufsatz zeigt auf, dasseine integrierte Zulassung von Anlagen und Kabeln mit UVP erforderlich ist undskizziert die materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen.

A. Potenziale und Störpotenziale

Die Potenziale für Windenergie im Offshore-Bereich werden auf 40%des derzeitigen Stromverbrauchs geschätzt 2. Die Bundesregierungstrebt einen Anteil von bis zu 15% des gesamten Stromverbrauchsdurch Nutzung von Windkraft aus Offshore-Anlagen an 3. Sie hat dieFörderung der Windkraftgewinnung im Offshore-Bereich zu einemzentralen Gegenstand ihrer Energiepolitik gemacht. Durch § 2 Abs. 1S. 1 EEG kommen auch Anlagen in der AWZ in den Genuss von Ab-nahme- und Vergütungsregelungen. Zur Zeit liegen ungefähr 30 An-träge für die Errichtung von Offshore-Windparks im Bereich derAWZ der Bundesrepublik Deutschland mit einer Kapazität von ca.60.000 MW vor. Für zwei Vorhaben wurden bereits Anlagenge-nehmigungen erteilt. Dabei handelt es sich um den Offshore-Wind-park »Borkum-West« mit zunächst 12 Windkraftanlagen und 208weiter vorgesehene Anlagen mit einer Leistung zwischen 3,5 und 5MW – insgesamt ca. 1000 MW – sowie um den Offshore-Windpark»Butendiek« mit 80 Windkraftanlagen 4.

Um die auf See erzeugte Energie wirtschaftlich verwerten zukönnen, muss der durch Offshore-Anlagen produzierte Strom in dieHochspannungsnetze der Stromversorger eingespeist werden. Eineandere Form des Energietransfers von Offshore-Anlagen ist zur Zeitnicht marktreif. Die Einspeisung erfolgt an Netzeinspeisepunkten,

ZUR 2/2004

Herausgeber: Verein für Umweltrecht e.V.in Kooperation mit:Forschungsstelle Umweltrecht, Universität Hamburg (Geschäftsführung Prof. Dr. Hans-Joachim Koch)Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht, Universität Bremen (Prof. Dr. Gerd Winter)Institut für Umweltrecht, Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff)Institut für Umweltrecht GbR, Bremen (Dr. Hubertus Baumeister und Dr. Niels Griem)

Zeitschrift für UmweltrechtDas Forum für Umwelt und Recht

Rainer Wolf

Rechtsprobleme der Anbindung von Offshore-Winden-ergieparks in der AWZ an das Netz*

* Der vorliegende Aufsatz beruht auf dem Rechtsgutachten »AWZ-Vorhaben:Rechtliche und naturschutzfachliche Aspekte beim Bau und Betrieb von Strom-kabeln«, das der Verfasser für das Bundesamt für Naturschutz erstellt hat.

1 Vgl. dazu Wolf, Windenergie als Rechtsproblem, ZUR 2002, 331 ff.2 Vgl. Wiese/Klatschmitt, Stand und Perspektiven der Windkraftnutzung in

Deutschland, in: Brauch (Hrsg.), Energiepolitik – Stand und Perspektiven derWindkraftnutzung in Deutschland, 1997, S. 87 ff.

3 Bundesregierung, Strategiepapier der Bundesregierung zur Windenergienut-zung auf See, Januar 2002, S. 7.

4 Vgl. dazu Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Genehmigungsbe-scheid für den Windpark »Borkum-West« vom 9.11.2001, Az. 8086.01/Borkum-West Z1; dass., Genehmigungsbescheid »Offshore-Bürger-Windpark Buten-diek« vom 18.12.2002, Az. 8086.01/Butendiek/Z1.

5 Bundesregierung, 2002, S. 22; davon entfallen allerdings nur 4,2 Mio. € auf dieeigentliche ökologische Risikoforschung.

6 Vgl. Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU), Windenergienutzungauf See. Stellungnahme, 2003, S. 1 u. S. 5.

7 Vgl. dazu von Merck/von Nordheim, Technische Eingriffe in marine Lebensräume,2000 (BfN-Schriften Nr. 29); BMU (Hrsg.), Offshore-Windenergienutzung undUmweltschutz, 2001; Knust/Heuers/Schröder u. a., Empfehlungen zu Mindest-anforderungen an die projektbezogene Untersuchung möglicher bau- undbetriebsbezogener Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf dieMeeresumwelt der Nord- und Ostsee, 2001; Ehlrich/Hofmann/Kafemann u. a.,Untersuchungs- und Monitoringkonzept zur Abschätzung der Auswirkungenvon Offshore-Windparks auf die marine Umwelt, 2001.

die sich auf dem Festland befinden. Zudem müssen die einzelnenAnlagen eines Windparks mit einer oder mehreren parkinternenUmspannstation(en) vernetzt werden. Windkraftanlagen auf Seeerzeugen nicht nur Energie, sondern benötigen sie auch, um beiFlaute, Wartungsarbeiten oder Störfällen eine vom Betrieb der Wind-kraftanlage unabhängige Energiezufuhr für die akustischen undoptischen Warnanlagen sowie für andere sicherheits- und ver-sorgungstechnische Einrichtungen sicherzustellen. Dafür muss En-ergie aus landseitigen Netzen zugeführt werden. Damit ist auch dieVerlegung von energiezuführenden Kabeln erforderlich.

Bau und Betrieb von Windkraftanlagen im Offshore-Bereich kön-nen Auswirkungen auf die natürliche Umwelt haben und sichstörend auf andere Nutzungen auswirken. Der Bund hat zu ihrer Er-forschung eine Begleitforschung aus den Mitteln des Zukunftsinve-stitionsprogrammes mit einem Volumen von 15,4 Mio. € für dieJahre 2001 bis 2003 aufgelegt 5. Obwohl sie allgemein als bemer-kenswert und international vorbildlich bewertet wird, ist der Um-fang des ökologischen Störpotentials im Einzelnen noch weitgehendungeklärt 6. Dies gilt auch für die Risiken der Verlegung und des Be-triebs von stromführenden Kabeln 7. Ein unter diesen Vorzeichen ex-trapoliertes qualitatives Risikoszenario für die Bauphase kann mit

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dem Befund beginnen, dass durch das Einspülen von Kabeln in denMeeresboden ökologisch bedeutsame Sandbänke, Seegraswiesenoder Riffe in Mitleidenschaft gezogen werden können. Auch bei ei-nem sandigen Untergrund werden die dort befindlichen Lebensge-meinschaften des Benthos gestört. Zudem entstehen Sedimentfah-nen, die die Qualität des Wassers beeinträchtigen. Auch dies kannsich schädlich auf die Lebensverhältnisse des Meeres auswirken. Eswerden nicht nur die Lebensgrundlagen für standortfeste Arten wieMuscheln oder Schalentiere beeinträchtigt, sondern im weiterenauch die von Fischen und Meeressäugern. Als Folgefolge kann sicheine solche Störung in der Nahrungskette bis hin zu den Lebensbe-dingungen von Vögeln auswirken. Im weiteren sind die Verlegungs-arbeiten zusätzlich mit Lärm und anderen Umwelteinwirkungen ver-bunden. Die aus ihnen resultierenden Vertreibungseffekte wirkensich gleichfalls störend auf die marinen Lebensgemeinschaften aus,wenn ihre Brut-, Rast- und Nahrungsgebiete betroffen sind. Diese Ef-fekte steigen damit in bestimmten Zeitphasen, sie sind jedoch auchvon den Verlegungstechniken beeinflusst. Entsprechend lassen sichdiese Effekte durch die Wahl der Verlegungstechnik, der Jahreszeitund der Trassenführung auch mindern.

Während des Betriebs entstehen in den Kabeln elektromagne-tische Felder. Ihre Auswirkungen auf die Kompassmissweisung sindanerkannt 8. Dass solche Felder beim Menschen schädliche Wirkun-gen für die Gesundheit wie Kopfschmerzen, Migräne, Schlaflosigkeit,koronare Herzkrankheiten und sogar Krebs auslösen können, ist aufdem Festland Gegenstand der Diskussion um den sog. »Elektro-smog« gewesen 9. Auch bei relativ geringen Expositionen wurdenbiologische Wirkungen bei Zellkulturen und Nagetieren festge-stellt 10. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die durch strom-führende Kabel erzeugten elektromagnetischen Felder auch für diemarine Lebenswelt negative Auswirkungen, z. B. in der Form vonVerlust des Orientierungs- und Kommunikationsvermögens, habenkönnen 11. Andererseits hängen Ausmaß und Umfang der Einwir-kung von technischen Anlagenspezifikationen wie Verlegungstiefe,Stromart, Stromstärke, Kabelquerschnitt, Ummantelung oder Verle-gung mit anderen Kabeln ab 12. Auch hier sind technische Verfahrenzur Minderung oder sogar Behebung des Störpotentials denkbar. Imweiteren erwärmt die durch die Kabel abgeleitete elektrische Energiedie Leitungen. Dies kann zu einer Veränderung der Lebensbedin-gungen im Nahbereich der Trasse führen. Art und Umfang hängenebenfalls von technischen Spezifikationen ab. Durch Strömungkönnen schließlich verlegte Kabel wieder freigespült werden. Auchdies kann sich nicht nur für die Schifffahrt, sondern auch für denMeeresboden und die Lebensgemeinschaften des Benthos negativauswirken. Die hier benannten Risiken sind daher anlagenbezogen,sie lassen sich deshalb durch die Wahl des Trassenverlaufs nur wenigbeeinflussen, sie erfordern im wesentlichen anlagespezifische Vor-kehrungen.

B. Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für die Verlegung von Transit-Rohrleitungen undUnterwasserkabeln ist nach § 2 Abs. 3 BBergG das Bergrecht. Nach§ 133 Abs. 1 BBergG bedarf die Errichtung und der Betrieb einerTransit-Rohrleitung in oder auf dem Festlandsockel einer Genehmi-gung. § 133 Abs. 4 BBergG erstreckt die Genehmigungspflicht auchauf die Verlegung und den Betrieb von Unterwasserkabeln. Damitscheint die einschlägige Rechtsgrundlage für die Anbindung vonOffshore-Windkraftanlagen an das Festlandsnetz gefunden. Dagegenist § 133 BBergG nach einhelliger Ansicht nicht für Rohrleitungenanwendbar, die von einer auf dem Festlandsockel befindlichenBohrinsel zum Festland führen 13. Solche betrieblichen Rohrleitungensind keine Transit-Rohrleitungen. Darunter werden Rohrleitungen

verstanden, die vom Festlandsockel oder vom Gebiet eines anderenStaates in den Festlandsockel der Bundesrepublik Deutschlandführen oder diesen durchqueren (§ 4 Abs. 10 BBergG). Für Rohr-leitungen, die ihren Ausgang im deutschen Festlandsockel haben,gilt § 133 BBergG daher nicht. Für die zum Betrieb erforderlichenStromzuleitungen wird entsprechend verfahren 14.

Überträgt man die für Rohrleitungen und Stromkabel von Vor-haben des Meeresbergbaus anerkannte Praxis auf die Betriebskabel,die von Windkraftanlagen in der deutschen AWZ an das Festlandführen, können Zweifel an der Anwendbarkeit des § 133 Abs. 4BBergG aufkommen. Während im Schrifttum bisher davon ausge-gangen wurde, dass die Verlegung von solchen Kabeln immer demBergrecht unterliegt 15, vertritt die Praxis demgegenüber die Ansicht,die energetische Vernetzung von Offshore-Windkraftanlagen mitdem Festland sei dem Rechtsregime der Seeanlagenverordnung zu-zuordnen 16. Ihre Betriebskabel sollen danach nicht dem Bergrecht,sondern der Seeanlagenverordnung unterliegen. Über ihre Geneh-migung wird dabei bisher nicht bei der Zulassung der Windparksselbst entschieden, sie bleibt vielmehr einer gesonderten Entschei-dung vorbehalten.

I. Optionen

Insgesamt gibt es folgende denkbare Optionen:– Zulassungsregime nach § 133 BBergG– Genehmigung im Rahmen der Zulassungsentscheidung zur An-

lage von Windparks nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV– Eigenständige Genehmigung nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2

SeeAnlV– Freistellung von der Genehmigungspflicht nach § 10 SeeAnlV

Dabei ist wiederum zwischen energiezuleitenden und energiea-bleitenden Kabeln sowie vernetzenden Kabeln innerhalb einesWindparks zu unterscheiden.

§ 133 Abs. 4 BBergG konstituiert für Unterwasserkabel eine berg-rechtliche Genehmigungspflicht. Sie ist als gebundene Entscheidungohne Ermessensspielraum ausgestaltet. Die Genehmigung darf nach§ 133 Abs. 2 S. 1 BBergG nur versagt werden, wenn eine Gefährdungdes Lebens oder der Gesundheit von Personen oder von Sachgüternoder eine Beeinträchtigung überwiegender öffentlicher Interessen zu

Das Thema

8 Vgl. Kramer, Kabelbauarten sowie Verlegungsmethoden und ihre Auswirkungenauf magnetische und elektromagnetische Felder, in: Bundesamt für Natur-schutz (Hrsg.), Technische Eingriffe in marine Lebensräume, 1999, S. 4.

9 Vgl. dazu Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Gutachten 1994, Tz 554u. Gutachten 1995, Tz. 543 ff.; Empfehlungen der Strahlenschutzkommissionvom 16.7./17. 5. 1995 (BAnz v. 8. 8. 1995).

10 Vgl. dazu Kutscheidt, Die Verordnung über elektromagnetische Felder, NJW1997, 2481, 2484.

11 Vgl. dazu Kullnik/Marhold, Abschätzung direkter und indirekter biologischerWirkungen der elektrischen und magnetischen Felder des EuroKabel/Viking Ca-ble HGÜ-Bipols auf Lebewesen der Nordsee und des Wattenmeers. ZoologischesInstitut der J. W. Goethe-Universität Frankfurt, 1999.

12 Vgl. auch Kramer (Fn.8), S. 4 f.; SRU (Fn.6), S. 3 ff. 13 Boldt/Weller, Bundesberggesetz. Kommentar, 1984, Rn. 3 zu § 133.14 Gellermann, Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung ökologischer

Auswirkungen bei der Netzanbindung und –integration von Offshore-Wind-parks, Manuskript 2003, S. 5.

15 Erbguth, Offshore-Windenergieanlagen – Rechtsfragen, RdE 1996 85, 87; Jenisch,Windenergieanlagen im Internationalen Seerecht, ZfB 1996, 108, 119; Klinski,Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanlagen in der AWZ, UBA-Texte 62/01, S. 15; Resthöft/Dreher, Rechtsfragen bei der Genehmigung von Off-shore-Windparks in der deutschen AWZ nach Inkrafttreten des BNatSchGNeu-regG, ZNER 2002, 95, 101; Brandt/Gaßner, Seeanlagenverordnung. Kommentar,2002, Rn. 52 zu § 2; Brandt/Dreher, Die Genehmigung von Kabeln zur Ableitungvon Strom aus Offshore-Erzeugung, NordÖR 2003, 138, 139; Gellermann(Fn.14), S. 6; offen gelassen bei Hübner, Offshore-Windenergieanlagen, ZUR2000, 138; Beckmann, Die Seeanlagenverordnung, NordÖR 2001, 273, 275.

16 Vgl. Erlass des BMVBW vom 15. 1. 2002 – EW 25/52.0104-7/2, zit. nach BM-VBW Beantwortung der Anfrage der Universität Rostock vom 20. 9. 2002; vgl.dazu Gellermann (Fn.14), S. 3 ff.; Erbguth, Wahrung möglicher Belange der Bun-desraumordnung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der BundesrepublikDeutschland – Raumordnung im Küstenmeer – Rechtsgutachten im Auftrag desBMVBW, 2002, S. 76.

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besorgen ist, die nicht durch eine Befristung, durch Bedingungenoder Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann. Eine Beein-trächtigung überwiegender öffentlicher Interessen liegt nach § 133Abs. 2 S. 2 BBergG insbesondere in den in § 132 Abs. 2 Nr. 3 BBergGgenannten Fällen vor. Dazu zählen unter anderem die Beeinträchti-gung der Pflanzen- und Tierwelt in unvertretbarer Weise (§ 132Abs. 2 Nr. 3 lit. b) sowie die Besorgnis der Verunreinigung des Meeres(§ 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. d). Die Versagensgründe des § 133 Abs. 2 S. 1BBergG sind abschließend 17.

Kompetenzrechtlich ist nach § 133 Abs. 1 BBergG bei der Ge-nehmigung 1. in bergbaulicher Hinsicht und 2. hinsichtlich der Ordnung der Nutzung und Benutzung der Ge-

wässer über dem Festlandsockel und des Luftraumes über diesenGewässernzu unterscheiden. Für die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1

Nr. 1 BBergG sind die Bergbehörden, für die Genehmigung nach§ 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BBergG ist das BSH zuständig (§ 133 Abs. 1S. 2 BBergG). Verfahrensrechtlich handelt es sich dabei nicht umeine Genehmigung, sondern – ausweislich des Wortlauts des § 133Abs. 2 S. 1 BBergG – um zwei rechtlich selbständige Genehmigun-gen 18. Gleichwohl besteht zwischen ihnen ein innerer Zusam-menhang. Die Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BBergGdarf nur nach Vorliegen einer Genehmigung nach § 133 Abs. 1 S. 1Nr. 1 BBergG erteilt werden (§ 133 Abs. 1 S. 3 BBergG). Zwischenbeiden Genehmigungen besteht daher Akzessorietät. Daraus re-sultiert die Gefahr, dass sich die jeweils zuständigen Behörden ge-genseitig blockieren können 19. Dies erscheint zumal deswegenproblematisch, weil sie unterschiedlichen föderalen Gewalten zu-geordnet sind. Die Bergbehörden sind Behörden der Länder, dasBSH ist eine Bundesbehörde, die dem Geschäftsbereich des Bun-desverkehrsministers zugeordnet ist. Konflikte, die nicht konsen-sual beigelegt werden können, laufen daher auf eine Bund-Länder-Streitigkeit hinaus. Bereits daraus wird deutlich, dass § 133 BBergGkeine unproblematische Regelung ist.

§ 1 Abs. 2 SeeAnlV erstreckt den sachlichen Geltungsbereich die-ser Verordnung auf »alle festen oder schwimmend befestigten bauli-chen oder technischen Einrichtungen, einschließlich Bauwerke undkünstlicher Inseln, die1. der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder2. anderen wirtschaftlichen Zwecken

dienen«. In diesen Tatbestandsmerkmalen wird die Übernahmeder völkerrechtlichen Grundlegungen des Seerechtsübereinkom-mens der Vereinten Nationen deutlich (vgl. Art. 56 Abs. 1 lit. a SRÜ).Die Genehmigungspflicht dient der Abwehr von Gefahren für dieSicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und für die Meeresumwelt(§ 2 S. 2 SeeAnlV). Die Genehmigung ist zu versagen, wenn dieSicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder dieMeeresumwelt gefährdet wird, ohne dass dies durch eine Befristung,durch Bedingungen oder Auflagen verhütet oder ausgeglichenwerden kann (§ 3 S. 1 SeeAnlV). Als Versagungsgründe kommen inHinblick auf den Schutz der marinen Umwelt insbesondere die Ver-schmutzung der Meeresumwelt (§ 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV) und die Ge-fährdung des Vogelzugs (§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV) in Betracht.

Ordnet man die Verlegung von Kabeln der Entscheidung über dieAnlagengenehmigung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV zu, müsstendiese Leitungen auch Gegenstand der durch § 2a SeeAnlV geforder-ten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sein, soweit die Wind-kraftanlagen ihrerseits UVP-pflichtig sind. Das europäische Gemein-schaftsrecht sieht eine UVP-Pflicht für Windfarmen im Rahmen desAnhanges II für Projekte nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL vor. Das deutscheUVPG verlangt gem. Nr. 1. 6 der Anlage I des UVPG für Windfarmenmit mehr als 20 Anlagen generell eine Umweltverträglichkeits-prüfung. Bei Windfarmen zwischen sechs und 20 Anlagen wird eine

UVP nur nach Maßgabe einer allgemeinen Vorprüfung des Einzel-falls (screening) nach § 3b UVPG erforderlich. Bei Windfarmen zwi-schen drei und sechs Anlagen ist ihr zunächst eine standortbezoge-ne Vorprüfung vorzuschalten (§ 3c UVPG).

Wird die Eigenschaft von Kabeln als Teil einer Windkraftanlageverneint, kommt eine Anwendung des § 2 SeeAnlV nur in Frage,wenn die Kabel als selbständige Anlage i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 See-AnlV zu betrachten sind. Eine selbständige Genehmigung setzt um-gekehrt voraus, dass die Kabel nicht Teile einer Anlage sind, die nach§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV genehmigungsbedürftig ist. Die Kabelmüssten darüber hinaus als Anlagen zu werten sein, die »anderenwirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SeeAnlV dienenund dürften gleichzeitig keine Anlagen des Bergwesens sein (§ 1Abs. 2 S. 2 SeeAnlV). Für Anlagengenehmigungen nach § 2 i. V. m.§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV gelten gleichermaßen die materiellenGenehmigungsvoraussetzungen des § 3 SeeAnlV. In diesem Fall wäreeine Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 2a der SeeAnlV aller-dings nur dann erforderlich, wenn die Leitungen selbst nach § 3UVPG der Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegenwürden. Dies ist weder nach dem europäischen Gemeinschaftsrechtnoch nach dem deutschen Recht der Fall. UVP-pflichtig sind nachNr. 20 des Anhangs I zu Projekten nach Art. 4 Abs. 1 der UVP-RL derEuropäischen Gemeinschaft nur Freileitungen für eine Stromstärkevon 220 kV oder mehr und einer Länge von mehr als 15 km. Aufoder im Boden verlegte Stromkabel fallen auch nicht unter die UVP-Pflicht nach Anhang II zu Projekten nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL. Ka-bel zur Leitung von elektrischer Energie gehören gleichfalls nicht zuden UVP-pflichtigen Leitungen des UVPG (vgl. Nr. 19 des Anhangszum UVPG). Mit einer solchen Lösung werden zudem zwei getrenn-te Verfahren zur Genehmigung der Anlagen zur Windenergieerzeu-gung und der von und zu den Anlagen führenden Kabel erforderlich.

Nach § 10 SeeAnlV kann das BSH schließlich einzelne Anlagen-typen einfacher Bauart und Funktion von der Genehmigungspflichtbefreien, wenn sie offensichtlich keine Beeinträchtigung für dieSicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder Gefahr für dieMeeresumwelt darstellen. Dies setzt voraus, dass kein vernünftigerZweifel an ihrer Ungefährlichkeit besteht 20. Sie unterliegen dann nureiner Anzeigepflicht nach § 11 SeeAnlV.

II. Bewertung

Von den vier vorgestellten Zulassungsvarianten erweist sich die Frei-stellung von der seeanlagenrechtlichen Genehmigungspflicht vonvornherein nicht nur deshalb als obsolet, weil eine entsprechendeBefreiung für Unterwasserkabel vom BSH nicht erteilt worden ist,sondern auch deshalb, weil eine solche Befreiung aus materiell-recht-lichen Gründen nicht erteilt werden dürfte. Energiezu- und -ab-führende Kabel von Windkraftanlagen in der AWZ bestehen den ne-gativen Evidenztest der Ungefährlichkeit 21 nicht und sind dahernicht freistellungsfähig i. S. d. § 10 SeeAnlV. Dies folgt schon daraus,dass die Gefahr der Beeinträchtigung der Schifffahrt während derVerlegung offenkundig und das Risiko ihres Freispülens währendihres sich über Jahre erstreckenden Betriebs augenscheinlich nicht zuvernachlässigen ist.

Für die Anwendung des Bergrechts spricht zunächst der Wortlautdes § 133 Abs. 4 BBergG. Er schreibt die entsprechende Anwendungder Abs. 1 bis 3 für »Unterwasserkabel« vor. Dagegen bezieht sich§ 133 Abs. 1 BBergG nicht auf Rohrleitungen schlechthin, sondern

Wolf , Rechtsprobleme der Anbindung von Of f shore-Windenerg ieparks in der AWZ an das Netz

17 Boldt/Weller (Fn.13), Rn. 6 zu § 133.18 Vgl. auch Brandt/Gaßner (Fn. 15), Rn. 75 zu § 1.19 Vgl. zur Gefahr von Zuständigkeitskonflikten bereits Jenisch, Offshore-Wind-

energieanlagen im Seerecht, NuR 1997, 373, 377.20 Vgl. zum Begriff der Offensichtlichkeit BVerfGE 71, 276, 293; BVerwG, NVwZ

1983, 283.21 Vgl. dazu auch Brandt/Gaßner (Fn. 15), Rn. 7 zu § 10.

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nur auf Transit-Rohrleitungen. Dafür, dass das Recht die Unterschei-dung zwischen Transit-Rohrleitungen und Rohrleitungen, die vonBohrinseln vom deutschen Festlandsockel zum deutschen Festlandgeführt werden, auch für Kabel, die von Windparks in der deutschenAWZ zum Festland führen, beachtet wissen will, gibt es im Wortlautdes § 133 Abs. 4 BBergG keinerlei Hinweise 22. Er bezieht sich aufKabel schlechthin. Auch § 2 Abs. 3 und 4 BBergG geben für eineentsprechende Differenzierung nichts her. Andere bergrechtlicheVorschriften kennen ebenfalls den Begriff des »Transit-Unterwasser-kabels« nicht. Der Verzicht auf den Begriff »Transit« lässt vielmehrden Schluss zu, dass alle Unterwasserkabel der Regelung des § 133BBergG unterfallen sollen 23.

Zweifel am bergrechtlichen Zulassungsregime können nur dannhinreichend begründet werden, wenn die Kabel als Bestandteil derWindenergieanlagen selbst betrachtet werden müßten, die nach § 1Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV zu genehmigen sind 24, oder die als selbst-ändige Anlagen »anderen wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen und keine Anlagen des Bergrechtssind. Zu erläutern ist daher zum einen der Anlagenbegriff des § 1Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV und die Bedeutung der »anderen wirt-schaftlichen Zwecke« in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV, zum anderenist auch die Reichweite der Formulierung »Anlagen des Bergwesens«in § 1 Abs. 2 S. 2 SeeAnlV klärungsbedürftig. Können Kabel als Anla-ge nach § 1 Abs. 2 S. 1 SeeAnlV angesehen werden und wird gleich-zeitig das ausschließende Tatbestandsmerkmal »Anlagen des Ber-gwesens« verneint, kann der Anwendungsvorrang der SeeAnlV aufrechtssystematisch plausible Gründe gestützt werden.

Sollen Kabel im Kontext von § 1 Abs. 2 S. 1 SeeAnlV genehmigtwerden, setzt dies zunächst voraus, dass sie Anlagenqualität besitzen.Zum Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 SeeAnlV zählen ausweislich seinesWortlauts nicht nur Bauwerke und künstliche Inseln, sondern auchfeste oder schwimmend befestigte technische Einrichtungen. Da ein-gespült verlegte Kabel als ortsfeste technische Einrichtungen be-trachtet werden können 25, kommen sie grundsätzlich als Anlagenim Sinne der Seeanlagenverordnung in Betracht. Problematisch istjedoch, ob sie zu den Anlagen zur Energieerzeugung aus Wasser,Strömung oder Wind zu zählen sind oder ob sie »anderen wirtschaft-lichen Zwecken« i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen. In § 1Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV werden drei technische Varianten der En-ergieerzeugung genannt, die offenkundig nicht zum Bergwesengehören: Wind, Strömung und Wasser 26. Im Gegensatz zur Energie-erzeugung aus regenerativen Quellen sind die Anlagen des Bergwe-sens wie die Förderung von Erdgas und Erdöl, die in Zusammenhangmit der konventionellen Energieerzeugung stehen, als Ausnahmevon den energiewirtschaftlichen Anlagen des Nr. 1 den spezialge-setzlichen Regelungen des Bergrechts zugewiesen. Die in Nr. 2 nor-mierte Alternative des anderen wirtschaftlichen Zweckes kann daherdahingehend verstanden werden, dass damit Anlagen gemeint sind,die nicht die energiewirtschaftlichen Zwecke des Nr. 1, sondern an-dere nicht-energiewirtschaftliche Zwecke verfolgen. Über diese ge-neralklauselartig offen gehaltene Norm könnten etwa Anlagen zurMüllverbrennung oder zur Meerwasserentsalzung, Einrichtungender Aquakultur oder Verkaufstellen auf künstlichen Inseln, aber auchEinrichtungen für Sport, Erholung und Freizeit genehmigt werden 27.Versteht man das zwischen Nr. 1 und Nr. 2 bestehende Differenz-kriterium als Unterscheidungsmerkmal zwischen energiewirtschaft-lichen und nicht-energiewirtschaftlichen Zwecken, kommt daher § 1Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV als eigenständige Genehmigungsgrundlagefür Kabel zu Offshore-Windkraftanlagen nicht in Betracht. Kabel, diezu und von Windkraftanlagen führen, dienen ohne Zweifel energie-wirtschaftlichen Zwecken.

Im Gegensatz dazu geht das BMVBW offensichtlich von einemanderen Bezug aus. Es unterscheidet zwischen Energieerzeugung undEnergieverwertung. Allein die Energieerzeugung aus den regenerati-

ven Quellen Wasser, Strömung und Wind soll Gegenstand einer Ge-nehmigung nach Nr. 1 sein. Unter die »anderen wirtschaftlichenZwecke« des Nr. 2 soll danach die Energieverwertung aus diesen An-lagen subsumiert werden. Für energieabführende Kabel ist es offen-kundig, dass mit ihnen die Energie abgeleitet werden soll, die in derWindkraftanlage erzeugt wird. So gesehen können sie begrifflich derEnergieverwertung zugeordnet werden und kommen nach diesemVerständnis als Gegenstand einer eigenständigen Genehmigungnach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV in Betracht. Eine solche Interpre-tation muss allerdings zu dem Ergebnis kommen, dass zwischen denstromzuführenden Kabeln und den stromabführenden Kabeln einrechtlich bedeutsamer Unterschied besteht. Da die stromzuführen-den Kabel zur Gewährleistung der Energieversorgung in Notfällenbenötigt werden, sichern sie die Energieerzeugung aus Windkraft. Siekönnen daher nicht »anderen wirtschaftlichen Zwecken« i. S. d. § 1Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SeeAnlV dienen. Entsprechendes gilt auch für dieparkinterne Vernetzung. Dies müsste allerdings zu einer Aufspaltungder materiell-rechtlichen Genehmigungslage führen 28. Obwohl Erb-guth ebendies kritisiert und der Ansicht ist, es bestehe eine übergrei-fende Genehmigungszuständigkeit des BSH für Windkraftanlagenund Stromkabel, befürwortet er im Ergebnis offensichtlich eine ma-teriell-rechtlich dual angelegte Rechtsgrundlage. Er ordnet die ener-giezuleitenden und die energieableitenden Stromkabel den Anlagenzu, die anderen wirtschaftlichen Zwecken dienen 29.

Diese Ansicht negiert allerdings den physikalisch-technischenFunktionszusammenhang von Erzeugung und Verwertung von elek-trischer Energie. Die Differenzierung zwischen Energieerzeugungund Energieverwertung unterstellt einen Produktions- und Verwer-tungszusammenhang, wie er für die Güterproduktion typisch ist.Hier lässt sich die Produktion von der Verwertung des Wirtschafts-gutes produktionstechnisch und logistisch trennen. Im Gegensatzdazu geht der bildliche Ausdruck vom Wirtschaftsgut »Energie« fehl,das über die Leitung transportiert werde. Elektrische Energie ist keineSache 30. Die Produktion elektrischer Energie aus Windkraftanlagenist nicht ohne gleichzeitige Konsumtion möglich. Würde die Energievon einer Windkraftanlage nicht abgeleitet, müsste der Generatorschmelzen, wenn die Anlage betrieben wird. Um dies zu vermeiden,muss der Rotor abgeschaltet werden, d. h. die Anlage ist aus dem Be-trieb zu nehmen, wenn die Stromabführung unterbrochen ist. Elek-trische Energie kann nur unter besonderen Voraussetzungen ihrerUmwandlung in andere energetische Formen, die hier nicht gegebensind, gespeichert und getrennt von dem Prozess der Erzeugung wirt-schaftlich verwertet werden 31. Da ein Betrieb einer Windkraftanlageohne Energieableitung technisch nicht möglich ist, bilden Produk-tion, Leitung und Verbrauch von elektrischer Energie eine Funk-tionseinheit.

Das Thema

22 Brandt/Dreher (Fn.15), NordÖR 2003, 139; Gellermann (Fn.14), S. 7.23 So auch Brandt/Dreher wie vor.24 So Erbguth, Rechtsfragen der Planung und Genehmigung von Offshore-Wind-

energieanlagen – unter besonderer Berücksichtigung des nationalen Rechts, in:Erbguth/Ehlers (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2002, S. 51 ff. so-wie allerdings unter Bezug auf die alte Rechtslage Jenisch (Fn.19).

25 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 52 zu § 1; Gellermann (Fn.14), S. 3.26 Vgl. zum Stand der Technik ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 53 ff. zu § 1.27 Beckmann (Fn.15); Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 68 ff. zu § 1; vgl. zu den Nut-

zungsmöglichkeiten im Weiteren Gündling, Die 200-Seemeilen-Wirtschaftszo-ne, 1983, S. 213 sowie Fitzpatrick, Künstliche Anlagen und Inseln auf See, 1998,S. 27 ff.

28 Vgl. dazu bereits kritisch Erbguth, RdE 1996, 85, 86; Jenisch, NuR 1997, 373, 377;Hübner, NordÖR 2001, 137, 138; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 76 zu § 1; Erbguth(Fn.16), Gutachten, S. 76.

29 Erbguth wie vor.30 Vgl. bereits RGSt 86, 14 »Stromdiebstahl«.31 Diese Argumentation verliert daher ihre technologische Begründung, falls es ge-

lingen sollte, die erzeugte Energie vor Ort in einem Medium zu speichern, dastransportfähig ist (z. B. Wasserstoff). In diesem Falle müsste jedoch der Anla-genbegriff gleichfalls diskutiert werden. Geht man von zwei Anlagen aus, be-dürfte die Zulassung eines Windparks mit integrierter Wasserstoffproduktionzweier getrennter Genehmigungsverfahren.

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Die soeben entwickelten Überlegungen zur Funktionseinheit vonEnergieproduktion und -verwertung sind Argumente für die An-wendung des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV. Stromkabel sind danachGegenstand der Anlagengenehmigung für Offshore-Windenergie-anlagen, weil sie Teil der Anlage selbst sind. Dies setzt wiederumvoraus, dass sie entweder als wesentlicher Bestandteil oder als Zu-behör der Anlage zu betrachten sind. Energiezuleitende und par-kinterne Vernetzungskabel sind keine technisch unbedingt not-wendigen Funktionselemente einer Windkraftanlage. Diese kanngrundsätzlich auch ohne sie in Betrieb gehen. Sie kommen als Zu-behör oder Nebeneinrichtungen in Betracht. Der Zubehörbegriffverlangt einen direkten Zusammenhang zur Anlage und eine dien-ende Funktion 32. Dies wird etwa für Einrichtungen bejaht, die derWartung und Instandhaltung von Anlagen dienen. Dazu zählenPlattformen und Hubschrauberlandeplätze 33. Entsprechend sinddie energiezuführenden Kabel als Zubehör zu betrachten, weil siezur Gewährleistung der erforderlichen Sicherheitseinrichtungen ausGründen der Gefahrenabwehr erforderlich sind 34. Dafür sprichtauch die Entstehungsgeschichte.

Demgegenüber gibt die Entstehungsgeschichte keine Grundlagedafür, dass die energieableitenden Kabel ebenfalls als Zubehör zu be-trachten sind. Aus der Funktionseinheit von Energieerzeugung und-verwertung ist vielmehr zu folgern, dass die energieabführenden Ka-bel ein für den Betrieb der Anlagen wesentliches technisches Ele-ment darstellen. Dies spricht dafür, sie als wesentliche Bestandteilezu betrachten. Als wesentliche Bestandteile müssen sie Gegenstandder Anlagengenehmigung nach § 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 See-AnlV sein. Damit scheiden sie gleichzeitig als Anlagen des Bergwe-sens i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 2 SeeAnlV aus. Ein Blick auf die Modalitätender Einspeisung in das Netz zeigt im weiteren, dass Produktion undVerwertung elektrischer Energie auch als wirtschaftliche Funktions-einheit betrachtet werden. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EEG besteht eine Ab-nahmepflicht der Netzbetreiber für aus Wind erzeugte Energie. Sietrifft den Netzbetreiber, zu dessen Netz die Windkraftanlage die kür-zeste Entfernung besitzt (§ 3 Abs. 1 S. 2 EEG). Nach § 8 EEG ist die Zu-leitung zum Übergabepunkt an das Netz durch den Betreiber derWindenergieanlage auf seine Kosten einzurichten. Dieser Grundsatzgilt nicht nur für die Förderung erneuerbarer Energien auf dem Fest-land, sondern auch für Offshore-Anlagen. In wirtschaftlicher Be-trachtungsweise gehört damit auch das stromabführende Kabel biszur Einspeisung in das Netz zum Offshore-Windpark. Folgt man dertechnisch-funktionellen und der wirtschaftlichen Betrachtung, istüber die stromführenden Kabel in der Zulassungsentscheidung überden Windpark zu befinden.

Eine solche Zuordnung findet jedoch offensichtlich keine Stützein der Praxis der Anlagengenehmigung, die auf dem Festland vor-herrscht. Dem lässt sich zwar entgegenhalten, dass das Umweltrechtkeinen einheitlichen Anlagenbegriff kennt 35. Gleichwohl erübrigtsich damit eine Auseinandersetzung mit dem Anlagenbegriff desBImSchG nicht 36. Hier besteht zunächst Einigkeit, dass »der Anla-genbegriff des Immissionsschutzrechts außerordentlich weit ge-spannt« 37 ist. Für genehmigungsbedürftige Anlagen wird er durchdie 4. BImSchV weiter präzisiert. Dabei lässt sich bereits aus dem Ka-talog der nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlagen desAnhanges zur 4. BImSchV entnehmen, dass der Anlagenbegriff funk-tionell differenziert eingesetzt wird. So sind etwa kleinere Feue-rungsanlagen nach Nr. 1. 2 des Anhangs zur 4. BImSchV genehmi-gungsbedürftig, ohne dass daraus eine Genehmigungspflicht für diegesamte Betriebsstätte erwachsen würde. Umgekehrt stellt Nr. 1. 1des Anhangs klar, dass die Genehmigungspflicht bei Kraftwerken diegesamte Betriebsstätte betrifft. Damit wird der Anlagenbegriff für ge-nehmigungsbedürftige Anlagen ausdifferenziert. Entsprechend stelltNr. 1. 6 des Anhangs klar, dass sich die Genehmigungspflicht fürWindkraftanlagen auf den gesamten Windpark erstreckt. Bereits dar-

aus lässt sich entnehmen, dass Kabel Gegenstand der immissions-schutzrechtlichen Genehmigung sind, soweit sie im Windparkliegen. Für stromabführende Kabel jenseits des Betriebsgeländesbleibt die Zuordnung allerdings offen. Hier muss der Anlagebegriffweiter geschärft werden.

Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchG erstreckt sich das Genehmigungs-erfordernis auf alle Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Be-trieb notwendig sind (Nr. 1) und auf Nebeneinrichtungen, die mitden Anlagenteilen und Verfahrensschritten in einem räumlichen undbetriebstechnischen Zusammenhang stehen und die für das Ent-stehen schädlicher Umwelteinwirkungen, die Vorsorge oder das Ent-stehen sonstiger Gefahren von Bedeutung sein können (Nr. 2). DieAnlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind,werden auch als »Haupteinrichtung« bezeichnet 38. Maßgeblich ist da-bei die Zweckbestimmung der jeweiligen Anlage 39. Rohrleitungenwerden danach als Teil der Haupteinrichtung betrachtet. Nebenein-richtungen sind dagegen durch ihre untergeordnete und dienendeFunktion gekennzeichnet 40. Dies betrifft etwa Lager, Abfüll- und Ver-packungseinrichtungen oder Verladevorrichtungen. Das BVerwG hatin diesem Zusammenhang ein Rückkühlwerk als Nebeneinrichtungbetrachtet 41. Daraus lässt sich entnehmen, dass der immissions-schutzrechtliche Anlagenbegriff zum einen auf den Betrieb der An-lagen und dabei zum anderen funktionell auf den Schutzzweck desGesetzes bezogen ist. Wird eine betriebsbezogene und schutzgutbe-zogene Betrachtung nach den Maßstäben des Anlagengenehmi-gungsrechts nach § 4 BImSchG vorgenommen, liegt die Zuordnungder stromabführenden Kabel zur Haupteinrichtung nahe.

Dass die auf dem Festland übliche Praxis im Ergebnis dem ebenexplizierten Anlagenbegriff nicht folgt, liegt daran, dass im Anlagen-genehmigungsrecht des BImSchG das Kriterium des technisch-funk-tionellen Zusammenhangs durch das Kriterium des räumlichen Zu-sammenhangs ergänzt wird. Er ist auf das Betriebsgelände bezogen 42.Die Genehmigung eines Kraftwerks nach §§ 4 – 6 BImSchG schließtnicht mehr die Leitungen ein, die über das Anlagengrundstück hin-ausführen. Die Differenzierung zwischen der Genehmigung einer en-ergieerzeugenden Anlage und seinen energieabführenden Leitungen,die über das Betriebsgelände hinausgehen, ist auf dem Festland auchrechtlich geboten. Eine Genehmigung nach §§ 4 ff. BImSchG kannnicht das Recht schaffen, Leitungen über fremde Grundstücke zulegen. Dies wäre nur auf der Grundlage eines Planfeststellungsbe-schlusses und der an ihn geknüpften Möglichkeiten zur Enteignungmöglich 43. Weil eine Anlagengenehmigung nicht weiter gehen kannals das Grundstück des Betreibers reicht, kann sie sich auch nicht aufdie Leitungen erstrecken, die über fremde Grundstücke führen, auchwenn sie nach dem Anlagenbegriff und den technischen Gegeben-heiten zum betrieblichen Funktionszusammenhang gehören.

In der AWZ gibt es jedoch keine entgegenstehenden Eigentums-rechte Dritter. Diese beginnen erst im Küstenmeer, das als Seewasser-straße Eigentum des Bundes ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 WaStrG). Damitsprechen rechtssystematische Erwägung für einen funktionellen An-

Wolf , Rechtsprobleme der Anbindung von Of f shore-Windenerg ieparks in der AWZ an das Netz

32 Vgl. auch Beckmann, NordÖR 2001, 273, 274.33 Gellermann (Fn.14), S. 3.34 So auch Erbguth (Fn.24), S. 51.35 Vgl. Sundermann-Rosenow, Art. »Anlage«, in: Kimminich/von Lersner/Storm

(Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. 1, 1994, Sp. 112.36 Vgl. dazu Koch, Immissionsschutzrecht, in: Koch (Hrsg.), Umweltrecht, 2002,

Rn. 46 ff. zu § 4. 37 Jarass, Der Umfang einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen

Anlage, NVwZ 1995, 529, 530.38 Henkel, Der Anlagenbegriff des BImSchG, 1989, S. 115.39 Jarass, NVwZ 1995, 529, 531. 40 Jarass, NVwZ 1995, 532.41 BVerwGE 69, 351, 356.42 Jarass, NVwZ 1995, 529, 533.43 Entsprechende Regelungen hält das Energiewirtschaftsrecht für die Herstellung

und Erweiterung des Netzes durch Freileitungen vor (vgl. § 11a EnWG). Dage-gen ist die Verlegung unterirdischer Stromkabel privatrechtlichen Vereinba-rungen vorbehalten.

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lagenbegriff im Seeanlagenrecht, der nicht durch das zusätzlichKriterium des Betriebsgeländes eingeschränkt ist. Damit kann sich dasseeanlagenrechtliche Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 2 S. 1Nr. 1 i. V. m. § 2 SeeAnlV auf den Windpark selbst und den gesamtendurch die AWZ führenden Trassenverlauf erstrecken. Für das an-schließende Küstenmeer unterliegen die Kabel einem Genehmi-gungspuzzle aus Wasser-, Wasserstraßen- und Naturschutzrecht, daszur Ermittlung einer optimierten Trassenführung dringend der Er-gänzung durch Raumplanung und Raumordnungsverfahren bedarf 44.

C. Genehmigungsanforderungen

Materiell muss damit die Verlegung von energiezu- und abführendensowie von vernetzenden Kabeln im Windpark den Anforderungen des§ 3 S. 1 u. 2 SeeAnlV entsprechen. Sie sind negativ in der Form der Ver-sagensgründe der Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit desVerkehrs sowie der Gefährdung der Meeresumwelt formuliert 45.Danach darf die Genehmigung nicht versagt werden, wenn keine Ver-sagensgründe vorliegen (§ 3 S. 3 SeeAnlV). Diese Schutzgutbestim-mung ist abschließend 46. Das Fehlen von Versagungsgründen indiziertdie Pflicht zur Genehmigung. Damit handelt es sich um eine gebun-dene Entscheidung. Ein behördliches Versagensermessen bestehtnicht. Die Genehmigung bezieht sich auf die Errichtung und den Be-trieb 47. Sie hat keine Konzentrationswirkung 48. Es ist daher grundsätz-lich denkbar, dass noch weitere Genehmigungen einzuholen sind.

Da die Kabel als Bestandteil des Windparks selbst zu betrachtensind, werden sie auch Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprü-fung, sofern der Anlagenkomplex nach Maßgabe von § 2a SeeAnlVUVP-pflichtig ist. Im Rahmen der vom Antragsteller vorzulegendenUmweltverträglichkeitsstudie sind nach § 2 Abs. 1 S. 2 UVPG allge-meine Aussagen über die unmittelbaren und mittelbaren Auswir-kungen des Vorhabens auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Was-ser, Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie dieWechselwirkungen zwischen ihnen zu treffen. Zu einer Offshore-UVP gehören dabei Angaben über den Meeresboden und -unter-grund, die Wasserqualität und die hydrodynamischen Auswir-kungen, Benthos, Fische und Meeressäuger, die Avifauna sowiestörfallbedingte Auswirkungen auf den Verkehr 49. Inwieweit auchdas Landschaftsbild und die Erholung einbezogen werden müssen,hängt davon ab, ob diese Schutzgüter im Einzelfall betroffen seinkönnen. Das Landschaftsbild ist kein rein ökologisches Schutzgut. Essetzt die Wahrnehmbarkeit durch den Menschen voraus 50. Außer-halb der Sichtweite von der Küste dürften diesen Merkmalen nur be-dingt Bedeutung zukommen. Auch die Erholungsfunktion stellt aufdie Erreichbarkeit durch den Menschen ab 51.

Eine UVP für Kabel gibt grundsätzlich auch die Möglichkeit, un-terschiedliche Varianten der Trassenführung zu untersuchen und zudiskutieren (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 5 UVPG). Allerdings ist hier ein-schränkend der restriktive Zulassungsrahmen des einschlägigenFachrechts zu berücksichtigen. § 3 SeeAnlV kennt nur zwei Ver-sagensgründe. Diese reflektieren eine umfassende Optimierung derTrassenführung nicht. Deshalb sind hier rechtsstaatliche Grenzen fürdie Zumutbarkeit des Verlangens zu beachten, wenn dem Antrag-steller umfangreiche Untersuchungen über Alternativtrassen imRahmen einer UVP aufgegeben werden sollen 52. Dieser Vorbehaltkann sich entscheidend relativieren, wenn der Ausgleich von Ein-griffen in Natur und Landschaft als zusätzliches Zulassungselementin der AWZ zu beachten ist (vgl. dazu 3. 3.).

I. Gefährdung der Meeresumwelt

Ein Grund für das Versagen einer Anlagengenehmigung ist gegeben,wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt

wird oder die Meeresumwelt gefährdet wird (§ 3 S. 1 SeeAnlV). EineGefährdung der Meeresumwelt liegt insbesondere vor, wenn eineVerschmutzung der Meeresumwelt zu besorgen ist (§ 3 S. 2 Nr. 3 See-AnlV) oder der Vogelflug gefährdet wird (§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV).Diese beiden Konkretisierungen des Schutzgutes »Meeresumwelt«haben nur exemplarische Bedeutung. Sie sind nicht abschließendformuliert 53. In Bezug auf die gegenständliche Reichweite ist der Be-griff der Meeresumwelt damit der umfassendere und auch der maß-gebliche Bezugsrahmen. Er umfasst die gesamten ökologischen Be-dingungs- und Wirkungszusammenhänge im und über dem Meer,die seine Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie fürden Naturhaushalt insgesamt ausmachen 54. Der Schutz bezieht sichsowohl auf die Bau- als auch auf die Betriebsphase.

Der exemplarisch erwähnte Tatbestand der Verschmutzung derMeeresumwelt entspricht der Regelung in § 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. dBBergG. Er ist dabei nach Maßgabe von § 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV unterBezug auf Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SRÜ zu interpretieren. Eine Meeresver-schmutzung liegt danach vor, wenn sich aus der unmittelbaren odermittelbaren Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Men-schen in die Meeresumwelt abträgliche Wirkungen ergeben oder er-geben können. Dazu zählt das SRÜ die Schädigung der lebenden Res-sourcen, der Tier- und Pflanzenwelt des Meeres, die Gefährdung dermenschlichen Gesundheit, die Behinderung der maritimen Tätig-keiten einschließlich der Fischerei und der sonstigen Nutzungen desMeeres, die Beeinträchtigung des Gebrauchswertes des Meerwassersund die Verringerung der Annehmlichkeiten der Umwelt. Eine Mee-resverschmutzung kann danach durch zwei Aktivitäten herbeige-führt werden: Zuführung von Stoffen und von Energie. Ortsfeste An-lagen können dabei nicht als zuführbare Stoffe i. S. d. § 3 S. 2 Nr. 3SeeAnlV betrachtet werden 55. Dies gilt auch für Kabel 56. Allerdingskommen Kabel insoweit als Verursacher einer Meeresverschmutzungin Betracht, als von ihnen Energie in der Form von Wärme oder elek-tromagnetischen Wellen abgegeben wird. Die Erwärmung der Um-gebung der Kabel dürfte dabei allerdings eher gering und kleinräu-mig ausfallen, so dass es wenig wahrscheinlich erscheint, dass sichdaraus eine Versagung rechtfertigen kann. Elektromagnetische Wel-len besitzen abträgliche Wirkungen für die marine Lebenswelt, wennsie das Orientierungs- und Kommunikationsvermögen der Lebewe-sen stören, zur Vertreibung und Desorientierung führen oder ihreNahrungsgrundlagen und Laichgründe beeinträchtigen 57. Ob dafüraus der 26. BImSchV einschlägige Maßstäbe zu gewinnen sind, istfraglich. Die sog. »Elektrosmog-Verordnung« zielt auf den Schutz desMenschen. Sie berücksichtigt möglicherweise sensiblere Tiere nicht.Im weiteren ist das Tatbestandselement der Abträglichkeit nicht nurauf die Ökologie des Meeres beschränkt, es schließt auch die mari-nen Tätigkeiten des Menschen wie den Fischfang und andere Nut-zungen der natürlichen Ressourcen ein 58.

Das Thema

44 Vgl. dazu Brandt/Dreher, NordÖR 2003, 138, 140 ff.45 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 6 zu § 3; Dahlke, Genehmigungsverfahren für Off-

shore-Windenergieanlagen nach der Seeanlagenverordnung, NuR 2002, 472,473 ff..

46 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 33 zu § 2; Beckmann, NordÖR 2001, 273, 275.47 Vgl. auch Beckmann, NordÖR 2001, 273.48 Erbguth, RdE 1996, 85, 86; Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Beckmann, NordÖR 2001,

273, 275.49 Vgl. dazu ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 46 ff. zu § 2a.50 Vgl. insoweit auch OVG Münster, NuR 1994, 95.51 BVerwGE 85, 348, 359.52 Vgl. dazu allgemein auch Haneklaus, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG. Kommentar,

2002, Rn. 20 zu § 6.53 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 8 zu § 3.54 Vgl. dazu Gellermann (Fn.14), S. 16; Klinski (Fn.15), S. 54 ff.55 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 39 zu § 3; Klinski (Fn.15), S. 51; Dahlke (Fn.45), NuR

2002, 472, 474.56 So auch Gellermann (Fn.14), S. 13.57 Vgl. dazu ausführlich Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 44 ff. zu § 3.58 Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 36 zu § 3.

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Der Versagensgrund der Gefährdung des Vogelzugs verdeutlicht dieBedeutung des Meeres als Futter-, Rast- und Durchzugsgebiet fürVögel 59. Schutzziel ist damit der Erhalt der Zugrouten und Wander-wege 60. Offenkundig ist hier das Störpotential während der Verlegungder Kabel. Es ist jedoch zeitlich begrenzt und wird daher nicht ohneweiteres als Versagensgrund betrachtet werden können. Umso mehrverdienen Maßnahmen zur zeitlichen Begrenzung der Verlegung undzur technischen Minimierung der Eingriffe Beachtung. Im Gegensatzzu den Anlagen zur Erzeugung von Windenergie dürfte vom Betriebvon Unterwasserkabeln keine unmittelbare Gefahr für Vögel ausge-hen. Kollisionen sind nicht denkbar, auch Scheuchwirkungen sindkaum vorstellbar. Nicht von der Hand zu weisen sind allerdings mit-telbare Wirkungen. Verlieren Fische im Meer ihre Lebensgrundlagedurch die Einwirkungen, die von Kabeln ausgehen, so kann mittelbarauch die Nahrungsbasis von Seevögeln beeinträchtigt werden. Auchdies stellt eine Gefährdung des Vogelzuges dar.

Im Gegensatz zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 lit. b BBergG, der auf die ge-samte Pflanzen- und Tierwelt abstellt, scheint der Schutzbereich des§ 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV kleiner geschnitten zu sein. Mit dieser Vor-schrift wird jedoch nur exemplarisch auf eine unter mehreren Ge-fahren für die Meeresumwelt hingewiesen. Nach § 3 S. 1 SeeAnlVkommen neben der Meeresverschmutzung und dem Vogelzug auchandere Gefährdungen der Meeresumwelt wie die Veränderung derSedimentverhältnisse und der Wasserqualität oder schädliche Ein-wirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt als Versagensgründe in Be-tracht. Dies betrifft nicht nur die Folgen der von den Kabeln ausge-henden elektromagnetischen Wellen und Wärme für Fische undMeeressäuger, sondern auch die Störung ihrer Futter-, Rast- und Auf-zuchtgebiete während der Verlegung. Damit bleibt der Schutzbereichnicht hinter dem Bergrecht zurück.

Offen geblieben ist damit allerdings das gesetzliche Schutzniveau.§ 3 S. 1 SeeAnlV spricht von Gefahren für die Meeresumwelt. Ent-sprechend stellt § 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV auf die Gefährdung desVogelzugs ab. Von einer Gefahr ist nach dem Polizei- und Ord-nungsrecht auszugehen, wenn sie sich ohne Abwehrmaßnahmenmit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an einemSchutzgut verdichten wird 61. Dagegen verwendet § 3 S. 2 Nr. 3 See-AnlV den Begriff der Besorgnis einer Verschmutzung der Meeresum-welt. Der Begriff der Besorgnis gehört zu den prägenden Elementendes deutschen Wasserrechts (vgl. §§ 19b Abs. 1, 19c Abs. 1 S. 2, 19gAbs. 1 S. 1, 26 Abs. 2 S. 1, 32b S. 1 u. 36b Abs. 6 WHG). Er ist im Vor-feld der polizeilichen Gefahr angesiedelt 62. Überträgt man diese Be-deutung auf die Meeresverschmutzung, ist es zur Versagung einerGenehmigung nicht erforderlich, dass die abträglichen Wirkungeneindeutig feststehen 63. Es reicht aus, wenn nach dem aktuellenWissensstand bestimmte Kausalverläufe weder bejaht noch aus-geschlossen werden können 64. Aus dem gesetzlichen Besorgnis-potential resultiert die Pflicht, konservative Annahmen zugrunde zulegen 65. Der Schadenseintritt muss »praktisch« ausgeschlossen sein.

Damit stellt sich die Frage, ob der Gefährdung der Meeresumwelti. S. d. § 3 SeeAnlV ein einheitliches Schutzniveau der polizeilichenGefahrenabwehr zugrunde liegt oder eine Erweiterung der Gefah-renabwehr in Richtung auf eine Gefahrenvorsorge für die marineUmwelt gefordert ist oder gar eine umfassende Vorsorge im Sinneeiner nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung zum Gegenstand hat.Die unklare Regelungslage wird allgemein beklagt 66. Sicherlich istaus ihr keine umfassende Vorsorgeverpflichtung ableitbar. § 3 See-AnlV gibt keinen Ansatz für ein umfassendes Ressourcenmanage-ment. Er enthält insbesondere keinen Raum für ein Bewirtschaf-tungsermessen 67. Entsprechendes gilt auch im Grundsatz für dieplanerische Vorsorge. Eine vorsorgende Koordination konkurrieren-der Nutzungen mit dem Ziel der räumlichen Optimierung mehrererAlternativen ist im Rahmen des § 3 SeeAnlV nur sehr einschränktmöglich. Die Einflussnahme auf den Trassenverlauf beschränkt sich

auf das Ausräumen von Gefahren für die Meeresumwelt. Die positiveSteuerung der Standorte ist bislang der Gebietsplanung nach § 3aSeeAnlV vorbehalten, eine – begrenzte – räumliche Ausschlusswir-kung könnte von der Einrichtung von geschützten Meeresflächennach § 38 BNatSchG ausgehen. Da allerdings bereits Art. 194 Abs. 1SRÜ nicht nur zur Abwehr von Gefahren, sondern ausdrücklich zurVerhütung verpflichtet, ist auch das Zulassungsrecht für Anlagen aufvorgelagerte Elemente der Gefahrenvorsorge auszurichten 68.

§ 3 SeeAnlV kann sich schließlich schon deshalb nicht mit der her-gebrachten polizeilichen Gefahrenabwehr begnügen, weil derenkognitive Grundvoraussetzung – hinreichendes Erfahrungswissen –nicht gegeben ist. Die Errichtung von Offshore-Anlagen erfolgt trotzvielfältiger Forschungsvorhaben zur Zeit noch immer unter denHypotheken unzureichender praktischer Erfahrungen, manifesterempirischer Wissensdefizite, ungeklärter Wirkungszusammenhängeund offenkundiger Prognoselücken 69. Angesichts dieser kognitivenDefizite erübrigt sich jeder ins Einzelne gehende normative Diskursüber die Grenzlinie zwischen Gefahrenabwehr und Vorsorge 70. Viel-mehr zwingt bereits die Verantwortung zur Abwehr von Gefahren zuvorverlegten und begleitenden Maßnahmen der Gefahrenerfor-schung. Die Hauptaufgabe eines Risikomanagements besteht daherdarin, belastbares Wissen über die Folgen der Errichtung von Anlagenund der Verlegung von Kabeln zu generieren 71. Hier kommt der Um-weltverträglichkeitsprüfung, dem Monitoring während des Betriebsund anderen Maßnahmen der Überwachung eine zentrale Rolle zu.Das vorhabenbegleitende Monitoring ist daher auch zu einem Kern-element der behördlichen Anforderungen bei der Zulassung von An-lagen geworden 72. Im weiteren ist durch den Modus der Zulassungs-entscheidung selbst dafür Sorge zu tragen, dass auch nach ZulassungMaßnahmen zur Abwehr von nunmehr als Gefahren erkannten Ein-wirkungen auf die Umwelt mit dem Zuwachs an belastbarem Wissendurchsetzbar bleiben. Dies ermöglicht § 4 Abs. 3 SeeAnlV, der dienachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagenvorsieht. Auch in einer Temporalisierung der Zulassungsentscheidungkönnen sich Besorgnispotentiale manifestieren. In der Befristung derGenehmigung (§ 4 Abs. 1 SeeAnlV) liegt eine wichtige Gestaltungs-möglichkeit, auf eine Verminderung des Störpotenzials hinzuwirken.

II. Beseitigung von Anlagen

Den Genehmigungsinhaber trifft nach § 12 Abs. 1 SeeAnlV nocheine weitere Pflicht. Nach Erlöschen der Genehmigung sind die An-lagen zu beseitigen, wenn sie ein Hindernis für den Verkehr oder denFischfang darstellen oder es der Schutz der Meeresumwelt erfordert.Diese Verpflichtung findet ihre völkerrechtliche Referenznorm inArt. 60 Abs. 3 S. 2 – 4 SRÜ. Da die zu einer Anlage zur Windkrafter-zeugung führenden Kabel nach § 2 SeeAnlV genehmigungsbedürftigsind, fallen auch sie grundsätzlich unter die Pflicht zur Beseitigung

Wolf , Rechtsprobleme der Anbindung von Of f shore-Windenerg ieparks in der AWZ an das Netz

59 Vgl. auch Dahlke (Fn.45), NuR 2002, 472, 474.60 Gellermann (Fn.14), S. 15.61 Vgl. nur BVerwGE 45, 51, 61.62 Vgl. dazu Kloepfer, Umweltrecht, 1998, Rn. 132 zu § 13.63 Beckmann, NordÖR 2001, 273, 277.64 BVerwGE 72, 300, 315.65 BVerwGE 72, 300, 316.66 Vgl. dazu kritisch bereits Erbguth, RdE 1996, 85, 86; ihm folgend Brandt/Gaßner

(Fn.15), Rn. 29 ff. zu § 3; Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 97.67 So aber offensichtlich Jenisch, NuR 1997, 373, 377.68 Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 97.69 Vgl. auch Dahlke, NuR 2002, 472, 474.70 Vgl. dazu Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 27 ff. zu § 3.71 Vgl. zum Vorsichtsprinzip bei Kenntnisdefiziten Erbguth, Raumbedeutsames

Umweltrecht, 1986, S. 82; ihm folgend für den marinen Umweltschutz,Czybulka, Naturschutzrecht im Küstenmeer und der Ausschließlichen Wirt-schaftszone, NuR 1999, 562, 563.

72 Vgl. dazu Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Standardunter-suchungskonzept für die Untersuchung und Überwachung der Auswirkungenvon Offshore-Windenergieanlagen (WEA) auf die Meeresumwelt, 2001.

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nach § 12 Abs. 1 SeeAnlV. Allerdings enthält § 12 SeeAnlV keine ka-tegorische, sondern lediglich eine begrenzte Beseitigungspflicht.73 Siegreift nur, wenn Kabel ein Hindernis für den Verkehr oder den Fisch-fang darstellen oder der Schutz der Meeresumwelt es erfordert.

III. Ausgleich von Eingriffen

Auf dem Festland wird die Zulassung von Eingriffen in Natur undLandschaft durch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nachMaßgabe der §§ 18 ff. BNatSchG flankiert. Ob das BNatSchG in derAWZ anzuwenden ist, war bisher umstritten. Nach der vom Vorver-ständnis einer territorial fixierten Staatsgewalt geprägten Ansicht ver-langt die Anwendung eines Gesetzes in der AWZ und auf dem Fest-landsockel eine ausdrückliche Erstreckungsklausel wie etwa in § 2Abs. 1 EEG 74. Die Gegenmeinung verweist auf die durch Art. 192und 194 SRÜ völkerrechtlich normierten sowie die durch Art. 20a GGverfassungsrechtlich vorgegebenen Schutzpflichten des Staates 75.Zwar können in der AWZ nationalstaatliche Regelungen grundsätz-lich Geltung beanspruchen, soweit sie den durch das SRÜ gesetztenfunktionellen Beschränkungen entsprechen, und verlangt dasGrundgesetz auch jenseits des deutschen Hoheitsgebietes Beachtungdurch die dort handelnden deutschen Behörden, daraus ergibt sichjedoch keine automatische Geltungserstreckung von Gesetzen kraftVölker- oder Verfassungsrecht 76. Maßgeblich für den Einzelfall istvielmehr, ob das jeweilige Gesetz eine Anwendung zulässt 77. Dafürbedarf es nicht notwendigerweise einer förmlichen Geltungser-streckung, wohl aber eines rechtssystematisch trifftigen Grundes 78.Da sich das Naturschutzrecht auch mit der Regelung von Natur-schutzbelangen im Meer befasst, deren Probleme der Sache nachauch für den Festlandsockel und die AWZ einschlägig sein können,gibt es keinen sachlichen Grund gegen seine Anwendbarkeit 79. Nachdem Inkrafttreten des neuen BNatSchG ist es eindeutig, dass dasBNatSchG mit seinen Vorschriften über geschützte Meeresflächen in§ 38 BNatSchG Aussagen zum marinen Umweltschutz enthält. Esbleibt allerdings offen, ob auch andere Regelungen des BNatSchG inder AWZ zur Anwendung kommen können 80. Für die naturschutz-rechtliche Eingriffsregelung sind die Anwendungshürden zusätzlicherhöht, weil die maßgeblichen §§ 18 und 19 BNatSchG als rahmen-rechtliche Regelungen keine unmittelbare Geltung besitzen.

Allerdings konnte bereits vor der Novellierung des BNatSchG dieKontroverse über die Anwendbarkeit der Eingriffsregelung für plan-feststellungsbedürftige Vorhaben auf dem Festlandsockel nach § 52Abs. 2a BBergG vermieden werden 81. In diesen Fällen muss eine ber-grechtliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.Sie verlangt wiederum eine Beschreibung der Maßnahmen, mit de-nen erhebliche Beeinträchtigungen der Umwelt vermieden, vermin-dert oder soweit möglich ausgeglichen werden, sowie der Ersatz-maßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffenin Natur und Landschaft (§ 57a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BBergG). Daraus läs-st sich ein deutlicher Hinweis auf die Anwendbarkeit des natur-schutzrechtlichen Grundsatzes der Vermeidung, Verminderung unddes Ausgleichs von Eingriffen im Bereich des Festlandsockels ent-nehmen 82. Entsprechendes gilt auch für die Genehmigung nach § 2SeeAnlV. Sofern hier gem. § 2a SeeAnlV eine Umweltverträglichkeit-sprüfung nach Maßgabe des UVPG erforderlich ist, gehört dazu auchdie Beschreibung der Maßnahmen zur Vermeidung und Verminde-rung von Beeinträchtigungen der Umwelt sowie zum Ausgleich undErsatz von Eingriffen in Natur und Landschaft (§ 6 Abs. 3 Nr. 3UVPG). Im Falle der integrierten Anlagengenehmigung für Wind-park und Kabel erstreckt sich diese Pflicht auch auf die Kabel. ImRahmen der Untersuchung von Möglichkeiten zur Vermeidung undMinderung von Eingriffen können hier auch alternative Trassen-führungen diskutiert werden, die etwa Riffe, Sandbänke, Seegras-wiesen oder andere besonders wichtige Lebensräume umgehen.

Streng genommen handelt es sich bei § 6 Abs. 3 Nr. 3 UVPG aller-dings nur um eine Darstellungspflicht, sie verlängert sich jedochnach § 12 UVPG in eine Pflicht zur Bewertung und zur Berücksichti-gung im Rahmen der Gesetze 83. Da § 3 SeeAnlV ausdrücklich den Er-lass von Bedingungen und Auflagen zum Ausgleich von Gefährdun-gen der Meeresumwelt zulässt, kann die Genehmigungsbehördegrundsätzlich auch Maßnahmen zur Verminderung und zur Kom-pensation von Eingriffen verlangen. Die Genehmigungsbehörde istdabei wohl nicht an das Regime des § 19 BNatSchG im Einzelnengebunden, kann aber auch für die Verlegung und den Betrieb vonStromkabeln Maßnahmen verlangen, mit denen die Folgen einesEingriffs vermindert oder kompensiert werden 84. In diesem Rahmenkann auch Einfluss auf die Trassenführung genommen werden.Streitig kann allenfalls sein, ob sie im Falle von nichtkompensier-baren Eingriffen anstelle der Naturalkompensation auch eine finan-zielle Kompensation verlangen darf. Ersatzzahlungen sind weder imUVPG noch in § 3 SeeAnlV vorgesehen.

IV. Standortplanung und Trassenkoordination

Ausweislich der vorgelegten energiepolitischen Konzeptionen zurFörderung der Windkraftnutzung und der Planungen der Anlagen-betreiber werden Anlagen im Offshore-Bereich kein Unikat bleiben,sondern sich zum »Massenphänomen« entwickeln 85. Mit zuneh-mendem Nutzungsdruck auf die AWZ entsteht die Herausforderung,konkurrierende Nutzungen planerisch zu koordinieren. Dies betrifftnicht nur die potentiell konfligierenden Belange von Schifffahrt,Fischerei, Bergbau, Windenergie und Naturschutz, sondern auchgleichgerichtete Nutzungsansprüche von verschiedenenen Vorha-ben gleicher Nutzungstypik, also der Nutzung der Windenergieselbst. Hier geht es insbesondere um die Optimierung der Trassen,die von und zu den verschiedenen Windparks führen. GemeinsameTrassenkorridore oder gar gemeinsame Trassen können die Konflik-te mit anderen Nutzungen mindern. Eine räumliche und zeitlicheKoordination der Verlegung von Kabeln käme insbesondere denSchutzbedürfnissen der marinen Umwelt entgegen.

Im Rahmen einer einheitlichen Genehmigung eines Windparksmit den dazu gehörigen Leitungen können auch bei Durchführungeiner UVP und unter Beachtung des Ausgleichs von Eingriffen dieplanerischen Anforderungen einer räumlich optimierten Trassen-führung nicht hinreichend berücksichtigt werden. Es gibt zur Zeitkeine rechtlichen Instrumente für eine übergreifende planerischeKoordination von Trassen mehrerer Betreiber. Die Zulassungsent-scheidung muss daher planerisch unterfüttert werden. Nach § 3aSeeAnlV kann der Bundesminister für Verkehr besondere Eignungs-gebiete für Windkraftanlagen festlegen. Damit soll die Möglichkeitzur räumlichen Steuerung der Einrichtung von Windparks in der

Das Thema

73 Vgl. auch Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Hübner, NordÖR 2000, 137, 139.74 Vgl. etwa Jenisch, NuR 1997, 373, 377; Hübner, NordÖR 2001, 137, 138; Lagoni, Die

Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszone aus völ-kerrechtlicher Sicht, NuR 2002, 121, 124; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 60 zu § 30.

75 Gündling (Fn.27), S. 221; Czybulka, NuR 1999, 562, 564 ff.; ders., Das Rechtsre-gime der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 367, 369; Resthöft/Dre-her, ZNER 2002, 95 <100 f.>.

76 Krieger, Die Anwendbarkeit nationaler und internationaler Regelungen auf dieErdgasgewinnung aus dem deutschen Festlandsockel, DVBl. 2002, 300, 304.

77 Vgl. auch Erbguth, Gutachten, S. 41 f.78 Vgl. dazu für die Gewinnung von Bodenschätzen überzeugend Krieger, DVBl.

2002, 300, 303 ff.79 Cybulka, NuR 1999, 562, 563; Krieger, DVBl. 2002, 300, 304.80 Vgl. ablehnend Klinski (Fn.15), S. 21; Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 60 zu § 3;

Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2003, Rn. 14 zu § 30.81 Vgl. dazu Wolf, Der Schutz der Umwelt beim Bau von Bohrinseln, UPR 1998,

281, 288.82 So auch Krieger, DVBl. 2002, 300, 305.83 So bereits Wolf, UPR 1998, 281, 288.84 So im Ergebnis auch Gellermann (Fn.14), S. 25.85 Gellermann (Fn.14), S. 98.

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AWZ geschaffen werden. Diese Regelung verfolgt einerseits das Ziel,den Wildwuchs von Anlagen in der AWZ zu verhindern und einestrukturierte Entwicklung zu fördern, andererseits soll auch Rechts-sicherheit für die Investoren geschaffen werden 86. Sie kann daher alsder erste Schritt für eine planerische Bewältigung der raumrelevan-ten Koordinationsprobleme der Windenergie in der AWZ betrachtetwerden. Entsprechend kann der Bundesumweltminister nunmehrgeschützte Meeresflächen festlegen, die bestimmte Nutzungen ein-schränken oder ausschließen (§ 38 BNatSchG).

Dass mit § 3a SeeAnlV tatsächlich eine strukturierte Standort-planung möglich wird, ist in der Literatur bezweifelt worden 87.Zunächst wird kritisiert, dass von § 3a SeeAnlV nicht nur standort-bezogene Kriterien (Schifffahrt, Meeresschutzgebiete, Vogelzug-routen), sondern auch das anlagenbezogene Kriterium der Meeres-verschmutzung benannt werden. Darin wird eine inkonsistenteVermischung von gebietsbezogener Planung und Anlagenzulassunggesehen 88. Im Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die standort-bezogenen Kriterien des § 3a SeeAnlV eine darüber hinausgehendeintegrierte Raumordnungsplanung nicht zulassen 89. Insbesonderewird jedoch bemängelt, dass die Festlegung von besonderen Eig-nungsgebieten die Errichtung von Anlagen außerhalb dieser Gebie-te nicht nach dem Muster von § 7 Abs. 4 Nr. 3 ROG ausschließt 90.Vielmehr ist die Errichtung von Windkraftanlagen auch außerhalbdieser Gebiete grundsätzlich möglich und sogar in geschützten Mee-resflächen i. S. d. § 38 BNatSchG unter der Voraussetzung zulässig,dass sie den Verträglichkeitsanforderungen des § 34 BNatSchG ge-recht werden (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 u. Nr. 5 BNatSchG) 91. Solche Gebie-te kommen daher schon deswegen nicht ernsthaft für eine »Negativ-planung« gegenüber unwillkommenen Kabeltrassen in Betracht 92.

Eine Festlegung besonderer Eignungskorridore für Kabel mit derFunktion eines bindenden raumordnerischen Surrogates ist daherde lege lata nicht möglich 93. Da sich Konkurrenzen gegensätzlicherNutzungen in der AWZ häufen, soll jedoch nach der von der Bun-desregierung am 15. 10. 2003 beschlossenen Gesetzesinitiative zurÄnderung des ROG die Raumordnung Aufgabe des Bundes werden(vgl. § 18a ROGE). Dies ist völkerrechtlich zulässig 94. Mit der Ein-führung der Raumordnungsplanung in der AWZ könnte nicht nurdas planerische Steuerungspotential für die Zuordnung von ge-bietsspezifischen Nutzungen, sondern auch für Trassen steigen. Esist im Rahmen einer Raumordnungsplanung grundsätzlich zulässig,vorzugswürdige Trassen oder Trassenkorridore vorzusehen. Dieskönnte auch ohne Rückgriff auf die Instrumente der Festlegung vonVorbehalts-, Vorrang oder Eignungsgebieten dadurch geschehen,dass Grundsätze für die Trassenführung als Ziele der Raumordnungformuliert werden. Denkbar wäre es etwa, den Grundsatz der räum-lichen Trennung konkurrierender Nutzungen (§ 50 BImSchG) auchfür die Trassen zu bestätigen, eine Präferenz für die räumlicheBündelung von Kabeln einzuführen oder eine zeitliche Koordina-tion bei der Verlegung der Kabeltrassen vorzugeben.

D. Zusammenfassung

Die Errichtung eines Windparks in der AWZ und die Verlegung sei-ner stromführenden Kabel stellten in funktioneller Betrachtung dieErrichtung einer Anlage zur Erzeugung von Energie aus Wind i. S. d.§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SeeAnlV dar. Für ihre Errichtung und ihren Be-trieb ist eine seeanlagenrechtliche Genehmigung nach § 2 SeeAnlVerforderlich. Die Entscheidung über die Genehmigung setzt nachMaßgabe von § 2a SeeAnlV die Durchführung einer Umweltverträg-lichkeitsprüfung voraus, die sich sowohl auf den Windpark als auchdie Stromleitungen beziehen muss, die ihn an das Stromnetz desFestlands anbinden. Die Genehmigung des Windparks und der Ka-beltrassen hat daher durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und

Hydrographie nach den gleichen formell- und materiell-rechtlichenAnforderungen in einem zusammenhängenden Verfahrenskontextzu erfolgen. Ganz im Gegensatz dazu bleibt die Genehmigungslagezur Verlegung von Kabeln im Küstenmeer disparat.

Die Genehmigung darf aus Gründen des Umweltschutzes nur ver-sagt werden, wenn die Meeresumwelt gefährdet wird (§ 3 SeeAnlV).Der Begriff der Meeresumwelt ist dabei umfassend zu verstehen. Erumfasst nicht nur den Schutz des Meeres vor stofflichen oder ener-getischen Belastungen sowie den Vogelzug, sondern das gesamte Be-dingungs- und Wirkungsgefüge mariner Ökosysteme. Das Schutzni-veau ist dabei nicht auf die polizeiliche Gefahrenabwehr beschränkt.§ 3 SeeAnlV verlangt eine Vorsorge, die das Entstehen von Schädi-gungen der marinen Lebenszusammenhänge nach dem aktuellenStand der Erkenntnisse praktisch ausschließt. Daraus rechtfertigt sichallerdings weder eine ressourcenökologische Bewirtschaftung nocheine umfassende umweltplanerische Vorsorge. Wo die Belastbar-keitsschwelle im Einzelnen anzusetzen, ist in Bezug auf die von denStromleitungen ausgehenden Einwirkungen zur Zeit noch mit er-heblichen Ungewissheiten belastet. Es ist vordringliche Aufgabe derUmweltverträglichkeitsprüfung, Störpotential und Verletzlichkeitder Meeresumwelt in Bezug auf Verlegung und Betrieb der strom-führenden Leitungen herauszuarbeiten. Das Recht verlangt hier vor-dringlich die Schließung von Wissenslücken und die Verringerungenvon Ungewissheiten durch umfassende Risikoanalysen und ein vor-habenbegleitendes Monitoring.

Die Möglichkeiten der SeeAnlV zur einer Standortplanung undTrassenkoordination sind de lege lata beschränkt. Sie werden mit Er-höhung der Nutzungsdichte und der Verstärkung der Nutzungskon-kurrenz für die AWZ immer bedeutsamer werden. Der Festlegungvon besonderen Eignungsgebieten für Windkraftanlagen nach § 3aSeeAnlV kann ebenso wie der zur Zeit eingeleiteten Festsetzung vongeschützten Meeresflächen nach § 38 BNatSchG keine kategorischeräumliche Ausschlußwirkung zukommen. Dies gilt zumal für dieVerlegung von Kabeln. Die geplante Einführung einer Raumplanungdes Bundes für die AWZ (§ 18a ROGE) könnte die planerischen Ko-ordinationspotentiale deutlich verbessern. Eine noch erheblich wirk-samere räumliche Steuerungswirkung dürfte allerdings von der am17. 12. 2003 im Bundeskabinett beschlossenen Änderung des EEGausgehen 95. Nach § 10 Abs. 7 des Entwurfs soll die Förderung vonWindkraftanlagen im Bereich geschützter Meeresflächen entfallen.

Wolf , Rechtsprobleme der Anbindung von Of f shore-Windenerg ieparks in der AWZ an das Netz

86 Vgl. BT-Drs. 14/7490, S. 55.87 Resthöft/Dreher, ZNER 2002, 95, 99.88 Vgl. dazu Resthöft/Dreher wie vor.89 Erbguth (Fn.16), Gutachten S. 72.90 SRU (Fn.6), S. 10 f.; Resthöft/Dreher (Fn.87).91 Vgl. dazu kritisch Brandt/Gaßner (Fn.15), Rn. 19 u. 20 zu § 3a; zu den völker-

rechtlichen Grundlagen Lagoni, NuR 2002, 121 ff., Jaras, Naturschutz in der Aus-schließlichen Wirtschaftszone, 2002.

92 A. A. Gellermann (Fn.14), S. 85. Eine solche Negativplanung wäre allerdingsohnehin als planerisches Konzept rechtlich nicht haltbar (vgl. auch BVerwGE40, 258, 262).

93 So auch Gellermann (Fn.14), S. 85.94 Vgl. dazu Erbguth (Fn.16), Gutachten, S. 56 ff.95 Vgl. FAZ vom 18. 12. 2003.

Prof. Dr. Rainer WolfTU Bergakademie Freiberg, Professur für Öffentliches Recht, Lessingstr. 45,09596 Freiberg.Tätigkeitsschwerpunkte: Umwelt- und Naturschutzrecht, Bau- und Pla-nungsrecht. Aktuelle Veröffentlichungen: Jacob/Ring/Wolf (Hrsg.), FreibergerHandbuch zum Baurecht, Bonn 2003; Roma locuta – causa finita...causanon finita. Zum Urteil des EuGH vom 24.7.2003 in Sachen ÖPNV, Verkehrund Technik 2003, 359-363; Blochmann/Jacob/Wolf, Kooperation mittel-ständischer Bauunternehmen. Zur Erschließung neuer Marktfelder bei derPrivatisierung öffentlicher Aufgaben, Wiesbaden 2003.

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ZUR 2/200474

das Beachten der neuen Erkenntnisse aus der Rechtsprechung be-reits zur Prozessvermeidung ausreiche.

B. Neue konzeptionelle Planungsdirektiven des BVerwG

Zur Frage, wie die Ansiedlung von Windenergieanlagen imAußenbereich planerisch zu bewerkstelligen ist, führt das BVerwGim Urteil vom 13.3.2003 aus, dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB die Er-richtung von Windenergieanlagen im Außenbereich unter einenPlanungsvorbehalt stellt, der sich sowohl an die Gemeinden alsTräger der Flächennutzungsplanung als auch an die Träger derRaumordnungsplanung richte. Der Planungsvorbehalt werde abernur erfüllt, wenn die diesbezügliche Festlegung des Plangebersüber die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmtenStandorten erfüllt werden, durch die zugleich ein Ausschluss derAnlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festge-schrieben wird. Erstmals anerkennt das BVerwG sodann, dass esbei dieser Art der Planung nicht nur eine positive Komponente derfestgelegten Konzentrationszone gibt, sondern auch eine Art vonNegativplanung, nämlich der Ausschluss der Anlagen außerhalbder Konzentrationszone. Diese Form der Positiv-/ Negativplanunglässt sich nach Auffassung des BVerwG aber nur dann rechtferti-gen, wenn der Plan sicherstelle, dass sich die betroffenen Vorha-ben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungendurchsetzten. Die Abwägung aller beachtlichen Belange müsse sichnicht nur auf die ausgeschlossenen Standorte erstrecken, sondernauch auf die positiv festgelegten. Dies sei nur möglich, wenn demPlan ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrundeliege, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtli-chen Abwägungsgebotes gerecht werde.

Das BVerwG treibt erkennbar die Sorge um, dass der weiteplanerische Gestaltungsspielraum, den der Gesetzgeber über § 7Abs. 4 ROG und § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB der Regionalplanung ein-geräumt hat, dazu genutzt werden könnte, die Ansiedlung von

Das Thema

1 BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 (- 4 C 15.01 -) zur Bauleitplanung u.a. in: BauR 2003,828; UPR 2003, 188; NuR 2003, 365; ZUR 2003, 280 u. zwei Urteile v. 13.3.2003zur Raumordnungsplanung (- 4 C 4.02 -) u.a. in: NVwZ 2003, 738; BauR 2003,1165; UPR 2003 309; NuR 2003, 493; ZfBR 2003, 464 und (- 4 C 3.02 -) u.a. inNVwZ 2003, 1261; NuR 2003, 615. Gesetz v. 30.7.1996, BGBl. I S. 1189; Bau-ROG, BGBl. I 1997, S. 2141 u. 1998, S. 137. OVG’s z.B. Bautzen, Urt. v. 18.5.2000,SächsVBl. 2000, 245; Urt. v. 26.11.2002, LKV 2003, 333; Greifswald, Urt. v.19.1.2001, NVwZ 2001, 1063; Koblenz, Urt. v. 06.03.2002, NuR 2002, 422 u. Urt.v. 20.2.2003, NVwZ-RR 2003, 619; München, Urt. v. 22.5.2002, ZfBR 2002, 590.

2 Der Aufsatz ergänzt insofern die Ausführungen von Wolf, Windenergie alsRechtsproblem, ZUR 2002, 331, 334, der die Regionalplanung nur kurz an-schneidet und dabei die unmittelbare Steuerungswirkung von § 35 Abs. 3 S. 3BauGB übersieht; ausführlich Anders / Jankowski, Konzentrationszonen als Zieleder Raumordnung, ZUR 2003, 86.

3 Angesichts der vom BVerwG anerkannten Kontingentierung von Standorten istes zwangsläufig, dass mangels frei verfügbarer Konzentrationszonen man sichnun in Standorte einklagen muss; das wird auch literarisch vorbereitet (z.B.Anders / Jankowski, wie vor; Maslaton LKV 2003, 318; Tigges, ZNER 2002, 87).

4 Vom 23.6.1960, BGBl. I S. 341.5 Schon heute beträgt die durch Windenergieanlagen verlärmte Fläche ca. 2/3 der

mit Verkehrsanlagen überbauten Fläche Deutschlands; vgl. zum Immissions-schutzproblem Ohms, DVBl. 2003, 958, 960.

Die Ansiedlung von Windenergieanlagen wird in den Ländern zunehmendraumordnerisch gesteuert. Wenngleich das verwendete Instrumentarium vonRegionalplänen nicht neu ist, so führt diese erweiterte Gestaltungsmöglich-keit für einzelne Außenbereichsvorhaben in der Praxis zu Problemen, insbe-sondere auch deshalb, weil dabei vielfach juristisches Neuland beschrittenworden ist. Der Aufsatz setzt sich mit der Frage auseinander, welcheKonsequenzen für die Planungspraxis aus der neusten Rechtsprechung desBundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das selbst den Grundsatzcharakterder Entscheidungen betont, zu ziehen sind und welche Widersprüche dieRechtsprechung enthält.

A. Ausgangslage

Nach einer in den Obergerichten zunehmend auseinanderdriften-den Rechtsprechung zu den Folgen des Windenergieprivilegie-rungsgesetzes vom 30.7.1996 und der damit korrespondierendenÄnderung im Bau- und Raumordnungsgesetz (BauROG 1998), hatsich nun das BVerwG der Thematik mit richtungsweisenden Aus-sagen angenommen1. Es geht um die Frage, ob auch die Regional-planung eine effektive Steuerung des Baugeschehens im Außen-bereich bewerkstelligen kann2. Hatte nun die Praxis gehofft, dassdie vielen offenen Fragen handhabbar beantwortet worden sind,so ist festzustellen, dass mehr angerissen als beantwortet wordenist und dass sich die nun gewählten Formulierungen eher zu Job-maschinen für Rechtsanwälte und für die (ohnehin überlastete)Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickeln werden. Vielleicht mussman sich aber auch einfach nur daran gewöhnen, dass bei knap-per werdenden Standorten für Windenergieanlagen angesichts deshohen Flächenverbrauchs die Auseinandersetzungen härter wer-den3 und die Planung sich zu allererst daran zu orientieren hat, obsie Rechtsbeständigkeit gewährleisten kann (und nicht so sehr, obsie gut ist oder einen wirksamen und sinnvollen Beitrag zur rege-nerativen Energieerzeugung leistet). Hinzu kommt, dass die Privi-legierungsnovelle 1996 in vielen Dingen (mutiger als es demGesetzgeber bewusst gewesen sein mag!) Neuland beschritten hat,weshalb die Rechtsprechung sich nun erstmalig zu ganz grund-sätzlichen Rechtsfragen äußern muss. Dabei muss eine Rechtspre-chung, die alles ganz anders sieht, als die Praxis die Neuregelungverstanden hat, entsprechend überzeugend in der Argumentationsein. Die Bewertung, ob dem BVerwG das gelungen ist, bleibt demLeser überlassen. Erkennbar ist das Bemühen des Gerichts, nichtohne Not Hürden aufzubauen, doch gibt es auch Anforderungen,die zumindest in der Vergangenheit nicht immer erfüllt wordensind. Man fühlt sich ein wenig erinnert an die Zeit in den 70erJahren, als die Verwaltungsgerichte die nach dem neuen Bundes-baugesetz (BBauG 1960) zustande gekommenen Bebauungspläne»aufmischten«4. Auf der Strecke bleiben könnte heute die Investi-tionssicherheit für den Ausbau dieser so wichtigen erneuerbarenEnergieerzeugung und vielfach Vorstellungen betroffener Anwoh-ner, was sich bei nicht integrierten Standorten mit zunehmendemWiderstand der Bevölkerung rächt5. Keiner sollte erwarten, dass

Helmuth von Nicolai

Konsequenzen aus den neuen Urteilen des Bundesver-waltungsgerichts zur raumordnerischen Steuerung vonWindenergieanlagen– Oder: was ist der Unterschied zwischen einem Ziel? –

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Windenergieanlagen zu behindern6. Das BVerwG vermutet offen-bar, dass die Planung im Wesentlichen im Sinne einer Verhinde-rungsplanung betrieben werde. Sachangemessener wäre es jedochdavon auszugehen, dass es gerade Aufgabe der Regionalplanungist, angesichts der umfangreichen konfligierenden Interessen ge-eignete Standorte zu finden und so dafür Sorge zu tragen, dass ankonfliktarmen Standorten zügig Windenergieanlagen errichtetwerden können, ohne dass es zu massiven Auseinandersetzungensowohl mit Anwohnern, als auch zu Störungen beeinträchtigterBelange kommt. Denn dies schafft auch Rechts- und Investitions-sicherheit und fördert die Ansiedlung regenerativer Energieer-zeugung. Zwar ist nachvollziehbar, dass das BVerwG zu solchenÜberlegungen gelangt, denn es ist nun mal so, dass Bürger gele-gentlich in Fällen klagen müssen, in denen sich tatsächlich unterUmständen die Behörde nicht ganz ordnungsgemäß verhaltenhat. Insbesondere das zweite Urteil vom 13.3.2003 (- 4 C 3.02 -) istein beredtes Beispiel für diese Annahme. Zur Eindämmung derVerhinderungsplanung sind nun vom BVerwG im Wesentlichendrei Kriterien hervorgearbeitet worden, die in Präzisierung undWeiterführung zu den Aussagen im Urteil vom 17.12.2002 für dieRegionalplanung zu beachten sind. Dies sind – ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept (I.), – eine Planung, die sicherstellt, dass sich die betroffenen Vor-

haben innerhalb der Konzentrationszone gegenüber konkurrie-renden Nutzungen durchsetzen (II.) und

– ein in »substantieller Weise der Windenergienutzung im Plan-gebiet Raum schaffen« (III.). Was bedeutet das nun im Einzelnen?

I. Schlüssiges Planungskonzept

Aus der ex-post-Betrachtung eines Gerichtes, insbesondere einesobersten Gerichtes, ist es einfach, besonders hohe Anforderungenan ein Planungskonzept zu stellen. Stellenweise waren die Ober-gerichte damit beschäftigt, hier in einem gegenseitigen Wettlaufimmer neue Anforderungen aufzustellen; besonders profiliert ha-ben sich hier die OVGs in Lüneburg und Magdeburg7. Wie das Ur-teil des BVerwG vom 17.12.2002 zeigt8, sind die Anforderungenhier allerdings nicht zu hoch. Damit hat das BVerwG zu Recht an-erkannt, dass der Gesetzgeber für die Planung nur zwei Jahre vor-gesehen hatte (§ 245b BauGB 1996, »Überleitungsvorschrift fürEntscheidungen über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen« =§ 245b Abs. 1 BauGB 1998, Frist offenbar zu kurz, da nun wieder-belebt in § 15 Abs. 4 BauGB-E 2004 9) und bereits deshalb die An-forderungen nicht in den Himmel wachsen können und dürfen,weil man davon ausgehen muss, dass gesetzliche Anforderungenauch vom Adressaten erfüllbar sein müssen (zumal es in den zweiJahren 1997/98 kaum mehr möglich war, überhaupt noch einqualifiziertes Planungsbüro mit freien Kapazitäten zu finden). DasGericht lässt es ausreichen, dass im Wege einer »normalen« pla-nerischen Konfliktbewältigung Flächen herausgearbeitet bzw. ver-worfen werden dürfen. Auf Flächennutzungsplanebene ist dabeiein wichtiges Indiz ein in sich schlüssiges gesamträumliches Ent-wicklungskonzept. Dieses Konzept müsse die Erwägungen erken-nen lassen, die zur Ausweisung eines Positivstandortes geführthätten und auch verdeutlichen, welche Gründe es rechtfertigen,den Planungsraum für Windenergieanlagen zu schließen. Daskönne nur gesamträumlich begründet werden. Dies müsse sichaus den örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten las-sen, wobei die Abwägung in Form des § 1 Abs. 6 BauGB (also frei)zu erfolgen habe. Aber nicht beliebige Gründe rechtfertigten einenAusschluss, sie müssten vielmehr städtebaulich legitimiert sein.Auch müsse bei der Planung nicht lediglich das umgesetzt wer-den, was sich unbesehen an Grenzabständen etwa aus der TA-

Lärm ergebe; das sei dann keine städtebauliche Planung mehr. Essei nicht erforderlich, sämtliche Flächen auszuweisen, die über-haupt nach objektiven Kriterien nur geeignet erschienen. DieArgumente müssten sich lediglich aus den konkreten örtlichenGegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen.

Vor dem Hintergrund der geächteten Verhinderungsplanung istes von großer Bedeutung, die Ausweisung von Eignungsgebietenstrategisch und konzeptionell zu erfassen. Dabei muss sich dieFlächennutzungsplanung (gem. § 5 Abs. 1 BauGB) auf das gesam-te Gemeindegebiet erstrecken. Die Gründe sowohl für Ausschluss,als auch für die Ausweisung müssen städtebaulicher Art sein undfür den Außenstehenden (= das Gericht!) objektiv nachvollziehbarsein. Das können sie übrigens nur, wenn sie umfassend doku-mentiert sind. Es nützt also die beste Planung nichts, wenn sienicht entsprechend schriftlich niedergelegt worden ist.

Die vorstehenden Ausführungen gelten mit gewissen Modifika-tionen auch für die raumordnerische Steuerung. Bei der Regional-planung sind die zugelassenen Argumente raumordnerisch, auchdie Begründung, warum eine solche Strategie gefahren wird. Dabeide Steuerungsmodelle vom Gesetz gleichrangig zugelassen wor-den sind, bedarf es jedoch nicht der inneren Rechtfertigung, war-um raumordnerisch und nicht bauleitplanerisch gesteuert wird.Da bei der raumordnerischen Steuerung das erfasste Gebiet größerist als bei der Bauleitplanung, bedarf es eines besonders gut be-gründeten Konzeptes. Denn es kann dazu führen, dass es Ge-meinden ganz ohne eine Konzentrationszone gibt. Da das Gerichtanerkennt, dass diese Arbeit vom Planungsträger (gem. § 245bBauGB 1996) innerhalb von zwei Jahren geleistet werden musste,sind die Anforderungen an die Untersuchungstiefe nicht zu über-spannt. Die Tiefe der Abwägung kann auch nur dem regional-planerischen Maßstab entsprechen. Es ist eine Konzeption zuerarbeiten und zugrunde zu legen, die in sich logisch und nach-vollziehbar aufgebaut ist, die von einer generell abstrakten Ebenezu klaren Entscheidungen im Einzelfall kommt und zu sich nichtwidersprechenden Ergebnissen führt. Die planerische Stringenz istdabei besonders wichtig, eine Abwägungsentscheidung gerade inder Raumordnung zu schaffen, die sich der eigenen Konsequen-zen bewusst ist und nicht so zu argumentieren, dass noch Hinter-türchen offen bleiben. Der Eindruck, den die Fälle vom 13.3.2003machen, dass die Raumplanung selbst nicht so genau wusste,worauf sie sich einließ, muss unbedingt vermieden werden. Jemehr objektive (= für den Juristen nachvollziehbare) Faktorenaufgeführt werden (wie eine Windhöffigkeitsanalyse, Bestands-aufnahme der naturräumlichen Ausstattung, Netzanschluss-möglichkeiten), desto eher dürfen auch wertende Belange (wieLandschaftsbildanalyse, Erholungsfunktion der freien Landschaft,Sichtbeziehungen) und programmatische (wie Bündelung zugroßen, leistungsstarken Parks, generell einzuhaltende Minde-stabstände) einfließen. Problematisch sind Fälle, in denen diePrivateigentumsverhältnisse am Grund und Boden eine auffälligeRolle spielen, wenn beispielsweise die Ausweisung eines Eig-nungsgebietes davon abhängig gemacht wird, dass zunächst ein-mal eine landeseigene Immobiliengesellschaft die Flächen ent-wickelt bzw. Flächen nur dann ausgewiesen werden, wenn zuvorein einheimischer Hersteller von Windenergieanlagen diese

von Nico la i , Raumordner i sche Steuerung von Windenerg ieanlagen

6 Damit scheint sich das BVerwG einig zu sein mit vielen Stimmen in der Litera-tur, z.B. das Vorurteil, Regionalplanung sei »politischer« als die Flächennut-zungsplanung der Gemeinde, Mitschang, ZfBR 2003, 431, 433.

7 Lüneburg Beschlüsse v. 20.12.2001, ZfBR 2002, 268 u. 17.1.2002, NUR 2002,429; Magdeburg Beschl. v. 29.8.2001 – 2 M 130/01 – n.v.

8 Oben Fn. 1; der Fall spielt in NRW, das fast als einziges Land nicht flächen-deckend raumordnerisch steuert bzw. zu steuern beabsichtigt; zur Situation inNRW: Greiving / Schröder, UPR 2003, 13.

9 Europarechtsanpassungsgesetz – EAG Bau – mit 52 Änderungswünschen desBundesrats, BR-Drs. 756/03 oder Homepage www.bmvbw.de .

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ZUR 2/200476

Flächen erworben bzw. gepachtet hat. Die Interessen der Grund-eigentümer sollten in der Planung vielmehr dergestalt einfließen,dass die Ausweisung eines Eignungsgebietes (gerade in Gegenden,deren Bodenwertzahlen gering sind) eine optimale Wertsteigerungdes Grundstückes bedeutet und jeder diese Chance gerne nutzenmöchte.

II. Positivfestlegungen

Der Plangeber muss sicherstellen, dass sich nach der Planungs-konzeption auch innerhalb der Konzentrationszonen die Wind-energienutzung gegenüber anderen konkurrierenden Nutzungendurchsetzt. Die Ausführungen des BVerwG werden derart interpre-tiert, dass eine Eignungsgebietsfestsetzung auch im Inneren einZiel der Raumordnung sei. Diese Interpretation hat allerdings einProblem: Was ist dann nämlich der Unterschied zwischen einemZiel gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 ROG 10? Auch lässt sichmit so einer Interpretation § 7 Abs. 4 S. 2 ROG nicht mehr erklären,denn eine Kombinationsmöglichkeit wäre dann gar nicht erfor-derlich, wenn ein Eignungsgebiet im Inneren dieselben Wirkungenhätte wie ein Vorranggebiet. Es muss hier einen Unterschied geben.Das BVerwG löst diesen Widerspruch in der Begründung nicht. Ob-wohl der Bundesgesetzgeber in § 3 Nr. 2 ROG ein Ziel der Raumord-nung einheitlich definiert, worauf gerade das BVerwG hinweist,kann man nun ein Ziel erster und zweiter Klasse erfinden und ihmunterschiedliche Bedeutung beimessen, je nach dem, ob es sich umein Vorrang- oder um ein Eignungsgebiet handelt.

Schaut man sich den Wortlaut des Gesetzes an, so bietet § 7Abs. 4 S. 1 ROG dazu auch einen Ansatz. Denn dort wird wortreichbeschrieben, was die verschiedenen Gebiete leisten sollen, ohnedass das überhaupt klar in die Kategorisierung Ziel = unabwägbarund Grundsatz = abwägbar eingeordnet wird. Vielmehr heißt es inNr. 1, ... »soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzun-gen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind«. Dies be-deutet, dass für ein Vorranggebiet schon weniger als die Unver-einbarkeit mit den Zielen der Raumordnung ausreicht, also auchvorrangige Funktionen und Nutzungen. Wenn man nun noch be-denkt, dass § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB in der heutigen Version im Juli1996 geschaffen worden ist, während § 7 Abs. 4 S. 1 ROG (maß-geschneidert) erst im August 1997 erfunden worden ist, dannwundert man sich, warum es bei der Auslegung solche Schwierig-keiten geben soll. Runkel, als maßgeblicher Gestalter des Systems,schreibt: »Eignungsgebiete sind Ziele der Raumordnung. Zulässigist, den innergebietlichen Vorrang von Vorranggebieten mit demaußergebietlichen Ausschluss von Eignungsgebieten zu verbin-den. Vorranggebiete begründen damit primär einen innergebiet-lichen Vorrang einer bestimmten Funktion oder Natur mit Ziel-qualität, Eignungsgebiete dagegen primär einen außergebietlichenAusschluss raumbedeutsamer Maßnahmen/Vorhaben« 11. Mit die-sen Ausführungen wird deutlich, wie der Gesetzestext zu verste-hen ist: Der Terminus »Ziel der Raumordnung« in § 35 Abs. 3 S. 3BauGB bezieht sich auf die Steuerung der privilegierten Anlagenim Außenbereich und zwar in den beiden Varianten einer Ge-bietszuweisungszielsteuerung (Vorranggebiet) und einer Zielsteue-rung, wo keine privilegierten Anlagen entstehen sollen (Eig-nungsgebiet). Hinzu kommt die Kombination von beidem in § 7Abs. 4 S. 2 ROG. Der Begriff »Ziel« fordert also eine letztabgewo-gene Entscheidung, unabhängig davon, auf welches der beidenTerritorien es sich bezieht (Innengebiets- oder Außengebietssteue-rung). Damit wird nichts über das Schicksal und den Charakterdes nichterfassten Bereichs ausgesagt. Denn für diese Art der Ziel-steuerung benötigt der Gesetzgeber die Aussage nicht. Nur somacht die Steuerung auch Sinn, denn wenn man den Begriff »Zielder Raumordnung« ausschließlich auf die innergebietliche Fläche

fokussiert, bedeutete das, dass durch ausschließliche Ausweisungeines Vorranggebietes eine Sperrwirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3BauGB für Flächen außerhalb des Vorranggebietes erreicht würde– genau das ist jedoch nicht der Fall. Die Betonung des Zielcha-rakters legt den Verdacht nahe, dass das BVerwG meint, nur sokönne von Verfassungs wegen dem Gewicht der privilegiertenNutzung entsprochen werden. Das ergibt sich aber nicht aus demGesetz. Auch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung be-darf es solcher Wendung nicht. Denn dann würde doppelt genäht,da die Formel von der Ausweisung mit substantiellem Gewichtallemal verfassungsrechtliche Bedenken vollstens abfedert. Zielund substantielles Gewicht ist nicht erforderlich, weil das Art. 28Abs. 2 S. 1 GG missachtet. Denn die Steuerung der Zulassung bau-licher Anlagen kann auch erfolgen, wenn man nur definiert, wosie nicht zugelassen werden dürfen. Und diese Auslegung passtsehr gut in den Gesamtkontext der Rechtsprechung des BVerwG.Denn natürlich dürfen die so für die gesteuerte Außenbereichs-nutzung übrig gebliebenen Flächen nicht ungeeignet sein. Daswäre der typische Fall von Verhinderungsplanung! Gleichzeitigheißt das aber nicht, dass die herausgearbeiteten Flächen mitZielcharakter im Sinne einer Letztabwägung hervorgearbeitet wer-den müssen. Denn diese strengste Form der Determinierung istnach § 7 Abs. 4 S. 2 ROG nur der Kombinationsmöglichkeit vor-behalten, die auch unter dem Gesetzesvorbehalt steht und mitBlick auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG selbst gerechtfertigt sein muss.Hingegen eröffnet das Eignungsgebiet im Inneren dergestalt derBauleitplanung einen Spielraum, als kommunale Belange, dienicht auf regionalplanerischer Ebene in das Konzept miteinge-flossen sind (weil sie eine der Bauleitplanung von Verfassungswegen vorbehaltene Feinsteuerung darstellen), dort umgesetztwerden dürfen. Dabei kann es zu Abweichungen hinsichtlich derGröße und weiteren Bebaubarkeit des Eignungsgebiets kommen,denn ein Erfordernis nach sklavischer Umsetzung ist nicht erkenn-bar12. Auch Versuche, die Zielbindung dadurch abzuschwächen,dass Gestaltungsmöglichkeiten aus der Transformation der unter-schiedlichen Maßstäblichkeit hergeleitet werden, gehen an derWirklichkeit der handhabbaren Umsetzung vorbei. Ein einmal ab-gewogener Belang ist endgültig abgewogen und kann nicht mehrvon der Gemeinde in der Bauleitplanung modifiziert werden. Dasgilt nicht nur für die Fläche, sondern auch für Belange wie Eingriffein Natur und Landschaft oder Landschaftsbildanalyse.

Analysiert man den Wortlaut der Vorschrift, § 7 Abs. 4 S. 1 ROG,so muss man feststellen, dass er nicht die Präzision hat, die manaus Sicht des BauGB erwarten würde und sich auch nur interpre-tatorisch in das Schema von § 3 Nrn. 1 bis 4 ROG einfügt. Diegroße Frage, hier letztabgewogenes verbindliches Ziel mit totalerDeterminierungswirkung, dort Grundsatz bzw. sonstige Erforder-nisse lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten. Wenn man nochbedenkt, dass § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG über ein Jahr später extrafür die Steuerungswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB geschaffenworden ist, so kann man fast verärgert darüber sein, dass derGesetzestext so viele Interpretationen zulässt. Es scheint so, dassdie Konsequenzen aus der weitreichenden, der Regionalplanunggleichberechtigt zugebilligten Steuerungsmöglichkeit in § 35Abs. 3 S. 3 BauGB nicht hinreichend umgesetzt worden sind.Gleichzeitig wird deutlich, dass die eigentliche raumordnerischeSteuerungsnorm für § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB das Eignungsgebietnach Nr. 3 ist. Denn das Besondere, das Neue an dem Steuerungs-

Das Thema

10 Dazu ausführlich Erbguth, Eignungsgebiete als Ziele der Raumordnung?DVBl. 1998, 209; das BVerwG lässt es offen, was der Unterschied zwischeneinem Ziel ist!

11 Steuerung von Vorhaben der Windenergienutzung im Außenbereich durchRaumordnungspläne, DVBl. 1997, 275, 276.

12 Runkel a.a.O., S. 277.

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system ist doch die Nichtzulassung gewesen, dass man also bei derPlanung prüft, wo etwas nicht zugelassen werden soll. Bisher istimmer nur geprüft worden, wo etwas geplant wird, aber nicht dasGegenteil. Anstatt wie das BVerwG zu argumentieren, das mehrvom Zielcharakter des Vorranggebietes ausgehend aufbaut, könnteman sagen, dass ohne Eignungsgebietsausweisung keine Steue-rung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bewirkt wird13. Denn der bun-desrechtlich (BauGB) entscheidende Aspekt ist doch die Aus-schlusswirkung, die das gesetzgeberische Ziel der Schonung desAußenbereichs bewirken soll. Wenn dabei die Regionalplanungeine neue Kompetenz bekommt, so anerkennt der Gesetzgeber,dass aufgrund der sehr rauminanspruchnehmenden Vorhaben dasSystem: »Jeder Gemeinde ihre Konzentrationszone« nicht überallfunktioniert (vor allem nicht bei Kleinstgemeinden wie in Schles-wig-Holstein und in den neuen Ländern).

Unbeantwortet ist damit nur noch die Frage, was eigentlich imInneren des Eignungsgebietes raumordnerisch festgelegt ist. DasGebiet soll für bestimmte (in § 35 Abs. 1 Nrn. 2-6 BauGB aufge-führte) Maßnahmen geeignet sein. Unter Maßnahmen sind alswichtigster Fall Vorhaben i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB gemeint14.Wenn man nun entgegen des Urteils des BVerwG davon ausgeht,dass § 7 Abs. 4 S. 2 ROG Sinn macht, dann muss geeignet wenigersein als Vorrang. Dann bleibt die Frage, ob es mehr oder wenigerdarstellt, als das Vorabwägen beim Vorbehaltsgebiet nach Nr. 2.Dabei sei klar gestellt, dass die Schlussfolgerung des BVerwG, einebloße Vorbehaltsgebietsausweisung genüge nicht, zutreffend ist,weil die Zielsteuerung über das Eignungsgebiet fehlt. Über den in-neren Charakter (die Abwägungstiefe) des Eignungsgebiets wirddamit nichts ausgesagt. Wenn man im Inneren des Gebiets keineFunktion zur weiteren Determinierung der nachfolgenden Bau-leitplanung sieht, dann kann die Frage sogar offen bleiben. ImUnterschied zum Vorranggebiet ist es eben nicht letztabgewogen,also lediglich auf einer geringeren Stufe der Prüfintensität ab-geprüft und das Weitere wird dann das zu erfolgende Baugeneh-migungsverfahren ergeben. Blickt man in die Gesetzesmaterialien,so fällt auf, dass man die Regionalplanung als Alternativplanung(die nicht weiter unterlegt werden muss) zur Bauleitplanung ge-sehen hat15. Das heißt, dass die Frage der Determinierungswirkungfür ein nachfolgendes Bauleitplanverfahren nicht problematisiertworden ist. Dann bedeutet geeignet, dass Kriterien innerhalb desGebietes geprüft worden sind, soweit sie in dem konzeptionellenAnsatz (s.o. schlüssiges Plankonzept) mitbehandelt worden sind.Das sind insbesondere nutzungstypische Faktoren, wie z.B. Wind-höffigkeit, Flug- oder Radaranlagenhöhenbegrenzungen, Richt-funkstrecken. Keineswegs kann man von der Prüfungstiefe desAusschlussgebietes ausgehen, weil es dort für die Abwägung schongenügen kann, auf ein einziges Ko-Kriterium zu stoßen (z.B. Na-turschutzgebiet). Vom Planungsansatz ist es eben etwas anderes,ob man prüft, ob es einen entgegenstehenden Belang gibt oder obeine Positivzuweisung erfolgt. Hier wird die Interdependenz derdrei vom BVerwG herausgearbeiteten Kriterien deutlich: einschlüssiges Plankonzept wird in der Prüfung sowohl des Aus-schlusses als auch der Eignung zu brauchbaren und nachvollzieh-baren Ergebnissen führen, ohne dass alle relevanten Belange an je-der Stelle abgeprüft werden müssen. Die Kontrollfrage ist dann, obauch ausreichend Raum für die gesteuerte Nutzung verbleibt, magman das nun in substantieller Weise Raum schaffen nennen oderanders. Vieles spricht also dafür, dass mit der Eignung gemeint ist,dass einige nutzungstypische Ko-Kriterien innerhalb des Eig-nungsgebietes summarisch vorabgeprüft worden sein müssen,aber kein Komplettkatalog im Sinne einer Letztabwägung. Diesbleibt dem Vorranggebiet vorbehalten. Versteht man die Abwä-gung in diesem Sinne, so kann das Eignungsgebiet im Inneren einVorbehaltsgebiet insofern sein, als damit deutlich wird, dass nicht

wie beim Vorranggebiet alle Belange abgeprüft worden sind, dassjedoch über einen Grundkatalog hinaus im Eignungsgebiet nut-zungstypisch problematische Belange vorabgewogen und damiteiner andersartigen Abwägungsentscheidung der Bauleitplanungentzogen worden sind. In diesem wohlverstandenen Sinne stelltdie Kombination von Eignungsgebiet und Vorbehaltsgebiet eineAbwägungssteigerung zugunsten der gesteuerten Nutzung dar. Sieist allerdings nur dann relevant, wenn man in der Regionalpla-nung eine Stufe der Außenbereichsplanung vor der Bauleitpla-nung sieht, also ihr auch Determinierungsfunktion zubilligt. Dazumindest in den Altländern praktisch jede Gemeinde einenFlächennutzungsplan hat16, dürfte dieses Steuerungsmodell derPlanungswirklichkeit nicht nur am nächsten kommen, sondern vorallem auch optimal den Sinn und Zweck des Gesetzes umsetzen.

Worin liegen die Vorteile dieses Verständnisses eines Eignungs-gebietes gegenüber der Auslegung des BVerwG? Zum einen har-moniert es mit dem Wortlaut des Gesetzes, indem auch § 7 Abs. 4S. 2 ROG erklärt werden kann. Zum anderen passt es zur aktuellenRechtsentwicklung, immer mehr Länder gehen zu einer flächen-deckenden regionalplanerischen Steuerung über17. Da eine einzi-ge moderne Windenergieanlage bis zu 20 ha Gelände benötigtund Bauhöhen bis 220 m beantragt werden, ist es sachangemes-sen, die Steuerung dieses raumgreifenden Baugeschehens imAußenbereich konzeptionell und gemeindegebietsübergreifendauf regionalplanerischer Ebene zu gestalten, die Transformation indas örtliche Baugeschehen jedoch durch Bauleitplanung vorzu-nehmen. Dort wird der Gemeinde im Inneren sowohl beim Eig-nungsgebiet, als auch bei der Kombination mit einem Vorbehalts-gebiet die Möglichkeit des Einbringens kommunaler und rechtdetaillierter Gesichtspunkte eröffnet. Die Gemeinde bekommt fürBelange der örtlichen Gemeinschaft einen eigenen Abwägungs-spielraum und ist in der Lage, ein Eignungsgebiet optimal zu in-tegrieren, darf dabei aber das Gesamtkonzept der Regionalplanungnicht konterkarieren. Lediglich bei der Kombination nach § 7Abs.4 S. 2 ROG verbleibt der Gemeinde kein planerischer Spiel-raum mehr. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie so weit-gehend einzuschränken, bedarf aber einer entsprechenden plan-erischen Begründung18. Dazu reicht es nicht aus vorzutragen, das»schlüssige Plankonzept« erfordere eine 1:1 Umsetzung in derBauleitplanung, denn sonst werde es unschlüssig.

III. »Der Windenergie in substantieller Weise Raum schaffen«

Was das BVerwG mit dieser Formel konkret meint, bleibt offen. Eswird auf den Einzelfall ankommen und deshalb wirken solchehöchstrichterlichen Formeln nur auf den ersten Blick griffig undzukünftige Rechtsstreitigkeiten vermeidend. Gerade bei dieser For-mel dürfte die Wirkung genau in umgekehrte Richtung gehen: Je-der, der mit einer Planausweisung irgendwo in Deutschland unzu-frieden ist (und das sind viele!), wird behaupten, dass durch die

von Nico la i , Raumordner i sche Steuerung von Windenerg ieanlagen

13 Die Länder haben aber große Vorbehalte gegen Eignungsgebiete, weil der Rege-lungsgehalt als überflüssig angesehen wird – man könne eine Ausschlusswirkungauch ohne gesetzliche Spezialermächtigung erzielen. Die meisten Landes-planungsgesetze enthalten deshalb diese Kategorie nicht. Das BVerwG bestätigtjetzt diese Zurückhaltung einer neuen Steuerungsidee gegenüber. Vielleicht istaber der landesplanerische Zugriff auf einen bundesrechtlichen, von Art. 14 GGgeschützten Zulassungstatbestand – § 35 Abs. 1 BauGB – nur erlaubt, wenn diedafür geschaffene Norm angewendet wird, nämlich § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ROG.

14 Runkel, in: Kommentar zum ROG, § 3 Rn. 268.15 BT-Drs. 13/4978.16 In den neuen Ländern liegt die Quote immer noch unter 30%.17 Alle Flächenländer außer NRW, viele sind aber noch in einem Umstellungs-

prozess, wie z.B. Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, vgl. Fn 8.18 Die Kombinationsmöglichkeit in § 7 Abs. 4 S. 2 ROG bestätigt die Vorbehalte ge-

gen die weitgehende Steuerung durch die Regionalplanung, z.B. Halama, Durch-setzung und Abwehr von Zielen der Raumordnung und Landesplanung auf derGemeindeebene, in: FS für Schlichter 1995, S. 201, 220; vgl. BVerfGE 76, 107.

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Planung der Windenergienutzung nicht in substantieller WeiseRaum geschaffen worden ist. Man muss deshalb versuchen, die For-mulierung von irgendwelchen Prozentzahlen bezogen auf die aus-gewiesene Fläche freizumachen, was natürlich der erste Gedanke ist,wenn man sich bemüht, in der Praxis eine derartige Formulierungmit Leben zu erfüllen. Denn es darf nicht aus dem Auge verlorenwerden, dass die Privilegierung der Windenergienutzung nach Sinnund Zweck des Gesetzes zur Förderung der regenerativen Energieer-zeugung erfolgt ist, also dazu, die Ergebnisse des Kyotoprotokollstatsächlich umzusetzen19. Der Schutz des Außenbereiches vor Be-bauung, das Zurücktreten avifaunistischer, landschaftspflegerischerund sonstiger Belange ist also in der Güterabwägung nur dadurchzu rechtfertigen, dass Energie regenerativ erzeugt wird. Also ist dasentscheidende Augenmerk darauf zu richten, dass ein effektiver Bei-trag für dieses Ziel durch die Flächenausweisung geleistet wird,nicht so sehr, wie groß die Fläche eigentlich ist.

Als Nachsatz sei bemerkt, dass viele Faktoren bei dieser ver-meidlich griffigen Formel ja überhaupt nicht berücksichtigt wor-den sind. So etwa Probleme der Netzauslastung oder auch dieFrage, was in Räumen passieren soll, die überwiegend von Natio-nalparken, Seen, Wäldern, FFH- und Vogelschutzgebieten überzo-gen sind. Dies bedeutet, dass man mit der Formel nur vorder-gründig gut arbeiten kann und sie allenfalls dazu dient, damitvorhandene Planungskonzeptionen aufzubohren. So erweist sichdie Formel als Rechtsanfechtungsargument, ohne dass der Pla-nungspraxis brauchbare Kriterien, wie man es in Zukunft bessermachen könnte, an die Hand gegeben werden.

Die Formel vom substantiellen Gewicht soll dazu dienen, derPrivilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung zu tra-gen. Es ist das Korrektiv zur Verhinderungsplanung, mit der dasBVerwG in den wenigen Fällen, die bis zum höchsten Gericht vor-dringen, offenbar zu tun hatte. Deshalb erweckt die Entscheidungden Anschein, als ob das BVerwG sich aufgefordert fühlt, der Privi-legierungsentscheidung des Gesetzgebers gegenüber der obstina-ten – weil einschränkenden Handhabung – von planenden Ge-meinden und Trägern der Regionalplanung die Geltung zuverschaffen, die der Gesetzgeber ihr beimisst. Nun darf man abernicht vergessen, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom30.7.1996 das bauliche Geschehen im Außenbereich sehr viel stär-ker verändert hat, als dies gemeinhin mit dem Schlagwort von der»Privilegierung der Windenergie« erfasst werden kann. Denn für(fast) das gesamte Baugeschehen im Außenbereich wird eine Pla-nungskomponente eröffnet20. Während also früher überall privi-legiert gebaut werden durfte, darf, bei entsprechender Planung,dieses zukünftig nur noch in den dafür planerisch vorgesehenenBereichen. Geht man von der Rechtsprechung des Bundesverfas-sungsgerichts zum Eigentumsbegriff aus, der hier durch das einfa-che Gesetz definiert wird, so hat eine umfassende Veränderungstattgefunden. Hier befürchtet nun das BVerwG, dass diese weit-reichende Steuerungsmöglichkeit von den Planungsträgern dazuausgenutzt werden könnte, die (alte und neue) Privilegierung leerlaufen zu lassen und damit letztendlich zu einer Verletzung vonArt. 14 GG zu kommen. Doch ist die umfangreichere Gestal-tungsmöglichkeit bei der Privilegierung (also weg von der nach-vollziehenden Abwägung zur planerisch-konzeptionellen) verfas-sungsgemäß, weil der Gesetzgeber im Gegenzug zur Erweiterungdes Privilegierungskatalogs derart reglementierend das Grundei-gentum im Außenbereich steuern darf: der Außenbereich soll vorBebauung grundsätzlich geschützt werden. Dieses gesetzgeberi-sche Ziel ist auch 1996 beibehalten worden. Darin liegt also dieRechtfertigung der erweiterten Planungsmöglichkeit, das Rechts-gut Schutz des Außenbereichs muss bei der regionalen und städ-tebaulichen Planung berücksichtigt werden. Der Planungsträgermuss entsprechend der gesetzlichen Wertung den Ausgleich schaf-

fen. Den könnte man mit der Formel des BVerwG auch so be-schreiben, dass der Planungsträger verpflichtet ist, dem Schutz desAußenbereichs substantiell Raum zu verschaffen. Von der gesetz-lichen Aufgabe her ist die Planung zwangsläufig eine Beschrän-kung der freien Entfaltung des Grundeigentums. Dabei ist dasMaß schwerlich vom Eigentumsbegriff her zu lösen; letzterer darfallerdings nicht leer laufen, wenn keine Entfaltungsmöglichkeitenmehr gegeben sind. Die Entwicklung in Deutschland mit über14.700 Windenergieanlagen21 gibt da eigentlich angesichts des da-mit einhergehenden Flächenbedarfs keinen Anlass zur Sorge umdie Entfaltungsmöglichkeiten des Eigentums.

C. Weitere Planungsfragen

I. Allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung bei Aufstellung der Pläne

Bisher galt es fast als Credo der Raumordnung, keine allgemeineÖffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen (so etwa ein Beschlussder Ministerkonferenz für Raumordnung aus dem Jahre 198322).Mit dem BauROG 1998 wurde in § 7 Abs. 7 ROG im Rahmenrechtüberhaupt (zaghaft) die Möglichkeit geschaffen, eine Öffentlich-keitsbeteiligung durchzuführen. Die Plan-UP-Richtlinie der EUzwingt nun den Gesetzgeber, die Öffentlichkeitsbeteiligung füralle Raumordnungspläne einzuführen (§ 7 Abs. 6 ROG-E 2004).Dies bedeutet für die Zukunft, dass das Thema gesetzgeberisch ab-gearbeitet werden wird. Was geschieht jedoch mit den meisten dervorhandenen Regionalpläne, die ohne allgemeine Öffentlich-keitsbeteiligung zustande gekommen sind? Nach der Entschei-dung des BVerwG vom 19.7.2001 war fraglich23, ob die dort zu§ 35 Abs. 3 S. 2 BauGB 1998 getroffene Feststellung (keine Durch-setzung der Ziele der Raumordnung ohne Öffentlichkeitsbeteili-gung) auch auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB übertragen werden könnte.Das OVG Lüneburg hat denn auch aus dieser Entscheidung ge-folgert, dass ein Regionalplan bereits wegen fehlender Öffentlich-keitsbeteiligung ins Leere gehe24. Das BVerwG ist dem jedochnicht gefolgt und lässt es in dem Urteil vom 13.3.2003 - 4 C 4-02 -ausreichend sein, wenn das Privatinteresse an der Nutzung derWindenergie auf geeigneten Flächen verallgemeinernd unterstelltund als typische Größe in die Abwägung eingestellt würde25. Diegegen diese Sichtweise geäußerten verfassungsrechtlichen Beden-ken werden dadurch entkräftet, dass der Ausnahmevorbehalt in §35 Abs. 3 S. 3 BauGB ein entsprechendes Korrektiv darstelle (»stehtin der Regel entgegen«). Das weicht natürlich eine konsequenteund an einem schlüssigen Konzept orientierte Planung auf (s.o.)und rückt die Norm in die Nähe von § 31 Abs. 2 BauGB, obwohlhier der entscheidenden Behörde weder ein Ermessen zusteht,noch ein solcher »Befreiungsumfang« machbar ist. Man muss aberbeachten, dass diese Formel des BVerwG nur für die Planungsfällegilt, in denen es dem Planungsträger möglich ist, auf der abstrak-ten Raumordnungsebene pauschal die Belange der Privaten in diePlanung miteinzubeziehen. Das wird ermöglicht, weil der Pla-nungsträger die Argumente zur maximalen Bodenwertsteigerung

Das Thema

19 Vgl. § 1 Abs. 2 EEG-E 2004: 12,5 % Energie bis 2010 erneuerbar.20 Lediglich Land- und Forstwirtwirtschaft und zukünftig auch Atomanlagen /

Endlager (EAG-Bau!, s. Fn 9) fallen heraus.21 Stand 30.9.2003 gem. Statistik des Deutschen Windenergie-Instituts.22 Anmerkung: auch das BBauG 1960 kam noch ohne Öffentlichkeitsbeteiligung aus.23 NVwZ 2002, 476.24 Beschl. v. 20.12.2001, BauR 2002, 592.25 Anders / Jankowski (Fn 2), stellen den Streitgegenstand zwar sehr ausführlich dar,

unterstellen der jetzt vom BVerwG vorgenommenen Auslegung jedoch, die be-troffenen Eigentümerbelange würden ausgeklammert. Das stimmt nicht, dennder Belang der Eigentümer – die große Bodenwertsteigerung – wird in die Ab-wägung eingestellt.

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gut in die Abwägung einstellen kann, ohne sie individuell ermit-teln zu müssen. Die Argumentation ist deshalb sachangemessenund nachvollziehbar.

II. Raumbedeutsamkeit

Zunächst einmal setzt sich das BVerwG mit der Frage auseinander,ob § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB bei der Regionalplanung überhaupt alleWindenergieanlagen erfasst oder nur solche, die »raumbedeutsam«sind, wobei die Raumbedeutsamkeit an der Bauhöhe festgemachtwird. Wenn man § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB mit Satz 3 vergleicht, sostellt man fest, dass in Satz 2 von raumbedeutsamen Vorhabengesprochen wird, während in Satz 3 nur Vorhaben (ohne die Ein-schränkung auf Raumbedeutsamkeit) erwähnt werden. Hier kannman nun viele Ansätze nehmen, um diese gesetzestechnischoffenbar vorgenommene Differenzierung aufzulösen. So kann mansagen, dass in Satz 3 der Begriff Raumbedeutsamkeit fehlt, weil dortauch von der Steuerung über Bauleitplanung gesprochen wird, dieselbstverständlich nicht an raumbedeutsame Vorhaben anknüpft,sondern alle Vorhaben erfasst. Ein anderer Lösungsansatz ist der,dass man die Frage aufwirft, inwieweit Raumbedeutsamkeit über-haupt mit den klassisch konservativen Mitteln beantwortet werdenkann. Wie die Diskussion um die Ausweisung von Belastungsge-bieten in Raumordnungsplänen (wieder verworfen) und Flächen-nutzungsplänen im Rahmen der Aufstellung des EAG-Bau zeigt (Europarechtsanpassungsgesetz, Regierungsentwurf vom15.10.2003; neue Nummer in § 5 Abs. 2 BauGB « die Flächen, indenen wegen Häufung von Vorhaben der in § 35 Abs. 1 Nr. 2 – 6bezeichneten Art die städtebauliche Entwicklung in der Gemeindeoder die Funktion des Außenbereichs erheblich beeinträchtigt istund die von weiteren Vorhaben freigehalten werden sollen [Bela-stungsgebiet]«)26, geht es bei der Steuerung von baulichen Anlagenim Außenbereich eigentlich weniger um die Größendimensionie-rung, als vielmehr um das Steuern (Kontingentieren, wie es dasBVerwG ausdrückt) des Massenphänomens des Bauens im Außen-bereich. Denn § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist das Korrelat dafür, dass derKatalog der privilegierten Bauvorhaben im Außenbereich erweitertworden ist. Man will über den Satz 3 erreichen, dass es trotz Erwei-terung des Kataloges bei einem Schutz des Außenbereiches vor all-zu starker Bebauung verbleibt. Ob das durch diese gesetzgeberischeKonstruktion tatsächlich gelungen ist, sei an dieser Stelle einmaldahingestellt. Sagt man nun, dass es bei Satz 3 um die raumver-trägliche Steuerung eines baulichen Massenphänomens im Außen-bereich geht (insbesondere auch deshalb, weil die meisten der pri-vilegierten baulichen Anlagen als Einzelvorhaben von vornhereinnicht raumbedeutsam sind), dann könnte man auch auf den Ge-danken kommen, dass der Gesetzgeber hier bewusst in Satz 2 denBegriff raumbedeutsam verwendet hat und ihn mit Absicht in Satz3 weggelassen hat, um alle als ein Massenphänomen erscheinen-den Nutzungen auch raumordnerisch steuern zu können. Für sol-che Idee konnte das BVerwG sich allerdings nicht öffnen, obgleichbei präziser Analyse dies der eigentliche Grund ist, warum auch derRegionalplanung die Steuerung von Einzelvorhaben zugebilligtworden ist.

Vielmehr weist das BVerwG darauf hin, dass aus dem gesetzes-systematischen Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz 2sich ergebe, dass es sich nur um raumbedeutsame Vorhaben han-deln könne; wieso sich das daraus ergeben soll, wo doch der Wort-laut gerade unterschiedlich ist, bleibt offen. Als Zweites wird dannals Argument vorgetragen, dass sich die Raumbedeutsamkeit dar-aus ergebe, dass der Begriff ‚Ziele der Raumordnung‘ in Satz 3 ver-wendet wird, der nach der Definition in § 3 Nr. 2 ROG 1998 eineverbindliche Vorgabe »zur Entwicklung, Ordnung und Sicherungdes Raums« sei. Damit soll angedeutet werden, dass eine raumord-

nerische Steuerung des Baugeschehens im Außenbereich offenbarnicht dem Schutzzweck der Norm »Schonung des Außenbereichsin größtmöglicher Art vor Bebauung« – untergeordnet wird, son-dern dass die Funktion der Steuerung vielmehr darin liegt, zur Ent-wicklung, Ordnung und Sicherung des Raums beizutragen. Damitverbindet das BVerwG offensichtlich die Vorstellung, dass eineSicherung des Raums nur einen baugrößenorientierten Begriff be-inhaltet. Hier verkennt das BVerwG möglicherweise die Tatsache,dass zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes auchgehört, Schutzzwecke wie beispielsweise Konzentration des Bau-geschehens auf vorhandene Siedlungsflächen und Verhinderungder Zersiedlung bzw. der Überwölbung der Landschaft mit techni-schen Bauten beizutragen. So wird man diese Konsequenz desBVerwG als nicht zwingend bezeichnen müssen.

Das BVerwG fährt fort, dass ein Vorhaben dann raumbedeutsamsei, wenn dadurch die räumliche Entwicklung oder Funktion einesGebietes beeinflusst werde (§ 3 Nr. 6 ROG). Das BVerwG führt aus,dass man hier keine abstrakte Definition, die allgemein verbind-lich ist, herausgeben könne, sondern dass sich diese Beurteilungnach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles zu richtenhabe. Danach soll sich die Raumbedeutsamkeit insbesondere ausder Höhe und dem Rotordurchmesser der Anlage, aber auch ausihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf bestimmte Zieleder Raumordnung wie Schutz von Natur und Landschaft, Erho-lung und Fremdenverkehr ergeben.

Daraus folgert das BVerwG, dass der Begriff »Raumbedeutsam-keit« ein solcher sei, der zum Tatbestand des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGBdazugehöre und einer planerischen Abwägung mithin nicht zu-gänglich sei. Deshalb kann weder der Regionalplan noch ein Erlassoder Ähnliches die Raumbedeutsamkeit generell abstrakt festlegen,sondern es kommt immer auf den Einzelfall an, der jeweils von derBeurteilung des Gerichtes abhängt. Im Klartext bedeutet dies, dasseine unter Umständen umfangreich begründete und fachkundigerwogene Überlegung des Planungsträgers de facto durch dieMeinung des Gerichtes ersetzt wird. Da es sich hierbei um eine tat-richterliche Frage handelt, also eine solche der Gerichte erster undzweiter Instanz, ist darauf hinzuweisen, dass das jeweils zuständigeOVG des Landes hier die ‚Letztentscheidung‘ trifft. Will sich diePraxis auf die damit verbundene Unsicherheit27, wie im Einzelfalldas OVG entscheiden mag, nicht einlassen, gilt, dass der Regional-plan mit entsprechenden Ausweisungen im Flächennutzungsplanumzusetzen und zu unterlegen ist – dann werden alle Windener-gieanlagen erfasst, auch die vom Gericht als nicht raumbedeutsameingestuften. Ein Hinweis, der wegen der vielen Angriffe von Wind-parkinvestoren auf Regionalpläne auch wegen der höheren Rechts-beständigkeit von Flächennutzungsplänen infolge eingespielterenRechtsinstrumentariums gilt28.

In vielen Windenergieerlassen der Länder wird darüber hinausdarauf hingewiesen, dass bereits die Ansiedlung einer einzelnenAnlage deshalb raumbedeutsam sein könne, weil sie die Errich-tung weiterer Anlagen nach sich ziehe und es so über eine negati-ve Vorbildwirkung zu einer unkontrollierten Ansiedlung von Win-denergieanlagen kommen könnte. Dieser Aussage, im Urteil vom17.12.2002 noch ausdrücklich offengelassen, hat das BVerwG nuneine Absage erteilt. Es geht davon aus, dass allein wegen der nega-tiven Vorbildwirkung eine raumordnungsrechtliche Relevanz

von Nico la i , Raumordner i sche Steuerung von Windenerg ieanlagen

26 Vorrang- und Eignungsflächen werden jetzt in den Katalog des § 5 Abs. 2BauGB ausdrücklich aufgenommen, ohne dass klar wird, wie diese zur Deter-minierung der Bauleitplanung angelegten Raumordnungsbegriffe nun gemeintsind und was sie voneinander unterscheidet; Fn. 9.

27 Anschaulich zur landschaftlichen Beurteilung einerseits des Elbtals bei DresdenOVG Dresden, Urt. v. 26.11.2002, Fn. 1 und andererseits des Rheintals im Süd-schwarzwald VGH Mannheim, Urt. v. 20.5.2003, ZfBR 2003, 696.

28 So auch Jeromin, Praxisprobleme bei der Zuzahlung von Windenergieanlagen,BauR 2003, 820, 824.

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einer einzelnen Anlage nicht gegeben sei. Erst dann, wenn weiterekonkrete Anträge zu befürchten seien, könne diese Auslegung her-angezogen werden.

Auch diese Argumentation des BVerwG verdeutlicht, dass derBegriff der Raumbedeutsamkeit nach Sinn und Zweck der gesetz-lichen Regelung hätte durchdacht werden müssen. Denn wenneine einzelne Anlage nicht raumbedeutsam ist (weil sie so kleinist), die Raumbedeutsamkeit aber durch weitere (ebenso kleine)Windenergieanlagen erzeugt wird, dann wird deutlich, dass esnicht um die Bauhöhe als entscheidendes Kriterium geht, sondernum die Mengensteuerung29. Also geht es doch letztlich um die Fra-ge, in welchem Maße über Raumordnungspläne der Außenbereichgenerell und ohne Bauhöhenbegrenzung von Bebauung freige-halten werden soll. Hier hätte man mit guten Gründen zu dem Er-gebnis kommen können, dass es für die Raumbedeutsamkeit nichtauf die Bauhöhe als Merkmal ankomme, und damit der Regional-planung die Gleichrangigkeit mit der Bauleitplanung ermöglichenkönnen (denn »kleine« Anlagen werden jetzt nur bauleitplane-risch gesteuert).

Am Rande sei bemerkt, dass es nicht verwundert, dass die Recht-sprechung der Obergerichte in Deutschland hier ebenso unein-heitlich ist wie die Erlasspraxis. Einige Länder gehen in den Er-lassen von der Regelvermutung von 35 m aus30. Das machtdeshalb Sinn, weil es in etwa die maximale Höhe von Bäumen inDeutschland darstellt und somit die Obergrenze natürlicher Land-schaftsbildzäsuren ist. Alle höheren Strukturen sind vom Menschengeschaffen worden. Diese Höhe findet sich mittlerweile auch in

Das Thema

Ministerialrat Helmuth von NicolaiReferatsleiter im Ministerium für Arbeit, Bau und LandesentwicklungMecklenburg-Vorpommern, Schloßstraße 6-8, 19048 Schwerin, email:[email protected] Veröffentlichungen: Raumordnerische Steuerung von Winden-ergieanlagen, NVwZ 2002, 1078; Typische Beanstandungen von Bau-leitplänen in der Genehmigungspraxis und die Bedeutung von § 216BauGB, NordÖR 2001, 55; v. Nicolai/Wagner/Wecker, Verträge des Bau-gesetzbuchs, Kronach 1999.

Christian Kahle

Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen aus-schließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks

Die ausschließliche Wirtschaftszone erlangt durch die Planung von Offshore-Windkraftanlagen derzeit erhöhte Aufmerksamkeit. Bislang kaum diskutiertwurden Fragen der nationalen Gesetzgebung und Gesetzgebungskompetenz indem Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone, die vorwiegend durch dasVölkerrecht bestimmt wird. Für die Errichtung und den Betrieb von Offshore-Windkraftanlagen stellt sich nicht nur die Frage der Kompetenzverteilung, son-dern auch der Rechtsgrundlagen zum Schutz der marinen Umwelt in diesem Be-reich. Hierbei spielt insbesondere die Geltung der nationalen Gesetze einezentrale Rolle. Dieser Frage wird sich der Beitrag unter Berücksichtigungvölkerrechtlicher Vorgaben und des nationalen Rechts annehmen.

A. Einleitung

Im Bereich des Energie- und Umweltrechts spielen derzeit Offshore-Windparks eine große Rolle. So hat sich die Literatur bereits mit spe-ziellen Fragestellungen beschäftigt.1 Während Ende des Jahres 2000lediglich zehn Windparks in der Nordsee und fünf in der Ostsee mitinsgesamt mehr als 2.000 Windrädern geplant waren2, befindensich nunmehr 30 Projekte im Genehmigungsverfahren (24 Nordsee,6 Ostsee).3 Am 9.11.2001 wurde ein erstes Pilotprojekt nordwestlichvon Borkum mit 12 Windkraftanlagen durch das zuständige Bun-desamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) genehmigt.4 Als

zweites Projekt wurde am 18.12.2002 der Windpark »Butendiek«mit 80 Windkraftanlagen 34 Kilometer westlich von Sylt geneh-migt. Um Offshore-Windparks handelt es sich, wenn Windkraftan-lagen außerhalb des Küstenmeers in dem Bereich der ausschließli-chen Wirtschaftszone (AWZ) entstehen. Bei der AWZ handelt es sichum einen nicht dem Hoheitsgebiet des Anliegerstaates zugehörigenBereich. Daher stellt sich die Frage, in welchem Umfang nationalesUmweltrecht im Bereich der AWZ Anwendung finden kann.Zunächst soll eine Einführung in die Problematik der Windkraftan-lagen gegeben werden (B.). Nach einer Darstellung der Zonierung

1 So z.B. Erbguth, Raumplanung im Meer – unter Berücksichtigung des Natur- undUmweltschutzrechts, NuR 1999, 491; ders., Rechtsfragen der Planung undGenehmigung von Offshore-Windenergieanlagen, in: Ehlers/ Erbguth (Hrsg.),Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 47; Jenisch, Offshore-Windener-gieanlagen im Seerecht, NuR 1997, 373; ders.Die Errichtung von Windparks aufHoher See und in der ausschließlichen Wirtschaftszone, in: Ehlers/ Erbguth(Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 21; Czybulka, Natur-schutzrecht im Küstenmeer und in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR1999, 562; ders., Das Rechtsregime der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)im Spannungsfeld von Nutzungs- und Schutzinteressen, NuR 2001, 367;ders., Meeresschutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ),ZUR 2003, 329; Hübner, Offshore- Windenergieanlagen, ZUR 2000, 137; Lago-ni, Die Errichtung von Schutzgebieten in der ausschließlichen Wirtschaftszoneaus völkerrechtlicher Sicht, NuR 2002, 121.

2 BT- Drs. 14/ 6510.3 www.bsh.de , Pressemitteilung vom 18.12.2002.4 DIE WELT, 10.11.2001, S. 42.

einem Gesetz wieder, nämlich in der Anlage 1 Nr. 1.6 zum UVPG.Manches spricht also dafür, dass hier eine im Prinzip richtige, weilsachgerecht begründbare Entscheidung getroffen wurde; mankann dann höchstens eine solche Entscheidung der Exekutive undder Legislative durch eine richterliche ersetzen. Es bleibt dahinge-stellt, ob es dadurch, dass kasuistisch entschieden wird, richtigerund verlässlicher wird. Der dogmatischen Begründung, dass diesein Tatbestandsmerkmal sei, kann sich schließlich niemand ent-ziehen.

29 Wie im Übrigen bei allen anderen privilegierten Nutzungen auch, die seltenals Einzelanlage eine so große Höhe erreichen, dass sie als raumbedeutsam ein-zustufen sind.

30 Brandenburg, 16.2.2001, ABl. S. 246; Mecklenburg-Vorpommern, 2.11.1998,AmtsBl. S. 1345; Rheinland-Pfalz, 18.2.1999, MinBl. S. 148.

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der Meere und der daraus resultierenden Rechte und Pflichten fürden Küstenstaat in der AWZ (C.) sollen die Gesetzgebungskompe-tenz (D.) sowie bereits geltende Gesetze im Hinblick auf ihren An-wendungsbereich auf Offshore-Windparks dargestellt werden sowieAnsätze zur Verbesserung des Umweltschutzes in diesem Bereich er-läutert werden (E.).

B. Problematik der Windkraftanlagen

Windkraftanlagen sind Anlagen zur Erzeugung von elektrischer En-ergie aus der Windkraft. Diese Anlagen sind bislang überwiegend ausdem landwärtigen Küstenbereich bekannt. Erforderlich für den Bauvon Windkraftanlagen ist ein möglichst stetiger Wind, der es erlaubt,gleichbleibend Strom zu erzeugen. Der Standort auf dem Land hatden Vorteil, dass Windkraftanlagen verhältnismäßig einfach errich-tet sowie schnell und mit vergleichsweise wenig Aufwand gewartetund gegebenenfalls repariert werden können. Zu den Nachteilengehören aus technischer Sicht zum Teil stark schwankende Wind-geschwindigkeiten. Aus umweltrechtlicher Sicht sind sogenannterVogelschlag, Schattenreflektionen oder »Discoeffekt« sowie Ge-räuschbildung als bekannteste Aspekte5 zu nennen. Die Abnahmegeeigneter Standorte an Land führte somit zur Suche nach Alterna-tivstandorten, die im Meer gefunden werden konnten. Für die Stan-dorte auf See spricht auch, dass die genannten umweltrechtlichenProbleme hier minimiert oder außer Acht gelassen werden können.Das soll aber nicht heißen, dass durch Offshore-Windkraftanlagennicht neue Konflikte entstehen. Zu nennen sind hier beispielsweiseNutzungskonflikte mit der Schifffahrt, der Fischerei oder der mili-tärischen Nutzung.

Für die Wahl von Standorten für Offshore-Windkraftanlagen spre-chen nicht zuletzt auch pekuniäre Gründe. Nach § 7 Abs. 1 S. 4 Er-neuerbare-Energien-Gesetz6 wird der Strom aus Windkraft mit min-destens 17,8 Pfennig pro Kilowatt gefördert, soweit der Strom inAnlagen erzeugt wird, die in einer Entfernung von mindestens dreiSeemeilen, gemessen von den zur Begrenzung der Hoheitsgewässerdienenden Basislinien aus seewärts errichtet und bis einschließlichdes 31.12.2006 in Betrieb genommen werden. Im Unterschied zuNeuanlagen auf dem Festland beträgt der Zeitraum, in dem dieGrundvergütung gezahlt wird, unabhängig vom Ertrag der Anlageneun Jahre bzw. 108 Monate.7 Daraus folgt nun der starke Ansturmauf potentielle Standorte in Nord- und Ostsee. Im Folgenden soll fürdie Standortwahl von Offshore-Windkraftanlagen auf die Zonierungder Meere eingegangen werden.

C. Zonierung der Meere

I. Einteilung der Meere

Eine Einteilung der Meere in verschiedene Zonen wurde insbe-sondere durch das Völkerrecht erzielt. Die Meere lassen sich nachder durch das SRÜ8 getroffenen Einteilung in fünf verschiedeneZonen untergliedern: die inneren Gewässer, das Küstenmeer, dieAnschlusszone, die Ausschließliche Wirtschaftszone und schließ-lich die Hohe See.

Die inneren Gewässer umfassen die landwärts der Basislinie desKüstenmeers gelegenen Gewässer (Art. 8 SRÜ). Das Küstenmeer be-schreibt die Zone, die sich seewärts an die inneren Gewässer ansch-ließt und eine Breite von (höchstens) 12 Seemeilen9 nicht über-schreiten darf (Art. 2 Abs. 1 SRÜ). Die Anschlusszone ist eine an dasKüstenmeer angrenzende Zone, die sich nicht weiter als 24 See-meilen über die Basislinien hinaus erstrecken darf, von denen ausdie Breite des Küstenmeeres gemessen wird (Art. 33 SRÜ). Die Bun-

desrepublik Deutschland hat von der Möglichkeit, eine Anschluss-zone zu bestimmen, keinen Gebrauch gemacht.

Nach Art. 55 SRÜ ist die AWZ ein jenseits des Küstenmeers gele-genes und an dieses angrenzendes Gebiet.10 Gemäß Art. 57 SRÜ darfsich die AWZ nicht weiter als 200 Seemeilen von den Basislinien er-strecken, von denen aus die Breite des Küstenmeeres gemessen wird.Da das Küstenmeer eine Breite von 12 Seemeilen hat, ist die AWZsomit der Bereich des Meeres, der sich von 12 Seemeilen bis 200 See-meilen von der Basislinie erstreckt. Die Ausweisung einer AWZ istoptional, und ihre Existenz hängt von der Geltendmachung einesAnspruchs durch den Küstenstaat ab.11 Die Bundesrepublik hat alsAnrainer der Nord- und Ostsee für diese eine AWZ im Anschluss anihr Küstenmeer festgelegt.12

Die AWZ, die sich nicht auch auf den Luftraum erstreckt, gehörtweder zum Gebiet des Küstenstaats noch zur Hohen See im engerenSinne13 und ist somit nicht Teil des Hoheitsgebietes des Küstenstaa-tes14; allerdings gelten in ihr Sonderrechte des Küstenstaates. Auf die-se Sonderrechte soll sogleich eingegangen werden.

II. Rechte und Pflichten des Küstenstaates in der AWZ

Art. 56 SRÜ räumt dem Küstenstaat in der AWZ verschiedene Rech-te und Pflichten ein. Einerseits hat der Küstenstaat (souveräne)Rechte zum Zwecke der Erforschung und Ausbeutung, Erhaltungund Bewirtschaftung der lebenden und nichtlebenden natürlichenRessourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodensund seines Untergrunds sowie hinsichtlich anderer Tätigkeiten zurwirtschaftlichen Erforschung und Ausbeutung der Zone wie derEnergieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind.15 Damit istzunächst explizit die Energieerzeugung aus Wind genannt. Weiterbestehen nach Art. 56 Abs. 1 lit. b SRÜ Hoheitsbefugnisse zur Er-richtung künstlicher Inseln, Anlagen und Bauwerke. Folglich beste-hen Rechte des Küstenstaates, Anlagen zur Winderzeugung im Be-reich der AWZ zu errichten und zu betreiben. Andererseits hat derKüstenstaat die Aufgabe des Schutzes und der Erhaltung der mari-nen Umwelt in der AWZ.16 Wie die Souveränität (Gebietshoheit)selbst grundsätzlich umfassende und ausschließliche Kompetenzenbegründet, sind die »souveränen Rechte« ebenfalls grundsätzlichexklusive Rechte, die der Küstenstaat unter Ausschluss andererStaaten ausüben kann. Bei den »Hoheitsbefugnissen« handelt essich offensichtlich um ein Minus gegenüber den souveränen Rech-ten, wobei sich aus dem SRÜ nicht im Einzelnen ergibt, wie der Be-griff zu verstehen ist und welcher Inhalt ihm zukommt.17 Es ist da-

Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks

5 Aus der umfangreichen Rechtsprechung vgl. nur OVG Hamburg, NuR 2001, 52;OVG Greifswald NuR 1999, 654; OVG Münster, NuR 1999, 292. Zur Verunstal-tung durch Windkraftanlagen BVerwG, Urt. v. 15.10.2001 – 4 B 69/ 01 –.

6 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) vom 29.3.2000, BGBl. I2000, S. 305.

7 Brandt/ Reshöft/ Steiner, EEG- Handkommentar 2001, § 7 Rn. 29.8 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982/ 1994; Gesetz zu

dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1994 (Ver-tragsgesetz Seerechtsübereinkommen), BGBl. 1994 II S. 1798 ff.

9 Eine Seemeile (sm) entspricht 1, 852 km.10 Graf Vitzthum, in: ders., Raum, Umwelt und Wirtschaft im Völkerrecht, 2. Auf-

lage 2001, 5. Abschnitt, Rn. 51: »Da die Bundesrepublik sein Küstenmeer auf 12sm ausgedehnt hat, kommt dem AWZ- Regime erst jenseits der seewärtigenKüstenmeergrenze Bedeutung zu«; Weiß, Möglichkeiten der Regelung derFischerei, des Bergbaus und der Schifffahrt in »Baltic Sea Protected Areas«(BSPAs) in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der der BundesrepublikDeutschland vorgelagerten Ostsee, BfN- Skripten 5, 1999, S. 8.

11 Zitiert nach Brownlie, Principles of Public international law, 5. Auflage 1998,S. 207.

12 Bekanntmachung der Proklamation der Bundesrepublik Deutschland über dieErrichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der BundesrepublikDeutschland in der Nordsee und in der Ostsee vom 29.11.1994, BGBl. 1994 IIS. 3769.

13 Graf Vitzthum (Fn. 10), 5. Abschnitt, Rn. 51.14 Czybulka, NuR 2001, 367; Weiß (Fn. 10), S. 9.15 Art. 56 Abs. 1 lit. a.16 Art. 56 Abs. 1 lit. b. iii.17 Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, 4. Auflage 1999, § 53 Rn. 20.

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von auszugehen, dass der Begriff der »Hoheitsbefugnisse« die Rech-te und Befugnisse des Küstenstaates im Bereich der AWZ umfasst,wie sie in den diesbezüglichen Bestimmungen des SRÜ genauer um-schrieben sind.18

Im Übrigen gelten in der AWZ wichtige Rechte Dritter Staaten:Freiheit der Schifffahrt, des Überflugs und der Verlegung unterseei-scher Kabel und Rohrleitungen sowie »andere völkerrechtlich zuläs-sige, mit diesen Freiheiten zusammenhängende Nutzungen des Mee-res« (Art. 58 Abs. 1 SRÜ). Das heißt, kein Staat kann das Gebiet seinerumfassenden Souveränität unterwerfen.19 Damit handelt es sich beider AWZ um einen nicht dem Hoheitsgebiet zugehörigen Bereich.Inwiefern Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich derdeutschen AWZ bestehen und welche Gesetze innerhalb der AWZAnwendung finden, soll im Folgenden untersucht werden.

D. Gesetzgebungskompetenz im Bereich der deutschen AWZ

Zunächst ist fraglich, ob überhaupt die Kompetenz zum Erlass vonRechtsvorschriften für den Bereich der AWZ besteht. Der bis zum Bei-tritt der DDR ausdrücklich in Art. 23 S. 1 GG a.F. durch Aufzählungder an der Verfassung aktuell beteiligten Länder vorläufig geregelteräumliche Geltungsbereich des GG (...) ergibt sich nach der Wieder-vereinigung heute endgültig aus der Präambel.20 Er umfasst das Ge-biet aller in Satz 2 der Präambel des GG aufgeführten Länder und er-streckt sich im Rahmen des geltenden Völkerrechts auch auf diedeutschen Hoheitsgewässer, den Luftraum über Deutschland sowiedas Erdinnere.21 Die Souveränität des Küstenstaates umschließt see-wärts somit lediglich das Küstenmeer, den Luftraum darüber unddessen Meeresgrund und Meeresuntergrund.22 Die AWZ als Raumjenseits des Küstenmeeres ist kein Hoheitsgebiet des Küstenstaates,auch wenn dieser in der AWZ kraft SRÜ Hoheitsbefugnisse und sou-veräne Rechte besitzt. Nach der Herrschafts- und Kompetenztheorieist das Staatsgebiet der räumliche Geltungsbereich, so dass die Ge-bietshoheit kein selbständiger Ausschnitt der Staatsgewalt ist, son-dern die Staatsgewalt unter dem Gesichtspunkt ihrer räumlichenAusdehnung.23 Wenn die Gebietshoheit die Staatsgewalt unter demGesichtspunkt ihrer räumlichen Ausdehnung ist, kann der Küsten-staat auch nur in dem räumlichen Bereich der Staatsgewalt seineRechte ausüben. Ohne völkerrechtliche Erweiterung der Rechte einesKüstenstaates ist ein Küstenstaat somit nicht befugt, Rechte außer-halb seines Hoheitsgebietes auszuüben. Im Ergebnis besteht eine Ge-setzgebungskompetenz der Bundesrepublik für den Bereich der AWZnicht. Somit gelten auch die innerstaatlichen Gesetze in der AWZzunächst nicht. Diese Schlussfolgerung ist auch Ausprägung des Ter-ritorialitätsprinzips.

I. Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht

Dadurch, dass dem Küstenstaat einerseits partiell Hoheitsbefugnisseeingeräumt werden, die AWZ aber im Übrigen nicht zum Hoheits-gebiet gehört, ist fraglich, inwiefern innerstaatliches Recht über die-se Hoheitsbefugnisse Geltung in der AWZ erlangen kann. Es gehthierbei somit um das Verhältnis von Völkerrecht zum innerstaatli-chen Recht. Ein Gebot des Völkerrechts, wonach dieses in den in-nerstaatlichen Rechtsordnungen unmittelbar anwendbar sein soll,besteht nicht, es sei denn, ein spezieller Vertrag gebietet das.24 Frag-lich ist, wie das Verhältnis ist, wenn sowohl das Völkerrecht als auchdas nationale Recht Regelungen zu der gleichen Materie enthalten.

Grundsätzlich wird das Verhältnis von der dualistischen oder dermonistischen Theorie beschrieben, wobei »Monismus und Dualis-mus zu grobe Raster sind, als dass man damit noch einen großen Er-klärungswert für die Verflochtenheit der Rechtsordnungen verbin-den könnte«25. Daher muss auf die konkrete Rechtsquelle Bezug

genommen werden. Nach Art. 25 S. 1 GG sind die allgemeinen Re-geln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts. Da es sich beidem SRÜ nicht um allgemeine Regeln des Völkerrechts handelt, son-dern um Völkervertragsrecht, ist Art. 25 GG nicht anwendbar. Inso-weit ist Art. 59 Abs. 2 GG lex specialis.26 Somit muss an dieser Stelleauch nur auf das Verhältnis von Völkervertragsrecht zu innerstaatli-chem Recht eingegangen werden.

1. Verhältnis SRÜ und nationales Recht

Nach der immer noch herrschenden dualistischen Theorie bilden in-nerstaatliches Recht und Völkerrecht zwei eigenständige Rechtskrei-se, die weitgehend unabhängig voneinander bestehen und prinzipi-ell gleichrangig sind.27 Das sonstige Völkerrecht muss durch eineneigenständigen Vollzugsbefehl bzw. Transformationsakt übernom-men werden.28

Das SRÜ ist ein Vertrag, der sich auf Gegenstände der Bundesge-setzgebung bezieht, da der Bund durch das SRÜ Verpflichtungenübernimmt, deren Erfüllung allein durch den Erlass eines Bundesge-setzes möglich ist. Ein solcher Vertrag bedarf nach Art. 59 Abs. 2 S. 1GG der Zustimmung der Legislative durch ein »Vertragsgesetz«.29 DasVertragsgesetz zum SRÜ ist das Gesetz zu dem Seerechtsüberein-kommen der Vereinten Nationen vom 10.12.198230, welches derBundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen hat. Durchden Beitritt der Bundesrepublik zum SRÜ könnte sich somit eineAusweitung der Hoheitsgewalt auf die AWZ ergeben haben. Das SRÜunterstellt die AWZ nicht der territorialen Souveränität des Küsten-staats, sondern eröffnet ihm lediglich partiell »Hoheitsbefugnisse«bzw. »souveräne Rechte«. Fraglich ist somit, ob und in welchem Um-fang nationales Recht in der AWZ gilt. Die hierzu bislang vorgetra-genen Argumente sind sehr konträr.

So ist Czybulka der Auffassung, Art. 20a GG lege »nahe«, dass auchdie Umwelt außerhalb der territorialen Grenzen des Staatsgebieteseinzubeziehen sei, wenn man nicht ohnehin der Auffassung ist, dassdie Staatszielbestimmung des Art. 20a GG ihren Zweck nur dann er-füllen kann, wenn der Natur- und Umweltschutz nicht an den na-tionalen Grenzen halt mache.31 Nach Czybulka gilt nationales Rechtdemzufolge ipso iure,32 das heißt, nationales Recht gilt Kraft Geset-zes bzw. unmittelbar.

Lagoni hingegen vertritt die Auffassung, dass es zumindest für dieBestimmung und Einrichtung geschützter Meeresflächen zumZwecke des Naturschutzes in der AWZ einer gesetzlichen Grundla-ge in dem diesbezüglichen Gesetz bedürfe.33 Ohne dies ausdrück-lich zu formulieren, setzt Lagoni damit eine Erstreckungsklausel

Das Thema

18 Gloria (Fn. 17).19 Art. 89 SRÜ i.V.m. Art. 58 Abs. 2 SRÜ; so auch Weiß (Fn. 10), S. 9.20 Sachs, in: Sachs, Grundgesetz, 2. Auflage 1999, Einführung Rn. 28.21 Jarass/ Pieroth, Grundgesetz, 5. Auflage 2000, Präambel Rn. 8 u. 10; Huber, in:

Sachs (Fn. 20), Präambel Rn. 32.22 Vitzthum, in: Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band I, 1987, S. 724

mit Bezug auf Art. 2 Abs. 2 SRÜ.23 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, 1984, S. 235.24 Doehring, Völkerrecht, 1999, § 1 Rn. 29. Das SRÜ ist kein solcher Vertrag, da die

Ausübung von souveränen Rechten und Hoheitsbefugnissen nicht fakultativist, sondern von der Inanspruchnahme der AWZ durch den jeweiligen Küsten-staat abhängt und auch die Ausgestaltung der Rechte nicht präzisiert ist.

25 Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Auflage, 1994, S. 16 f.26 Jarass/ Pieroth, Art. 25, Rn. 6; Stern (Fn. 23), S. 498; Kunig, in: Graf Vitzthum

(Fn. 10), 2. Abschnitt Rn. 57; Geiger (Fn.25), S. 131.27 Stein, Staatsrecht, 15. Auflage, 1995, S. 22.28 Jarass/ Pieroth, Art. 25, Rn. 2.29 Pernice- Dreier, Grundgesetz 1998, Art. 59 Rn. 47.30 Gesetz vom 2.9.1994 zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen

vom 10.12.1982, BGBl. 1994 II S. 1798.31 Czybulka, NuR 2001, 367, 369 mit Bezug zum UGB.32 Czybulka, NuR 2001, 367, 370; ders., ZUR 2003, 329, 331 f.; vgl. auch Nachweise

bei Herma, 8. Rostocker Seerechtsgespräche zum Rechtsregime der Ausschließ-lichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 379, 380.

33 Lagoni, NuR 2002, 121, 125.

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voraus. Darunter ist eine Vorschrift zu verstehen, die das jeweiligeGesetz ausdrücklich (oder ihrem Sinn und Zweck nach) für in derAWZ anwendbar erklärt.34 Auch das Bundesministerium für Um-welt, Natur und Reaktorsicherheit scheint die Ansicht von Lagonizu vertreten. Da den Küstenstaaten in der AWZ keine souveräneGebietshoheit zustehe, sondern nur eine durch völkerrechtlichenAkt besonders zugewiesene »Funktionshoheit«, könne nicht selbst-verständlich von der Geltung innerstaatlichen Rechts in der AWZausgegangen werden.35

Klinski schließlich ist der Ansicht, dass andere innerstaatlicheRechtsvorschriften neben dem Instrumentarium des Seeaufgabenge-setzes und des Bundesberggesetzes für die Zulassung von Windkraft-anlagen in der AWZ nur soweit anwendbar seien, wie das inner-staatliche Recht der Umsetzung einer gemeinschaftsrechtlichenRichtlinie dient, die ihrerseits auf eine Gültigkeit innerhalb der AWZhin angelegt ist.36 Begründet wird dies mit der richtlinienkonformenAuslegung deutschen Rechts sowie dem Vorrang und dem mittelba-ren Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechts. Besteht folglicheine gemeinschaftsrechtliche Richtlinie, die im Bereich der AWZ an-wendbar ist, so müssen nach Klinski auch jene innerstaatlichen Re-gelungen in der AWZ anwendbar sein, welche der Umsetzung derkonkreten Richtlinie dienen.

Einer Geltung nationalen Rechts ipso iure ist nicht vorbehaltloszuzustimmen. Einer solchen Auffassung stehen die Regelungen desSRÜ entgegen, die dem Küstenstaat nur partiell Hoheitsbefugnisseund souveräne Rechte für konkrete Zwecke zubilligen. Diese Befug-nisse sind final begründet und begrenzt; sie sind also nicht umfas-send.37 Daraus lässt sich schließen, dass der Küstenstaat auch nur fürdiesen Bereich Regelungen erlassen kann. Verfassungsrechtliche Ge-bote können die völkerrechtlichen Hoheitsbefugnisse des Küsten-staates in seiner AWZ nicht ändern oder gar erweitern.38 Gegen einegenerelle Geltung nationalen Rechts spricht auch, dass dies der Er-weiterung des Hoheitsbereichs des Küstenstaates gleich käme.

Klinski ist zuzustimmen, dass aus dem Umstand, dass es der Ge-setzgeber innerhalb eines Gesetzes für angebracht gehalten hat, eineErstreckensklausel zu statuieren, als solchem nicht gefolgert werdenkann, dass dies im gesamten Recht allgemeingültig sein soll.39 Ge-gen die Ansicht von Klinski spricht allerdings, dass das EG- Rechtnicht der Umsetzung des Völkerrechts dient. Eine gemeinschafts-rechtskonforme Umsetzung ist auch in dem Falle problematisch, indem die EG dem völkerrechtlichen Abkommen gar nicht beigetre-ten ist. Schließlich wäre das Völkerrecht größtenteils hinfällig,wenn es keine entsprechende Regelung im (primären oder sekun-dären) EG-Recht gäbe. Auch müsste überprüft werden, ob das ein-schlägige EG-Recht nicht den Regelungen des SRÜ zuwider läuft.Anderenfalls würde der Küstenstaat gegen Völkerrecht verstoßen.Schließlich können gemeinschaftsrechtliche Gebote die völker-rechtlichen Hoheitsbefugnisse des Küstenstaates in seiner AWZnicht ändern oder erweitern.40

Gleichwohl soll der Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht in Ab-rede gestellt werden. Einschlägige Richtlinien könnten hier insbe-sondere die Vogelschutzrichtlinie, die FFH- Richtlinie und die UVP-Richtlinie41 sein. Der »Krücke« der richtlinienkonformen Auslegungbedarf es für die Geltung völkerrechtlicher Regelungen im nationa-len Recht jedoch nicht.

Allein das Völkerrecht bildet den Maßstab für die Geltung desnationalen Rechts außerhalb des Hoheitsgebietes des Küstenstaates.Das nationale Recht gilt innerhalb der AWZ nur nach Maßgabe desSRÜ. Im Staatsgebiet besteht eine umfassende Regelungskompetenzaufgrund der territorialen Souveränität. In der AWZ ist die Rege-lungskompetenz auf den Umfang des begrenzten und genau defi-nierten souveränen Rechts beschränkt.42 Durch Art. 56 Abs. 1 lit. aund b SRÜ werden partiell die Rechte des Küstenstaates erweitert.Nur insoweit dem Küstenstaat durch das SRÜ Rechte zugewiesen

werden, kann der Küstenstaat Regelungen erlassen. Dies folgt nichtzuletzt aus der funktionalen Begrenzung der Rechte.43

Um eine sichere Rechtslage für die AWZ zu erlangen, bedarf es derausdrücklichen Erstreckung der einschlägigen nationalen Gesetzeauf die AWZ. Dadurch wird eine völkerrechtliche Auslegung natio-naler Vorschriften vermieden. Einer solchen bedarf es jedoch, soweiteine Erstreckung nicht stattgefunden hat. Hierfür spricht auch diePraxis der Bundesregierung, den Anwendungsbereich einzelner Ge-setze ausdrücklich auf die AWZ auszudehnen.44 Auch wurden diver-se Gesetze zur Umsetzung internationaler Übereinkommen im Be-reich des Seerechts um den Geltungsbereich der AWZ ergänzt. Sowurde z.B. das MARPOL- Gesetz45 durch das Ausführungsgesetz zumSRÜ46 in Art. 1a um den Passus erweitert, dass Hoheitsbereich imSinne von Art. 4 Abs. 2 des Übereinkommens hinsichtlich der inArt. 56 Abs. 1 Buchstabe b des SRÜ bezeichneten Befugnisse auch diedeutsche AWZ ist.

Die angesprochene völkerrechtliche Auslegung nationaler Vor-schriften hat danach zu erfolgen, ob die konkrete Regelung derWahrnehmung von souveränen Rechten oder Hoheitsbefugnissenim Sinne des SRÜ dient. Ist dies der Fall, kann die Vorschrift auf denBereich der AWZ angewendet werden. Anderenfalls ist die Ausdeh-nung versagt.

Da nach Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ auch Hoheitsbefugnisse in Be-zug auf den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt bestehen,kann der Küstenstaat somit für den Bereich der AWZ Regelungenzum marinen Umweltschutz erlassen. Ergänzt wird die Kompetenz-vorschrift des Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ durch Abschnitt 5 des SRÜ.Dieser enthält Vorschriften über internationale Regeln und inner-staatliche Rechtsvorschriften zur Verhütung, Verringerung undÜberwachung der Verschmutzung der Meeresumwelt.

Aufgrund des Art. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ kann der Küstenstaat indem Bereich der AWZ die Geltung seiner Gesetze ausweiten. Für diebegrenzte Geltung spricht schließlich die bestehende Kompetenz-ordnung nach dem GG. So hat der Bund bereits die konkurrierendeGesetzgebungsbefugnis z.B. in Bezug auf die Hochseefischerei inArt. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG oder die Hochseeschifffahrt in Art. 74 Abs. 1Nr. 21 GG. Es handelt sich hierbei um Regelungsmaterien, die demVölkerrechtssubjekt Bundesrepublik aufgrund und nach Maßgabedes (See-) Völkerrechts (...) außerhalb des Staatsgebietes zustehen.47

Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks

34 Nachweise bei Klinski, Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanla-gen in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), UBA- Texte 62/ 01, 2001,S. 18 Fn. 32.

35 BMU, G II 1 (L), Vermerk vom 18.8.2000, S. 17 (zitiert nach Klinski (Fn. 34),S. 19).

36 Klinski (Fn. 34), S. 17 ff.37 Graf Vitzthum (Fn. 10), 5. Abschnitt, Rn. 49.38 So auch Lagoni, NuR 2002, 121, 125.39 Klinski (Fn. 34), S. 19 f.40 Lagoni, NuR 2003, 121, 125.41 Vogelschutzrichtlinie (79/ 409/ EWG, ABl. L 206, 42), FFH- Richtlinie (92/43/

EWG, ABl. L 206, 7), UVP- Richtlinie (85/337/ EWG, ABl. L 175, 40) mit UVP-Änderungsrichtlinie (97/11/ EG, ABl. L 73, 5).

42 So auch Weiß (Fn. 10), S. 27. Zur Anwendbarkeit der genannten Richtlinien inder AWZ vgl. Fouquet, Naturschutz und Offshore- Windenergieanlagen in derAWZ, Rechtsgutachten 2001, S. 8 ff.

43 Vgl. auch Gündling, Die 200 Seemeilen- Wirtschaftszone, 1983, S. 119; Dahm/Dehlbrück/ Wolfrum, Völkerrecht, Band I/ 1, 1989, S. 542.

44 Als Beispiel für diese Praxis kann das EEG angeführt werden, das in § 2 Abs. 1eine ausdrückliche Regelung für die deutsche AWZ enthält.

45 Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung derMeeresverschmutzung durch Schiffe und zu dem Protokoll von 1978 zu diesemÜbereinkommen vom 23.12.1981, BGBl. 1982 II S. 2, zuletzt geändert durch Ar-tikel 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Ge-biet der Seeschifffahrt vom 17.7.1997 (BGBl. I S. 1832).

46 Gesetz zur Ausführung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationenvom 10.12.1982 sowie des Übereinkommens vom 28.7.1994 zur Durchführungdes Teils XI des Seerechtsübereinkommens (Ausführungsgesetz Seerechtsüber-einkommen 1982/ 1994) vom 6.6.1995, BGBl. 1995 I S. 778.

47 Weiß (Fn. 10), S. 27.

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ZUR 2/200484

2. Zwischenergebnis

Grundsätzlich gilt innerstaatliches Recht somit nicht in der AWZ,sondern nur soweit dem Küstenstaat durch das SRÜ – welchem er zu-gestimmt haben muss – souveräne Rechte oder Hoheitsbefugnisse indiesem Bereich zuerkannt worden sind. Da dem Küstenstaat durchArt. 56 Abs. 1 lit. b iii) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf den ma-rinen Umweltschutz zugestanden werden, können nationale Um-weltschutzgesetze im Bereich der AWZ anwendbar sein. Nach Art. 56SRÜ müssen sich umweltrechtliche Regelungen aber auf den Schutzder marinen Umwelt beziehen. Nur soweit der Anwendungsbereichdieser Gesetze es zulässt, gelten sie ipso iure. Des Weiteren bestehteine umfangreiche Gruppe von Gesetzen, die Kraft Natur der Sachenicht in der AWZ gelten wie beispielsweise das Straßenverkehrsrechtoder das Bundeswaldgesetz. Nach Art. 60 Abs. 2 SRÜ unterliegen dieAnlagen in der AWZ der ausschließlichen Rechtsordnung desKüstenstaates. Das heißt, es gilt nur die Rechtsordnung des Küsten-staates und nicht auch die des Flaggen- bzw. Heimatstaates des Bau-herren/ Eigentümers der Anlage.48

Somit besteht keine umfassende, sondern nur eine partiell durchVölkerrecht übertragene Geltung nationalen Rechts.

II. Mögliche Kompetenztitel im GG

Soweit der Küstenstaat nach Maßgabe des SRÜ Hoheitsbefugnisse inBezug auf bestimmte Maßnahmen hat, richtet sich die Gesetzge-bungskompetenz nach den Art. 70 ff. GG.

Der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz unterfällt dasRecht der AWZ nicht. Insbesondere handelt es sich nicht um einenBereich der auswärtigen Angelegenheiten gemäß Art. 73 Nr. 1 GG.Eine ausdrückliche Kompetenz »Recht der AWZ« enthält der Kom-petenzkatalog des Grundgesetzes bis heute nicht, weshalb es einerVerfassungsänderung bedürfte, wollte man das Recht der AWZ alseine eigenständige Sachmaterie regeln.49

Da derzeit keine Bestrebungen erkennbar sind, eine solche Ver-fassungsänderung herbeizuführen, verbleibt also lediglich der Kom-petenzkatalog der Art. 74 und 75 GG bezüglich der konkurrierendenGesetzgebungskompetenz. Art. 74 Nr. 24 GG zählt für den Umwelt-schutz partiell Regelungsbereiche auf, ohne eine umfassende Zu-ständigkeit des Bundes im Bereich des Umweltschutzes zu eröffnen.Gleiches gilt für Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GG, die den Bund ledig-lich ermächtigen, Rahmenvorschriften für den Bereich des Natur-schutzes (Nr. 3), die Raumordnung und den Wasserhaushalt (Nr. 4)zu erlassen. Eine (gedankliche) »Verlängerung« der bestehenden ver-fassungsrechtlichen Kompetenzvorschriften (hier also des Art. 75Abs. 1 Nr. 3 GG) in die Meereszone AWZ hinein ist zwar nahelie-gend, aber juristisch unsauber, weil der AWZ jeder territoriale Bezug(zum »Staatsgebiet«) fehlt.50

Betrachtet man die hier anstehenden, dringendsten Probleme ausder Sicht des Natur- und Umweltschutzes, so ergibt sich zunächst,dass sich ein Großteil des erforderlichen Schutzes als Konsequenzwirtschaftlicher Betätigung in der AWZ darstellt, die durch Art. 56SRÜ ermöglicht wird.51 Soweit mit Art. 74 Nr. 24 und 75 Abs. 1 Nr. 3u. 4 GG keine speziellen Kompetenztitel bestehen, könnten die na-turschutz- und umweltrechtlichen Regelungen als Annex-Kompe-tenz zu dem Recht der Wirtschaft, für die der Bund die konkurrie-rende Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 11 GG besitzt, mitzu regeln sein.52 Annex-Kompetenz bedeutet, dass – im konkretenFall – mit dem Recht der Wirtschaft andere Regelungsbereich mit-geregelt werden können, die in einem Sachzusammenhang mit derMaterie stehen.

Fraglich ist, ob die Voraussetzungen für eine Annex-Kompetenzvorliegen. Eine Annexkompetenz des Bundes setzt demnach voraus:(1.) Bestehen eines Kompetenztitels nach dem GG, der (2.) die frag-

liche Kompetenzmaterie nicht ausdrücklich umfasst, (3.) zu demdiese aber in einer funktionalen Beziehung steht, dergestalt, dass sieder Vorbereitung und Durchführung dient, für den wirksamen Voll-zug erforderlich ist und (4.) hierbei auf diese Funktion beschränktbleibt: Die Annexmaterie darf nicht zur Hauptmaterie werden.53 Wiebereits genannt, existiert für das Recht der Wirtschaft mit Art. 74 Nr.11 GG ein Kompetenztitel. Das Recht der AWZ ist nicht ausdrücklichumfasst. Da es um den Bereich der wirtschaftlichen Nutzung inner-halb der AWZ geht, könnte damit der Bereich des Umweltschutzesfunktional mit erfasst sein, da sie die Durchführung der wirtschaft-lichen Nutzung regelt. Der Umweltschutz muss dabei daraufbeschränkt sein, die Durchführung der wirtschaftlichen Nutzung re-geln zu wollen. Reine naturschutz- oder umweltrechtliche Regelun-gen sind somit unzulässig, soweit sie sich nicht auf einen in Art. 74Nr. 24 oder Art. 75 Abs. 1 Nr. 3, 4 GG genannten Kompetenztitelstützen können. Im Übrigen hat der Bund mit Art. 74 Nr. 11 GG dieKompetenz, Vorschriften im Bereich der AWZ zu erlassen. Auf wel-che Rechtsnormen dies in der Bundesrepublik zutrifft, soll im Fol-genden untersucht werden. Dabei sollen nur die jeweils umwelt-relevanten Gesetze und Verordnungen auf ihre Anwendbarkeithinsichtlich Offshore-Windparks betrachtet werden.

E. Geltende nationale Gesetze

I. Seeaufgabengesetz

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Aufgaben des Bundes auf demGebiet der Seeschifffahrt ist das Seeaufgabengesetz (SeeAufgG)54. Beiden Offshore-Windparks handelt es sich zwar nicht primär um Be-lange der Seeschifffahrt, § 9 Abs. 1 Nr. 4a i.V.m. § 1 Nr. 10a SeeAuf-gG enthält jedoch eine Verordnungsermächtigung für die Prüfung,Zulassung und Überwachung von Anlagen seewärts der Begrenzungdes Küstenmeeres. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 SeeAufgG können solcheVerordnungen auch zur Abwehr von Gefahren für die Meeresumwelterlassen werden. Auf dieser Grundlage wurde die Seeanlagenverord-nung erlassen.

II. Seeanlagenverordnung

Wichtigste Rechtsvorschrift für die Errichtung und den Betrieb vonWindkraftanlagen in der AWZ ist die Seeanlagenverordnung (See-AnlV) von 199755. Sie enthält die zentralen Genehmigungsvoraus-setzungen für Offshore-Windkraftanlagen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 See-AnlV gilt diese Verordnung für die Errichtung und den Betrieb vonAnlagen im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bun-desrepublik Deutschland. Die SeeAnlV gehört damit zu den oben be-reits angesprochenen neueren Rechtsvorschriften, deren Anwen-dungsbereich ausdrücklich den Bereich der AWZ umschließt. Nach§ 1 Abs. 2 SeeAnlV sind Anlagen im Sinne dieser Verordnung allefesten oder schwimmend befestigten baulichen oder technischen

Das Thema

48 Jenisch, in: Ehlers/ Erbguth (Fn. 1), S. 21.49 Czybulka, NuR 2001, 367, 370.50 Czybulka, NuR 1999, 562, 568.51 Czybulka, NuR 2001, 367, 370.52 So Vitzthum, in: Isensee/ Kirchhof (Fn. 22), Bd. I, S. 726.53 Degenhart, in: Sachs (Fn. 21), Art. 70 Rn. 34 m.w.N.54 Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (See-

aufgabengesetz – SeeAufgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom18.9.1998 (BGBl. I S. 2986).

55 Verordnung über Anlagen seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmee-res, BGBl. 1997 I S. 57, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neurege-lung des Naturschutzgesetzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung an-derer Rechtsvorschriften vom 25.3.2002, BGBl. I S. 1193. Zu den Inhalten derSeeanlagenverordnung vgl. Beckmann, Die Seeanlagenverordnung, NordÖR2001, 273 ff. und Brandt/ Gassner, Seeanlagenverordnung Kommentar, 2002.

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Einrichtungen einschließlich Bauwerke und künstlicher Inseln, dieder Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder anderenwirtschaftlichen Zwecken dienen. Ziel der SeeAnlV ist der Schutz derSicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs sowie der Meeresum-welt. Dies verdeutlicht § 2 S. 2 SeeAnlV sowie § 3 S. 1 SeeAnlV,wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn diese Schutzgüterbeeinträchtigt oder gefährdet werden.56 Anderenfalls ist die Geneh-migung zu erteilen (§ 3 S. 2 SeeAnlV). Nach § 2a SeeAnlV ist für dieErrichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung der Anlagenoder ihres Betriebs eine UVP durchzuführen. Nach § 3a SeeAnlV legtdas Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen imEinvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz- und Reaktorsicherheit besondere Eignungsgebiete für Wind-kraftanlagen fest. Diese Festlegung hat nach Abs. 2 die Wirkung einesSachverständigengutachtens.

Die Zielsetzung der SeeAnlV besteht im Wesentlichen somit auszwei Säulen: dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit desSchiffsverkehrs und dem Schutz der Meeresumwelt. Besondere Be-deutung für die Genehmigung von Windkraftanlagen wird künftigdem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zu-kommen.57

Für die nachfolgenden Erörterungen soll das Augenmerk auf denSchutz der Meeresumwelt gelenkt werden. Die Meeresumwelt kannals Träger von Nahrungs-, Energie- und Rohstoffreserven begriffenwerden, als ein Reservoir für menschliche Nutzungen und als Le-bensraum der beherbergten Tier- und Pflanzenwelt. Der Genehmi-gungstatbestand des § 2 i.V.m. § 3 SeeAnlV verlangt, dass keine Ge-fahr für die Meeresumwelt zu erwarten ist. Wann eine solche Gefahrzu erwarten ist, legt die Verordnung nicht dar. Maßstäbe für denSchutz der Meeresumwelt können unter Umständen anderen um-weltrelevanten Gesetzen entnommen werden. Voraussetzung hier-für ist, dass diese Gesetze in der AWZ gelten und der Bund hierfürKompetenzen hat.

III. Wasserhaushaltsgesetz

Für den Bereich des Gewässerschutzes könnte zunächst das Wasser-haushaltsgesetz58 für die AWZ anwendbar sein. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a gilt dieses Gesetz nur für das Meer zwischen der Küstenlinie beimittlerem Hochwasser oder der seewärtigen Begrenzung der ober-irdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küsten-meeres (Küstengewässer) und für andere Gewässer. Die als (äußere)Grenze der Küstengewässer bestimmte »seewärtige Abgrenzung desKüstenmeeres« entspricht der Hoheitsgrenze Deutschlands und ist inOst- und Nordsee die seewärtige Grenze einer durch Bekannt-machung der Bundesregierung vom 11.11.199459 näher umschrie-benen, von grundsätzlich 3 auf 12 Meilen erweiterten Zone.60 Dieseewärtige Begrenzung des Küstenmeeres der BundesrepublikDeutschland in der Nordsee verläuft demnach in einem Abstandvon 12 Seemeilen, gemessen von der Niedrigwasserlinie und den ge-raden Basislinien. Für den Bereich der AWZ gilt das WHG folglichnicht. Eine Ausweitung des räumlichen Geltungsbereichs ist auchnicht durch das im Entwurf vorliegende Siebte Gesetz zur Änderungdes WHG geplant.

IV. Bundesnaturschutzgesetz

Anwendbar im Bereich der AWZ ist nunmehr auch das Bundesna-turschutzgesetz61. Eine räumliche Beschränkung ist dem BNatSchGzunächst nicht zu entnehmen. Da das BNatSchG vom Anwen-dungsbereich keine Begrenzungen enthält, ist nach den zuvor ge-nannten Voraussetzungen der Geltung nationalen Rechts im Ver-hältnis zum Völkerrecht von der Anwendbarkeit des BNatSchGauszugehen, da zum Bereich der Meeresumwelt – also der natürli-

chen Lebensgrundlagen des Menschen im marinen Bereich – un-streitig auch die Natur gehört. Da dem Küstenstaat durch Art. 56Abs. 1 lit. b iii) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf den Schutz unddie Bewahrung der Meeresumwelt zugewiesen werden, ist damit dasBNatSchG im Bereich der AWZ anzuwenden.62

Für die bislang umstrittene Anwendbarkeit des BNatSchG sprichtauch eine europarechtskonforme Auslegung. Zur alten Rechtslage istder herrschenden Meinung der Geltung von FFH- Richtlinie und Vo-gelschutzrichtlinie in der AWZ63 zu folgen. Die Novelle des BNat-SchG64 enthält nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, auch in derAWZ Natur- und Vogelschutzgebiete auszuweisen. Ziel der Novellie-rung ist unter anderem die Verbesserung des Meeresnaturschutzes inder AWZ.65 Nach § 38 Abs. 1 BNatSchG n. F. sind für den Schutz vonMeeresflächen im Bereich der AWZ oder des Festlandsockels im Rah-men der Vorgaben des SRÜ (vorbehaltlich der Nummern 1 bis 5) dieVorschriften der §§ 33 und 34 entsprechend anzuwenden. Diese ent-halten Vorschriften über Schutzgebiete nach der FFH- und Vogel-schutzrichtlinie (§ 33) und über die Verträglichkeit und Zulässigkeitvon Projekten (§ 34). Demnach bedarf es nicht mehr der europa-rechtskonformen Auslegung. Folglich können auch Schutzgebieteinnerhalb der AWZ ausgewiesen werden.66

Da nach § 11 S. 1 n. F. BNatSchG67 auch § 38 BNatSchG unmittel-bar gilt, sind hierüber auch die §§ 33 und 34 unmittelbar anwendbar.Auf § 11 S. 2 n.F. BNatSchG kommt es damit nicht mehr an. Damitbedarf es beispielsweise für die Durchführung einer Verträglichkeits-prüfung mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaft-licher Bedeutung (FFH- Gebiet) oder eines Europäischen Vogel-schutzgebietes nicht mehr der Umsetzung durch die Länder.

Während bis zur Novellierung des BNatSchG noch einiges gegendie Anwendbarkeit des BNatSchG in der AWZ sprach,68 wurde dieseProblematik durch die Novellierung bereinigt. Nach hiesiger Auffas-sung gilt die Anwendbarkeit des BNatSchG in seiner neuen Fassungaufgrund der völkerrechtlichen Auslegung auch umfassend, jeden-falls insoweit dies nicht kraft Natur der Sache ausgeschlossen ist.

V. Bundesberggesetz und Festlandsockelbergverordnung

Die Aufstellung der Windkraftanlagen im Meer erfolgt nichtschwimmend sondern durch den Bau von Betonsockeln. Zu derenFixierung auf dem Meeresboden bedarf es tiefer Bohrungen, um dieStandsicherheit zu gewährleisten. Aus diesem Grund könnte dasBundesberggesetz (BBergG)69 und die Festlandsockelbergverordnung

Kahle, Nationale (Umwelt-)Gesetzgebung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone am Beispiel der Offshore-Windparks

56 Beckmann, NordÖR 2001, 273, 275.57 Vgl. zu den Begriffen der Sicherheit und Leichtigkeit Brandt/ Gassner (Fn. 55),

§ 2 Rn. 34 ff.58 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) in der

Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.1996 (BGBl. I S. 1695).59 BGBl. I S. 3428.60 Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, 7. Auflage 1998, § 1 Rn. 36.61 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege – BNatSchG in der Fassung vom

25.3.2002, verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts desNaturschutzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer Rechts-vorschriften (BNatSchG NeuregG), BGBl. I S. 1193.

62 Im Ergebnis wohl auch Gellermann, Das modernisierte Naturschutzrecht, NVwZ2002, 1025, 1026.

63 Weiß (Fn. 10), S. 23 f.; Czybulka/ Kersandt, Rechtsvorschriften, rechtliche In-strumentarien und zuständige Körperschaften mit Relevanz für marine Schutz-gebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und auf Hoher See desOSPAR- Konventionsgebietes, BfN- Skripten 27, 2000, S. 18 m.w.N.

64 Das Gesetz wurde am 25.3.2002 vom Bundestag erlassen. Es ist gemäß Art. 5S. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Land-schaftspflege und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften (BNatSchG Neu-regG) am 4.4.2002 in Kraft getreten.

65 BT-Drs. 14/ 7469, S. 2.66 So im Ergebnis wohl auch schon zuvor Czybulka, Geltung der FFH-Richtlinie in

der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2001, 19, 27; zur alten Rechtslage.67 Entspricht weitestgehend § 4 S. 3 a. F. BNatSchG.68 Vgl. Hübner, Offshore-Windkraftanlagen, ZUR 2000, 137, 142 m.w.N.69 Bundesberggesetz vom 13.8.1980, BGBl. I S. 1310, zuletzt geändert durch Sech-

stes Gesetz zur Reform des Strafrechts v. 26.1.1998 (BGBl. I S. 164).

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ZUR 2/200486

(FlsBergV)70 im Bereich der AWZ einschlägig sein. Zwar wird derräumliche Anwendungsbereich durch § 2 Abs. 3 BBergG ausdrück-lich eröffnet. Demnach gilt das Gesetz im Bereich des Festland-sockels, wobei die völkerrechtlichen Regeln über die Hohe See, dieAWZ und den Festlandsockel unberührt bleiben (§ 2 Abs. 3 S. 2BBergG). Sowohl das BBergG als auch die FlsBergV gelten ihremsachlichen Anwendungsbereich nach aber lediglich für das Aufsu-chen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen und für damitzusammenhängende Anlagen. Für die Errichtung von Windparks inder AWZ finden BBergG und FlsBergV somit keine Anwendung. Et-was anderes gilt jedoch für Unterwasserkabel, die von und zu denWindkraftanlagen führen. Nach § 1 Nr. 10a SeeAufgG obliegt demBund auf dem Gebiet der Seeschifffahrt unbeschadet der Vorschrif-ten des Bundesberggesetzes die Prüfung, Zulassung und Über-wachung der Anlagen, einschließlich Bauwerke und künstlicher In-seln, seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres auf ihre Eignung imHinblick auf den Verkehr und die Abwehr von Gefahren für die Mee-resumwelt. Daraus folgt, dass die Genehmigung von Unterwasserka-beln auf dem Festlandsockel nach Bergrecht erfolgt. Nach §§ 2 Abs. 3,133 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BBergG finden grundsätzlich bergrechtlicheGenehmigungsvorschriften Anwendung auf diese Unterwasserka-bel71. Zuständige Behörde für die Genehmigung von Unterwasserka-beln ist hier die zuständige Bergbehörde (§ 133 Abs. 4 BBergG). EineZuständigkeitsaufspaltung für die Genehmigung der energiezu- undenergieableitenden Unterwasserkabel findet nicht statt.72

VI. Bundesimmissionsschutzgesetz

Als weiteres Gesetz könnte das BImSchG73 einschlägig sein. Eineräumliche Einschränkung des BImSchG findet sich nicht. Sachlichfällt die Errichtung von Windkraftanlagen insbesondere nicht unterwasserrechtliche Vorschriften im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 BImSchG.Der Genehmigungsbedürftigkeit unterfallen (seit der vollständigenNeufassung des Anhangs der 4. BImSchV74) heute Windfarmen mit6 oder mehr Windkraftanlagen (Ziff. 1.6 Spalte 1 Anhang 4.BImSchV) oder Windfarmen mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanla-gen). Dies könnte dafür sprechen, dass der Gesetzgeber gerade auchdie Offshore-Windparks bei seiner Neufassung im Auge hatte. Einsolches Ziel läßt sich der Begründung in den amtlichen Dokumen-ten jedoch nicht entnehmen.75

Das BImSchG bezweckt nach § 1 BImSchG Menschen, Tiere undPflanzen, den Boden, das Wasser und die Atmosphäre sowie Kultur-und sonstige Sachgüter unter anderem vor schädlichen Umweltein-wirkungen zu schützen. Aus dem Schutzziel läßt sich zunächst ex-plizit keine Beschränkung entnehmen. Schutz kann der Staat jedochnur für die Schutzgüter gewähren, die auf seinem Staatsgebiet liegen.Wegen des Territorialitätsprinzips sind die im BImSchG niedergeleg-ten Pflichten nur auf Handlungen im Geltungsbereich des Grundge-setzes anwendbar. Vorschriften zur Errichtung und zum Betrieb vonAnlagen gelten also nur für im Inland gelegene Anlagen, d.h. auchdie deutschen Hoheitsgewässer.76 Gleichwohl sind über das Schutz-gut »Wasser« alle stehenden und fließenden, unter- und oberirdi-schen Gewässer einschließlich der Meere umschlossen.77 Soweit derSchutz vor Schadstoffeinträgen auf dem Luftpfad durch das BIm-SchG geregelt ist, ist auch das BImSchG ein Instrument des Mee-resumweltschutzes. Für das Anlagenrecht besteht mit der Seeanla-genverordnung ein Spezialgesetz. Auf Offshore-Windkraftanlagenfindet das BImSchG somit keine Anwendung.

VII. Bau- und Planungsrecht

Zu der Möglichkeit, Bau- und Planungsrecht auf Offshore-Wind-kraftanlagen anzuwenden bestehen zahlreiche Ausführungen78. Fürden Bereich der AWZ scheidet im Ergebnis die Anwendung von Bau-

und Planungsrecht aus. Bei dem Bau- und Planungsrecht handelt essich um hoheitliche Planung. Zwar werden dem Küstenstaat mitArt. 56 Abs. 1 lit. b i) SRÜ Hoheitsbefugnisse in Bezug auf die Errich-tung und Nutzung von künstlichen Inseln, von Anlagen und Bau-werken zuerkannt, eine planerische Aufgabenzuweisung fehlt je-doch. So erstreckt sich auch die Aufgabe der Raumordnung nach § 1Abs. 1 ROG ausdrücklich auf den Gesamtraum der BundesrepublikDeutschland und seine Teilräume. Der Bau von Anlagen im Bereichder AWZ – einschließlich der Planung und Genehmigung – ist zu-dem durch die SeeAnlV abschließend geregelt. Der Hauptanwen-dungsbereich des Bau- und Planungsrechts im Zusammenhang mitOffshore-Windkraftanlagen liegt im Bereich des Küstenmeeres unddes Festlandes. Hier bedarf es der planerischen Regelungen bezüglichder Zu- und Ableitungen zu den Windkraftanlagen. Hierzu zähleninsbesondere die Energiezuführenden und – abführenden Kabel.

VIII. UVP- Gesetz

Das UVPG79 enthält keine räumliche Beschränkung. Aus den Aus-führungen zur SeeAnlV ergibt sich, dass die Errichtung und der Be-trieb von Windkraftanlagen in der AWZ ausdrücklich gestattet ist, so-weit die Voraussetzungen der §§ 2 f. SeeAnlV erfüllt sind. Da nach§ 2a SeeAnlV für diese Anlagen auch eine Umweltverträglichkeit-sprüfung durchzuführen ist, gilt auch das UVPG in dem Bereich derAWZ. Einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterfallen ledig-lich die in der Anlage zu § 3 UVPG genannten Vorhaben. Bislang wa-ren Windenergieanlagen dort nicht aufgeführt. Durch die Neufas-sung des UVPG sind nun auch die Errichtung und der Betrieb vonWindkraftanlagen in die Anlage unter den Ziffern 1.6 bis 1.6.3 auf-genommen.80 Die unter Ziffer 1.6.1 fallenden Vorhaben sind UVP-pflichtig, die in Ziffer 1.6.2 genannten Vorhaben bedürfen einer all-gemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 1 UVPG unddie in Ziffer 1.6.3 genannten Vorhaben bedürfen einer standortbe-zogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Abs. 1 S. 2 UVPG. Beider Einzelfalluntersuchung nach UVPG sind insbesondere die in An-lage 2 genannten Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Über § 2aSeeAnlV, aber auch Ziff. 1.6 der Anlage findet das UVPG somit An-wendung für Offshore-Windkraftanlagen.

Das Thema

70 Bergverordnung für den Festlandsockel (Festlandsockel-Bergverordnung) vom21.3.1989, BGBl. I S. 554, zuletzt geändert durch Verordnung vom 10.8.1998,BGBl. I S. 2093.

71 So auch Hübner, ZUR 2000, 137, 138.72 Vgl. Brandt/ Gassner (Fn. 55), § 1 Rn. 75 ff.73 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunrei-

nigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Im-missionsschutzgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung v. 14.5.1990, BGBl.I S. 880, zuletzt geändert durch Art. 1 des Fünften ÄndG v. 19.10.1998, BGBl. IS. 3178.

74 Zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.9.2001, BGBl. I 2331.75 Würde dennoch die Auffassung vertreten, auch Offshore-Windkraftanlagen

wären von dem BImSchG umfasst, würde dies zu deren Genehmigungsbe-dürftigkeit führen. Für diese Anlagen würden mithin die Pflichten der §§ 5 ff.BImSchG gelten. Dies wäre jedoch problematisch, wenn nicht gar abwegig, dakeine schädlichen Umwelteinwirkungen etc. für die Allgemeinheit und dieNachbarschaft hervorgerufen werden dürfen. Im Bereich der AWZ gibt es jedochweder eine betroffene Allgemeinheit noch eine Nachbarschaft. Tiere, Pflanzenoder das Wasser werden hier nicht mehr aufgeführt.

76 Jarass, BImSchG, 4. Auflage 1999, § 2 Rn. 12; Führ, in: Koch/ Scheuing, GK- BIm-SchG § 2 Rn. 30.

77 Führ, in: Koch/ Scheuing, GK- BImSchG § 1 Rn. 139; Koch, Der Schutz von Nord-und Ostesee vor Schadstoffeinträgen aus der Luft, in: Koch/ Lagoni (Hrsg.)Meeresumweltschutz für Nord- und Ostsee, 1996, S. 241, 244 m.w.N.

78 Vgl. nur Erbguth, in: Ehlers/ Erbguth (Fn. 1), S. 47 ff.; ders., NuR 1999, 491 ff.79 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Be-

kanntmachung vom 5.9.2001 (BGBl. I S. 2350).80 (1.6) Errichtung und Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Höhe von

jeweils mehr als 35 Metern oder einer Leistung von jeweils mehr als 10 KW so-wie mit (1.6.1) 20 oder mehr Windkraftanlagen, (1.6.2) 6 bis weniger als 20Windkraftanlagen, (1.6.3) 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen.

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IX. Sonstige Regelungen

Ergänzt werden die genannten Regelungen durch völkerrechtlicheVerträge, denen die Bundesrepublik beigetreten ist, die teilweise wei-tergehende Regelungen treffen. Zu nennen sind beispielsweise dasMARPOL- Übereinkommen, das OSPAR- Übereinkommen oder ver-schiedene Übereinkommen zur Schiffssicherheit, die auf Windkraft-anlagen in der AWZ analog anzuwenden sind.

F. Fazit

Die Schaffung eines Kompetenztitels für den Bereich der AWZ, wie eswünschenswert gewesen wäre, ist nicht erfolgt. Dies führt zu einergewissen Unsicherheit darüber, ob und welches nationale Recht imBereich der AWZ anzuwenden ist. Für den Bereich des Umweltrechtswird die Bundesrepublik einerseits durch das SRÜ zur Vornahme ma-rinen Umweltschutzes angehalten, innerstaatlich trifft man jedocheine uneinheitliche Gesetzesvielfalt an, die dahingehend ausgelegtwerden muss, ob sie in dem Bereich der AWZ anwendbar sein könn-te. Hilfreich kann die ausdrückliche Erstreckung der jeweiligen Ge-setze sein. Findet sich eine solche Erstreckensklausel nicht, bleibt esbei der beschriebenen Unsicherheit.

Zur Lösung dieser Problematik bietet sich eine zweistufige Vorge-hensweise an. Zunächst muss überprüft werden, ob eine Materie be-troffen ist, die in Art. 56 Abs. 1 SRÜ genannt wird. Handelt es sichum eine Maßnahme zum Zwecke der Erforschung, Ausbeutung, Er-haltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen der Ge-wässer, des Meeresbodens und seines Unterbodens in der AWZ (Art.56 Abs. 1 lit. a)? Oder betrifft der fragliche Komplex die Errichtungund Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken oderdie wissenschaftliche Meeresforschung oder den Schutz und die Be-wahrung der Meeresumwelt (Art. 56 Abs. 1 lit. b)? Nur für diese Be-reiche kommt überhaupt die Anwendung des nationalen Rechts in

Gel lermann, Artenschutz und E ingr i f f s rege lung, Anmerkung zum Be i t rag von Louis/Weihr ich

Betracht. Hierüber kann eine erste Einschränkung möglicher Gesetzeerreicht werden.

Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung besteht weder einegenerelle Geltung nationalen Rechts ipso iure, noch bietet das Ge-meinschaftsrecht ausreichende Hinweise für eine Geltung nationa-len Rechts.

In einem zweiten Schritt muss dann untersucht werden, ob dasnationale Recht nicht durch konkrete Regelungen ausgeschlossenist. Solche können sich kraft Natur der Sache oder aus der jeweiligenVorschrift ergeben (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1a WHG).

Da dem Küstenstaat nur partiell für die in Art. 56 SRÜ genanntenBereiche souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse zuerkannt wer-den, ist darüber hinaus eine Anwendung nationaler Gesetze in derAWZ nicht möglich.

Da der Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt in Art. 56Abs. 1 lit. b iii) SRÜ ausdrücklich genannt ist, folgt für das Umwelt-recht weitestgehend eine Öffnung für den Bereich der AWZ. Für einenumfassenden marinen Umweltschutz ist dies ein bedeutsamer Schritt,insbesondere mit Rücksicht auf die vergleichsweise starke Ausprägungder wirtschaftlichen Nutzungen in diesem Gebiet. Einen Schritt indiese Richtung hat der Gesetzgeber durch die SeeAnlV oder die Neu-regelung des BNatSchG getan. Zu fordern ist eine Fortschreibung derGesetze nach dem Beispiel des BNatSchG, des EEG oder der SeeAnlV,die ausdrücklich Regelungen für den Bereich der AWZ enthalten.

Christian Kahle LL.M.Ass. jur.: Mitglied der Forschungsgruppe Energierecht Universität Lüneburg;Mindermannweg 32, 22609 Hamburg, [email protected] Tätigkeitsschwerpunkte: Nationales Umweltrecht.Aktuelle Veröffentlichungen: Mitarbeit am Kommentar von Brandt/ Gassnerzur Seeanlagenverordnung, 2002; Tagungsbericht: VCD Workshop »Lärm-bekämpfung durch Stadt- und Verkehrsplanung«, ZUR 2003, 252 f.

Martin Gellermann

Artenschutz und EingriffsregelungAnmerkungen zum Beitrag von Louis/Weihrich, ZUR 2003, 385 ff.

Die im Zuge der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorge-nommenen Änderungen im Felde der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelunghaben der These Vorschub geleistet, die innerstaatliche Verwirklichung derartenschutzrechtlichen Vorgaben der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL)und der Vogelschutz-Richtlinie (VRL) vollzöge sich vornehmlich in den durch§ 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG vorgezeichneten Bahnen und – soweit dies nichtmöglich sei – unter unmittelbarem Rückgriff auf einschlägige Bestimmungendes europäischen Rechts. Die nachfolgende Betrachtung setzt sich mit diesemAnsatz kritisch auseinander und ist um den Nachweis bemüht, dass schon dasnationale Artenschutzrecht (§§ 42 ff. BNatSchG) bei zutreffender Handhabunghinreichende Gewähr für eine richtlinienkonforme Durchführung des EG-Artenschutzrechts bietet.

A. Unterschiedliche Wege zur Verwirklichung des europäischenArtenschutzrechts

Das Artenschutzrecht darf sich in neuerer Zeit verstärkter Aufmerk-samkeit gewiss sein. Verantwortlich zeichnet hierfür vor allem der

Umstand, dass es im Zuge des fortschreitenden Prozesses derEuropäisierung des staatlichen Rechts in den Einwirkungsbereichdes europäischen Naturschutzrechts geraten ist. Namentlich die indiesem Kontext einschlägigen Bestimmungen der Art. 12, 13, 16FFH-RL1 sowie Art. 5, 9 VRL2 stellen Anforderungen, die unter derÄgide des bundesdeutschen Rechts nur mühsam erfüllbar zu seinscheinen. Das gilt namentlich dann, wenn es artenschutzrechtlichrelevante Eingriffe in Natur und Landschaft zu beurteilen gilt. An-gesichts dessen ist es verdienstvoll, wenn sich Hans-Walter Louis undDietmar Weihrich in ihrem Beitrag3 der nicht leicht zu bewältigen-den Aufgabe annehmen, Wege für die Einbindung des EG-Arten-

1 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natür-lichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG Nr. L 206 S. 7; zuletzt geändert: ABl. EG 1997, Nr. L 305 S. 42.

2 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. EG Nr. L 103 S. 1; zuletzt geändert: ABl. EG 1997Nr. L 223 S. 9.

3 Louis/Weihrich, Das Verhältnis der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungzu den speziellen Artenschutzregelungen der FFH- und Vogelschutzricht-linie, ZUR 2003, 385 ff.

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ZUR 2/200488

schutzrechts in die Strukturen des nationalen Rechts aufzuzeigen.Ausgehend von der Annahme, dass die der Umsetzung des EG-Ar-tenschutzrechts dienenden Verbote des § 42 BNatSchG bei der Aus-führung eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs keine An-wendung finden, richten sie den Blick auf die im Zuge der Novelleneu geschaffene Vorschrift des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG4 und un-terziehen sich der Mühe, diese Vorschrift – soweit als möglich – imLichte der Vorgaben des EG-Artenschutzrechts zu interpretierenund ihren Aussagegehalt zu schärfen. Nur dort, wo sich § 19 Abs. 3S. 2 BNatSchG den Einflüssen des europäischen Rechts nicht öffnet,wird für eine unmittelbare Anwendung einschlägiger Richtlinien-bestimmungen votiert.

Diese Überlegungen klingen plausibel, sehen sich bei näherer Be-trachtung aber doch Bedenken ausgesetzt. Zum einen bleibt § 19Abs. 3 S. 2 BNatSchG nämlich derart weitgehend hinter den sichaus Art. 12, 13, 16 FFH-RL bzw. Art. 5, 9 VRL ergebenden Anforde-rungen zurück, dass eine richtliniengetreue Interpretation nichteinmal in Teilbereichen zur Herstellung gemeinschaftskonformerRechtszustände genügt. Zum anderen – und dies ist der eigentlichentscheidende Aspekt – bedarf es keiner europarechtskonformenAuslegung des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG, weil schon die in den§§ 42 ff. BNatSchG verankerten Vorschriften des nationalen Arten-schutzrechts in den meisten Fällen hinreichende Gewähr für eineordnungsgemäße Durchführung des richtliniengestützten Arten-schutzrechts der EG bieten.

B. § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG als Einfallstor für das EG-Arten-schutzrecht?

Bevor dieser grundlegend andere Ansatzpunkt eine nähere Begrün-dung erfährt, gilt das Augenmerk zunächst der Vorschrift des § 19Abs. 3 S. 2 BNatSchG und ihrer Fähigkeit, einen Beitrag zur korrek-ten Umsetzung der in den Naturschutzrichtlinien der EG niederge-legten Artenschutzbestimmungen zu erbringen. In dieser Hinsichtist deutliche Skepsis angebracht.5

Schon die Überlegungen von Louis/Weihrich zeugen von der Exi-stenz einzelner im Wege der Auslegung nicht überbrückbarer Defizi-te, haben sie doch mit Recht auf die mangelnde Aufnahmefähigkeitdes § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG für das Störungsverbot des Art. 5 lit. dVRL verwiesen.6 Die aus Sicht des europäischen Rechts zu formulie-rende Kritik muss aber noch wesentlich grundsätzlicher ansetzen.7

§ 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG ist in die Strukturen der Eingriffsregelungeingebunden und bildet daher einen Teil des auf Ebene des Bundes-rahmenrechts dreifach gestuften Folgenbewältigungsprogramms.8

Danach ist der Verursacher eines Eingriffs i.S.d. § 18 BNatSchG in er-ster Linie verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unter-lassen (§ 19 Abs. 1 BNatSchG) und – soweit dies nicht möglich oderrechtlich zumutbar ist – durch Maßnahmen des Naturschutzes undder Landschaftspflege vorrangig auszugleichen oder in sonstiger Wei-se zu kompensieren (§ 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG). Eine Abwägung, diesich den verschärften Anforderungen des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchGzu fügen hat, kommt immer erst zum Tragen, wenn die auf den vor-gelagerten Ebenen angesiedelten Pflichten nicht oder nicht voll-ständig erfüllbar sind.9 Selbst wenn – wie Louis/Weihrich mit bestensnachvollziehbarer Begründung annehmen – die in § 19 Abs. 3 S. 2BNatSchG angesprochene »Ersetzbarkeit des Biotops« nicht durchErsatzmaßnahmen i.S.d. § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG bewirkt werdenkann,10 ändert dies doch nichts daran, dass § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchGseine die Entscheidung steuernde Wirkung nicht zu entfalten ver-mag, wenn die negativen Folgen eines artenschutzrechtlich bedeut-samen Eingriffs in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchGvollen Umfangs ausgeglichen werden können. Um eines der vonLouis/Weihrich gewählten Beispiele aufzugreifen: Wird ein Laichge-

wässer der Rotbauchunke (Bombina bombina) durch einen Eingriffzerstört und ist dies nicht vermeidbar, besteht im Folgenbewälti-gungsprogramm der Eingriffsregelung die vorrangige Pflicht zumAusgleich. Gelingt dies durch die Neuanlage eines Gewässers und istzugleich gewährleistet, dass die Amphibien diesen Ersatzlebensraumannehmen, wird die Ebene der durch § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchGgesteuerten Abwägung gar nicht erst betreten. Dem EG-Arten-schutzrecht kann damit freilich nicht genügt werden.11 Wird – wieim Beispielsfall – die Fortpflanzungsstätte einer in Anhang IV FFH-RLaufgeführten Art vernichtet, ist dies aus Gründen des Art. 12 lit. dFFH-RL untersagt und darf nur ausnahmsweise unter den in Art. 16Abs. 1 FFH-RL bezeichneten Bedingungen zugelassen werden.12 Einesich hierauf gründende Ausnahme setzt die Alternativlosigkeit desjeweiligen Vorhabens, die Wahrung des günstigen Erhaltungs-zustandes der betroffenen Population und das Vorliegen eines der inArt. 16 Abs. 1 lit. a-e FFH-RL bezeichneten Abweichungsgründe vor-aus, zu denen auch die in § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG angesprochenen»zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses«zählen. Zu einer Prüfung dieser gemeinschaftsrechtlich strikt be-achtlichen Voraussetzungen aber kommt es gar nicht erst, wenn dieartenschutzrechtlich relevanten Folgen eines Eingriffsaktes vollenUmfangs in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG ausge-glichen werden können. Unter dieser Bedingung bereitet die natur-schutzrechtliche Eingriffsfolgenregelung der Zulassung eines Vorha-bens selbst dann kein Hindernis, wenn eine Abweichung vomEG-Artenschutzrecht aus Gründen des Art. 16 FFH-RL unzulässig ist.Insoweit ist § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG schon aus Gründen der Norm-struktur der Eingriffsfolgenregelung nicht geeignet, dem europäi-schen Artenschutzrecht in der gebotenen Weise zur innerstaatlichenVerwirklichung zu verhelfen.

Aber selbst in jenen Konstellationen, in denen § 19 Abs. 3 S. 2BNatSchG zum Tragen kommt, vermag die Vorschrift keine Gewährfür die Vermeidung etwaiger mit dem EG-Artenschutzrecht unver-einbarer Ergebnisse zu bieten. Während nämlich Art. 16 Abs. 1 FFH-RL die Vernichtung der durch Art. 12 lit. d FFH-RL geschützten Bio-tope nur bei Erfüllung all seiner eben genannten Voraussetzungengestattet, lässt § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG es genügen, wenn dies aus»zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses«gerechtfertigt ist. Mag die Vorschrift auch Teile des Normtextes desArt. 16 Abs. 1 lit. c FFH-RL in sich aufnehmen, begegnet sie denübrigen Bedingungen, von deren Erfüllung Art. 16 Abs. 1 FFH-RLdie Erteilung einer Ausnahme abhängig macht, mit Gleichgültig-keit. Namentlich trägt sie keine Sorge dafür, dass relevante Beein-trächtigungen der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten des

Aufsatz

4 Vgl. hierzu Jessel, Die Neufassung der naturschutzrechtlichen Eingriffsrege-lung nach §§ 18, 19 BNatSchG, Naturschutz und Landschaftsplanung 35(2003), 119, 121; Albig/Haacks/Peschel, Streng geschützte Arten als neuer Tat-bestand in der Eingriffsplanung, Naturschutz und Landschaftsplanung 35(2003), 126 ff.

5 Ebenso Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl. 2003,§ 19 Rn. 45.

6 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 387.7 Vgl. hierzu bereits Landmann/Rohmer/Gellermann, Umweltrecht IV, Stand:

1.5.2003, Nr. 11 § 19 Rn. 29; ders., Das modernisierte Naturschutzrecht,NVwZ 2002, 1031.

8 Zum gestuften Rechtsfolgensystem Anger, Die neue naturschutzrechtlicheEingriffsregelung gem. §§ 18 ff. BNatSchG, NVwZ 2003, 319 f.

9 Vgl. nur Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2003, § 43 Rn. 21.10 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 388; ebenso Louis, Das Gesetz zur Neure-

gelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege (BNatSchGNeuregG), NuR 2002, 385, 388; Jessel (Fn. 4), Naturschutz und Landschafts-planung 35 (2004), 121.

11 Hierzu bereits Landmann/Rohmer/Gellermann, Umweltrecht IV, Nr. 11 § 19 Rn.29 a.E.; ders. (Fn. 7), NVwZ 2001, 1031.

12 Übersichtliche Beschreibung der Voraussetzungen bei Wirths, Naturschutzdurch europäisches Gemeinschaftsrecht, 2001, S. 219 ff.; zu den Anwen-dungsproblemen Gellermann, Artenschutz in der Fachplanung und der kom-munalen Bauleitplanung, NuR 2003, 392 f.

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89ZUR 2/2004

Anhangs IV FFH-RL nur zugelassen werden, wenn es – wie vonArt. 16 Abs. 1 FFH-RL gefordert – »keine anderweitige zufriedenstel-lende Lösung gibt« und »die Populationen der betroffenen Arten inihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelungohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustandverweilen«. Das zur Illustration bemühte Laichgewässer der Rot-bauchunke darf daher bei isolierter Betrachtung des § 19 Abs. 3 S. 2BNatSchG aus »zwingenden Gründen« vernichtet werden, selbstwenn es hierzu tragfähige Alternativen gibt oder negative Auswir-kungen auf den Erhaltungszustand der betroffenen Populationernstlich zu besorgen sind. Damit aber werden die Vorgaben des eu-ropäischen Artenschutzrechts deutlich verfehlt.

Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass § 19 Abs. 3 S. 2BNatSchG zur korrekten innerstaatlichen Verwirklichung des EG-Artenschutzrechts nichts beizutragen vermag. Versuche einerAuslegung im Lichte der richtliniengestützten Vorgaben des euro-päischen Rechts können daran nichts ändern, weil derart grundle-gende Abweichungen vom europäischen Regelungsprogramm nurim Wege der Rechtsänderung, nicht aber durch schlichte Interpre-tationen des für sich unzureichenden nationalen Rechts behobenwerden können.13

C. Der Weg über das nationale Artenschutzrecht

Kann § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG den gemeinschaftsrechtlichen Er-fordernissen nicht genügen, stellt sich zwangsläufig die Frage nachden hieraus zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen. Louis/Weihrichhalten es für ratsam, die einschlägigen Verbots- und Ausnahmebe-stimmungen des EG-Artenschutzrechts unmittelbar anzuwenden.14

Das ist fraglos eine nahe liegende Folge, wenn es tatsächlich norma-tive Umsetzungsdefizite zu beklagen gilt. Dieser Nachweis aber lässtsich nicht führen, weil zwar nicht die Eingriffsregelung, wohl aberdas nationale Artenschutzrecht (§§ 42 ff. BNatSchG) – von einemnoch zu behandelnden Sonderfall abgesehen – schon aus sich heraushinreichende Gewähr dafür bietet, dass artenschutzrechtlich be-deutsame Eingriffe in Natur und Landschaft nur zugelassen werdendürfen, wenn dies mit den Vorgaben des EG-Artenschutzrechts ver-einbar ist.

I. Zur Reichweite der Privilegierung des § 43 Abs. 4 BNatSchG

Vor dem Hintergrund des § 43 Abs. 4 BNatSchG leuchtet diese The-se sicherlich nicht unmittelbar ein. Immerhin stellt diese Bestim-mung die »nach § 19 zugelassenen Eingriffe« von der Beachtung dergerade auch zur Umsetzung des EG-Artenschutzrechts bestimmtenVorschrift des § 42 Abs. 1 BNatSchG frei, und so kann es nicht ver-wundern, wenn Louis/Weihrich annehmen, die artenschutzrechtli-chen Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG könnten zur Gewährleistunggemeinschaftsrechtskonformer Zustände nichts beitragen.15

Diese auch ansonsten im Schrifttum anzutreffende Sicht16 lässt al-lerdings unberücksichtigt, dass die Privilegierung des § 43 Abs. 4BNatSchG einem Eingriffsakt keineswegs in jedem Falle und gleich-sam automatisch, sondern nur unter der einschränkenden Bedin-gung zuteil wird, dass »hierbei Tiere, einschließlich ihrer Nist-, Brut-,Wohn- oder Zufluchtsstätten und Pflanzen der besonders geschütz-ten Arten nicht absichtlich beeinträchtigt werden«. Geht der Ein-griff dagegen mit absichtlichen Beeinträchtigungen der bezeichne-ten Art einher, verbleibt es bei der Geltung des § 42 Abs. 1BNatSchG.17 Den dort normierten Verboten zuwiderlaufende Ein-griffsakte sind demnach – unabhängig davon, ob sie den eingriffs-bezogenen Anforderungen des § 19 BNatSchG entsprechen – un-zulässig, soweit ihnen nicht mit Mitteln einer sich auf § 62BNatSchG stützenden Befreiung zur Realität verholfen werden

kann. Dieser Weg ist aus Gründen des § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchGfreilich nur gangbar, wenn sich die Befreiung von den artenschutz-rechtlichen Verboten mit den Vorschriften der Art. 12, 13, 16 FFH-RL sowie Art. 5, 9 VRL vereinbaren lässt.18

Angesichts dessen hängt die Beachtlichkeit des § 42 Abs. 1 BNat-SchG und damit zugleich der Beitrag, den das nationale Arten-schutzrecht zur EG-rechtskonformen Zulassung von Eingriffen inNatur und Landschaft zu erbringen vermag, in maßgeblicher Weisedavon ab, was unter »Absicht« i.S.d. § 43 Abs. 4 BNatSchG zu ver-stehen ist. Insoweit gilt es zu bedenken, dass dieses Merkmal Ein-gang in das bundesdeutsche Artenschutzrecht fand, um zuvor be-stehende und vom EuGH festgestellte Mängel in der Umsetzung desEG-Artenschutzrechts zu beheben.19 Da diese Bestimmungen mitAusnahme des Art. 12 lit. d BNatSchG nur absichtsvolle Handlun-gen und Aktivitäten untersagt wissen wollen, besteht die Aufgabedes in § 43 Abs. 4 BNatSchG integrierten Absichtsmerkmals darin,einzig solche Verhaltensweisen von den Verboten des § 42 Abs. 1BNatSchG freizustellen, die aus EG-rechtlicher Sicht unbeabsichtigtsind, als solche von den einschlägigen Verbotsbestimmungen garnicht erfasst werden und daher im nationalen Recht ohne Verlet-zung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben freigestellt werden dür-fen.20 Um dieser Funktion genügen zu können, muss das Merkmalin gleicher Weise verstanden werden wie der Absichtsbegriff des EG-Artenschutzrechts. Der aber ist – wie sich aus der jüngeren Judikaturdes EuGH ergibt21 – in einem durchaus weiten Sinne zu verstehen,zumal es auf die Intention des Handelnden oder die Zielgerichtet-heit seiner Handlung nicht ankommt. Entscheidend ist allein, obartenschutzrechtlich relevante Aktivitäten in Kenntnis aller Um-stände, also im Bewusstsein des Vorkommens der geschützten Artenund der beeinträchtigenden Wirkung des Verhaltens entfaltet wer-den. Absicht im Sinne des EG-Artenschutzrechts liegt daher immerschon dann vor, wenn ein aus Sicht der Art. 12, 13 FFH-RL bzw.Art. 5 VRL unerwünschter Handlungserfolg vom Handelnden er-kannt, die dies bewirkende Handlung aber dennoch vorgenommenwird.22 Da das gleichlautende Merkmal des § 43 Abs. 4 BNatSchGschon um der Vermeidung gemeinschaftswidriger Ergebnisse willenin entsprechendem Sinne zu verstehen ist, kann die Vorschrift auchnur solche Eingriffsakte von der Geltung des § 42 Abs. 1 BNatSchGfreistellen, die in Unkenntnis des Vorkommens bedrohter Arten

Gel lermann, Artenschutz und E ingr i f f s rege lung, Anmerkung zum Be i t rag von Louis/Weihr ich

13 Zu den Grenzen einer richtlinienkonformen Interpretation Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2.Aufl. 2003, § 33 Rn. 49 m.w.N.

14 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 387, 389.15 Louis/Weihrich (Fn. 3), ZUR 2003, 385 [Abstract].16 Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 43 Rn. 27; Louis, Der

Schutz der im Lebensbereich des Menschen lebenden Tiere der besonders ge-schützten Arten (z.B. Schwalben, Störche, Fledermäuse, Wespen), NuR 1992,119, 123; ders., Anmerkung, NuR 2001, 388, 389; Weihrich, Der Entwurf derNovelle des BNatSchG vom Mai 2001, ZUR 2001, 387; auch der Verfasser istdieser Annahme zeitweilig erlegen, vgl. Gellermann (Fn. 7), NVwZ 2002, 1031.

17 Nachdrücklich Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19 Rn. 114; ferner Gel-lermann, Biotop- und Artenschutz, in: Rengeling (Hrsg.), Handbuch zum eu-ropäischen und deutschen Umweltrecht (EUDUR), Band II, 1. Teilband, 2.Aufl. 2003, § 78 Rn. 89; ders. (Fn. 12), NuR 2003, 386.

18 Vgl. hierzu Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 62 Rn. 8; Gassner/Ben-domir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 62 Rn. 21; Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 62 Rn. 21.

19 EuGH, Urt. v. 17.9.1987 – Rs. 412/85 (Kommission / Deutschland) – Slg. 1987,3503 Rn. 12 ff.; hierzu Kolodziejcok/Recken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, Land-schaftspflege, Stand: 42. Lieferung, 2001, Kennzahl 1158 Rn. 56 ff.

20 Eingehend Gellermann (Fn. 12), NuR 2003, 387.21 EuGH, Urt. v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00 (Kommission / Griechenland) – Slg.

2002, I-1148 Rn. 35 f.; hierzu Gellermann (Fn. 17), EUDUR I, § 78 Rn. 88.22 In dieser Hinsicht auch Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19 Rn. 114:

»Absichtlich handelt auch derjenige, der weiß, dass beim Abriss einesDachstuhls besonders geschützte Tierarten gestört werden.«. Vgl. auchSchrödter, Städtebaurecht und das Recht des gesetzlichen Biotop- und Arten-schutzes, NdsVBl. 2003, 33, 39.

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ZUR 2/200490

oder ihrer Lebensstätten zugelassen und ausgeführt werden.23 DieBedeutung des § 43 Abs. 4 BNatSchG und die Reichweite der sichhiermit verbindenden Freistellung der »nach § 19 BNatSchG zuge-lassenen Eingriffe« darf daher nicht überschätzt werden. Mag mitdieser Vorschrift auch eine gewisse Privilegierung einhergehen,haben daran doch nur solche Eingriffsakte Anteil, die mit den Ver-boten des EG-Artenschutzrechts nicht in Widerstreit geraten.Stehen dagegen eingriffsbedingte Störungen einer im Anhang IVFFH-RL bezeichneten Tierart oder die Vernichtung der Niststätte ei-ner europäischen Vogelart zur Debatte und sind diese Folgen imZeitpunkt der Zulassungsentscheidung bekannt, verbleibt es bei derGeltung des § 42 Abs. 1 BNatSchG. Die sich hieraus ergebendenHürden können zwar durch die Erteilung einer Befreiung überwun-den werden, indessen gelingt dies aus Gründen der klaren Anord-nung des § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG nur, wenn ein solches Vorgehenmit den richtliniengestützten Vorgaben des EG-Rechts und na-mentlich den zu Abweichungen von einschlägigen Verboten be-rechtigenden Bestimmungen der Art. 16 FFH-RL bzw. Art. 9 VRLvereinbar ist. Insoweit bestätigt sich die eingangs formulierte These,dass dem Grunde nach schon das nationale Artenschutzrecht füreine ordnungsgemäße Durchführung des richtliniengestützten Ar-tenschutzrechts der EG Sorge trägt.

II. Der Sonderfall einer Beeinträchtigung von Lebensstätten der Arten des Anhangs IV FFH-RL

Das gilt freilich nicht uneingeschränkt, zumal es den Sonderfall einereingriffsbedingten Verschlechterung oder Vernichtung der Fort-pflanzungs- und Ruhestätten der in Anhang IV FFH-RL aufgeführtenTierarten zu beachten gilt. Während § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sol-che Handlungen untersagt, werden dies bewirkende Eingriffe durch§ 43 Abs. 4 BNatSchG jedenfalls dann privilegiert, wenn diese Folgennicht im oben dargelegten Sinne absichtlich herbeigeführt werden.Mit dem EG-Artenschutzrecht ist dies nicht vereinbar, weil Art. 12 lit.d FFH-RL abweichend von den sonstigen Verboten nicht nur ab-sichtliche, sondern jede Verschlechterung und Vernichtung der Fort-pflanzungs- und Ruhestätten geschützter Arten – vorbehaltlich dersich aus Art. 16 FFH-RL ergebenden Möglichkeiten – unterbundenwissen will.24 Da sich dieser Normwiderspruch im Wege einer richt-linienkonformen Interpretation des § 43 Abs. 4 BNatSchG nicht be-wältigen lässt, scheint der von Louis/Weihrich vorgeschlagene Wegeiner direkten Anwendung der EG-rechtlichen Bestimmungen un-ausweichlich. Indessen erweist sich auch hier, dass es eines solchenVorgehens zur Gewährleistung gemeinschaftsrechtskonformer Ent-scheidungen nicht bedarf. Als unmittelbar wirkende Vorschrift desEG-Artenschutzrechts setzt sich Art. 12 lit. d FFH-RL zwar kraft desihr gebührenden Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber denanderslautenden Anordnungen des nationalen Rechts durch,25 diesbedeutet aber lediglich, dass die den Normwiderspruch hervorrufen-de Bestimmung des § 43 Abs. 4 BNatSchG im Vollzug nicht zur An-wendung gelangen darf, soweit sie den Vorgaben des Art. 12 lit. dFFH-RL widerspricht. Das aber bringt es lediglich mit sich, dass diedurch § 43 Abs. 4 BNatSchG bewirkte Freistellung zugelassener Ein-griffe, die mit unabsichtlichen Beeinträchtigungen der geschütztenLebensstätten einhergehen, nicht zum Tragen kommen kann. Folg-lich muss sich ein dies bewirkender Eingriffsakt schlicht an den Ver-boten des § 42 Abs. 1 BNatSchG messen lassen und kann – soweit erhiermit nicht vereinbar ist – nur auf dem oben bereits beschriebenenBefreiungswege zugelassen werden. Letztlich ist es daher auch in die-sem Sonderfall das nationale Artenschutzrecht, welches für eine kor-rekte Verwirklichung der artenschutzrechtlichen Vorgaben des Ge-meinschaftsrechts Sorge trägt.

D. Fazit

Es darf vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen fest-gehalten werden, dass die korrekte Anwendung der §§ 42 ff., 62BNatSchG vollauf genügt, um in Fällen der Zulassung von Ein-griffen in Natur und Landschaft Ergebnisse zu erzielen, die mitdem richtliniengestützten Artenschutzrecht der EG vereinbar sind.Hierzu bedarf es lediglich einer richtlinienkonformen Interpretati-on des in § 43 Abs. 4 BNatSchG verankerten Merkmals der Absichtund einer aus Gründen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts ge-botenen Außerachtlassung dieser Bestimmung in jenen Fällen, indenen eingriffsbedingte Verschlechterungen oder Zerstörungenvon Lebensstätten in Rede stehen, die Art. 12 lit. d FFH-RL ver-hindert wissen willen. Kann den gemeinschaftsrechtlichen Anfor-derungen aber bereits im Rahmen des nationalen Artenschutz-rechts zur effektiven Verwirklichung verholfen werden, bestehtkeine zwingende Notwendigkeit, die naturschutzrechtliche Ein-griffsregelung zusätzlich mit dieser Aufgabe zu befrachten. EineInterpretation des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG unter Einbezug derAussagen des EG-Artenschutzrechts – wie sie von Louis/Weihrichvorgeschlagen wird – mag zur Schärfung des Profils dieser aus sichheraus nicht eben sonderlich klaren Bestimmung sinnvoll sein, ge-meinschaftsrechtlich geboten ist sie aber jedenfalls nicht.

Aufsatz

23 Soweit das BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, 385 davonspricht, »nicht absichtlich (wären) Beeinträchtigungen, die sich als unaus-weichliche Konsequenz rechtmäßigen Verhaltens ergeben«, dürfte dies dar-auf zurückzuführen sein, dass das den Absichtsbegriff des Gemeinschafts-rechts verdeutlichende Urteil des EuGH v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00(Kommission / Griechenland) – Slg. 2002, I-1148 Rn. 35 f. im Zeitpunkt derEntscheidung noch nicht bekannt war.

24 Ampatzis (DG-ENV), Questions concerning the legal interpretation of Art. 12of Council Directive 92/43/EEC, Meeting of the Working Group on theSpecies Protection Regime of the Habitats Directive, 10.9.2002, nicht ver-öffentlicht; Gellermann (Fn. 12), NuR 2003, 388; Stüber, EG-Artenschutzmonitoring und dessen Umsetzung in Bundesrecht, NuR 2000, 245, 247; a.A.Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A 1 § 43 Rn. 16.

25 Vgl. nur Rengeling/Middeke/Gellermann (Fn. 13), Rechtsschutz, § 34 Rn. 10 f.m. zahlreichen Nachweisen.

apl. Prof. Dr. Martin GellermannAnschrift: Schlesierstraße 14, 49492 Westerkappeln, Rechtsanwalt undaußerplanmäßiger Professor an der Universität Osnabrück.Aktuelle Veröffentlichungen: Recht der natürlichen Lebensgrundlagen in derAusschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) – dargestellt am Beispiel derWindkraftnutzung, NuR 2004, Heft 2; Artenschutz in der Fachplanung undder kommunalen Bauleitplanung, NuR 2003, 385 ff.; Zur »Erheblichkeit«der Beeinträchtigung von Natura-2000-Gebieten und solchen, die es werdenwollen, NuR 2003, 205 ff. (zusammen mit Dr. Matthias Schreiber); Verwal-tungsvertragliche Subventionsverhältnisse im Spannungsfeld zwischen Bei-hilfekontrolle und Verwaltungsverfahrensrecht, DVBl. 2003, 481 ff.; Kom-mentierung der Art. 250 – 256 EGV und 288 EGV, in: Streinz (Hrsg.),EUV/EGV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung derEuropäischen Gemeinschaft, München 2003; Rechtsschutz durch deutscheGerichte (§§ 33 – 36), in: Rengeling/Middeke/Gellermann (Hrsg.), Handbuchdes Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl., München 2003.

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91ZUR 2/2004

gen (A 8, B 27, Landesflughafen) die Grenze des Zumutbaren über-schritten. Mit ihrem Normenkontrollantrag vom 18.10.1999, dieSatzung über die Teiländerung des Regionalplans (Messe/Flug-hafen) für nichtig zu erklären, hat die Antragstellerin ihr bisherigesVorbringen vertieft und ergänzt.

Das Normenkontrollgericht hat den Antrag mit Urteil vom19.12.2000 (VBlBW 2001, 266) abgelehnt. (...)

II. Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Das Normen-kontrollurteil steht mit Bundesrecht in Einklang.

Das Normenkontrollgericht hat zu Recht entschieden, dass diegebietsscharfe Ausweisung der Standorte für die Landesmesse unddie Erweiterung des Flughafens Stuttgart in der angegriffenenTeiländerung des Regionalplans ihre Rechtsgrundlage in § 8 Abs. 3S. 1 Nr. 3 LplG findet. Die Auffassung der Vorinstanz, dass die an-gefochtene Teiländerung des Regionalplans weder zwingende Vor-gaben des Bundesrechts noch das raumordnungsrechtliche Ab-wägungsgebot verletzt, ist revisionsgerichtlich ebenfalls nicht zubeanstanden.

1. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG berechtigt und verpflichtet den zu-ständigen Träger der Regionalplanung, im Regionalplan für die Re-gion Stuttgart Standorte für regionalbedeutsame Infrastrukturvor-haben gebietsscharf auszuweisen. Entgegen der Revision verletztdiese Vorschrift höherrangiges Recht nicht.

1.1. Nach den Ausführungen der Vorinstanz richtet sich die Vor-schrift an die nachgeordneten Träger der Bauleitplanung und derFachplanung. Mit diesem Inhalt ist sie dem Raumordnungsrechtzuzuordnen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG). Sie greift nicht in die vomBundesgesetzgeber abschließend normierte Materie des Boden-rechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) hinüber, zu der nur solche Vor-schriften gehören, welche die rechtlichen Beziehungen des Men-schen zum Grund und Boden unmittelbar regeln (vgl. BVerfGE 3,407, 424). An diese Auslegung des irrevisiblen Landesrechts ist dasRevisionsgericht gebunden (§ 173 VwGO, § 560 ZPO).

1.2. Die gesetzliche Verpflichtung zur gebietsscharfen Auswei-sung regionalbedeutsamer Infrastrukturvorhaben im Regionalplanfür die Region Stuttgart verletzt nicht die kommunale Selbstver-waltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, die auch die Bauleit-planung für das Gemeindegebiet umfasst.

Der Revision ist zwar einzuräumen, dass gebietsscharfe Standort-ausweisungen, die wie hier Ziele der Raumordnung bilden (vgl. § 3Nr. 2 ROG 1998), konkrete Eingriffe in die gemeindliche Planungs-hoheit darstellen. Die Gemeinden haben diese Ausweisungen beiihren raumbedeutsamen Planungen zu beachten und ihre Bauleit-pläne an sie anzupassen (§ 4 Abs. 1 S. 1 ROG 1998, § 6 Abs. 3 S. 2i.V.m. § 10 Abs. 1 S. 2 LplG, § 1 Abs. 4 BauGB). Das Normenkon-trollgericht spricht zutreffend von einem »Verbot der zielwidrigenBauleitplanung«. Die von einer gebietsscharfen Ausweisung betrof-fene Gemeinde in der Region Stuttgart darf in die Standortflächenicht »hineinplanen«, sie muss die Fläche planerisch freihalten.

Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG steht der gemeindlichen Bindung an Zieleder Raumordnung und Landesplanung indes nicht prinzipiell ent-gegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstver-waltung nur, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderesbestimmen. Der regionalplanerische »Durchgriff« auf Gemeinde-gebietsteile ist allerdings an verfassungsrechtliche Voraussetzungengebunden, die auch für Normen des Landesplanungsrechts gelten,die wie § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG den Träger der Regionalplanungzu gebietsscharfen Eingriffen in die Planungshoheit der Gemein-den einer bestimmten Region berechtigen und verpflichten. Dieverfassungsrechtlichen Bedenken der Revision gegen diese Normsind jedoch unbegründet.

1.2.1. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzel-ner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höhe-rem Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landes-

BVerwG, Anforderungen an gebietsschar fe Ausweisung von In f rast rukturvorhaben in der Raumordnung

BVerwGAnforderungen an gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvor-haben in der Raumordnung Urteil vom 15. Mai 2003 – 4 CN 9.01

Leitsätze:1. Die dem Träger der Regionalplanung durch Landesgesetz auferlegte

Verpflichtung, in einem Regionalplan regionalbedeutsame Infra-strukturvorhaben gebietsscharf auszuweisen, ist mit der Garantieder kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) verein-bar, wenn diese Ausweisung durch überörtliche Interessen vonhöherem Gewicht gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit wahrt (im Anschluss an BVerfGE 76, 107).

2. Die gebietsscharfe Ausweisung der Standorte für die Erweiterungdes Landesflughafens und den Neubau einer Landesmesse im Re-gionalplan für die Region Stuttgart greift nicht in unverhältnis-mäßiger Weise in die städtebauliche Planungshoheit der betroffe-nen Gemeinde ein und ist mit dem Raumordnungsrecht des Bundesvereinbar.

3. Ein Ziel der Regionalplanung, das im landesweiten Raumordnungs-plan nicht ausdrücklich festgelegt ist, verletzt das raumordnungs-rechtliche Entwicklungsgebot (erst), wenn es der landesplanerischenGesamtkonzeption widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist.

4. Gebietsscharfe Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben ineinem Regionalplan, die einen Regionalen Grünzug überplanen,stellen keinen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne der natur-schutzrechtlichen Eingriffsregelung (§ 18 Abs. 1 BNatSchG) dar.

Vorinstanz: VGH Mannheim vom 19.12.2000 – 8 S 2477/99

Aus den Gründen:I. Die Antragstellerin, die in der südlichen Nachbarschaft von Stutt-gart gelegene Stadt Leinfelden-Echterdingen, wendet sich im Wegeder Normenkontrolle gegen die vom Antragsgegner am 21.7.1999beschlossene Teiländerung des Regionalplans für die Region Stutt-gart von 1989, die auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin je-weils einen Standort für die Erweiterung des Flughafens Stuttgartund für den Bau einer neuen Landesmesse ausweist. (...) Die über-planten Flächen waren im Regionalplan 1989 als Teile eines Regio-nalen Grünzuges ausgewiesen und werden überwiegend landwirt-schaftlich genutzt. Die Planänderung weist einen etwa 26 hagroßen, westlich an das Flughafengelände grenzenden Bereich ge-bietsscharf (Maßstab 1:50 000) als »Standort für regionalbedeut-same Infrastrukturvorhaben – Flughafenerweiterung« aus, an densich weiter nach Westen eine bis zur B 27 reichende Grünzäsuranschließt. Nach Plansatz 4.5.3. (Z) ist dieser Erweiterungsbereich»für den landseitigen Ausbau der regional- und landesbedeutsamenInfrastruktureinrichtung Landesflughafen zu sichern und von kon-kurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten«. Der Be-reich nördlich des Flughafens bis zum »Lachengraben« ist gebiets-scharf als »Standort für regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben– Messe« ausgewiesen. Plansatz 4.5.1. (Z) bestimmt, dass der Stand-ort »für den Ausbau der Landesmesse einschließlich der Nebenein-richtungen, die mit ihr in einem räumlichen und funktionalen Zu-sammenhang stehen, und für die innere Erschließung zu sichernund von konkurrierenden Planungen und Nutzungen freizuhalten(ist)«. Ein kleiner Teil dieses etwa 70 ha großen Bereichs ist zugleichals Fläche für die Flughafenerweiterung ausgewiesen. Der Bereichnordwestlich des »Lachengrabens« ist Teil eines sich nördlich fort-setzenden Regionalen Grünzugs.

In dem 1995 eingeleiteten Teiländerungsverfahren machte dieAntragstellerin geltend, dass die Standortausweisungen ihren be-reits verfestigten städtebaulichen Zielvorstellungen zuwiderliefenund zusammen mit den Vorbelastungen durch die auf ihrem Ge-biet bereits vorhandenen großräumigen Infrastruktureinrichtun-

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ZUR 2/200492

gesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzun-gen zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allge-meine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeitzu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen (BVerfGE 56,298, 313 f.; 76, 107, 119 f.; 103, 332, 365 ff.; zu den strengeren An-forderungen bei einer gesetzlichen Aufgabenentziehung siehe hin-gegen BVerfGE 79, 127, 153). Der Eingriff in die Planungshoheitder einzelnen Gemeinde muss gerade angesichts der Bedeutungder kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob die-se Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegeben-heiten im Wege der Güterabwägung zu ermitteln. Je stärker eineGemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem son-stigen Ausstattungspotential her einer Situationsgebundenheitunterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal an-knüpfen, zumutbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 – 4 NB20.91, BVerwGE 90, 329, 336; Urteil vom 14.12.2000 – 4 C 13.99,BVerwGE 112, 274, 291, im Anschluss an BVerfGE 76, 107, 119,123). Die Gemeinde ist ferner bei der Aufstellung des Regional-plans zu beteiligen. Ihr muss die substantielle Möglichkeit ver-bleiben, ihre städtebaulichen Interessen rechtzeitig und ausrei-chend in den Entscheidungsprozess einzubringen (vgl. BVerfGE76, 107, 122; BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 a.a.O., S. 335; Ur-teil vom 14.12.2000 a.a.O., S. 289; Urteil vom 182.1994 – 4 C 4.92– BVerwGE 95, 123, 131).

Unter diesen Voraussetzungen können auch gebietsscharfe Stan-dortausweisungen für Infrastrukturvorhaben mit Art. 28 Abs. 2 S. 1GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 76, 107, 121 zu Zielen einesRaumordnungsprogramms, die ein Drittel des Gemeindegebiets als»Vorrangstandort für großindustrielle Anlagen« festlegen). Die Auf-fassung der Revision, solche Ausweisungen verletzten wegen ihreshohen Konkretisierungsgrades grundsätzlich das kommunaleSelbstverwaltungsrecht, wird der gesetzlichen Aufgabenstellungder Regionalplanung nicht gerecht. Es gehört zu den herkömm-lichen Mitteln überörtlicher Koordination, Raumfunktionen zusichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungengeknüpft sind. So hat der erkennende Senat bereits entschieden,dass die regionalplanerische Ausweisung standortspezifischer Nut-zungsarten (z.B. Vorranggebiet für Erholung) in der Regel natur-räumlichen Zäsuren (Straßen, Schienenwege oder Flussläufe) folgt(BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 a.a.O., S. 336 f.), und nicht inFrage gestellt, dass solche Flächenfunktionszuweisungen »aus derNatur der Sache« gebietsscharf sein können.

Auch Standortausweisungen für Infrastrukturvorhaben sind wegenihrer Raum freihaltenden Zielrichtung auf einen hohen Konkre-tisierungsgrad angewiesen. Sie können ihre Steuerungsfunktion aufnachgeordneten Planungsstufen nur bei hinreichender räumlicherBestimmtheit entfalten. Die jeweilige Aussageschärfe einer Stand-ortausweisung (übergemeindlich, gemeindescharf oder gebiets-scharf) hängt davon ab, welchen Koordinierungsbedarf das Vor-haben im Hinblick auf überörtliche und damit raumbedeutsameBelange auslöst und ob die planerische Kraft einer oder mehrererGemeinden ausreicht, diesen Bedarf zu bewältigen (vgl. auchBVerwG, Urteil vom 4.5.1988 – 4 C 22.87, BVerwGE 79, 318, 320,zum Begriff der Vorhaben von überörtlicher Bedeutung in § 38BBauG/BauGB). Entscheidend sind die raumordnerischen Rah-menbedingungen und die raumstrukturellen Erfordernisse in derjeweiligen Planungsregion. Regionalplanerische Standortfestlegun-gen in einem großstädtischen Ballungsraum mit hoher baulicherVerdichtung erfordern im Allgemeinen ein höheres Maß an Pla-nungskoordination und räumlicher Bestimmtheit als Standortaus-weisungen in dünn besiedelten ländlichen Räumen. Ein Landesge-setzgeber, der (abstrakt-generell) zur gebietsscharfen Ausweisungvon Standorten für Infrastrukturmaßnahmen in einer Region ver-pflichtet, muss diesen Eingriff in die kommunale Planungshoheit

allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf solche Vor-haben begrenzen, die typischerweise aus überörtlichen, raumord-nerischen Gründen schwerer wiegen als das Interesse der Gemein-den, von der Standortausweisung verschont zu bleiben.

1.2.2. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG genügt diesen Anforderungen.Die Beteiligung der betroffenen Gemeinden an der Ausarbeitungdes Regionalplans ist sichergestellt (vgl. § 9 Abs. 2 LplG).

§ 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG verpflichtet nur zur Ausweisung»regionalbedeutsamer« Infrastrukturvorhaben. Das Erfordernis derRegionalbedeutsamkeit wird in § 8 Abs. 2 LplG näher definiert. Da-nach setzt die gebietsscharfe Standortausweisung in einem Regio-nalplan voraus, dass das Vorhaben erforderlich ist, um eine geord-nete, mit den Verkehrs- und Versorgungsnetzen abgestimmteEntwicklung der Siedlungs-, Freiraum- und Wirtschaftsstruktur derRegion sicherzustellen. Die Regionalbedeutsamkeit knüpft somitan überörtliche Belange von hohem Gewicht an. Die Verpflichtungzur gebietsscharfen Standortausweisung gilt zudem nur für die Re-gion Stuttgart. Die Eingrenzung auf die Region der Landeshaupt-stadt verschafft der Regelung in § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG eine zu-sätzliche Rechtfertigung.

In der von der Vorinstanz in Bezug genommenen Begründungfür das Gesetz über die Stärkung der Zusammenarbeit in der Regi-on Stuttgart vom 7.2.1994 (GBl. 1994, 92), das § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3in das Landesplanungsgesetz eingefügt hat, wird näher ausgeführt,dass der Gesetzgeber die Position der Region Stuttgart als bevölke-rungsreichste und wirtschaftsstärkste Region des Landes im euro-päischen und internationalen Wettbewerb habe stärken wollen.Entscheidend für die Standortentscheidung der Unternehmen seineben der Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industrieflächen in at-traktiven Lagen vor allem auch eine optimale Infrastrukturausstat-tung. In dieser Hinsicht sei die gegenwärtige Lage in der RegionStuttgart als hochbelastete Stadtregion defizitär und die Bedeutungder Region als Wirtschaftsstandort gefährdet. Die regionale Stan-dortsicherung und -vorsorge bilde daher eine dringende raumord-nerische Zukunftsaufgabe (vgl. LTDrucks. 11/3067, S. 1, 26 f.). Fürgroßräumig bedeutsame Einrichtungen (wie Güterverkehrszentren,Frachtzentren oder ein Messegelände u.ä.) sei es äußerst schwierig,geeignete Standorte zu finden. Die Akzeptanz bei den Gemeindenfür solche Vorhaben sei insbesondere dann gering, wenn von die-sen nur ein geringer finanzieller Gewinn, wenige zusätzliche Ar-beitsplätze oder eine Steigerung des Verkehrsaufkommens zu er-warten sei und Gewerbeflächen für die gemeindliche Entwicklungnicht mehr zur Verfügung stünden (a.a.O., S. 27).

Vor diesem Hintergrund ist dem Normenkontrollgericht darinzuzustimmen, dass der mit der gebietsscharfen Ausweisung von In-frastrukturvorhaben verbundene und hier umstrittene Eingriff indie kommunale Planungshoheit durch überörtliche Interessen vonhöherem Gewicht gerechtfertigt ist. Das gilt zunächst im Hinblickauf den hohen Konkretisierungsgrad einer gebietsscharfen Stand-ortentscheidung, der durch die enge Verflechtung örtlicher undüberörtlicher Belange in dem großstädtischen Ballungsraum unddurch die Erfordernisse einer wirkungsvollen planerischen Gesamt-koordination auf begrenztem Raum bedingt ist (vgl. dazu auchKilian/Müllers, VerwArch 1998, 25, 61 ff. m.w.N. zur Regionalpla-nung bei Stadt-Umland-Problemen in großstädtischen Verdich-tungsräumen).

Die vorgenannten Erwägungen des Gesetzgebers tragen auch diedem Träger der Regionalplanung in der Region Stuttgart gesetzlichauferlegte Verpflichtung zur Standortausweisung. Die Auswei-sungspflicht beschränkt zunächst den planerischen Abwägungs-spielraum, der dem Träger der Regionalplanung eingeräumt ist(vgl. nunmehr ausdrücklich § 7 Abs. 7 ROG 1998). Die gesetzlichePlanungspflicht nimmt ihm die Wahlmöglichkeit, von der gebiets-scharfen Ausweisung eines als regionalbedeutsam bewerteten In-

Rechtsprechung

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93ZUR 2/2004

frastrukturvorhabens in der Region Stuttgart aus Gründen, die erfür gewichtiger hält, Abstand zu nehmen. Mittelbar kann sich diePlanungspflicht auch zum Nachteil potenzieller Standortgemein-den in der Region auswirken, die sich gegen eine gebietsscharfeStandortfestlegung auf ihrer Gemarkung wenden. Das rechtfertigtsich jedoch ebenfalls aus den in der Gesetzesbegründung ange-führten überörtlichen Planungsinteressen und begegnet im Hin-blick auf Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keinen Bedenken. Der besondereraumordnerische Planungsbedarf im Umfeld der Landeshauptstadtentkräftet schließlich auch den Einwand der Revision, die gesetz-liche Ausweisungspflicht stelle eine gleichheitswidrige, willkürlicheSonderbelastung der Region Stuttgart im Verhältnis zu den ande-ren Regionen des Landes dar.

1.2.3. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Revision, § 8Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG verpflichte den Träger der Regionalplanung zurAusweisung von Standorten für Infrastrukturvorhaben in der RegionStuttgart ohne Rücksicht auf einen entsprechenden Bedarf. Das Nor-menkontrollgericht hat die Vorschrift für das Revisionsgericht bin-dend dahin ausgelegt, dass sie nicht zur Planung von Vorhaben ver-pflichte, für die es keinen Bedarf gebe. Die Ausweisung müsse ausraumordnerischen Gründen erforderlich sein; dazu gehöre auch,dass es für das Vorhaben selbst überhaupt einen Bedarf gebe. DerLandesgesetzgeber hat also nicht, wie die Revision aus der Auswei-sungspflicht schließt, auf eine Bedarfsprüfung »gesetzlich verzich-tet«. Ein derartiger Verzicht wäre mit den Grundsätzen einer rechts-staatlichen Planung auch nicht vereinbar und könnte einen Eingriffin die gemeindliche Planungshoheit nicht rechtfertigen.

1.3. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG ist mit dem Raumordnungsgesetz inder bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung (ROG 1993) ebenso ver-einbar wie mit dem Raumordnungsgesetz in der ab 1.1.1998 gelten-den Fassung (ROG 1998). Beide Gesetzesfassungen ermächtigen denLandesgesetzgeber zwar nicht ausdrücklich dazu, den Träger der Re-gionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung regionalbedeutsamerInfrastrukturvorhaben zu verpflichten. Sie stehen einer entspre-chenden landesrechtlichen Regelung aber auch nicht entgegen.

Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungenbeurteilen sich stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungs-planung sowie – im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit(Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßig-keit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehr-stufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmensdarf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur ge-bietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen,soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzennicht überschritten werden.

Die von der Revision angegriffene Pflicht zur Ausweisung vonInfrastrukturvorhaben steht auch nicht im Widerspruch zur rah-menrechtlichen Vorschrift des § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ROG 1998, dievorsieht, dass Raumordnungspläne die zu sichernden Standorteund Trassen für Infrastruktur festlegen »sollen«. Das Normen-kontrollgericht verweist zu Recht auf § 6 ROG 1998, nach dem dieLänder Rechtsgrundlagen für die Raumordnung auf ihrem Gebietim Rahmen der §§ 7 bis 16 ROG 1998 zu schaffen haben, weiter-gehende und ins Einzelne gehende landesrechtliche Vorschriftenjedoch zulässig sind, soweit diese den §§ 7 bis 16 ROG 1998 nichtwidersprechen (vgl. auch § 3 Abs. 2 S. 4 ROG 1993). § 7 Abs. 2 ROG1998 umschreibt den Mindestinhalt, den Raumordnungspläne imRegelfall enthalten sollen, und schließt die landesrechtliche Ein-führung einer Ausweisungspflicht für regionalbedeutsame Infra-strukturvorhaben in einer Region nicht aus, soweit die Aufgabender Regionalplanung nach der Wertung des Landesgesetzgebersdies erfordern. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Trägerder Regionalplanung die darin liegende Beschränkung seines Ab-wägungsspielraums hinzunehmen.

1.4. Zurückzuweisen ist schließlich das Vorbringen der Revision,die in § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG enthaltene Verpflichtung zur ge-bietsscharfen Ausweisung eines Messestandorts im Regionalplansei mit den bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 1 und 9 BauGBsowie § 11 Abs. 2 BauNVO nicht vereinbar. Diese Vorschriften be-hielten die Ausweisung eines Messegebiets einem von der Ge-meinde aufzustellenden Bebauungsplan vor; über den »Umweg«der Regionalplanung dürfe kein »Schatten«-Bodennutzungsrechtentstehen.

Nach § 11 Abs. 2 BauNVO gehören zwar Gebiete für Messen,Ausstellungen und Kongresse zu den (sonstigen) Sondergebieten,die eine Gemeinde im Bebauungsplan darstellen und festsetzenkann. Diese Planungsmöglichkeit steht jedoch unter dem Vorbe-halt, dass Ziele der Raumordnung nicht entgegenstehen. Nach § 1Abs. 4 BauGB sind Bebauungspläne den Zielen der Raumordnunganzupassen. Eine Gemeinde darf sich bei der Planung eines Messe-gebiets nicht in Widerspruch zur gebietsscharfen Standortauswei-sung im Regionalplan setzen, sie ist an die regionalplanerischeStandortentscheidung gebunden. Die Standortfestlegung schafft je-doch nur einen Rahmen, der im Hinblick auf ein konkretes Vorha-ben auszufüllen ist. Die Planung eines Messegebiets (§ 11 Abs. 2BauNVO) durch die Standortgemeinde bildet einen Weg derKonkretisierung. Insoweit schließen sich regionalplanerischeStandortentscheidung und kommunale Bauleitplanung nicht aus,sondern ergänzen sich.

Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass das Landes-messegesetz vom 15.12.1998 (GBl S. 666) die Errichtung derLandesmesse einem Fachplanungsvorbehalt unterwirft (§ 3 Lan-desmesseG) und damit der kommunalen Planungshoheit der An-tragstellerin vollständig entzieht. Dieser Umstand ist jedoch nichtgeeignet, verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung des § 8Abs. 3 S. 1 Nr. 3 LplG auszulösen. Rechtsgrundlage des Fachpla-nungsvorbehalts ist, wie das Normenkontrollgericht ausführt,nicht das Landesplanungsgesetz, sondern das Landesmessegesetz,das den in § 38 BauGB geregelten Vorrang der Fachplanung fürVorhaben von überörtlicher Bedeutung für sich in Anspruchnimmt.

2. Der Einwand der Revision, der Antragsgegner habe § 8 Abs. 3S. 1 Nr. 3 LplG – seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht un-terstellt – hinsichtlich der gebietsscharfen Ausweisung des Messe-standorts jedenfalls unter Verletzung zwingender Normen desRaumordnungsrechts umgesetzt, bleibt ebenfalls erfolglos. Soweitdie Antragstellerin Einwände dieser Art bereits gegenüber dem Nor-menkontrollgericht erhoben hat, werden sie im angefochtenen Ur-teil ohne Verstoß gegen Bundesrecht zurückgewiesen. Die in die-sem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen der Revisiongreifen nicht durch.

(...)2.3. Die Revision rügt ferner, das Normenkontrollgericht habe

übersehen, dass die Standortausweisung für die Landesmesse demraumordnungsrechtlichen Entwicklungsgebot widerspreche. Re-gionalpläne seien aus dem Raumordnungsplan für das Landesge-biet zu entwickeln. Der Landesentwicklungsplan Baden-Württem-berg weise einen Messestandort nicht aus. Er beschäftige sich garnicht mit dem »Messethema«. Die angegriffene Zielvorgabe 4.5.1»Standortsicherung Landesmesse« sei daher nichtig.

Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision nicht durch-dringen. Es kann dahin stehen, ob das Raumordnungsgesetz 1993die Träger der Regionalplanung unmittelbar verpflichtete, den Re-gionalplan aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet zuentwickeln (vgl. nunmehr die Rahmenvorschrift des § 9 Abs. 2 S. 1ROG 1998). Das raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot istjedenfalls nicht schon dann verletzt, wenn ein konkretes regional-planerisches Ziel formal keine Entsprechung im landesweiten

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ZUR 2/200494

Raumordnungsplan findet. Der Gehalt des Entwickelns bestehtauch hier in einer inhaltlichen, nämlich planerisch-konzeptionel-len Ableitung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.10.1984 – 4 N 4.84, BVer-wGE 70, 171, 177, zum Entwicklungsgebot in § 8 Abs. 2 S. 1BBauG/BauGB). Der Träger der Regionalplanung hat dabei die Zieleder Raumordnung im landesweiten Raumordnungsplan zu beach-ten (§ 3 Nr. 7, § 4 Abs. 1 S. 1 ROG 1998) und die Grundsätze derRaumordnung nach Maßgabe der landesweiten Grundkonzeptionzu konkretisieren (vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 ROG 1993,§ 7 Abs. 1 S. 1 ROG 1998).

Weist der landesweite Raumordnungsplan keinen Standort füreine Landesmesse aus, ist dies noch kein Indiz dafür, dass die Aus-weisung eines Messestandorts in einem Regionalplan die Grund-sätze der Raumordnung verletzt. Diese übergeordneten Grundsätzegebieten u.a., die Infrastruktur mit der Siedlungs- und Freiraum-struktur in Übereinstimmung zu bringen und verdichtete Räumeals Wohn-, Produktions- und Dienstleistungsschwerpunkte zusichern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 5 ROG 1993, § 2 Abs. 2 Nr. 4 und5 ROG 1998). Sie richten sich auch an die Regionalplanung und er-mächtigen diese auch zur Ausweisung von Infrastrukturvorhaben,die im landesweiten Raumordnungsplan (Landesentwicklungs-plan) noch keinen Niederschlag gefunden haben. Ein einzelnesZiel der Regionalplanung verletzt das so verstandene Entwick-lungsgebot erst, wenn es der landesplanerischen Gesamtkonzep-tion widerspricht oder nicht aus ihr abzuleiten ist (vgl. auch Run-kel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- undLandesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2002,Rn. 150 zu K § 3).

3. Die Ausführungen des Normenkontrollgerichts zur Planrecht-fertigung und zur regionalplanerischen Abwägung des Antragsgeg-ners stehen ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang.

3.1. (…) 3.2. Die Revision erhebt eine Reihe von Einwänden, welche die

Kriterien der Standortwahl und die Prüfung von Standortalterna-tiven betreffen. Sie sind unbegründet.

3.2.1. – 3.2.3 (…) 3.2.4. Die Revision rügt schließlich, der Antragsgegner habe den

Messestandort Böblingen vorzeitig ausgeschieden. Ein Standort-vergleich hätte ergeben, dass das Ziel der Messeansiedlung wenigereingreifend am Standort Böblingen zu verwirklichen sei, zumal die-se Stadt mit dem Neubau der Messe auf ihrem Gebiet einverstan-den sei. Auch mit diesem Einwand dringt die Revision nicht durch.Der Träger der Regionalplanung ist zwar nach allgemeinen Abwä-gungsgrundsätzen verpflichtet, ernsthaft in Betracht kommendeAlternativstandorte einer vergleichenden Prüfung aus raumordne-rischer Sicht zu unterziehen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, diePrüfung der Standortalternativen bis zuletzt offen zu halten undalle zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen glei-chermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Er brauchtden Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachge-rechte Standortwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Ver-fahrens erforderlich ist. Einen Alternativstandort, der ihm auf derGrundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, darfer in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Verfährt er indieser Weise, handelt er nicht abwägungsfehlerhaft, wenn sich spä-ter herausstellt, dass eine von ihm verworfene Alternative ebenfallsmit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann,wenn sich ihm die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdigehätte aufdrängen müssen (zu vergleichbaren Fragen der Alterna-tivenprüfung im Fachplanungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom25.1.1996 – 4 C 5.95, BVerwGE 100, 238, 249 f. m.w.N.).

(…)3.3. Entgegen der Revision hat das Normenkontrollgericht auch

die Auswirkungen der angegriffenen Standortentscheidungen auf

die kommunale Planungshoheit der Antragstellerin ohne Verstoßgegen Bundesrecht gewürdigt und eine Verletzung ihres kommu-nalen Selbstverwaltungsrechts verneint.

3.3.1. Die Antragstellerin rügt, das Normenkontrollgericht habees sich insoweit bei der Überprüfung der regionalplanerischen Ab-wägung »zu einfach gemacht«. Im Einzelnen trägt sie vor: Aufihrem Gebiet seien mit der A 8, der B 27 und dem InternationalenVerkehrsflughafen bereits drei große und überregional bedeutsame,raumgreifende Infrastrukturmaßnahmen angesiedelt; mit dem (ge-planten) »Filderbahnhof« (ICE-Bahnhof am Flughafen) und der»Gäubahn« kämen zwei weitere Vorhaben dieser Größenordnunghinzu. Damit sei die Grenze einer noch hinnehmbaren Gesamtbe-lastung überschritten. Die Standortentscheidungen für die Messeund die Flughafenerweiterung durchkreuzten auch ihre eigenenplanerischen Vorstellungen, die auf der Grundlage eines Auf-stellungsbeschlusses vom 12.12.1995 im Bebauungsplanentwurf»Lachenäcker« bis zur Planreife gediehen seien. Die Ansiedlung derLandesmesse werde den Fahrzeuglärm, die Luftverschmutzung undden Grad der Bodenversiegelung erheblich erhöhen. Der Stadt wer-de ein »städtebaulich nicht integrierbarer und siedlungsstrukturellnicht wieder gutzumachende Schäden anrichtender Fremdkörper«aufgezwungen. Der Verlust von Flächen für eine »Freiluftnutzung«werde den Betrieb zahlreicher öffentlicher Einrichtungen in Ech-terdingen und im gesamten Stadtgebiet (»Schulen, Kindergärten,Spiel- und Bolzplätze, Sportanlagen, Altenheime, Gemeindehallen,Rathaus, Stadtbücherei, Festplätze und Friedhöfe«) beeinträch-tigen. Hinsichtlich der planerischen Auswirkungen auf die Umwelt(Verkehrsbelastungen und Immissionen), die gemeindliche Infra-struktur und den messebedingten Siedlungsdruck zeige die Pla-nung des Antragsgegners eine »bedenkliche Konzeptionslosigkeit«.Die negativen Folgen der Standortentscheidungen seien regional-planerisch nicht bewältigt worden.

3.3.2. Der damit verbundene Vorwurf, das Normenkontrollge-richt habe die kommunalen Belange der Antragstellerin ebenso wieder Antragsgegner objektiv fehlgewichtet, gibt Anlass zu folgenderVorbemerkung:

Standortentscheidungen der Regionalplanung sind den Aufga-ben und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklungverpflichtet; sie dienen dem Ausgleich sozialer, wirtschaftlicherund ökologischer Ansprüche an die Raumnutzung. Nutzungsan-sprüche und ökologische Schutzansprüche sind räumlich in Ein-klang zu bringen. Diese Steuerungsfunktion prägt Gegenstand undInhalt des regionalplanerischen Abwägungsprogramms. Die An-forderungen an Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte der Stan-dortplanung hängen zwar maßgeblich vom Konkretisierungsgradder jeweiligen Zielaussage ab (vgl. bereits Senatsbeschluss vom20.8.1992 a.a.O., S. 334). Je konkreter die Festlegungen eines Re-gionalplans sind, umso schärfer sind die Raumverhältnisse im Um-feld des Standorts in den Blick zu nehmen. Das gilt insbesonderefür die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben inVerdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverunreinigun-gen, Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachteiligeAuswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehendenWirtschafts- und Sozialstrukturen befürchten lassen. Auch die ge-bietsscharfe Standortfestlegung in einem Regionalplan beschränktsich jedoch (nur) auf die Aussage, dass der ausgewählte Standortaus raumordnerischer Sicht geeignet ist, konkurrierende Raumnut-zungen und Raumfunktionen in einen dauerhaften, großräumigausgewogenen Ausgleich zu bringen. Dieses Ausgleichsziel be-stimmt die Zusammenstellung und Gewichtung des Abwägungs-materials. Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung derspezifisch fachgesetzlichen Anforderungen bleibt der Entscheidungüber die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung oder –gegebenenfalls nach einer bauleitplanerischen Konkretisierung –

Rechtsprechung

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95ZUR 2/2004

durch Genehmigung vorbehalten, in der dem Träger des Vor-habens auch die erforderlichen (baulichen, technischen oder be-trieblichen) Schutzvorkehrungen aufzuerlegen sind.

3.3.3. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Normenkon-trollgericht zu Recht entschieden, dass die Standortausweisungenund deren mittelbaren Auswirkungen auf das Gemeindegebietnicht in unverhältnismäßiger oder unzumutbarer Weise in dasSelbstverwaltungsrecht der Antragstellerin eingreifen.

(…)Das Normenkontrollgericht würdigt ferner die städtebaulichen

Zielvorstellungen der Antragstellerin, die im »Leitbild zur räumli-chen Entwicklung« vom September 1996 sowie im Vorentwurf desBebauungsplans »Lachenäcker« vom November 1996 konkretisiertworden sind. Angesichts der verfestigten Planungsabsichten derAntragstellerin überzeugt der Hinweis der Revision auf den anteili-gen Verlust von Siedlungsraum nicht. Die Standortausweisungenbeseitigen keine potentiellen Siedlungsflächen. Die Vorinstanzführt hierzu aus, dass das zwischen der A 8, der B 27 und dem Flug-hafen Stuttgart gelegene Plangebiet nach den Vorstellungen derAntragstellerin als Fläche für die Landwirtschaft bzw. als öffent-liche Grünfläche mit wichtigen Funktionen für Ökologie, Sied-lungsgefüge und Landwirtschaft ausgewiesen werden solle. DieStandortflächen lägen nicht in der Mitte des Gemeindegebiets,sondern in einem Randbezirk in der Nähe der Gemarkungsgrenze,der bereits jetzt durch die A 8 und den Flughafen vorbelastet sei.Bei dieser Sachlage war die Vorinstanz nicht gehalten, den stand-ortbedingten Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt einer Ver-kleinerung gemeindlicher Siedlungsreserven weiter nachzugehen.

Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass der Neubau der Landes-messe am vorgesehenen Standort angesichts der tatsächlichenGegebenheiten keine wesentliche Abkehr von der geplanten »po-lyzentralen Siedlungsstruktur« (Untergliederung der Gesamtstadtin räumlich eigenständige Stadtteile) bedeute. Auch nach dem Bauder Landesmesse bleibe zwischen dem Stadtteil Echterdingen unddem – von der Antragstellerin als fünften Stadtteil bezeichneten –Flughafen ein Freiraum von etwa 400 m. Im Einklang mit derRechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt die Vorin-stanz auch, dass sich die besonders günstige Verkehrslage desMessestandorts insgesamt im Sinne einer gewissen »Situationsge-bundenheit« schutzmindernd zu Lasten der Antragstellerin aus-wirkt (vgl. die Nachweise oben unter 1.2.1).

Nicht einschränkungslos zuzustimmen ist hingegen der Erwä-gung der Vorinstanz, es dürfe zu Lasten der Antragstellerin nichtaußer Acht gelassen werden, dass sie ihre städtebaulichen Vorstel-lungen zur Messefläche erst entwickelt habe, nachdem das Verfah-ren zur Teiländerung des Regionalplans eingeleitet worden sei undder Messestandort sich auf Grund der Standortanalyse »Internatio-nale Messe Stuttgart« vom Dezember 1993 bereits abgezeichnethabe. Das Abwägungskriterium der zeitlichen Priorität, das zumVerhältnis der Fachplanung zur Bauleitplanung entwickelt wordenist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.1996 – 4 C 26.94, BVerwGE 100,388, 394 m.w.N.), stellt keine formale Vorrangregel des Inhalts dar,dass sich die frühere Planung stets gegenüber der späteren durch-setzt. Das Kriterium der Priorität soll auch sicherstellen, dass dieje-nige Planung grundsätzlich Rücksicht auf die andere nimmt, dieden zeitlichen Vorsprung hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.3.1996a.a.O. m.w.N.). Das Gewicht gemeindlicher Planungsvorstellungenin der regionalplanerischen Abwägung wird zwar in der Regelumso größer sein, je frühzeitiger, konkreter und rechtlich verfe-stigter sie sich bei Einleitung des regionalplanerischen Verfahrensdarstellen. Auch eine Gemeinde, die sich bisher auf Teilflächenihres Gebiets planerisch zurückgehalten hat, weil sie angesichtseiner regionalplanerischen Zielaussage (z.B. Regionaler Grünzug,Vorranggebiet für Erholung) keinen aktuellen Planungsbedarf ge-

sehen hat, darf jedoch beanspruchen, dass ihre aus Anlass einer ge-planten Regionalplanänderung intensivierten städtebaulichen Pla-nungen vom Träger der Regionalplanung zur Kenntnis genommenund unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahmegewürdigt werden. Nach den Ausführungen der Vorinstanz ist diesim Streitfall ausreichend und ohne Abwägungsfehler geschehen.

(…) 3.4. Das Normenkontrollgericht ist der Ansicht, die Standortaus-

weisungen seien auch nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil derAntragsgegner sich »keine ins Einzelne gehenden Gedanken« dar-über gemacht habe, auf welche Weise und an welcher Stelle die mitdem Bau der Landesmesse und der Flughafenerweiterung unver-meidlich verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeg-lichen werden könnten. Dagegen richtet sich ein weiterer Angriffder Revision:

Die Standortausweisungen des Regionalplans verschlechtertenden Zustand von Natur und Landschaft in mehrfacher Hinsicht.Rechtlich lägen zwei Eingriffe vor, die es nach dem Grundgedan-ken des (hier noch anzuwendenden) § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. zuvermeiden bzw. auszugleichen gelte. Ein Eingriff in Natur undLandschaft bestehe darin, dass die Standortentscheidungen den imfrüheren Regionalplan auf den Standortflächen ausgewiesenen Re-gionalen Grünzug »Nr. 41 Filderebene – westl. Neckartal« teilweisebeseitigten. Der zweite Eingriff liege darin, dass die Standort-festschreibungen den Bau der Landesmesse und die Erweiterungdes Flughafens vorbereiteten. Der zweite Eingriff sei nach den Aus-führungen im angefochtenen Urteil nach Maßgabe des § 8 Abs. 1BNatSchG a.F. (erst) in den nachfolgenden Planfeststellungsver-fahren (§ 3 LandesmesseG, § 8 Abs. 1 S. 1 LuftVG) auszugleichen;insoweit nimmt die Revision das Normenkontrollurteil hin. Denersten Eingriff müsse jedoch der Regionalplan selbst ausgleichen.Der Regionale Grünzug habe überregional und regional bedeutsa-me Funktionen erfüllt, die durch die Standortentscheidungen un-wiederbringlich verloren gingen. Die Notwendigkeit, diesen Ver-lust bereits auf der Ebene der Regionalplanung zu kompensieren,folge auch aus dem Gebot der planerischen Konfliktbewältigung.Ein Konflikttransfer in die Planfeststellungsverfahren sei nichtmöglich, da entsprechende Ausgleichsflächen im stark bean-spruchten »Filderraum« nicht verfügbar seien.

Dieses Vorbringen verknüpft die naturschutzrechtliche Eingriffs-regelung zunächst in unzulässiger Weise mit regionalplanerischenStandortausweisungen. Standortfestschreibungen für Infrastruktur-vorhaben im Wege der Regionalplanung stellen keine Eingriffe inNatur und Landschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 bis 3 BNatSchG a.F.(§ 18 Abs. 1 BNatSchG 2002) dar. Die Eingriffsregelung ergänzt diefachrechtlichen Zulassungstatbestände. Sie enthält zusätzliche An-forderungen, die zu den fachgesetzlichen Zulässigkeitsvorausset-zungen hinzutreten. Die mit der Eingriffsregelung verbundenenRechtsfolgen werden überhaupt erst dadurch ausgelöst, dass dasFachrecht den Weg für die Zulassung des Vorhabens, das den Tat-bestand des § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F. erfüllt, frei macht. Das hat derSenat in seinem Urteil vom 7.3.1997 – 4 C 10.96 (BVerwGE 104,144, 147 f.) aus dem Wortlaut und der Systematik des § 8 Abs. 2 S. 1und Abs. 3 BNatSchG a.F. abgeleitet. Danach ist es das Ziel der Ein-griffsregelung, den fachgesetzlichen Zulässigkeitstatbeständen einauf die Bedürfnisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu-geschnittenes »Folgenbeseitigungssystem« als »sekundärrechtli-ches« Instrument zur Seite zu stellen (BVerwG, Urteil vom 7.3.1997a.a.O. S. 148). Die Standortausweisung für ein Infrastrukturvorha-ben in der Form eines Ziels der Regionalplanung bildet keinen fach-rechtlichen Zulassungstatbestand im dargelegten Sinne.

(…)

BVerwG, Anforderungen an gebietsschar fe Ausweisung von In f rast rukturvorhaben in der Raumordnung

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ZUR 2/200496

Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 AZ: 4 CN 9.01Rechtliche Anforderungen an regionalplanerische Stand-ortausweisungen

I. Das BVerwG hatte sich in dem vorstehendem Urteil mit einer Be-sonderheit des Landesplanungsgesetzes Baden-Württemberg zu be-fassen, die mittlerweile gar nicht mehr in Geltung ist1, nämlich derlandesgesetzlich festgelegten Pflicht des Trägers der Regional-planung, »im Regionalplan für die Region Stuttgart« u. a. »Stan-dorte für regionalbedeutsame Infrastrukturvorhaben« gebietsscharfauszuweisen (siehe § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW a. F.). Die Entscheidungdes BVerwG ist aber trotz dieses besonderen Ausgangspunktes vongroßem allgemeinem Interesse, weil sie nicht nur die Frage derRechtmäßigkeit einer landesgesetzlichen Ermächtigung bzw. Ver-pflichtung für den Träger der Regionalplanung betrifft, sondernsich auch und gerade mit der Frage der Rechtmäßigkeit der auf derGrundlage der landesgesetzlichen Regelung erfolgten regionalpla-nerischen Standortausweisung befasst. In beiden Bereichen werdenwichtige Voraussetzungen und Grenzen für Eingriffe in die kom-munale Planungshoheit bestimmt.

II. Nach Auffassung des BVerwG verstößt die mittlerweile vom Landes-gesetzgeber aufgehobene Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW nichtgegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie. Das Gericht misstden gesetzlichen Eingriff in die kommunale Planungshoheit an denMaßstäben, die das BVerfG in seiner Wilhelmshaven-Entscheidungentwickelt hat2, und orientiert sich damit an der bisherigen Recht-sprechung, die auch für konkrete Ausweisungen durch den Trägerder Regionalplanung gilt, soweit diese die Planungshoheit der Ge-meinden einschränken3. Demgemäß darf auf räumlich bestimmteGemeindegebietsteile nur dann planerisch durchgegriffen werden,wenn dies durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht ge-rechtfertigt, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ge-wahrt und die Kommune an dem höherstufigen Planungsprozess be-teiligt worden ist.

Das Kriterium der »überörtlichen Interessen von höherem Ge-wicht«, das im Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem alle Eingriffe in diekommunale Planungshoheit genügen müssen, wurzelt4, verlangt,dass bereits auf der landesplanerischen (regionalplanerischen) Ebeneeine überörtliche und überfachliche gesamtplanerische Interessen-abwägung und Konfliktklärung stattgefunden hat5. Soweit eine (lan-des-)gesetzliche Regelung den Träger der Regionalplanung dazu ver-pflichtet, den Kommunen für spezifische Zwecke gebietsscharfeVorgaben für die Flächennutzung zu machen, betont das Gericht,dass es sich um solche Zwecke handeln muss, die typischerweise ausüberörtlichen, raumordnerischen Gründen schwerer wiegen als dasInteresse der Gemeinden, von der Ausweisung verschont zu blei-ben6. In diesem Zusammenhang hebt das Gericht auch hervor, dassgebietsscharfe Standortausweisungen in besonderem Maße in diekommunale Planungshoheit eingreifen, weil durch die gebietsschar-fe Festlegung die i. d. R. erforderliche nachfolgende kommunale Pla-nungsentscheidung in stärkerem Maße berührt wird.

Für die Interessenabwägung bzw. Verhältnismäßigkeitsprüfung aufder Ebene der gesetzlichen Festlegung sind die besonderen Lagevor-teile oder Standortbedingungen bedeutsam, weil aus der geographi-schen Lage eine gewisse Situationsgebundenheit resultiert, aus dersich Funktionszuweisungen gleichsam »aus der Natur der Sache« er-geben können7. Dies gilt etwa für gemeindliche Räume mit besonde-rem naturschutzfachlichem Potenzial, aber auch für gemeindlicheRäume, in denen sich gemäß ihrer Lage spezifische Standortsicherun-gen aufdrängen. Im vorstehenden Fall sah das Gericht das Kriteriumder »überörtlichen Interessen von höherem Gewicht« und die spezi-

fischen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit als erfüllt an, weildurch die Verpflichtungsnorm des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW die Stand-ortausweisungspflicht sachlich nur auf »regionalbedeutsame Infra-strukturvorhaben« beschränkt, und weil die Pflicht örtlich nur auf denRegionalplan der »Region Stuttgart« begrenzt worden sei8. Gerade inder Begrenzung auf die »Region Stuttgart« sah das BVerwG eine zu-sätzliche Rechtfertigung für die gesetzliche Regelung, weil die RegionStuttgart als bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Region desLandes zur Sicherung ihrer Stellung auf eine optimale Infrastruktu-rausstattung angewiesen sei und die regionale Standortsicherung da-her eine dringende raumordnerische Zukunftsaufgabe bilde9.

Zu Recht betont das BVerwG darüber hinaus, dass die Standort-ausweisung im Regionalplan nur dann erfolgen dürfe, wenn festste-he, dass es für die Standortausweisung einen Bedarf gebe. Die lan-desgesetzliche Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW dürfe also nichtso gelesen werden, dass der zuständige Träger der Regionalplanungvon einer entsprechenden Prüfung dispensiert sei10.

III. Eine landesgesetzliche Regelung, die bestimmte Träger der Regional-planung dazu ermächtigt und verpflichtet, regionalbedeutsame In-frastrukturvorhaben gebietsscharf auszuweisen, stellt den Träger derRegionalplanung nicht von vorn herein von Prüfungen frei. Auchdie konkrete Standortausweisung im Regionalplan muss durchüberörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt sein.Mag die gesetzliche Regelung diesen Maßstab erfüllen, so bedeutetdas noch nicht, dass auch die konkrete Ausweisung im Regionalplandiesen Anforderungen genügt, weil mit der Konkretisierung der Aus-weisung die Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte zunimmt unddie Interessenabwägung und Konfliktklärung sehr viel dezidierterausfallen kann. Neben der bereits erwähnten Bedarfsprüfung analogder Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht11 sind nun auchPlanungsalternativen für den Infrastrukturstandort zu prüfen12. Undauch die betroffenen kommunalen Belange, insbesondere die entge-genstehenden städtebaulichen Zielvorstellungen sowie die Umwelt-auswirkungen, lassen sich auf dieser Ebene sehr viel konkreter erfas-sen und gewichten. Das BVerwG bringt in seinem Urteil deutlichzum Ausdruck, dass »Standortentscheidungen der Regionalplanungden Aufgaben und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raument-wicklung verpflichtet (sind)«13 und führt in diesem Zusammenhangaus: »Je konkreter die Festlegungen eines Regionalplanes sind, umsoschärfer sind die Raumverhältnisse in den Blick zu nehmen. Das giltinsbesondere für die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastruktur-vorhaben in Verdichtungsräumen, die Lärmbelastungen, Luftverun-reinigungen, Überlastungen der Verkehrsnetze oder andere nachtei-lige Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die bestehendenWirtschafts- und Sozialstrukturen befürchten lassen«14.

Im konkreten Fall akzeptierte das Gericht die Standortausweisung,weil der Bedarf für einen Messestandort gegeben war, andere Ge-meinden in der Region entsprechend der Vorgaben des Alterna-

Rechtsprechung

1 Im Jahre 2003 ist das Landesplanungsgesetz Baden-Württemberg novelliert wor-den. Die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 1 LPlG BW wurde aufgehoben (GBl. I, S. 385).

2 BVerfG, Beschl. v. 23.6.1987, BVerfGE 76, 107 ff.3 Siehe VerfGH NW, DVBl. 1990, 417; BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992, BVerwGE

90, 329 ff.4 Siehe die Wilhelmshaven-Entscheidung des BVerfG, in der das Gericht das

Kriterium der überörtlichen Interessen von höherem Gewicht aus dem Ver-hältnismäßigkeitsprinzip entwickelt hat; vgl. BVerfGE 76, 107, 119 f.

5 Vgl. BVerwGE 90, 329, 333.6 Vgl. BVerwG, in diesem Heft, S. 92.7 Siehe insoweit BVerwGE 90, 329, 336.8 BVerwG, in diesem Heft, S. 92.9 BVerwG, in diesem Heft, S. 92.

10 BVerwG, in diesem Heft, S. 93.11 BVerwG, in diesem Heft, S. 93.12 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.13 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.14 BVerwG, in diesem Heft, S. 94.

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tivenprüfungsgebotes aus der weiteren Prüfung ausgeschlossen wer-den durften, die städtebaulichen Zielvorstellungen der betroffenenStadt nur randständig berührt waren und keine erheblichen Um-weltmehrbelastungen prognostiziert worden sind.

IV. Die umstrittene Festlegung »Der in der Raumnutzungskarte gebiets-scharf ausgewiesene `Standort für regionalbedeutsame Infrastruktur-vorhaben – Messe´ ist für den Bau der Landesmesse (…) zu sichernund von entgegenstehenden Planungen und Nutzungen freizuhal-ten« war als Ziel der Raumordnung in die Teiländerung des Regio-nalplans für die Region Stuttgart aufgenommen worden. Mit einersolchen regionalplanerischen Standortfestlegung wird die raumord-nerische Entscheidung bezüglich eines Vorhabens getroffen, d. h.allein die Standortfrage wird räumlich und sachlich geklärt. DieZulässigkeit des konkreten Vorhabens unter bau- und fachplanungs-rechtlichen Aspekten klärt erst das nachfolgende Planungsverfahren(hier ein Planfeststellungsverfahren, § 3 Landesmessegesetz15).

Zielformulierungen in Raumordnungsplänen haben einen Letzt-entscheidungscharakter und entziehen sich daher einer weiteren Ab-wägung, müssen aber ihrerseits dem Abwägungsgebot genügen16;deshalb sind die kommunalen Bauleitpläne diesen Zielen anzupas-sen, wie es § 1 Abs. 4 BauGB formuliert. Inhaltlich müssen Ziele derRaumordnung in sachlicher und räumlicher Hinsicht (vgl. § 3 Nr. 2ROG) so konkret sein, dass für die Adressaten erkennbar ist, was imEinzelnen Gegenstand der an sie gerichteten Pflichten ist. Das Zielmuss sich daher geographisch auf einen bestimmten Raum beziehenund inhaltlich eine Aussage treffen, der sich eindeutig entnehmenlässt, welche konkrete Maßnahme bzw. welcher konkreter Zweckverfolgt wird17.

Die Besonderheit in der vorliegenden Entscheidung liegt darin,dass die Stadt Leinfelden-Echterdingen mit einer gebietsscharfenStandortentscheidung konfrontiert wurde; mithin die räumlicheKonkretheit sehr hoch war. Festlegungen in Raumordnungsplänenmüssen grundsätzlich übergemeindlich erfolgen, also ein größeresGebiet umfassen. Es muss regelmäßig ein hinreichender Gestal-tungsspielraum für eigene, substanzielle gewichtige planerische Ent-scheidungen auf gemeindlicher Ebene verbleiben18. Raumordneri-sche Festlegungen können unter Umständen noch gemeindescharferfolgen und sich auf die Kommune als Einheit beziehen, wenn dasaus der Natur der Sache heraus erforderlich ist (z. B. die Festlegungzur Zentralitätsstufe (Ober-, Mittel oder Unterzentrum)). Bei gebiets-scharfen Festlegungen – wie im vorliegenden Fall – wird jedoch eininnergemeindlich ausgerichteter Planinhalt formuliert19. Eine solchegebietsscharfe Festlegung ist nur unter den oben genannten ganzstreng formulierten Voraussetzungen zulässig. Unter keinen Um-ständen zulässig sind parzellenscharfe Aussagen; diese bleiben derBauleitplanung vorbehalten.

Die Festlegung als Standort (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2b 2. Alt. und Nr. 3ROG) ist als begriffliche Abgrenzung zu einem Gebiet (vgl. § 7 Abs. 4ROG), Teilraum oder Bereich zu verstehen. Es handelt sich dabeinicht um rechtlich unterschiedliche Formen der Festlegungen, son-dern betrifft nur die Ausdehnung20. Standortausweisungen erfolgenhauptsächlich bezüglich Windenergie, Handel (Einkaufszentren,großflächige Einzelhandelsbetriebe, Factory-Outlet-Center) und Frei-zeiteinrichtungen; gebietsbezogene Flächenausweisungen sind z. B.Vorranggebiete für Grünzüge und für den Hochwasserschutz. SolcheAusweisungen haben für die Gemeinden nur freihaltenden Charak-ter, d. h. sie können auf diesen Flächen keine eigenen planerischenAktivitäten durchführen.

V. Träger der Regionalplanung ist im vorliegenden Fall ein Verband21.Dies ist für die Ausweisung einer gebietsscharfen Standortauswei-

sung aber nicht zwingend. Es ist nur so, dass sich Planungsverbände(z. B. Verband Region Stuttgart, Raumordnungsverband Rhein-Neck-ar, Zweckverband Großraum Braunschweig, Region Hannover) dortkonstituieren, wo es einen erhöhten Planungsbedarf gibt, etwa inVerdichtungsräumen. Die von der Rechtsprechung für eine gebiets-scharfe Standortausweisung erforderliche Situationsgebundenheit(dichte Besiedlung, großstädtischer Ballungsraum mit hoher bau-licher Verdichtung) liegt in diesen Gebieten offensichtlicher vor alsin anderen Gebieten.

Die Träger der Regionalplanung können solche gebietsscharfenAusweisungen in einem neu zu erstellenden Regionalplan auf-nehmen; sie können aber auch einen Teilplan erstellen. Sowohl fürRegionalpläne als auch für Teilpläne gilt über § 1 Abs. 3 ROG diewechselseitige Beziehung raumordnerischer Planungen (Gegen-stromprinzip). Bei Regionalplänen wird über § 9 Abs. 2 S. 2 ROG die-ses Gebot auf die Berücksichtigung von Flächennutzungsplänen undbeschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen erweitert. Glei-ches muss auch für Teilpläne gelten, auch wenn dies nicht ausdrück-lich erwähnt wird, da ansonsten der Träger der Regionalplanungdurch Aufstellen von Teilplänen die bei Regionalplänen erforderlicheBerücksichtigung bauleitplanerischer Planungen umgehen könnte.

Bebauungspläne und Leitbilder sind bei einer regionalplaneri-schen Standortentscheidung in die Abwägung einzustellen22; im vor-liegenden Fall war auch ein Bebauungsplan einzubeziehen, der sichnoch im Stadium des Entwurfes befand, weil das damals geltende ba-den-württembergische Landesplanungsgesetz die Berücksichtigungvorschrieb. Im aktuellen Landesplanungsgesetz wird demgegenüber– wie auch sonst in den Raumordnungsgesetzen – eine Berücksichti-gung lediglich beschlossener städtebaulicher Planungen verlangt(vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 LPlG BW und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). »Leitbilder«sind eine informelle Planung, mit der eine Kommune Zielvorstel-lungen und Visionen zu der räumlichen Stadtentwicklung festlegt.Mit der Pflicht zur Berücksichtigung städtebaulicher Leitbilder in derregionalplanerischen Abwägung werden die kommunalen Belangegestärkt und die Bedeutung des Gegenstromprinzips hervorgehoben.Dieses in § 1 Abs. 3 ROG geregelte Prinzip verlangt, dass sich Ent-wicklung, Ordnung und Sicherung von Teilräumen in die Gegeben-heiten und Erfordernisse des Gesamtraumes einfügen müssen unddie Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraumes die Ge-gebenheiten und Erfordernisse der Teilräume berücksichtigen sollen.

Eine Stärkung der Regionalplanung stellt die Entscheidung insoferndar, als das Urteil unterstreicht, dass regionalplanerische Ziele nichtzwingend Entsprechungen im Landesraumordnungsplan habenmüssen. Ein Widerspruch zwischen Landes- und Regionalplanungliege erst dann vor, wenn das regionalplanerische Ziel der landes-planerischen Gesamtkonzeption widerspreche. Die Regionalplanungkann also eigene Entscheidungen treffen; die Landesplanung muss,wenn sie Vorgaben machen will, diese ausdrücklich formulieren, seies durch einzelne Festlegungen oder im Rahmen des Gesamtkon-zeptes. Auch Teiländerungen des Regionalplanes sind zulässig, wennder Träger der Regionalplanung eine revidierende Entscheidung ge-fällt hat und eine in einem früheren Regionalplan bestimmte Fest-legung ändern möchte.

Wolfgang Köck/ Jana Bovet

Anmerkung Bovet/Köck zum Urte i l des BVerwG

15 Landesmessegesetz vom 15.12.1998, abgedruckt GBl. I, S.666.16 Dazu auch VGH Kassel, Urt. v. 16.8.2002, NVwZ – RR 2003, 229, 231.17 BVerwGE 68, 311, 316 f.; 68, 319, 320 ff.; Hoppe, DVBl. 1999, 1457, 1458;

Runkel, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 3Rn. 30 ff., K § 4 Rn. 66 ff.

18 Runkel, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 3Rn. 109.

19 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung, S. 54; Erbguth/ Schoeneberg, Raumord-nungs- und Landesplanungsrecht, Rn. 53 f.; Brohm, DVBl. 1980, 653, der denBegriff der Bereichsschärfe vorzieht.

20 Brohm, DVBl. 1980, 653 f.21 Vgl. dazu: Groß, VBlBW 1994, 429, 430.22 BVerwG, in diesem Heft, S. (UA, Punkt 3.3.3).

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ZUR 2/200498

Rechtsprechung

BVerwGLärmschutz für Hochhäuser an SchienenwegenUrteil vom 24. September 2003 – 9 A 69.02

Leitsätze:1. Bei der Wiederertüchtigung der Anhalter Bahn in Berlin als Haupt-

verbindung im transeuropäischen Eisenbahnnetz ist der Bahn aufdem vorhandenen Bahndamm eine Flächenbewirtschaftung zuzuge-stehen, die dem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel Rechnungträgt, das Streckennetz nach Bedarf zukünftigen Entwicklungen an-zupassen. (nur LS, die Red.)

2. Auch bei mit Schienenverkehrslärm vorbelasteten Hochhäusern darfnicht davon ausgegangen werden, dass der für die niedrigere Umge-bungsbebauung angestrebte Schutzstandard ausreicht, um dem von§ 41 Abs. 2 BImSchG geforderten Vorrang des aktiven LärmschutzesRechnung zu tragen. Das mit einer Hochhausbebauung einher-gehende Lärmschutzproblem ist vielmehr auf der Grundlage einerdifferenzierten Kosten-Nutzen-Analyse einer ausgewogenen Lösungzuzuführen.

Aus den Gründen:I. Die Klägerin, eine Berliner Wohnungsgesellschaft, wendet sich

mit der Forderung nach verbessertem Lärm- und Erschütterungs-schutz gegen die Planfeststellung für den zweigleisigen Wiederauf-bau und die Elektrifizierung eines Streckenabschnitts der in Berlin als»Anhalter Bahn« bezeichneten Eisenbahnstrecke. (...)

II. Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin kann beanspru-chen, dass die Beklagte über die von der Klägerin geforderte Verbes-serung des aktiven Schallschutzes unter Beachtung der Rechtsauffas-sung des erkennenden Senats erneut entscheidet. Der Senat billigtzwar im Grundsatz das planfestgestellte Lärmschutzkonzept (nach-folgend 1. bis 3.). Er hält es aber dennoch für rechtlich fehlerhaft, wieder Planfeststellungsbeschluss zu dem Ergebnis gelangt ist, im Be-reich der Gebäude C und R sei aus Kostengründen eine weitere Er-höhung der Lärmschutzwände verzichtbar (nachfolgend 4.). (...)

4. Erfolg hat die Klage mit der Rüge, dass bei der Entscheidung, imFalle der Häuser R und C auf eine weitere Erhöhung der Lärm-schutzwände zu verzichten, der von § 41 Abs. 2 BImSchG geforder-te Vorrang des aktiven Lärmschutzes vor Maßnahmen des passivenLärmschutzes nicht beachtet worden ist. Auch unter Berücksichti-gung der Erläuterungen, die von der Beklagten und der Beigeladenenim Klageverfahren zu dem mit der Planfeststellung verfolgten Lärm-schutzkonzept gegeben worden sind, können die insoweit im Plan-feststellungsbeschluss zum Ausdruck kommenden Erwägungennicht als tragfähig angesehen werden. Die Frage, ob eine weitereErhöhung der Lärmschutzwände unterbleiben darf, weil »die Kostender Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebtenSchutzzweck stehen würden«, bedarf einer erneuten Oberprüfungdurch die Planfeststellungsbehörde.

a) Seine Auslegung der Vorschrift des § 41 Abs. 2 BImSchG hat derSenat in den zum Fall »Aumühle« ergangenen Entscheidungen (u.a.BVerwG, Urteil vom 15.3.2000 – 11 A 42.97, BVerwGE 110, 370, 380ff.) verlautbart. Der Senat hat darin insbesondere an seiner schonfrüher geäußerten Auffassung festgehalten, dass der Planfeststel-lungsbehörde im Rahmen ihrer Verhältnismäßigkeitsprüfung einAbwägungsspielraum verbleibt, der es gestattet, neben dem – in derNorm ausdrücklich benannten – Kostengesichtspunkt auch andereBelange zu berücksichtigen, die einer weiteren Wanderhöhung ent-gegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.3.1997 – 11 A 25.95, BVer-wGE 104, 123, 139). Bei dem Gebäude wird die Planfeststellungs-behörde deswegen darauf abheben dürfen, dass die östlicheLärmschutzwand nicht beliebig erhöht werden kann, ohne dass da-durch ein städtebaulich nicht vertretbarer Zustand geschaffen wird.Da die Eisenbahntrasse hier in einer Dammlage verläuft, die von der

Hausfront nur durch eine als Feuerwehrzufahrt dienende Zuwegunggetrennt ist, wird von der Klägerin selbst geltend gemacht, dassschon die jetzt planfestgestellte Wand mit 3,5 m das Gebäude ange-sichts des geringen Abstands unzumutbar verschatten würde. DerPlanfeststellungsbeschluss hat dies zwar mit vertretbaren Erwägun-gen verneint. Es steht aber fest, dass an dieser Stelle für eine weitereWanderhöhung – unabhängig von der Kostenfrage – nur ein sehr ge-ringer Spielraum verbleibt. Nach Aktenlage kann der Senat allerdingsnicht ausschließen, dass etwa auch eine 4 m hohe Lärmschutzwandunter städtebaulichen Gesichtspunkten noch hinnehmbar wäre,weil die Verschattungswirkung bei einer Wanderhöhung von 0,5 mnur unwesentlich gesteigert würde. In der mündlichen Verhandlunghat die Klägerin jedenfalls nicht zu erkennen gegeben, dass von ihr– unter Beibehaltung der planfestgestellten Trasse – jede weitereWanderhöhung von vornherein als unzumutbar abgelehnt wird.

Einer Wanderhöhung zum Schutz des Hauses R.-Str. werden allerVoraussicht nach städtebauliche oder landschaftspflegerische Grün-de nicht entgegenstehen. Das zuständige Bezirksamt Schönefeld hatin seiner Stellungnahme jedenfalls mitgeteilt, dass eine Wander-höhung »auch bei schwieriger städtebaulicher Anpassung« im Inter-esse eines verbesserten aktiven Lärmschutzes bewusst hingenommenwerde (PFB S. 66).

b) Der Planfeststellungsbeschluss geht – im Anschluss an die Stel-lungnahme der Beigeladenen (PFB S. 68 f.) – davon aus, dass dieLärmschutzwände längs der Anhalter Bahn so hoch sein werden,dass unter Berücksichtigung des Verfahrens BüG im Planfeststel-lungsabschnitt die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16.BImSchV eingehalten werden. Das gilt aber nicht für die beidenHochhäuser R.-Str. und C.-Str.. Für diese Hochhäuser wird ein »Voll-schutz« aus Kostengründen nicht angestrebt. Die hier festgesetztenWandhöhen bieten den Hochhäusern vielmehr lediglich so vielSchutz, wie er sich aus dem angestrebten Schallschutz für die niedri-gere Umgebungsbebauung ableitet.

Grundlage für diese Entscheidung war eine Untersuchung vonHöhenvarianten der Schallschutzwände vom 28.11.1997 (Ergän-zung zu Anlage 10.1 des PFB). Zweck der Untersuchung war es, durcheine stufenweise Erhöhung der vorgesehenen Lärmschutzwändebzw. durch Betrachtung zusätzlicher Lärmschutzwände abzu-schätzen, in welchem Umfang sich die Lärmsituation verbessernwürde und welche Kosten hierfür aufzuwenden wären. Für das Ge-bäude C.-Str., das im untersuchten Bereich 2 (Tabellen Anhang 1.6bis 1.11) liegt, wird danach ein »Vollschutz« erst bei Errichtung vonfünf Wänden mit Höhen bis zu 9,5 m erreicht. Die hierfür aufzu-wendenden Kosten werden mit ca. 4 400 TDM beziffert, während dieplanfestgestellten Lärmschutzwände nur ca. 2 000 TDM kosten sol-len, wozu Kosten für den passiven Schallschutz hinzukommen, dieunter 100 TDM liegen. Das Gebäude R.-Str. fällt in den untersuchtenBereich 1 (Tabellen Anhang 1.1 bis 1.5). Insoweit zeigt sich, dass erstbei einer Wandhöhe von 5 m für drei Wände (Anhang 1.4) die Im-missionsgrenzwerte eingehalten werden. Ein gleicher Schutz-standard könnte mit einer Kombination von einer 6 m hohen Wandmit zwei 3 m hohen Wänden erreicht werden (Anhang 1.5). DieKosten für diesen »Vollschutz« werden mit 4 200 TDM bzw. mit ca. 3 400 TDM geschätzt, während die planfestgestellten Lärm-schutzwände nur ca. 1 800 TDM kosten sollen, wozu Kosten für denpassiven Lärmschutz in Höhe von ca. 250 TDM hinzukommen.Nach Aussage der Beigeladenen sollen die sich daraus errechnendenZusatzkosten zumindest bei größeren Wandhöhen (etwa ab 4 m) dieuntere Grenze der Kostenbelastung markieren, weil Verteuerungendurch spezielle statische Anforderungen nicht in die Schätzung ein-gegangen seien.

Diese Erwägungen, auf denen das von den Planungsträgern ver-folgte Lärmschutzkonzept beruht, werden nicht den Anforderun-gen gerecht, die der Senat in seiner bereits zitierten Rechtsprechung

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99ZUR 2/2004

an eine hinreichend differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse gestellthat. Die von der Klägerin gegen die Variantenuntersuchung erhobe-nen Einwände mögen zwar nichts daran ändern, dass eine Grob-analyse – mehr ist nicht zu fordern (vgl. BVerwG, Urteil vom15.3.2000, a.a.O., S. 388) – eine Kostensteigerung in einer Größen-ordnung erwarten lässt, die es angesichts der plangegebenen Vor-belastung des Gebiets, die schutzmindernd zu berücksichtigen ist,rechtfertigt, auf einen »Vollschutz« der Hochhäuser in sämtlichenStockwerken zu verzichten. Nicht abschließend zu beantworten istauf der Grundlage der bisher vorliegenden Variantenuntersuchungaber die Frage, warum die Lärmschutzwände nicht mit noch ver-hältnismäßigem Aufwand so erhöht werden können, dass zumin-dest das eine oder andere Stockwerk zusätzlich »Vollschutz« erlangt.Hierzu findet sich im Planfeststellungsbeschluss nur die Aussage(PFB S. 234), dass es dann – trotz nicht unerheblicher Mehrkosten –bei passiven Lärmschutzmaßnahmen bleiben würde, weil die fürdie Nachtzeit geltenden Immissionsgrenzwerte weiterhin nichteingehalten werden könnten. Damit wird aber nicht nachvollzieh-bar begründet, warum bereits mit dem von der Planfeststellung ein-geräumten »Minimalschutz« der Hochhäuser diejenige »Verhältnis-mäßigkeitsschwelle« erreicht ist, die einen Verzicht auf eine weitereWanderhöhung rechtfertigt.

Fehl geht auch der von der Beigeladenen in der mündlichen Ver-handlung gegen eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwände er-hobene Einwand, durch die erforderliche »Oberstandslänge« derWände würde unvermeidlich für die Umgebungsbebauung einaktiver Lärmschutz erreicht, dessen Wirkung über das rechtlich ge-botene Maß hinausgehe. Dass Lärmbetroffene, die in der Nachbar-schaft der Hochhäuser wohnen, keinen Rechtsanspruch auf eineweitergehende Verbesserung der Lärmsituation haben, schließtnämlich nicht aus, dass die Klägerin auf der Grundlage von § 41Abs. 2 BImSchG eine Erhöhung der Lärmschutzwände fordern kann(vgl. zum »überschießenden« Lärmschutz auch BVerwG, Urteil vom9.2.1995 – 4 C 26.93, BVerwGE 97, 367, 275 f).

Hochhäuser dürfen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfungauch nicht von vornherein als »hoffnungslose« Fälle eingestuft wer-den. Die Gebäudehöhe ist unter dem Blickwinkel der anzustreben-den Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen kein Kriterium, das al-lein ausschlaggebend dafür sein kann, weitergehenden aktivenLärmschutz zu versagen. Sie ist zunächst lediglich ein Erschwernis,das sich – ähnlich wie ungünstige topographische Verhältnisse –kostensteigernd auf aktive Lärmschutzmaßnahmen auswirkt. ImÜbrigen sind Wohnzwecken dienende Hochhäuser als ein Sonderfallder »stark verdichteten Bebauung« mit der Folge einzuordnen, dassnäher zu prüfen ist, ob durch eine weitere Erhöhung der Lärmschut-zwand deswegen ein nennenswerter Schutzeffekt erzielt werdenkann, weil die Zahl der Lärmbetroffenen besonders hoch sein kann(vgl. BVerwG, Urteil vom 15.3.2000, a.a.O., S. 383).

Für eine differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse, die eine Grundlagedafür schaffen soll, dass das mit einer Hochhausbebauung einherge-hende Lärmschutzproblem einer ausgewogenen Lösung zugeführtwird, reicht es somit nicht aus, wenn – wie hier geschehen – die tras-senabgewandte Lage der Balkone im Rahmen der Lärmschutz-konzeption schutzmindernd berücksichtigt wird. Darüber hinausmuss die Zahl der lärmbetroffenen Wohnungen ermittelt werden,die nicht bereits durch die konstruktive Gestaltung des Hochhauses(z.B. durch sog. Lärmschutzgrundrisse) hinreichend geschützt sind.Erst wenn sich nämlich die Zahl der im Wohnbereich potenziellLärmbetroffenen auf dieser Grundlage zumindest grob abschätzenlässt, kann die weitere Frage beantwortet werden, ob der Aufwand,der erforderlich ist, um durch eine Erhöhung der Lärmschutzwändeein weiteres Stockwerk oder auch mehrere Stockwerke zusätzlich mit»Vollschutz« oder zumindest mit vollständigem »Tagschutz« zu ver-sehen, bereits unverhältnismäßig ist.

Auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhand-lung für die Hochhäuser genannten Wohnungszahlen lässt sichaus der vorliegenden Untersuchung von Höhenvarianten derSchallschutzwände nicht die Kosten-Nutzen-Relation herleiten, diefür die Verhältnismäßigkeitsprüfung ausschlaggebend sein kann.Insofern wirkt sich nachteilig aus, dass die Variantenuntersuchungnicht von einer Betrachtung der Kosten einer Erhöhung der plan-festgestellten Lärmschutzwände ausgeht, sondern von vornhereindie Kosten zusätzlicher Lärmschutzwände einbezieht. DieVariantenuntersuchung kann aus diesem Grunde zwar einerseitsplausibel darauf verweisen, dass die geschätzten Kosten eine »Un-tergrenze« markieren, weil Kostensteigerungen, die beim Bau vonmehr als 4 m hohen Lärmschutzwänden regelmäßig zu erwartenwären, außer Ansatz geblieben sind. Andererseits entfällt aber die– sich gerade beim Lärmschutz von Hochhäusern aufdrängende –Möglichkeit, die »Verhältnismäßigkeitsschwelle« für die Kosten ei-ner weiteren Wanderhöhung aus dem Auftreten von sog. Sprung-kosten abzuleiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1998 – 11 A44.97, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 24, S. 76; Urteil vom15.3.2000, a.a.O., S. 391). Erst eine Orientierung an den »Sprung-kosten« erlaubt es außerdem, im Rahmen der Verhältnismäßig-keitsprüfung die Kosten für den Bau zusätzlicher Lärmschutzwän-de zutreffend einzuordnen. Unter diesem Aspekt ist nämlich dannder Frage nachzugehen, ob sich mit dieser Variante eine Lärm-schutzkonzeption verwirklichen lässt, die das Auftreten vonSprungkosten vermeidet oder ob damit im Gegenteil eine weitereKostensteigerung verbunden ist.

Das Auftreten von Sprungkosten ist zwar nicht das einzigeKostenargument, mit dem im Einzelfall das Ergebnis begründetwerden kann, dass für – mit Schienenverkehrslärm vorbelastete –Hochhäuser der Vorrang des aktiven Lärmschutzes teilweise nichtzum Tragen kommt. Ein Lärmschutzkonzept, das die Wandhöhenim Bereich von Hochhäusern noch unterhalb der Schwelle be-grenzen will, die sich aus den »Sprungkosten« ergibt, unterliegtaber einem gesteigerten Rechtfertigungsbedarf. Da es Ziel der Lärm-schutzkonzeption auch sein muss, dem Gesichtspunkt der Gleich-behandlung der Lärmbetroffenen Rechnung zu tragen (vgl. BVer-wG, Urteil vom 15.3.2000, a.a.O., S. 382), mag etwa durch einevergleichende Gegenüberstellung aufgezeigt werden können, dassdie für den Schutz einer ähnlich »stark verdichteten Bebauung«aufzuwendenden Kosten in anderen Bereichen des Planfeststel-lungsabschnitts erheblich geringer ausfallen bzw. bei gleich hohenKosten der aktiven Lärmschutzmaßnahmen nur noch unbedeu-tende Lärmminderungseffekte eintreten. Dies leistet die von derBeigeladenen beigebrachte Variantenuntersuchung jedoch nicht.(...)

BVerwGFormell und materiell illegal errichtetes GewässerBeschluss vom 16. Juli 2003 – 7 B 61.03

Leitsatz:Für die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1S. 1 Nr. WHG ist es ohne Belang, ob das Gewässer formell und mate-riell illegal hergestellt worden ist.Vorinstanz: OVG Berlin vom 26.3.2003 – 1 B 7.03

Aus den Gründen:Die Klägerin wendet sich gegen eine wasserrechtliche Ordnungs-verfügung des Beklagten, durch die ihr der Beklagte aufgegeben

BVerwG, Formel l und mater ie l l i l l egal er r i chtetes Gewässer

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ZUR 2/2004100

hat, eine Absperrvorrichtung zu beseitigen, welche die Klägerin ineinem Kanal angebracht hat, der ihr Grundstück durchschneidet.Hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung des Beklagten, ihr einewasserrechtliche Genehmigung für die streitige Absperrvorrich-tung zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewie-sen, das Oberverwaltungsgericht ihre Berufung zurückgewiesen. Eshat unter anderem angenommen, der Kanal, der das Grundstückder Klägerin durchschneide, sei ein oberirdisches Gewässer selbstdann, wenn er rechtswidrig angelegt worden sein sollte. Das Ober-verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zuge-lassen.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätz-liche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Klägerin möchte die Frage geklärt wissen, ob ein formell undmateriell illegal errichtetes Gewässer unter den Schutz- und An-wendungsbereich des Wasserhaushaltsgesetzes fällt.

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weilsich die Antwort auf sie unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Nach§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WHG gilt das Wasserhaushaltsgesetz für ober-irdische Gewässer. Oberirdisches Gewässer ist nach der gesetzlichenBegriffsbestimmung das ständig oder zeitweilig in Betten fließen-de oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser. Dar-unter fallen sowohl natürlich entstandene als auch künstlich an-gelegte Gewässer. Das Gesetz verlangt nicht, ein künstlichangelegtes Gewässer müsse legal hergestellt sein, damit es demWasserhaushaltsgesetz unterfalle. Es kommt ausschließlich daraufan, ob Wasser ständig oder zeitweilig in einem Bett fließt odersteht. Allein diese funktionsbezogene, an die tatsächlichen Gege-benheiten anknüpfende Betrachtung entspricht dem Zweck desWasserhaushaltsgesetzes. Das Wasserhaushaltsgesetz schafft einewasserwirtschaftliche Benutzungsordnung für das Wasser, das in ei-nem unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasser-haushalt steht. Gewässer sind dadurch gekennzeichnet, dass sie inden natürlichen Wasserkreislauf eingebunden sind. Solange dieserZusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt besteht, istes für die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Gewässersgleichgültig, ob es legal oder illegal entstanden ist.

Allerdings müssen Gewässer eine gewisse Dauerhaftigkeit auf-weisen. Gelegentliche Ansammlungen von Wasser werden vomBegriff des Gewässers nicht erfasst. Der Senat kann offen lassen, obes an dem Erfordernis der Dauerhaftigkeit im Einzelfall fehlt,wenn ein Gewässer illegal angelegt wird und die zuständigeBehörde gegen das Vorhaben sogleich einschreitet. Denn einensolchen Sachverhalt hat das Oberverwaltungsgericht nicht festge-stellt. Der von der Klägerin behauptete Anspruch auf behördlichesEinschreiten gegen den Stichkanal nimmt diesem nicht das Merk-mal der Dauerhaftigkeit.

BGHFreizeitlärm: RockkonzertUrteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03

Leitsatz:Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richt-werte der sog. LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich imSinne des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB sein, wenn es sich um eine Veranstal-tung von kommunaler Bedeutung handelt, die an nur einem Tag desJahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebungbleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.

Aus dem Tatbestand:Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem all-jährlich stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabeiinsbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.

Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohnge-biet gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das derbeklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalleund ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportvereinfür Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet derSportverein ein Sommerfest. Dabei finden in einem Festzelt Musik-veranstaltungen statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weitnach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden für das Grundstückder Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen. (...)

Aus den Entscheidungsgründen:I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung derKläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere vondem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von§ 906 Abs. 2 S. 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärm-richtlinie festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Be-einträchtigung werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwarnicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligenEreignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis lie-ge aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch dieweiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die fest-gestellten Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternachtso gravierend, dass sie nicht hingenommen werden müssten.

II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seinerFeststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einenUnterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).

1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von ei-nem anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nichtverbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nurunwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlichsind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständi-gen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdi-gung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist(BGHZ 148, 261, 264 – Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20.11.1998– V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfallzumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, son-dern nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (BGHZ148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch miterheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ122, 76, 78).

Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesent-lichkeit überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wer-tung. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht dienötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen undbei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunktezugrunde gelegt hat (BGHZ 121, 248, 252 – Jugendzeltplatz). DieserNachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.

2. a) Das Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen desLänderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung der durchFreizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oderFreizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in: NVwZ 1997, 469). Das istnicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten für Freizeitanlagen,und zwar insbesondere für Grundstücke, auf denen Volksfeste,Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltun-gen im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nut-zung des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig,denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regeltnur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestim-

Rechtsprechung

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101ZUR 2/2004

mungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1der 18. BImSchV).

Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Län-dern mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906Abs. 1 S. 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rn. 193),können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe die-nen (vgl. BGHZ 111, 63, 67 – Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. –Froschlärm; 121, 248, 253 – Jugendzeltplatz; BVerwG, DVBl. 2001,1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung derkonkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung abereine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indi-ziert dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichtermuss allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, dass es sichbei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, dienicht schematisch angewendet werden dürfen.

b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sindDauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung.Das Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, dass bei ei-nem einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richt-werte geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmensein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, dass hier eineinmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommer-fest an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet.Denn dass von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Ein-wirkung auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festge-stellt. Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeu-tung und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.

Richtig ist allerdings, dass die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Er-eignisses durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, inder für Veranstaltungen, die an nicht mehr als zehn Tagen oderNächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse),höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richt-linie jedoch nur eine Orientierung und lässt Raum für die Berück-sichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, DVBl. 2001,1451, 1453 »Entscheidungshilfe mit Indizcharakter«). Hierzu gehörtauch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff.4.4. der LAI-Hinweise erfasst Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oderNächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zurÜberschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.

In dem der Entscheidung des Senats vom 23.3.1990 (BGHZ 111,63 – Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grund-stück des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kir-mes- und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweisefür die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wo-chenende, einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen an-gekündigt. Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststel-lungen des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davonauszugehen, dass das an nur einem Abend des Sommerfestes statt-findende Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger inerster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches un-ter deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4.für die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück derKläger einwirkt.

c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht be-dacht, dass bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Ver-anstaltung nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neuerenRechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Im-mission wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach demMaß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisie-rung zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstä-be hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtlicheRechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles an-sieht, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter

Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweisenicht mehr zuzumuten ist (vgl. BGHZ 120, 239, 255 – Froschlärm;148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei derPrüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auchschutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wer-tungen eine Rolle spielen (vgl. BGHZ 121, 248, 255 – Jugendzelt-platz; 111, 63, 68 – Volksfestlärm).

aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditio-nelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den her-kömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen undstädtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass sieoftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werdenmüssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbar-schaft führen. Da solche Veranstaltungen für den Zusammenhaltder örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können,dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und für vieleBewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnenverbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigenDurchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange inder Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immis-sionen. Das kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung alswesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigtbleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, dasweitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchenFall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein(so auch VGH Kassel, GewArch 1997, 162).

Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb ab-gesprochen werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondernein privater Verein ist. Maßgeblich ist, dass das Ereignis von einemGroßteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Uner-heblich für die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner,ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährigeÜbung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzunehmendenWürdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwardem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewichtzukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentli-chen Beeinträchtigung aber nicht entgegen, dass eine Veranstaltungerst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden ge-hindert, eine kommunale Festivität zu begründen, wo Traditions-veranstaltungen fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern, dieauf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auchdie mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenenMusik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrich-tung erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung,nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die je-weilige Veranstaltung weiterhin auch für die örtliche Bevölkerungbestimmt ist und von ihr angenommen wird.

bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen vonkommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwe-sentlich sein, welche die für die Abend- und Nachtzeit aufgestelltenRichtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vor-rang vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnlicheVeranstaltungen zu besuchen (vgl. BGHZ 111, 63, 70 – Volksfest-lärm). Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken,aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsübereinem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störungder Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheitoder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zuberücksichtigen ist aber auch, dass die Nachtruhe nicht generell ge-schützt wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durchlandesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Ge-setzgeber zugleich Ausnahmen für den Fall vorgesehen, dass ein Vor-

BGH, Fre ize i t lärm: Rockkonzert

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ZUR 2/2004102

haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Drit-ter hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vor-rang kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungenzukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständenberuhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalbdas Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstal-tung gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt(vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchGRheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LlmSchG Brandenburg).

Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auchdas Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus beson-derem Anlass der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichter-ten Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die »erleich-terten Voraussetzungen« beziehen sich auch auf den Schutz vorschädlichen Umweiteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG(§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise für die Lär-mimmissionen, die von einer aus Anlass eines Volksfests betriebenenAußengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999,555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass bei beson-derem Anlass und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Ertei-lung der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zuhandhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutz-rechtliche Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden,sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen(vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12Rn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, dass beider Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG dieSeltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung ein-zubeziehen sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichti-gung dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe be-schränkt, sondern gilt für den verständigen Durchschnittsmenschengleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis, an das sie an-knüpfen. Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung alswesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (BGHZ 111, 63,68 – Volksfestlärm; a.A. Roth, in: Anm. JR 1991, 149).

cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veran-staltungen mit besonderer historischer, kultureller oder kommuna-ler Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, istweitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind ins-besondere Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf,Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung so-wie die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks währendder Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner diezeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlass fürdie Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzu-muten, an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen.Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur ein-mal im Jahr für wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutlicheÜberschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignissefestgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeitnicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vielerVeranstaltungen entspricht, dass sie bis in die Nachtstunden andau-ern (so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzel-fall kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternachtein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eineüber Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung derRichtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als un-wesentlich zu qualifizieren sein. (...)

Für die Beurteilung durch einen verständigen Durchschnittsmen-schen von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstal-tung an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deut-lich weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeindebzw. des Ortsteils verlegen lässt. Können unter Wahrung des Cha-

rakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen für Anwohner deut-lich reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel, so ver-ringert sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuschein-wirkungen zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerteder LAI-Hinweise maßgebend sein.

III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weiteretatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in derSache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unter-stützung, die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens derGemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeu-tung nicht abgesprochen werden. Gleichwertige alternative Stan-dorte für das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klä-gern vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarteSporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Erist davon geprägt, dass das Konzert als Teil eines Sommerfestes weit-gehend im Freien stattfindet.

Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nichtjegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach demEmpfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbareMaß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionenzu wahren. Hierfür geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise beiseltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorse-hen, eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Ta-geszeit im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damitist für das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einerGeräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdi-gen Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausrei-chende Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der für die Nachtzeitvorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.

OVG LüneburgBefahrensbeschränkung für unter Schutz gestellten WasserlaufUrteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2072/01

Leitsätze: 1. Das Befahren eines als Landschaftsbestandteil unter Schutz ge-

stellten Wasserlaufs mit Flößen und anderen großen Wasserfahr-zeugen gefährdet den Landschaftsbestandteil, wenn es geeignetist, den Wasserlauf als Lebensraum schutzwürdiger Tiere und Pflan-zen zu beeinträchtigen und die natürliche Entwicklung der Floraund Fauna zu stören. Diese Gefährdung kann ein Befahrensverbotfür Flöße und andere Wasserfahrzeuge von mehr als 6 m Längeoder 1 m Breite rechtfertigen.

2. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wirddurch das Befahrensverbot nicht berührt, weil die vom Boots- undFloßtourismus profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancengenutzt haben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht ge-schützt ist.

3. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei derAbwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht die Nichtigkeiteiner nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnungnicht nach sich.

Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung zum Schutz derHunte zwischen Wildeshausen und Astrup, die das Befahren derHunte mit Wasserfahrzeugen beschränkt.

Das Huntetal zwischen Wildeshausen und Astrup ist im Landes-Raumordnungsprogramm und im Regionalen Raumordnungspro-gramm des Antragsgegners streckenweise als Vorranggebiet für Natur

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und Landschaft dargestellt. Es liegt darüber hinaus im Landschafts-schutzgebiet »Mittlere Hunte«, das seit 1976 besteht. Die Hunte zwi-schen Wildeshausen und Astrup wird seit langem zum Bootsfahrenbenutzt. Im Laufe der 90er Jahre nahm der Bootsverkehr erheblichzu. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre boten auch Fremdenver-kehrsbetriebe organisierte Floßfahrten auf der Hunte an, die insbe-sondere bei Gruppenreisenden auf großen Zuspruch stießen. DieFlöße, die dabei eingesetzt wurden, bestanden aus festen Holzplatt-formen, unter denen Auftriebskörper angebracht waren. Sie hatteneine Größe von ca. 2,50 m x 4,00 m und verfügten über feste Sitz-bänke, die bis zu 16 Personen Platz boten.

Der Boots- und Floßtourismus wurde von den Gemeinden, durchderen Gebiet die Hunte fließt, erheblich gefördert. So warb die Ge-meinde F. mit einer im April 2000 in Auftrag gegebenen Werbebro-schüre für Kanu- und Floßfahrten auf der Hunte. Außerdem förder-te sie die Errichtung einer Anlegestelle für Floßfahrer mit ca.25.000,– DM. Darüber hinaus engagierte sie Gästeführerinnen für or-ganisierte Floßfahrten, an denen jährlich bis zu 1.500 Personen teil-nahmen.

Die Antragstellerin zu 1) hat in ihrem Hotel in F. in der Vergan-genheit zahlreiche Reisegruppen beherbergt, die an den von ihr or-ganisierten Floßfahrten auf der Hunte teilgenommen haben. Im Jahr2000 haben mehr als 500 Personen bei ihr einen Wochenendauf-enthalt inklusive Floßfahrt gebucht. Der Antragsteller zu 2) hat eben-falls an Floßfahrten auf der Hunte zwischen Wildeshausen undAstrup teilgenommen.

Der Antragsgegner erließ am 16.10.2000 die Verordnung zumSchutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup – VO -. DieseVerordnung, die im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Emsvom 17.11.2000 bekannt gemacht wurde, hat folgenden Wortlaut:§ 1 Unterschutzstellung

Der in § 3 genannte Gewässerabschnitt der Hunte wird zum ge-schützten Landschaftsbestandteil erklärt und der Gemeingebrauchdaran eingeschränkt. Die Verordnung vom 4.11.1976 zum Schutzevon Landschaftsteilen im Gebiet der Stadt Oldenburg und der Land-kreise Oldenburg und Vechta – Landschaftsschutzgebiet MittlereHunte – Nr. OL 141 bleibt unberührt.§ 2 Schutzzweck

Die Einschränkung des Gemeingebrauchs dient dem Schutz, demErhalt und der weiteren Entwicklung des in § 3 genannten Ge-wässerabschnitts als Lebensraum für seltene und teilweise in ihremBestand bedrohte, fließgewässertypische Tier- und Pflanzenarten.§ 3 Räumlicher Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für den Abschnitt des Gewässers »Hunte«zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen und der Überführung derKreisstraße 235 »Sandkruger Straße« in Astrup.§ 4 Schutzbestimmungen

In dem in § 3 genannten Gewässerabschnitt ist das Befahrenganzjährig mit Wasserfahrzeugen mit mehr als 6 m Länge oder mehrals 1 m Breite verboten.

In der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juni eines jeden Jahres ist dasBefahren des in § 3 genannten Gewässerabschnitts mit Wasserfahr-zeugen jeder Art verboten.§ 5 Freistellungen

Freigestellt ist das Befahren im Rahmen der Gewässer- undBrückenunterhaltung.§ 6 Befreiungen

Auf Antrag kann der Landkreis von den Verboten des § 4, nachMaßgabe des § 53 NNatSchG, eine Befreiung erteilen.

Die Befreiung kann mit Bedingungen und Auflagen versehen undbefristet werden.§ 7 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig gem. § 64 Abs. 1 Nr. des Nieders. Naturschutzge-setzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig, ohne im Besitz einer

Befreiung zu sein, den in § 3 genannten Gewässerabschnitt entgegen§ 4 befährt.

Die Ordnungswidrigkeit kann gem. § 65 des Nieders. Naturschutz-gesetzes mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 DM geahndet werden.§ 8 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung inKraft.

Am 12.6.2001 haben die Antragsteller einen Normenkontrollan-trag gestellt und beantragt, die Verordnung des Antragsgegners zumSchutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup vom16.10.2000 für nichtig zu erklären. Darüber hinaus haben sie bean-tragt, § 4 der Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildes-hausen und Astrup bis zur Entscheidung über den Normenkontroll-antrag vorläufig außer Vollzug zu setzen. Diesen Antrag hat dererkennende Senat durch Beschluss vom 24.6.2002 (- 8 MN 42/02 -)abgelehnt.

Aus den Gründen:Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag ist statthaft, weil die Verordnung des Antragsgegnerszum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup – VO –vom 16.10.2000 nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. VwGGder Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.Die Antragsteller haben den Normenkontrollantrag innerhalb der 2-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO und damit rechtzeitig gestellt.Sie sind außerdem nach § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, weilsie geltend machen können, durch die Verordnung oder deren An-wendung in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeitverletzt zu werden.

Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne des § 47Abs. 2 S. 1 VwGO genügt es, wenn die Antragsteller hinreichend sub-stantiiert Tatsachen vortragen, die es als möglich erscheinen lassen,dass sie durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren subjektivenRechten verletzt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98,DVBl. 1999 S. 100; Urt. v. 17.12.1998 – 1 CN 1.98, BVerwGE 108,182, 184; Beschl. v. 17.5.2000 – 6 CN 3.99 -). Das ist im vorliegendenFall geschehen.

Die Antragstellerin zu 1) hat vorgetragen, in den Jahren vor demInkrafttreten der umstrittenen Verordnung Aufenthalte in ihrem Ho-tel einschließlich der Teilnahme an von ihr organisierten Floßfahr-ten auf der Hunte angeboten zu haben. Dieses Angebot sei im Jahre2000 von 28 Gruppen mit mehr als 500 Personen in Anspruch ge-nommen worden. Daher erscheint es als möglich, dass die Antrag-stellerin zu 1) durch die Verordnung in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 GGgeschützten Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletztwird, das auch die Organisation und Durchführung von Floßfahrtenumfasst (Senatsbeschl. v. 24.6.2002 – 8 MN 42/02 -). Dem kann derAntragsgegner nicht entgegenhalten, dass die Verordnung lediglichdeklaratorischen Charakter habe, soweit sie das gewerbliche Befah-ren der Hunte mit Flößen betreffe. Die Schutzbestimmungen des § 4VO geben nämlich nichts dafür her, dass sie sich nicht auch auf ge-werblich organisierte Floßfahrten auf der Hunte erstrecken.

Der Antragsteller zu 2) kann ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 2Abs. 1 GG geltend machen, weil er vor Inkrafttreten der umstritte-nen Verordnung an Floßfahrten auf der Hunte zwischen Wildes-hausen und Astrup teilgenommen hat und beabsichtigt, dies auch inZukunft zu tun.

Der Normenkontrollantrag ist indessen unbegründet, weil die Ver-ordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrupmit höherrangigem Recht im Einklang steht.

Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung wegen formeller Män-gel nichtig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. DieVerordnung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

OVG Lüneburg, Be fahrensbeschränkung für unter Schutz geste l l ten Wasser lauf

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ZUR 2/2004104

Der Antragsgegner hat die Hunte zwischen Wildeshausen undAstrup nach § 28 Abs. 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes– NNatSchG – vom 20. 3.1981 (Nds. GVBl. S. 31), zuletzt geändertdurch Gesetz vom 27.1.2003 (Nds. GVBl. S. 39), zum geschütztenLandschaftsbestandteil erklärt. Diese Unterschutzstellung begegnetkeinen rechtlichen Bedenken.

Nach § 28 Abs. 1 NNatSchG können Bäume, Hecken, Wasserläufeund andere Landschaftsbestandteile einzeln oder allgemein in einembestimmten Gebiet geschützt werden, wenn sie 1.) das Orts- oderLandschaftsbild beleben oder gliedern, 2.) zur Leistungsfähigkeit desNaturhaushalts beitragen oder 3.) das Kleinklima verbessern oderschädliche Einwirkungen abwehren. Diese Voraussetzungen liegenhier vor.

Bei dem in § 3 VO bezeichneten Abschnitt der Hunte handelt essich um einen Teil eines Wasserlaufs und damit um einen Land-schaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG (vgl. Louis,Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 2). Die-ser Landschaftsbestandteil ist auch schützwürdig, weil er das Land-schaftsbild belebt (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 NNatSchG) und zur Leistungs-fähigkeit des Naturhaushalts beiträgt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 NNatSchG).Dass ein Fluss wie die Hunte, der auch heute noch relativ naturnahist und teilweise stark mäandriert, das Landschaftsbild belebt, liegtauf der Hand und bedarf daher keiner näheren Begründung. DieHunte trägt aber auch zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bei,weil sie einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen Flora und Fau-na Lebensraum bietet.

Die Hunte ist nach den Angaben des Gewässerkundlichen Lan-desdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirt-schaft und Küstenschutz – Betriebsstelle Brake – in seiner vom An-tragsgegner überreichten Stellungnahme vom 24.6.2003 zwischenWildeshausen und Oldenburg ein relativ naturnahes Gewässer. Sieist durchschnittlich ca. 15 m breit, wegen der Ufergehölze und um-gestürzter Bäume aber streckenweise nur auf einer Breite von 5 m be-fahrbar. Das Totholz, das ein wertvolles Siedlungs- und Eiablagesub-strat für viele Wasserorganismen darstellt, wird im Sommerregelmäßig nur sehr flach überströmt. Gleiches gilt für die zahlrei-chen Kies- und Sandbänke in der Hunte, die von gefährdeten Fließ-wasser-Wirbellosen, die sehr arten- und individuenreich sind, besie-delt werden. Die Stein- und Kiesbänke stellen auch wertvolle Laich-und Lebensräume für gefährdete Fließwasserfische, insbesondereKieslaicher wie Lachs, Meerforelle, Meer-, Fluss- und Bachneunaugesowie Koppe dar.

Dass die Hunte einer schutzwürdigen und schutzbedürftigenFauna Lebensraum bietet, belegt auch die »Limnologische Studiezur Sanierung der Hunte unterhalb von Wildeshausen« des Staatli-chen Amtes für Wasser und Abfall Brake vom Dezember 1991.Nach dieser Studie wird der Fließbereich der Hunte von einer sehrartenreichen Fauna besiedelt. Dazu gehören u. a. 230 Wirbellosen-arten wie Schnecken, Muscheln, Libellen und Fliegen, von denen43 in der »Roten Liste der gefährdeten oder vom Aussterben be-drohten Tierarten« aufgeführt sind. Außerdem haben gefährdeteFische und Vögel wie Koppe, Eisvogel und Wasseramsel dort ihrenLebensraum. Der Studie ist auch zu entnehmen, dass die Sied-lungsdichte der aus ökologischer Sicht besonders bedeutsamenund gefährdeten Arten in der Hunte sehr hoch ist.

Der Abschlussbericht zum BMFT-Forschungsvorhaben »Modell-hafte Erarbeitung eines ökologisch begründeten Sanierungskonzep-tes kleiner Fließgewässer am Beispiel der Hunte«, der sich u. a. auf ei-nen Abschnitt des Gewässers nördlich der Bundesautobahn A 1erstreckt, bestätigt ebenfalls das Vorkommen der in der »Roten Liste«aufgeführten Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge (Ab-schlussbericht Nr. 3.1) und verschiedener Libellenarten wie der ge-fährdeten Gemeinen Keiljungfer (Abschlussberichte Nr. 5.1 undNr. 5.2). Nach dem Abschlussbericht Nr. 7 kommt der Hunte auch er-

hebliche Bedeutung für die Vogelfauna zu, da dort 69 Vogelartenanzutreffen sind. Der Bericht bestätigt, dass die Strecke der Huntenördlich der Bundesautobahn A 1 insbesondere während der Fort-pflanzungsperiode u. a. Flussregenpfeifern, Flussuferläufern und Eis-vögeln, die auf der »Roten Liste« stehen, einen Lebensraum bietet,weil die Hunte dort wegen der starken Flussdynamik zahlreiche Ab-bruchkanten und trockenliegende Sandbänke aufweist und mäand-riert. Darüber hinaus ist dem Abschlussbericht Nr. 2.1 zu entneh-men, dass die Wasservegetation nördlich der Bundesautobahn A 1arten- und wuchsformenreich ist und eine hervorragende Basis fürdie Besiedlung flussabwärts gelegener Gewässerabschnitte darstellt.

Dass der gefährdete Eisvogel im Bereich der mittleren Huntebrütet, belegt auch die Stellungnahme von Dr. G. vom Institut fürNaturschutz und Umweltbildung der Hochschule Vechta zu den»Auswirkungen der Befahrensregelung auf den Eisvogelbestand ander mittleren Hunte zwischen Wildeshausen und dem BarneführerHolz« vom 14.6.2003. Nach den Beobachtungen von Dr. G. sindam Hunte-Mittellauf auch Flussuferläufer, Grünspechte, Kleins-pechte, Gartenrotschwänze und Nachtigallen als Brut- und Gast-vogelarten anzutreffen.

Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur Befah-rensregelung aus der Sicht des Artenschutzes vom 21.2.2000 be-stätigt ebenfalls, dass in der Hunte zwischen Wildeshausen undAstrup zahlreiche in ihrem Bestand gefährdete Tierarten vorkom-men. Danach sind dort u. a. Bachneunaugen, die zu den nach derBundesartenschutzverordnung besonders geschützten Fischartengehören, Koppen, Steinbeißer, verschiedene nach der Bundesarten-schutzverordnung geschützte Libellenarten, Eintagsfliegen, Stein-fliegen und Süßwassermuscheln, die an Mikrohabitate des Sohl- undUfersubstrats und das Vorkommen einer krautreichen Ufervegetati-on gebunden sind, nachgewiesen worden.

Diese Feststellungen stellen eine ausreichende Grundlage für dieBeurteilung der Schutzwürdigkeit der Flora und Fauna in der Huntedar. Sie sind zwar teilweise mehr als 10 Jahre alt. Es bestehen jedochkeine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verhältnissean der Hunte, die seit 1967 unter Landschaftsschutz steht, seitdemnennenswert verändert haben. Außerdem belegen die Stellungnah-men des Gewässerkundlichen Landesdienstes des NiedersächsischenLandesbetriebs für Wasserwirtschaft und Küstenschutz vom24.6.2003 und der Bezirksregierung Weser-Ems vom 21.2.2000 dasVorhandensein einer schutzwürdigen Flora und Fauna. Dass sich dermit der erforderlichen Sachkunde ausgestattete GewässerkundlicheLandesdienst auch auf Erfassungen des Tierbestands in den Jahren1988 und 1989 bezieht, bestätigt ebenfalls, dass diese Feststellungennicht überholt sind. Außerdem liegen bezüglich der Vogelfauna Er-kenntnisse aus den Jahren 2002 und 2003 vor (vgl. die Stellungnah-me von Dr. G. vom 14.6.2003), die im Normenkontrollverfahren zuberücksichtigen sind, weil die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtli-chen Entscheidung für die Rechtmäßigkeit der Verordnung maß-geblich ist (vgl. Senatsurt. v. 25.9.2003 – 8 KN 2044/01 -; Eyermann,VwGO, Kommentar, 11. Aufl., § 47 Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO,Kommentar, 13. Aufl., § 47 Rn. 117).

Demzufolge war der Antragsgegner befugt, die Hunte nach § 28Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 NNatSchG zum geschützten Landschaftsbe-standteil zu erklären.

Die in § 4 VO enthaltenen Verbote sind ebenfalls mit höherrangi-gem Recht vereinbar.

§ 4 Abs. 1 VO verbietet das ganzjährige Befahren der Hunte zwi-schen Wildeshausen und Astrup mit Wasserfahrzeugen von mehr als6 m Länge oder mehr als 1 m Breite. Dieses Verbot, das insbesonde-re Floßfahrten betrifft, wird durch § 28 Abs. 3 S. 1 NNatSchG ge-deckt, der die Naturschutzbehörde ermächtigt, alle Handlungen zuuntersagen, die den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen,gefährden oder verändern. Denn das Befahren der Hunte mit Flößen

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oder anderen großen Wasserfahrzeugen gefährdet den geschütztenLandschaftsbestandteil, weil es geeignet ist, die Hunte als Lebens-raum schutzwürdiger Tiere und Pflanzen zu beeinträchtigen und dienatürliche Entwicklung der Flora und Fauna zu stören. Wie bereitsausgeführt bietet die Hunte zwischen Wildeshausen und Astrupzahlreichen gefährdeten Tierarten wie z. B. den Vogelarten Flussu-ferläufer, Eisvogel und Wasseramsel, der Libellenart Gemeine Keil-jungfer und den Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunaugeeinen Lebensraum. Dieser Lebensraum wird durch das Befahren desGewässers mit größeren Wasserfahrzeugen wie Flößen gefährdet undbeeinträchtigt.

Der Antragsgegner hat zutreffend dargelegt, dass Flöße über keineAntriebs- und Steuerungseinrichtungen verfügen, Strömungen undStrudeln ausgesetzt sind und daher mit Stangen auf Kurs gehaltenwerden müssen. Das hat zur Folge, dass die Gewässersohle beim Be-fahren der Hunte mit Flößen immer wieder berührt wird. Außer-dem sind Grundberührungen bei niedrigem Wasserstand oder inflachen Wasserzonen zu erwarten, weil Flöße, die mit Auftriebskör-pern versehen und in der Regel mit vielen Personen besetzt sind, ei-nen nicht unerheblichen Tiefgang haben. Darüber hinaus kommtes immer wieder zu Uferberührungen, weil Flöße insbesondere inder Querströmung der Kurvenbereiche kaum zu manövrieren sindund die Hunte in dem unter Schutz gestellten Abschnitt relativschmal ist, zahlreiche Hindernisse aufweist und teilweise starkmäandriert. Durch die mechanischen Einwirkungen der Bootskör-per, Stangen und Paddel auf den Gewässergrund und die damit ver-bundene Aufwirbelung von Feinsand und Schlamm werden nichtnur die Wirbellosen, die in den flachen Wasserzonen und auf denzahlreichen Sandbänken in der Hunte vorkommen, sondern auchdie Fischarten, die wie Lachs, Meerforelle, Bachneunauge und Kop-pe das Kiesbett des Gewässers zur Aufzucht ihrer Brut nutzen, ge-schädigt. Darüber hinaus kommt es zu Schädigungen der Wasser-pflanzen im Gewässerbett. Außerdem wird die Ufervegetationgeschädigt und damit der Lebensraum der Vögel, die dort brüten,rasten oder Nahrung suchen, beeinträchtigt. Schädigungen derUfervegetation und der Gewässersohle sind auch zu erwarten, wenndie Flöße zu Wasser gelassen und aus dem Wasser gezogen werden.Außerdem werden die Tiere, die sich an den Sandbänken und Ufer-böschungen der Hunte aufhalten, durch den Lärm gestört, der vonden Benutzern größerer Wasserfahrzeuge wie Flöße erfahrungs-gemäß ausgeht.

Derartige Störungen werden durch die Stellungnahme des Gewäs-serkundlichen Landesdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebsfür Wasserwirtschaft und Küstenschutz – Betriebsstelle Brake – vom24.6.2003 bestätigt. Ihr ist zu entnehmen, dass die Hunte in dem hierinteressierenden Abschnitt aufgrund der geringen und stark schwan-kenden Wasserspiegelbreite, der vielen Hindernisse und der oft sehrengen Kurvenradien mit größeren Fahrzeugen wie z. B. Flößen nurunter erheblichen Schäden an den Uferböschungen und deren Vege-tation sowie an den ökologisch und flussmorphologisch besonderswertvollen Kies- und Steinbänken und Totholzstrukturen befahrenwerden kann. Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zurBefahrensregelung vom 21.2.2000 bestätigt ebenfalls, dass bei Floß-fahrten Beeinträchtigungen der Ufervegetation und der in der Huntelebenden gefährdeten Tierarten nicht vermieden werden können.

Diese Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Flora und Faunarechtfertigen das Befahrensverbot für Flöße und für andere Wasser-fahrzeuge, die die in § 4 Abs. 1 VO aufgeführte Größe überschreiten.

Dem können die Antragsteller nicht entgegenhalten, dass allen-falls ein präventives Verbot des Floßfahrens mit Erlaubnisvorbehaltangemessen wäre. Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dassrepressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt nur dann zulässig sind,wenn von vornherein feststeht, dass die verbotenen Maßnahmenden geschützten Landschaftsbestandteil schädigen, gefährden oder

verändern, da landschaftsschutzrechtliche Verbote nicht weiterrei-chen dürfen, als es im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutz-güter erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.1956 – 1 C 61.54,Buchholz 406.40, § 24 NNatSchG Nr. 3, m.w.N.; Senatsurt. v.25.4.2002 – 8 KN 230/01, NVwZ-RR 2002, 568; Senatsurt. v.24.8.2001 – 8 KN 41/01, NVwZ-RR 2002, 343.; Bay.VGH, Urt. v.1.8.1988 – 9 N 87.01708, NuR 1988, 182; Blum/Agena/Franke, § 26Rn. 10 a, m.w.N.). Das Befahren der Hunte mit Wasserfahrzeugen,die die in § 4 Abs. 1 VO genannte Größe überschreiten und dahernur schwer zu steuern sind, führt aber generell zu einer Gefähr-dung des unter Schutz gestellten Gewässerabschnitts als Lebens-raum einer schutzbedürftigen Flora und Fauna. Daher kann nichtbeanstandet werden, dass die Verordnung keine präventiven Ver-bote mit Erlaubnisvorbehalt, sondern repressive Verbote enthält.

Die Antragsteller können auch nicht einwenden, dass Beeinträch-tigungen der Uferböschungen nicht zu berücksichtigen seien, weilder Antragsgegner nur das Gewässerbett der Hunte geschützt habe.Denn diese Annahme ist unzutreffend. Der Antragsgegner hat einenAbschnitt der Hunte zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärtund damit das gesamte Gewässer in diesem Abschnitt unter Schutzgestellt. Dieses umfasst aber nicht nur die Gewässersohle, sondernauch das Ufer bis zur Böschungsoberkante, d. h. bis zu der Linie, ander die Eintiefung der Erdoberfläche beginnt (vgl. Haupt/Reffken/Rho-de, Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, § 98 Rn. 3). Dahersind auch die Uferböschungen der Hunte geschützt.

§ 4 Abs. 2 VO, der das Befahren des Gewässerabschnitts zwischendem 1. April und dem 15. Juni eines jeden Jahres mit Wasserfahr-zeugen jeder Art untersagt, ist ebenfalls von § 28 Abs. 3 S. 1 NNat-SchG gedeckt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen,dass die Tiere, die in der Hunte ihren Lebensraum haben, in der Brut-und Setzzeit, die in den o. g. Zeitraum fällt, wegen der erhöhtenStöranfälligkeit auch durch das Befahren mit kleinen Wasserfahr-zeugen gefährdet werden. Das gilt nicht nur für die Vögel, die wie z.B. der Eisvogel und die Wasseramsel in dieser Zeit in den Uferbö-schungen der Hunte brüten, sondern auch für die Fische, die wieBachneunauge, Flussneunauge, Koppe und Steinbeißer zwischendem 1. April und dem 15. Juni auf den Sand- und Kiesbänken derHunte laichen. Daher findet auch das Verbot des § 4 Abs. 2 VO in§ 28 Abs. 3 S. 1 NNatSchG seine Rechtsgrundlage.

Die Verbote der Verordnung sind zur Erreichung des Schutzzwecksauch geeignet, weil die Einschränkung des Befahrens der Hunte zwi-schen Wildeshausen und Astrup ein taugliches Mittel ist, den Ge-wässerabschnitt als Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten zuschützen. Dem können die Antragsteller nicht entgegenhalten, dassdas Befahrensverbot für große Wasserfahrzeuge zur Folge habe, dassvermehrt kleine Wasserfahrzeuge genutzt würden. Denn dieses Ver-bot dient ausschließlich dazu, die Beeinträchtigungen des Gewässers,die das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen zur Folge hat, zu ver-hindern. Daher lassen sich Zweifel an der Eignung des in § 4 Abs. 1VO enthaltenen Verbots nicht damit begründen, dass es zu einerstärkeren Nutzung kleinerer Wasserfahrzeuge komme. Die Verbotesich auch erforderlich, weil mildere Mittel, die ebenso geeignet sind,den Schutzzweck zu verwirklichen, nicht zur Verfügung stehen. Ent-gegen der Annahme der Antragsteller stellt ein auf bestimmte Tages-zeiten beschränktes Befahrensverbot kein gleichermaßen tauglichesMittel dar. Die Befahrensverbote lassen sich auch nicht durch eineRegistrierungs- und Kennzeichnungspflicht der Wasserfahrzeuge,eine Kontingentierung der Fahrzeuge, eine Pflicht zum Mitführenvon geschulten Begleitpersonen bei Floßfahrten, Befahrensverbotebei niedrigem Wasserstand, Anlegeverbote in bestimmten Bereichenoder die Verpflichtung, nur an gekennzeichneten Anlegestellen dieWasserfahrzeuge zu besteigen bzw. zu verlassen, gleichwertig erset-zen. Diese Maßnahmen würden die zu erwartenden Gefährdungenund Beeinträchtigungen der Flora und Fauna allenfalls einschrän-

OVG Lüneburg, Be fahrensbeschränkung für unter Schutz geste l l ten Wasser lauf

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ZUR 2/2004106

ken, aber nicht ausschließen. Die Verbote erweisen sich auch als verhältnismäßig, weil die Be-

lange des Naturschutzes, denen sie Rechnung tragen, den Interessender Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus profi-tierenden Betriebe und der Gemeinden vorgehen. Dabei ist zuberücksichtigen, dass die zuletzt genannten Interessen nur teilweisezurückstehen müssen, weil die Verbote der Verordnung die Wasser-sportler und Touristen nicht daran hindern, die Hunte während desgrößten Teils des Jahres mit kleinen Wasserfahrzeugen zu befahren.Da viele derjenigen, die die Hunte in der Vergangenheit mit Flößenoder anderen großen Wasserfahrzeugen befahren haben, auf kleineWasserfahrzeuge umsteigen können, sind auch die Auswirkungender Verbote auf die vom Bootstourismus profitierenden Betriebe be-grenzt. Abgesehen davon haben deren Belange ohnehin nicht dasGewicht, das ihnen die Antragstellerin zu 1) beimisst. Ihr Recht ameingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird durch das teil-weise Befahrensverbot nämlich nicht berührt, weil die vom Boots-tourismus profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancen genutzthaben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht geschützt ist(vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.5.1988 – 2 BvR 579/81, BVerfGE 78, 205,211; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.9.1994 – 5 S 2108/94, NVwZ-RR1995, 323).

Weiterhin lässt sich kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleich-heitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die vom Antragsgegner vor-genommene Differenzierung zwischen Wasserfahrzeugen von mehrals 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite und kleineren Wasserfahr-zeugen ist bei der hier nur möglichen generalisierenden und typisie-renden Betrachtungsweise nicht zu beanstanden. Das Befahren derHunte mit kleinen Wasserfahrzeugen wie z. B. Kanus hat bei weitemnicht so negative Auswirkungen auf die dort vorkommende Floraund Fauna wie das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen wie z. B.Flößen, weil kleine Wasserfahrzeuge leichter und genauer gesteuertwerden können, weniger anfällig für Berührungen der Uferbö-schungen sind und seltener den Grund berühren. Daher besteht einsachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung kleiner undgroßer Wasserfahrzeuge. Dass der Antragsgegner die Grenze bei 6 mLänge oder 1 m Breite gezogen hat, begegnet ebenfalls keinen Be-denken, da Fahrzeuge, die diese Maße überschreiten, im allgemeinenschwer steuerbar sind.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt auchnicht darin, dass der Antragsgegner andere Nutzungen der Hunte,wie z. B. das Schwimmen, die Jagd und die Fischerei, nicht untersagthat. Denn die Auswirkungen dieser Betätigungen auf die Flora undFauna in der Hunte sind mit denen, die auf das Befahren des Ge-wässers mit Wasserfahrzeugen zurückzuführen sind, nicht vergleich-bar. Daher kann von einer willkürlichen Ungleichbehandlung keineRede sein.

Die Schutzbestimmungen des § 4 VO sind ferner nicht deshalb zubeanstanden, weil sie nach § 2 VO nicht nur dem Schutz und demErhalt, sondern auch der weiteren Entwicklung des Gewässerab-schnitts als Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten die-nen. Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dass eine Verordnungnach § 28 NNatSchG nur zum Schutz von Landschaftsbestandteilenerlassen werden kann. Der Schutz eines Landschaftsbestandteils alsLebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten fördert aber auchdessen weitere Entwicklung, so dass dagegen, dass § 2 VO auch dieweitere Entwicklung des Gewässerabschnitts erwähnt, nichts zu er-innern ist. Abgesehen davon werden die Verbote der Verordnung al-lein durch den Zweck gedeckt, den Gewässerabschnitt als Lebens-raum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten zu schützen und zuerhalten.

Die Befahrensverbote sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weilsie den durch § 73 Abs. 1 S. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes– NWG – garantierten Gemeingebrauch an natürlichen fließenden

Gewässern teilweise einschränken. Denn nach § 28 c NNatSchGkönnen in Verordnungen nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG auch Re-gelungen über den Gemeingebrauch an Gewässern getroffen wer-den. Von dieser Möglichkeit hat der Antragsgegner Gebrauch ge-macht, da er den Gemeingebrauch zum Schutz, zum Erhalt und zurweiteren Entwicklung der Hunte als Lebensraum für teilweise inihrem Bestand bedrohte Tier- und Pflanzenarten eingeschränkt hat.Daher steht § 73 Abs. 1 S. 1 NWG den Verboten des § 4 VO nicht ent-gegen.

Die Antragsteller können der Verordnung weiterhin nicht entge-genhalten, dass diese ihren räumlichen Geltungsbereich nicht hin-reichend eindeutig bezeichne. Nach § 3 VO gilt die Verordnung fürden Abschnitt der Hunte zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausenund der Überführung der Kreisstraße 235 in Astrup. Dadurch werdender Anfangs- und der Endpunkt des geschützten Gewässerabschnittshinreichend konkret bestimmt. Der Antragsgegner hat zu Recht dar-auf hingewiesen, dass die Verordnung den Gewässerabschnitt, derzwischen den baulichen Anlagen des Kraftwerks in Wildeshausenund der Brücke in Astrup liegt, schützt. Daher ist es den von der Ver-ordnung Betroffenen möglich, die Grenze des unter Schutz gestell-ten Gebiets vor Ort zweifelsfrei zu bestimmen.

Der Einwand der Antragsteller, dass die Verordnung möglicher-weise deshalb rechtswidrig sei, weil die Ausdehnung des Gewässersaufgrund der Instabilität der Uferböschungen nicht unwesentlichenVeränderungen unterliege, ist ebenfalls unbegründet. Da sich dieVerordnung auf das Gewässer erstreckt, ist deren Geltungsbereichhinreichend bestimmt. Kommt es zu Uferabbrüchen, kann sich derGeltungsbereich der Verordnung zwar geringfügig verändern, weildas zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärte Gewässer nichtnur die Gewässersohle, sondern auch das Ufer bis zur Böschungs-oberkante umfasst. Derartige geringfügige Veränderungen liegenaber in der Natur der Sache und stellen die Rechtmäßigkeit der Ver-ordnung nicht in Frage, weil es ansonsten entgegen § 28 Abs. 1NNatSchG nicht möglich wäre, Wasserläufe als Landschaftsbestand-teile unter Schutz zu stellen.

Die Antragsteller können auch nicht mit Erfolg geltend machen,dass der Antragsgegner beim Erlass der Verordnung ihre Belangenicht berücksichtigt habe. § 28 Abs. 1 NNatSchG knüpft die Unter-schutzstellung von Landschaftsbestandteilen an bestimmte nor-mativ vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen die Natur-schutzbehörde zu prüfen hat. Der ihr danach verbleibendeHandlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnis-mäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der Interessen desNatur- und Landschaftsschutzes auf der einen und der gegenläufi-gen Interessen auf der anderen Seite geprägt (vgl. Senatsurt. v.24.8.2001 – 8 KN 209/01, NuR 2002, 99). Eine derartige Würdigungder sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner vor-genommen. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat er die Inter-essen der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismusprofitierenden Betriebe und der Gemeinden in seine Erwägungeneinbezogen und bei der Abwägung berücksichtigt. Daher kann kei-ne Rede davon sein, dass die Interessen der Antragsteller beim Erlassder Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen undAstrup keine Berücksichtigung gefunden hätten.

Die Verordnung über den Schutz der Hunte zwischen Wildeshau-sen und Astrup wäre schließlich auch dann nicht zu beanstanden,wenn die Behauptung der Antragsteller zuträfe, dass der Antragsgeg-ner den abwägungsrelevanten Sachverhalt nicht umfassend ermit-telt habe. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellungder bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht dieNichtigkeit einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Ver-ordnung nicht nach sich (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). Daswäre nur dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Recht-mäßigkeit planerischer Entscheidung gestellt werden (vgl. dazu

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107ZUR 2/2004

BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79.76 u.a., BVerwGE 56, 110, 122 f.),auch für Verordnungen, die nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlas-sen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil diedem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung dersich gegenüberstehenden Interessen, die den Handlungsspielraumder Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B102/88, NVwZ 1988, 1020), mit der Abwägung aller in Betracht kom-menden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist(BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urt. v.14.12.2000 – 3 K 4802/99 –). Daher kommt es ausschließlich daraufan, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über dieUnterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu be-anstanden ist (Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). Das ist hier aus den be-reits dargelegten Gründen aber nicht der Fall.

OVG MünsterAbfallablagerungsverordnung setzt sich gegen abweichende Depo-niezulassungen durchUrteil vom 28. Oktober 2003 – 20 D 116/01.AK

Sachverhalt der Redaktion:Die Klägerin betreibt eine Siedlungsabfalldeponie. Mit Änderungs-bescheid zum Planfeststellungsbeschluss vom Mai 1999 legte die Be-klagte auf Antrag der Klägerin die sog. Zuordnungswerte, die denzulässigen – problematischen – Organikgehalte der Abfälle begren-zen, deutlich höher fest, als es die seinerzeit allein einschlägigen Be-stimmungen der TA Siedlungsabfall und nunmehr die entsprechen-den Regelungen der Abfallablagerungsverordnung vorsehen. UnterVerweis auf eben diese Regelungen lehnte die Beklagte einen Antragder Klägerin vom Mai 2001 ab, weitere, bisher nicht von der Plan-feststellung umfasste Abfallarten zur Ablagerung unter Anwendungder erhöhten Zuordnungswerte zuzulassen. Ferner bestimmte sie imNovember 2001 gegen die Klägerin, dass ab dem 1.6.2005 insgesamtdie Zuordnungskriterien der Deponieklasse II nach Anhang 1 der Ab-fallablagerungsverordnung einzuhalten seien. Die Klägerin begehrtdaraufhin die Feststellung, dass sie auch nach diesem Zeitpunkt be-rechtigt bleibe, gemäß den höheren Zuordnungswerten des Ände-rungsbescheides vom Mai 1999 abzulagern.

Aus den Gründen:(...) Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die von der Klägerin fürmaßgeblich gehaltenen, auf die zur Ablagerung freigegebenen Ab-fälle bezogenen Kriterien aus dem Planfeststellungsbeschluss vom29.8.1995 nebst den dazu ergangenen bestandskräftigen Ände-rungsbescheiden sind durch das – die Anforderungen des Kreislauf-wirtschafts- und Abfallgesetzes an die Gemeinwohlverträglichkeitder Abfallablagerung konkretisierende – normative Regelungssystemder Abfallablagerungsverordnung und der Deponieverordnung(DepV) überholt, und die von der Klägerin für weiterhin maßgeblicherachteten Kriterien des Abfalls erfordern eine Ablagerung auf einerDeponie, an die Anforderungen zu stellen sind, denen die Deponieder Klägerin nicht vollständig genügt.

Die Zulässigkeit der Ablagerung von Abfällen auf der Deponieder Klägerin unter Ausschöpfung der in dem Bescheid vom11.5.1999 genehmigten Zuordnungskriterien bestimmt sich nachdem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, wonach Abfälle, dienicht verwertet werden, gemeinwohlverträglich zu beseitigensind, § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG, und nach den zur Festlegung derkonkreten Anforderungen an eine gemeinwohlverträgliche Abfal-lablagerung erlassenen Verordnungen. Die Deponieverordnung

und die Abfallablagerungsverordnung ergeben im Zusammen-spiel; vgl. zur sachlichen Zusammengehörigkeit der Verordnun-gen: BR-Drs. 231/02, S. 52 .

ein in sich geschlossenes System, das mit Blick auf jede denkbareAbfallablagerung Deponieklassen vorgibt sowie in den jeweiligenAnforderungen umschreibt und für die einzelnen Deponieklassenspezifische Abfallkriterien bezeichnet. Die Verordnungen setzen zu-gleich die europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/31/EGdes Rates vom 26.4.1999 über Abfalldeponien (im Folgenden: De-ponierichtlinie), die in ihrem Artikel 4 die Zuordnung jeder Deponiezu einer der Klassen »Deponien für gefährliche Abfälle«, »Deponienfür nicht gefährliche Abfälle« und »Deponien für Inertabfälle« vor-gibt und in Art. 6 bestimmt, auf welchen Deponien welche Abfälledeponiert werden dürfen, in Bundesrecht um.

Das Zusammenspiel von Abfallablagerungsverordnung und De-ponieverordnung mag sich, was auch die Forderung des Bundesrates,den Entwurf einer neuen Deponieverordnung »zeitnah nach dem1.6.2005« vorzulegen, die sämtliche deponie- und ablagerungsspezi-fischen Belange in einer einzigen Verordnung zusammenfasst (vgl.BR-Drs. 231/02, S. 53), widerspiegelt, etwas kompliziert darstellen,doch ist – unbeschadet insbesondere der durch das zeitlich gestaffel-te Inkrafttreten der beiden Verordnungen aufgeworfenen und auchvon der Klägerin gesehenen Frage des Unterfallens einer Deponieentweder unter das Regime der Abfallablagerungs- oder der Depo-nieverordnung – insgesamt eindeutig und hinreichend klar ver-ständlich, dass die Verordnungen für jeden denkbaren Ablagerungs-fall spezifische Anforderungen an die dafür konkret in den Blickgenommene Deponie aufstellen, die zwingend eingehalten werdenmüssen, um die beabsichtigte Abfallablagerung gemeinwohlverträg-lich zu gestalten. Der Ansatz der Klägerin, ihre Deponie unterfallenicht der Abfallablagerungsverordnung, orientiert sich nicht hinrei-chend an dem Ziel der Gemeinwohlverträglichkeit der Ablagerung,für die danach zu fragen ist, ob die für die konkrete Abfallablagerungin den Blick genommene Deponie die sich nach der Gefährlichkeitdes abzulagernden Abfalls im Einzelfall bestimmenden Anforderun-gen der jeweils einschlägigen Deponieklasse erfüllt.

Die von der Klägerin zur Ablagerung vorgesehenen Abfälle dürfenaufgrund ihres deutlich über den Zuordnungskriterien für Deponiender Deponieklasse II (Anhang 1 zur AbfAblV) liegenden Schadstoff-gehaltes nur auf einer Deponie der Deponieklasse III abgelagert wer-den; die Ablagerungsfähigkeit der Abfälle richtet sich deshalb alleinnach den – u.a. die Anforderungen an diese Deponieklasse normie-renden – Bestimmungen der Deponieverordnung.

Die von der Klägerin bei Klageerhebung in den Vordergrund ge-stellte Frage, ob die von ihr betriebene Deponie dem Regime der Ab-fallablagerungsverordnung unterfällt, stellt sich nach Inkrafttretender Deponieverordnung und der damit einhergehenden umfassen-den normativen Bestimmung der Anforderungen der Gemeinwohl-verträglichkeit der Abfallablagerung nicht (mehr). Wie die Rechtsla-ge vor Inkrafttreten der Deponieverordnung – mithin auch imZeitpunkt der Klageerhebung – zu beurteilen war, ob also schon undallein aus der Abfallablagerungsverordnung zu schließen war, dassdie im Planfeststellungsbeschluss und in den nachfolgenden be-standskräftigen Änderungsbescheiden enthaltenen Regelungen zuden abzulagernden Abfällen keine Geltung mehr beanspruchenkonnten, weil es sich bei der Deponie der Klägerin – wie die Beklag-te meint und was die Klägerin unter Hinweis darauf, dass es nie umdie Ablagerung von Siedlungsabfällen gegangen sei, bestreitet – umeine dem Regelungsbereich der Abfallablagerungsverordnung unter-fallende Deponie handelte, bedarf keiner Entscheidung (mehr), weilfür die Beurteilung des Feststellungsbegehrens der Klägerin dieRechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist.

Hiernach ist die Ablagerung von Abfall der bislang zugelassenenArt, soweit sie über die Vorgaben der Deponieklasse II nach Anhang

OVG Münster, Abfa l lablagerungsverordnung

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ZUR 2/2004108

1 zur AbfAblV hinausgeht, auf der Deponie der Klägerin nicht ge-meinwohlverträglich, weil es der Deponie an einer geologischen Bar-riere ermangelt und diese damit den Anforderungen der Deponie-verordnung an eine Deponie der Klasse III nicht entspricht. Abfälleder beschriebenen Art dürfen deshalb jedenfalls ab dem 1. Juni 2005– und nur das ist in Anbetracht des Bescheides der Beklagten vom6.11.2001 im Streit – auf der von der Klägerin betriebenen Deponienicht mehr abgelagert werden.

Dass eine geologische Barriere fehlt, räumt die Klägerin ein. DieDeponie gründet nicht auf den am Standort vorhandenen Ton-schichten, sondern auf der darüber lagernden Kies-Sand-Schicht, dieeine unterschiedliche Mächtigkeit von 1,5 bis 4,6 Metern besitzt undzudem selbst Grundwasserleiter ist. Diese Kies-Sand-Schicht kommtals geologische Barriere auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil dieKationenaustauschkapazität der Sande – nach der Behauptung derKlägerin – Werte für technische Barrieren erreicht. Die dahingehen-de Argumentation berücksichtigt nicht, dass das angesprocheneRückhaltevermögen der Sande nur eine der Komponenten der geo-logischen Barriere beschreibt, und greift zudem in der Sache nicht,weil die Kies-Sand-Schicht die Anforderung der Mindestmächtigkeitbei weitem nicht erreicht, ferner bereits selbst teilweise Grundwas-ser führende Schicht ist und damit von vornherein und ungeachtetdes Rückhaltevermögens der Sande offensichtlich keine geologischeBarriere zur Verhinderung des Einsickerns von Schadstoffen in dasGrundwasser sein kann. Auf die zwischen den Parteien streitigen Fra-gen der Verwertbarkeit der gutachterlichen Annahme zur Kationen-austauschkapazität der Schicht kommt es deshalb nicht an.

Auf die geologische Barriere kann nicht verzichtet werden. IhrFehlen wird insbesondere nicht durch die Qualität der eingebautenmineralischen Dichtungsschicht kompensiert. Die Klägerin hatzwar eine mineralische Dichtungsschicht eingebaut, die die Anfor-derungen der Deponieverordnung an diese künstliche Barriere über-trifft; das Vorbringen zu einer dadurch bewirkten Entbehrlichkeitder geologischen Barriere verkennt jedoch, dass die mineralischeDichtung Komponente des Basisabdichtungssystems ist und wegendes nach § 3 Abs. 1 S. 1 DepV erforderlichen kumulativen Gege-benseins des Standortfaktors einer geologischen Barriere einerseitsund der Basisabdichtung andererseits das Fehlen der geologischenBarriere nicht ausgleichen kann. Schwächen einzelner Komponen-ten der jeweiligen Barriere können vielmehr nur innerhalb der je-weils betroffenen Barriere aufgefangen werden (vgl. Ziffer 1 Nr. 1 desAnhangs 1 zur DepV).

Ein Verzicht ist ferner auch nicht im Hinblick darauf möglich,dass es sich bei der Deponie der Klägerin um eine Altdeponie imSinne des § 14 DepV handelt, weil sie sich am 1.8.2002 in der Ab-lagerungsphase befand. Für Altdeponien ist zwar ein Verzicht aufdie geologische Barriere nicht generell ausgeschlossen (siehe ins-besondere § 14 Abs. 3 S. 1 DepV), für die Deponie der Klägeringreift jedoch keine Ausnahmemöglichkeit. Begünstigt sind nach§ 14 Abs. 2 S. 1 DepV mit dem Verweis auf Nr. 11 TA Abfall nursolche Deponien, die bereits nach der TA Abfall als Altanlagen vondiesem Erfordernis freigestellt waren. Nach Nr. 11.2 Buchstabe g TAAbfall aber gelten, wenn auf der Deponie im Zeitpunkt des In-krafttretens der TA Abfall – 1.4.1991 – noch keine Abfälle abgela-gert wurden, die Anforderungen an den Untergrund nach Nr. 9.3.2TA Abfall. § 14 Abs. 2 DepV normiert damit – in Anwendung vonVertrauensschutzgesichtspunkten ersichtlich den Gedanken, dassAbfall, der schon nach Maßgabe der Bestimmungen der TA Abfallnicht hätte abgelagert werden dürfen, auch nach der Deponiever-ordnung nicht soll abgelagert werden können. Auf der Deponie derKlägerin wurden vor dem 1.4.1991 noch keine Abfälle abgelagert,sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Weiterbe-trieb trotz Fehlens einer geologischen Barriere – unbeschadet derFrage, ob die nach § 14 Abs. 2 S. 3 DepV erforderliche und nur bis

zum 1.8.2003 mögliche Antragstellung überhaupt erfolgt ist –nicht gegeben sind. Damit entfällt auch die Möglichkeit einer wei-teren Ablagerung der in Rede stehenden Abfälle – bis zum Ende derAblagerungsphase – nach § 25 Abs. 2 S. 1 DepV; diese Vorschriftstellt lediglich sicher, dass besonders überwachungsbedürftige Ab-fälle auf Deponien, die den Anforderungen der Deponieverord-nung – seien es auch Übergangsregelungen – entsprechen, bis zumEnde der Ablagerungsphase deponiert werden können, und ge-langt deshalb hier von vornherein nicht zur Anwendung.

Dass die Deponieverordnung das kumulative Vorhandensein vongeologischer Barriere und Basisabdichtungssystem fordert, § 3 Abs.1 S. 1 DepV, ist ebenso wie die vorerörterte Behandlung von Altde-ponien in Anbetracht des dem Verordnungsgeber zukommendenGestaltungsspielraums im Bereich der Schadensvorsorge rechtlichunbedenklich.

Mit dem Multibarrierenkonzept wird auch dem Gedanken derDiversifikation Rechnung getragen, der verlangt, dass bei Versageneiner Barriere (zumindest) eine weitere intakte und andersartigeBarriere zur Verfügung steht, in deren Beständigkeit gerade deshalbVertrauen gesetzt werden kann, weil sie nicht der Art der durch-brochenen Barriere entspricht. Dabei wird davon ausgegangen,dass alle künstlichen Maßnahmen (hier also die mineralische Dich-tungsschicht) zur Beherrschung der Emissionen einer Deponie aufDauer ganz oder zumindest teilweise versagen, mithin von end-licher Funktion sind. Das der Deponierichtlinie wie der Deponie-verordnung und der Abfallablagerungsverordnung zugrundeliegende Multibarrierenkonzept erfordert deshalb einen Deponie-standort, der auch im Falle des Versagens der künstlichen Basisab-dichtung garantiert, dass die Emissionen, die von dem abgelager-ten Abfall dann möglicherweise ausgehen, jedenfalls schadlosbleiben, weil eine weitere (geologische/natürliche) Barriere vor-handen ist. Die Sachgerechtigkeit des Konzepts wird nachhaltig da-durch unterstrichen, dass die in der Deponieverordnung normier-ten technischen Anforderungen mit den Bestimmungen derDeponierichtlinie übereinstimmen, nach der der Schutz des Bo-dens, des Grundwassers und des Oberflächenwassers während derBetriebs-/aktiven Phase durch eine Kombination aus geologischerBarriere und Basisabdichtungssystem zu erreichen ist (Nr. 3.1 S. 2des Anhangs I zur Deponierichtlinie), und deren Forderungen inBundesrecht umsetzen. Europarechtlich vorgegeben ist, dass sichdie geologische Barriere durch geologische und hydrogeologischeBedingungen in dem Gebiet unterhalb und in der Umgebung einesDeponiestandortes bestimmt, wobei ein ausreichendes Rückhalte-vermögen gegeben sein muss, um einer Gefährdung für Boden undGrundwasser vorzubeugen. Die Deponiesohle und die Deponiebö-schungen müssen aus einer mineralischen Schicht bestehen, diebestimmte Anforderungen an Durchlässigkeit und Mächtigkeit er-füllt. Für den Fall, dass die geologische Barriere aufgrund ihrernatürlichen Beschaffenheit den genannten Anforderungen nichtentspricht, kann sie mit anderen Mitteln künstlich vervollständigtund verstärkt werden, sodass sie einen gleichwertigen Schutz ge-währleistet, wobei die so geschaffene künstliche geologische Bar-riere mindestens einen halben Meter dick sein sollte (Nr. 3.2 desAnhangs I zur Deponierichtlinie). Indem die Deponierichtlinie inKenntnis der Tatsache, dass in den Mitgliedsstaaten nur wenige De-poniestandorte über die erforderliche natürliche Beschaffenheitverfügen (vgl. BR-Drs. 231/02, S. 80) darauf abstellt, dass den ge-nannten Mindestanforderungen nicht genügende geologische Bar-rieren nachgebessert werden können, eröffnet sie die Abfallablage-rung auch in diesen Fällen; nicht vorgesehen ist jedoch dieMöglichkeit der Kompensierung einer nicht vorhandenen geologi-schen Barriere durch ein Übertreffen der Voraussetzungen des – ku-mulativ erforderlichen – Basisabdichtungssystems.

Dass die Grenzen des dem Verordnungsgeber zukommenden Ge-

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109ZUR 2/2004

staltungsspielraums mit den in der Deponieverordnung für den Wei-terbetrieb von Altanlagen aufgestellten Anforderungen überschrittenwären, ist durchgreifend weder geltend gemacht noch sonst ersicht-lich. Der Verordnungsgeber hat in § 14 DepV die Problematik bereitsbestehender Deponien aufgegriffen und die Lösung in einer diffe-renzierten Regelung an Vertrauensschutzerwägungen ausgerichtet.Mit der Möglichkeit der Zulassung des Weiterbetriebs von Anlagen,die den Anforderungen der Deponieverordnung nicht genügen, aberalle entsprechenden Anforderungen der Nr. 11 TA Abfall erfüllen,§ 14 Abs. 2 S. 1 DepV, werden unbillige Härten in hinreichendemUmfange vermieden. Denn den Deponiebetreibern musste bereitsunter der Geltung der TA Siedlungsabfall und der TA Abfall bewusstsein, dass Abfall bestimmter Gefährlichkeit nach dem weiter ent-wickelten Stand der Bewertung nur auf Deponien bestimmter Qua-lität – insbesondere mit geologischer Barriere – abgelagert werdendarf. Dieses Problembewusstsein musste sich zudem mit Erlass derDeponierichtlinie im Jahre 1999 bzw. der Abfallablagerungsverord-nung im Jahre 2001 verstärken, sodass der Erlass der Deponiever-ordnung im Jahre 2002 nicht unerwartet sein konnte. Soweit die De-ponieverordnung nicht auch diejenigen begünstigt, die daraufsetzten, Abfälle einer bestimmten Gefährlichkeit auf einer Deponieabzulagern, die den bereits bekannten regelmäßigen Anforderungender TA Abfall von Beginn an nicht entsprach, wird angesichts deraufgezeigten Entwicklung des Abfallrechts keine schutzwürdige, ins-besondere keine eigentumsrelevante (Art. 14 Abs. 1 GG) Vertrauens-position vernachlässigt; vielmehr handelten entsprechende Depo-niebetreiber von vornherein auf eigenes bzw. des GebührenzahlersRisiko.

Dies zeigt auch und gerade der vorliegende Fall. Der Klägerin wardas Fehlen der geologischen Barriere von Anfang an als ein Mangelbewusst. Sie konnte die Zulassung der Abfallablagerung nur unterBetrachtung der Deponie als Altanlage i.S. der TA Siedlungsabfallund damit für die zugehörigen Abfallkriterien erreichen undbemühte sich sodann – mit Erfolg – um eine Erhöhung der zunächstplanfestgestellten Zuordnungskriterien im Wege der Ausnahme, um– wie sie selbst vorträgt – die von vornherein in den Blick genom-menen Abfälle annehmen zu können. Sie ist damit das Risiko ein-gegangen, die Erhöhung der Zuordnungskriterien entweder über-haupt nicht oder nicht auf Dauer erreichen zu können. MitInkrafttreten der Deponieverordnung hat sich dieses Risiko reali-siert; ein etwaiges Vertrauen der Klägerin, die bisherige Ablage-rungspraxis fortsetzen zu dürfen, ist vor diesem Hintergrund nichtschutzwürdig.

Auch sonstige Bedenken gegen die Gültigkeit und Anwendbarkeitder Deponieverordnung bestehen nicht; die gesetzliche Grundlageder Rechtsverordnung findet sich (im Wesentlichen und bezogen aufdie hier interessierenden Fragen) in §§ 12 und 36 c KrW-/AbfG; dasGesetz selbst bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Er-mächtigung, vgl. Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG. Ebenso ist nichts ersichtlichoder vorgetragen, was gegen die Vereinbarkeit der Deponieverord-nung mit den europarechtlichen Vorgaben, der Deponierichtliniespräche; vgl. zur Abfallablagerungsverordnung: VG Koblenz, Be-schluss vom 4.12.2002 – 7 K 1389/01.KO.

Insbesondere kann auch nach der Deponierichtlinie für den Wei-terbetrieb bereits vorhandener Deponien nicht auf eine geologischeBarriere verzichtet werden (vgl. Art. 14 Buchst. a und Buchst. c S. 2i.V.m. Anhang I Nrn. 1 und 3 zur Deponierichtlinie). Die Deponie-verordnung basiert in ihren Aussagen zu Altanlagen auf § 36 c Abs.2 KrW-/AbfG, der in Anlehnung an § 7 Abs. 2 BImSchG eine Rege-lung zur Umsetzung von Vorsorgeanforderungen für bestehende De-ponien enthält. Die Pflicht zur Vorsorge gegen Beeinträchtigungender in § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG genannten Schutzgüter ist Bestandteilder für alle Deponien geltenden allgemeinen Verpflichtung, Beein-trächtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu vermeiden. Danach

können in die Deponieverordnung unmittelbar verbindliche Über-gangs- und Schließungsfristen für bestehende Deponien aufgenom-men werden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, wobeies § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG dem Verordnungsgeber ermöglicht, denGrundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf bestehende De-ponien zu konkretisieren. Zugleich macht § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfGdeutlich, dass etwaiger Bestandsschutz zeitlich begrenzt ist. (Vgl. Ge-setzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen –BT-Drs. 14/4599, S. 151.)

Die Klägerin kann sich nicht mehr auf den Planfeststellungsbe-schluss vom 29.8.1995 und nachfolgende bestandskräftige Ände-rungsbescheide berufen. Der Beschluss und die genannten Beschei-de sind – soweit sie in den Bestimmungen über die zur Ablagerungfreigegebenen Abfälle wegen der tatsächlichen Gegebenheiten derDeponie dem Zuordnungssystem aus Abfallablagerungsverordnungund Deponieverordnung widersprechen, also Abfälle zulassen, dieeine Deponie der bei der Klägerin gerade nicht gegebenen Klasse IIIerfordern – überholt und für den weiteren Betrieb der Deponie nichtmehr beachtlich.

Die Verordnungen sind materielle Gesetze mit unmittelbarem Gel-tungsanspruch und haben Vorrang auch gegenüber entgegenste-henden älteren Regelungen in Verwaltungsakten. Sie unterwerfenaufgrund ihres – sie insbesondere von der Technischen Anleitungenabhebenden – normativen Charakters in Verbindung mit ihrer Kon-kretheit, die in den Grundregelungen keinen Raum für die Gestal-tung des Einzelfalls durch Verwaltungsakt lässt, den Weiterbetrieb al-ler Deponien den Maßgaben materieller Annahmekriterienhinsichtlich des Abfalls einerseits und bestimmter Anforderungen andie Deponieklassen andererseits. (Vgl. Petersen/Krohn, AbfallR 2003,60 ff.; Siederer/Nicklas, AbfallR 203, 66 ff.; siehe auch BT-Drs. 14/8435,Seite 1.)

Ihre unmittelbare Geltung ist in den Verordnungen eindeutig an-gelegt. Sie enthalten klare Verhaltensanweisungen – »(Siedlungs-)Ab-fälle... dürfen nur abgelagert werden«, § 6 DepV, § 3 AbfAblV -, diesich u.a. an die Deponiebetreiber richten, § 1 Abs. 2 Nr. 2 DepV, § 1Abs. 2 Nr. 1 AbfAblV, und bußgeldbewehrt sind, § 24 DepV, § 7 Ab-fAblV. Die Loslösung des weiteren Betriebs der bereits laufenden unddemgemäß grundsätzlich mit Zulassungsentscheidungen versehe-nen Deponien von den Befugnissen, die eben diese Zulassungsent-scheidungen geben, wird durch die Regelungen in § 14 DepV und § 6AbfAblV belegt; danach bedarf es einer Antragstellung und neuenZulassungsentscheidung, damit auch nach Inkrafttreten der jeweili-gen Verordnung Ablagerungen vorgenommen werden dürfen, dienach den neuen Normen so nicht zulässig wären, jedoch – so jeden-falls im typischen Fall – nach der bisherigen Gestaltung der Anla-genzulassung zulässig waren.

Gegen die rechtliche Möglichkeit, im Wege der Normsetzung Be-fugnisse zu entziehen, die im Wege der Einzelfallentscheidung durchVerwaltungsakt gewährt worden sind, bestehen im vorliegenden Zu-sammenhang schon deshalb keine rechtlichen Bedenken, weil dieabfallrechtlichen Zulassungsentscheidungen angesichts der weitge-henden gesetzlichen Möglichkeiten späterer Änderung bei sich ent-wickelndem Stand, § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 KrW-/AbfG, keine nichtdurch Übergangsregelungen aufzufangenden schützenswerten Ver-trauenspositionen entstehen lassen können und zur Rechtsklarheitund Rechtssicherheit eine im Einzelfall vorzunehmende Modifizie-rung einzelner Zulassungsentscheidungen nicht geboten ist; denndie Verordnungen sind so gefasst, dass die Deponiebetreiber denRahmen des ihnen Erlaubten verlässlich erkennen können.

Sonstige Umstände, die der Wirksamkeit und auch der Durchset-zung der Deponieverordnung im Fall der Klägerin entgegenstehenkönnten, sind nicht ersichtlich. (...)

OVG Münster, Abfa l lablagerungsverordnung

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ZUR 2/2004110

OVG MannheimZur Vereinbarkeit der Abfallablagerungsverordnung mit dem EG-RechtBeschluss vom 4. November 2003 – 8 B 11220/03.OVG

Aus den Gründen:I. Der Antragsteller betreibt als kommunaler Zweckverband eine Abfall-

deponie, auf der er gemäß bestandskräftiger Auflage in einer Planän-derungsgenehmigung nur noch bis 31.5.2005 lediglich mechanischvorbehandelte (zerkleinerte) Siedlungsabfälle einbauen darf.Im Hauptsacheverfahren klagt der Antragsteller auf Verlängerungder Erlaubnis zum Einbau derartiger Abfälle, was der Antragsgeg-ner unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abfallablage-rungsverordnung – AbfAblV – vom 20.2.2001 (BGBl. I S. 305) ab-gelehnt hat. (...)

Der Antrag (bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofeszuzüglich der erforderlichen Zeit für die Planung, Errichtung und In-betriebnahme einer den Anforderungen der AbfAblV genügendenAbfallbehandlungsanlage dem Antragsteller durch einstweilige An-ordnung die weitere Endverfüllung lediglich mechanisch zerkleiner-ten Abfalls zu gestatten, Anm. d. R.) kann nur dann Erfolg haben,wenn die AbfAblV unanwendbar ist. Ob diese Voraussetzung gege-ben ist, erscheint jedoch eher zweifelhaft:

Nach Ansicht des Senats sprechen gute Gründe dafür, dass die Ab-fAblV mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Dabei berücksichtigt erneben den Rechtsausführungen der Beteiligten und dem Vorabent-scheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts auch die hierzu ein-gereichten Stellungnahmen der Europäischen Kommission und derMitgliedstaaten. Auch wenn der Europäische Gerichtshof an solcheStellungnahmen weder rechtlich gebunden ist noch ihnen tatsäch-lich ausnahmslos folgt, sind die darin enthaltenen Rechtsaus-führungen bei der dem nationalen Richter im Eilverfahren erlaub-ten Beurteilung Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens vonBedeutung. Dies gilt insbesondere für die Rechtssauffassung derKommission, die zur Hüterin des europäischen Interesses berufen ist(s. EuGH, Urteil vom 11.8.1995 – Rs. C-431/92, Slg. 1995 I-2189; st.Rspr.).

Was die erstinstanzlichen Zweifel an der Vereinbarkeit der AbfA-blV mit Art. 176 EGV anlangt, reduziert zwar die AbfAblV den De-ponierungsumfang nicht nur für Siedlungsabfälle sondern auch fürähnliche gewerbliche Abfälle und das früher, stärker und mit ande-ren Methoden, als in der DepRL vorgesehen. Die Zulässigkeit diesesVorgehens wird aber seitens der Niederländischen Regierung (s. S. 11der Stellungnahme) und der Österreichischen Regierung (S. 6 derStellungnahme) mit überzeugenden Argumenten unmittelbar ausder DepRL selbst abgeleitet, sodass schon die Anwendbarkeit desvom Verwaltungsgericht herangezogenen Art. 176 EGV fraglich er-scheint (s. auch S. 8 der Stellungnahme der Bundesrepublik Deutsch-land). Die Stellungnahme der Europäischen Kommission verdeut-licht im Übrigen, warum die Regelungen der AbfAblV auch dann,wenn sie als Maßnahmen im Sinne von Art. 176 EGV anzusehenwären, nicht zu beanstanden sein dürften. Insbesondere sieht dieKommission keinen Qualitätsunterschied hinsichtlich der Schutz-maßnahmen und attestiert Zielkonformität mit der Richtlinie. Dieserscheint dem Senat überzeugend. Denn die Behandlungsverfahren,die aufgrund der AbfAblV erforderlich werden, sind in Art. 6 Buchst.a Satz 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. h DepRL ausdrücklich vorgesehen. Zu-dem besteht das Strategieziel gemäß Art. 5 Abs. 1 DepRL allgemeinin der »Verringerung der zur Deponierung bestimmten, biologischabbaubaren Abfälle«. Es spricht insoweit wenig dafür, dass die Zeit-und Massevorgaben in Art. 5 Abs. 2 DepRL die Mitgliedstaaten beimAnsteuern des Strategieziels »bremsen« sollen. Eher dürfte es sich umeine Art »Mindestbeschleunigung« auf dem Weg zum Ziel handeln.Berücksichtigt man zudem, dass die Niederländische Regierung (S.

10 der Stellungnahme) das vom Verwaltungsgericht (Beschluss vom4.12.2002, S. 25 BA) unter Hinweis auf deutsche Kommentatoren an-genommene Erfordernis der Qualitätsgleichheit von verstärktenSchutzmaßnahmen begründet in Frage stellt, verlieren die erstin-stanzlichen Bedenken weiter an Gewicht.

Soweit das Verwaltungsgericht im Vorabentscheidungsersucheneine gemeinschaftsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der AbfAblV inBetracht zieht, weil sie den Antragsteller lange vor Ablauf der in Art.5 Abs. 2 DepRL genannten Fristen an jeglicher Ablagerung von bio-logisch abbaubaren Abfällen hindere, die Umweltauswirkungen derÜberlagerung unbehandelter Abfälle mit behandelten Abfällen un-klar seien und die Verordnung keine Kompensation bei Gleichwer-tigkeitsnachweis zulasse, erscheint auch dies angesichts der einge-gangenen Stellungnahmen durchaus zweifelhaft. Zum einen setztsich der Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht mit der Anwend-barkeit des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnis-mäßigkeit auf verstärkte Schutzmaßnahmen auseinander, die vonder Europäischen Kommission unter eingehender Auseinanderset-zung mit Art. 176 EGV und der Rechtsprechung des EuropäischenGerichtshofes verneint wird (S. 8 bis 11 der Stellungnahme). Zumanderen halten sowohl die Kommission als auch die ÖsterreichischeRegierung die Regelungen der AbfAblV auch bei Anwendbarkeit die-ses Grundsatzes für verhältnismäßig. Die Kommission begründetdies – aus der Sicht des Senats wiederum überzeugend – mit dem an-gesichts des komplexen Sachverhalts weiten Ermessen des nationa-len Normgebers.

Auch aus dem vom Antragsteller in der Beschwerdeerwiderung be-haupteten Verstoß der AbfAblV gegen verfassungs- und europa-rechtliche Zitiergebote ergeben sich keine überwiegenden Erfolgs-aussichten in der Hauptsache.

Dass die AbfAblV keinen Hinweis auf europarechtliche Ermächti-gungsgrundlagen enthält, verstößt nicht gegen Art. 80 Abs. 1 S. 3GG. Den Argumenten, die das Bundesverwaltungsgericht in seinemUrteil vom 20.3.2003 (DVBl. 2003, 731) gegen die Erstreckung desArt. 80 Abs. 1 S. 3 GG auf gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungs-grundlagen entwickelt hat, schließt sich der Senat an.

Soweit die AbfAblV der Umsetzung von Vorschriften der DepRLdient (s. dazu die Begründung des Kabinettsbeschlusses, BR-Drs.596/00, S. 46 und auch Zacharias, Die Zukunft der Siedlungsabfal-lentsorgung, UPR 2001, 95), aber entgegen Art. 18 Abs. 1 S. 2 DepRLkeine Bezugnahme auf diese Richtlinie enthält, führt dieser formaleMangel nicht zur. Unanwendbarkeit der AbfAblV wegen Verstoßesgegen Gemeinschaftsrecht. Der Verstoß gegen das in einer Richtlinieenthaltene gemeinschaftsrechtliche Zitiergebot bedeutet lediglich,dass insoweit die Umsetzungspflicht nicht erfüllt worden ist, was ineinem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Ge-richtshof festgestellt werden kann (s. z.B. EuGH, Urteil vom18.12.1997, Rs. C-361/95, Slg. 1997 I-7351 Rn. 15). Gegenteiligesfolgt auch nicht aus der vom Antragsteller zitierten Rechtsprechungdes Europäischen Gerichtshofs zum Verstoß gegen Notifizierungs-pflichten, die sich aus einer Richtlinie ergeben (s. Urteil vom30.4.1996,- Rs. C-1994/94, Slg. I-2201 ff). Anders als ein Zitiergebotdiente die der Entscheidung zugrunde liegende Notifizierungspflichtdazu, der Europäischen Kommission einen präventiven Schutz ge-gen Behinderungen der Warenverkehrsfreiheit durch nationale tech-nische Normen zu ermöglichen. Nur aus diesem Zweck leitete derEuGH die Unanwendbarkeit der unter Verstoß gegen die Notifizie-rungspflicht erlassenen technischen Normen ab.

Rechtsprechung

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111ZUR 2/2004

VG DüsseldorfAbfallbegriff und gebrauchte KompressorenBeschluss vom 5. September 2003 – 17 L 2542/03

Leitsatz:Gebrauchte Kompressoren aus alten Kühlgeräten, die zum Zweckeder Wiederverwendung ausgebaut und verkauft werden, sind keinAbfall und unterfallen nicht dem Abfall(verbringungs)recht.

Gründe:I.(Tatbestand redaktionell bearbeitet) Der Antragsteller, handelndunter der Firma N, kauft in Deutschland Kompressoren, die aus Alt-kühlschränken ausgebaut und von einer Drittfirma zum Transportund zum Wiedereinbau vorbereitet worden sind. Diese Kompresso-ren, welche sehr langlebig sind, verkauft er an Abnehmer in Nigeria.Die Geräte werden über den Seeweg an ihren Bestimmungsort trans-portiert. Der Antragsteller setzt sich gegen eine ihm aufgegebeneRückführung der Kompressoren nach Deutschland zur Wehr. (...)

Nach dem unwiderlegten Vortrag des Antragstellers werden denKompressoren noch vor dem Ausbau aus den Kühlgeräten das Kom-pressorenöl und das Kältemittel abgesaugt. Nach dem Ausbau derKompressoren tropfen diese das restliche Öl ab. Es verbleiben rund25 g Restöl im Kompressor, welches ihn auch vor Korrosion schützt.Schließlich werden die Flüssigkeitsleitungen zugedrückt; (...)

Der Antragsteller kauft lediglich die weitestgehend flüssigkeitsent-leerten Kühlkompressoren, nicht die Kühlgeräte selbst. Die Kühl-geräte, aus denen die Kompressoren ausgebaut wurden, werden vondem Unternehmen, das die Kompressoren ausbaut und vorbereitet,entsorgt.

Der Schrottwert (Altmetallwert) der Kompressoren in Deutsch-land liegt bei 90 bis 100 Euro je Tonne. Der vom Antragsteller inDeutschland gezahlte Ankaufspreis beträgt etwa 230 Euro je Tonnevorbehandelter Kompressoren. Der Verkaufspreis – Transport inbe-griffen – in Nigeria liegt nach unwidersprochenem Vortrag des An-tragstellers bei 525 Euro je Tonne. Die Botschaft der BundesrepublikDeutschland in der Hauptstadt Nigerias (Abuja) bestätigt mit elek-tronischer Post vom 3.7.2003, dass wiederverwendbare Kompresso-ren in Nigeria ein »normales Handelsprodukt« sind. In Nigeria wer-den die Kompressoren nach Auskunft der übernehmenden Firma G,Lagos/Nigeria – sofern im Einzelfall nötig (v.a. an elektronischenBauteilen) – repariert und dann in Kühlschränke eingebaut. (...)

Gestützt auf § 6 des Abfallverbringungsgesetzes gab die Antrags-gegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 7.3.2003 auf, die aufdem Weg nach Nigeria befindlichen Container mit den darin ent-haltenen Abfällen (Kühlgerätekompressoren) vollständig in die Bun-desrepublik Deutschland zurück zu bringen, die Kompressoren einerordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und dies nachzuweisen.Gleichzeitig ordnete sie – trotz § 6 Abs. 2 S. 2 AbfVerbrG – die sofor-tige Vollziehung an. (...)

Der Antragsteller beantragt die Wiederherstellung der aufschie-benden Wirkung seiner Klage. Er ist der Auffassung, es handele sichbei den Kompressoren nicht um Abfälle.

II. Der Antrag ist zulässig und begründet. (...)Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist über-

wiegend wahrscheinlich, dass die Wiedereinfuhranordnung des An-tragsgegners rechtswidrig ist, weil es sich bei den Kühlkompressorennicht um Abfall im Sinne des Abfallverbringungsgesetzes bzw. derVerordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1.2.1993 zur Überwa-chung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in dieund aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. Nr. L 30 S. 1, ber. ABl.1994 Nr. L 18 S. 38, zuletzt geändert durch VO (EG) 2557/2001 vom28.12.2001 (ABl. Nr. L 349 S.1) – EGAbfVerbrV – handelt.

Art. 2a EGAbfVerbrV verweist zur Definition des verbringungs-rechtlichen Abfallbegriffs auf Art. 1 a der EG-Abfallrahmenrichtlinie,

Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15.7.1975 über Abfälle, ABl.Nr. L 194 S. 47, zuletzt geändert durch Art. 1 Entscheidung zur An-passung der Anhänge IIA und IIB der RL 75/442/EWG vom24.5.1996 (ABl. Nr. L 135 S. 32) – EGAbfRRL -.

Danach sind Abfälle »alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die inAnhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzerentledigt, entledigen will oder entledigen muss.« Da der Anhang Imit der Gruppe Ql6 »Stoffe und Produkte, die nicht einer der obenerwähnten Gruppen angehören« eine umfassende Auffanggruppebereitstellt, haben die vorhergehenden Gruppen Ql bis Q15 keineeingrenzende Wirkung. Sie können höchstens als Indiz für die Frageder Abfalleigenschaft einer Sache herangezogen werden. Entschei-dend für die Frage, ob eine Sache dem Abfallbegriff unterfällt, sinddemnach die drei Entledigungstatbestände, vgl. EuGH, Urteil vom18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 828 Tz. 22;zum insofern gleich lautenden § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG statt allerKunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallge-setz, 2. Auflage (2003) § 3 Rn. 17 mit Nachweisen aus der Literatur.

Maßgeblich abzustellen ist dabei auf den Abfallbegriff der EG-Ab-fallrahmenrichtlinie, nicht auf die Definition in § 2 Abs. 1 bis 4AbfVerbrG. Denn die EG-Abfallverbringungsverordnung gilt als Ver-ordnung gemäß Art. 249 Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Eu-ropäischen Gemeinschaft vom 7.2.1992 (»Vertrag von Maastricht«)BGBl. 1992 II S. 1253 in der Fassung vom 26.2.2001 (»Vertrag vonNizza«) BGBl. 2002 II S. 1666 – EGV – unmittelbar und allgemein inallen Mitgliedsstaaten. Indem die Abfallverbringungsverordnung zurBegriffsbestimmung unmittelbar auf die Abfalldefinition in Art. laEGAbfRRL verweist, wird dieser Teil der Verordnung und ist (aus-nahmsweise) unmittelbar anwendbar. Da sich das europäische Rechtdurchsetzen würde, wenn sich das deutsche Abfallverbringungsge-setz zu ihm in Widerspruch setzte, wird maßgeblich jenes und nicht§ 2 Abs. 1 bis 4 AbfVerbrG herangezogen, vgl. BVerwG, Urteil vom13.3.2003 – 7 C 1.02, DVBl. 2003, 743, 744: »Der VGH ist zutreffenddavon ausgegangen, dass der Sachbereich der grenzüberschreitendenAbfallverbringung durch Gemeinschaftsrecht, insbesondere die EG-AbfVerbrVO und die von ihr in Bezug genommene AbfRRL,bestimmt wird. Die Rüge ... der VGH hätte ... anhand ... § 4 Abs. 3KrW-/AbfG einstufen müssen, ist unbegründet; eine solche Kon-kretisierung des Gemeinschaftsrechts durch nationales Recht ist ge-meinschaftsrechtswidrig«.

Europäische Rechtsquellen werden letztverbindlich nicht von dennationalen Gerichten ausgelegt, sondern vom EuGH (Art. 220 ff.EGV). Deswegen kommt dessen Verständnis des Abfallbegriffs ent-scheidende Bedeutung zu.

Nach der Rechtsprechung des EuGH hängt der Anwendungsbe-reich des Begriffes »Abfall« von der Bedeutung des Ausdrucks »sichentledigen« ab, EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs. C-9/00 (PalinGranit), DVBl. 2002, 827, 828 Tz. 22; EuGH, Urteil vom18.12.1997 – Rs. C-129/96 (Inter-Environment Wallonie), Slg.1997,I-7411 Tz. 26.

Im Lichte der dritten Begründungserwägung der EG-Abfallrah-menrichtlinie und von Art. 174 Abs. 2 EGV kann der so verstande-ne Abfallbegriff nicht eng ausgelegt werden. Zur Beurteilung sindsämtliche Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere ist gefestigteRechtsprechung, dass der Begriff Abfall auch solche Stoffe erfasst, diezur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind, EuGH, Urteilvom 25.6.1997 – Rs. C-304/94 u. a. (Tombesi), Slg. 1997,I-3561 Tz.52; EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl.2002, 827, 829 Tz. 29.

Auch wenn der EuGH sich bislang einer (rechtfortbildenden) po-sitiven Definition enthält, benennt er Anhaltspunkte zur Beurteilungder Gesamtumstände, welche besonderes Gewicht erlangen. Einerdieser maßgeblichen Anhaltspunkte ist die Frage, ob der Stoff einProduktionsrückstand ist, also ein Erzeugnis, das nicht als solches

VG Düsse ldor f , Abfa l lbegr i f f und gebrauchte Kompressoren

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ZUR 2/2004112

zum Zweck einer späteren Verwendung angestrebt worden ist. Beider Beantwortung dieser Frage hat sich der EuGH ausdrücklich aufden »gesunden Menschenverstand« gestützt; EuGH, Urteil vom18.4.2002 – Rs. C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 829 Tz. 31;EuGH, Urteil vom 15.6.2000 – Rs. C-418/97 u. a. (LUWA Bot-toms/Holzspäne), ZfW 2001, 106, 115 Tz. 83-87.

Nach diesen Kriterien handelt es sich bei den vom Antragstellerexportierten Kühlkompressoren nicht um Abfall, denn er will sichder Kompressoren nicht (als Last) entledigen, sondern verkauft dieseals Produkte, nämlich »gebrauchte Kühlkompressoren«, mit Gewinnweiter.

In den vom EuGH behandelten Fällen ging es stets um Begleiter-zeugnisse aus einem laufenden Produktionsprozess, der hauptsäch-lich auf die Herstellung eines anderes Erzeugnisses gerichtet war.Hiervon unterscheidet sich jedoch der streitgegenständliche Sach-verhalt. Es geht um ein wiederverwendbares Bauteil aus einem Ge-genstand (Alt-Kühlgerät), der insgesamt gesehen nach hiesiger Ver-kehrsauffassung als Abfall einzustufen ist. Dieses Bauteil wird nichtvom Antragsteller selbst, sondern von einem Dritten aufwendig aus-gebaut und zum Transport und zum späteren Wiedereinbau vorbe-reitet. Erst danach gelangt es durch Erwerb in die Verfügungsgewaltdes Antragstellers. Mit dem Ausbau und der Vorbereitung zu Trans-port und Wiedereinbau ist der Kompressor zum Produkt »umgewid-met« und der vorangegangene, dem abfallrechtlichen Regime un-terliegende Verwertungsvorgang abgeschlossen, vgl. ebenso zuabgefahrenen Autoreifen, die für den Export ins Ausland bestimmtsind, Fluck, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutz-recht, Loseblatt (Stand: Mai 2003) § 3 Rn. 190; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 2. Auflage(2003) § 3 Rn. 42.

Der Abfall (= Kompressor als Teil des Altkühlgeräts) ist in seinenursprünglichen Zustand zurückversetzt worden, um für einenZweck verwendet zu werden, der mit seinem ursprünglichen Zweck,nämlich der Erzeugung von Kühlkälte, identisch ist, vgl. EuGH,Urteil vom 19.6.2003 – Rs. C-444/00 (Mayer Parry/EA), DVBl.2003,1047,1049 (Tz. 63-69) m. Anm. Kropp zum Ende der Abfall-eigenschaft bei der stofflichen Verwertung von metallischen Ver-packungsabfällen.

Deswegen ist für die Beurteilung der Frage der Abfalleigenschaft le-diglich auf die ausgebauten und vorbereiteten Kompressoren abzu-stellen, die sich im Besitz des Antragstellers befinden. Es ist nicht be-deutsam, ob sie zuvor unter den Abfallbegriff fielen, weil sie als Teildes Gesamtgeräts »Alt-Kühlgerät« dessen Schicksal teilten. Der vomKühlgerät getrennte Kompressor selbst ist der zu beurteilende Ge-genstand. Ausgangspunkt der Beurteilung ist nach Art. 2 a EG-AbfVerbrV i.V.m. Art. 1 a EGAbfRRL der konkrete zu verbringende»Gegenstand«. Mit anderen Worten ist zu fragen, ob ein gebrauchter,aber funktionstüchtiger bzw. mit geringem Aufwand instandset-zungsfähiger Kühlkompressor Abfall ist oder nicht. Damit stellt sichdie Frage, inwieweit wiederverwendbare Gebrauchtwaren dem Ab-fallbegriff unterliegen. Sie gewinnt im Rahmen des Handels mit Län-dern, die nicht das technisch-wirtschaftliche Niveau von Industri-eländern erreichen (z. B. die sogenannten »Entwicklungsländer«),besondere Bedeutung, weil Gegenstände, die nach hiesigem Ver-ständnis unnütz geworden sind und entsorgt werden müssen/sollen,dort durchaus noch als wirtschaftlich wertvolles Gut eingeschätztwerden (vgl. sehr alte Gebrauchtwagen in Osteuropa).

Nach dem vom EuGH ausdrücklich zu Grunde gelegten gesundenMenschenverstand (s. o.), dessen sich das beschließende Gericht je-denfalls für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz bedient,handelt es sich bei den Kompressoren nicht um Abfälle. Die Kom-pressoren werden zielgerichtet ausgebaut und vorbereitet. Sie als ver-kaufsfähige Gegenstände aus den Altkühlschränken herauszulösenund einen über dem Schrottwert liegenden Kaufpreis zu erzielen, ist

der einzige Zweck des Produktionsvorgangs. Nach dem Ankauf ent-ledigt sich der Antragsteller ihrer nicht, sondern er verkauft sie mitGewinn nach Nigeria, und zwar nach dem im summarischen Ver-fahren nicht anzuzweifelnden Zweck, diese dort wieder in Kühlgerä-te einzubauen. Es handelt sich um eine »Wiederverwendung« einesBauteils zu dem gleichen Zweck, zu dem es entworfen wurde, im Sin-ne von Art. 2 Nr. 6 EGAltautoRL bzw. Art. 3 d EGEIAltGerRL, Richt-linie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.9.2000über Altfahrzeuge (2000/53/EG), ABl. Nr. L 269 S. 34 geändert durchEntscheidung der Kommission vom 27.6.2002, ABl. Nr. L 170 S. 81– EGAltautoRL; Richtlinie 2002/96/EG des europäischen Parlamentsund des Rates vom 27.1.2003 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte,ABl. Nr. L 37 S. 24 – EGElAltGerRL -.

Mit dem Ausbau und der Vorbereitung der Kompressoren sinddiese umgewidmet zu dem

Produkt »Gebrauchtkompressor« und damit dem Abfallrecht (wie-der) entzogen.

Die Kompressoren haben in Deutschland einen Altmetallwert vonbis zu 100 Euro/t. Die Möglichkeit, sie im Inland für mehr als dendoppelten Preis an einen Exporteur zu veräußern, spricht bereits in-diziell dagegen, dass es sich in dieser Konstellation um Abfall han-delt. Weiter spricht dagegen, dass der antragstellende Exporteur dieKompressoren zum Zwecke des Wiedereinbaus in Kühlgeräte mit ei-nem erheblichen Preisaufschlag nach Nigeria verkaufen kann. Fürden Antragsteller stellen die – extra erworbenen – Kompressoren kei-ne Last dar, deren er sich zu »entledigen« sucht, sondern sie habenals echtes Erzeugnis zu gelten, vgl. EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs.C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 829 Tz. 34.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Verbringung von inDeutschland praktisch wertlosen bzw. nur kostenpflichtig zu ent-sorgenden Gegenständen in Entwicklungsländer stets die Gefahrder illegalen (und billigen) Abfallentsorgung in sich trägt. Bei denKompressoren liegt diese Gefahr allerdings nicht nahe, da sie auchin Deutschland noch einen positiven Marktwert besitzen. Nach denim vorläufigen Rechtsschutz beschränkten summarischen Erkennt-nismöglichkeiten sieht die Kammer darüber hinaus keinen Anlass,den Angaben des Antragstellers zur weiteren Verwendung der Kom-pressoren zu misstrauen. Die Antragsgegnerin hat auch keine An-haltspunkte dafür vorgetragen, dass die nigerianischen Bestätigun-gen unzutreffend seien, sondern er hat lediglich pauschal und ohnesachliche Begründung ihren Beweiswert bestritten. Für die Glaub-haftigkeit der Angaben des Antragstellers spricht zudem die Aus-kunft der Deutschen Botschaft in Nigeria, dass Kühlkompressorendort als allgemeines Wirtschaftsgut gehandelt werden. Weiterhinhat die Sonderabfall-Management-Gesellschaft Rheinland PfalzmbH (SAM) noch am 14.4.2003 festgestellt, dass im Internet der An-und Verkauf von gebrauchten Kompressoren in afrikanische undarabische Länder beworben wird, Beiakte Heft 2 zum Verfahren 17K 4565/03 Bi. 60.

Die Kammer hat sich durch eigene Internetrecherchen am heuti-gen Tage davon überzeugt, dass solche Angebote weiterhin existie-ren, z. B. unter http://www.treffpunktkaelte.de/kaelte/de/html/ww-wboard/messages/747.html.

Der Umstand, dass sich aus der exportierten Gesamtmenge ein ge-wisser Anteil von Kompressoren als funktionsunfähig herausstellt,macht die gesamte Charge noch nicht zu Abfall. Im Wirtschaftsver-kehr mit technischem Gerät ist es üblich, dass ein gewisser Prozent-satz der beim Käufer eintreffenden Geräte nicht die gewünschteFunktion hat, sei es, dass sie anfänglich fehlt, sei es, dass es sich umTransportschäden handelt. Im summarischen Verfahren ist nicht er-kennbar, dass die Ausschussquote über die angegebenen 2-3 % hin-ausgeht. Eine »billige Entsorgung« im Ausland unter dem vorge-schobenen Etikett der Wiederverwendung, die bei einem besondershohen Ausschussanteil zu vermuten wäre, ist nicht erkennbar.

Rechtsprechung

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113ZUR 2/2004

Auch der Transport der Kompressoren in loser Schüttung in denSeecontainern spricht nicht dafür, dass es sich um Abfall handelt.Der Antragsteller hat unwiderlegt vorgetragen, dass die Metall-gehäuse mehr als 2 mm dick sind und den losen Transportgrundsätzlich schadlos überstehen bzw. mit geringem Aufwand wieeinem neuen Anstrich den Anforderungen seines Abnehmers in Ni-geria genügen. Selbst wenn der von der Antragsgegnerin reklamier-te Transport in aufrecht stehenden Versandkartons noch besser ge-eignet wäre als die lose Schüttung, steht es im freien Belieben desAntragstellers, sich entweder für geringere Transportkosten oder füreine höhere Ausschussquote zu entscheiden.

Auf die Frage, welche Restölmengen in den Kompressoren nochenthalten sind, und ob diese ggfs. für Boden und Grundwasser ge-fährlich sein könnten, kommt es für die Einstufung als Abfall oderNicht-Abfall nicht an. Die Gefährlichkeit eines Stoffes/Gegenstandesist für die Frage, ob es sich bei ihm um Abfall handelt oder nicht,ohne Bedeutung, vgl. beispielhaft EuGH, Urteil vom 18.4.2002 – Rs.C-9/00 (Palin Granit), DVBl. 2002, 827, 830 Tz. 47 ff.

Im Übrigen hat der Antragsteller glaubhaft – durch Lichtbilder derPolizei in Spanien bestätigt – dargelegt, dass die Transportcontainermit aufsaugenden Materialien ausgelegt sind, um Verschmutzungs-gefahren vorzubeugen. Dass diese Vorsichtsmaßnahmen wirkungs-los sind, ist weder erkennbar noch dargelegt. Sollten hiervon den-noch Gefahren ausgehen, wäre ihnen nach transport- oderallgemeinen ordnungsrechtlichen Vorschriften zu begegnen, nichtjedoch abfallrechtlichen. Ob die auch korrosionshemmende Restöl-menge möglicherweise unter Art. 6 Abs. 1 S. 2 EGElAltGerRL (»Ent-fernung aller Flüssigkeiten«) fällt, kann offen bleiben, weil dies er-stens keine Bedeutung für die Einstufung der Kompressoren alsAbfall hat und zweitens die Richtlinie gemäß ihres Art. 17 Abs. 1 erstab dem 13.8.2004 umzusetzen ist; eine unmittelbare Anwendung imAnwendungsbereich der EG-Abfallverbringungsverordnung ist auchnicht vorgesehen.

VGH MannheimAllgemeinverfügung gem. § 25 a NatSchG Bad-Württ.Beschluss vom 8. September 2003 – 5 S 1274/03

Leitsätze der Redaktion:1. Anordnungen nach § 25 a NatSchG Bad-Württ., also Schutzge-

bietsregeln, die Verhaltensweisen im Schutzgebiet untersagen,können auch in der Form einer Allgemeinverfügung erfolgen.

2. Die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 NatSchG Bad.-Württ. be-fasst sich ausschließlich mit dem Verhältnis des gesetzlichen Bio-topschutzes zur gemeindlichen Bauleitplanung. Daraus folgt, dasszwar für die gemeindliche Planung der gesetzliche Biotopschutzkeine Wirkung entfaltet, wenn das Gebiet vor dem Stichtag alsFlächennutzungsplan dargestellt war. Dritte können sich auf dieseWirkung jedoch nicht berufen.

VGH MünchenZur Mitwirkungspflicht des überlassungspflichtigen AbfallerzeugersUrteil vom 14. Oktober 2003 – 20 B 03.637

Leitsätze:1. In einem beplanten Gebiet mit engen (durch Großfahrzeuge nicht

oder nur schwer befahrbaren) Erschließungsanlagen obliegt demErzeuger von Abfällen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht bei de-ren Verbringung an einen Sammelplatz.

2 Ob Unfallverhütungsvorschriften die Modalitäten der Müllabfuhrabschließend festzulegen vermögen, kann offen bleiben.

3. Aus Gründen der Kostenersparnis kann der Entsorgungsträger da-von absehen, kleinere Müllfahrzeuge zum Einsatz zu bringen.

4. Der Entsorgungsträger hat bauplanerische Konzepte einer Ge-meinde hinzunehmen, die aus Gründen der Verkehrsberuhigungoder zur Vermeidung von übermäßiger Inanspruchnahme vonGrund und Boden davon absehen, breite Erschließungsanlagen mitWendeplatten anzulegen.

Vorinstanz: VG Regensburg, Entscheidung vom 5. Dezember 2002 – RN 7 K 00.363

OVG LüneburgBauvorbescheid für eine WindenergieanlageUrteil vom 25. September 2003 – 1 LC 276/02

Leitsätze:1. Zur sukzessiven Erweiterung eines vorhandenen Windparks und de-

ren Beurteilung nach BImSchG.2. Zum Zeitpunkt, in dem sich die Unwirksamkeit eines Flächennut-

zungsplanes herausstellt, und zum Eingreifen der Unbeachtlich-keitsregel des § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB.

3. Zur Teilunwirksamkeit eines Flächennutzungsplanes.4. »Zaunwerte« für Lärm und Schlagschatten in Flächennutzungsplänen.5. Zur Entwicklung eines Bebauungsplanes aus einem Flächennut-

zungsplan, der teilweise unwirksam ist.6. Zur Festsetzung eines Emissionspegels für Windkraftanlagen in ei-

nem Sondergebiet.7. Die Festsetzung der Größe der Grundfläche und der überbaubaren

Grundstücksfläche muss über den Standort des Schaftes der Wind-kraftanlage auch die Fläche einschließen, die der Rotor über-streicht.

OVG LüneburgSatzung über einen geschützten LandschaftsbestandteilUrteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2044/01

Leitsätze:1. Eine leichte Bodensenke, die nur zeitweise mit Wasser gefüllt ist,

stellt keinen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNat-SchG dar.

2. Fehlerhafte Annahmen des Normgebers ziehen die Nichtigkeit einernach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung oder Satzungnicht nach sich. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob dieaufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unter-schutzstellung und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist.

OVG LüneburgAntragsbefugnis einer Gemeinde im NormenkontrollverfahrenUrteil vom 25. September 2003 – 8 KN 2073/01

Leitsatz:Eine Gemeinde, die durch den Erlass einer Verordnung zum Schutzeines Landschaftsbestandteils durch die Naturschutzbehörde darangehindert wird, eine gemeindliche Satzung zum Schutz desselbenLandschaftsbestandteils zu erlassen, ist im Normenkontrollverfahrenantragsbefugt.

Rechtsprechung in Le i t sätzen

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A. Vorschlag einer Richtlinie über Batterien

Die Kommission hat eine neue Richtlinieüber Batterien vorgeschlagen.1 Mit derSammlung und dem Recycling sämtlicherin der EU in Verkehr gebrachter Batteriensoll erreicht werden, dass Altbatteriennicht in Verbrennungsanlagen oder aufMülldeponien landen, sondern die in denBatterien verwendeten Metalle der Wieder-verwertung zugeführt werden. Mit derRichtlinie soll ein Rechtsrahmen für ein-zelstaatliche Sammel- und Rücknahmesy-steme geschaffen und das reibungsloseFunktionieren des Binnenmarktes für Bat-terien besser gewährleistet werden.

Jährlich werden in der EU etwa 800.000 tAutobatterien, 190.000 t Industriebatterienund 160.000 t Gerätebatterien in Verkehrgebracht. In ihnen werden zahlreiche ver-schiedene Metalle verwendet. Besondersvon Quecksilber, Blei und Cadmium, aberauch von Zink, Kupfer, Mangan, Lithiumund Nickel können bei der Verbrennungoder Deponierung von Batterien erheb-liche Umweltgefahren ausgehen,2 abgesehendavon, dass Batterien unter dem Gesichts-punkt der Ressourcenbewirtschaftung eineFundgrube für wertvolle sekundäre Roh-stoffe sind.

Die für Batterien geltenden gemein-schaftlichen Rechtsvorschriften3 haben dievon Batterien im Abfallstrom ausgehendenRisiken nicht wirksam eingedämmt undkeinen einheitlichen Rechtsrahmen für dieSammlung und das Recycling von Altbat-terien geschaffen. Da sie nur auf BatterienAnwendung finden, die bestimmte Men-gen Cadmium, Quecksilber oder Blei ent-halten, erfassen sie nur 7 % der jährlichinsgesamt in der EU in Verkehr gebrachtenGerätebatterien. Wegen des begrenzten An-wendungsbereiches arbeiten die einzel-staatlichen Sammel- und Rücknahmesyste-me, die zudem unterschiedlich ausgestaltetsind, nicht optimal.

Die vorgeschlagene Richtlinie soll aufArt. 95 Abs. 1 und Art. 175 Abs. 1 EG ge-stützt werden und zwei Ziele verfolgen: Siesoll erstens für alle Batterien ein geschlosse-nes Kreislaufsystem schaffen, um die Ver-brennung und Deponierung am Ende ihresLebenszyklus zu vermeiden; dazu müssensämtliche Batterien gesammelt, recycelt unddie in ihnen enthaltenen Metalle in demWirtschaftskreislauf rückgeführt werden. Siesoll zweitens Mindestvorschriften für die Ar-

beitsweise der einzelstaatlichen Sammel-und Rücknahmesysteme festlegen, um dasreibungslose Funktionieren des Binnen-markts für diese Produkte und gleicheAusgangsbedingungen für alle am Lebens-zyklus von Batterien beteiligten Akteure zugewährleisten. Industrie- und Autobatterienwerden bereits heute aufgrund des Werts derin ihnen enthaltenen Rohstoffe zu einemsehr großen Anteil gesammelt. Um eineSammelquote von 100 % zu gewährleisten,soll die Deponierung und Verbrennung die-ser Batterien verboten werden. Eine derarti-ge Sammel- und Recyclingquote ist fürGerätebatterien aufgrund ihrer geringenGröße und ihres breiten Spektrums anNutzern nicht vorstellbar. Für sie sollen dieMitgliedstaaten Sammelsysteme schaffen,damit die Verbraucher Altbatterien ausGeräten kostenfrei zurückgeben können.Als Zielgröße für die Sammelsysteme vonGerätebatterien soll spätestens vier Jahrenach dem Zeitpunkt der Umsetzung derRichtlinie mindestens ein Durchschnitts-wert von 160 Gramm pro Einwohner undJahr erzielt werden. Wegen des erhöhtenGefahrenpotentials von Nickel-Cadmium-Batterien soll für sie das zusätzlicheSammelziel von 80 % der in den einzelnenMitgliedstaaten jährlich anfallenden Ge-samtmenge an solchen Gerätebatterien fest-gelegt werden. Der Richtlinienvorschlagsieht hohe Recyclingziele vor, nämlich100 % bei Auto- und Industriebatterien undmindestens 90 % bei Gerätebatterien. ImAusland stattfindende Recyclingmaßnah-men werden bei der Prüfung berücksichtigt,ob der exportierende Mitgliedstaat seineRecyclingverpflichtungen erfüllt hat.

Bei allen Batterietypen sollen die Her-steller für die Kosten von Sammlung, Be-handlung und Recycling aufkommen. FürIndustrie- und Autoaltbatterien sollen dieHersteller mit den Nutzern Finanzierungs-vereinbarungen abschließen können. Anden Systemen für Sammlung, Behandlungund Recycling sollen sich alle Wirtschafts-beteiligten in den betroffenen Sektorenund alle zuständigen öffentlichen Behördenbeteiligen können. In diese Systeme sollenunter nicht diskriminierenden Bedingun-gen auch aus Drittländern eingeführte Pro-dukte einbezogen werden; sie sind so zukonzipieren, dass Handelshemmnisse undWettbewerbsverzerrungen vermieden wer-den. Zu den Kosten für die Bewirtschaftungvon Altbatterien, die vor Inkrafttreten derRichtlinie in Verkehr gebracht wurden, den

»historischen Abfällen«, werden besondereÜbergangsregelungen vorgesehen. Die jähr-lichen Kosten für die vorgeschlagenenSammel- und Recyclingsysteme werden aufbis zu zwei Euro pro Haushalt geschätzt.

B. Kontrolle radioaktiver Strahlenquellen

Der Rat hat im Dezember 2003 eine Richt-linie zur Kontrolle hoch radioaktiver um-schlossener Strahlenquellen und herrenlo-ser Strahlenquellen verabschiedet.4 Sie sollverhindern, dass es aufgrund einer unzu-reichenden Überwachung hoch radioak-tiver umschlossener Strahlenquellen undherrenloser Strahlenquellen5 zu einer Ex-position von Arbeitnehmern und derÖffentlichkeit gegenüber ionisierendenStrahlungen kommt. Dazu harmonisiert siedie in den Mitgliedstaaten bereits einge-führten Kontrollen, indem sie spezifischeAnforderungen festlegt, durch die einefortlaufende Kontrolle jeder einzelnen dergenannten Quellen sichergestellt wird. DieMitgliedstaaten können Strahlenquellen,deren Werte unter die in der Richtlinie96/29/Euratom6 festgelegten Freigrenzengefallen sind, aus dem Geltungsbereichausnehmen.

114 ZUR 2/2004

Europäisches Umwelt recht

Josef Falke

Neueste Entwicklungen im Europäischen Umweltrecht

1 Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über Batterien und Ak-kumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumu-latoren, KOM (2003) 723 endg. v. 21.11.2003.Weitere Informationen zu dem Vorschlag sind ab-rufbar unter http://europa.eu.int/comm/environ-ment/waste/batteries_index.htm.

2 In der Entscheidung 2000/532/EG über ein Ab-fallverzeichnis, ABl. L 226 v. 6.9.2000, 3-24 hat dieKommission Batterien, die Blei, Cadmium oderQuecksilber enthalten, als gefährlichen Abfall ein-gestuft.

3 Richtlinie 91/157/EWG des Rates v. 18.3.1991über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien undAkkumulatoren, ABl. L 78 v. 26.3.1991, 38-41,geändert durch die Richtlinie 98/101/EG der Kom-mission, ABl. L 1 v. 5.1.1999, 1 f., und ergänztdurch die Richtlinie 93/86/EWG der Kommission,ABl. L 264 v. 23.10.1993, 51 f.

4 Richtlinie 2003/122/Euratom des Rates v.22.12.2003 zur Kontrolle hoch radioaktiver um-schlossener Strahlenquellen und herrenloserStrahlenquellen, ABl. L 346 v. 31.12.2003, 57-64.

5 Sie werden auch »Orphan-Strahler« genannt. Dassind solche Strahlenquellen, die keiner gesetzli-chen Kontrolle unterliegen, entweder weil sie nieeiner solchen Kontrolle unterstellt waren oderweil die Quelle aufgegeben wurde, verloren ge-gangen ist oder verlegt, entwendet oder ohne eineordnungsgemäße Benachrichtigung der zuständi-gen Behörde oder ohne Unterrichtung des Emp-fängers an einen neuen Besitzer weitergegebenwurde.

6 Richtlinie 96/29/Euratom des Rates v. 13.5.1996zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormenfür den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfteund der Bevölkerung vor Gefahren durch ionisie-rende Strahlungen, ABl. L 159 v. 29.6.1996, 1-114.

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Ohne dass dieser Begriff ausdrücklich imText auftaucht, ist die Richtlinie am Kon-zept der »Rückverfolgbarkeit« ausgerichtet.Für die Verwendung einer hoch radioakti-ven Strahlenquelle ist eine vorherige Ge-nehmigung zwingend vorgeschrieben. Siedarf nur dann erteilt werden, wenn der Be-sitzer7 nachweist, dass die erforderlichenMaßnahmen für eine sichere Handhabungder Strahlenquelle getroffen wurden. Jederadioaktive Strahlenquelle ist ordnungs-gemäß zu kennzeichnen; in Begleitunterla-gen ist zu erfassen, wer zu welchem Zeit-punkt und an welchem Ort in Besitzwelcher Strahlenquelle ist. Der zuständigenBehörde ist sofort jeder Vorfall oder Unfallzu melden, der zu einer unbeabsichtigtenExposition eines Arbeitnehmers oder einerEinzelperson geführt hat. Die Hersteller,bei Importen aus Drittländern die Einfüh-rer haben für jede Strahlenquelle eine un-verwechselbare Identifizierungsnummerzuzuteilen und auf der Strahlenquelle ein-zugravieren.

Zur lückenlosen Kontrolle von Strahlen-quellen sieht die Richtlinie weiter zweierleiMaßnahmen vor:– Prävention durch Kontrollen an den Or-

ten, an denen das Auftauchen von Orp-han-Strahlern am wahrscheinlichstenist, sowie Kampagnen zur Wiederauffin-dung radioaktiver Strahlenquellen auszurückliegenden Tätigkeiten;

– für Notfälle klare Zuweisung von Verant-wortlichkeiten und Festlegung der einzu-leitenden Maßnahmen sowie Bestim-mungen über die Anlastung von Kosten.Die Mitgliedstaaten haben unverzüglich

mit anderen betroffenen Mitgliedstaatenoder Drittländern sowie mit den zuständi-gen internationalen Organisationen Infor-mationen im Zusammenhang mit demVerlust, der Beseitigung, dem Diebstahlund der Entdeckung von Strahlenquellenund den entsprechenden Folgemaßnah-men oder Untersuchungen auszutauschenund mit ihnen zusammenzuarbeiten.

C. Sicherheit der Seeschifffahrt

Die Kommission hat im November 2003 einJahr nach der folgenreichen Havarie der»Prestige« vor der spanischen Küste eineSchwarze Liste der Schiffe im Amtsblatt ver-öffentlicht, denen zwischen dem 22.7.2003,dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Ände-rungen der Richtlinie über die Hafenstaat-kontrolle im Rahmen des Pakets Erika-II,und dem 1.11.2003 das Einlaufen in dieHäfen der EU verweigert wurde.8 GemäßArt. 7b Abs. 1 der Richtlinie 95/21/EG überdie Kontrolle der Schiffe durch den Hafen-staat9 wird Schiffen, die mehrfach festgehal-

115

ten wurden, der Zugang zu den Häfen derMitgliedstaaten verweigert. Es handelt sichum sieben Massengutfrachter, zwei Chemi-kalientankschiffe und ein Öltankschiff imAlter zwischen 25 bis 46 Jahren, die siebenverschiedenen Flaggenstaaten zuzuordnensind.

Zur Warnung hat die Kommission zu-gleich eine vorläufige Liste von 143 Schiffenveröffentlicht, die Gefahr laufen, den Zu-gang verweigert zu bekommen, sollten siewegen Sicherheitsmängeln erneut ineinem Hafen der EU festgehalten werden.10

Darunter befinden sich 99 Massengut-frachter, 17 Öltankschiffe und 12 Chemi-kalientankschiffe. 96 Schiffe bergen einsehr hohes, 19 ein hohes Risiko. Von denbetreffenden 18 Flaggenstaaten sind fol-gende mit mehr als zehn Eintragungen ver-treten: Türkei: 41, St. Vincent und die Gre-nadinen: 17, Kambodscha: 15, Panama: 15,Algerien: 11. Die Untersuchungen in denHafenstaaten zielen darauf, dass die Schiffeden internationalen Umweltschutz- undSicherheitsvorschriften entsprechen unddass den Besatzungen angemessene Le-bens- und Arbeitsbedingungen gewährtwerden.

Die Internationale Seeschifffahrtsorgani-sation (IMO) hat am 4.12.2003 mit einerÄnderung des MARPOL-Übereinkommens11

für Öltankschiffe Bestimmungen einge-führt, die mit den neuen verschärften Ge-meinschaftsbestimmungen12 vergleichbarsind. Die neuen Vorschriften treten erst16 Monate nach ihrer Verabschiedung,also am 5.4.2005, in Kraft. Folgende Rege-lungen sind vorgesehen:– Die gefährlichsten Erdölerzeugnisse dür-

fen nur noch in Doppelhüllen-Öltank-schiffen befördert werden.

– Jeder Küstenstaat kann Einhüllen-Öl-tankschiffen, die die neu festgelegten Al-tersgrenzen überschritten haben oder dieneuen Anforderungen des MARPOL-Übereinkommens bezüglich der techni-schen Überwachung nicht erfüllen, denZugang zu seinen Häfen oder zu den unterseiner Gerichtsbarkeit stehenden Gebie-ten verweigern.

– Bis auf wenige Ausnahmen wird der Be-trieb von Einhüllen-Öltankschiffen abdem Jahr 2010 untersagt. Die ausgenom-menen Schiffe müssen neuen und stren-geren wiederkehrenden Inspektionenunterzogen werden.

– Die Vorschriften zur Überprüfung vonÖltankschiffen zur Bewertung der Struk-tur von Einhüllen-Öltankschiffen, die äl-ter als 15 Jahre sind, werden ausgeweitetund finden früher als vorgesehen An-wendung.13

Der IMO-Ausschuss für den Schutz derMeeresumwelt hat alle MARPOL-Vertrags-

parteien aufgefordert, die neuen Vorschrif-ten über die Seebeförderung der am stärk-sten verschmutzenden Ölsorten so schnellwie möglich anzuwenden.

Der Internationale Code für Maßnah-men zur Organisation eines sicherenSchiffsbetriebs und die Verhütung vonMeeresverschmutzung (»ISM-Code«) derIMO soll die Entwicklung einer umfassen-den Sicherheitskultur und des Umweltbe-wusstseins in der Seeschifffahrt fördern.Das Sicherheitskonzept des ISM-Code istauf alle Arten von Schiffen ausgerichtet.Nach der »Estonia«-Katastrophe hatte dieEG den ISM-Code zunächst nur für alle Ro-Ro-Fahrgastfährschiffe verbindlich vorge-schrieben.14 Der ISM-Code sollte in einernächsten Stufe entsprechend dem von derIMO festgelegten Zeitplan für alle Unter-nehmen, die andere Arten von Schiffen be-treiben, verbindlich vorgeschrieben wer-den. Der ISM-Code ist Bestandteil desInternationalen Übereinkommens zumSchutz des menschlichen Lebens auf See(SOLAS). Als Vertragsparteien des SOLAS-Übereinkommens haben alle EG-Mitglied-staaten den ISM-Code akzeptiert und sind

ZUR 2/2004

Gesetzgebung

7 Jede natürliche oder juristische Person, die gemäßdem einzelstaatlichen Recht für eine Strahlen-quelle verantwortlich ist; hierzu zählen Hersteller,Lieferanten und Nutzer von Strahlenquellen,nicht jedoch Einrichtungen, die für die langfristi-ge Lagerung oder Entsorgung bzw. für die Zwi-schenlagerung von Strahlenquellen zugelassensind.

8 Liste der Schiffe, denen zwischen dem 22.7.unddem 1.11. 2003 in Anwendung von Artikel 7b derRichtlinie 95/21/EG vom 19.6.1995 über die Kon-trolle der Schiffe durch den Hafenstaat der Zugangzu den Häfen der Mitgliedstaaten verweigert wur-de, ABl. C 272 v. 13.11.2003, 16.

9 Richtlinie 95/21/EG des Rates v. 19.6.1995 zurDurchsetzung internationaler Normen für dieSchiffssicherheit, die Verhütung der Verschmut-zung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen anBord von Schiffe, die Gemeinschaftshäfen anlau-fen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaatenfahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157 v.7.7.1995, 1-19, zuletzt geändert durch die Richtli-nie 2001/106/EG des Europäischen Parlamentsund des Rates v. 19.12.2001, ABl. L 19 v. 22.1.2002,17-31.

10 Die Liste kann unter http://europa.eu.int/comm/transport/maritime/safety/index_en.htm einge-sehen werden.

11 Internationales Übereinkommen zur Verhütungder Meeresverschmutzung durch Schiffe (MAR-POL 73/78).

12 Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 des EuropäischenParlaments und des Rates v. 22.7.2003 zur Ände-rung der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 zur be-schleunigten Einführung von Doppelhüllen odergleichwertigen Konstruktionsanforderungen fürEinhüllen-Öltankschiffe, ABl. L 249 v. 1.10.2003, 1-4. Weitere Angaben unter http://europa.eu.int/comm/transport/maritime/safety/prestige_en.htm.

13 Vgl. den Überblick unter http://www.imo.org/Safety/mainframe.asp?topic_id=155 und diePressemitteilung über die 50. Sitzung der IMOvom 1.-4.12.2003 unter http://www.imo.org/Newsroom/mainframe.asp?topic_id=758&doc_id=3341.

14 Verordnung (EG) Nr. 3051/95 des Rates v.8.12.1995 über Maßnahmen zur Organisationeines sicheren Schiffsbetriebs von Ro-Ro-Fahr-gastfährschiffen, ABl. L 320 v. 30.12.1995, 14-24.

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Europäisches Umwelt recht

verpflichtet, ihn auf ihre Schiffe auf Aus-landsfahrt anzuwenden. Die Kommissionhat im Dezember 2003 eine Verordnungvorgeschlagen,15 derzufolge der ISM-Codefür alle Schiffe verbindlich wird, die dieFlagge eines Mitgliedstaates führen. Ausge-nommen sollen lediglich Kriegs- und Trup-pentransportschiffe, Vergnügungsjachtenund Sport- sowie Fischereifahrzeuge sein.Die vorgeschlagene Verordnung soll eineordnungsgemäße, strenge und harmoni-sierte Umsetzung des ISM-Codes in allenEG-Mitgliedstaaten erleichtern. Der ISM-Code verpflichtet die Schifffahrtsunterneh-men, sichere Betriebsverfahren für Vorfälleund Unfälle einzurichten und eine Meeres-verschmutzung zu verhindern. Der ISM-Code ist außerdem ein wichtiger Maßstabfür die Anerkennung durch die Klassifika-tionsgesellschaften und bei den im Rah-

men der Hafenstaatkontrolle regelmäßigdurchgeführten Inspektionen. Die zustän-digen Behörden können einem Schiff dieEin- und Ausfahrt verweigern, das nichtüber die erforderlichen ISM-Zeugnisse ver-fügt. Die vorgeschlagene Verordnung solles auch der Europäischen Agentur für dieSicherheit des Seeverkehrs erleichtern,Maßnahmen zur technischen Zusammen-arbeit im ISM-Bereich durchzuführen.

D. Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz

Die Kommission hat am 1.12.2003 ein Paketneuer Rechtsvorschriften zur Förderung vonInvestitionen zur Förderung der Energiein-frastruktur16 und der Versorgungssicherheitsowie zur Energieeinsparung vorgeschlagen.

Der Vorschlag einer Richtlinie des Euro-päischen Parlaments und des Rates zur End-energieeffizienz und zu Energiedienst-leistungen17 zielt auf eine jährliche Energie-einsparung in Höhe von 1 % in allenMitgliedstaaten und schafft dazu einen Rah-men mit gemeinsamen Begriffsbestimmun-

116 ZUR 2/2004

Verordnung (EG) Nr. 2003/2003 desEuropäischen Parlaments und des Ratesv. 13.10.2003 über Düngemittel, ABl. L304 v. 21.11.2003, 1-194.

Verordnung (EG) Nr. 2032/2003 derKommission v. 4.11.2003 über die zweitePhase des Zehn-Jahres-Arbeitsprogrammsgemäß Artikel 16 Absatz 2 der Richtlinie98/8/EG des Europäischen Parlamentsund des Rates über das Inverkehrbringenvon Biozid-Produkten und zur Änderungder Verordnung (EG) Nr. 1896/2000, ABl.L 307 v. 24.11.2003, 1-8.

Schlussfolgerungen des Rates v.27.10.2003 zur einer Europäischen Stra-tegie für Umwelt und Gesundheit, ABl.C 268 v. 7.11.2003, 2-5.

Richtlinie 2003/108/EG des Europäi-schen Parlaments und des Rates v.8.12.2003 zur Änderung der Richtlinie2002/96/EG über Elektro- und Elektro-nikaltgeräte, ABl. L 345 v. 31.12.2003,106 f.

Richtlinie 2003/105/EG des Europäi-schen Parlaments und des Rates v.16.12.2003 zur Änderung der Richtlinie96/82/EG des Rates zur Beherrschungder Gefahren bei schweren Unfällen mitgefährlichen Stoffen, ABl. L 345 v.31.12.2003, 97-105.

Entscheidung der Kommission v.16.12.2003 über die von den Niederlan-den nach Artikel 95 Absatz 4 EG-Vertragnotifizierten einzelstaatlichen Bestim-mungen zur Verwendung kurzkettigerChlorparaffine, ABl. L 1 v. 3.1.2004, 20-36.

über ein System zur Beobachtung vonTreibhausgasen in der Gemeinschaft,geändert durch die Entscheidung Nr.99/296/EG, KOM (2003) 735 endg. v.28.11.2003.

Mitteilung der Kommission an denRat und das Europäische Parlament,Überprüfung der Umweltpolitik 2003.Konsolidierung der Umweltdimensionnachhaltiger Entwicklung, KOM (2003)745 endg. v. 3.12.2003.

Bericht der Kommission an den Rat,Überprüfung der Europäischen Um-weltagentur (EUA), KOM (2003) 800endg. v. 22.12.2003.

Mitteilung der Kommission an dasEuropäische Parlament und den Rat,Umsetzung der »Bonner Leitlinien«über den Zugang zu genetischen Res-sourcen und die gerechte und ausgewo-gene Beteiligung an den Vorteilen ausihrer Nutzung im Rahmen des Überein-kommens über die biologische Vielfalt,KOM (2003) 821 endg. v. 23.12. 2003.

Mitteilung der Kommission an denRat und das Europäische Parlament, EinJahr nach dem Weltgipfel für nach-haltige Entwicklung: den Verpflichtun-gen Taten folgen lassen, KOM (2003)829 endg. v. 23.112.2003.

Bericht über die Umsetzung derRichtlinie 92/43/EWG zur Erhaltungder natürlichen Lebensräume sowie derwild lebenden Tiere und Pflanzen, KOM(2003) 845 endg. v. 5.1.2004.

SONSTIGE RECHTSAKTE, PROGRAMMATISCHE PAPIERE UND MITTEILUNGEN

Verordnung (EG) Nr. 2327/2003 desEuropäischen Parlaments und des Ratesv. 22.12.2003 zur Einrichtung einer aufPunkten basierenden Übergangsrege-lung für Schwerlastkraftwagen im Tran-sit durch Österreich für das Jahr 2004 imRahmen einer nachhaltigen Verkehrspo-litik, ABl. L 345 v. 31.12.2003, 30-33.

Sonderbericht Nr. 11/2003 über das Fi-nanzierungsinstrument für die Umwelt(LIFE), zusammen mit den Antwortender Kommission, ABl. C 292 v.2.12.2003, 1-27.

Vorschlag für eine Richtlinie des Eu-ropäischen Parlaments und des Ratesüber Abfälle (kodifizierte Fassung), KOM(2003) 731 endg. v. 27.11.2003.

Vorschlag für eine Verordnung desRates über ein Gemeinschaftsprogrammzur Erhaltung, Charakterisierung, Samm-lung und Nutzung genetischer Ressour-cen in der Landwirtschaft, KOM (2003)817 endg. v. 22.12.2003.

Bericht der Kommission an das Eu-ropäische Parlament und den Rat, Zwi-schenbewertung der Verordnung (EG)Nr. 1655/2000 LIFE, KOM (2003) 668endg. v. 5.11.2003.

Mitteilung der Kommission an denRat, das Europäische Parlament, den Eu-ropäischen Wirtschafts- und Sozial-ausschuss und den Ausschuss der Regio-nen, Grundlinien zur Nachhaltigkeit deseuropäischen Tourismus, KOM (2003)716 endg. v. 21.11.2003.

Bericht der Kommission gemäß derEntscheidung Nr. 93/389/EWG des Rates

15 Vorschlag für eine Verordnung des EuropäischenParlaments und des Rates zur Umsetzung desInternationalen Codes für Maßnahmen zur Orga-nisation eines sicheren Schiffsbetriebs innerhalbder Gemeinschaft, KOM (2003) 767 endg. v.11.12.2003.

16 Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über Maßnahmen zurGewährleistung der Sicherheit der Elektrizitäts-versorgung und von Infrastrukturinvestitionen,KOM (2003) 740 endg. v. 10.12. 2003; vgl. auchMitteilung der Kommission an das EuropäischeParlament und an den Rat, Energieeffizienz undVersorgungssicherheit, KOM (2003) 743 endg. v.10.12.2003.

17 KOM (2003) 739 endg. v. 10.12.2003.

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Bundesumwelt recht

gen, Instrumenten sowie methodischenZielen und Verpflichtungen für den öffentli-chen und privaten Sektor. Pro Jahr ist 1 % desEnergievolumens, das in den vergangenenfünf Jahren an Endkunden verteilt und/oderverkauft wurde, einzusparen. Diese Ein-sparungen sollen durch Kumulation der Ziel-vorgaben der Folgejahre bis einschließlich2012, längstens jedoch sechs Jahre lang, zu-nehmen. Sie müssen in folgenden Sektorenvorgenommen werden: Haushalte, Land-wirtschaft, gewerblicher und öffentlicherSektor, Verkehr und Industrie. Ausge-nommen sind die in Anhang I der Emis-sionshandelsrichtlinie 2003/87/EG18 ge-nannten Anlagen und die in Anhang I derIVVU-Richtlinie 1996/61/EG19 genanntenindustriellen Aktivitäten sowie die Verkehrs-mittel der Luft- und Seefahrt. Für den öffent-lichen Sektor soll eine erhöhte Einsparquotevon jährlich 1,5 % gelten. Es soll vor allemdurch eine energieeffiziente öffentliche Be-schaffung erreicht werden; dafür können dieMitgliedstaaten besondere Leitlinien fürenergieeffiziente Beschaffung anwenden.Alle Energiearten werden berücksichtigt. Umbei der Anrechnung auf die Energieein-sparziele berücksichtigt zu werden, müssendie Aktivitäten zu überprüf- und messbaren

Ergebnissen führen, ohne die Umweltaus-wirkungen zu erhöhen. Die Kosten derEnergieeinsparmaßnahmen sollen derenNutzen nicht übersteigen. Eine nicht ab-schließende indikative Liste nennt zahlrei-che für Energieeinsparmaßnahmen in Fragekommende Bereiche und Maßnahmen.

Die Energieversorger und/oder Energie-einzelhandelsunternehmen, die Elektrizität,Gas, Fernwärme und/oder Heizöl verkaufen,müssen Energiedienstleistungen als integra-len Bestandteil der Verteilung und/oder desVerkaufs von Energie an Kunden anbietenund aktiv fördern. Sie dürfen die Durch-führung von Energiedienstleistungen undEnergieeffizienzmaßnahmen nicht be-hindern und das Entstehen entsprechenderMärkte nicht beeinträchtigen. Die Mitglied-staaten sollen sicherstellen, dass geeigneteQualifikations-, Akkreditierungs- und/oderZertifizierungssysteme für Marktbeteiligte,die Energiedienstleistungen erbringen, ein-gerichtet werden; Zertifikate sind gegen-seitig anzuerkennen. Die Mitgliedstaatenhaben zu gewährleisten, dass es unabhängi-ge und qualitativ hochwertige Energieaudit-systeme gibt. In Tarifsystemen enthalteneAnreize für die Erhöhung des Volumensübertragener Energie sind zu beseitigen. Ver-

sorgungsunternehmen ist eine Refinanzie-rung für Energieeffizienzinvestitionen, diesie in den Endeinrichtungen ihrer Kundenvornehmen, zu gestatten. Es ist sicherzustel-len, dass der tatsächliche Energieverbrauchgenau und häufig genug gemessen und dieAbrechnungen informativ und ausreichendhäufig sind. Unbeschadet des gemeinschaft-lichen Beihilferechts soll den Mitgliedstatengestattet werden, Fonds einzurichten, diedie Durchführung von Energieeffizienz-maßnahmen subventionieren und die Ent-wicklung eines Marktes für Energiedienst-leistungen fördern.

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18 ABl. L 275 v. 25.10.2003, 32-46.19 ABl. L 257 v. 10.10.1996, 26-40.

PD Dr. Josef Falke,Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum fürEuropäische Rechtspolitik an der UniversitätBremen; Anschrift: Universitätsallee, GW 1, 28359 Bremen; [email protected].

BUNDESUMWELTRECHT

Malte Kohls / Moritz Reese / Peter Schütte

Neueste Entwicklungen im Bundesumweltrecht

Berichtsperiode 1.11.2003. -31.12. 2004

Die Bundes-Umweltgesetzgebung hat inder Berichtsperiode September/Oktober2003 kaum wesentliche Neuerungen inKraft gesetzt (s. Zusammenstellung imgrauen Kasten). Beherrschendes Thema derVorbereitungsebene war die Novelle des Er-neuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), dievom Bundeskabinett am 17.12.2003 be-schlossen wurde1. Ein erster Schritt zur No-vellierung des EEG wurde durch die seitdem 1.1.2004 geltende neue Sonnenstrom-Vergütung getan:

Durch das sog. »Photovoltaik-Vorschalt-gesetz«2 wird die Vergütung für Strom aussolarer Strahlungsenergie in § 8 EEG für An-lagen, die ab dem 1.1.2004 in Betrieb ge-nommen werden oder die in der Fläche ei-nes Bebauungsplanes errichtet worden sind,

neu geregelt3. Sämtliche Anlagen erhaltengemäß § 8 Abs. 1 EEG eine Grundvergütungvon 45,7 Cent pro Kilowattstunde. Dies be-deutet zwar eine Verminderung der Grund-vergütung um etwa fünf Cent gegenüberder bisherigen Regelungslage in § 8 Abs. 1EEG a.F.. Allerdings enthält § 8 Abs. 2 EEGn.F. eine Reihe von Tatbeständen, bei derenVorliegen eine Erhöhung der Grundvergü-tung eintritt:– bis zu 11,7 Cent pro Kilowattstunde, wenn

eine Anlage ausschließlich an oder aufeinem Gebäude oder einer Lärmschutz-wand angebracht ist, und

– ggf. nochmals um fünf Cent pro Kilowatt-stunde, wenn eine Solaranlage fassa-denintegriert ist.Ab dem 1.1.2005 ist die Vergütung de-

gressiv ausgestaltet. Die Mindestvergütun-gen vermindern sich dann jährlich um je-weils fünf Prozent.

1 Gesetzentwurf und Begründung können unterwww.erneuerbare-energien.de/1024 herunterge-laden werden. Der Gesetzentwurf wird nunmehrdem Bundesrat zugeleitet. Zum Referentenent-wurf vgl. ZUR 2003, 438.

2 Zweites Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-En-ergien-Gesetzes, BGBl. I 2003, 3074.

3 Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift imneuen § 13 EEG. Satz 1 dieser Vorschrift ist aller-dings etwas kryptisch, da dieser einer Übergangs-regelung für Strom aus Anlagen, die »bis zum 31.Dezember 2003 in Betrieb genommen wordensind« nach bestimmten Maßgaben regelt, »soferndie Anlage nach dem 31. Dezember 2003 in Be-trieb genommen worden ist.«

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11. Rostocker SeerechtsgesprächNutzungs- und Schutzkonflikte in der Ausschließlichen Wirtschafts-zone (AWZ) – rechtliche Steuerungsmöglichkeiten –

Bereits zum 11. Mal jährte sich am 14.11.2003 das Rostocker See-rechtsgespräch, das in bewährter Kooperation vom Ostseeinstitutfür Seerecht und Umweltrecht (OSU) der Universität Rostock, demBundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), dem Deut-schen Verein für Internationales Seerecht und dem Fördervereindes Ostseeinstituts veranstaltet wurde. Aufgrund der aktuellenThematik erfreute sich das diesjährige Seerechtsgespräch unterdem Aspekt der Nutzungs- und Schutzkonflikte in der Ausschließ-lichen Wirtschaftzone (AWZ) mit 140 Teilnehmern wiederum ho-hen Interesses in Wissenschaft, Justiz, Verwaltung und Rechtsan-waltschaft.

Der Geschäftsführende Direktor des OSU, Prof. Dr. W. Erbguth,Universität Rostock, begrüßte in seiner Ansprache die angereistenTeilnehmer und gab einleitend einen Überblick über den rechtli-chen Gegenstand der Veranstaltung.

Der hieran anschließende erste Vortrag von Prof. Dr. P. Ehlers,Präsident des BSH, Hamburg, zeigte äußerst anschaulich vor demHintergrund divergierender Nutzungsinteressen wie der Seeschiff-fahrt, der Seefischerei, dem Meeresbergbau, der Errichtung vonAnlagen, der Verlegung von Rohrleitungen und Unterwasserka-beln, der Meeresforschung, der Abfallbeseitigung sowie der mi-litärischen Nutzung das Nutzungsregime der AWZ auf. Zur Verge-genständlichung des Ordnungsrahmens untersuchte Ehlers,inwieweit die jeweilige Nutzung innerhalb der AWZ und des deut-schen Festlandsockels ordnenden Regelungen unterworfen sei.Die dem Küstenstaat vornehmlich durch das Seerechtsüberein-kommen (SRÜ) eingeräumten funktional begrenzten souveränenRechte und Hoheitsbefugnisse fänden ihre Beschränkung in denso genannten Kommunikationsfreiheiten, d. h. der Freiheit derSchifffahrt, des Überflugs und der Verlegung von Rohrleitungenund Kabeln, die innerhalb des nationalen Rechts zu beachtenwären. Sodann legte Ehlers jeweils den völkerrechtlichen Hinter-

grund der einzelnen Nutzungsarten dar, deren Umsetzung in na-tionales Recht und zeigte abschließend etwaige Konflikte zu an-deren Nutzungen sowie bestehende Lösungsansätze auf. Resümie-rend konstatierte er, dass Prioritätensetzung und Steuerung geradebei Nutzungskonflikten allenfalls schwach ausgeprägt seien undbemängelte weiter, dass es an einem Gesamtkonzept für die AWZfehle. Im Vordergrund solle nicht der Wettlauf zwischen den ver-schiedenen Nutzungs- und Schutzinteressen stehen, als vielmehrein übergreifendes Ordnungsinstrument. Dem sei die Bundesre-gierung mit der Ausweitung des Raumordungsgesetzes (ROG) aufdie AWZ durch den Gesetzentwurf zum Europarechtsanpassungs-gesetz-Bau (EAG-Bau) ein Stück näher gerückt.

Prof. Dr. M. Gellermann, Osnabrück, beschäftigte sich im Anschlussmit dem Recht der natürlichen Lebensgrundlagen in der AWZ. An-hand des von großer Aktualität gekennzeichneten Beispiels der Er-richtung von Offshore-Windparks arbeitete er heraus, welche Vor-schriften im Bereich der AWZ dafür Gewähr böten, um auf etwaigeBedrohungslagen zu reagieren oder bestehende Schutzaufgaben zuerfüllen. Zunächst näherte sich Gellermann mit der Seeanlagenver-ordnung (SeeAnlV) dem für Offshore-Windenergieanlagen maßgeb-lichen Genehmigungsregime. Er rekurrierte vornehmlich auf dieVorschrift § 3 SeeAnlV, welche in abschließender Weise die für Offs-hore-Windkraftanlagen zu stellenden materiell-rechtlichen Anfor-derungen umschreibe. Um den Schlüsselbegriff der »Gefährdung derMeeresumwelt« in § 3 S. 1 SeeAnlV einer Konkretisierung zuzu-führen, widmete sich Gellermann den Regelbeispielen des § 3 S. 2 See-AnlV. Sein Blick ging dabei zum einen auf § 3 S. 2 Nr. 3 SeeAnlV, wo-nach einem Windpark die Genehmigung dann zu versagen sei,wenn sich mit seiner Errichtung die Besorgnis einer »Verschmutzungder Meeresumwelt« i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 SRÜ verbinde und zumanderen auf § 3 S. 2 Nr. 4 SeeAnlV, wonach die Gefährdung des Vo-gelzuges einer Genehmigung entgegenstünde. Der Referent zeigte

Tagungsber icht

ZUR 2/2004

TAGUNGSBERICHT

Verordnung über Kosten für Amts-handlungen der Bundesanstalt für Land-wirtschaft und Ernährung nach § 2 Abs. 2des Öko-Landbaugesetzes (BLE-ÖLG-Ko-stenverordnung – BLEÖLGKostV), BGBl.I 2003, 2358

Vierte Verordnung zur Änderung derVerordnung zu den Internationalen Re-geln von 1972 zur Verhütung von Zu-sammenstößen auf See, BGBl. I 2003,2370

Verordnung über das Inverkehrbringenvon Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen,

Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln(Düngemittelverordnung – DüMV), BGBl. I2003, 2373

Vierte Verordnung zur Änderung pflan-zenschutzrechtlicher Vorschriften, BGBl. I2003, 2438

Sechste Schiffssicherheitsanpassungsver-ordnung, BGBl. I 2003, 2465

Ausführungsgesetz zu dem Übereinkom-men vom 9.9.1996 über die Sammlung, Ab-gabe und Annahme von Abfällen in derRhein- und Binnenschifffahrt, BGBl. I 2003,2642

Verordnung zur Erhebung von Ge-bühren bei notifizierungsbedürftigenVerbringungen von Abfällen durch dieBundesrepublik Deutschland (Abfallver-bringungsgebührenverordnung – AbfVer-brGebV), BGBl. I 2003, 2749

Zweites Gesetz zur Änderung des Er-neuerbare-Energien-Gesetzes, BGBl. I2003, 3074

Zwölftes Gesetz zur Änderung des Luft-verkehrsgesetzes, BGBl. I 2003, 3093

IN KRAFT GETRETEN:

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auf, dass die einzelnen Schutzgüter keine klare Umschreibung erfah-ren hätten und deshalb den Schlüsselbegriff der »Gefährdung derMeeresumwelt« nur wenig ausschöpften. Im weiteren Verlauf desVortrags wendete er sich dem europäischen Habitatschutz zu. Mit§ 38 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) habe der Bundesgesetz-geber eine Vorschrift geschaffen, die zur Unterschutzstellung zu si-chernder Meeresflächen verpflichte. Neben der Pflicht zur FFH-Ver-träglichkeitsprüfung begründe die Vorschrift ein Verbot erheblicherGebietsbeeinträchtigungen. Gellermann bemängelte jedoch, dass derGesetzgeber es versäumt habe, das Verhältnis von Seeanlagenver-ordnung und Habitatschutz zueinander zu klären. In Bezug auf dasArtenschutzrecht und die Eingriffsregelung konstatierte er, dass eineErstreckung jener Vorschriften auf die AWZ im Zuge der Novellie-rung des BNatSchG aus dem Jahre 2002 nicht nachvollzogen wurde.Im Hinblick auf den Artenschutz könne indes auf Art. 12, 16 FFH-RLsowie Art. 5, 9 VRL zurückgegriffen werden. Zudem bedürfe mit Ein-führung des § 2 a SeeAnlV die Errichtung von Offshore-Windener-gieanlagen einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), sodass unterHeranziehung von § 6 Abs. 3 Nr. 2 UVPG eine Eingriffsregelung »ei-gener Art« zur Anwendung gelange. Zum Abschluss hielt er fest, dassdem Korrespondenzverhältnis zwischen Nutzung und Schutz desMeeres im Hinblick auf die Offshore-Windenergienutzung trotz auf-gezeigter Mängel gerade durch die Offenheit und Weite des Schlüs-selbegriffs der »Gefährdung der Meeresumwelt« hinreichend Rech-nung getragen werden könne.

Im Anschluss wandte sich Prof. Dr. K. Ott, Mitglied des Rates vonSachverständigen für Umweltfragen (SRU), Universität Greifswald,unter dem Aspekt widerstreitender Konfliktsituationen den zen-tralen Inhalten der Stellungnahme des SRU zur »Windenergienut-zung auf See« von April diesen Jahres zu. Ott unterstrich zunächst,dass Wissenschaftler wie Ehlers und Czybulka einen großen Anteildaran genommen hätten, das Bild von einem unendlichen Meeraus den Köpfen der Menschen zu verbannen. Insoweit kommeniemand umhin, sich der nüchternen Wahrheit einer bestehen-den Knappheitssituation aufgrund unterschiedlichster Nutzungs-arten zu stellen. Es gelte die Konflikte der Klimaschutzziele auf dereinen und der Naturschutzbelange auf der anderen Seite, im Rah-men einer Art praktischen Konkordanz entsprechend auszutarie-ren. In diesem Zusammenhang wies der Referent schlagwortartigauf den Atomausstieg, die streitige Zukunft der Kohlenutzung, dieFörderung erneuerbarer Energiequellen durch das Erneuerbare En-ergiengesetz (EEG) und die nationale Nachhaltigkeitsstrategie derBundesregierung hin. Die Offshore-Windenergienutzung stelleeine moderne Konfliktsituation der Umweltpolitik dar, die sichdurch ein legitimes Ziel, den Ehrgeiz eines zügigen Ausbaus, damitin Zusammenhang stehendem hohen Zeitdruck, aber auch wis-senschaftliche Forschungslücken und Kontroversen auszeichne.Rechtliche, planerische und ökonomische Dissense seien bei sol-chen Vorhaben regelmäßig die Folge. Ott lobte insoweit das abge-stufte Vorgehen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit (BMU), da ein gewichtiges Ziel in der Kon-fliktminimierung und –entschärfung zu sehen sei. Um dieser Ziel-setzung weitere Schritte entgegen zu gehen, verwies der Referentauf die im Rahmen der Stellungnahme des SRU zur Bewertung derderzeitigen Rechtslage getätigten vier Empfehlungen. Hiernachsolle die Seeanlagenverordnung dahingehend novelliert werden,dass dem BSH ein Planungs- und Bewirtschaftungsermessen ein-geräumt würde, darüber hinaus sollten die umfänglichen wissen-schaftlichen Begleitforschungen in Verwaltungsvorschriften ge-bündelt werden. Zudem sei neben der Ersetzung derBeschleunigungsregelung durch sanktionsbewehrte Beteiligungs-rechte die Etablierung eines Raumordnungsregimes für die AWZzu fordern. Positiv hob Ott die Negativplanung durch Ausweisungvon Meeresschutzgebieten hervor und machte auf die am

12.11.2003 durch den Bundesumweltminister Trittin vorgeschla-genen zehn Schutzgebiete in den küstenfernen Bereichen vonNord- und Ostsee aufmerksam, welche im Dezember 2003 inöffentlichen Anhörungen in Bremen, Stralsund und Rendsburgerörtert werden sollen. Am Ende seines Vortrages verwies er aufdie Möglichkeit der Ausweisung von Eignungsgebieten für Off-shore-Windenergieanlagen, ließ indes offen, ob eine weitergehen-de Planung erforderlich werde.

Den Abschluss des Vortragsabends bildete Prof. Dr. W. Erbguth,Universität Rostock, mit seinen Ausführungen zur Raumordnungin der AWZ, die insbesondere den jüngst vorgelegten Gesetzesent-wurf zur Änderung des Raumordnungsgesetzes (ROG) betrafen.Erbguth konstatierte, dass vor dem Hintergrund konfligierenderNutzungsinteressen zu klären bliebe, was an vorausschauenderräumlicher (Gesamt-)Planung in der AWZ völkerrechtlich zulässigsei und welche Instrumente die deutsche Rechtsordnung insoweitbereithielte. Hierfür richtete er den Blick zunächst auf die völker-rechtlichen Vorschriften des SRÜ und stellte heraus, dass sich un-ter den funktional beschränkten Hoheitsrechten, die den Küsten-staaten in der AWZ nach dem SRÜ zuständen, keine fänden, dieexplizit gesamtplanerische Gestaltungsmöglichkeiten im geogra-phischen Raum AWZ eröffneten. Im Gefolge des völkerrechtlichenAuslegungsgrundsatzes der »necessary implication«, demzufolgeeine Vertragspartei zur Erfüllung eines Vertrages erforderlicheRechte aus dem Vertrag ergänzend herleiten könne, selbst wennjene nicht ausdrücklich im Vertragstext statuiert seien, sprächevieles dafür, dass den Küstenstaaten eine derartige Kompetenz zu-komme. Das SRÜ gestatte jedoch nur eine (gesamt)planerischeVorabentscheidung, die sich gegenüber den funktional be-schränkten Hoheitsrechten der Küstenstaaten artikuliere. Darananschließend widmete sich Erbguth den Handlungsmöglichkeitendes Bundes und der Länder für eine räumliche Gesamtplanung inder AWZ nach deutschem Recht. In diesem Zusammenhang pro-blematisierte er zunächst die Anwendbarkeit nationaler Regelun-gen innerhalb des Funktionshoheitsraumes, wobei er darlegte,dass jene Vorschriften solange Geltung beanspruchten, wie sie dendurch das SRÜ limitierten funktionellen Beschränkungen ent-sprächen. Sodann problematisierte der Referent die Geltung dergrundgesetzlichen Kompetenzverteilung und stellte heraus, dassdie Zuordnung von legislativen und exekutiven Befugnissen in derAWZ denselben Regeln folge wie die Kompetenzverteilung inner-halb des deutschen Staatsgebiets. Rückgriff nehmend auf diedurch das Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG) aus dem Jahre 1954 getroffenen Voraussetzungen füreine Bundesraumordnung müsse sich die zu regelnde Aufgabe imZuge einer Kompetenz kraft Natur der Sache zum einen auf dasBundesgebiet als Ganzes beziehen und zum anderen die Selbstko-ordinierung der Länder keine praktikable Alternative zur Bewälti-gung der Aufgabe darstellen. Beide Voraussetzungen sah der Refe-rent als nicht gegeben an und ging noch einen Schritt weiter,indem er die Raumordnung in der AWZ nur den Küstenbundes-ländern zuschrieb. Im letzten Teil seines Vortrags widmete er sichden Änderungen des Raumordnungsgesetzes durch den Gesetz-entwurf zum Europarechtsanpassungsgesetz-Bau (EAG-Bau) vom15.10.2003. Dieser füge neben einer die deutsche AWZ betreffen-den Erstreckungsregelung in § 1 Abs. 1 ROG und einer Ergänzungdes die Umwelt betreffenden Raumordnungsgrundsatzes in§ 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG um »Meeresgebiete« einen neuen § 18a ROGein. Der Vortragende unterstrich, dass der durch Art. 2 Nr. 7 EAG-BauE in § 18a ROG neu eingeführten Bundesraumordnung einevom Vorstehenden grundsätzlich abweichende Sichtweise zu-grunde liege. Der Entwurf nehme nicht nur die gesetzliche Rege-lung der Raumordnung in der AWZ für den Bund in Anspruch,sondern weise sie zugleich Bundesstellen zu, nämlich dem Bun-

Tagungsber icht

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desministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen und demihm nachgeordneten Bundesamt für Bauwesen und Raumord-nung. Erbguth kritisierte vor allem die bundeseinheitliche Rege-lung vor dem Hintergrund der strengen Voraussetzungen desArt. 75 Abs. 2 GG und im Speziellen die Neuregelung des§ 18a Abs. 3 ROG, welcher das Verhältnis der raumordnerischenFestsetzungen in der AWZ zur Seeanlagenverordnung regele. Erhielt insoweit die geplante Regelung zur Bundesraumordnung inder AWZ verfassungsrechtlich für nicht haltbar. Trotz dieser Kritikverwies Erbguth darauf, dass es sich um planerisches Neulandhandele, welches eine sachlich notwendige und vorausschauendeKoordinierung der sich aus der absehbaren Nutzungsintensivie-rung in der AWZ ergebenden Konfliktsituationen und Flächen-konkurrenzen erfordere.

In der sich anschließenden lebhaften Podiumsdiskussion unterder Leitung von Dr. S. Schlacke, Universität Rostock, bildete vor al-lem wegen der anstehenden Novellierung des Raumordnungsge-setzes der Vortrag von Erbguth hervorragenden »Zündstoff«. AlleBeteiligten waren sich einig, dass die aufgrund der Begrenztheitdes Raumes »Meer« bestehenden Nutzungskonflikte einer end-gültigen Lösung zugeführt werden müssen. Zum Teil wurde dasNovellierungsvorhaben des Raumordnungsgesetzes durch dieBundesregierung in seiner derzeitigen Form als ein willkommenerLösungsansatz begrüßt. Die Parallelproblematik stelle sich ebensoim Rahmen von § 38 BNatSchG, wo der Bund beispielhaft eineVorbildfunktion auch vor dem Hintergrund der desaströsen Aus-weisungssituation von Schutzgebieten im terrestrischen Bereich

der einzelnen Bundesländer einnehme. Dem wurde jedoch entge-gengehalten, dass der hinter der Novellierung des Raumord-nungsgesetzes stehende gesetzgeberische Wille zwar positiv zubewerten sei, die geschaffenen Regelungen aber auf keinen Fall derKonfliktsituation hinreichend Rechnung getragen hätten. AmEnde der Diskussion wurde sich dahingehend geeinigt, dass denbestehenden Kompetenzstreitigkeiten durch Schaffung einer Bun-deskompetenz entgegengewirkt werden könne.

Die Vorträge werden in der Rostocker Schriftenreihe zum See-und Umweltrecht (Nomos-Verlagsgesellschaft) dokumentiert.

Maxi Keller

Tagungsber icht

Maxi KellerWiss. Mitarbeiterin am Ostseeinstitut für Seerecht und Umweltrecht (OSU),Universität Rostock – Juristische Fakultät, Richard-Wagner-Str. 31, 18119Rostock-Warnemünde, E-Mail: [email protected]. Tätigkeitsschwerpunkte: (See-)Völkerrecht sowie europäisches und nationa-les Umweltrecht insbesondere Meeresumweltrecht.Aktuelle Veröffentlichung: Rechtliche Probleme bei der Planung und Geneh-migung von Offshore-Windenergieanlagen im Küstenmeer und der Aussch-ließlichen Wirtschaftszone, Traditio et Innovatio 2003, 38f. (zusammen mitMichael Bohnhoff).

27. umweltrechtliche Fachtagung der Gesell-schaft für Umweltrecht am 7./8. November2003 in Leipzig

Zur Eröffnung der 27. umweltrechtlichen Fachtagung der Gesell-schaft für Umweltrecht (GfU) begrüßte ihr Vorsitzender Prof. Dr.Klaus-Peter Dolde die Teilnehmer im Bundesverwaltungsgericht in Lei-pzig. Er bedankte sich zunächst beim Präsidenten des Bundesverwal-tungsgerichts Dr. Eckart Hien dafür, dass auch diesmal die Tagung andiesem Ort stattfinden dürfe. Dolde wies auch auf die neu gestalteteHomepage der Gesellschaft (www.gesellschaft-fuer-umweltrecht.de)sowie auf den neuen Umweltpreis hin, den die Gesellschaft ausge-schrieben hat (nähere Informationen dazu finden sich auf der o.g.Webseite).

Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit Jürgen Trittin hob in seiner Grußrede die zentrale Bedeutung derThemen, insbesondere der Aarhus-Konvention hervor. Der Zugang zuUmweltinformationen habe eine wesentliche Bedeutung bei der Lö-sung von Konflikten. Zum Thema Umweltprobleme bei der Zulas-sung von Flughäfen verwies er als Beispiel auf die Flughäfen Tempel-hof und Schöneberg, die unter den heutigen Gesichtspunkten nichtmehr genehmigungsfähig wären.

Im Hinblick auf die von den Wirtschaftsverbänden geforderte Fle-xibilisierung des Ordnungsrechts verwies Herr Trittin auf die Querelenbei der »Neueinführung« z. B. der Emissions-Zertifizierung und desDosenpfands. Die durch diese Verbände propagierten Selbstver-pflichtungen seien nicht immer das primär bessere Instrument zurZielerreichung und dürften in der Folge nicht zum Abbau der Rechts-staatlichkeit führen. Es liege häufig nicht an den Möglichkeiten, son-dern an dem »Wollen« Einzelner. Insofern sollten Selbstverpflichtun-gen immer eine klare, rechtsverbindliche Zielsetzung aufweisen,

einen Überprüfungsmechanismus enthalten und gesicherte Rechts-folgen im Konfliktfall ausweisen. Er stellte dar, dass die Verbände dieAnstrengungen der Regierung zum Klimaschutz unterstützen wür-den, insbesondere im Hinblick auf ein Gutachten im Auftrag des BDI,welches gezeigt habe, dass die Reduzierung von Treibhausgasen nichtohne weitere Anstrengungen erreicht werden würde. Insofern ver-wundere, dass die Wirtschaftsverbände die Möglichkeiten der Emis-sions-Zertifizierung nicht haben wollen.

In seinem Referat »Aarhus-Konvention – Umweltinforationen, Öf-fentlichkeitsbeteiligung, Zugang zu den Gerichten« hob Prof. Dr. Tho-mas von Dankwitz, Universität Köln, die Steigerung des partizipativenDemokratieempfindens der Bevölkerung und die Schaffung vonTransparenz hervor. Im Folgenden beschrieb er das »Drei-Säulen-Mo-dell« der Konvention. Diese stütze sich auf die Säulen »Information«,»Beteiligung« und »Rechtsschutz«.

Er stellte heraus, dass der durch die erste Säule vermittelte In-formationsanspruch ein Populär-Anspruch sei. Der Anspruch seidenkbar weit gefasst und erlaube den Zugang zu nahezu sämtlichenUmweltdaten. Die zweite (»Beteiligungs«-)Säule sehe eine obligato-rische Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit sowie der Öffent-lichkeit mit einem Interesse an der Entscheidung vor. Für Umwelt-schutzverbände werde ein solches Interesse nach Art. 2 Nr. 5 derKonvention aus ihrem Verbandszweck gefolgert. Art. 9 der Konven-tion befasse sich mit der dritten Säule, also dem Rechtsschutz beiVerletzung der Informations- oder Beteiligungsrechte. Nach Art. 9Abs. 3 richte sich der Zugang zu gerichtlichen Überprüfungsverfah-ren wegen einer Verletzung des Umweltrechts der Vertragsparteien

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nach den Bedingungen ihrer internen Rechtsordnungen. Die Eu-ropäische Kommission habe am 24.10.2003 einen Vorentwurf füreine Richtlinie zur Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 vorgelegt.

Von Dankwitz hob hervor, dass eine partizipative Demokratie undein effektiver Umweltschutz eng miteinander verbunden seien. DieTransparenz der Umweltinformationen führe zu einer größeren Ak-zeptanz gegenüber behördlichen Entscheidungen. Eine ordnungs-gemäße Umsetzung der Aarhus-Konvention lasse erwarten, dass diehäufig nur schwer nachweisbaren Defizite im Umweltbereich künf-tig reduziert werden. Er plädierte dafür, zunächst nur die zwingen-de Umsetzung aufgrund der Europäischen Richtlinien anzugehenund zu einem späteren Zeitpunkt nach ersten Erfahrungen mit denneuen Regelungen weitere Schritte zu gehen. Mit § 42 Abs. 2 VwGOverfüge das deutsche Verwaltungsrecht über einen subjektivenRechtsschutz, der eine Umsetzung der vorgeschlagenen Richtliniezu Art. 9 Abs. 3 der Konvention entbehrlich mache, bzw. diese Um-setzung bereits vollzogen habe. Die Regelungen der Verbandsklageerachtete er als ausreichend und sprach sich insofern gegen ihreAusweitung aus.

Die Umweltprobleme bei der Zulassung von Flughäfen themati-sierte Prof. Dr. Ulrich Ramsauer, Universität Hamburg. Die Bewältigungder Umweltprobleme gerade bei Ausbau und Erweiterung vorhande-ner Flughäfen vollziehe sich in einem Dickicht von Planungs-, Prü-fungs- und Zulassungsentscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen.Aus diesem Grund gliederte er seinen Vortrag in die drei EbenenRaumordungsplanung, Zulassungsentscheidung und nachfolgendeEntscheidungen.

Wegen ihrer Raumbedeutsamkeit sollten nach seiner Auffassungdie Neuanlage und die wesentliche Änderung von Flughäfen Gegen-stand der landesweiten Raumordnungsplanung sein. Ein Anspruchbestehe indessen nicht. Eine UVP sei im Raumordnungsverfahrennicht obligatorisch. Die Durchführung der Anforderungen der SUP-RL könne angenommen werden. Im Rahmen der Raumordnungspla-nung könnten auch Alternativenstandorte untersucht werden. Rege-lungen über eine bundesweite Flughafennetzplanung fehlten bislang.

Auf der Ebene der Zulassungsentscheidungen unterlägen Errich-tung und Betrieb sowie die wesentliche Änderung und Erweiterungeinem Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG. Zur Beurteilung derWesentlichkeit sei ein Vergleich des angestrebten Zustandes mitdemjenigen, der aufgrund der bisherigen Genehmigung bestehe oderzulässig sei, durchzuführen. Die Genehmigung verlaufe in einemzweispurigen Zulassungsverfahren, wobei sich Prüfungs- und Rege-lungsumfang von Genehmigung und Planfeststellung überschneidenkönnten. Jedoch sei die Planfeststellung als Instrument der Anlagen-planung nicht für betriebliche Detailregelungen vorgesehen. Isolier-te Genehmigungen könnten angefochten werden; ein umfassenderRechtsschutz bestehe nur gegen den Planfeststellungsbeschluss. DiePlanfeststellung habe Konzentrationswirkung, soweit keine betriebli-chen Detailregelungen (z.B. Flugrouten) geregelt würden. Eine Alter-nativenprüfung im Rahmen der Planfeststellung komme nur insofernin Betracht, als dass sich nach Lage der Dinge diese Alternative auf-dränge. Das Recht der Zulassung ist nach Auffassung von Ramsauerstark reformbedürftig. Eine klare Trennung von Regelungen über dieAnlagen und solchen über den Betrieb wäre sinnvoll.

Im Planungsverfahrem kämen als Planungsleitsätze in Frage der be-sondere Gebietsschutz gem. §§ 22 ff. BNatSchG, die Bestimmungender FFH- und Vogelschutz-RL, die naturschutzrechtliche Eingriffsre-gelung gem. §§ 18 ff. BNatSchG sowie die Umweltverträglichkeit-sprüfung. Im Grundsatz gelte ferner, dass jegliche Beeinträchtigungenvon subjektiven Rechten Dritter zu vermeiden sind. Die Über-schreitung der Erheblichkeitsschwelle insbesondere im Immissions-schutz sei dabei nach dem Kriterium der immissionsschutzrecht-lichen Zumutbarkeit und nicht an der absoluten Grenze derSozialpflichtigkeit des Eigentums auszurichten. Bei Überschreitung

der Schwelle seien die Eingriffe entschädigungspflichtig. Ein Abwehr-anspruch Betroffener komme nur in Frage, soweit ihre Belange in derAbwägung oder bei der Entscheidung der Schutzvorkehrungen nichthinreichend berücksichtigt worden seien. Von der enteignungs-rechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses betroffenePersonen könnten insoweit mit einer Anfechtungsklage eine um-fassende Rechtmäßigkeitsprüfung mit dem Ziel der Planergänzungoder eines ergänzenden Verfahrens erreichen. Naturschutzverbändekönnten auf die Rechtsbehelfe im Rahmen ihrer Verbandsklagemög-lichkeit nach § 61 BNatSchG zurückgreifen.

Neben den Zulassungsfragen von Flughäfen sind in der Praxis diemateriellen Schutzstandards insbesondere die des Immissions- unddes Naturschutzes von übergeordneter Bedeutung. Diesem Themawidmete sich Dr. Ulrich Storost, Richter am Bundesverwaltungsge-richt, Leipzig. Provokativ leitete Herr Storost sein Referat ein, indemer dem Gesetzgeber vorhielt, dass dieser die Gerichte und die dortrechtsuchenden Bürger bewusst ohne materiellen Maßstab ließe(Flughäfen sind vom Geltungsbereich des BImSchG ausgeschlossenund weder das Fluglärmschutzgesetz noch das Luftverkehrsgesetzsehen besondere Lärmgrenzwerte für die Errichtung und Änderungvon Flughäfen vor).

Das Bundesverwaltungsgericht habe aus diesem Grund versucht,einen materiellen Maßstab zu entwickeln. Als Grundlage diene dafürinsbesondere das in § 9 Abs. 2 LuftVG normierte Gebot, dem Unter-nehmer im Planfeststellungsbeschluss die Errichtung und Unterhal-tung der Anlagen aufzuerlegen, die für das öffentliche Wohl oder zurSicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Ge-fahren notwendig sind. Dieses der Abwägung entzogene Gebot lassekeine unzumutbaren Lärmbelastungen durch den Flugbetrieb zu. DieZumutbarkeit könne allerdings nur im Einzelfall durch tatrichterlicheWürdigung der individuellen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftig-keit jedes einzelnen betroffenen Grundstücks und seiner Nutzung aufder Grundlage von Sachverständigengutachten bestimmt werden.Ein absoluter, genereller Schutzstandard lasse sich dagegen justiziellnicht begründen

Das Fehlen eines gesetzlichen materiellen Schutzstandards im Be-reich des Lärm- und Naturschutzes führe von daher zu erheblicherRechtsunsicherheit.

Am Abend lud der Sächsische Staatsminister für Umwelt und Land-wirtschaft, Steffen Flath, zu einem Empfang im Bundesverwaltungs-gericht ein.

Am folgenden Tag wurden die Ergebnisse der zuvor fortgesetztenFachdiskussionen durch die Moderatoren in Berichten zusammenge-fasst. Prof. Dr. Friedhelm Hufen, Universität Mainz, übernahm diesesfür den Arbeitskreis »Aarhus-Konvention – Umweltinformation, Öf-fentlichkeitsbeteiligung, Zugang zu den Gerichten«. Er stellte dar, dassder Arbeitskreis ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen derKonvention auf die Verbandsklage gelegt habe. Es bleibe abzuwarten,wie sich dieses klassische Instrument des Naturschutzrechtes in an-dere Umweltmaterien einordnen ließe. Die Konvention sei auf eineMobilisierung der Bürger zum Zwecke der Information und Partizi-pation gerichtet. Im Rahmen der Diskussion sei auch auf die Bedeu-tung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf dem Gebiete des Umwelt-schutzes in den osteuropäischen Ländern hingewiesen worden.Dieses wäre ein wichtiges Element bei der Heranführung dieserLänder an europäische Standards und Rechtsordnungen im Hinblickauf die Osterweiterung der Europäischen Union. Der Arbeitskreishabe sich für ein »Zerreißen des Netzes des deutschen Verfahrens-rechts« ausgesprochen. Schließlich sei von Diskussionsteilnehmernvorgetragen worden, dass Länder mit einer umfassenden Verbands-klage eine hohe Effizienz bei der Umsetzung von Umweltstandardsbei einer geringen Anzahl von Klagen erreicht hätten.

Prof. Dr. Hans-Joachim Koch, Universität Hamburg, hob in seinemBericht über die Diskussion im Arbeitskreis »Umweltprobleme bei

Tagungsber icht

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Buchrezens ion

ZUR 2/2004122

Rudolf KiesewetterEine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut zur Verlagerung des Güter-verkehrs von der Straße auf die Schiene und die WasserstraßeEntwicklung und rechtliche Begutachtung einer lenkungswirksamenStraßenbenutzungsabgabeBerliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003, 227 S., 34.- €

Der Dissertation Kiesewetters liegt ein politikgestaltender Ansatzzu Grunde. Um die Überlastung der Straßen durch den schwerenGüterverkehr und die damit einhergehende Umweltbelastung zureduzieren, wird im ersten Teil der Untersuchung eine nach Ein-schätzung des Autors verkehrs- und umweltpolitisch lenkungswirk-same Lkw-Maut entworfen. Eine vertiefte ökonomische Herleitungder lenkungswirksamen Abgabenhöhe wird nicht vorgenommen.Im Ergebnis befürwortet Kiesewetter eine Lkw-Maut auf Bundes-fernstraßen für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewichtvon mindestens 12 t in Höhe von 0,40 bis 0,60 €/km. Unter um-weltpolitischen Lenkungsgesichtspunkten hätte sich danebeneine Einbeziehung von Lkws mit einem zulässigen Gesamtgewichtvon unter 12 t angeboten.

Im zweiten Teil der Arbeit wird die Vereinbarkeit der entwickel-ten Lkw-Maut mit den verfassungs- und EG-rechtlichen Vorgabengeprüft. Ausführlich wird die Maut finanzverfassungsrechtlich alsGebühr eingeordnet, wobei als individuell zurechenbare Leistungsowohl der Bau, Betrieb und Ausbau der Bundesfernstraßen bzw.die Duldung der Nutzung dieser Straßen als auch die durch denGüterverkehr hervorgerufenen externen Kosten erwogen werden.Der Spielraum für die zulässige Gebührenhöhe wird nach ge-bührenrechtlichen Grundsätzen aufgezeigt. Der Frage der Ver-wendung des Gebührenaufkommens wird in den Varianten einerZweckbindung zur Förderung alternativer Verkehrsarten durchden Haushaltsgesetzgeber, einer Zweckbindung aufgrund desFachgesetzes und der Einrichtung eines Sonderfonds nachge-gangen. Daneben wird die Vereinbarkeit der Lkw-Maut mit den

Grundrechten bejaht (Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1GG). Schließlich werden die sekundärrechtlichen Vorgaben füreine Lkw-Maut nach der Verkehrsabgabenrichtlinie (1999/62/EG)in ihren Grundzügen erörtert und eine beihilfenrechtliche Ein-ordnung der Verwendung des Gebührenaufkommens für alterna-tive Verkehrsträger vorgenommen.

Die Arbeit Kiesewetters zeigt die Handlungsmöglichkeiten und -grenzen zur Fortentwicklung der Lkw-Maut auf Grundlage desgeltenden Rechts pragmatisch auf. Der erste Teil der Untersuchunglässt allerdings eine umweltökonomische Begründung der Lenkungs-wirksamkeit der entwickelten Lkw-Maut vermissen. Im zweiten Teilder Arbeit wird in der Darstellung ein Schwerpunkt auf die jeweiligeRechtsprechung gelegt und dieser zumeist gefolgt. Hier hätte sichvielfach eine dogmatische Vertiefung der behandelten Fragen ange-boten. So formuliert Kiesewetter etwa im Rahmen der Diskussionum die Zulässigkeit von Umweltabgaben keine eigene Position zurGeltung der Steuerstaatsdoktrin und setzt sich daneben beispiels-weise nicht abstrakt mit der Sperrwirkung von europarechtlichenRichtlinien auseinander. Dennoch leistet die Untersuchung Kiese-wetters aufgrund ihrer interdisziplinären Ausrichtung und der um-fassenden Prüfung des relevanten Verfassungs- und Europarechtseinen wertvollen Beitrag zur Fortentwicklung des Konzepts der Lkw-Maut.

Gisela Günter

BUCHREZENSION

Regierungsrätin z.A. Gisela GünterAnschrift: Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-wirtschaft, Rochusstr. 1, 53123 Bonn.Tätigkeitsschwerpunkte: Umweltrecht, Europäische Verkehrspolitik.Aktuelle Veröffentlichungen: Kfz-Steuer für ausländische Lkw – europarecht-lich zulässig?, TransportR 2002, S. 438 f.; Externe Kosten des Straßenver-kehrs und europarechtliches Verursacherprinzip, Diss. 2004 (im Erscheinen).

der Zulassung von Flughäfen« drei Themenbereiche hervor: Der er-ste Themenbereich betrifft die Frage der Alternativenprüfung bzw.der Bedarfsplanung von Flughäfen. Hier sei einhellig der Wunschnach einer stärkeren Partizipation des Bundes laut geworden. DerBund müsse – ähnlich der Verkehrswegeplanung – eine Flughafen-netzplanung auf einem hohen Planungsniveau initiieren. Der Pla-nungsgedanke müsse sich in allen nachgelagerten Planungsebenenwiderspiegeln. Eine Alternativenprüfung auf der Ebene der Plan-feststellung sei nicht sinnvoll. Wie ein solches System im Einzelnenauszusehen habe, blieb offen.

Der zweite Themenkreis drehte sich um die Frage des Verhältnis-ses Planfeststellung und Plangenehmigung. Die Parallelisierung derbeiden Genehmigungsstränge trage nicht zur Vereinfachung bei.Ein dritter, insbesondere für Anwälte interessanter Themenkreisbetraf die Berücksichtigung der Lärmvorbelastung in der Planfest-stellung und insbesondere die Frage, ob es gerechtfertigt ist, wenn be-lasteten Nachbarn eines Flughafenprojekts, die schon einemGrundpegel an Lärm ausgesetzt sind, wegen der bestehenden Vor-

belastung weniger Lärmschutz zugestanden wird, als solchen Be-troffenen, die zuvor keine Vorbelastung hinnehmen mussten. AlsMaßstab gelte hier nach ständiger Rechtsprechung, dass dort, woVorbelastungen vorhanden seien, diese bis zur Schwelle des Erträg-lichen ausgereizt werden könnten.

Christian Au/Björn Dietrich

Dipl.-Biol. Björn Dietrich, M.S.E.L.Stipendiat und Doktorand an der Universität Lüneburg, Große Straße 30,21380 Artlenburg, e-mail: [email protected]ätigkeitsschwerpunkte: Landschaftsschutz, Artenschutz, Europäisches Um-weltrecht.

Christian Au, LL.M.Rechtsreferendar, Haselnußweg 53, 22175 Hamburg, e-mail: [email protected]ätigkeitsschwerpunkte: Abfallrecht, Europäisches Umweltrecht, Wasserrecht.

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Buchneuersche inungen

Die nachfolgende Übersicht erfasst, soweit verfüg-bar, die umweltrechtliche Literatur des Erschei-nungszeitraums vom 16.10.03 bis zum 15.12.03.

EG- UND INTERNATIONALES UMWELTRECHT

Bree, Axel:Harmonization of the Dispute SettlementMechanism of the Multilateral Environ-mental Agreements and the World TradeAgreements2003, 564 S., 58,– €, Erich Schmidt Verlag,ISBN 2-503-07429-5

In dieser Veröffentlichung wird das Verhältnisvon multilateralen Umweltabkommen undWelthandelsrecht unter besonderer Berück-sichtigung der Streitbeilegungsmechanismenuntersucht und Vorschläge zur Problemlö-sung unterbreitet.

Der erste Teil enthält eine Analyse der be-stehenden materiellen Regelungen und Streit-beilegungsmechanismen der WTO und dermultilateralen Umweltabkommen sowie derdaraus resultierenden Überschneidungen.

Im zweiten Teil werden insgesamt neunStreitfälle betrachtet, die den GrenzbereichUmwelt und Gesundheit/Handel betreffenund von dem WTO-Streitbeilegungsgremiumentschieden worden sind. Zudem wird ein hy-pothetischer Fall dargestellt, der das Verhält-nis der Streitbeilegungsmechanismen im Falleiner Klage gegen eine durch ein multilatera-les Umweltabkommen vorgeschriebene Maß-nahme illustrieren soll.

Im dritten Teil werden Vorschläge gemachtund beurteilt, die auf eine Änderung der WTO-Vereinbarung über Streitbeilegung (DSU) abzie-len, um Umweltbelange besser berücksichtigenzu können. Schließlich werden Überlegungenpräsentiert, wie das Internationale Umweltregi-me, insbesondere dessen Streitbeilegungsme-chanismen und das Verhältnis zwischen WTOund dem internationalen Umweltregime refor-miert werden kann, um eine Harmonisierungdieser beiden Bereiche zu erzielen.

Puth, Sebastian: WTO und Umwelt Die Produkt-Prozess-Doktrin 2003, 408 S., 89,80 €, Duncker&Humblot, ISBN 3-428-11150-8

Errata/Amn. der Redaktion: Als Verfasser die-ser Neuerscheinung wurden in ZUR, Heft 1/04,versehentlich die Herausgeber der Schriften-reihe angegeben, in der das Werk erschienen ist(Hamburger Studien zum europäischen undInternationalen Recht). Zum Inhalt wird aufdie Darstellung in Heft 1/04 verwiesen.

ALLGEMEINES UMWELTRECHT

Franz, Thorsten:Umweltrecht für Sachsen-Anhalt2003, 310 S., 24,– €, Nomos Verlagsgesellschaft,ISBN 3-8329-0250-3

Das Lehrbuch ist die bislang einzige Darstellungdes Umweltrechts in Sachsen-Anhalt. Es richtetsich in erster Linie an Studierende, die etwa alsangehende Juristen, Geografen, Landwirte oderUmwelttechniker mit dem Umweltrecht imVerlauf ihres Studiums in Berührung kommen.Den unterschiedlichen Anforderungen dieserGruppen an die Tiefe der Darstellung des Um-weltrechts versucht das Buch vor allem dadurchRechnung zu tragen, dass die großgedrucktenTextteile einem Kurzkompendium entsprechenund zusammen mit den kleingedruckten Text-teilen einen Grundriss des gesamten Umwelt-rechts ergeben. Dargestellt werden das Allge-meine sowie das Besondere Umweltrecht,wobei die Kerngebiete Abfall-, Boden-, Gewäs-ser-, Immissions- und Naturschutzrecht im Vor-dergrund stehen, während sonstige Bereichenur skizziert werden. Die konsequente Einbe-ziehung des sachsen-anhaltinischen Landes-rechts in die Darstellung schließt eine Lücke imLehrbuchangebot, da sich die Rechtslage oftnach Landesumweltrecht beurteilt. In einigenUmweltrechtsbereichen, wie im Gewässer- oderNaturschutzrecht, sind die unmittelbar voll-zugsfähigen Regelungen weitgehend Landes-recht oder es gelten, wie im Abfallrecht, zahl-reiche ergänzende Landesregelungen. Zudemist der Vollzug von Bundesumweltrecht meistLändersache.

Hansmann, Klaus/ Paetow, Stefan/ Rebentisch, Manfred:Umweltrecht und richtliche Praxis.Festschrift für Ernst Kutscheidt zum 70. Geburtstag2003, 421 S., 86,– €, Verlag C.H. Beck,ISBN 3-406-51016-7

Professor Ernst Kutscheidt, Präsident des Ver-waltungsgerichts Köln a.D., ist als Herausgeberund Autor zahlreicher Publikationen zum Um-weltrecht hervorgetreten. Hervorzuheben istvor allem seine langjährige Tätigkeit als Mit-herausgeber und Autor des Landmann/Roh-mer. Zu Ehren seines 70. Geburtstages am9.9.2003 versammelt diese Festschrift Beiträgevon 28 namhaften Autoren aus Wissenschaftund Praxis. Ihre Darstellungen zeichnen einBild des Menschen Ernst Kutscheidt und wür-digen sein wissenschaftliches Werk sowie seinWirken als Richterpersönlichkeit. Darüber hin-aus bieten sie ein facettenreiches Bild aktueller

Entwicklungen des deutschen und europäi-schen Umweltrechts.

Newig, Jens:Symbolische UmweltgesetzgebungRechtssoziologische Untersuchungen am Bei-spiel des Ozongesetzes, des Kreislaufwirt-schafts- und Abfallgesetzes sowie der Groß-feuerungsanlagenverordnung2003, 330 S., 89,80 €, Duncker & Humblot,ISBN 3-428-11008-0

Anstatt ökologisch relevante Probleme nach-haltig zu lösen, belässt es der Gesetzgeber oft beiformelhaften Kompromissen oder Alibi-Vor-schriften. Indem solche »symbolische Gesetz-gebung« ökonomisch ineffizient und umwelt-politisch wie verfassungsrechtlich fragwürdigbleibt, wird sie selbst zum Problem. Wie aberlässt sich dieses empirisch offenlegen? Unterwelchen Voraussetzungen kommt es dazu undwann nicht?

Ausgehend von der rechtssoziologischenUnterscheidung »symbolischer« und »instru-menteller« Dimensionen von Gesetzgebunglegt Jens Newig eine eigene Theorie zur Er-klärung symbolischer Gesetzgebung vor. Siestützt sich auf Arbeiten zur ÖkonomischenTheorie der Politik und erlaubt es, empirischüberprüfbare Hypothesen aufzustellen. Kern-behauptung ist, dass es umso eher zu symbo-lischer Gesetzgebung kommt, je konträrersich die gesellschaftlichen Interessen in Bezugauf die rechtliche Regulierung eines Umwelt-problems verhalten, je höher die Kosten zurLösung des Problems liegen und je komplexersich der Regelungsgegenstand darstellt. In-dem der Autor den Rational-Choice-Ansatzzur Erklärung von Gesetzgebungsprozessenfruchtbar macht, beschreitet er rechtssoziolo-gisches Neuland.

Im Rahmen seiner empirischen Analyse,die auch den gesetzgeberischen Intentionennachgeht, untersucht der Verfasser das Ozon-gesetz und das Gebot zur Abfallvermeidungim KrW-/AbfG als mutmaßlich symbolischeGesetzgebungsakte sowie die 13. BImSchV alsReferenzbeispiel mutmaßlich nicht symboli-scher Gesetzgebung. Die Ergebnisse unter-mauern die hier vorgeschlagene Theorie sym-bolischer Umweltgesetzgebung.

123ZUR 2/2004

BUCHNEUERSCHEINUNGEN

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Buchneuersche inungen

Roll, Sebastian:Zugang zu Umweltinformationen und Free-dom of InformationÜberschießende Tendenzen des europäischenRechts am Beispiel der Umsetzung der EG-Um-weltinformationsrichtlinie in das englische unddeutsche Recht2003, 216 S., 62,– €, Duncker & Humblot, ISBN 3-428-10825-6

Zum Zeitpunkt der Umsetzung der Richtliniedes Rates der europäischen Gemeinschaftenvom 7.6.1990 über den freien Zugang zu In-formationen über die Umwelt (90/313/EWG)in die Environmental Information Regulati-ons 1992 und das Umweltinformationsgesetzwar das Verwaltungsverfahren in Englandund Deutschland grundsätzlich geheim. Fürdas englische und das deutsche Recht hattedie Transformation dieser Richtlinie demnacheinen Systemwechsel im Umweltbereich zurFolge, wodurch in der Verwaltungspraxisbeider Länder naturgemäß Abgrenzungspro-bleme auftraten.

Die rechtsvergleichende Untersuchung dereinzelnen Probleme zeigt, dass die mittler-weile durch die EuGH-Rechtsprechung präzi-sierten Vorgaben der Umweltinformations-richtlinie derart weitreichend sind, dass sieauf das allgemeine Verwaltungsrecht aus-strahlen. Aufgrund dieser überschießendenTendenzen stellt sich die Frage, ob nur einallgemeines, nicht auf den Umweltbereich be-schränktes Recht auf Zugang zu Verwaltungs-informationen eine funktionsadäquate Um-setzung der Umweltinformationsrichtliniegarantiert. In England wurde mittlerweile derFreedom of Information Act 2000 erlassen,der einen Anspruch auf Verwaltungsinforma-tionen gewährt und im Jahr 2005 in Krafttreten wird. Die Untersuchung des in der Ge-setzesvorlage Freedom of Information Billenthaltenen Regelungsmodells macht deut-lich, dass bereits ein zurückhaltender Para-digmenwechsel die im englischen Umwelt-informationsrecht bestehenden Problemeweitgehend entschärft.

Stede, Birgit/ Winter, Stephan:Umweltrecht kompakt: Von der Abwasser-verordnung bis zur Zulassung von Anlagen Erläuterungen, Fließbilder und Übersichten2000, 232 S., 39,– €, Fachhochschulverlag,ISBN 3-931297-41-1

Die sechs Kapitel dieses Buches führen in Formvon Graphiken, Fließbildern und Übersichtenin die Systematik der umweltrechtlichen Vor-gaben ein, einschließlich der Ausnahmerege-lungen in den jeweiligen Vorschriften.

Das Buch ermöglicht eine systematischeEinarbeitung in das Umweltrecht. MittelsHinweisen und Verweisen werden bestimmteProblembereiche und Auslegungsfragen an-gesprochen; die in den Gesetzen bestehenden

Querverweise zwischen den einzelnen Rechts-gebieten werden miteinander verknüpft.

IMMISSIONSSCHUTZRECHT

Franke, Sonja:Lärmgrenzwerte für die Planung von Verkehrsflughäfen2003, 265 S., 68,– €, Duncker & Humblot, ISBN 3-428-11052-8

Die Autorin überprüft kritisch den recht-lichen Schutz vor Fluglärm an Verkehrsflug-häfen. Kernproblem ist dabei, dass Verkehrs-flughäfen nach dem Luftverkehrsrecht zwarkeinen unzumutbaren Fluglärm verursachendürfen, die Zumutbarkeitsschwelle jedoch ge-setzlich nicht normiert ist. Sie muss vonBehörden und Gerichten im Einzelfall festge-legt werden, was zu Konflikten im Hinblickauf Rechtssicherheit und –gleichheit führt.Sonja Franke regt daher an, Lärmgrenzwertefür die Planung von Verkehrsflughäfen zuschaffen. Sie stellte dabei zunächst diegrundsätzlichen Probleme des Fluglärm-schutzes dar, die in der Komplexität des Lärm-phänomens und der starken politisch-wirt-schaftlichen Komponente des Lärmschutzesliegen. Unter kritischer Auseinandersetzungmit der Rechtsprechung des Bundesver-waltungsgerichts zur Zumutbarkeitsschwellewerden dann für die Grenzwertsetzung Wer-tungs- und Differenzierungskriterien ent-wickelt, die einen umfassenden Lärmschutzunter Ausgleich der widerstreitenden Interes-sen ermöglichen sollen.

ATOM- UND ENERGIERECHT

Baur, Jürgen F.:Aktuelle Entwicklungen im deutschen undeuropäischen Energiewirtschaftsrecht- Problemfelder und Lösungsansätze – 2003, 198 S., 49,– €, Nomos Verlagsgesellschaft,ISBN 3-8329-0276-7

Seit der Novellierung des Energiewirtschafts-gesetzes 1998 ist die Zahl der klärungsbedürf-tigen Rechtsfragen um ein Vielfaches gestie-gen. Auf nationaler Ebene stehen zur Zeit vorallem die Verrechtlichung der Verbändever-einbarungen und die Novellierung der allge-meinen Versorgungsbedingungen im Mittel-punkt der Diskussion. Aber auch die Frage derEinführung eines Durchleitungstatbestandesfür Gas in der Energiewirtschaft ist jüngst indas Zentrum vertiefter Erörterung gerückt.Auf europäischer Ebene haben vor allem dieBestrebungen zu einem gesellschaftsrechtli-chen Unbundling für Energieversorgungsun-ternehmen zu einer kontrovers und leiden-schaftlich geführten Diskussion geführt. DerEntwicklung und den aktuellen Problemen

im deutschen und europäischen Energiewirt-schaftsrecht widmen sich die Referenten undDiskussionsteilnehmer, namhafte Fachleuteaus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft,der 31. Jahrestagung des Instituts für Energie-recht an der Universität zu Köln. Der vor-liegende Band gibt die auf der Veranstaltunggehaltenen Vorträge sowie die sich hierananschließenden Beiträge aus dem Plenumwieder und zeichnet ein ausgewogenes Bildder gegenwärtigen wissenschaftlichen Dis-kussion.

BODENSCHUTZ –UND ALTLASTENRECHT

Becker, Bernd: Bundes-BodenschutzgesetzGesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenver-änderungen und zur Sanierung von Altlasten –BBodSchG – Loseblattwerk in einem Ordner, 10. Ergänzungs-lieferung, Stand: 9/2003, ca. 1.000 S., 81,– €,Verlag R.S. Schulz,ISBN 3-796-20464-3

Infolge einiger obergerichtlicher Entschei-dungen musste der gesamte behördliche Zu-griff auf Altlasten oder schädliche Bodenver-änderungen neu erläutert werden, und zwar: – Klarstellung und Erweiterungen der Zu-

sammenhänge mit den Sanierungsuntersu-chungen und der Sanierungsplanung nach§ 13 BBodSchG

– Neubearbeitung der Kostentragungspflich-ten der Verantwortlichen nach § 24 Abs. 1BBodSchG sowie

– Ergänzungen zum Ausgleich in einerStörermehrheit nach § 24 Abs. 2 BBodSchG.

Weitere Neuerungen in der vorliegenden Er-gänzungslieferung sind:– Ergänzungen zum Ausgleich von Sonder-

opfern der Eigentümer und Inhaber dertatsächlichen Gewalt nach § 10 Abs. 2BBodSchG;

– neue Hinweise zu speziellen Methoden undVerfahren der Ermittlung und Bewertungvon Schadstoffen (in Rn. 66 zu § 2 BBod-SchG);

– Erläuterungen zum Auf- und Einbringenvon Materialien auf oder in den Boden (§ 6BBodSchG) erweitert werden und

– Hinweise auf Literatur zur guten fachlichenPraxis der Landwirtschaft (§ 17 BBodSchG).

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Buchneuersche inungen

Franzius, Volker/ Wolf, Klaus/ Brandt, Edmund/Altenbockum, Michael:Handbuch Altlastensanierung undFlächenmanagementLoseblattwerk in 5 Ordnern, 35. Ergänzungsliefe-rung, Stand 09/2003, 5.686 S., 148,– €, Hüthig Fachverlage,ISBN 3-8114-9700-6

Die 35. Ergänzungslieferung dokumentiert dieAquifersanierung mit durchströmten Reini-gungswänden (Birke/Burmeier/Rosenau), diemonetäre Bewertung von ökologischen Lastenauf Grundstücken (Großmann/Hilse/Grune-wald/Lauerwald) und das Positionspapier desDeutschen Städtetages: Strategisches Flächen-management und Bodenwirtschaft (DeutscherStädtetag).

WASSERRECHT

Erbguth, Wilfried:Änderungsbedarf im Wasserrecht – zur Um-setzung europarechtlicher Vorgaben – Rostocker Umweltrechtstag 20022003, 79 S., 18,– €, Nomos Verlagsgesellschaft,ISBN 3-8329-0113-2

Die Umsetzung der EG-Wasserrahmen-Richt-linie sowie Privatisierung und Liberalisie-rungstendenzen stellen das deutsche Wasser-recht vor grundlegende Herausforderungen.

Der Band dokumentiert den 10. RostockerUmweltrechtstag, der vom Ostseeinstitut fürSeerecht und Umweltrecht, Universität Rostock,und seinem Förderverein unter Schirmherr-schaft des Umweltministers von Mecklen-burg-Vorpommern am 19.4.2002 veranstaltetwurde. Namhafte Referenten aus der ganzenBundesrepublik bezogen vor mehr als 130Teilnehmern Stellung zu Fragen des Sustaina-bility-Konzepts im künftigen Wasserrechtund diesbezügliche Managementregeln, zuEinschränkungen des gewässerrechtlichenBewirtschaftungsermessens, zur Stärkung -zivilistischer Abwehrrechte, zum Begriff desFlussgebiets, zur bundesland- und mitglied-staatenübergreifenden Verwaltungskooper-ation, zur Einstufung von Gewässern, zurFestlegung von Zielen für den qualitäts-orientierten Gewässerschutz durch Pflege-und Entwicklungspflichten, zur Auslegungder gemeinschaftsrechtlichen Begriffe »er-heblich veränderte Gewässer«, »künstlicheGewässer« und »Wasserkörper« sowie zurLiberalisierung der Wasserwirtschaft.

Moss, Timothy:Das Flussgebiet als HandlungsspielraumInstitutionenwandel durch die EU-Wasserrah-menrichtlinie aus raumwissenschaftlichen Per-spektiven2003, 368 S., 25,90 €, Lit Verlag,ISBN 3-8258-6818-4

Dieser Sammelband beleuchtet Prozesse derInstitutionalisierung von Flussgebietsmana-gement in Gegenwart und Vergangenheit ausunterschiedlichen raumwissenschaftlichenPerspektiven und macht auf den weitreichen-den Änderungsbedarf bestehender institutio-neller Arrangements auf lokaler und regiona-ler Ebene aufmerksam. Er richtet sich an alle,die mit strategischen Fragen der Umsetzungder Wasserrahmenrichtlinie befasst sind oderregionale Institutionen erforschen.

Sander, Thomas: Ökonomie der AbwasserbeseitigungWirtschaftlicher Betrieb von kommunalen Ab-wasseranlagen2003, 320 S., 69,95 €, Springer-Verlag,ISBN 3-540-00675-3

In diesem Buch werden die relevanten öko-nomischen Fragestellungen der Abwasserbe-seitigung in einheitlicher und praxisbezoge-ner Form dargestellt. Dies ermöglicht sowohldem Anwender in Ingenieurbüro oder Behör-de als auch dem Studierenden, sich in die teil-weise als kompliziert empfundene Thematikeinzuarbeiten bzw. damit umzugehen. VieleAbbildungen und Rechenbeispiele tragenzum Verständnis bei. Zur Anwendung kom-men aktuelle Kostendaten, die dem Planer alskonkrete Entscheidungshilfe dienen. Be-standteil des Buches ist ein Rechenprogrammauf Excel-Basis, mit dem der Anwender eineEntscheidungshilfe bei der häufigen Fra-gestellung erhält, ob im Bereich der Kanalsa-nierung eine Renovierung oder eine Erneue-rung wirtschaftlich vorteilhaft ist.

NATURSCHUTZ- UND LANDSCHAFTSPFLEGERECHT

Battelfeld, Klaus-Ulrich/ Bornemann, Heino/Stecher-Löbig, Christine/ Stock, Ernst-Heinrich/Stühlinger, Peter/ Szymanski, Detlef/ Thiel, Sandra/ Weitzel, Wolfgang:Hessisches Naturschutzrecht HENatRRechts- und Verwaltungsvorschriften über Na-turschutz und Landschaftspflege in Hessen.Rechtssammlung und KommentarLoseblattwerk in einem Ordner, 12. Ergänzungs-lieferung, Stand 09/2003, 1.312 S., 86,– €,Hüthig Fachverlage,ISBN 3-8114-0966-2

Die 12. Ergänzungslieferung umfasst eineKommentierung des HENatG; neu eingefügtwurden die Einführung, die Eingriffsregelung,

die Kompensation im Wald und die Muster-Grünschutz-Satzung.

Marzik, Ulf/ Wilrich, Thomas: BundesnaturschutzgesetzKommentar2004, 800 S., 59,- €, Nomos Verlagsgesellschaft,ISBN 3-7890-8316-XDer Kommentar orientiert sich strikt an derneuen Systematik des umfassend novelliertenBundesnaturschutzgesetzes. Die Autorensetzen dabei Schwerpunkte für die Praxis dereinzelnen Bundesländer u.a. in den BereichenVerhältnis des Naturschutzes zur Land- undForstwirtschaft, Biotopverbund, Vertragsna-turschutz, Naturschutzrechtliche Eingriffs-regelung, Schutzgebietsausweisungen undeuropäisches Netz »Natura 2000«, Verträg-lichkeitsprüfung nach FFH- und Vogelschutz-richtlinie, Vereinsbeteiligung und –klage undgreifen damit bereits die Umsetzungsver-pflichtung der Länder bis zum Jahr 2005 auf.Berücksichtigt sind auch die von den Bundes-und Länderministerien, den Landesämternfür Natur- und Umweltschutz sowie die vonden Verbänden herausgegebenen Arbeits-hilfen, Leitfäden und Praxishinweise.

Meßerschmidt, Klaus: Bundesnaturschutzrecht – Kommentar undEntscheidungenLoseblattwerk in 5 Ordnern, 57. Ergänzungsliefe-rung, Stand 09/2003, 6.238 S., 168,– €, HüthigFachverlage,ISBN 3-8114-3870-0

Die 57. Ergänzungslieferung enthält eineKommentierung von § 21 BNatSchG, eineNeufassung des LandesnaturschutzgesetzesSchleswig-Holstein, die VO/EG Nr. 349/2003sowie aktuelle Entscheidungen.

FACHPLANUNGSRECHT

Jarass, Hans D.: Die Planfeststellung privater Vorhaben – Zugleich ein Beitrag zu den Grundlagen derPlanrechtfertigung, der Schutzmaßnahmenund der Ausgleichsentschädigung2003, 73 S., 12,– €, Zentralinstitut für Raum-planung an der Universität Münster,ISBN 3-88497-190-5

Vorhaben, die einer Planfeststellung bedür-fen, werden traditionell zumeist von der öf-fentlichen Hand getragen. Dies prägt den ju-ristischen Umgang mit dem Institut derPlanrechtfertigung. Gerade in jüngerer Zeitnimmt aber die Bedeutung privater Vorha-bensträger ständig zu. Das führt zu Proble-men und Unsicherheiten, weil die juristischeAnalyse des Instituts der Planfeststellung sichimmer noch an öffentlichen Trägern orien-tiert. Gelten bei privaten Trägern die gleichenVorgaben und Anforderungen wie bei Vorha-

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Buchneuersche inungen

ben der öffentlichen Hand oder sind Abwei-chungen geboten? Vor Ausgleichsentschädi-gung stellt sich diese Frage. Generell istklärungsbedürftig, welche Rolle die Unter-scheidung privatnütziger und anderer Vorha-ben spielt. Um eine gesicherte Antwort zu fin-den, analysiert die Studie Bedeutung undVoraussetzungen der Planrechtfertigung, derSchutzmaßnahmen und der Ausgleichsent-schädigung in allgemeiner Form. Dabei wer-den auch Erkenntnisse gewonnen, die für diePlanfeststellung öffentlicher Träger bedeut-sam sind. Daneben werden naturgemäß dieSonderfragen der privaten Träger behandelt.

Schoen, Hendrik:Die Planfeststellung zwischen Kontrollerlaub-nis und Planungsentscheidung – Zur Dogma-tik eines janusköpfigen Rechtsinstituts2003, 398 S., 31,– €, Zentralinstitut für Raum-planung an der Universität Münster,ISBN 3-88497-188-3

Kaum ein anderes Rechtsgebiet wird so durchdie Rechtsprechung geprägt wie das Planfest-stellungsrecht. Neben der jedenfalls ursprüng-lich geringen Dichte der gesetzlichen Rege-lungen lassen sich als Gründe hierfürinsbesondere die immensen Auswirkungenvon planfestgestellten Großvorhaben auf dieMenschen, auf die Bodennutzung sowie aufNatur und Landschaft anführen. Diese Auswir-kungen führen dazu, dass Planfeststellungsbe-schlüsse gerade mit Blick auf das Eigentums-grundrecht oder auch das Naturschutzrechtimmer wieder den Gegenstand von Entschei-dungen des Bundesverwaltungsgerichts bilden.Der dogmatische Ausgangspunkt der Recht-sprechung, der allen diesen Entscheidungen zuGrunde liegt, ist in einem fundamentalen bun-desverwaltungsgerichtlichen Urteil aus demJahr 1975 zum Neubau eines Teilabschnitts derBundesstraße 42 zu finden. In diesem Urteilwird ausgeführt, dass der Planfeststellungs-behörde eine sogenannte planerische Gestal-tungsfreiheit zustehe. Begründet wird dieserAnsatz im Wesentlichen mit einer Parallele zuder bereits zuvor entwickelten Dogmatik desBauplanungsrechts.

Noch ein weiteres Spezifikum des Planfest-stellungsrechts hat die Rechtsprechung derDogmatik des Bauplanungsrechts entliehen,nämlich die These, dass sich die planerischeGestaltungsfreiheit wesensmäßig vom her-kömmlichen Rechtsfolgenermessen unter-scheide. Während das Rechtsfolgenermessendurch einen konditionalen Normaufbau ge-kennzeichnet werde, herrsche im gesamtenPlanungsrecht – und damit auch im Planfest-stellungsrecht – eine finale Normstruktur vor.

Trotz vereinzelter Kritik in der Literatursind die Kernaussagen zur rechtlichen Stel-lung der Planfeststellungsbehörde und zumWesen der planerischen Gestaltungsfreiheit

in der Rechtsprechung weitgehend unverän-dert geblieben. Nur ganz gelegentlich klingtin gerichtlichen Entscheidungen an, dass eseigentlich der Vorhabenträger sei, dem die sogenannte planerische Gestaltungsfreiheit zu-stehe.

In der vorliegenden Untersuchung wird an-hand eines grundlegenden Vergleichs heraus-gearbeitet, wie sich die Planfeststellung unddie Plangenehmigung einerseits von anderenZulassungsentscheidungen und andererseitsvon vorgelagerten Planungsentscheidungen,mit denen keine unmittelbare Vorhabenzulas-sung einhergeht, unterscheiden. Dabei wirddeutlich, dass eine an sich gebundene Zulas-sung wie zum Beispiel die immissionsschutz-rechtliche Genehmigung weitaus mehr Paral-lelen zur Planfeststellung aufweist, als dasbisherige dogmatische Verständnis der Recht-sprechung vermuten lässt. Umgekehrt werdenwesentliche Divergenzen zwischen dem Bau-planungs- und dem Planfeststellungsrechtsichtbar, so dass auch der ursprüngliche Be-gründungsansatz des Bundesverwaltungsge-richts für die Einordnung der Planfeststellungins Wanken gerät. Auf diese Weise nimmt dieUntersuchung der Planfeststellung viel vonihrem vermeintlichen Zauber.

SONSTIGES

Jänicke, Martin/ Kunig, Philip/ Stitzel, Michael:Lern- und Arbeitsbuch UmweltpolitikPolitik, Recht und Management des Umwelt-schutzes in Staat und Unternehmen2003, 456 S., 15,20 €, Verlag J.H.W. DietzNachf. GmbH,ISBN 3-8012-0319-0

Das vorliegende Buch ist eine profunde inter-disziplinäre Einführung in alle Fragen zumThema Umwelt aus den Bereichen Politik,Recht, Wirtschaft und Management. Es gehtvon den umweltpolitischen Verhältnissen inDeutschland aus und stellt sie in die Zusam-menhänge einer globalisierten Welt. Die Au-toren analysieren die rechtlichen Grundla-gen, Optionen und Perspektiven und zeigendabei die Bedingungen, Chancen und Gren-zen einer Umweltorientierung von Unter-nehmen auf. Das Lern- und Arbeitsbuch Um-weltpolitik ist leicht verständlich geschriebenund richtet sich an ein breites Publikum.Schaubilder, Übersichten, Querverweise, ty-pographisch hervorgehobene Begriffsdefini-tionen sowie ein Glossar im Anhang ergänzendas informative Werk.

Stoll, Tobias:Sicherheit als Aufgabe von Staat und Gesell-schaftVerfassungsordnung, Umwelt- und Technik-recht im Umgang mit Unsicherheit und Risiko2003, 560 S., 109,– €, Mohr Siebeck,ISBN 3-16-147871-1

Tobias Stoll untersucht das Verfassungs-, Um-welt- und Technikrecht mit Blick auf das Risi-ko- und Risikoverwaltungsrecht und auf dieFrage, wie die Aufgabe der Gewährleistungvon Sicherheit zwischen Staat und Gesell-schaft verteilt ist. Er untersucht den Bereichder inneren Sicherheit, den Arbeitsschutz, dasAnlagen-, Atom- und Gentechnikrecht sowiedas Recht der Produktsicherheit mit dem Le-bensmittel- und Arzneimittelrecht. Dabeigeht er von zwei aktuellen sich schneidendenverfassungsrechtlichen Diskussionslinien aus.Einerseits werden mit einem als Staatsaufgabeformulierten Begriff der Sicherheit Pflichtenund Befugnisse des Staates akzentuiert. Ande-rerseits werden Zweifel an der Steuerungs-und Leistungsfähigkeit des Staates laut. Sieführen zur Forderung nach einer Verlagerungvon Aufgaben auf die Gesellschaft und ihreMitglieder.

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Zei t schr i f tenschau

Die nachfolgende Übersicht erfasst die umwelt-rechtliche Aufsatzliteratur des Erscheinungszeit-raumes bis zum 15.12.2003. Sie schließt unmit-telbar an die Zeitschriftenschau in ZUR 1/04 an.Einzelne Abweichungen sind durch die Erschei-nungsweise und Erreichbarkeit der Zeitschriftenbedingt. (Siehe hierzu die Liste auf der letzten Sei-te des Heftes)In folgenden Rubriken wurden keine Veröffentli-chungen im Berichtszeitraum nachgewiesen:Gefahrstoff- und Produktrecht.

Verfahrens- und Verfassungsrecht

Bodewig, Thomas: Die offene Methode der Koor-dinierung in der EU, der Lissabon-Prozess und derVerfassungskonvent. EuZW 2003, S. 513.

Bönsel, André/Hönig, Dietmar: Kritische Analyseder Klagemöglichkeiten der Naturschutzvereine.NuR 2003, S. 677-679.

Huber, Peter M.: Das institutionelle Gleichgewichtzwischen Rat und Europäischem Parlament in derkünftigen Verfassung für Europa. EuR 2003, S. 574-599.

Meyer, Jürgen/Hölscheidt, Sven: Die EuropäischeVerfassung des Europäischen Konvents. EuZW2003, S. 613-621.

Schwarze, Jürgen: Ein pragmatischer Verfassungs-entwurf – Analyse und Bewertung des Entwurfs ei-nes Vertrages über eine Verfassung für Europa. EuR2003, S. 535-573.

Tettinger, Peter J.: Ein Schritt in die richtige Rich-tung, aber... – Anmerkungen zum Konventsentwurfeines Vertrages über eine Verfassung für Europa.NWVBl. 2003, S. 414-417.

Wägenbaur, Bertrand: Die Europäische Verfassung,(k)ein Platz für abendländliche Werte? EuZW 2003,S. 609.

Wuermeling, Joachim: Europa neu verfassen – ZumStand der Arbeiten des EU-Verfassungskonvents.BayVBl. 2003, S. 193-195.

Recht der UVP

Schink, Alexander: Umweltverträglichkeitsprüfung– Verträglichkeitsprüfung – naturschutzrechtlicheEingriffsregelung – Umweltprüfung. NuR 2003, S.647-654.

Stollmann, Frank: Umweltverträglichkeitsprüfungim Bauplanungsrecht. NuR 2003, S. 596-592.

EG- und Internationales Umweltrecht

Delvaux, Bram: Shout to the Top: EnvironmentalLiability of Companies and Directors under Belgianand UK Law. EELR 2003, S. 273-283.

Jans, Jan H./von der Heide, Ann-Kathrin: Lücken-hafter Individualrechtschutz im Europäischen Um-weltrecht – Eine Bestandsaufnahme der Rechts-sprechung des EuGH. ZUR 2003, S. 390-394.

Meißner, Christian/Köppel, Johann: Umwelt .undNaturschutz in Russland – Recht und Umsetzung imTransformationsprozess. NuL 2003, S. 468-475.

Peine, Franz-Joseph/Samsel, Anna: Die Europäisie-rung des Umweltrechts und seine deutsche Umset-zung. EWS 2003, S. 297-308.

Seiichi, Tomako/Gakuin, Seinan: Zu den Entwick-lungstendenzen des japanischen Umweltrechts.UPR 2003, S. 411-415.

Unnerstall, Herwig: Der Schutz von Auen nach derEU-Wasserrahmenrichtlinie und dem Bundesnatur-schutzgesetz – ein Vergleich. NuR 2003, S. 667-677.

Umweltprivatrecht

Agena, Carl-August: Verkehrssicherungspflichten inder freien Landschaft. NuR 2003, S. 654-663.

Nickel, Thomas/Kopf, Hannes: Abwasserbeseiti-gung in privater Hand? ZUR, S. 401-407.

Umweltstrafrecht

Beckemper, Katharina/Wegner, Carsten: Der An-fallbegriff – Geltung des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG im Abfallstrafrecht. wistra 2003, S. 281-285.

Hager, Günter: Haftung für reine Umweltschäden.NuR 2003, S. 581-585.

Leifer, Christoph: Der Richtlinienentwurf zur Um-welthaftung: internationaler Kontext, Entstehungund öffentlich-rechtliche Dimension. NuR 2003, S.598-605.

Mackenthun, Matthias/Jaeschke, Lars: Der sorgloseUmgang mit Asbest und dessen strafrechtlicheSanktion. ZUR 2003, S. 408-410.

Allgemeines Umweltrecht

App, Michael: Neue Rechtsentwicklungen zur An-erkennung von Rückstellungen für umweltgerech-tes Verhalten von Gewerbebetrieben. GewArch2003, S. 417.

Hendler, Reinhard: Die bundesverwaltungsgericht-liche Rechtsprechung zur regionalplanerischenSteuerung der Windkraftnutzung. UPR 2003, S.401-406.

Reinbolz, Andreas/Plieninger, Tobias/Konold, Wer-ner: Wald oder Weidfeld? Einfache Feld- und Archi-vmethoden zur Analyse der Landschaftsgeschichtedes Schwarzwalds. NuL 2003, S. 463-467.

Sieben, Peter: Was bedeutet Nachhaltigkeit alsRechtsbegriff? NVwZ 2003, S. 1173-1176.

Welge, Axel: Aktiver Umweltschutz verbessert dieLebensqualität. Städtetag 2003, Heft 10, S. 43-46.

Winkler, Martin: Die neue Betreiberpflicht, Klima-schutz und Emissionshandel. ZUR, S. 395-400.

Immissionsschutzrecht

Möckel, Stefan: Möglichkeiten Deutschlands zurReduzierung der Rußemissionen von Dieselfahr-zeugen. UPR 2003, S. 377-382.

Reuter, Alexander: Grund- und Grundrechtsmängeldes CO2-Emissionshandels in der EU. RdE 2003, S.

262-268.

Vierhaus, Hans-Peter/Körner, Raimund: Handel mitTreibhausgasemissionsrechten: EU-Richtlinienent-

wurf, Umsetzung und Problemschwerpunkte. DB2003, S. 2587-2589-

Atom- und Energierecht

Herrmanns, Caspar David: Planungssicherheit imEnergiewirtschaftsrecht. DVBl. 2003, S. 1255-1256.

Kühne, Gunther: Versagungsermessen und Atom-ausstieg. DVBl. 2003, S. 1361-1365.

Kuxenko, Michael: Zum Verhältnis von Wettbewerbund Gemeinwohlzielen im Energiewirtschaftsge-setz. UPR 2003, S. 373-377.

Lecheler, Helmut/Gundel, Jörg: Ein weiterer Schrittzur Vollendung des Energie-Binnenmarktes: Die Be-schleunigungs-Rechtsakte für den Binnenmarkt fürStrom und Gas. EuZW 2003, S. 621-628.

Gentechnikrecht

Dederer, Hans-Georg: Verfahrenskonkretisierungim Verfassungsneuland: das Stammzellengesetz. JZ2003, S. 986-994.

Enders, Christoph: Würde- und Lebensschutz imKonfliktfeld von Biotechnologie und Fortpflan-zungsmedizin. Jura 2003, S. 666-674.

Verkehrsrecht

Koch, Hans-Joachim/Wieneke, Annette: Umwelt-probleme des Luftverkehrs. NVwZ 2003, S. 1153-1168.

Abfallrecht

Beckmann, Martin/Gesterkamp, Stefan: Vergabe-rechtliche Aspekte der kommunalen Gemein-schaftsarbeit in der Abfallwirtschaft (2). AbfallR2003, S. 279-284.

Dörr, Oliver: Zu den gesetzlichen Grenzen gewerb-licher Hausmüllverwertung (§ 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3KrW-/AbfG). DÖV 2003, S. 838-846.

Krahnefeld, Lutz: Anforderungen des Abfallrechtsan die Stilllegung von Siedlungsabfalldeponien. Ab-fallR 2003, S. 262-269.

Lenz, Carl Otto/Ebsen, Peter: Die Abfallwirtschaft inder Rechtssprechung des Gerichtshofes der Euro-päischen Gemeinschaften. EWS 2003, S. 345-355.

Lepsius, Oliver: Vom Abfall zum Produkt. NVwZ2003, S. 1182-1188.

Neun, Andreas/ Stevens, Berthold: Nebenerzeug-nisse und Produktionsrückstände des Kraftwerks-Betriebs – Produkte oder Abfälle? AbfallR 2003,S. 292-298.

Oexle, Anno: Das Verhältnis von EG-Abfallverbrin-gungsverordnung und EG-Vertrag nach der Ent-scheidung DaimlerChrysler. AbfallR 2003, S. 284-289.

Queitsch, Peter: Die Gewerbeabfall-Verordnung imBlickwinkel der Rechtssprechung. AbfallR 2003, S. 289-292.

Siederer, Wolfgang/Nicklas, Cornelia: Vollzugspro-bleme der Abfallablagerungsverordnung und derDeponieverordnung. AbfallR 2003, S. 269-274.

Spengler, Peter: Flexibilisierung der Anforderungenan die Oberflächenabdichtung von Hausmülldepo-nien. AbfallR 2003, S. 274-279.

127ZUR 2/2004

ZEITSCHRIFTENSCHAU

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Zei t schr i f tenschau

Werres, Stefan: Der Vorladebeschluss des OVGRheinland-Pfalz zur grenzüberschreitenden Ver-bringung von Abfällen zur Verwertung: Gemein-schaftsrechtliche Analyse. UPR 2003, S. 424-426.

Bodenschutz- und Altlastenrecht

Peine, Franz-Joseph: Die Kritik am Bundes-Boden-schutzgesetz – nach fünf Jahren revisited. UPR2003, S. 406-410.

Wrede, Sabine: Die bodenschutzrechtliche Kon-zernhaftung nach BBodSchG im Lichte der »BremerVulkan«-Entscheidung des BGH. NuR 2003, S. 593-598.

Wasserrecht

Ehlers, Peter: Grundgesetz und Meer. NordÖR2003, S. 385-391.

Reinhardt, Michael: Retentionsflächen und Eigen-tum – Zur wasserrechtlichen Planfeststellung vonDeichverlegungen. ZfW 2003, S. 193-212.

Naturschutz- und Landschaftspflege-recht

Frenz, Walter: Naturschutzrechtliche Rahmen-bedingungen der Wismut-Sanierung. LKV 2003, S. 441-446.

Hönes, Ernst-Rainer: Denkmalpflege und Natur-schutz am Beispiel historischer Gärten in Nord-rhein-Westfalen. VR 2003, S. 375-382.

Jessel, Beate/Szaramowicz, Martin: MethodischeBausteine zur Umsetzung naturschutzfachlicher An-forderungen in regionalen Flächenpools. NuL2003, S. 516-526.

Kracht, Volker/Morissey, Christoph/Schenk, Winfried:Naturschutz und historische Kulturlandschaft – zurIntegration geschichtlicher Aspekte in Planung undManagement von Naturschutzgebieten. NuL 2003,S. 527-533.

Louis, Hans Walter/Weihrich, Dietmar: Das Verhält-nis der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zuden speziellen Artenschutzverordnungen der FFH-und der Vogelschutzrichtlinie. ZUR 2003, S. 385-398.

Meyer, Frank/Brozio, Fritz/Ghasche, Jan/ MünchAlbrecht: Naturschutz und Teichwirtschaft –Bewertungs- und Planungsansätze des Natur-schutzgroßprojekts « Teichgebiete Niederspree-Hammerstadt« (Sachsen). NuL 2003, S. 445-454.

Netz, Joachim: Das Grundstückverkehrsgesetz undFlächenansprüche des Naturschutzes und Umwelt-schutzes. NuR 2003, S. 663-667.

Piechocki, Reinhard: Die »Stiftung Naturschutzge-schichte« auf dem Drachenfels. NuL 2003, S. 534-540.

Rosenthal, Gert: Bedeutung evolutionsbiologischerProzesse für Landschaftsplanung und Naturschutz.NuL 2003, S. 497-506.

Fachplanungsrecht

Repkewitz, Ulrich: Kettenkonzentration – ein Phan-tom? – Zur Reichweite der Konzentrationswirkungin der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung (§ 9Abs. 1 LuftVG). UPR 2003,S. 420-423.

Sonstiges

Glinski, Carola/Rott, Peter: Umweltfreundlichesund ethisches Konsumverhalten im harmonisiertenKaufrecht. EuZW 2003, S. 649-654.

Jeinsen, Ulrich: Die Agrarreform 2003 – Konse-quenzen für die Vertragsgestaltung. AgrarR 2003,S. 293-297.

Jung, Steffen: Planänderungsabsicht als Ermessens-erwägung im Rahmen der Befreiungsentschei-dung. BauR 2003, S. 1509-1512.

Kukk, Alexander: Über den Antennen ist Ruh´ –Hilflosigkeit kommunaler Planung gegenüberMobilfunk-Antennenwäldern. BauR 2003, S. 1505-1509.

Riemer, Boris: Spediteur und Lagerhalter alsLebensmittel- und Futtermittelunternehmer. Trans-portR 2003, S. 332-333.

ZUR 2/2004128

AcP = Archiv für die civilistische Praxis 5/03 – AbfallR = Abfallrecht 6/03AfK = Archiv für Kommunalwissenschaften 3/03 – AgrarR = Agrarrecht11/03 – AKP = Alternative Kommunalpolitik 6/03 – altlasten-spektrum5/03 – AnwBl = Anwaltsblatt 11/03 – AöR = Archiv des öffentlichenRechts 3/03 – ARSP = Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 4/03 –AVR = Archiv des Völkerrechts 3/03 – BauR = Baurecht 11/03 – BayVBl. =Bayerische Verwaltungsblätter 22/03 – BB = Betriebs-Berater 48/03 –BodSch = Bodenschutz 4/03 – CMLR = Common Market Law Review6/03 – DB = Der Betrieb 49/03 – DÖV = Die öffentliche Verwaltung22/03 – DVBl. = Deutsches Verwaltungsblatt 22/03 – DVP = DeutscheVerwaltungspraxis 12/03 – DZWiR = Deutsche Zeitschrift für Wirt-schaftsrecht 10/03 – EELR = European Environmental Law Review12/03 – EJIL = European Journal of International Law 4/03 – ELNI = ELNI-Newsletter 2/03 – ELR = European Law Review 5/03 – et = Energiewirt-schaftliche Tagesfragen 12/03 – EuGRZ = Europäische Grundrechte-Zeit-schrift 17-20/03 – EuR = Europarecht 4/03 – EuZW = EuropäischeZeitschrift für Wirtschaftsrecht 23/03 – EWS = Europäisches Wirtschafts-& Steuerrecht 11/03 – GewArch = Gewerbearchiv 10/03 – ImmSch =Immissionsschutz 3/03 – JA = Juristische Arbeitsblätter 11/03 – JEL = Jour-nal of European Law — Winter 03 – JEPP = Journal of European PublicPolicy 5/03 – JR = Juristische Rundschau 11/03 – Jura = Juristische Aus-bildung 11/03 – JuS = Juristische Schulung 11/03 – JZ = Juristenzeitung22/03 – KA = KA-Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall 12/03 – KGVR =KGV-Rundbrief 3/03 – KJ = Kritische Justiz 3/03 – KritV = Kritische Vier-teljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 2/03 – LKV =Landes- und Kommunalverwaltung 10/03 – MDR = Monatsschrift fürDeutsches Recht 22/03 – MM = Müllmagazin 3/03 – Müll&Abf = Müllund Abfall 11/03 – NdsVBl. = Niedersächsische Verwaltungsblätter10/03 – NJ = Neue Justiz 11/03 – NJW = Neue Juristische Wochenschrift49/03 – NordÖR = Zeitschrift für norddeutsches öffentliches Recht10/03 – NStZ = Neue Zeitschrift für Strafrecht 11/03 – NuL = Natur undLandschaft 12/03 – NuR = Natur und Recht 11/03 – NVwZ = Neue Zeit-

Ausgewertete Zeitschriften

schrift für Verwaltungsrecht 11/03 – NWVBl. = Nordrhein-WestfälischeVerwaltungsblätter 11/03 – NZBau = Neue Zeitschrift für Baurecht undVergaberecht 12/03 – NZS = Neue Zeitschrift für Sozialrecht 11/03 –NZV = Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 11/03 – osteuR = osteuropa-Recht 5/03 – RdE = Recht der Energiewirtschaft 11/03 – Rechtstheorie= Zeitschrift für Logik, Methodenlehre, Normentheorie und Soziologiedes Rechts 4/03 – RIW = Recht der internationalen Wirtschaft 6/03 –RJE = Revue Juridique de l’ environnement 4/03 – Sächs.VBl. = Sächsi-sche Verwaltungsblätter 11/03 – Staat = Der Staat 3/03 – Städtetag =Der Städtetag 10/03 – StuG = Stadt und Gemeinde 11/03 – StV = Straf-verteidiger 11/03 – ThürVBl. = Thüringische Verwaltungsblätter 11/03– TransportR = Transportrecht 10/03 – UPR = Umwelt- und Planungs-recht 12/03 – UVP-Report = UVP-report 11/03 – VBlBW = Verwal-tungsblätter Baden-Württemberg 11/03 – VersR = Versicherungsrecht34/03 – Verw = Die Verwaltung 3/03 – VerwArch. = Verwaltungs-Ar-chiv 4/03 – VR = Verwaltungsrundschau 11/03 – WiRO = Wirtschaft undRecht in Osteuropa 11/03 – wistra = Zeitschrift für Wirtschaft SteuerStrafrecht 9/03 – WiVerw = Wirtschaft und Verwaltung 4/03 – ZaöRV =Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 3/03 –ZAU = Zeitschrift für Angewandte Umweltforschung 3/03 – ZEuP = Zeit-schrift für Europäisches Privatrecht 4/03 – ZEuS = Zeitschrift für Europa-rechtliche Studien 3/03 – ZfB = Zeitschrift für Bergrecht 3/03 – ZfBR =Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht 8/03 – ZfRS = Zeit-schrift für Rechtssoziologie Juli 03 – ZfU = Zeitschrift für Umweltpolitikund Umweltrecht 3/03 – ZfW = Zeitschrift für Wasserrecht 4/03 – ZG =Zeitschrift für Gesetzgebung 3/03 – ZIP = Zeitschrift für Wirtschaftsrecht48/03 – ZLR = Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht 3/03 – ZLW= Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht 3/03 – ZNER = Zeitschrift fürNeues Energierecht 4/03 – ZRP = Zeitschrift für Rechtspolitik 11/03 –ZStW = Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 3/03 – ZUR= Zeitschrift für Umweltrecht Sonderheft 6/03

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VZUR 2/2004

kann bis zum 30. September eines Jahres gekündigt werden, ansonstenverlängert es sich um ein Kalenderjahr. Ein ZUR-Jahresabonnement kostetfür Mitglieder des Vereins für Umweltrecht 99,– €, für Nichtmitglieder134,– €. Studenten-Abo: Für Mitglieder des Vereins für Umweltrecht49,– €, für Nicht-Mitglieder 89,– €. (Bitte Studienbescheinigung einsenden).Alle Preise verstehen sich incl. MwSt. zzgl. Versand. Preisänderungenbleiben vorbehalten. Bezahlung bitte nach Rechnungserhalt. Bitte teilenSie Adressänderungen mit, da die ZUR nicht von einem postalischenNachsendeauftrag erfaßt wird. Bankverbindung: Sparkasse Baden-Baden, Konto.-Nr. 5002266, BLZ 66250030, Postbank, Konto.-Nr.73636-751, BLZ 66010075, Volksbank Baden-Baden, Konto.-Nr.107806, BLZ 66290000 Manuskripte: Einsendungen für den Aufsatz-und Berichtsteil werden an die Schriftleitung (Prof. Dr. Wolfgang Köck,Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Tel.:0341/235-3140, Email: [email protected]) oder an die angegebeneRedaktionsadresse erbeten. Für Manuskripte, die unaufgefordert einge-sandt werden, wird keine Haftung übernommen. Die Annahme zur Ver-öffentlichung muß schriftlich erfolgen. Copyright: Die ZUR und die dar-in enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch fürdie veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und Leitsätze, soweit sie vomEinsender oder von der Redaktion erarbeitet oder redigiert worden sind.Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes istohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig. Das gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Ver-arbeitung in elektronischen Systemen. Namentlich gekennzeichnete Be-iträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

ImpressumHerausgeber und Redaktion: Verein für Umweltrecht e.V. c Große Fischerstr. 5 c 28195 Bremen cTel. 0421/33 54 143 c Fax: 0421/33 54 141 cE-Mail: [email protected]

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Redaktion: Dr. Katja Böttger – Prof. Dr. Christian Calliess – Priv. Doz. Dr.Andreas Fisahn – RA Dr. Harald Ginzky – Carola Glinski – Dr. Ekkehard Hofmann – Jan Karstens – Dr. Malte Kohls – Dr. Silke R. Laskowski – Christian Maaß – RA Dr. Peter Schütte –Prof. Dr. Bernhard Wegener – Dr. Cornelia Ziehm

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Prof. Dr. Wolfgang Köck

Verlag:Nomos-Verlagsgesellschaft c Waldseestr. 3-5 c 76520 Baden-Baden cTelefon (07221) 2104-0 c Fax: (07221) 2104-27

Satz und Layout: Nomos Verlagsgesellschaft Vertrieb und Aboverwaltung: Nomos Verlagsgesellschaft Abo-Service: Tel. 07221/2104-39 Fax: 07221/2104-43. Erscheinungsweise der ZUR: 6 Ausgaben pro Jahr.Bestellungen und Bezugspreise: Bestellungen richten Sie bitte an dieNomos-Verlagsgesellschaft. Das Abo beginnt bei Bestellung. Das Abo

BundesnaturschutzgesetzKommentarVon Ulf Marzik, Dozent FU Berlin und RA Dr. Thomas Wilrich2004, XXX, 770 S., geb., 59,– €,ISBN 3-7890-8316-X

Planungsvorhaben und Bauprojekte sind nicht realisierbar, ohne dass widerstreitendesNaturschutzrecht zu prüfen ist. Die Instrumente zur Verwirklichung von Naturschutzsind reichhaltig: konkreter Schutz bestimmter Gebiete, allgemeiner Schutz der ge-samten Landschaft, Planungsverfahren, vorsorgliche Einbeziehung von Naturschutz-interessen.Zum ersten Mal seit seinem Erlass ist wegen der rasch fortschreitenden Rechtsent-wicklung das BNatSchG umfassend novelliert worden. Der Kommentar stellt diezahlreichen Neuregelungen dar und erläutert die alten Vorschriften unter Heran-ziehung der bisher hierzu veröffentlichten Rechtsprechung und Literatur.Die Autoren setzen dabei Schwerpunkte für die Praxis der einzelnen Bundesländer u.a.in den Bereichen� Verhältnis des Naturschutzes zur Land- und Forstwirtschaft� Biotopverbund� Vertragsnaturschutz� Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung� Schutzgebietsausweisungen und europäisches Netz »Natura 2000«� Verträglichkeitsprüfung nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie� Vereinsbeteiligung und -klageund greifen damit die bis zum April 2005 zu erfüllenden Umsetzungsverpflichtungender Länder auf.

Ulf Marzik / Thomas Wilrich

Kommentar

Nomos

Bundesnaturschutzgesetz

Nomos76520 Baden-Baden

Bundesnaturschutzgesetz

R*

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ZUR 2/2004VI

22. UND 23. MÄRZ 2004

Köln

Liberalisierung in der Wasserwirtschaft?

Fachtagung in Kooperation von: Deutsches Institut für Urbanistik , DST, VKU

Kann die Ressource Wasser liberalisiert wer-den wie Strom, Gas oder Telekommunika-tion? Sind nicht vielmehr Wasserver- undAbwasserentsorgung regional gebunden undauch technische sowie qualitative Aspektezu berücksichtigen?

Privatisierungs- und Liberalisierungsbefür-worter setzen im Kern bei der kommunalenVerantwortung an, die bei Wasser und Ab-wasser zwar unterschiedlich ausgeprägt ist,aber als Wettbewerbshemmnis beseitigtwerden soll: Derartige Monopole seien in-effektiv, sie verhinderten wettbewerbsför-dernde Strukturen und damit Weltmarkt-chancen einer deutschen Wasserwirtschaft.Die Gegner machen dagegen vor allem gel-tend, dass Trinkwasser das LebensmittelNr. 1 ist, dessen bisherige Qualitätsstandardsnach der Liberalisierung durch eine staat-liche Regulierung und Kontrolle gesichertwerden müssten. »Wettbewerb im Markt«und »Wettbewerb um den Markt« erfordernauch Lösungen ökonomischer und ökologi-scher Probleme, die nicht durch pauschaleVerweise auf das Vertrauen in die Markt-kräfte übergangen werden können. Zudemwird der Zusammenhang zwischen Daseins-vorsorge, kommunaler Selbstverwaltungund kommunalwirtschaftlicher Betätigungbisher zu wenig beachtet. Folgende Schwer-punkte sind zu diskutieren:– Welche Erfahrungen wurden in anderen

europäischen Ländern gemacht? Waskann Deutschland daraus lernen?

– Inwieweit ist zu befürchten, dass durch dieLiberalisierung in Zukunft Gesundheits-und Umweltbelange privaten Gewinnin-teressen untergeordnet werden?

– Welche Anforderungen sind aus Sicht derKommunen und kommunalen Unterneh-men an eine Modernisierung der Wasser-wirtschaft zu stellen?

– Können durch die Intensivierung inter-kommunaler Kooperationen in den Regio-nen Effizienzsteigerungen und damit auchKostenvorteile erzielt werden?

– Welche Interessenkonflikte bestehen zwi-schen Kommunen und Unternehmen?Wie können sie gelöst werden?

Anmeldung: Deutsches Institut für Urbani-stik, Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin,Rosa Hackenberg, Tel.: 030/39001-259, e-mail: [email protected], Bettina Leute,Tel.: 030/39001-258, e-mail: [email protected].

Weitere Informationen: www.difu.de.

Termine:

22. UND 23. APRIL 2004

Berlin

Die neue Europäische Union und die Um-weltpolitik

Die Europäische Union wird größer. Am 1.Mai 2004 treten zehn neue Länder demStaatenbund bei, der damit auf 25 Mitgliederwächst. Neben Zypern und Malta gehörenacht mittel- und osteuropäische Staaten zuden Beitrittsländern, weshalb auch von derOsterweiterung der EU gesprochen wird.Niemand bezweifelt, dass Europa in vielerleiHinsicht Veränderungen bevorstehen. Dochwelche Folgen hat die Erweiterung für dieUmweltpolitik in den neuen und den altenLändern?

Als das führende unabhängige Umweltfor-schungsinstitut widmet sich das Öko-Insti-tut e.V. bei seiner internationalen Jahres-tagung diesem Thema.

WissenschaftlerInnen des Instituts sowiezahlreiche ReferentInnen werden in Vor-trägen, Workshops und Diskussionen dieOsterweiterung aus umweltpolitischer Sichtbehandeln. Wie entwickelt sich die europäi-sche Energie- und Klimapolitik? Können dieBeitrittsländer die Umweltstandards der EUerfüllen? Eines der großen Konfliktfelder istder Agrarbereich. Welche Rolle spielt dabeider Einsatz von Gentechnik? Werden dieMöglichkeiten für eine strengere euro-päische Umweltpolitik durch die Erweite-rung größer oder ist das Gegenteil der Fall?Auf diese und viele weitere Fragen erhaltendie TeilnehmerInnen bei der Tagung Ant-worten. Der Blick soll dabei nicht nur vonWest nach Ost gehen, sondern auch in dieentgegengesetzte Richtung.

Anmeldung: Öko-Institut e.V., Geschäftsstel-le Freiburg, Postfach 6226, 79038 Freiburg,Romy Klupsch, Tel.: 0761 / 45 2 95 – 0, Fax: 0761 / 47 54 37, e-mail: [email protected],Internet: www.oeko.de/veranstaltungen.htm.

22. UND 23. APRIL 2004

Leipzig

9. Leipziger Umweltrechts-Symposion»Rechtliche Aspekte des vorbeugendenHochwasserschutzes«

Am 22. und 23. April 2004 veranstaltet dasInstitut für Umwelt- und Planungsrecht derUniversität Leipzig zusammen mit demSächsischen Staatsministerium für Umweltund Landwirtschaft, der Stadt Leipzig, demUFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle und dem Hochwasserforschungs-zentrum Dresden sein 9. Leipziger Umwelt-rechtssymposion, das dem Thema »Recht-liche Aspekte des Hochwasserschutzes«

gewidmet ist. Erörtert werden der aktuelleDiskussionsstand des Hochwasserschutz-rechts in Bund und Ländern (MinR Dall-hammer, Dresden), umweltrechtliche Fra-gen bei der Durchführung des Hochwasser-schutzes (Prof. Dr. Köck und RA Prof. Dr.Dammert, beide Leipzig), enteignungsrecht-liche und staatshaftungsrechtliche Aspektedes Hochwasserschutzes (Prof. Dr. Rein-hardt, Trier), fachplanungsrechtliche undraumordnungsrechtliche Bezüge (RA Prof.Dr. Stüer, Münster/Osnabrück), Finanzie-rungsfragen einschließlich abgabenrechtli-cher Probleme (RA Prof. Dr. Salzwedel,Köln/Bonn) und Probleme des grenzüber-schreitenden Hochwasserschutzes (MinRMalek, Bonn). Am zweiten Tagungstag isteine Podiumsdiskussion zum Thema »Hoch-wasserschutz – aber wie?« mit Vertreternder Hochwasserforschung, der Administra-tion, der Planungspraxis, der Versicherungs-wirtschaft, der Kommunen, der Landwirt-schaft und des Naturschutzes geplant.

Das Direktorium des Instituts für Umwelt-und Planungsrecht der Universität lädt, zu-gleich auch im Namen der Mitveranstalter,sehr herzlich zur Teilnahme an dem Sympo-sion ein.

Anmeldungen bis zum 13. April 2004 an dieUniversität Leipzig, Juristenfakultät, Institutfür Umwelt- und Planungsrecht, Prof. Dr.Martin Oldiges, Postfach 10 09 20, 04009Leipzig, Fax 0341/9735139, e-mail: [email protected] erbeten.

Weitere Informationen erhalten Sie unterwww.uni-leipzig.de/upr bzw. telefonisch un-ter 0341/9735130.

7. – 9. JUNI 2004

Berlin

Steuerungsmöglichkeiten kommunaler Um-weltpolitik im »Konzern Stadt«

Kommunale Unternehmen waren und sindein wichtiges Instrument zur Umsetzungpolitischer Ziele in Kommunen. Insbeson-dere mit Unternehmen in den »klassischen«Aufgabenbereichen kommunaler Daseins-vorsorge wie Energie und Wasser sowieÖPNV wurden auch umweltpolitische Ziel-setzungen verfolgt. So wären kommunaleEnergieversorger wichtige Akteure zur Um-setzung lokaler Klimaschutzpolitik. Dieseunterliegen seit einigen Jahren jedoch einemWandel: Liberalisierung und Privatisierungöffentlicher Aufgaben sind Ausdruck einerstärkeren Marktorientierung. Im Zuge vonAusgliederungen erlangen kommunale Un-ternehmen im »Konzern Stadt« mehr Unab-hängigkeit von kommunalpolitischer Ein-

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flussnahme. Zudem stehen Kommunen undihre Betriebe heute verstärkt im Wettbewerbmit privaten Unternehmen. ÖffentlicheZiele wie der Umweltschutz werden so in zu-nehmendem Maße wirtschaftlichen unter-geordnet. Somit verändern sich auch dieHandlungsoptionen und Steuerungsmög-lichkeiten für die kommunale Umweltpoli-tik. Die Kooperation mit lokalen Akteurenaußerhalb der Verwaltung z.B. gewinnt hier-bei ebenso zunehmend an Bedeutung wiedie Beteiligungssteuerung.

In dem Seminar, in dem unter anderem Er-gebnisse aus dem interdisziplinären For-schungsverbund »networks« präsentiertwerden, sollen die mit den verändertenumweltpolitischen Handlungsspielräumenverbundenen Risiken und Chancen aufge-zeigt und mit Vertretern der kommunalenPraxis diskutiert werden. Folgende Schwer-punkte sind zu thematisieren:– Welche veränderten Anforderungen erge-

ben sich im »Konzern Stadt« für Umwelt-verwaltungen?

– Welche Erfahrungen bestehen hinsicht-lich der Kooperation mit lokalen Akteurenaus den Bereichen Umwelt und Wirt-schaft?

– Wie lassen sich Umweltaspekte in die stra-tegische Steuerung kommunaler Beteili-gungen integrieren?

– Wie könnte etwa die Vernetzung zwischendem Umweltamt und der Beteiligungs-steuerung funktional organisiert werden?

Anmeldung: Deutsches Institut für Urbani-stik, Straße des 17. Juni 112, 10623 Berlin,Rosa Hackenberg, Tel.: 030/39001-259, e-mail: [email protected], Bettina Leute,Tel.: 030/39001-258, e-mail: [email protected].

Weitere Informationen: www.difu.de.

Hinweis:

Im Rahmen seines Projektes »Maßnahmengegen Verkehrslärm« hat der VerkehrsclubDeutschland (VCD) sieben Workshops zuden verschiedensten Aspekten der Bekämp-fung von Verkehrslärm durchgeführt. Dieüber 50 Experten-Vorträge im Rahmen dieserTagungen stehen als Download-Angebote aufder Internet-Seite des VCD (www.vcd.org)unter dem Pfad »Themen/Verkehrslärm/Workshopreihe«) zur Verfügung.

Das System der Recht-setzungskompetenzender EuropäischenGemeinschaft und derEuropäischen UnionVon Christiane Trüe2002, 653 S., brosch., 98,– €,ISBN 3-7890-8116-7(Schriftenreihe Europäisches Recht,Politik und Wirtschaft, Bd. 282)

Wieviel Rechtsetzungskompetenzen soll dieUnion/Gemeinschaft haben? In welchen Sach-bereichen – auch Bildung und Kultur? Fürwelche Ziele – auch für den Umweltschutz? Sollsie ganze Sachgebiete erschöpfend regelndürfen? Wieviel Einfluss hat das EuropäischeParlament? Hat ein Mitgliedstaat ein Veto-recht? Die Artikel der Verträge über die Kompe-tenzen überschneiden sich vielfach. Darausfolgende Streitigkeiten in Politik und Rechts-anwendung muß letztlich der EuGH ent-scheiden. Dieses Werk entwickelt ein Systemder Kompetenzen und zeigt, warum die bishergefundenen Lösungen die berechtigte Forde-rung des EuGH, die Kompetenzwahl müsse aufobjektiven, gerichtlich nachprüfbaren Faktorenberuhen, nicht erfüllen können. Solange dasheutige Kompetenzsystem gilt, sollte statt-dessen die Kompetenzwahl aufgrund einer ausdem System der Kompetenzen folgenden Kom-petenzhierarchie erfolgen. Die Verfasserin waran den Universitäten Göttingen, Marburg, EastAnglia (Norwich/England) tätig und ist jetztwieder nach Göttingen zurückgekehrt. Sie be-fasst sich seit mehr als 10 Jahren wissenschaft-lich vor allem mit europäischem Verfassungs-und Verwaltungsrecht und ist bereits durchVeröffentlichungen ausgewiesen.

SchriftenreiheEuropäisches Recht, Politik und Wirtschaft

Das System der Rechtsetzungskompetenzender Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Union

Christiane Trüe

Nomos VerlagsgesellschaftBaden-Baden

TrüeDas System derRechtsetzungskompetenzen derEuropäischen Gemeinschaft undder Europäischen Union2002, 653 S., brosch., 98,– €,ISBN 3-7890-8116-7

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Das System der Rechtsetzungskompetenzen der Europäischen Gemeinschaft und derEuropäischen Union

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Eine vorzügliche Gesamtleistung!

Handbuch zum europäischen und deutschen UmweltrechtHerausgegeben von Professor Dr. Hans-Werner Rengeling

2. Auflage

Band I: Allgemeines Umweltrecht2003. LV, 1.819 Seiten.Leinen € 158,-ISBN 3-452-25121-7

Band II: Besonderes Umweltrecht1. Teilband: Rechtlich geregelte Bereiche des Umweltschutzes

2003. LVI, 1.321 Seiten.Leinen € 158,-ISBN 3-452-25121-7

Band II: Besonderes Umweltrecht2. Teilband: Umweltschutz in Querschnittsbereichen und rechtspolitischer Gesamtausblick

2003. LVI, 1.019 Seiten.Leinen € 158,-ISBN 3-452-25121-7

Es besteht Abnahmeverpflichtung für das Gesamtwerk.

Das Handbuch zum europäischen und deutschen Umwelt-recht gilt EU-weit als die umfangreichste Darstellung deseuropäischen Umweltrechts. Bereits nach Erscheinen der vielbeachteten 1. Auflage ist es zu einem Standardwerk ge-worden. Die Entwicklungen und Veränderungen im europäi-schen und deutschen Umweltrecht haben für die nunerscheinende 2. Auflage umfangreiche Überarbeitungen undnicht selten auch Neufassungen der Beiträge notwendiggemacht.

84 renommierte Autoren aus Praxis und Wissenschaft lassenkein Spektrum des Themas unerwähnt und bieten in ge-wohnter Qualität und Vollständigkeit eine Bestandsaufnah-me des Umweltrechts, die in ihrer Breite und Tiefe seines-gleichen sucht. Aufgrund des starken Anwachsens erfolgt dieDarstellung des ‚Besonderen Umweltrechts’ in zwei Teilbän-den. Die rechtspolitischen Überlegungen und Ausblicke fin-den sich jetzt am Ende des letzten Bandes. Ein detailliertesSachregister, eine ausführliche Dokumentation der europäi-schen Rechtsakte und Dokumente und ein umfangreichesRechtsprechungsverzeichnis runden das Werk sinnvoll ab.

Eine vorzügliche Gesamtleistung!

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Pressestimmen zur Vorauflage:

„Rengeling und seinen Mitautoren ist ein Meisterwerk gelun-gen, das für jeden am Umweltrecht und am europäischenRecht Interessierten unentbehrlich ist.“RA Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde, in: NVwZ 6/2000

„Mit dem vorliegenden Handbuch ist Herausgeber und Autorenohne Übertreibung ein großer Wurf gelungen…Rechtswis-senschaft und Rechtspraxis, Politik und Wirtschaft, Verwal-tung und Verbände sowie alle an Umweltfragen Interessier-ten werden gleichermaßen von diesem künftig unverzichtbarenGrundlagenwerk profitieren.“Ministerialrat Prof. Dr. Dr. Hans Hablitzel, in: Agrarrecht 9/1999

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Bundes-Immissionsschutzgesetz

Bundes-Immissionsschutzgesetzund ergänzende VorschriftenTextausgabe mit Einführung und AnmerkungenVon MinR a.D. Dr. Klaus Hansmann22. Auflage 2003, 814 S., brosch., 24,– €,ISBN 3-8329-0303-8

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz ist das Kerngesetzdes Umweltrechts. Es wird durch zahlreiche Rechtsverord-nungen und wichtige Verwaltungsvorschriften ergänztund konkretisiert. Die 22. Auflage des Sammelwerks(Stand: August 2003) enthält die Texte aller einschlägigenVorschriften zum Bundes-Immissionsschutzrecht (einschl.der neuen 17. BImSchV) sowie eine umfassende Einführungin die komplexen Regelungen. Das Gesetz selbst, die wich-tigsten Durchführungsverordnungen (u. a. die Verordnung

über das Genehmigungsverfahrenund die Störfall-Verordnung) sowiedie TA Luft und die TA Lärm werdendurch knappe,praxisorientierte An-merkungen erläutert. Ein Schlag-wortverzeichnis hilft beim Auffin-den der einschlägigen Regelungen.

Das handliche Taschenbuch ist für Verwaltungsbehörden,Rechtsanwälte, Umweltverbände und für Unternehmenvon Nutzen. Es eignet sich besonders als Hilfsmittel bei Be-sprechungen. Dabei auftretende Fragen können häufig mitHilfe der Einführung und der Anmerkungen schnell geklärtwerden.Der Autor war Vorsitzender des Länderausschusses fürImmissionsschutz. Er ist Lehrbeauftragter der UniversitätDüsseldorf und Mitglied des Arbeitskreises für Umweltrecht.

Klaus Hansmann

Nomos VerlagsgesellschaftBaden-Baden

Bundes-Immissionsschutzgesetz22. Auflage mit Erläuterungen

BImSchGBImSch-Verordnungen

EMASPrivilegVTA Luft

TA LärmSchlagwortverzeichnis

Nomos76520 Baden-Baden

HansmannBundes-Immissionsschutzgesetzund ergänzende VorschriftenTextausgabe mit Einführung undAnmerkungen22. Auflage 2003, 814 S., brosch.,24,– €, ISBN 3-8329-0303-8

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»eine wertvolle Hilfe für die immissions-schutzrechtliche Praxis.«

Umweltbrief 4/03

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Das Recht der Tiere und der Landwirtschaft

Der Schutz von Tieren beim TransportVon Heike Randl2003, 241 S., brosch., 48,– €,ISBN 3-8329-0438-7(Das Recht der Tiere und der Landwirt-schaft, Bd. 3)Sowohl der Europarat als auch die Euro-päische Gemeinschaft haben Bestim-mungen für Lebendtiertransporte erlas-sen. Am Beispiel Österreichs werden dieKonsequenzen dieser Vorgaben geprüftsowie Umsetzungsmängel und Lösungs-möglichkeiten aufgezeigt.

Die Verwendung von Tieren zu LehrzweckenHistorische, verfassungs- und verwaltungsrechtliche UntersuchungVon Thomas Cirsovius2002, 264 S., brosch., 45,– €, ISBN 3-7890-7760-7(Das Recht der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 2)Seit Tierversuche zu Ausbildungszwecken eingesetzt werden,stellt sich auch immer wieder die Gewissensfrage. DerBand erläutert umfassend die Gesetzgebung, welche sichmit der Verweigerung eines Schülers oder der Suche nachAlternativen befaßt. Kammerentscheidungen dazu liegeninzwischen vor.

Zur Stellung des Tieres im GemeinschaftsrechtVon Johannes Caspar2001, 101 S., brosch., 20,– €, ISBN 3-7890-7538-8(Das Recht der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 1)Die Analyse der rechtlichen Stellung des Tieres im Gemein-schaftsrecht erfordert die Darstellung der vielfältigenTiernutzungs- sowie Tierschutzbestimmungen des Sekun-därrechts und ihrer Auswirkungen auf die nationale Tier-schutzpolitik. Ferner geht es um die Frage nach der Rechts-stellung des Tieres innerhalb des EG-Vertrags. Ansätze zueiner Aufwertung des Regelungsanliegens im Rahmen desPrimärrechts der Gemeinschaft schließen die Untersuchung.

Der Schutz von Tieren beim Transport

Heike Randl

Das Recht der Tiere und der Landwirtschaft 3

NWV Wien • Graz

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Nomos76520 Baden-Baden

RandlDer Schutz von Tieren beim Transport2003, 241 S., brosch., 48,– €,ISBN 3-8329-0438-7

CirsoviusDie Verwendung von Tieren zu Lehrzwecken2002, 264 S., brosch., 45,– €,ISBN 3-7890-7760-7

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CasparZur Stellung des Tieres im Gemeinschaftsrecht2001, 101 S., brosch., 20,– €,ISBN 3-7890-7538-8