zukunft der finanzierung: die bedeutung … · ambulante oder stationäre krankenbehandlung ......

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ZUKUNFT DER FINANZIERUNG: DIE BEDEUTUNG DES BUNDESTEILHABEGESETZES DR. HARRY FUCHS DÜSSELDORF Dachverband Gemeindepsychiatrie Jahrestagung am 9./10.9.2015 in Bremen Gemeindepsychiatrie gestaltet Zukunft Zukunftsentwürfe im Netzwerk 1

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Page 1: ZUKUNFT DER FINANZIERUNG: DIE BEDEUTUNG … · ambulante oder stationäre Krankenbehandlung ... für den Gesamtbedarf an Teilhabeleistungen eines ... Vorstellung bei Arbeitgebern

ZUKUNFT DER FINANZIERUNG:

DIE BEDEUTUNG DES BUNDESTEILHABEGESETZES

DR. HARRY FUCHS DÜSSELDORF

Dachverband Gemeindepsychiatrie

Jahrestagung am 9./10.9.2015 in Bremen

Gemeindepsychiatrie gestaltet Zukunft

Zukunftsentwürfe im Netzwerk

1

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Gliederung

• Grundlagen der Finanzierung sozialer Leistungen

für psychisch kranke Menschen

• Leistungen zur Teilhabe

• Rehabilitation psychisch kranker Menschen in

Deutschland

• Bewertung der S3-Leitlinie aus teilhabepolitischer

Sicht

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Grundlagen der Finanzierung

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Die Finanzierung der Sozialleistungen für psychisch

kranke Menschen

richtet sich im gegliederten deutschen Sozialleistungssystem

• einerseits nach dem Versicherungsstatus, sodass als

Kostenträger

- ein Sozialversicherungsträger (Kranken-, Renten-, Unfallver-

sicherungs-träger, Bundesagentur für Arbeit) oder

- bei nicht oder nicht ausreichender Versicherung der Träger

der Sozialhilfe (in bestimmten Fällen der Jugendhilfe oder die

Versorgungsverwaltung)

in Frage kommen kann.

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Die Finanzierung der Sozialleistungen für psychisch

kranke Menschen

aber auch danach, welche Leistung im Einzelfall zur

Erreichung eines bestimmten Leistungszieles erforderlich

ist

ambulante oder stationäre Krankenbehandlung (SGB V);

entsprechend: Hilfen zur Gesundheit (SGB XII)

ambulante oder stationäre medizinische Rehabilitation (SGB IX)

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (SGB IX)

Nichtbehinderte: entsprechend SGB III, VI oder VII

Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (SGB IX)

Leistungen zur Pflege (SGB XI)

entsprechend: Hilfe zur Pflege SGB XII oder SGB VII, BVG

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Die Finanzierung der Sozialleistungen für psychisch kranke

Menschen

Obwohl für psychisch kranke Menschen Leistungsansprüche aus

verschiedenen Sozialgesetzbüchern gegeben sind, stehen in der

Praxis, die

gesetzlichen Krankenkassen

die Träger der Sozialhilfe und damit die Kommunen

die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Wiedereingliederung in das

Arbeitsleben

im Mittelpunkt der Finanzierungsdiskussion.

Das liegt daran, dass vornehmlich die Leistungen

• der Krankenbehandlung

• der Eingliederungshilfe

gesehen werden, während die Leistungen zur Teilhabe (SGB IX)

weitgehend ausgeblendet bleiben.

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Leistungen zur Teilhabe

SGB IX

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Ziele des SGB IX

• Stärkung der Selbstbestimmungsrechte der Betroffenen

• Beendigung der Divergenz des Rehabilitationsrechts

• Gemeinsames Rehabilitationsrecht

• Einheitliche Praxis des Rehabilitationsrechts

• Bürgernahe Organisation des Zugangs und der Erbringung der

Leistungen

• Strukturen für die Zusammenarbeit von Leistungsträgern und

Leistungserbringern

(Zitat Eckpunktepapier der Koalitionsarbeitsgruppe v. Juli 1999)

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Besondere Belange seelisch behinderter Menschen

§ 10 Abs. 3 SGB IX

verpflichtet die Rehabilitationsträger dazu,

den besonderen Belangen seelisch behinderter

oder von einer solchen Behinderung

bedrohten Menschen Rechnung zu tragen.

Dies gilt insbesondere für die Feststellung des

Bedarfs an Leistungen zur Teilhabe, aber auch für

das Verfahren, die Gestaltung und die Ausführung

von Leistungen.

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SGB IX

§ 1 – Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben

in der Gesellschaft -:

Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken

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Neuorientierung der medizinischen Rehabilitation durch

das SGB IX

Ziel und Aufgabe aller Leistungen zur Teilhabe

und damit auch der Leistungen zur medizinischen

Rehabilitation ist danach nicht mehr nur

- die Erlangung der individuell bestmöglichen physischen und psychischen Gesundheit

sondern

- die Förderung der Selbstbestimmung und

der gleichberechtigten Teilhabe am Leben

in der Gesellschaft, die Vermeidung von

Benachteiligungen (§ 1 SGB IX)

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12Dr. Harry Fuchs, Düsseldorf 12

Teilhabeorientierung des Behinderungsbegriffs

Ob jemand behindert im Sinne des Sozialrechts ist und Anspruch auf

Teilhabeleistungen hat , beurteilt sich seit dem Inkrafttreten des SGB IX nicht

mehr

- nach Art und Schwere einer Krankheit oder Behinderung,

sondern nach

- Art und Ausprägung der Beeinträchtigung der Teilhabe

am Leben in der Gesellschaft, die durch diese Krankheit

und Behinderung verursacht wird.

Krankheit (definiert mit dem ICD) ist die Ursache der Teilhabebeeinträchtigung, die

mit der Internationalen Klassifikation für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) beschrieben wird.

Indikation für die Leistungen zur Förderung der Teilhabe (Rehabilitations-

leistungen) ist das Vorhandensein einer Teilhabebeeinträchtigung als Folge von

Krankheit oder Behinderung (§ 2 SGB IX)

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Fazit

- alle zur Förderung der Teilhabe, d.h. zur Behandlung von

Beeinträchtigungen der Teilhabe – der Folgen von

Krankheit - erforderlichen Leistungen und

Therapiemethoden sind Rehabilitationsleistungen im

Sinne des SGB IX

- alle zur Heilung, Verhütung der Verschlimmerung oder

Linderung einer Krankheit erforderlichen Leistungen und

Behandlungsmethoden sind Krankenbehandlung im Sinne

des SGB V

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SGB IX

§ 5 – Leistungsgruppen -

Zur Teilhabe werden erbracht

1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,

2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,

3. unterhaltssichernde und andere ergänzende

Leistungen,

4. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

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- Teilhabeleistungen dürfen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nur gewährt

werden, wenn mit den Leistungen die vom Gesetzgeber vorgegebenen

Teilhabeziele (§§ 1, 4, 26 Abs. 1, 33 Abs. 1, 55 Abs. 1 SGB IX)

erreicht werden können ( Rehabilitations- besser – Teilhabeprognose)

- Die Unterstützung des Erfolges der Krankenbehandlung ist für sich allein kein

Teilhabeziel, das Ansprüche auf Rehabilitationsleistungen begründet

(Ausnahme Vater-Mutter-Kind Rehabilitation nach § 41 SGB V)

- Nicht der Schweregrad einer Erkrankung, sondern das Ausmaß

der Teilhabebeeinträchtigung gestaltet Art und Ausführung der

Rehabilitationsleistung

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SGB IX

§ 4 - Ziel und Aufgabe der Leistungen zur Teilhabe -

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre

Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,

2. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu

vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu

verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu

vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,

3. die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und

Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder

4. die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe

am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und

selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

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Feststellung des

individuellen funktionsbezogenen Bedarfs an

Teilhabeleistungen

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Feststellung des individuellen funktionsbezogenen Leistungsbedarfs (§ 10 SGB IX)

Feststellung des individuellen funktionsbezogenen (Teilhabe-)Leistungsbedarfs

- orientiert an der ICF

- unabhängig von der jeweiligen Zuständigkeit trägerübergreifend

für den Gesamtbedarf an Teilhabeleistungen eines Berechtigten

(§ 10 SGB IX, der nach § 27 SGB IX ausdrücklich auch im

Bereich der GKV Basis für die Feststellung des Leistungsbedarfs

und der Beurteilung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und

Wirtschaftlichkeit der der Rehabilitationsleistungen ist).

Grundlage nicht nur der Leistungsentscheidung, sondern u.a. auch des

Auswahlermessens nach § 19 Abs. 4 Satz 1 SGB IX zur Auswahl des

geeigneten Leistungserbringers usw.

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§ 10 SGB IX – funktionsbezogene Bedarfsfeststellung

- trägerübergreifende Ausführungsgrundsätze

Die Rehabilitationsträger sind verantwortlich für die

trägerübergreifende funktionsbezogene Feststellung des individuellen Leistungsbedarfs (§ 10 Abs. Abs. 1

S. 1 SGB IX)

Wirtschaftlich sind nur solche Rehabilitationsleistun-

gen, die bezogen auf die Aufgabenstellung der Rehabilitation (§§ 4, 26 Abs. 1 SGB IX – Teilhabe/

Selbstbestimmung) auch wirksam sind.

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Gesundheitsproblem(Gesundheitsstörung oder Krankheit, ICD)

Umweltfaktoren

• materiell

• sozial

• verhaltensbezogen

persönliche Faktoren

• Alter, Geschlecht

• Motivation

• Lebensstil

Körperfunktionen

und -strukturenAktivitäten

Leistungen

Teilhabe

Partzipa-

tion

Wirkungsbereich Krankenbehandlung - Teilhabe-/Rehabilitation

Teilhabeorientierte RehabilitationKrankenbe-

handlung

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Leistungen

zur Förderung der

Teilhabe

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(1) Zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um

1.Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder

2.Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern.

Dr. Harry Fuchs, Düsseldorf

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(2) Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfassen insbesondere

1.Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte und Angehörige

anderer Heilberufe, soweit deren Leistungen unter

ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung (nicht

Verordnung!) ausgeführt werden, einschließlich der

Anleitung, eigene Heilungskräfte zu entwickeln,

2.Früherkennung und Frühförderung behinderter und von

Behinderung bedrohter Kinder,

3…………,

4.Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und

Beschäftigungstherapie,

5.Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung6. Hilfsmittel7. Belastungserprobung und Arbeitstherapie

Diese Leistungen können sowohl als ambulante, wie auch im Rahmenstationärer Rehabilitationsleistungen erbracht werden.

……………

Dr. Harry Fuchs, Düsseldorf

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(3) Bestandteil der Leistungen nach Absatz 1 sind auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere

1.Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,

2.Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,

3…………

4…………

5.Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,

6.Training lebenspraktischer Fähigkeiten,

7.Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen Rehabilitation.

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Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit

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Durch den breiten Raum, den die Arbeitsrehabilitation in der S 3-

Leitlinie S-3-Leitlinien-Empfehlung im Bereich psychosozialer

Therapien einnimmt, hat der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit in

der Versorgung psychisch Kranker Menschen

- nicht nur einen hohen formalen Stellenwert,

- er gewinnt auch zunehmend praktische Bedeutung.

Obwohl es auf der Basis des SGB IX ein breites Instrumentarium

von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gibt, die auch den

Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit fördern

- gibt es in der Praxis erhebliche Defizite.

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Instrumente zum Erhalt der Beschäftigung

Prävention im Arbeitsleben (§ 84 SGB IX)

- betriebliches Eingliederungsmanagement zum Erhalt des

Arbeitsplatzes

- Arbeitgeberpflicht nicht nur für anerkannte Schwerbehinderte

und Gleichgestellte sondern für alle Beschäftigten, die

- innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen

oder wiederholt arbeitsunfähig sind;

Verpflichtung aller Ärzte und Beschäftigten der Sozial und Gesundheitsberufe

bei Wahrnehmung einer Behinderung (§ 61 SGB IX)

- Ärzte: Beratung über geeignete Leistungen zur Teilhabe

- Ärzte und Gesundheitsberufe: Hinweis auf die Beratung durch

gemeinsame Servicestellen oder andere Beratungsstellen

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Verpflichtung

zum Tätigwerden

sowie Regelungen über Kooperation und

Zusammenarbeit

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§ 8 SGB IX

(1) Werden bei einem Rehabilitationsträger

Sozialleistungen wegen oder unter

Berücksichtigung einer Behinderung beantragt

oder erbracht, prüft dieser unabhängig von der

Entscheidung über diese Leistungen, ob

Leistungen zur Teilhabe voraussichtlich

erfolgreich sind.

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§ 8 SGB IX

Wann ist Krankenbehandlung eine Sozialleistung

wegen oder unter Berücksichtigung einer

Behinderung?

- Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen

- Belastende Lebens- und Arbeitsbedingungen

- Chronische Krankheit

- Psychosomatische Reaktionen oder

Abhängigkeiten

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Gemeinsame Empfehlungen nach § 13 SGB IX

- zur Verbesserung der gegenseitigen Information

und Kooperation aller beteiligten Akteure,

insbesondere die Zusammenarbeit mit Ärzten

- zur frühzeitigen Erkennung eines Bedarfs an

Leistungen zur Teilhabe

- über die Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und

vergleichbaren Stellen

(erhältlich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR in

Frankfurt/Main)

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Leistungen

zur Teilhabe am Arbeitsleben

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

- Ziele -

dienen vor allem dazu, die Erwerbsfähigkeit behinderter

Menschen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit

- zu erhalten, zu verbessern oder

wiederherzustellen und

- ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst

dauernd zu sichern

(§ 33 Abs. 1 SGB IX)

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

• Hilfen zur Erhaltung oder zur Erlangung eines Arbeitsplatzes einschl. Leistungen zur Beratung und Vermittlung, Trainingsmaßnahmen und Mobilitätshilfen

• Berufsvorbereitung einschl. einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung

• Berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen

• Berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden

• Gründungszuschuss entsprechend § 57 SGB III

• Sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen

• Zu den Leistungen zum Arbeitsleben zählen auch die bereits zur medizinischen Rehabilitation genannten Leistungen nach § 26 Abs. 3 SGB IX

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Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

umfassen nach § 33 Abs. 8 SGB IX auch

• Kraftfahrzeughilfe

• Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz

• Kosten der zur Berufsausübung, zur Teilnahme an einer Leistung oder zur Erhöhung der Sicherheit erforderlichen Hilfsmittel

• Kosten technischer Arbeitshilfen

• Kosten der Beschaffung usw. einer behinderungsgerechten Wohnung

• Verdienstausfall und Fahrkosten zu Bildungsmaßnahmen oder zur Vorstellung bei Arbeitgebern und Reha-Einrichtungen.

Nach §§ 39 bis 41 auch Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen und zwar als

- Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich (§ 40)

- Leistungen im Arbeitsbereich (§ 41)

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

• Integrationsfachdienste

• Integrationsprojekte

• Unterstützte Beschäftigung

• Zuverdienstfirmen und –angebote als Bestandteil der gemeindepsychiatrischen Versorgung

Dazu:

Gemeinsame Empfehlungen der BAR nach § 13 SGB IX

- Integrationsfachdienste (§ 113 Abs. 2 SGB IX)

- Unterstützte Beschäftigung (§ 38a SGB IX)

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Teilhabeleistungen an Arbeitgeber

• Ausbildungszuschüsse zur betrieblichen

Ausführung von Bildungsleistungen

• Eingliederungszuschüsse

• Teilweise oder volle Kostenerstattung für

eine befristete Beschäftigung

(§ 34 SGB IX)

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Leistungen

zur

Teilhabe

am Leben in der Gemeinschaft

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Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

- Ziel -

dieser Leistungen nach §§ 55 ff SGB IX ist es,

• den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der

Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu sichern

• sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.

Der Sozialhilfeträger ist dafür originärer Rehabilitationsträger.

Es handelt sich um Leistungen, die keine anderen

Rehabilitationsträger (Ausnahme: Unfallversicherung, Versorgungsverwaltung,

Kinder- und Jugendhilfe) erbringen können.

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Versorgung mit anderen Hilfsmitteln, als denen der GKV im Rahmen der Krankenbehandlung oder der HM im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben

Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten

Heilpädagogische Leistungen für noch nicht eingeschulte Kinder

Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt

(Barrierefreiheit, Kommunikationshilfen, Gebärdensprache)

Hilfen zur Beschaffung behinderungsgerechten Wohnraums

Hilfen zu selbstbestimmtem Leben im Betreuten Wohnen

Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (u.a. Förderung von Begegnungen, kulturelle Veranstaltungen, Hilfsmittel zur Unterrichtung über das Zeitgeschehen)

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Page 41: ZUKUNFT DER FINANZIERUNG: DIE BEDEUTUNG … · ambulante oder stationäre Krankenbehandlung ... für den Gesamtbedarf an Teilhabeleistungen eines ... Vorstellung bei Arbeitgebern

Rehabilitative Versorgung psychisch

Kranker in Deutschland

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Indikatoren für Versorgungsbedarf

Nach einer Statistik der Techniker Krankenkasse stieg die

Zahl der Fehltage wegen psychischer Erkrankung seit dem

Jahr 2000 um 75 v.H.

Allein 2011 beliefen sich die Krankenbehandlungskosten

aufgrund einer psychischen Erkrankung auf 9,5 Mrd. Euro.

Die Rentenzugangsstatistik weist im Verhältnis zu allen

anderen Indikationen wegen psychischer Erkrankungen in

allen Alterskohorten vom 40. bis 59. Lebensjahr mehr als

doppelt soviel Neurenten aus.

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Ist - Versorgung

• Viele – vorwiegend stationäre -Angebote für Menschen mit eher leichteren bzw. psychosomatischen Erkrankungen (psychosomatische Rehabilitationskliniken).

• Für Menschen mit der Diagnose Psychose sind die Zugangshürden (Rehabilitationsfähigkeit, -prognose zu hoch)

• Bundesweit gibt es nur ca. 60 Einrichtungen zur Rehabilitation psychisch Kranker (RPK).

• Ambulante Komplexangebote zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation werden nur an drei Standorten vorgehalten.

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Bedarf – unter Berücksichtigung der UN-BRK

• Flächendeckender Bedarf an ambulanten medizi-nischen Rehabilitationsangeboten für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder seelischen Behinderungen

• und zwar auch in ländlichen Gebieten (Art 26 BRK);

• Entwicklung mobiler Rehabilitation für psychisch kranke Menschen;

• Weiterentwicklung und Qualifizierung der RPK

• Entwicklung von Assistenzangeboten (Art 19 BRK)

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Änderung der Rahmenbedingungen

• Konsequente Orientierung aller Rehabilitationsleistungen auf die Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (SGB IX, BRK);

• Konsequente Nutzung des trägerübergreifenden Teilhabemanagements des SGB IX zur Koordination und Kooperation

• Ausbau ambulanter Komplexangebote zur medizinischen und beruflichenRehabilitation

• Konsequente Vernetzung mit den Angeboten zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben

- Integrationsfachdienste

- Integrationsprojekten

- Unterstützende Beschäftigung

- Berufsbildungs- und Berufsförderungswerken, WfbM

• Absenkung zur Zugangsvoraussetzungen für Rehabilitationsleistungen

• Berücksichtigung der Teilhabeziele auch bei der Akutversorgung (§ 26 SGB IX)

• Vernetzung mit den niedrigschwelligen Angeboten im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (Eingliederungshilfe)

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S 3-Leitlinien Empfehlung

im Bereich psychosozialer Therapien

- Bewertung -

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Die S 3 – Leitliniereferiert

- die Möglichkeiten des SGB IX, Teilhabeleistungen für psychisch kranke Menschen

zu erbringen werden in der Einführung unter 4.1. (S. 160, 162) zwar zutreffend

dargestellt

- ebenso die sozialrechtlichen Rahmenbedingungen (S. 164).

Dennoch reduziert sie Leistungs- und Versorgungsmöglichkeiten nach dem SGB IX

hinsichtlich der Auswirkungen auf die Versorgung bzw. Versorgungsentwicklung auf

- stationäre medizinische Rehabilitation (RPK) (S. 181)

- Arbeitsrehabilitation (Teilhabe am Arbeitsleben (S. 185), deren Leistungsspektrum

auf den Seiten 184 – 186 fast vollständig dargestellt wird ( Berufliche

Trainingszentren, Berufsbildungs- und förderungswerke, WfbM, Integrations-

projekte und –firmen, Zuverdienstangebote, unterstützende Beschäftigung).

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Noch Bewertung der S3 – Leitlinie:

Die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinde (zutreffend

Gemeinschaft) (S. 188ff) werden nicht in den Zusammenhang mit

Rehabilitation und Teilhabe im Sinne des SGB IX gestellt

(stattdessen fürsorgeorientiert – Eingliederungshilfe).

Das SGB IX enthält seit dem 1.7.2001 eine Vielzahl von

Verwaltungsvorschriften, mit denen die Kooperation und

Koordination der Rehabilitationsträger (d.s. alle

Sozialleistungsträger!) und die Konvergenz der Teilhabeleistungen

erreicht werden soll;

dieser Zusammenhang wird unter 4.6 – Vernetzung und

Kooperation – nicht aufgegriffen.

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Das Leistungserbringungsrecht der Rehabilitation überträgt den Reha-Trägern

eine umfassende Verantwortung für die Gestaltung und Ausführung der

Leistungen. Sie haben

nach §§ 12, 13 in gemeinsamen Empfehlungen zu vereinbaren

- dass die erforderlichen Leistungen nach Gegenstand, Umfang und Ausführung

einheitlich erbracht ( § 12 Abs. 1 Nr. 1 ) und

- in welchen Fällen ( Zielgruppen ) diese Leistungen auf welche Weise angeboten ( § 13 Abs. 2 Nr. 2 ) werden

(Diese Verantwortung für die Ausgestaltung der Leistungen entspricht der in der Akutversorgung dem GemBA zugeordneten Verantwortung für die Definition von Leitlinien und Behandlungsrichtlinien)

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Die Organisationsverantwortung wurde in Deutschland durch das SGB IX ab 1.7.2001 den Rehabilitationsträgern übertragen:

19 Abs. 1 SGB IX:

(1) Die Rehabilitationsträger wirken gemeinsam unter Beteiligung der Bundesregierung und der Landesregierungen darauf hin, dass die fachlich und regional erforderlichen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen. Dabei achten sie darauf, dass für eine ausreichende Zahl solcher Rehabilitationsdienste und -einrichtungen Zugangs- und Kommunikationsbarrieren nicht bestehen. Die Verbände behinderter Menschen einschließlich der Verbände der freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen behinderter Frauen (…) werden beteiligt.

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Koalitionsvertrag

- Bundesteilhabegesetz -

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Der Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode

enthält zum Teilhaberecht folgende Vereinbarungen:

• Erarbeitung eines Bundesleistungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen .

• Herausführen (der Eingliederungshilfe) aus dem bisherigen „Fürsorgesystem“ (SGB XII) und Weiterentwicklung zu einem modernen Teilhaberecht.

• Prüfung der Einführung eines Bundesteilhabegeldes

• Die Leistungen sollen sich am persönlichen Bedarf orientieren und entsprechend eines bundeseinheitlichen Verfahrens personenbezogen ermittelt werden.

• Leistungen sollen nicht länger institutionenzentriert, sondern personenzentriert bereit gestellt werden.

• Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts von Menschen mit Behinderungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention .

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Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bei politischen Entscheidungen, die die Menschen mit Behinderungen betreffen, zu berücksichtigen.

Gemeinsam mit den Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen werden wir den Nationalen Aktionsplan weiterentwickeln.

Wichtige Etappenziele sind mehr Teilhabe, Selbstbestimmung und Barrierefreiheit im Alltag.

Der leichtere Zugang für Menschen mit Behinderungen zu Transportmitteln, Informationen und Kommunikation sowie zu Einrichtungen und Diensten ist unabdingbar.

Die Lebenssituation taubblinder Menschen werden wir dabei besonders berücksichtigen.

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Vollzug des Koalitionsvertrages

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Zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten Absichten sind im übergreifenden

Teilhaberecht des SGB IX bereits Regelungen vorhanden:

• Orientierung der Leistungen am persönlichen Bedarf (Individualisierung/Personenzentrierung)

• Personenbezogene Ermittlung in einem bundeseinheitlichen Verfahren

§ 10 SGB IX:

Rehabilitationsträger „ist dafür verantwortlich, die nach dem individuellen Bedarf

voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen festzustellen“ und zwar

nach § 14 Abs. 5 SGB IX durch ein Sachverständigengutachten.

„Funktionsbezogen“ heißt: Orientiert an der ICF, der Internationalen Klassifikation

für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der Weltgesundheitsorga-

nisation (WHO),

• Wunsch- und Wahlrecht

ist in § 9 SGB IX geregelt und bedarf nur einer Anpassung an die Diktion der BRK,

darüberhinaus jedoch eine deutliche Klarstellung zur Beseitigung von

Vollzugsdefiziten des SGB IX und des einschränkenden Sonderrechts des SGB XII.

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Modernes Teilhaberecht

Ziel der Reform entsprechend den Vorgaben des

Koalitionsvertrages:

Gestaltung eines modernen Teilhaberechts

Gegenstand der Reform:

Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Vollendung der Zusammenfassung des Teilhaberechts

in einem Teil des Sozialgesetzbuches

Herauslösen der noch im SGB XII verbliebenen leistungs-

rechtlichen Bestimmungen (§ 54 SGB XII) der Eingliederungshilfe

aus „der Fürsorgewelt“ und damit verbunden die Aufgabe

„fürsorgerechtlicher Prinzipien“ für diesen Teil des Teilhaberechts.

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Umsetzung der UN-BRK u.a.

• Angleichung des Behinderungsbegriffs (Art. 1, 3)

• Übernahme des Inklusionsprinzips in die Teilhabeziele und

die Orientierung der Leistungen

• Aktive Einbeziehung der Organisationen behinderter

Menschen in die Gestaltung von Gegenstand, Umfang und

Qualität der Leistungen (Art. 4)

• Geeignete Formen der Hilfen und Unterstützung (Art. 9)

• Sozialräumliche Organisation, Stärkung und Erweiterung

umfassender Rehabilitationsdienste- und -programme (Art.

19, 26)

• Einbeziehung der individuellen Bedürfnisse und Stärken (Art

26 BRK)

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Beseitigung von Vollzugsdefiziten und

Weiterentwicklung des SGB IX zu einem

modernen Teilhaberecht

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Einheitliches Teilhaberecht

• Klarstellung in § 7 SGB IX, dem SGB I und den für die

Träger geltenden Leistungsgesetzen, dass für die

Teilhabeleistungen aller Rehabilitationsträger

einheitlich das SGB IX anzuwenden ist;

• Einbeziehung der am 1.7.2001 noch im SGB XII

verbliebenen Bestimmungen der Eingliederungshilfe

in Kapitel 7 und 8 des SGB IX und damit

• Vollendung der Zusammenfassung des Teilhaberechts

in einem Teil des Sozialgesetzbuches.

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Verbindliche Strukturen

für die

• trägerübergreifende Feststellung des Leistungsbedarfs

• gemeinsame sozialräumliche Organisation der bedarfsgerechten Leistungsangebote

• regionale Konkretisierung und Ergänzung der Leitlinien zu Gegenstand, Umfang und Ausführung der Leistungen

• Trägerschaft der gemeinsamen Servicestellen

durch

künftig obligatorische regionale Arbeitsgemeinschaften nach § 12 Abs. 2 SGB IX

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Trägerübergreifende Bedarfsfeststellung

• Bundeseinheitliche Grundlage für die trägerübergreifende Bedarfsfeststellung soll künftig die ICF der WHO sein.

• Die festgestellten Beeinträchtigungen der Teilhabe, die Teilhabeziele und die Bewertung des Leistungsbedarfs sind mit dem Berechtigten abzustimmen. Besteht darüber kein Konsens soll im Rahmen der entscheidungsreifen Vorbereitung ein Konsensverfahren durchgeführt werden.

• Die Organisation und Durchführung der Bedarfsfeststellung und der Konsensverfahren wird den regionalen Arbeitsgemeinschaften nach § 12 Abs. 2 SGB IX und deren

gemeinsamen Servicestellen übertragen.

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Verbindliche Strukturen für das trägerübergreifende

Leistungsrecht

• Gegenstand, Umfang, Qualität und Regelungen zur Ausführung der Leistungen werden für alle Leistungsgruppen und Träger verbindlich in Leitlinien (gemeinsamen Empfehlungen) durch einen Gemeinsamen Bundesausschuss Teilhabe beschlossen.

Bisher § 13 SGB IX:

Gemeinsame Empfehlungen der Träger auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR)

• Diese Leitlinien können nach regionalen Erfordernissen durch die Arbeitsgemeinschaften nach § 12 Abs. 2 SGB

IX konkretisiert werden

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Trägerübergreifend einheitliches

Leistungserbringungsrecht

• Vereinbarung des Versorgungsauftrages eines Leistungsanbieters in Versorgungsverträgen auf der Basis von Leitlinien des Bundesausschusses Teilhabe;

• Rahmenbestimmungen zu einem leistungsorientierten Vergütungsrecht auf vertraglicher Basis; die Vergütung knüpft an den Versorgungsauftrag und an die in den Leitlinien vorgegebenen (Qualitäts-)anforderungen an (Damit besteht zugleich ein gesetzlicher Maßstab für die Tätigkeit der Schiedsstellen);

• Schiedsstellenregelung für alle Teilhabeleistungen auf der Basis des SGB IX;

• Klarstellung, dass die in § 26 Abs. 2 und 3 SGB IX definierten Leistungen sowohl in ambulanter, wie in stationärer Form ausgeführt werden können;

• Neben dem Persönlichen Budget künftig auch die Möglichkeit, Sozialleistungen als Komplexleistungen zusammenzufassen und wie aus einer Hand zu erbringen;

• Unter bestimmten Voraussetzungen auf der Basis der Bedarfsfeststellung Direktzugang zu den Leistungsangeboten ohne weiteres Verwaltungsverfahren.

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Verbesserung des Leistungsrechts u.a.

• Trägerunabhängige Beratung und Unterstützung in Lebenssituationen

• Konkretisierung des Wunschrechts

• Ausbau der Rechte auf selbstbestimmte Leistungsausführung (u.a. Budget für Arbeit, Persönliche Assistenz)

• Klarstellung des Leistungsrechts der Frühförderung

• Errichtung medizinischer Zentren für erwachsene behinderte Menschen

• Klarstellung des Hilfsmittelrechts für Behinderte Menschen

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Strukturelle Regelungen

u.a.

• Die Pflegekassen werden Träger der medizinischen

Leistungen zur Rehabilitation für pflegebedürftige

Menschen

• Die Bundesagentur wird wieder umfassender

Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am

Arbeitsleben an Leistungsbezieher des SGB II

• Die Rentenversicherungsträger bleiben dauerhaft Träger

der medizinischen Rehabilitation für Kinder und

Jugendliche

• An Stelle einer großen oder kleinen Lösung werden die

Träger der Sozialhilfe und der Kinder und Jugendhilfe zur

dauerhaften vernetzten Zusammenarbeit durch

fortzuschreibende Zielvereinbarungen verpflichtet.65

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Der Referent hat eigene Vorschläge für den

Entwurf eines

Gesetzes zur

Förderung der Inklusion und Teilhabe

und zur Änderung des SGB IX und anderer

und anderer Gesetze - Bundesteilhabegesetz –

vorgelegt, die am 17. Februar 2014 im Bundesarbeitsministerium

in Berlin einer gemeinsamen Veranstaltung der Beauftragten der

Bundesregierung für die belange behinderter Menschen und der

Landesbehindertenbeauftragten aus Bayern, Nordrhein-Westfalen

und Sachsen öffentlich vorgestellt wurden.

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Der Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes (BTG)

umfasst

- 56 Seiten mit Änderungen aller Teile des

Sozialgesetzbuches und des BVG und

- 40 Seiten Begründung mit fast

- 100 Änderungsvorschlägen zum geltenden

Recht von denen die wesentlichen

- 70 in Eckpunkten

zusammengefasst sind.

(www.harry-Fuchs.de)

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für Ihre Aufmerksamkeit !

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