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Zum Faser- und Eigenschaftsabbau bei Verarbeitung und Recycling
diskontinuierlich faserverstärkter Kunststoffe
Anwendung des Mikrobiegeversuchs zur Faserfestigkeitsbestimmung am
Beispiel methodischer Untersuchungen des Eigenschaftsabbaus
diskontinuierlich faserverstärkter Kunststoffe
Beim Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik
der Universität Kaiserslautern
zur Verleihung des akademischen Grades
Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.)
genehmigte Dissertation
vorgelegt von
Dipl.-Ing. Gerhard Stelzer aus Ramsen / Rheinland-Pfalz
Tag der mündlichen Prüfung: 17. Dezember 2002
Promotionskommission:
Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. habil. D. Eifler
1. Berichterstatter: Prof. Dr.-Ing. R. Renz
2. Berichterstatter: Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. K. Friedrich
D 386
Vorwort III
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand in den Jahren von 1997 bis 2002 während meiner
Tätigkeit als freier und später wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Recycling-
gerechte Produktgestaltung / Entfertigung der Universität Kaiserslautern.
Angeregt wurde diese Arbeit von Herrn Prof. Dr.-Ing. Rainer Renz, dem Inhaber des
Lehrstuhls. Er bot mir die Möglichkeit, neben der Promotion auch tatkräftig und eigen-
verantwortlich an interessanten Industrieprojekten des Lehrstuhls mitzuwirken. Im
Rahmen einer sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit gab er mir den Raum, mich zu
entfalten und weiter zu entwickeln. Ihm gilt mein ganz besonderer Dank.
Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. K. Friedrich, dem Leiter der Abteilung Werkstoffwissen-
schaft am IVW - Institut für Verbundwerkstoffe GmbH der Universität Kaiserslautern,
danke ich herzlich für das große Interesse an dieser Arbeit und die Übernahme des
Koreferats.
Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. D. Eifler gilt mein Dank für die freundliche Übernahme des
Vorsitzes der Prüfungskommission.
Allen ehemaligen und derzeitigen Mitarbeitern des Lehrstuhls danke ich für die stete
Unterstützung und die angenehme Zusammenarbeit. Ferner möchte ich mich bei allen
Studien- und Diplomarbeitern für ihren Beitrag zu dieser Arbeit bedanken und ihnen
eine erfolgreiche berufliche Laufbahn wünschen.
Diese Arbeit wurde aus Mitteln der Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation sowie der
Paul & Yvonne Gillet-Stiftung finanziert, wofür ich mich an dieser Stelle bedanke.
Gleiches gilt für die Bereitstellung der Versuchsmaterialien durch die BASF AG, Bayer,
Sachtleben Chemie, Menzolit Fibron GmbH, Ticona und die Otto Bock Gruppe.
Insbesondere möchte ich mich bei Herrn Dr. Etzrodt sowie Herrn Liebold für den
fachlichen Rat und die stete Diskussionsbereitschaft bedanken.
Kaiserslautern, im Mai 2003 Gerhard Stelzer
Widmung IV
Meinen verstorbenen Eltern gewidmet.
Der, den ich liebe...
Der, den ich liebe,
hat mir gesagt,
daß er mich braucht.
Darum gebe ich auf mich acht,
sehe auf meinen Weg
und fürchte jeden Regentropfen,
daß er mich erschlagen könnte.
(Berthold Brecht, 1898 - 1956)
Inhaltsverzeichnis V
Inhaltsverzeichnis
ZUSAMMENFASSUNG ........................................................................................................................................... X
1 EINLEITUNG ................................................................................................................................................... 1
2 ZIELE DER ARBEIT ....................................................................................................................................... 3
3 GRUNDLAGEN ZUR FASERVERSTÄRKUNG, MODELLVORSTELLUNGEN .................................. 5
3.1 GRUNDTHEORIEN ZUR MIKROMECHANIK DER FASERVERSTÄRKUNG IN FKV............................................. 7 3.2 MODELLE ZUR STEIFIGKEIT, FESTIGKEIT UND ZÄHIGKEIT DISKONTINUIERLICHER FKV.......................... 11
3.2.1 Modellvorstellung: Steifigkeit ............................................................................................................. 12 3.2.2 Modellvorstellung: Festigkeit.............................................................................................................. 14 3.2.3 Modellvorstellung: Energieaufnahme, Zähigkeit ................................................................................ 16
4 FESTIGKEITSCHARAKTERISIERUNG VON (EINZEL-)FASERN ..................................................... 18
4.1 VORÜBERLEGUNGEN ZUR MESSTECHNIK ................................................................................................. 18 4.2 EINSATZGRENZEN BEKANNTERER EINZELFASERTESTS ............................................................................. 22 4.3 INSTRUMENTIERTER MIKROBIEGEVERSUCH ZUR ERMITTLUNG DER EINZELFASERFESTIGKEIT................. 24
4.3.1 Grundlagen des Einzelfaserbiegeversuchs, Fehlerbetrachtung .......................................................... 24 4.3.2 Faserdurchmesserbestimmung aus Kraft-Deformationsverlauf.......................................................... 27 4.3.3 Einflussgrößen: Methode und Probenanzahl, Prüfer, Faserpräparation ........................................... 28
4.4 KENNGRÖßENBESTIMMUNG BEI SPRÖDEN MATERIALIEN.......................................................................... 31 4.4.1 Die Weibullverteilung zur Beschreibung spröder Werkstoffe ............................................................. 33 4.4.2 Variierungen der Weibullverteilung.................................................................................................... 36 4.4.3 Einsatz der Weibullverteilung bei Volumendefekten, effektives Volumen ........................................... 37 4.4.4 Einsatz der Weibullverteilung bei oberflächengeschädigten Fasern, effektive Oberfläche [97] ........ 38
5 GRUNDLAGEN ZUR EINFÄRBUNG DISKONTINUIERLICHER FKV .............................................. 45
5.1 BEGRIFFE UND DEFINITIONEN................................................................................................................... 45 5.2 EINSATZ VON FARBMITTELN BEI DER KUNSTSTOFFEINFÄRBUNG ............................................................. 49 5.3 STABILISIERUNG ANORGANISCHER PIGMENTE – ANORGANISCHES COATING [98] .................................... 50 5.4 EINSATZGEBIETE DES COATINGS .............................................................................................................. 51 5.5 VORGEHENSWEISE BEI DER KUNSTSTOFFEINFÄRBUNG [80, 99-101] ........................................................ 52 5.6 KENNTNISSTAND ZUR PIGMENTIERUNG FASERVERSTÄRKTER KUNSTSTOFFE ........................................... 53 5.7 GRUNDSÄTZLICHES ZUR MOHSSCHEN HÄRTE .......................................................................................... 58 5.8 KENNTNISSTAND ZUR ABRASIVITÄT DER PIGMENTE ................................................................................ 60
6 EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN ZUM FASER- UND
VERBUNDEIGENSCHAFTSABBAU .......................................................................................................... 63
6.1 ANGEWANDTE UNTERSUCHUNGSMETHODEN ........................................................................................... 63
Inhaltsverzeichnis VI
6.1.1 Mechanische Prüfverfahren an Vielzweckprobekörpern..................................................................... 63 6.1.2 Mikromechanische und mikroskopische Untersuchungen................................................................... 64
6.2 UNTERSUCHUNGEN ZUR PIGMENTIERUNG VON GLASFASERVERSTÄRKTEM SFT ...................................... 66 6.2.1 Probenmaterialien und Verarbeitungsbedingungen ........................................................................... 68 6.2.2 Rutil – Variation Gewichtsanteil ......................................................................................................... 71 6.2.3 „Bunt“-pigmente................................................................................................................................. 86 6.2.4 Weißpigmente...................................................................................................................................... 93 6.2.5 Teilchengröße und -form................................................................................................................... 107
6.3 EINFLUSS PIGMENTBEDINGTER KERBEN AUF DIE STATISTISCHEN FESTIGKEITSEIGENSCHAFTEN DER
GLASFASER............................................................................................................................................. 116 6.4 PIGMENTIERUNG VON LFT ..................................................................................................................... 119 6.5 PIGMENTIERUNG VON KOHLENSTOFFFASERVERSTÄRKTEM SFT............................................................. 127 6.6 PIGMENTIERUNG VON BMC [154].......................................................................................................... 132 6.7 FASERFESTIGKEITSABBAU DURCH HYDROLYSE...................................................................................... 138 6.8 FASERFESTIGKEITSABBAU BEI SMC-RECYCLING ................................................................................... 144
7 ZUSAMMENFASSUNG............................................................................................................................... 150
7.1 PIGMENTIERUNG FASERVERSTÄRKTER KUNSTSTOFFE ............................................................................ 150 7.1.1 Einfluss von Farbmitteln beim Spritzgießen von Thermoplasten ...................................................... 151 7.1.2 Ergebnisse der einzelnen Versuchsreihen ......................................................................................... 152 7.1.3 Einfluss von Farbmitteln bei der Verarbeitung von Duroplasten (BMC) ......................................... 153
7.2 FASERFESTIGKEITSABBAU DURCH HYDROLYSE...................................................................................... 154 7.3 FASERFESTIGKEITSABBAU BEI SMC-RECYCLING ................................................................................... 154 7.4 ANMERKUNG .......................................................................................................................................... 154
8 LITERATURVERZEICHNIS ..................................................................................................................... 155
PERSÖNLICHE DATEN............................................................................................................................................ 169
Formelzeichen- und Abkürzungsverzeichnis VII
Formelzeichen- und Abkürzungsverzeichnis
Indizes
B Biegung 3B Dreipunktbiegeversuch 4B Vierpunktbiegeversuch F Faser Gr Grenzfläche O Orientierung M Matrix N anzahlgewichtet eff effektiv krit, c kritisch, critical jato Jahrestonnen u Schwelle(nspannung) i Klassennummer, Laufvariable V Verbundwerkstoff, volumengewichtet Z Zug
Abkürzungen
ABS Acryl-Butadien-Styrol-Copolymer AFM Atomic-Force-Mikroskop (Rasterkraftmikroskop) B3 WG6 Polyamid 6, Ultramid BMC Bulk Moulding Compound CIC Continuous Impregnated Compound C-SFT kurzkohleverstärkter Thermoplast DMC Dough Moulding Compound DMF Dimethylformaid (C3H7NO) DSC Differenzial-Scanning-Calorimetry D-Verarb. Direkt-Spritzgussverarbeitung E+S-Verarb.
Extrusions- + Spritzgussverarbeitung
FKV faserverstärkte Kunststoffverbunde
Formelzeichen- und Abkürzungsverzeichnis VIII
GF glasfaserverstärkt HD-PE Polyethylen hoher Dichte ILS interlaminare Scherfestigkeit KMC Kneader Moulded Compound LD-PE Polyethylen niedriger Dichte LFG langfaserverstärktes Granulat LFT langfaserverstärkte Thermoplaste (Long Fibre Thermoplastic) MFI Mold Flow Index PA Polyamid PA6-GF30 Polyamid 6 mit 30Gew.-% Glasfasern PA66-GF30 Polyamid 66 mit 30Gew.-% Glasfasern PBT Polybutylenterephthalat PC Polycarbonat PE Polyethylen PP Polypropylen PPS Polyphenylensulfid PVC Polyvinylchlorid REM Rasterelektronenmikroskop RT Raumtemperatur, 23°C SFT kurzfaserverstärkte Thermoplaste (Short Fibre Thermoplastic) SMC Sheet Moulding Compound STABW, s Standardabweichung THF Tetrahydrofuran (C4H8O)
Lateinische Zeichen A Querschnitt mm² aT Schlagzähigkeit kJ/m2 D, d Durchmesser mm E E-Modul, Steifigkeit MPa F Kraft N G Schubmodul MPa HM Mohssche Härte HV Vickers-Härte l Länge mm lD Länge der Faser-Matrix-Ablösung (Debonding) mm
Formelzeichen- und Abkürzungsverzeichnis IX
P Wahrscheinlichkeit % pH Hertz’sche Pressung Pa R Fasermittelpunktabstand mm r Radius mm S Oberfläche mm² U Energie (Bruch) J UD Energie zur Faser-Matrix-Ablösung J u Faktor V Volumen mm³ Vo charakteristisches Volumen mm³ VF Glasfasergehalt mm w Durchbiegung mm x statistsch sicherer Mittelwert
0x wahrer Wert
Griechische Zeichen β Parameter der Spannungsübertragung entlang der Faser
ε Dehnung
εs Streckdehnung
η Wirkungsgrad
ηl Faserlängeneffizienzfaktor
ηo Orientierungsfaktor
ηW Wirkungsfaktor
λ Wellenlänge nm
σ Spannung MPa σ mittlere Spannung MPa
σo charakteristische Spannung MPa
σs Streckspannung MPa
σV Spannung im Verbundwerkstoff MPa
τ Schubspannung MPa
τR Reibspannung des Faserauszugs (Pull-Out) MPa
ϕ Winkel rd
Zusammenfassung X
Zusammenfassung
Anwendung des Mikrobiegeversuchs zur Faserfestigkeitsbestimmung am Beispiel methodischer Untersuchungen des Eigenschaftsabbaus diskontinuierlich faserverstärkter Kunststoffe
Bei diskontinuierlich faserverstärkten Kunststoffen kann sowohl während des Compoun-
dierens wie auch bei der Verarbeitung zum Fertigteil, durch Wechselwirkung zwischen
den Fasern, der Fasern mit Maschinenkomponenten oder auch mit Zusatzstoffen
(beispielsweise Farbpigmenten) eine Faserschädigung auftreten. Diese Interaktionen
zeigen sich deutlich in der Abnahme der im Bauteil vorhandenen mittleren Faserlänge.
Eine Überprüfung der Faserfestigkeit war bisher, auf Grund fehlender geeigneter
Prüfmethoden bei den geringen Schlankheitsgraden bereits verarbeiteter Fasern, nicht
oder nur eingeschränkt möglich. Mit einem am Lehrstuhl RPE entwickelten Mikrofaser-
biegeversuch gelingt es, die Einzelfaserfestigkeit experimentell zu bestimmen. Dies
bietet somit die Möglichkeit, das Schädigungsverhalten der meist spröden und kerb-
empfindlichen Fasermaterialien über die Verarbeitung hinweg zu untersuchen und zu
quantifizieren. Da die (Rest-)Faserfestigkeit in diskontinuierlich verstärkten Bauteilen
nun bestimmt werden kann, ist eine Lücke bei Berechnungen geschlossen, und das
Wissen über Wirkzusammenhänge der Faserschädigung wird erweitert.
Aufbau der Arbeit:
In den Vorbetrachtungen zu dieser Arbeit werden zunächst kurz die Grundzu-
sammenhänge zur Steifigkeits- und Festigkeitssteigerung der diskontinuierlich faserver-
stärkten Kunststoffe angesprochen und anschließend bestehende Modellvorstellungen
zur Faserverstärkung bei Kunststoffen vorgestellt. Nachdem der Wissensstand zu
bestehenden Messtechniken der mechanischen Fasercharakterisierung aufgezeigt ist,
wird die entwickelte Messmethode des Dreipunktbiegeversuchs zur Faserfestig-
keitsbestimmung ausführlich vorgestellt und deren Möglichkeiten und Einschränkungen
diskutiert. Es folgt die Erläuterung der Notwendigkeit und der Vorgehensweise der
statistischen Absicherung von Kennwerten spröder Verstärkungsfasern sowie die
Vorgehensweise der Kennwertumrechnung auf reale Belastungen.
Zusammenfassung XI
Den Hauptteil bilden die einzelnen Untersuchungen mit jeweils anschließender
Diskussion und Zusammenfassung. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit in
einer ausführlichen Zusammenfassung erläutert.
Durchgeführte Untersuchungen:
Ein Schwerpunkt der Arbeit bildet die Überprüfung des Einflusses von Farbpigmenten,
welche zur Einfärbung technischer Kunststoffe verwendet werden, auf die Eigen-
schaften diskontinuierlich kurz- und langfaserverstärkter Thermoplaste und BMC.
Die Literatur beschreibt diesen Sachverhalt der teilweise drastischen Festigkeits- und
Zähigkeitsminderung bei Einfärbung von FKV nur phänomenologisch oder führt die
Effekte alleinig auf Wechselwirkungen Pigment/Matrix zurück, wobei dies zu einem
unvollständigen und zumindest teilweise auch falschen Bild der Wirkzusammenhänge
führt.
Der Schädigungsverlauf der Fasern bei Einfärbung mit Pigmenten, deren Härte über
der des Faserwerkstoffs liegt, wird quantitativ über die Verarbeitungsschritte hinweg bis
zum Prüfkörper dargestellt. Durch die Kenntnis der Faserschwächung in Verbindung mit
dem verarbeitungsbedingt nun verstärkten Faserbruch kann der Verlust an
Verbundeigenschaften erklärt werden. Über die Vielzahl der Untersuchungen gelingt es,
die Wirkzusammenhänge empirisch zu beschreiben und Erklärungsansätze zu geben.
Dabei wurden die Messreihen systematisch aufeinander aufbauend durchgeführt und
Zusammenhänge herausgearbeitet. Zwar sind die Untersuchungen oft grundsätzlichen
Charakters und dienen eher der Evaluierung einer Vorstellung zum Schädigungsverlauf,
dennoch wurde auf die Anwendungsbezogenheit Wert gelegt. Die Kenntnis der
grundlegenden Wirkzusammenhänge bietet die Möglichkeit, Regeln und Maßnahmen
zur Vermeidung übermäßiger Faserschädigung bei der Kunststoffeinfärbung abzuleiten.
Ergebnisse werden beispielhaft an Rechnungen, die sich an bestehenden Modellen zu
Festigkeit und Energieaufnahme der diskontinuierlich faserverstärkten Kunststoffe
orientieren, überprüft und diskutiert. Grundlage ist hierbei die Bruchfestigkeit der Faser
bei Zugbelastung. Da die an Einzelfasern durchgeführten Biegeversuche „nur“
Biegebruchspannungen ergeben, wird ein Verfahren beschrieben, mit dem es gelingt,
von gegebenen Biegefestigkeiten in entsprechende Zugfestigkeiten umzurechnen. Der
Zusammenhang wird über die effektiv belastete Faseroberfläche im Mikrobiegeversuch
gegenüber der entsprechenden Fläche bei Zugbelastung geliefert. Basis der
Zusammenfassung XII
statistischen Kennwertberechnung ist hierbei die Weibullverteilung. Sie liefert eine
exponentielle Verteilungsfunktion der Festigkeiten spröder Werkstoffe und ist auch für
die Betrachtung der überwiegend behandelten Glasfilamente gut geeignet. Nach dem
Prinzip „des schwächsten Gliedes“ geht demnach das Versagen des beobachteten
Volumens vom größten Defekt innerhalb desselben aus. Voraussetzung der
Anwendbarkeit ist hierbei, dass der Bruch des Materials von statistisch homogen
verteilten Defekten einer Art ausgeht und nur Zugversagen auftritt (die homogene
Defektverteilung bietet die Grundlage der Übertragung auf das Bauteil und damit das
größere Volumen).
Weitere Untersuchungen liefern Beiträge zum Recycling faserverstärkter Kunststoffe.
So wird der hydrolytische Faserfestigkeitsabbau bei Kühlerwasserkästen aus
PA6-GF35 betrachtet und eine Untersuchung der Faserfestigkeit nach dem
SMC-Recycling (Partikelrecyclingverfahren) vorgestellt.
Abschließend lässt sich feststellen, dass der Mikrobiegeversuch ein ausgezeichnetes
Mittel darstellt, auch kürzeste Faserfragmente mechanisch quantitativ zu charakteri-
sieren. Die angegebene Form der statistischen Absicherung der Kennwerte und
Umrechnung zu realitätsbezogener Belastung schließt den Kreis zum Festigkeits-
kennwert bei Zug und liefert damit die Grundlage weiterführender Berechnungen am
Verbund. Die Erkenntnisse der Untersuchungen wiederum liefern eine Modell-
vorstellung des Schädigungsverlaufs der Fasern über die Verarbeitung hinweg bis zum
Bauteil. Hieraus können anwendungsbezogene Hinweise zur Auswahl geeigneter
Farbmittel und des Recyclings abgeleitet werden.
Summary XIII
Summary
Application of the micro-bending test for the determination of fibre strength of property degradation of discontinuous fibre reinforced plastics using methodological studies as an example
Fibre damage may occur by discontinuous fibre reinforced plastics during the
compounding process as well as during their processing leading up until the finished
fabricated part through interaction either between fibres, between fibres and the
machine’s components or also through additives (e.g. colour pigments). These
interactions manifest themselves in the reduction of the average fibre length, which is
present in the finished unit. Fibre strength testing has been so far either not possible or
is limited due to suitable testing methods with low slenderness ratios of already
processed fibres being unavailable. Experimental determination of single fibre strength
is now possible with the help of a micro-bending machine developed at the Chair of
RPE. This therefore offers the possibility to investigate and quantify the damage
behaviour of the mostly brittle fibre material beyond the processing stage. Since the
remaining fibre strength can now be determined in discontinuously reinforced parts, a
gap in the calculations has been bridged and a broader knowledge about combined
effects during the fibre damage has been obtained.
Structure of the work:
The basic relationships for the increase in stiffness and strength of the discontinuous
fibre reinforced plastics are addressed in the phase leading up to this work and the
existing model ideas for the fibre reinforcement for plastics are subsequently presented.
After the knowledge standard for the existing measuring techniques of the mechanical
fibre characterization is highlighted, the developed measuring method of the three-point-
bending-test is elaborately presented for determining the fibre strength and its
possibilities and restrictions are discussed. The explanation of the necessity and
approach method of the statistical security of characteristic values of brittle
intensification fibres as well as the approach method of the conversion of characteristic
values into real loads follows thereafter. The main part describes the individual tests
Summary XIV
with a subsequent discussion and summary in each case. The results of the work are
explained in a detailed summary as a conclusion.
Conducted tests:
A focal point of the work is the testing of the influence of colour pigments on the
characteristics of discontinuous short and long fibre-strengthened thermoplastics and
BMC which are used for the colouration of technical synthetics.
These facts of the partially drastic strength and toughness decrease of FKV during
dyeing are either only phenomenologically described in literature or exclusively
attributed to reciprocal effects pigment/matrix which results in an incomplete or even a
partially wrong picture of the correlations.
The damage progression of the fibres during dyeing, whose pigments are harder than
the fibre material, is quantitatively shown from the processing steps up to the specimen.
The loss of compound qualities can be explained by the fibre weakening in connection
with the fibre breakage now enforced during processing. The multiplicity of tests helps
to empirically describe the correlations and to give first explanations.
The test series were conducted systematically and correlations were stated to give best
results. The tests are often fundamental characters and primarily serve as the
evaluation of the damage progression, the importance of the practical use was
nevertheless considered. The knowledge of these fundamental facts offers the
possibility to deduce rules and actions to avoid the excessive fibre damage during the
dyeing process. Results are exemplarily checked by means of calculations which are
oriented to existing models of strength and energy induction of the discontinuously fibre-
reinforced synthetic materials. The basis for this is the fibre breaking strength under a
tension load. Because the bending tests executed on single fibres show only breaking
tensions, a procedure is described which helps to convert given flexible strength into
corresponding tensile strengths.
The correlation between the effective loaded fibre surface in the micro-bending test and
the corresponding area by tensile loading will be shown. The basis of the statistical
characteristic value calculation is the “Weibull distribution”. It supplies an exponential
distribution function for the strength of brittle materials and is also suitable for the
Summary XV
consideration of the predominantly treated glass-filaments. According to the principle
"of the weakest link", the failure of the observed volume is provoked by the biggest
defect within the observed volume. Prerequisite for the applicability is that the material
breakage is only effected by statistically homogeneous distributed defects of one type
and only tension failure occurs (the homogeneous defect distribution offers the basis for
the transfer to the component and thereby the larger volume).
Further tests contribute to the recycling of fibre-reinforced synthetic materials. For
example, the hydrolytic fibre strength decrease is considered with cooling water cases
made by PA6-GF35 and a testing of the fibre strength is presented according to the
SMC recycling (particle recycling procedure).
Finally, the micro-bending test represents an excellent way to make a mechanically
quantitative characterization for even the shortest fibre fragments. The given manner of
the statistical calculation of characteristic values and the conversion to realistic loads
closes the circle to the characteristical value of strength under tensile loading and is the
basis for further calculations of the compound. The knowledge obtained from testing
again supplies a model for the damage progression of the fibres from processing to the
finished component. Application related indications can be derived for the selection of
suitable colour pigments.
Einleitung
1
1 Einleitung
Seit den 60er Jahren hat der Einsatz von Kunststoffen ständig zugenommen. Nach
starkem Verbrauchszuwachs in den 70er Jahren zog die Kunststofferzeugung um 1980
in der westlichen Welt und 1989 erstmals weltweit volumenmäßig mit dem wichtigsten
Werkstoff des Menschen, dem Stahl, gleich (Produktion je ca. 100Mio. m³/Jahr) [1, 2].
Seither ist ein immer noch stetiges Wachstum zu verzeichnen. Kunststoffe besitzen
besondere materialspezifische Vorteile, auf Grund derer sie die klassischen Werkstoffe
wie Stahl, Glas, Holz und Papier teilweise substituieren und sich darüber hinaus neue
Einsatzgebiete erschließen.
Besonders die Gruppe der faserverstärkten Kunststoffverbunde (FKV) ist als Konstruk-
tionsmaterial in vielen technischen Bereichen nicht mehr wegzudenken. Als Verstär-
kungsfasern, welche im Wesentlichen der Steifigkeits- und Festigkeitserhöhung dienen,
finden vorwiegend Glas-, Kohlenstoff- und Aramidfasern Anwendung. Bei der Erst- und
Mehrfachverarbeitung und dem Recycling von FKV tritt auf Grund unterschiedlichster
Einflüsse eine Faserschädigung auf, zu deren Charakterisierung derzeit einzig die
Reduzierung der Faserlänge herangezogen wird. Beim Spritzgießen, der bevorzugten
Verarbeitungsweise, erfolgt die Faserverkürzung sowohl im Schneckenaggregat als
auch im Spritzgießwerkzeug insbesondere durch die hohe Scherbeanspruchung und
die Interaktionen Faser/Faser und Faser/Polymer. Hierzu wurden bereits umfangreiche
Untersuchungen [3-12] durchgeführt. Das Maß der Faserlängenreduzierung diente
dabei der Optimierung der Verarbeitungsprozesse, lässt allerdings keinerlei Aussage
zum Festigkeitsabbau der Verstärkungsfaser selbst zu. Eine direkte Bestimmung der
Einzelfaserfestigkeit mittels mechanischer Untersuchungen, beispielsweise im
Zugversuch, erfordert eine Mindestlänge auf Grund der notwendigen Einspannung, die
nach der Verarbeitung meist nicht mehr gegeben ist. Mit einem am Lehrstuhl RPE
entwickelten Mikrobiegeversuch an Einzelfasern gelingt es erstmals, auch an sehr
kurzen Faserbruchstücken Festigkeitskennwerte zu ermitteln. Dies ermöglicht es,
Grundlagenuntersuchungen zum Faserfestigkeitsabbau durchzuführen, welcher sich
nicht alleinig in einer Reduzierung der Ausgangslänge äußert, sondern vielmehr ein
Wechselspiel zwischen Faserfestigkeit und -bruch beinhaltet. Hierzu eine einfache
Überlegung: Glasfasern, die mengenmäßig am weitaus häufigsten eingesetzten
Verstärkungsfasern, verhalten sich auf Grund der fehlenden plastischen
Einleitung
2
Deformationsmöglichkeit spröde und sind, wie das Grundmaterial selbst, intensiv
kerbempfindlich [13]. Oberflächenschädigungen reduzieren somit deren Festigkeit, und
in der Folge ist mit einer Abnahme der mechanischen Eigenschaften des Verbunds zu
rechnen. In diesem Zusammenhang ist die Einfärbung von faserverstärkten Kunst-
stoffen von besonderem Interesse, da hier vielfach anorganische Pigmente eingesetzt
werden, die zum Teil eine hohe Eigenhärte aufweisen. Diese Pigmente vermögen es,
die Fasern anzukratzen, wodurch deren Festigkeit und im Verlauf der Verarbeitung
deren Länge reduziert wird. Ein Eigenschaftsverlust des KunststoffVerbunds ist somit
unausweichlich. Dennoch, ein steigender Anteil der heute hergestellten faserverstärkten
Kunststoffe wird eingefärbt, um das ästhetische Bedürfnis des Kunden zu befriedigen:
Farbe verleiht Attraktivität, übt Signalwirkung aus. Aber auch praktische Gründe, z. B.
ein verbesserter Schutz und Haltbarkeit (Erhöhung der Witterungs- und/oder
Alterungsbeständigkeit), bestimmen die Auswahl der Farbmittel. Aus der industriellen
Praxis ist zwar bekannt, dass beim Spritzgießen faserverstärkter Kunststoffe
Einfärbungen die mechanischen Eigenschaften des FKV beeinflussen können,
detaillierte Untersuchungen zum Einfluss von Farbmitteln, unter besonderer Berück-
sichtigung deren schädigender Wirkung auf die Faserfestigkeit, sind in der Literatur
allerdings nicht ausreichend dargestellt. Im Rahmen dieser Arbeit wird daher
schwerpunktmäßig der Einfluss von Farbpigmenten auf diskontinuierlich kurz- und
langfaserverstärkte Thermoplaste (SFT, LFT) und Bulk Moulding Compound (BMC)
dargestellt. Bei beiden Werkstoffgruppen kann sowohl während der Compoundierung
wie auch bei der Verarbeitung durch die Wechselwirkung zwischen harten
Farbpigmenten und Verstärkungsfasern eine Faserschädigung auftreten. Die
ökonomische Bedeutung der Untersuchungen zeigt sich in der Tatsache, dass
faserverstärkte Thermoplaste und BMC zu den Massenkunststoffen zählen. Der Markt
alleine in Westeuropa betrug 1999 für kurzfaserverstärkte Thermoplaste ca. 700.000
und für BMC etwa 74.000 jato.
Weiterhin sind auch andere Schädigungsformen der Fasern denkbar, wie z. B. durch
Technoklimate, chemische Reagenzien und sonstige mechanische Angriffe (z. B. der
Zerkleinerung beim Recycling). Auch hierzu werden Untersuchungen vorgestellt.
Ziele der Arbeit
3
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2 Ziele der Arbeit
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen mit Hilfe eines am Lehrstuhl RPE
entwickelten Mikrofaserbiegeversuchs Untersuchungen zur Faserschädigung bei
diskontinuierlich faserverstärkten Kunststoffen durchgeführt werden.
Dabei lässt sich die Arbeit im Wesentlichen in folgende Bereiche gliedern:
Darstellung des technischen Standes bezüglich:
• grundlegender Modellvorstellungen zur Faserverstärkung bei Kunststoffen,
• Messmethoden zur Faserfestigkeitsbestimmung.
Stetige Anpassung und Bewertung der Messmethode des Dreipunktbiegeversuchs
zur quantitativen Bestimmung von Festigkeitskennwerten für kürzeste Faserfrag-
mente, wie sie nach der Verarbeitung z. B. im Spritzguss vorliegen.
Statistische Kennwertbeschreibung, Umrechnung von Biege- auf Zugkennwerte:
• Generierung einer statistisch abgesicherten Auswertemethode für Bruchfestig-
keiten von Glasfasern im Dreipunktbiegeversuch,
• Modellbildung zur Umrechnung von Biege- auf Zugfestigkeiten,
• Extrapolation der Bruchspannungen hin zu Werten für die kritische Faserlänge
und darüber.
Experimentelle Untersuchungen zum Einfluss von Farbpigmenten, welche zur
Einfärbung technischer Kunststoffe verwendet werden, auf die Eigenschaften kurz-
und langfaserverstärkter Thermoplaste und BMC. Hierzu gehört jeweils die
Bestimmung der Faserbruchspannungen und Faserlängenverteilungen sowie die
Prüfung von Schulterstäben im Zugversuch und Schlagbiegeversuch nach Charpy.
Durch gezielte Verifikation von Einflussparametern sollen der Schädigungsverlauf
und die Wechselwirkungen bezüglich der Eigenschaften des Verbunds
herausgearbeitet werden. Untersuchte Einflussparameter an einem kurzglasver-
stärkten Polyamid 6 waren:
Ziele der Arbeit
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• Konzentration der Pigmente,
• Unterschiede handelsüblicher Pigmentgruppen,
• Verarbeitungsverfahren (Direkt- und Extrusions + Spritzgussverarbeitung),
• Teilchengröße und Teilchenform.
Prinzipieller Nachweis der Übertragbarkeit auf andere Werkstoffgruppen:
• langglasfaserverstärktes Polypropylen PP-GF30,
• kohlenstofffaserverstärktes Polyamid 6,
• Bulk Moulding Compound (BMC).
Rechnerische Überprüfung bestehender Modellvorstellungen zu Festigkeit und
Energieaufnahme auf Basis der Messergebnisse.
Weitergehende Untersuchungen im Bereich Recycling:
• hydrolytischer Faserfestigkeitsabbau,
• Überprüfung des bestehenden SMC-Recyclings (Partikelrecyclingverfahren) auf
Faserschädigung.
Weiterhin war es die Aufgabe, die im Laufe der Zeit gewonnenen Erfahrungen in den
Prüfstand zur Faserfestigkeitsbestimmung in Form von konstruktiven und/oder
messtechnischen Veränderungen einfließen zu lassen und den Anforderungen der
Untersuchungen anzupassen.
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
3 Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
5
Ein FKV definiert sich als ein Werkstoff, der aus einer oder mehreren diskontinuierlichen
Phasen besteht, die in einer kontinuierlichen Phase eingebettet ist/sind. Die Grund-
bausteine bilden somit die Verstärkungsfasern, eine organische Matrix, sowie die
Grenzschicht dieser beiden Komponenten. Hauptaufgabe der Fasern ist es, die Kunst-
stoffmatrix zu verstärken und zu versteifen. Die Matrix fixiert die geometrische Struktur
des FKV, gewährleistet die Kraftübertragung von außen und zwischen den Fasern,
stützt und schützt die Fasern bei Beanspruchung und nimmt auch eventuelle Zusatz-
stoffe auf [14-16]. Das Ausmaß dieses eindimensionalen Verstärkungsmechanismusses
hängt ab von:
• der Faserart und somit deren Eigenfestigkeit, Steifigkeit und Geometrie (Schlank-
heitsgrad, Form),
• der Matrix (Morphologie, Kristallinität, Molekulargewicht, etc.),
• der Haftung zwischen Faser und Matrix und damit vor allem von der verwendeten
Faserschlichte (Haftvermittler, Schutz vor mech. Beschädigung) sowie
• dem Fasergehalt, der Faserorientierung/-schichtung im Bauteil und
• dem verwendeten Herstellungsverfahren (Homogenität, Benetzung, etc.) des FKV.
Das Zusammenwirken und die jeweiligen Eigenschaften der Komponenten bestimmen
die Verbundeigenschaften. Die Vielzahl der Strukturparameter zeigt die Komplexität der
FKV-Struktur und die Notwendigkeit der Parameteroptimierung, bietet aber auch
gleichsam die Möglichkeit der gezielten Eigenschaftsgestaltung. Ziele der Faserver-
stärkung sind hierbei neben der Steifigkeits- und Festigkeitserhöhung vor allem
• die Erhöhung der Wärmeformbeständigkeit und des Langzeitverhaltens,
• die Verringerung des Ausdehnungskoeffizienten bei geringer Anisotropie und
Verzugsneigung,
• hohe Bruchzähigkeit und somit gute Impact- und Crasheigenschaften und
• gute Dämpfungseigenschaften bzw. eine hohe Schallabsorption.
Hierbei können sich die Einflussgrößen ergänzen oder aber auch gegensätzlich wirken.
Nachfolgende Abbildung verdeutlicht nochmals die Vielzahl der Einflussgrößen.
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
6
Unumstritten ist hierbei die Notwendigkeit ausreichend langer Verstärkungsfasern bzw.
die Forderung nach hohen Schlankheitsgraden λ (Längen-/Durchmesserverhältnis).
Temperatur T
Viskosität η
Verweilzeit
Zylinder-heizung/-kühlung
Scherspalt h/Geometrie
Schergeschwindigkeit γ
Staudruck pS Schneckendrehzahl nS
Prozessoptimierung hinsichtlich Faserlänge
Schubspannung τ
EINFLUSSFAKTOREN / ANSATZPUNKTE
ÜBERZIELE
niedrigerAusdehnungskoeffizient
Faserorientierung
Bauteil-geometrie
Prozess-führung
Homogenität
zusätzlich zu optimieren
Faserlänge
Haftvermittler
Materialfestigkeit/Modul
Langzeitverhalten
Isotropie in derEbene/Verzug
Festigkeit/Bruchdehnung
Dämpfung/Schallabsorption
Impact-/Crashverhalten
Schubspannung τ
EINFLUSSFAKTOREN / ANSATZPUNKTE
ÜBERZIELE
niedrigerAusdehnungskoeffizient
Faserorientierung
Bauteil-geometrie
Prozess-führung
Homogenität
zusätzlich zu optimieren
Faserlänge
Haftvermittler
Materialfestigkeit/Modul
Langzeitverhalten
Isotropie in derEbene/Verzug
Festigkeit/Bruchdehnung
Dämpfung/Schallabsorption
Impact-/Crashverhalten
Schubspannung τ
Bild 1: Einflussgrößen auf die Verbundstruktur von FKV nach Haffelner et al. [17]
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
7
3.1 Grundtheorien zur Mikromechanik der Faserverstärkung in FKV
Die Grundüberlegung zur Verstärkungswirkung von Faserstoffen höherer Festigkeit und
Steifigkeit geht davon aus, dass von außen einwirkende Kräfte über Schubspannungen
in der Faser/Matrix-Grenzfläche weitergeleitet werden müssen. Prinzipiell lassen sich
zwei grundlegende Modellvorstellungen des Lastaufbaus entlang der Faser unter-
scheiden.
In der klassischen Shear-Lag-Theorie beschreibt Cox [18] die Zusammenhänge
erstmals analytisch unter den folgenden Annahmen:
• Faser und Matrix verhalten sich ideal elastisch bei perfekter Haftung (kein Ablösen
der Faser von der Matrix),
• die Steifigkeit der Matrix ist sehr viel kleiner als die der Faser (EF >> EM), die
Bruchdehnung der Matrix liegt über der der Faser,
• die Matrix überträgt nur Schubspannungen und die Faser nimmt nur Normalspan-
nungen auf,
• es erfolgt keine Lastübertragung an den Faserquerschnittsenden (Normalspannung
ist null),
• Faser und Matrix werden als Zylinder betrachtet, lokale Spannungsüberhöhungen
an den Faserenden und Spannungen in Radial- und Umfangsrichtung werden
vernachlässigt (die Poissonkonstanten werden als gleich angenommen).
Bei Betrachtung einer einzelnen Faser mit der Steifigkeit EF, der Länge lF und dem
Faserdurchmesser 2rF ergeben sich bei äußerer Belastung (Dehnung ε) in Achsrich-
tung x mit der eingeführten Konstanten β (GM Matrixschubmodul, R Radius des
umgebenden Matrixzylinders bzw. der mittlere Abstand zur Nachbarfaser)
( )21
/ln21
=
rREG
r F
Mβ Parameter der Spannungsübertragung (Gleichung 1)
die Grenzflächenschubspannung τGr zu:
−
=
2cosh
2sinh
2 F
F
FFGr l
xlr
Eβ
ββετ
Grenzflächenschubspannung
(Gleichung 2)
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
8
und die Faserzugspannung σF zu:
−
−=
2cosh
2sinh
1F
F
FF l
xl
Eβ
βεσ
Faserzugspannung
(Gleichung 3)
Eine weitere grundlegende Modellvorstellung des Faser/Matrix-Verbunds stellt die
elastisch-plastische-Analyse nach Kelly et al. [19,20] dar. Die Kernabweichung der
Betrachtung, entgegen der klassischen Shear-Lag-Analyse, beruht auf der Annahme,
dass mit steigender Belastung die an den Faserenden entstehenden Schub-
spannungsspitzen durch plastisches Matrixfließen abgebaut werden. Somit ist die
Grenze der maximalen Schubspannung durch die Fließspannung bei duktilen Matrices
gegeben. Unter der Voraussetzung eines wiederum idealen elastisch-plastischen
Matrixverhaltens führt dies zu einer homogen scherbelasteten Grenzfläche mit
τGr = konstant zum Zeitpunkt des Versagens. Diese Gleichsetzung der wirkenden
Schub- mit der Matrixfließspannung in der Grenzfläche wird als Kelly-Tyson-Näherung
bezeichnet. Der Grenzfall des Lastaufbaus durch Reibung, also der Fall des reinen
Faserauszugs (Pull-Out), wenn nach der Grenzflächenablösung (Debonding) nur noch
eine konstante Reibkraft von der Grenzfläche übertragen werden kann, lässt sich in
gleicher Art beschreiben. Bild 2 veranschaulicht den Schub- und Zugspannungsverlauf
der Grenzfläche bzw. der Faser nach Cox im Vergleich zur Kelly-Tyson-Näherung.
Der größtmögliche Verstärkungseffekt im Verbund wird erzielt, wenn die Festigkeit der
Faser erreicht wird, also bei ausreichender Haftung bzw. mit Überschreitung des durch
Kelly et. al. eingeführten kritischen Schlankheitsgrades (Gleichung 4). Ausgehend von
der Betrachtung des Kräftegleichgewichts zwischen Zug- und Schubkräften an einer
einzelnen Faser und unter den vorgenannten Voraussetzungen sowie ideal elastisch-
plastischem Matrixverhalten berechnet sich dieser mit:
Gr
F
kritF
Fkrit d
lτσ
λ2
=
= kritischer Schlankheitsgrad (Gleichung 4)
bzw. nach Umformung, die sog. kritische Faserlänge lkrit zu:
Gr
FFkrit
dlτ
σ2
= kritische Faserlänge (Gleichung 5)
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
9
Bei angenommenem gleichen Durchmesser werden somit Fasern unterhalb der
kritischen Faserlänge lkrit im Versagensfall herausgezogen (Pull-Out), während Fasern
überkritischer Länge brechen.
F F
Faser Matrix
max,Grτ
Grτ
max,Fσ
Fσkritll < kritll = kritll >
plastischτ
σF
β = 0,5 β > 0,5
Cox Kelly-Tyson
Bild 2: Grenzflächenschub- und Faserzugspannungsverlauf bei ideal elastisch (nach Cox) und ideal elastisch-plastisch (nach Kelly-Tyson) angenommener Matrix [18-21]
Entlang der Faser baut sich je nach Art der Matrix ein charakteristischer Schub-
spannungsverlauf auf. Diese Verläufe sind idealisiert, denn zumindest im elastischen
Fall würde ein Mehrfaches der Grenzflächenschubspannung an den Faserenden
erreicht werden. Da die einwirkende Schubspannung die Grenzflächen- bzw. Matrix-
schubfestigkeit nicht überschreiten kann, kommt es bei guter Haftung im Bereich der
größten Grenzflächenschubbeanspruchung an den Faserenden zum Matrixfließen,
während im Allgemeinen ein Ablösen der Matrix (Debonding) mit reibungsbehaftetem
Gleiten beobachtet wird. Somit verringert sich die übertragbare Kraft pro Flächeneinheit,
was zu einer längeren benötigten Krafteinleitungsstrecke führt. Ist die Faser überkritisch
lang, so wird sie durch den ausreichenden Krafteinleitungsweg bis zur Bruchspannung
belastet und bricht. Ein so genannter Faserbruch oder Faserauszugsbruch tritt ein, hier
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
10
wird die Faserfestigkeit vollständig ausgenutzt. Bei einer Erhöhung der Faserlänge
erfolgt keine weitere bzw. nur eine geringe Festigkeitszunahme des Verbunds. Da nach
Gleichung 5 die kritische Faserlänge umgekehrt proportional der Grenzflächen-
schubfestigkeit ist, kann die optimale Ausnutzung der Fasern bereits bei kürzeren
Längen erfolgen, wenn die Haftung erhöht wird [21]. Die Verstärkungswirkung ist mit
zunehmender Faserlänge oberhalb der kritischen Faserlänge zumindest theoretisch
noch nicht ausgereizt. Bei Betrachtung von Bild 2 wird deutlich, dass die mittlere
Faserspannung Fσ bei diskontinuierlicher Faserverstärkung mit zunehmender Faser-
länge weiter steigt, obgleich sie das Niveau kontinuierlich verstärkter Verbunde nicht zu
erreichen vermag. Aus Gleichung 8 und der Tatsache, dass die Modellvorstellungen
von volumenbezogenen mittleren Kenngrößen (siehe hierzu auch die
Modellvorstellungen in Kap. 3.2) ausgehen, geht hervor, dass gerade der halbe
Verstärkungswirkungsgrad ηW für die konstante Grenzflächenschubspannung (β = 0,5)
nach Kelly et. al. [22] erreicht ist.
FWF σησ = mittlere Faserspannung (Gleichung 6)
llkrit
W.)1(1 βη −−= Wirkungsfaktor der Faserlänge (Gleichung 7)
( )llkritFF 2/1 .−= σσ mittlere Faserspannung für β = 0,5 (Gleichung 8)
Somit kann zumindest theoretisch mit steigendem l/lkrit. der Wirkungsgrad der
Kurzfaserverstärkung erhöht und die Festigkeit von Langfaserverbunden annähernd
erreicht werden, wie nachfolgende Darstellung für idealisierte Verbunde (ab l > lkrit)
verdeutlicht.
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0 5 10 15 20relative Faserlänge l/lkrit
Wirk
ungs
fakt
or
llkrit
W 21 .−=η
Bild 3: Verstärkungswirkungsgrad ηW über dem Verhältnis l/lkrit. nach [23] in [24]
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
11
3.2 Modelle zur Steifigkeit, Festigkeit und Zähigkeit diskontinuierlicher FKV
Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) bieten auf Grund der vielfältigen Kombinations-
möglichkeiten von Fasern und Matrices sowie deren Verstärkungsaufbau eine Variation
des Eigenschaftsspektrums wie keine andere Werkstoffgruppe. Die außergewöhnliche
wirtschaftliche Bedeutung der Faserverstärkung wird durch das vergleichsweise
niedrige Preis-Leistungs-Verhältnis getragen. Faserfüllungen verbessern das
Eigenschaftsspektrum und senken zudem in ihrer Funktion als Extender die
Materialkosten [25]. Gerade faserverstärkte Thermoplaste vereinen besondere Vorzüge
in sich. Geprägt durch die kostengünstige Halbzeugherstellung – meist erfolgt die
Compoundierung mit Ein- oder Zweischneckenextrudern im Ein- oder
Zweistromverfahren – und die Verarbeitung im Spritzguss – mit seiner hohen
fertigungstechnischen Integrationstiefe, geringen Zykluszeiten und der damit
verbundenen Möglichkeit der Großserienfertigung – sowie die gute Recyclierbarkeit
– Produktionsabfälle und Endprodukt – ist und bleibt der Werkstoff im Mittelpunkt des
technischen Interesses. Hohe Verstärkungseffekte werden durch hohe Faser-
volumenanteile im Verbund mit hohen Schlankheitsgraden (Längen-/Durchmesser-
verhältnis) der Fasern erreicht. Dem entgegen stehen die zur Massenproduktion
notwendigen Verarbeitungsverfahren mit ihrer meist unausweichlichen Faserlängen-
verkürzung und der gegenläufigen Tendenz, mit zunehmendem Faservolumenanteil
immer kürzere Fasern im Bauteil zu erhalten. Die Bemühungen zur Weiterentwicklung
solcher Verbunde sind somit vor allem durch Verbesserungen der Verarbeitungstechnik
unter Berücksichtigung der physikalischen Grundlagen der Faserverstärkung bestimmt.
Die materialspezifischen Eigenschaften eines FKV ergeben sich durch die
Eigenschaften der einzelnen Verbundpartner und die Verarbeitungsbedingungen. Bei
einer modellmäßigen Beschreibung wird somit versucht, den FKV mittels seiner
Komponenten und deren Wechselwirkungen zu verstehen. Zur Berechnung der
mechanischen Kenngrößen Steifigkeit (E-Modul), Festigkeit und Zähigkeit
(Energieaufnahme) sind in der Literatur z. B. [18-20, 24, 26-30] unterschiedlichste
Modellvorstellungen beschrieben, die meist auf modifizierten Mischungsregeln beruhen.
Allen gemeinsam ist die Annahme einer vollständigen Vereinzelung und Imprägnierung
der Fasern, ebener Orientierung sowie einer optimalen Faser/Matrix-Haftung bzw.
überkritisch langen Fasern. Nachfolgend wird eine Übersicht grundlegender
Modellvorstellungen gegeben.
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
12
3.2.1 Modellvorstellung: Steifigkeit
Die Beschreibung der Steifigkeit, charakterisiert durch den Elastizitätsmodul E, geht auf
Arbeiten von Cox [18] für kontinuierlich und diskontinuierlich gerichtete Verbunde
zurück und wurde nachfolgend durch Krenchel [26] für diskontinuierlich ungerichtete
Faserverstärkung erweitert. Ausgehend von der linearen Mischungsregel für unidirek-
tional endlosverstärkte Matrices (Gleichung 9):
( ) MFFFV EVEVE −+= 1 kontinuierlich gerichtet (Gleichung 9)
und Übertragung der äußeren Last durch Grenzflächenschubspannungen (maximale
Spannung an den Faserenden und Spannungsnullpunkt in Fasermitte) führte Cox einen
Faserlängeneffizienzfaktor ηl (Gleichung 10) ein:
( ) MFFFlV EVEVE −+= 1η diskontinuierlich gerichtet (Gleichung 10)
Dieser berechnet sich in allgemeiner Form mit der Konstanten β nach Gleichung 1 zu:
( )
−=
2/2/tanh1
ll
l ββη
(Gleichung 11)
Die Berücksichtigung der Faserorientierung führt im Weiteren zu einem Orientierungs-
faktor η0. Für regellos angeordnete, diskontinuierliche Faserverstärkung ergibt sich die
modifizierte Mischungsregel nach Cox-Krenchel zu:
( ) MFFFlV EVEVE −+= 10ηη diskontinuierlich ungerichtet (Gleichung 12)
Für den einfachsten Fall einer zweidimensionalen (ebenen) und bezüglich einer Primär-
achse (Belastung) symmmetrischen Verteilung kann der Orientierungsfaktor mit:
1cos2 20 −⟩⟨= φη (Gleichung 13)
berechnet werden [31]. Der Ausdruck ist dabei der Mittelwert von cos und ⟩⟨ φ2cos φ2 φ
die Winkelabweichung der Fasern zur betrachteten Primärachse. Bei Faserorientierung
in Belastungsrichtung wird η0 = 1, mit abnehmender Orientierung reduziert sich der
Wirkungsgrad, bis er sich schließlich bei senkrechter Anordnung η0 = 0 nähert. Nur
leicht quer zur Belastungsrichtung orientierte Fasern bewirken somit eine schnell
abnehmende Versteifung [32]. Im realen Fall wird die Verbundsteifigkeit allerdings
schon durch geringste Glasfasergehalte VF auf Grund des großen Steifigkeitsunter-
schiedes von Faser und Matrix verbessert [33]. Da im Regelfall eine nicht zu vernach-
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
13
lässigende, dreidimensionale Faserausrichtung gegeben ist, wird der Orientierungsgrad
im Allgemeinen an Schliffproben mittels entsprechenden halb- oder vollautomatisch,
bildanalytisch arbeitenden Systemen ermittelt. Hierbei macht man sich das Ellipsen-
verhältnis der Faserdurchdringung in der Schliffebene zu Nutze. Eine vollständige
Beschreibung des Orientierungszustandes liefert z. B. der Orientierungstensor nach
Advani und Tucker [34]. Vorteile liegen in der einfachen Schreibweise, der Eindeutigkeit
und Vergleichbarkeit sowie der leichten Implementierung bei Berechnungen. Chou [28]
gibt für eine Berechnung (Index: 0*) des Orientierungsfaktors ∗0η von diskontinuierlich
ungerichteten Fasern mit einheitlicher Faserlänge folgende Beziehung an:
−−
−+−⋅−+= −
∗2
2122
30 1111
log21cos1)2(
38
ββ
ββββπ
η (Gleichung 14)
(diskontinuierlich ungerichtet bei einheitlicher Faserlänge)
Der Wert β liegt zwischen 0 < β ≤ 1 und stellt mit der Länge l die Weite der so
genannten kritischen Zone dar. Für LFT, welches im „Papiermacher“-Verfahren
hergestellt wurde, geben Thomason et al. [37] zum Beispiel einen Wert von 2,00
=∗η
an. Da man bei dieser Art der Herstellung von einer nahezu ebenen und quasiisotropen
Faserverteilung ausgehen kann, sollte der Wert eher bei 0,375 liegen. Gründe für diese
Differenz finden sich hierbei wohl vor allem in Verlusten durch Faserkrümmungen und -
bündelungen. In nachfolgendem Bild 4 sind für verschiedene Faservolumengehalte die
theoretisch berechneten und auf die maximale Steifigkeit normierten E-Module nach
Cox-Krenchel (Gleichung 12) in Abhängigkeit von der Faserlänge dargestellt.
Bild 4: Auf den Maximalwert normierter E-Modul nach Cox-Krenchel in Abhängigkeit von der Faserlänge (lkrit = 2,6 mm) und dem Faservolumenanteil [35] in [36]
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
14
Das Steifigkeitsgrundniveau in Bild 4 ist durch den Matrixanteil gegeben. Die Verbund-
steifigkeit steigt mit zunehmender Faserlänge zu Beginn stark an, bis sie ab
Faserlängen von 2-3 mm nahezu konstant wird. Mit Fasern um die kritische Faserlänge
(Bild 4, lkrit = 2,6 mm) kann bereits über 90% der Steifigkeit einer Endlosverstärkung
erreicht werden. Da der E-Modul bei 0,5% und somit bei geringen Spannungen
bestimmt wird, tragen unterkritisch lange Fasern mit zur Gesamtsteifigkeit bei, wodurch
auch kurzfaserverstärkte Werkstoffe gute Steifigkeiten erzielen.
Für kurzfaserverstärkte Kunststoffe findet in der Literatur auch oft das semi-empirische
Modell nach Halpin-Tsai [29] Verwendung. Neben dem Fasergehalt geht hier das
Längen/Durchmesser-Verhältnis mit ein, wobei die Einflüsse der Faserorientierung noch
unberücksichtigt bleiben, also eine perfekte, unidirektionale Faseranordnung voraus-
gesetzt wird. Eine weitere Darstellung soll an dieser Stelle allerdings nicht erfolgen.
3.2.2 Modellvorstellung: Festigkeit
Auf Basis der linearen Mischungsregel
MFFFv VV σσσ )1( −+⋅= lineare Mischungsregel (Gleichung 15)
und durch Einführung eines so genannten Wirkungsfaktors ηW nach Kelly [19,20],
welcher dem Faserlängeneffizienzfaktor ηl (Gleichung 11) für l > lkrit entspricht,
llkrit
W )1(1 βη −−= Wirkungsfaktor (Gleichung 16)
lässt sich, unter Annahme eines ideal elastisch-plastischen Matrixverhaltens (Bild 2,
β = 0,5) die Verbundfestigkeit (diskontinuierlich gerichtet verstärkte FKV, überkritisch
lange Fasern) nach Gleichung 17 abschätzen.
MFkrit
FFV Vl
lV σσσ )1(
21 −+
−=
überkritische Faserlänge,
diskontinuierlich gerichtet (Gleichung 17)
Die Einführung des Wirkungsfaktors (ηW < 1) zeigt, dass diskontinuierlich gerichtete
Fasern den Verbund immer weniger effizient verstärken als kontinuierliche. Das auf
dieser rechnerischen Grundlage ermittelte Bild 5 zeigt allerdings, dass im Gegensatz
zur Steifigkeit (vgl. Bild 4) mit zumindest mehrfacher kritischer Faserlänge nahezu die
Festigkeit einer entsprechend kontinuierlichen Faserverstärkung erreicht werden kann.
Bei l = lkrit , wie dies von z. B. kurzglasfaserverstärkten Thermoplasten oft nicht einmal
erreicht wird, ist somit nur die Hälfte des Verstärkungspotentials ausgeschöpft.
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
15
Bild 5: Auf den Maximalwert normierte Zugspannung nach Kelly in Abhängigkeit von Faserlänge (lkrit = 2,6 mm) und Faservolumenanteil [37] in [36]
Für eine Verstärkungswirkung muss in der Realität ein minimaler Faservolumengehalt
mit einer Orientierung der Fasern in Belastungsrichtung vorliegen, da es sonst zu einem
Verbundfestigkeitsabfall kommt, dessen Begründung in den Kerbwirkungen der
Faserenden liegt [39]. Auf Grund der unterschiedlichen Bruchdehnungen (εF < εM)
erfährt die Matrix gerade die Spannung σM, die bei Erreichen der Faserbruchspannung
σF gegeben ist. Eine Betrachtung der Normalspannungsübertragung durch die Quer-
schnittsflächen der Faserenden erfolgt in den Modellen nicht.
Basierend auf der durch die technische Herstellung begründeten Faserlängenverteilung
und mit Kenntnis der kritischen Faserlänge oder der Grenzflächenschubfestigkeit
beschreibt Folkes [24] das Abschätzen der Verbundfestigkeit durch Aufspalten in einen
unterkritischen (l < lkrit) und einen überkritischen (l > lkrit) Faserverstärkungsanteil. Der
Orientierungsgrad ηO steht für die Faserorientierung bei ungerichteten Fasern (Bild 6).
max , F σ
F σ
krit l l < kritl l >
MM krit
FF O V V l l V σ σ η σ +
=
2 MM krit krit
FFOV V l
l l
lV σ σ σ η σ +
+
− =
211
2 / krit l
kritll −
krit l l < l
Bild 6: Festigkeitsmodell nach Folkes für diskontinuierlich ungerichtet verstärkte FKV [24,27]
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
16
3.2.3 Modellvorstellung: Energieaufnahme, Zähigkeit
Während die Steifigkeit und Festigkeit von diskontinuierlich verstärkten Faserkunst-
stoffverbunden in guter Näherung berechnet werden können, existieren auf Grund der
komplexen Versagensformen bei schlagartiger Beanspruchung (Zähigkeit bzw. Energie-
aufnahmevermögen) keine gängigen Berechnungsgleichungen. Nach Friedrich [30]
setzt sich die beim Bruch zu leistende Arbeit je nach Faser-Matrix-System aus
unterschiedlichen Energiethermen der Einzelversagensmechanismen zusammen.
Hierzu gehören:
• die Matrixbruchenergie (Crazing, Matrix Fracture),
• die Scher- und Deformationsenergie (Plastic Shear Deformation),
• die Relaxationsenergie,
• die Energie zur Grenzflächenablösung (Debonding),
• die Energie zum Faserauszug (Pull-Out),
• die Faserbruchenergie (Fibre Fracture).
UVerbund = UMatrixverformung + -bruch + UFaser/Matrix-Ablösung + UFaserauszug + UFaserbruch
Bild 7: Versagensmechanismen in diskontinuierlich ungerichtet verstärkten FKV [30] in [40]
Eine genaue Kenntnis über Einflüsse und Verteilung der einzelnen Therme an der
Gesamtenergieaufnahme des Verbunds besteht allerdings nicht.
Cottrell [41] beschreibt die Berechnung der Verbundbruchenergie UV für gerichtete
Grundlagen zur Faserverstärkung, Modellvorstellungen
17
Faserorientierung und überkritische Faserlänge mit:
F
RkritkritF
F
DkritkritF
F
FkritkritFMFV d
ll
lVdUl
llV
El
llVUVU
621)1(
22 τσ⋅⋅+⋅⋅+⋅
−⋅+⋅−= (Gleichung 18)
(UM = Matrixbruchenergie, UD = Energie zur Delamination, τR = Reibspannung bei Pull-Out)
Hierbei wird, wie auch bei anderen Autoren [22,24,27,42,43], von einer durch Faseraus-
zug dominierten Energiedissipation ausgegangen und einer zu vernachlässigenden
Energieaufnahme durch Faserbruch. Courtney [27] gibt beispielsweise eine einfache,
rein qualitative Beschreibung an (siehe auch Kapitel 6.2.2). Der Ansatz von Thomason
und Vlug [38] wiederum geht von einem durch Faserbruch dominierten Energieauf-
nahmevermögen aus und beschreibt die Berechnung der Bruchenergie mit folgender
Beziehung:
+
⋅
⋅+⋅−=
kritF
DfFMFV ll
lEl
VUVU2
)1(2σ
(Gleichung 19)
(lD = Länge der Delamination)
Den Unterschied beider Modellvorstellungen zeigt Bild 8. Nach Cottrell erreicht die
Schlagzähigkeit mit der kritischen Faserlänge ihr Maximum und fällt danach wieder ab,
nach Thomason und Vlug steigt die Energieaufnahme ebenfalls mit zunehmender
Faserlänge, nähert sich dann aber einem Grenzwert. Wie beim Festigkeitsmodell
(Gleichung 17) lässt sich auch hier mit mehrfacher kritischer Faserlänge (lkrit = 2,6mm)
eine der kontinuierlichen Faserverstärkung entsprechende Energieaufnahme erreichen.
Bild 8: Auf den Maximalwert normierte Schlagzähigkeit nach Cottrell und nach Thomason und Vlug in Abhängigkeit von der Faserlänge (lkrit = 2,6 mm) [38] in [36]
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
18
4 Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
Bei diskontinuierlich faserverstärkten Kunststoffen tritt sowohl während des Compoun-
dierens wie auch bei der Verarbeitung zum Fertigteil eine Faserschädigung auf. Dies
zeigt sich deutlich in der Abnahme der im Bauteil vorhandenen mittleren Faserlänge.
Eine Überprüfung der Faserfestigkeit war bisher, auf Grund fehlender geeigneter
Prüfmethoden bei den geringen Schlankheitsgraden bereits verarbeiteter Fasern, nicht
oder nur eingeschränkt möglich. Dieses Kapitel stellt einen am Lehrstuhl RPE
entwickelten Mikrofaserbiegeversuch vor, mit dem es gelingt, die Festigkeit an Einzel-
fasern experimentell zu bestimmen und dies bis zu extrem kleinen Schlankheitsgraden.
Nach einem kurzen Überblick zu den Einsatzgrenzen bekannter Einzelfasertests wird
der am Lehrstuhl entwickelte Mikrobiegeversuch detailliert vorgestellt, seine Vorteile
und Einschränkungen diskutiert. Im Anschluss folgt die Beschreibung der statistischen
Auswertung der Daten nach der Weibullverteilung, welche bei spröden Materialien ihre
Anwendung findet. Auf Grund der Problematik, im Mikrobiegeversuch Biegebruchspan-
nungen zu ermitteln, diese aber mit Zugspannungen vergleichen zu müssen, ergibt sich
die Notwendigkeit der Kennwertumrechnung. Auf Basis des Vergleichs effektiver
Oberflächen wird abschließend eine Umrechnungsmöglichkeit aufgezeigt.
4.1 Vorüberlegungen zur Messtechnik
Nach Gleichung 5 ist die kritische Faserlänge, welche zur Festigkeitsoptimierung des
Verbunds zumindest erreicht werden sollte, hauptsächlich von der materialspezifischen
Grenzfläche, also der Haftung, der Faserfestigkeit und dem Faserdurchmesser,
abhängig. Da Faserfestigkeit und -durchmesser vorgegeben sind, gilt es zum einen,
eine ausreichende Anbindung der Faser an die Matrix zu gewährleisten, zum anderen,
die Ausgangslänge der Fasern über die einzelnen Verarbeitungsschritte hinweg bis hin
zum Bauteil möglichst zu erhalten. Somit waren die Hauptuntersuchungsfelder des
größtmöglichen Optimierungspotentials der Vergangenheit klar vorgegeben. Während
umfangreiche Untersuchungen zum Abbau der Faserlänge bei der Verarbeitung [2-11]
und auch eine Reihe von Untersuchungen zur Fasermatrixhaftung (z. B. [44] und darin
befindliche Verweise, Literaturangaben in Tabelle 1) vorliegen, wurde ein möglicher
Abbau der Faserfestigkeit bislang nicht untersucht, obwohl die teils extreme
Empfindlichkeit einzelner Verstärkungswerkstoffe gegenüber Oberflächenschädigungen
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
19
durchaus bekannt ist. Der Grund für das Fehlen von Untersuchungen hierzu liegt vor
allem in der bisher fehlenden mechanischen Prüfmöglichkeit einzelner Fasern,
nachdem sie durch Verarbeitungsverfahren – wie beispielsweise dem Spritzguss – eine
immense Verkürzung erfahren haben. Während zur Charakterisierung der Faser/Matrix-
Haftung einige Untersuchungsmethoden mit ihren spezifischen Vor- und Nachteilen
bekannt sind (ein Überblick gibt hierzu Tabelle 1 mit weiterführenden Literaturangaben),
stehen zur Festigkeitscharakterisierung der Fasern nur wenige zur Verfügung. Dies sind
zum einen der Faserbündel- oder Rovingzugversuch, der Einzelfaserzugversuch und
der Schlaufen- oder auch Schlingen- bzw. Knotenversuch (Loop Test).
Beim Faserbündelzugversuch wird eine größere Anzahl von Filamenten, meist ein
Roving, mit Aufleimern versehen und in einer Universalprüfmaschine bis zum Bruch
belastet. Bei angenommener gleichmäßiger Spannungsverteilung versagen zunächst
die schwächsten Fasern, es erfolgt eine Umlagerung auf die Restfasern bei nun
entsprechend erhöhter Spannung, wodurch weitere Fasern versagen. Da nun aber die
Bruchkraft auf die Querschnittsfläche des Bündels bezogen wird, ist die Bündelfestigkeit
immer geringer als die mittlere Einzelfaserfestigkeit. Tsai [45] gibt für die Minder-
festigkeit des Faserbündels nach Berechnung und Weibull-statistischer Bruchverteilung
in Abhängigkeit des Moduls Werte von 75% (m = 10) bis 66% (m = 5) an. Die Mittel-
werte gemessener Faserbündelbruchfestigkeiten zeigen nur eine geringe Streuung und
nahezu keine Prüflängenabhängigkeit bei Belastungslängen von 20 - 100mm [46].
Eine der einfachsten Methoden ist die Biegebelastung einer einzelnen Faser im
Knoten- bzw. Schlaufentest. Hierbei wird eine einzelne Faser zu einer Schlaufe
übereinander gelegt und diese an den freien Enden bis zum Brucheintritt enger
gezogen. Alternativ kann auch ein Knoten gebildet werden, der aber den Nachteil
aufweist, dass es oft an diesem zum Versagen kommt, hier allerdings nicht die
höchstbelastete Stelle vorliegt. Da die Schlaufe nicht kreisförmig, sondern elliptisch ist,
berechnet sich nach Sinclair [47] der minimale Biegeradius rb an der Stelle der höchsten
Biegebelastung zu:
abrb 2/2= minimaler Biegeradius (Gleichung 20)
und die Biegebruchspannung σB mit dem E-Modul EF und dem Radius rF der Faser zu:
bFFB rrE /*=σ Biegebruchspannung (Gleichung 21)
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
20
Bild 9: Geometrien beim Schlaufen- bzw. Knotentest (Loop Test) [48]
Fukuda [48] vergleicht Ergebnisse des Schlaufentests an Carbon-Fasern mit Berech-
nungen nach der elastischen Biegetheorie und kommt zu einer guten Übereinstimmung.
Vergleiche mit Einzelfaserzugversuchen bei 25mm Belastungslänge bringen deutlich
geringere Bruchspannungen, was mit der Längenabhängigkeit des Kennwerts
(volumenabhängige Defektverteilung, siehe auch Kapitel 4.4) begründet wird. Nach
Extrapolation der mittleren Zugfestigkeit mittels der Weibull-Verteilung zu etwa der
belasteten Länge von 0,5mm im Schlaufentest hin, ergibt sich eine befriedigende
Übereinstimmung.
Der Einzelfaserzugversuch, wie er in der Norm ASTM D3379-75 beschrieben ist,
gehört zu den aussagekräftigsten [49,50]. Zum einen werden einzelne Fasern rein auf
Zug belastet, ähnlich dem realen Belastungszustand, zum anderen kann die im
späteren Verbund vorliegende Faserlänge überprüft, also der Längeneinfluss eliminiert
werden. Aber auch diese Methode, wie die bereits beschriebenen Charakterisierungs-
methoden, stößt mit abnehmender Faserlänge an ihre Grenzen. Auf Grund der
notwendigen beidseitigen Einspannung zur Krafteinleitung, die zur Vermeidung von
Spannungskonzentrationen in der Faser über Klebungen gewährleistet werden muss,
ist immer eine Fasermindestlänge notwendig, die bei der größten Verbundwerkstoff-
gruppe, den kurzfaserverstärkten Thermoplasten (SFT), nach der Verarbeitung nicht
mehr gegeben ist. Hier liegen üblicherweise Faserlängenbereiche von 200 bis 600µm
vor. Dies entspricht im Allgemeinen gerade der Faser/Matrix-spezifischen kritischen
Faserlänge, die es zu überprüfen gilt, so dass die entsprechend notwendige
Einspannlänge zur Krafteinleitung, welche wiederum Faser/Klebstoff-spezifisch lang
sein muss, für die Festigkeitsprüfung fehlt. Nachfolgend das Beispiel an zweien der
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
21
wirtschaftlich interessantesten SFT-Compounds, nämlich dem Polyamid als Vertreter
der technischen Thermoplaste und Polypropylen als Standardthermoplast.
Bei glasfaserverstärktem PA und guter Matrixanbindung liegt die kritische Faserlänge
bei etwa 200µm (dF = 10µm) [1], Ramsteiner et al. [51] fanden dagegen Werte von bis
zu 850µm (dF = 14µm), was heruntergebrochen auf gleichen Durchmesser etwa 435µm
bedeutet. Polypropylen zeigt sich gegenüber Schlichtenmodifizierung der Fasern
besonders empfindlich. Kritische Faserlängen werden hier von 700 - 1800µm bei guter
und bis zu 4000µm bei ungenügender Haftung angegeben [52-54].
Geht man nun von jeweils optimaler Haftung aus, so ergeben sich für Polyamid
(τGr ~ 40MPa) Werte für lkrit von 200 - 440µm und Polypropylen (τGr ~ 20MPa) von
400 - 880µm (dF = 10µm, Variation der Faserbruchspannung von 1600 - 3500MPa,
vergleiche Bild 10). Zieht man weiterhin den Spannungsverlauf der Faser entlang ihrer
Länge (null an den Faserenden, Maximum in der Mitte) in Betracht, so muss man
entsprechend der längenabhängigen Festigkeit der Faserwerkstoffe von eher höheren
Werten und damit tendenziell den höheren Werten für lkrit ausgehen.
Es ergeben sich somit grundlegende Erkenntnisse, aber auch Fragestellungen:
In den häufigsten, verarbeitungstechnisch nicht optimierten SFT-Compounds liegt der
überwiegende Faseranteil unterkritisch vor. Eine Festigkeits- und Zähigkeitssteigerung
des Verbunds wird über die durch die Grenzfläche übertragbare Spannung bei
gegebener Krafteinleitungsstrecke gewährleistet, ohne dabei die Faserbruchspannung
zu erreichen. Optimierungen sind zum einen über den Schlankheitsgrad und damit die
Verarbeitung, zum anderen über die Faser/Matrix-Haftung möglich, obgleich hier
Grenzen gesetzt sind (Grenzflächenscherfestigkeit ≤ Matrixscherfestigkeit). Somit lag
die Entwicklung diskontinuierlich langfaserverstärkter Thermoplaste bzw. Granulat-
systeme (LFT/LFG, siehe hierzu auch Kapitel 6.4) der letzten 15 Jahre nahe.
Im Vergleich zu den in SFT-Compounds vorliegenden Faserlängen ergeben Einzel-
faserzugversuche selbst an weitaus größeren Prüflängen teils wesentlich höhere
Festigkeitswerte [37,46] als solche, die durch Ausmessen von lkrit an Bruchbildern und
Bestimmung der Haftung ermittelt werden können. Wie begründet sich diese Differenz,
und in welchem Zusammenhang steht sie mit der verarbeitungsbedingten Faserlängen-
verkürzung? Es ist zwar nahe liegend, dass lange Fasern auf Grund der volumen-
abhängigen Defektverteilung zunächst eher geringe Festigkeiten aufweisen, diese
sollten aber, ohne angenommene weitere Schädigung z. B. durch Oberflächenver-
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
22
letzungen, mit zunehmender Verkürzung eher ansteigen. Wie fest sind also die Fasern
noch nach der Verarbeitung, gibt es einen verarbeitungsbedingten Festigkeitsabbau,
wie ausgeprägt ist dieser und wie lässt er sich beeinflussen?
Wie kann die Festigkeit kurzer Fasern bis hin zu Faserbruchstücken zugänglich ge-
macht werden, und wo liegen die Grenzen bestehender Charakterisierungsverfahren?
Orth [46] führte z. B. Einzelfaserzugversuche bis hinunter zu 1mm Prüflänge durch und
gibt an, dass kürzere Prüflängen nicht durchführbar sind. Im Allgemeinen wird bei
vorliegenden Kennwerten höherer Belastungslängen und statistischer Beschreibung
nach Weibull zu kleineren Faserlängen hin extrapoliert. Aber auch hier besteht keine
Einigkeit bezüglich der Sicherheit einer solchen Vorgehensweise.
4.2 Einsatzgrenzen bekannterer Einzelfasertests
Der Schlaufentest scheidet für Faserlängen kleiner 1mm Prüflänge, wie sie von Orth
noch im Zugversuch überprüft wurde, aus. Obgleich sich der Umfang der Schlaufe mit
den angegebenen Daten (Filament: E-Glas, Neuware: σF = 4690MPa, dF = 16,5µm)
und einfachen geometrischen Umformungen zu 1,17mm und demnach 0,78mm bei
dF = 10µm ergibt, ist es nicht vorstellbar, eine solch kurze Faser an beiden Enden zu
fixieren, sei es über Klebung oder Mikrogreifzeuge eine Schlaufe zu bilden und eine an
den Enden momentenfreie Zugbelastung einzubringen, zumal die Fixierung ebenfalls
noch eine entsprechende Länge erfordert. Bei einer Faserfestigkeitsreduzierung z. B.
durch Verarbeitung bricht die Faser demnach früher, also bei entsprechend größeren
Biegeradien und somit Ellipsen. Der Schlaufentest bleibt demzufolge ein mit einfachen
Mitteln durchführbarer Festigkeitstest für Fasern handhabbarer Faserlängen.
Die Einsatzgrenze des Einzelfaserzugversuchs liegt prinzipiell einzig in der zur
Krafteinleitung notwendigen Einspannung. Da mechanische Spannvorrichtungen in
solchen Dimensionen weder mit vertretbaren Mitteln herstellbar (ungeachtet der
Spannungskonzentration der Übergangsstelle) noch handhabbar wären, ist die einzige
Alternative das Kleben und somit die untere Grenze wiederum durch die
komponentenspezifische kritische Faserlänge zuzüglich der zumindest theoretisch frei
variierbaren und damit minimierbaren Prüflänge. Da nur Versuche gewertet werden
können, die innerhalb der Prüflänge brechen (das Versagen an oder in der Klebung
beinhaltet eine unbekannte Spannungsverteilung), ist es eine Frage der Klebetechnik
und des Aufwandes, der betrieben werden muss, bis statistisch zuverlässige Werte
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
23
ermittelt sind. Dieser Aufwand steigt natürlich, da die Wahrscheinlichkeit eines
bruchentscheidenden Defektes im Bereich der Klebung mit geringer werdender freier
Prüflänge steigt. Die theoretische Grenze (Einspannlänge durch Kleben ohne freie
Prüflänge) kann leicht aus Bild 10 ermittelt werden, kürzere Fasern und Bruchstücke
sind nicht zugänglich.
1600
800
533400
320267
229 200
2880
1440
960720
576480
411 360
3500
1750
1167875
700583
500 438
6300
3150
21001575
12601050
900 788
100
1000
10000
0 10 20 30 40 50
Grenzflächenscherfestigkeit [MPa]
dF=10µm dF=18µm
dF=10µm dF=18µm
Bild 10: Berechnete kritische Faserlängen nach Kelly (Gleichung 5) über der Grenzflächen-
scherfestigkeit für unterschiedliche Faserdurchmesser und -festigkeiten (E-Glas, durchgezogen: σF = 1600MPa, unterbrochen: σF = 3500MPa)
Tabelle 1: Überblick zu Messmethoden der Faser/Matrix-Haftung
Messmethoden Literatur Direkte Messmethoden Fragmentationsmethode (Single Fibre Composite Test) [55],[56],[57],[58],[59]
Einzelfaserauszugsmethoden (Single Fibre Pull-out Test)
SFP nach Favre und Pigott [60],[61]
SFP nach Pitkethly [62]
SFP nach Hampe [63],[64],[65],[66]
SFP nach Miller (Tröpfchenmethode, Beads Method) [67],[56],[68]
Faserbündel-Pull-out Test [69]
Intentationsmethode (Mikrodebonding Test) [70]
Push-in Test [71]
Bending-Jig Test [72]
Indirekte Messmethoden
Interlaminare Scherfestigkeit (ILS) nach DIN EN 2563 DIN EN 2563
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
24
4.3 Instrumentierter Mikrobiegeversuch zur Ermittlung der Einzelfaserfestigkeit
Für die Untersuchung kurzer Einzelfasern (> 50µm) wurde nach Vorarbeiten [73] am
Lehrstuhl RPE ein instrumentierter Dreipunktmikrobiegeversuch (Index: 3B) entwickelt,
bei dem unter konstanter Vorschubgeschwindigkeit der Deformations- und Kraftverlauf
ermittelt wird [74-78]. Hieraus können alle im Biegeversuch ermittelbaren Kenngrößen
der Einzelfaser, wie z. B. Biegesteifigkeit, Bruchkraft und -spannung bestimmt werden.
Das Arbeiten unter atmosphärischen Bedingungen, die Instrumentierung und der
Einsatz von Mikromanipulatoren sind dabei Grundvoraussetzung für die hohe Messge-
nauigkeit und die Durchführung und statistische Absicherung von Feldversuchen.
4.3.1 Grundlagen des Einzelfaserbiegeversuchs, Fehlerbetrachtung
Bei Zugrundelegung der einfachen Balkentheorie und linear-elastischem Materialver-
halten zeigt Gleichung 22 die maximale Randfaserspannung für den Dreipunktbiegever-
such bei mittig angreifender Kraft. Der Faserdurchmesser dF lässt sich hierbei aus der
Steigung des Kraft-Deformationsverlaufs bei bekanntem E-Modul (E-Glas 73.000MPa)
ermitteln (Gleichung 23) und zur genauen Berechnung der Randfaserspannung heran-
ziehen.
33
38
F
BB
dlF
πσ = maximale Randfaserspannung (Gleichung 22)
4
33
34
EwlFd B
F π= Faserdurchmesser (Gleichung 23)
(σ3B = Biegespannung im Dreipunktbiegeversuch, F3B = angreifende Einzelkraft, l = Abstand der
Widerlager, E = E-Modul der Glasfaser, dF = Faserdurchmesser, w = Durchbiegung)
In Bild 11 ist schematisch der Dreipunktbiegeversuch dargestellt. Das Beispiel eines
Kraft-Deformationsdiagramms einer Einzelfaser (Bild 12) lässt ein nahezu linear-
elastisches Verhalten bis zum Bruch erkennen. Das Verhältnis von Stützweite l zu
Probendicke/-durchmesser d wird beim Dreipunktbiegeversuch durch entsprechende
Veränderung der Spaltweite auf den l/d-Wert von 11,5 eingestellt. Die auf > 30 Mess-
werten beruhende statistische Auswertung erfolgt mittels Weibull-Statistik [79].
Angegeben werden die Bruchkraft (F3B), bzw. die Bruchspannung (σ3B) bei 63,21%
Bruchwahrscheinlichkeit und der Modul (m), der ein Maß der Streuung darstellt.
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
25
0 2.5 5 7.5 10 12.50
5
10
15
20
25
30
Kraft [mN]
Durchbiegung [µm]
Bild 11: Mikrobiegeversuch, schematisch Bild 12: Kraft-Deformations-Diagramm einer Einzelglasfaser im Biegeversuch (l = 120µm, dF = 12,5µm)
Druckstück Widerlager
Faser
Der mikroskopische Dreipunktbiegeprüfstand für Einzelfasern erfasst online sowohl den
Deformations- als auch Kraftverlauf einer Einzelfaser bis zum Bruch. Der Stützweiten-
abstand der Widerlager ist stufenlos einstellbar, die Druckfinne mittig angeordnet. Die
Positionierung der Faser erfolgt unter einem Stereomikroskop mittels eines
Manipulators. Unter konstanter Vorschubgeschwindigkeit (Relativgeschwindigkeit
zwischen Widerlager und Druckfinne) wird die Faser bis zum Bruch durchgebogen und
dabei der Verlauf von Biegekraft und Deformation versuchsbegleitend erfasst. Dies
bildet die Grundlage der Kennwertbestimmung. Die nachfolgende Darstellung in
Bild 13 zeigt schematisch die prinzipielle Messwerterfassung.
Das Verhältnis von Stützweite l zu Probendicke/-durchmesser d ist bei Dreipunktbiege-
versuchen in entsprechenden Normen festgelegt, da bei niedrigem l/d-Wert ein
Querkrafteinfluss auftritt, bei großem l/d-Wert eine nichtlineare Deformation vorliegt. In
Anlehnung an die Prüfung der Biegefestigkeit für monolithische Keramikwerkstoffe
(DIN EN 843-1) l/d = 10 bzw. 13,3 und der Biegeeigenschaften von Kunststoffen
(DIN EN ISO 178) l/d = 16 wurde bei der Biegeprüfung von Glasfasern das Verhältnis
l/d = 11,5 gewählt. Nachfolgende Tabelle 2 gibt die wesentlichen Eckdaten des
Prüfstandes wieder. Die Berechnung der relativen Maximalfehler beruht auf den
Einstellungen für die typischerweise in dieser Arbeit geprüften Schnittglasfasern zur
Thermoplastverarbeitung (dF, nominal = 10µm, F3B > 10mN, l = 115µm) unter Berücksich-
tigung der Herstellerdaten.
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
26
Tabelle 2: Kenndaten der Prüfstandskomponenten
Messbereich Auflösung rel. MaximalfehlerKraftmessung 50mN 1µN < 0,05%
Wegmessung 200µm 0,01µm < 0,5%
Stützweitenabstand 200µm (stufenlos einstellbar)
0,01µm < 0,03%
Mittigkeit des Druckstücks < 2%
Vorschubgeschwindigkeit gewählt: 0,85µm/s (stufenlos einstellbar)
Der Stützweitenabstand kann, über den zuvor bildanalytisch referenzgemessenen
Widerlagerspalt, mittels kapazitivem Sensor stufenlos eingestellt und fehlerfrei
repositioniert werden. Der größte Einzelfehler ergibt sich aus der Positionierung des
Druckstückes, welches ebenfalls bildanalytisch eingemessen wird. Die auftretenden
relativen Maximalfehler bei der Kennwertermittlung einer Faser im Dreipunktbiege-
versuch können nun als Summe der relativen Maximalfehler der einzelnen
Komponenten der Messeinrichtung bestimmt werden. Bei den in dieser Arbeit meist
dargestellten Vergleichsmessungen ist der Fehler sowohl der Spalteinmessung als
auch der Mittigkeit zu vernachlässigen. Der Gesamtfehler liegt somit unter 1%, bei
Absolutmessungen immer noch unter 3%. Zu beachten ist, dass es sich bei diesen
Angaben um maximal auftretende Fehler handelt, diese aber im Regelfall unterschritten
werden.
Bild 13: Schematischer Aufbau des Versuchsstandes mit Messwerterfassung
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
27
4.3.2 Faserdurchmesserbestimmung aus Kraft-Deformationsverlauf
Eine besondere Eigenschaft der Glasfasern ist deren Isotropie, d. h. ihre Werkstoff-
kennwerte in Faserrichtung entsprechen denen quer dazu. Somit ist es möglich, den
Faserdurchmesser indirekt über die Steigung der Kraft-Deformationskurve des
Dreipunktbiegeversuchs, unter Berücksichtigung des E-Moduls (E-Glas, 73GPa [80]) zu
ermitteln (Gleichung 23). Die Überprüfung der rechnerischen Ermittlung der Faser-
durchmesser kann durch Vergleichsmessungen im REM erfolgen. Hierzu werden die
Fasern zuvor halbiert und nachfolgend die eine Hälfte im Mikrobiegeversuch geprüft,
die andere im REM referenzgemessen. Nachfolgende Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse,
die maximale Abweichung lag bei 5% [78].
Tabelle 3: Faserdurchmesserbestimmung: REM vs. Dreipunktbiegeversuch
im REM gemessene Durchmesser [µm]
errechnete Durchmesser [µm]
Fehler [%]
12,7 12,6 0,8
12,5 12,5 0,0
13,9 13,2 5,0 12,1 12,2 0,8
12,4 12,9 4,0
Eine Begründung der Abweichung findet sich sowohl im relativen Maximalfehler des
Prüfstandes bei Absolutmessungen (< 3%) als auch in der Streuung des Materialkenn-
werts (E-Modul der untersuchten E-Glasfasern). In weiteren Untersuchungen [81]
wurden jeweils die im Biegeversuch ermittelten mittleren Durchmesser mit den Angaben
der Hersteller verglichen. Auch hier ergaben sich gute Übereinstimmungen.
Tabelle 4: Faserdurchmesserbestimmung: Herstellerangabe vs. Dreipunktbiegeversuch
Durchmesser [µm] (Herstellerangaben)
Durchmesser [µm] (errechnet)
Fehler [%]
10 10,30 3,0
10 10,04 0,4
14 13,58 3,0
11 10,85 1,4
(Probenmaterial: E-Glas, Roving, geschlichtet, Schlichteentfernung durch Lösen in DMF oder
THF bei RT oder Siedetemperatur (Soxhlet), Waschen mit Azeton, Rücktrocknen bei 60°C)
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
28
4.3.3 Einflussgrößen: Methode und Probenanzahl, Prüfer, Faserpräparation
Neben den Fehlergrößen des Prüfstandes können weitere Parameter wie die
Auswertungsmethode, die Probenanzahl, die jeweilig durchführenden Prüfer oder auch
die Art der Faserpräparation einen Einfluss auf das Ergebnis nehmen. Nachfolgende
Voruntersuchungen ermöglichen eine Fehlerabschätzung dieser Randparameter.
(Probenmaterial: E-Glas, Schnittfasern, LF = 4mm, geschlichtet, dF, nominal = 14 µm, Schlichteent-
fernung durch Lösen in DMF bei RT und Waschen mit Azeton, Rücktrocknen bei 60°C)
• Einfluss der Auswertungsmethode und der Probenanzahl
Anhand von je 90 Einzelfasermessungen eines Prüfers werden beispielhaft zwei
mögliche Auswertungsmethoden [76,79] aufgezeigt. Im Folgenden werden Auswer-
tungen bei unterschiedlicher Probenanzahl für die Bruchkraft (F3B) und die Bruchspan-
nung (σ3B) bei 63,21% Bruchwahrscheinlichkeit (siehe auch Kapitel 4.4.1) dargestellt.
Probenanzahl: 90
F3B = 39,27mN
m = 9,55
F3B
Bru
chw
ahrs
chei
nlic
hkei
t
Bild 14: Weibulldiagramm: Bruchwahrscheinlichkeit über der Einzelfaserbruchkraft (F3B)
Probenanzahl: 90
σ3B = 5580,44MPa
m = 19,63
σ3B
Bru
chw
ahrs
chei
nlic
hkei
t
Bild 15: Weibulldiagramm: Bruchwahrscheinlichkeit über der Einzelfaserbruchspannung (σ3B)
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
29
Am Beispiel der Glasfasern mit ihren isotropen Materialeigenschaften und linear-
elastischem Dehnungsverhalten zeigt sich deutlich der Vorteil der Bruchspannungs-
gegenüber der Bruchkraftauswertung. Durch die auf den jeweils errechneten
Durchmesser bezogenen Spannungswerte kann die Streuung der Faserdurchmesser
eliminiert werden, was zu wesentlich höherem Weibullmodul und somit statistisch
sichereren Werten führt.
Nach Literaturangaben (siehe Kapitel 4.4) genügen bereits 30 Einzelmessungen zur
Charakterisierung der Bruchwahrscheinlichkeit nach Weibull. Tabelle 5 zeigt die
Ergebnisse, wenn jeweils 30 Messungen zu einer Weibullauswertung für Bruchkraft und
Bruchspannung zusammengefasst werden. Die Angabe der prozentualen Abweichung
bezieht sich dabei auf das Ergebnis bei entsprechender Auswertung aller 90 Proben,
wie in Bild 14 und Bild 15 dargestellt.
Tabelle 5: Weibullauswertung: 30 Proben vs. 90 Proben
m F3B [mN] Abweichung [%] m σ3B [mN] Abweichung, σ3B [%]10,66 38,36 2,3 19,57 5619,52 0,7
9,51 38,79 1,2 21,19 5522,48 1,0
9,73 40,53 3,2 19,19 5594,83 0,3
9,55 39,27 Referenz 19,63 5580,44 Referenz
Es zeigt sich, dass sich sowohl die Bruchkraft als auch die Bruchspannungen bei
63,21% Bruchwahrscheinlichkeit untereinander nur geringfügig unterscheiden und die
Beschränkung auf einen Umfang von 30 Proben, wie in der Literatur empfohlen,
gerechtfertigt erscheint. Die Weibullmodule der 3 Serien entsprechen ebenfalls gut dem
der Referenzauswertung, zeigen allerdings Abweichungen bis 12% (bei Spannungs-
auswertung „nur“ 8%). Die Spannungsauswertung bringt insgesamt die besseren im
Sinne von sichereren Ergebnissen.
• Einfluss unterschiedlicher Prüfer
Um einen eventuellen Prüfereinfluss auszuschließen, wurde die Probencharge durch
einen zweiten Prüfer gegengemessen. Probenmaterial und Randbedingungen
entsprachen sich. Die Ergebnisse sind, bezogen auf den Wert des ersten Prüfers bei
ausgewerteten 90 Einzelfasertests (Referenzwert), dargestellt. Die Abweichungen
liegen bei allen betrachteten Probenanzahlen unter 2%. Ein Prüfereinfluss ist somit
nicht zu erwarten.
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
30
-3
-2
-1
0
1
2
3
0 20 40 60 80
Probenanzahl
100
Prüfer 1 Prüfer 2
Referenzwert
Bild 16: Abweichungen der Bruchspannungsauswertungen über der Probenanzahl bei unter-schiedlichen Prüfern
• Einfluss der Faserpräparation
Um Einzelfaseruntersuchungen zu ermöglichen, erfordert dies die Fasern von der sie
umgebenden Matrix zu trennen. Dies muss möglichst schonend, also ohne
nennenswerte Beeinflussung geschehen. Die Separation kann thermisch, aber auch
chemisch vorgenommen werden. Das Veraschen der polymeren Matrix (Pyrolyse) bei
Temperaturen zwischen 450 und 550°C zeichnet sich zwar durch eine einfache,
matrixunabhängige und schnelle Vorgehensweise aus, führt aber auch zum Ausglühen
der Fasern mit Gefügeveränderungen. Eigene Versuche ergaben teils stark gekrümmte
Fasern. Senkt man die Temperatur, wie von Sawyer [82] beschrieben, wird zwar die
Faser minimal verändert, es ergeben sich allerdings sehr lange Prozesszeiten. Wolf [54]
gibt ein Verfahren an, bei dem die Prozesstemperatur unterhalb der Erweichungs- bzw.
Kristallitschmelztemperatur der Matrix so lange gehalten wird, bis eine fortgeschrittene
thermische Zersetzung vorliegt. Dann erfolgt eine Temperaturanhebung (Prozess-
beschleunigung) und nach vollständiger Pyrolyse wird der Vorgang umgehend beendet.
Dies zeigt sich faserschonender, benötigt aber immer noch Präparationszeiten von
meist über einem Tag.
Für die mikroskopischen Betrachtungen dieser Arbeit werden die Fasern chemisch aus
dem Matrixwerkstoff im Heißextraktionsverfahren (Soxhlet-Extraktion nach DIN 53738)
herausgelöst. Im Falle des Polyamids geschieht dies mittels Ameisensäure bei einer
Temperatur von 100°C, bei Polypropylen bringt Xylol bei 140°C gute Ergebnisse.
Anschließend werden die extrahierten Fasern bei 70°C unter Normdruckbedingungen
rückgetrocknet. Im Allgemeinen liegen die Präparationszeiten unter 2 Stunden.
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
31
Vergleichende Untersuchungen an neuwertigen, im Soxhletverfahren behandelten und
unbehandelten Glasfasern, erbrachten im Bereich des Messfehlers der verwendeten
Prüftechnik keine nachweisbaren Unterschiede.
Selbst wenn bei dieser Art der Fasergewinnung eine Beeinflussung der Fasern durch
Diffusionsvorgänge nicht ganz auszuschließen ist, hätte dies dennoch keinerlei
Auswirkungen auf die qualitativen Aussagen der im Verlauf dargestellten verglei-
chenden Untersuchungen, da alle Proben den gleichen Behandlungsbedingungen
unterzogen wurden, auch die Referenzproben.
• Zusammenfassung
Abschließend lässt sich festhalten, dass der Dreipunktmikrobiegeversuch ein
ausgezeichnetes Mittel darstellt, auch kürzeste Faserfragmente mechanisch quantitativ
zu charakterisieren. Dabei liegen die relativen Maximalfehler der verwendeten
Prüftechnik mit < 1% bei reinen Vergleichs- und < 3% bei Absolutmessungen sehr
niedrig. Die Auswertung der Kraft-Deformationskennlinie ermöglicht eine indirekte
Faserdurchmesserbestimmung mit Fehlern unter 5%. Die damit gegebene Bruchspan-
nungsauswertung hat den Vorteil deutlich höherer (etwa Faktor 2) Weibullmodule, also
statistisch sichererer Ergebnisse. Die Probenanzahl kann auf 30 beschränkt werden,
wobei mit einem Fehler gegenüber höherer Probenanzahl von etwa 1% bei
Bruchspannungs- und > 3% bei Bruchkraftauswertung gerechnet werden muss. Dem
gegenüber zeigen die Weibullmodule mehrerer Chargenmessungen eine höhere
Streuung von bis zu 10%, diese scheint aber probenanzahlunabhängig zu sein und sich
rein materialbedingt zu begründen. Einflüsse durch unterschiedliche Prüfer und die hier
gewählte Art der Faserpräparation sind nicht zu erwarten.
4.4 Kenngrößenbestimmung bei spröden Materialien
Materialkennwerte von duktilen Werkstoffen zeigen meist eine geringe Streuung und
können durch eine Gauß’sche Normalverteilung beschrieben werden. In der Darstellung
der Häufigkeitsverteilung eines betrachteten Kennwerts zeigen sich diese um einen
Mittelwert beidseitig, symmetrisch in Form der sog. Gauß’schen Glockenkurve verteilt.
Statistisch sichere Werte werden meist schon nach 5 bis 10 Proben erreicht und in
Form des Mittelwertes x sowie der Standardabweichung s (STABW) angegeben.
∑=
=n
iix
nx
1
1 Mittelwert (Gleichung 24)
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
32
( )∑=
−−
=n
ii xx
ns
1
201
1 Standardabweichung (Gleichung 25)
Durch ein Vielfaches der STABW lassen sich wiederum Vertrauensbereiche P [%]
angeben, mit denen der gesuchte, wahre Wert x0 innerhalb der Grenzen eines
Vielfachen u der STABW liegt ( usxx ±=0 ). In der Praxis wird häufig die einfache
(P = 68,27%), die 1,96 - fache (P = 95%, oder 95%iger Vertrauensbereich) oder die
dreifache (P = 99,7%) Standardabweichung angegeben.
Die Kenngrößen spröder Werkstoffe wie Keramik, Glas, Hartmetall, usw. hingegen
streuen statistisch in Abhängigkeit von der Werkstoffzusammensetzung, der Korngröße
der Ausgangs- und Zusatzmaterialien, der Fertigungsbedingungen und des Herstell-
verfahrens sehr stark [83]. Man findet eine Häufigkeitsverteilung, die beim Wert null
einsetzt, streng monoton bis zu einem Maximalwert ansteigt und dann monoton abfällt.
Diese Verteilung ist deutlich asymmetrisch. Somit liegt, bedingt durch den Fertigungs-
prozess aber auch durch äußere Belastungen und Einwirkungen, eine Defektgrößen-
verteilung vor, die für unterschiedliche Proben zu stark streuenden z. B. Bruchfestig-
keitskennwerten führt. Dabei versagen spröde Materialien durch Rissausbreitung,
ausgehend vom größten sog. kritischen Defekt [84], die Bruchfestigkeit zeigt sich
zudem von geprüften Probenvolumen abhängig. Es ist demnach eine der Sprödigkeit
des Werkstoffs angemessene Festigkeitscharakterisierung notwendig, die es zum einen
erlaubt, Materialkenngrößen bei gegebener Streuung zu ermitteln, zum andern eine
Übertragbarkeit der an Laborproben gewonnenen Festigkeitswerte auf das reale Bauteil
(belastetes Volumen) ermöglicht. Bild 17 zeigt beispielhaft im Vergleich die prinzipiellen
Häufigkeitsverteilungen einer Festigkeitskenngröße duktiler und spröder Werkstoffe.
Häu
figke
it
t
Bild 17: Prinzipielle Häustoffe nach [83
σKeramik, σMetall – „Mittelwerte“ der Festigkei
Festigkeit
sprödeduktil
Keramikσ Metallσ
figkeitsverteilung der Festigkeit am Beispiel duktiler und spröder Werk-]
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
33
4.4.1 Die Weibullverteilung zur Beschreibung spröder Werkstoffe
Bereits 1939 veröffentlichte Weibull [79] eine Arbeit, in der er eine spezielle Verteilungs-
funktion angab, durch die die statistische Verteilung der Festigkeit eines Materials
beschrieben werden sollte. Die spezielle Form dieser Verteilung
−−−=
m
u
VVP
00
exp1)(σ
σσσ Dreiparameteransatz (Gleichung 26)
(σ = anliegende Spannung (Festigkeit); V = belastetes Volumen; V0 = charakteristisches
Volumen; P = Wahrscheinlichkeit mit der das Material bei der Belastung σ bricht (Bruchwahr-
scheinlichkeit); σu, σ0, m = Weibullparameter: Schwellenspannung; charakteristische Spannung
bei der das Material bricht, entspricht dem Mittelwert einer Normalverteilung; Weibullmodul)
wurde darin exakt formuliert, u.a. durch die Annahme des sog. ‘weakest-link-Prinzips‘
(Prinzip der schwächsten Stelle). Dieses besagt, dass die Festigkeit eines Material-
volumens durch das Minimum der Festigkeiten aller Teilvolumina bestimmt wird: „Eine
Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“ [77,83]. Weiterhin wurde ein isotropes
und statistisch homogenes Material angenommen, was wiederum dazu führt, dass die
Wahrscheinlichkeit, einen Defekt innerhalb eines beliebig kleinen Volumens zu finden,
über das Materialgesamtvolumen gleich ist. Damit ist klar:
Die Wahrscheinlichkeit, große und damit gefährliche Risse zu finden, wächst mit der
Größe des belasteten Volumens. Damit wächst auch die Bruchwahrscheinlichkeit.
•
• Die Festigkeit wird nicht durch einen Mittelwert charakterisiert, sondern durch eine
Verteilung von kleinsten Festigkeitswerten oder größten Rissen bzw. durch eine
entsprechende Bruchwahrscheinlichkeit.
Durch die Annahme einer Weibullverteilung bzw. einer statistischen Behandlung des
Sprödbruchs wird grundsätzlich das Problem Materialkennwert – Übertragbarkeit gelöst.
Der Parameter m stellt so etwas wie eine Materialkonstante dar, die Übertragbarkeit
wird durch die Berücksichtigung des belasteten Volumens geliefert.
4.4.1.1 Schwellenspannung σu und Modul m
Wird ein diskreter Satz von Messdaten durch eine Verteilung gemäß Gleichung 26
approximiert, so spricht man von einer 3-Parameter-Weibull-Anpassung. In der Praxis
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
34
hat sich jedoch die so genannte 2-Parameter-Anpassung durchgesetzt. Diese ergibt
sich, wenn die Schwellenspannung σu gleich null gesetzt wird.
−−=
m
VVP
00
exp1)(σσσ
Zweiparameteransatz mit σu = 0
(Gleichung 27)
Der Grund für die Bevorzugung liegt in der Streuung der Festigkeitswerte. Bedingt
durch das Nullsetzen der Schwellenspannung σu ist diese keiner probenzahlabhängigen
Unsicherheit mehr unterworfen und führt zu konservativeren, also sichereren Bruch-
wahrscheinlichkeitsbeurteilungen. So kann es niemals zu der vielleicht fatalen Aussage
für eine Spannung 0 < ≤σ σu kommen, dass die Bruchwahrscheinlichkeit für σ gleich
null ist. Ein weiterer Grund ist in der Anwendung des so genannten Weibull-Plots zu
sehen. Bei Proben, die dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung folgen, ergibt sich in einer
Auftragung von ln(-ln(1-P)) über lnσ eine Gerade mit der Steigung m. Die charak-
teristische Bruchspannung σ0 wird aus dem Weibull-Diagramm bei ln(-ln(1-P)) = 0
abgelesen. Hier ist die Bruchwahrscheinlichkeit P = 1-e-1 = 0,6321. Der Modul errechnet
sich aus:
σσ
ln)(1
1lnln −
−
=P
m Modul m (Gleichung 28)
Zur Darstellung in einem Weibull-Diagramm werden die Festigkeitswerte der N Proben
der Größe nach geordnet. Die Bruchwahrscheinlichkeit P bei der Spannung σi der
Einzelwerte lässt sich ermitteln aus [86]:
( )1+
=N
iP iσ (Gleichung 29)
Kamiya und Kamigaito [86] und Khalili und Kromp [87] untersuchen mit Hilfe der Monte
Carlo-Simulationstechnik weitere Ansätze zur Berechnung der Versagenswahrschein-
lichkeit P bei geringer Probenanzahl und geben zur Erhöhung der Genauigkeit der
Auswertung folgende Gleichung an:
( )N
iP i
21
−=σ
(Gleichung 30)
Im Weibull-Plot wird nur dann eine Gerade mit der Steigung m gefunden, wenn σu = 0
gilt. Dies ermöglicht die Extrapolation nach kleinen Bruchwahrscheinlichkeiten (kleine
Lasten, hohe Lebensdauer) hin, und nur diese sind für die Praxis relevant. Dabei ist die
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
35
Annahme σu = 0 sehr konservativ. Sie bedeutet, dass es immer eine Bruchwahrschein-
lichkeit gibt, unabhängig von der (kleinen) Belastung. Vielfach kann die Anpassung an
die Messpunkte durch die a priori Wahl σu = 0 nicht geleistet werden. Mit der Schwan-
kung der Schwellenspannung σu ≠ 0 geht auf Grund der analytischen Form der
Verteilung auch eine Schwankung des Weibullmoduls m einher. Wie die Erfahrung und
Computersimulation [88] zeigen, ist das Vertrauen bzw. der Vertrauensbereich bei
gleichem Stichprobenumfang für eine 2-Parameter-Anpassung größer als für eine
3-Parameter-Anpassung. Obwohl der 3-Parameter-Ansatz in Einzelfällen eine bessere
Übereinstimmung zwischen angepasster Kurve und Daten ergeben kann, wird seine
Anwendung im Allgemeinen nicht empfohlen, da die üblichen Verfahren zur
Parameterbestimmung zu numerischen Instabilitäten führen können. Für die zweipara-
metrige Weibullverteilung σu = 0 konnten hingegen Beziehungen bestätigt werden, aus
denen sich zu einem gegebenen Datensatz vom Umfang N Vertrauensbereiche für die
Parameter berechnen lassen. Diese Vertrauensbereiche sind aus der Sicht des
Numerikers – unter Berücksichtigung der statistischen Sicherheit – als exakt zu betrach-
ten [88]. Somit bestimmt der Weibullmodul m im zweiparametrigen Ansatz die Schärfe
der Verteilung (m groß = schmale Verteilung, geringe Streuung / m klein = breite
Verteilung, große Streuung). Der Modul m gilt daher als Homogenitätsparameter und
beschreibt die Art der Defektpopulation.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass formal die Probleme der Volumen-
abhängigkeit (Übertragbarkeit) und der Streuung durch eine statistische Behandlung
gelöst werden. Der 3-Parameter-Weibullansatz ist zur Anpassung an die Messpunkte
gut geeignet, besser als ein 2-Parameter-Ansatz. Bei einem 3-Parameter-Ansatz ist m
jedoch nur ein Anpassungsparameter ohne jegliche physikalische Bedeutung. Die
Bedeutung von m als Homogenitäts- und Streuparameter ist nur dann gegeben, wenn
σu = 0 gesetzt wird. Dies ist auch zur Extrapolation zu kleinen Lasten oder niedrigen
Bruchwahrscheinlichkeiten hin notwendig. Mit σu = 0 verliert allerdings der
Weibullansatz seine Flexibilität bei der Anpassung an die Messpunkte.
4.4.1.2 Probenanzahl, Parameterschätzer
Dass die Zuverlässigkeit der Anpassungsparameter einer 2-parametrigen Weibullver-
teilung von der Probenzahl bzw. vom Stichprobenumfang abhängt, ist allgemein
verständlich. In früheren Arbeiten zur Weibullverteilung wurden Computersimulationen
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
36
durchgeführt, wonach zur Bestimmung des Weibullmoduls m ein Probenumfang von
n = 30 als ausreichend erachtet wird [88]. In der Regel werden allerdings 50 Festig-
keitswerte ermittelt, um die Streuung der Probenfestigkeit besser zu erfassen [86]. Der
Vollständigkeit wegen sei an dieser Stelle noch auf die Abhängigkeit der Parameter-
streuung von der Auswertemethode hingewiesen [88]. Das heißt, es ergeben sich z. B.
mit der ‘Methode der kleinsten Fehlerquadrate’ andere Anpassungsparameter als mit
der ‘Maximum-Likelihood-Methode’, jedoch sind die Unterschiede nicht gravierend.
Die im Verlauf dieser Arbeit dargestellten Ergebnisse der Einzelfaserfestigkeitsunter-
suchungen wurden mittels dem zweiparametrigen Ansatz der Weibullverteilung nach
DIN 51110 für den Fall des Dreipunktbiegeversuchs statistisch abgesichert.
4.4.2 Variierungen der Weibullverteilung
Aus der Literatur sind Abwandlungen der Weibullverteilung bekannt, welche im
Folgenden kurz angesprochen werden.
Unter der Annahme, dass Defekte in der Probe eine bestimmte Größe nicht überschrei-
ten, gibt Harlow [89] eine Abwandlung der dreiparametrigen Weibullverteilung an, die
bei einer festzulegenden Mindestfestigkeit σu abbricht:
( )
−−
−−=m
u
u
VVVP
σσσσσ
00
exp1,
(Gleichung 31)
Knoff [90] zeigt am Beispiel von Aramidfasern, unter der Annahme einer endlichen Aus-
dehnung bruchauslösender Fehlstellen in Faserlängsrichtung, dass mit abnehmender
Prüflänge die ermittelten Festigkeiten so lange steigen, bis die Prüflänge die
Größenordnung des Einflussbereiches λ der Fehler erreicht. Danach bleibt die
Festigkeit konstant. Diese Länge λ muss unter Anpassung der Prüfwerte geschätzt
werden und betrug im Falle der Aramidfasern etwa 5mm. Knoff gibt zur Berechnung
folgende Form an:
+−−=
mlP
0
1exp1)(σσ
λσ
(Gleichung 32)
Watson und Smith [91] wiederum schlagen vor, durch einen experimentell angepassten
Exponenten γ zwischen 0 und 1 die Änderung des Volumens zu gewichten, um eine
bessere Beschreibung der Größenabhängigkeit zu ermöglichen:
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
37
( )
−−=
m
VVVP
00
exp1,σσσ
γ
(Gleichung 33)
Cohen [92] gibt zur Beschreibung von Festigkeitsverteilungen bei Fasern, die auf Grund
zweier bruchrelevanter Defektarten einen Knick im Diagramm aufweisen, die Überla-
gerung zweier Weibullverteilungen wie folgt an:
( )
+
−−=
2
02
1
010
exp1,mm
VVVP
σσ
σσσ
(Gleichung 34)
Sigl [93] zeigt, wie theoretisch unterschiedliche Defektarten zu einem oder auch
mehreren Knicken im Weibull-Diagramm führen.
4.4.3 Einsatz der Weibullverteilung bei Volumendefekten, effektives Volumen
Um Festigkeitskennwerte an spröden Materialien zu erhalten, werden in der Praxis
zumeist Biegeversuche an Proben durchgeführt. Diese haben den Vorteil, dass sie
entgegen dem Zugversuch keine Fixierung oder Einspannung benötigen und somit das
Problem einer aufwendigen Versuchsvorbereitung umgehen. Gerade bei spröden
Materialien kommt es häufig im Bereich der Krafteinleitung, auf Grund des mehraxialen
Spannungszustandes, zum vorzeitigen Versagen. Da im Biegeversuch eine Kombina-
tion aus Druck-, Zug- und Schubbeanspruchung vorliegt, muss sichergestellt werden,
dass die Probe durch Zug versagt [94]. Schubversagen kann durch geeignete Wahl des
l/d-Verhältnisses der Probe bzw. des Widerlagerabstandes vermieden werden [95],
Druck- oder Zugversagen ist materialabhängig. Da in Biegeversuchen auf Grund der
inhomogenen Spannungsverteilung das belastete Volumen (sog. effektive Volumen)
kleiner dem Probenvolumen und damit dem des entsprechenden Zugversuchs
(konstante Zugspannung über dem Probenquerschnitt und der Prüflänge) ist, werden im
Allgemeinen höhere Bruchfestigkeiten ermittelt. Um nun volumenbezogene Festig-
keitswerte angeben zu können, müssen die im Biegeversuch ermittelten Bruchwerte
(bei Zugversagen!) auf das Volumen entsprechender Zugproben umgerechnet werden.
Unter effektivem Volumen versteht man also das Volumen, welches im Zugversuch die
gleiche Festigkeit erbracht hätte, wie das geprüfte Volumen bei der inhomogenen
Spannungsverteilung [96]. Damit ergeben sich auch die Vorteile des Vierpunktbiege-
versuchs gegenüber dem Dreipunktbiegeversuch, da hier das überprüfte effektive
Volumen auf Grund der Momentenverteilung größer ist. Nach Danzer [96] berechnet
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
38
sich das effektive Volumen Veff aus dem geprüften Probenvolumen V0 und dem
Weibullmodul m für den Dreipunktbiegeversuch (3B) zu:
( ) 023, 121 V
mV Beff +
= effektives Volumen, Dreipunktbiegeversuch
(Gleichung 35)
und dem Vierpunktbiegeversuch (4B) bei aufgelagerter Gesamtlänge l und Druckstem-
peln bei 0,25l und 0,75l zu:
( ) 024, 11
11
41 V
mmV Beff
+
++
= effektives Volumen, Vierpunktbiegeversuch
(Gleichung 36)
Da im Anwendungsfall realer Bauteile die Strukturen im Regelfall größer der geprüften
Volumina sind, kann nun mit:
meff
VV VV
eff
1
= σσ
(Gleichung 37)
zu größeren Volumen hin extrapoliert werden. Für das Volumen des Bauteils ist hierbei
das unter Beanspruchung stehende Volumen einzusetzen, und die Belastungsart muss
identisch sein. Für Druckbelastungen gilt dieser Zusammenhang nicht! Die Symmetrie-
eigenschaften können bei Betrachtung der Festigkeitsbeschreibung von Verstärkungs-
fasern genutzt werden. Bei Fasern konstanten Querschnitts A ist das Faservolumen V
proportional zur Faserlänge l mit V = Al, so dass in diesem Fall an Stelle von Veff/V der
Quotient leff/l treten kann. Die Umrechnung der charakteristischen Bruchspannung auf
eine andere Bezugslänge erfolgt dann durch:
meff
ll ll
eff
1
= σσ
(Gleichung 38)
4.4.4 Einsatz der Weibullverteilung bei oberflächengeschädigten Fasern, effek-tive Oberfläche [97]
Nachdem in Kapitel 4.3 der Dreipunktmikrobiegeversuch zur Festigkeitsbestimmung
kleinster Faserfragmente vorgestellt wurde, gilt es nun, eine geeignete Beschreibung
der Festigkeitsverteilungen bereitzustellen und nachfolgend den ermittelten charakteris-
tischen Bruchfestigkeitskennwert zu Vergleichszwecken in einen Kennwert unter realen
Belastungsbedingungen, also reiner Zugbelastung, umzuwandeln.
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
39
Zur Beschreibung der Festigkeitsverteilung wird aus den zuvor beschriebenen Gründen
die (abgewandelte) zweiparametrige Weibullverteilung nach DIN 51110 gewählt.
−−=
m
BBP
0
33 exp1)(
σσσ
Zweiparameteransatz mit σu = 0
(Gleichung 39)
Somit lässt sich auf Basis von 35 bis 50 Biegeversuchen an einzelnen Fasern eine
materialcharakteristische Bruchspannung (σ3B) bei einer Bruchwahrscheinlichkeit von
63,21% und der Weibullmodul (m) bestimmen.
Unter der Annahme, dass die im Verlauf dieser Arbeit untersuchten Faserschädigungen
durch Verarbeitung, Recycling, Pigmentierung oder chemische Angriffe einzig an der
Oberfläche stattfinden und gegenüber den (bereits vorhandenen) volumeninternen
Defekten dominieren, werden im Folgenden ausschließlich die belasteten Oberflächen
betrachtet. Basis der nachfolgenden Überlegungen ist somit die oberflächenabhängige
Betrachtung der Bruchfestigkeitsverteilung und nicht wie in Kapitel 4.4.3 die volumen-
abhängige. Der Begriff der effektiven Oberfläche (Seff) wird eingeführt,
−−=
m
BBeffBeffB S
SSP
0
3
0
3,3,3 exp1),(
σσσ
Bruchwahrscheinlichkeit als Funktion von σ3B, Seff,3B (Gleichung 40)
wobei nun im Gegensatz zu V0 in Gleichung 27 auch S0 als die charakteristische
Oberfläche betrachtet wird. Die effektive Oberfläche ist somit die Oberfläche, welche im
Zugversuch und unter konstanter Spannungsverteilung die gleiche Festigkeit erbracht
hätte wie die geprüfte Oberfläche im Biegeversuch und bei inhomogener Spannungs-
verteilung. Um nun zu Zugversuchen vergleichbare Bruchspannungen angeben zu
können, die der realen Beanspruchung der Fasern angemessen sind, müssen zunächst
die effektiven Oberflächen für Zug- und Biegebelastung berechnet werden.
Unter der Voraussetzung der Weibullverteilung, dass die Probe einzig auf Grund der
Zugbeanspruchung versagt, lässt sich die effektive Oberfläche aus der Integration der
Spannung σ über die wirklich auf Zug beanspruchte Oberfläche der Probe in
allgemeiner Form mit:
dSSS
m
Reff ∫∫
=
σσ
(Gleichung 41)
bestimmen, wobei σR der Referenz- oder Höchstspannung entspricht. Im Falle der
Zugprobe (Index: Z) ist die Spannung in der Rundprobe (Faser) mit dem
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
40
Durchmesser d und der Länge l über den Querschnitt konstant und es gilt:
ZRdF
SF
,2
4 σπ
σ === (Gleichung 42)
Somit ist nach Gleichung 41 die effektive Oberfläche im Zugversuch (Seff,Z) gegeben
durch:
dldSdSSdl
m
ml d
ZRZeff π
σσ
π
π
==
= ∫∫ ∫ 1
0 0 ,, effektive Oberfläche (Seff,Z) (Gleichung 43)
Im Dreipunktbiegeversuch (Index: 3B) mit mittig angreifender Kraft liegt eine symme-
trische, von beiden Auflagern zur Krafteinleitung hin linear ansteigende Momenten-
verteilung vor. Die Oberfläche wird somit inhomogen und nur einseitig auf Zug belastet.
Mit dem maximalen Biegemoment:
4maxFlM = (Gleichung 44)
und der maximalen Biegespannung (ist hier auch Referenzspannung):
33max
3,8
432
dFl
dFl
WM
BR ππσ === (Gleichung 45)
ergibt sich in den kartesischen Koordinaten x, y im Bereich 2
0 lx ≤≤ und 2
0 dy ≤≤ für
die Biegespannungsverteilung:
( ) xydFyx 4
32,π
σ = (Gleichung 46)
Führt man nun die Polarkoordinaten r und ϕ ein, so folgt für die kartesischen Koor-
dinaten y = rcosϕ und z = rsinϕ. Der Quotient σ(x,y)/σR,3B wird somit, in Analogie zu
Gleichung 43, für die Dreipunktbiegebelastung zu:
( ) ϕσ
σ cos24,
3,
xl
xydl
yx
BR
== (Gleichung 47)
Durch Integration der Bereiche 2
0 lx ≤≤ und 2
0 πϕ ≤≤ nach dϕdx (also einem Achtel
der Probenoberfläche) und mit dxdddS ϕ2
= (auf Grund der Polarkoordinaten) erhalten
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
41
wir einen Teil der effektiven Oberfläche, hier gekennzeichnet mit *, zu:
)()1(4
)(cos)1(42
cos2 2
0
2
0
2
0
3, ϕϕϕϕϕ
ππ
Imdld
mdldxddx
lS m
ml
Beff+
=+
=
= ∫∫ ∫∗
(Gleichung 48)
Aus Symmetriegründen der Faser und der Belastungsart (nur die der Krafteinleitung
abgewandte Seite ist auf Zug belastet) ist die wahre effektive Oberfläche gleich dem
Vierfachen von S*eff,3B und somit:
)()1(
)(cos)1(
2
03, ϕϕϕ
π
Im
dldm
dlS mBeff +
=+
= ∫ (Gleichung 49)
Durch die Kenntnis der beiden effektiven Oberflächen sowohl im Zugversuch (Seff,Z) als
auch im Dreipunktbiegeversuch (Seff,3B) kann nun analog zu Gleichung 37 die
entsprechende Zugfestigkeit, bei gleicher Prüflänge der im Biegeversuch getesteten
Probe, ermittelt werden durch:
m
Zeff
BeffBSZS S
S1
,
3,3,,
= σσ (Gleichung 50)
Die Umrechnung dieser errechneten Bruchspannung auf eine andere, der realen
Belastung entsprechende Bezugslänge erfolgt dann in gewohnter Weise durch
Gleichung 38.
Als Beispiel der Umrechnung (Tabelle 6) von Biegefestigkeiten in äquivalente Zugfestig-
keiten sei hier eine oberflächengeschädigte sowie -ungeschädigte Faser betrachtet.
Tabelle 6: Beispielrechnung der Dreipunktbiegefestigkeit in eine äquivalente Zugfestigkeit
σ3B [MPa]
l [mm]
m
Seff,3B
Seff,Z m
Zeff
Beff
SS
1
,
3,
σS,Z [MPa]
σl [MPa]
5411 0,297 14,88 24,6 E-6 3,84 E-3 0,712 3854 36163339 0,197 9,76 44,4 E-6 3,84 E-3 0,633 2114 2001
(Widerlagerspalt = 115µm, dF = 10,62µm, Werte aus SFT-Messreihe in Kapitel 6.2.2)
Nachfolgendes Bild 18 zeigt anhand eines Flussdiagramms den Verlauf der Festig-
keitsumrechnung von Biege- in Zugfestigkeiten bei bruchauslösenden Volumen- oder
Oberflächendefekten.
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
42
dSSS
m
Reff ∫∫
=
σσ
Bestimmung der effektiven Oberflächen
m
Zeff
BeffBSZS S
S1
,
3,3,,
= σσ
meff
ll ll
eff
1
= σσ
Zweiparameteransatz nach Weibull (mit σu = 0)
Zugfestigkeit der effektiv belasteten Oberfläche
Extrapolation zu realer Faserlänge
Biegebelastung (3B)
Zugbelastung (Z)
ϕϕ
π
dm
dlS mBeff )(cos
)1(
2
03, ∫+
=
dldSSdl
mZeff π
π
== ∫1,
−−=
m
P0
exp1)(σσσ
Bestimmung des effektiven Volumens
Biegebelastung (4B)
( ) 023, 121 V
mV Beff +
=
( ) 024, 11
11
41 V
mmV Beff
+
++
=
meff
VV VV
eff
1
= σσ
Extrapolation zu realem Volumen
Biegebelastung (3B)
dVVm
V Reff ∫∫∫
=
σσ
Bild 18: Flussdiagramm als Übersicht der Festigkeitsumrechnung von Biege- in Zugfestigkeiten bei bruchauslösenden Volumen- oder Oberflächendefekten
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
43
Nachfolgendes Bild 19 verdeutlicht den Einfluss des Moduls auf die Umrechnung von
Biege- in Zugfestigkeiten. Mit fallendem Modul sinken die gerechneten Faserfestig-
keiten unter Zugbelastung stark ab. Bild 20 vergleicht die im Biegeversuch gemessenen
mit den errechneten Zugfestigkeiten. Je nach Modul ergeben sich unterschiedliche
Umrechnungsfaktoren (Steigung der Geraden bei konstantem Modul).
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
0
norm
iert
e Zu
gfes
tigke
it
)
Bild 19: Auf den Maximalwert (Abhängigkeit des Weib
0
1000
2000
3000
4000
5000
2500 3000
Zugf
estig
keit
[MPa
]
m = 5
gesc
hädi
gte
Fase
rn
Bild 20: Äquivalente Zug- vs. Blagerspalt = 115µm, dF
Modulbereich an Glasfasern (Biegeversuch
5 10 15 20 25
W.-Modul, m
m = 25) normierte Zugfestigkeit bei konstanter Biegefestigkeit in ullmoduls der Faser
3500 4000 4500 5000 5500 6000 6500 7000
Dreipunktbiegefestigkeit [MPa]
m = 10 m = 15 m = 20
Fase
rneu
war
e
0,58
0,40
0,67 0,73
iegefestigkeiten (Rechnung: Modul variabel, lF = 300µm, Wider- = 10,62µm, in Anlehnung an SFT-Messreihe in Kapitel 6.2.2)
Festigkeitscharakterisierung von (Einzel-)Fasern
44
Je nach gemessenem Modul lässt sich so die entsprechende Zugfestigkeit abschätzen.
Da die Faserfestigkeit weiterhin mit ihrer Länge korreliert, gilt dies allerdings nur bei
konstanter Länge, in der dargestellten Rechnung also nur bei 300µm. Andere
Extrapolationslängen ergeben andere Faktoren.
Die Abhängigkeit der Rechnung von der Faserlänge, zu der es zu extrapolieren gilt,
zeigt Bild 22. Es besteht, wie sich aus der Natur der Weibullverteilung ergibt, ein
logarithmischer Zusammenhang unter dem mit zunehmender Faserlänge die Faser-
festigkeit schnell abnimmt.
3000
3500
4000
4500
5000
0,01 0,10 1,00 10,00 100,00
Faserlänge [mm]
Zugf
estig
keit
[MPa
]
Zugfestigkeit (SFT)
Zugfestigkeit (LFT)
Bild 21: Zugfestigkeiten über der Faserlänge (Rechnung: Faserlänge variabel; SFT: m = 14,9, σ3B = 5411MPa, dF = 10,62µm, Widerlagerspalt = 115µm, in Anlehnung an Messreihe Kapitel 6.2.2; LFT: σ3B = 6647MPa, m = 16,6, dF = 18,17µm, Widerlagerspalt = 158,25µm, in Anlehnung an Messreihe Kapitel 6.4)
Hinweis: In der Darstellung bezieht sich die Rechnung auf zwei Messreihen, welche im weiteren
Verlauf der Arbeit noch näher erläutert werden. Hierzu sei nur insoweit angemerkt, dass man
nicht generell ableiten kann, die im Durchmesser dickeren Fasern der LFT-Reihe wären bei
gleicher Länge generell fester als diejenigen dünneren der SFT-Reihe. Vielmehr wurden auch
bei anderen, hier nicht dargestellten, Messreihen ähnliche Ausgangsbiegefestigkeiten der
Fasern bei SFT-Compounds festgestellt. Es handelt sich hier also lediglich um Beispiel-
rechnungen zur Verdeutlichung des Zusammenhangs Faserlänge und -festigkeit.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
5 Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
45
•
Ein Großteil der heute hergestellten Kunststoffe wird eingefärbt. Zunächst gilt es das
ästhetische Bedürfnis des Kunden zu befriedigen, weiterhin wird von einer modernen
Formgebung auch zunehmend Ausstrahlungskraft verlangt, um auf den Betrachter eine
Reizwirkung auszuüben. Diese wird durch die Farbe unterstrichen und das
Enderzeugnis gewinnt an Attraktivität, Farbe übt zudem eine Signalwirkung aus.
Gerade im Bereich der Freizeit- und Sportindustrie, aber auch zunehmend in eher
technischen Anwendungen wird nach spezifisch eingefärbten Rohstoffen, Halbzeugen
oder Produkten verlangt. Vielfach schränkt die Art der Anwendung, der spätere
Einsatzbereich aber auch die Gesetzgebung die Vielfalt der zur Verfügung stehenden
Farbmittel stark ein. So haben sich gerade die anorganischen Pigmente auf Grund ihrer
hohen Echtheitseigenschaften und Systemverträglichkeit bei der Kunststoffeinfärbung
seit langem bewährt. Wie Bild 22 zeigt, sind vier Fünftel der verwendeten Farbmittel
anorganische Pigmente, der Rest organische Pigmente und Farbstoffe.
Farbstoffe2% Organische
Pigmente5%
Farbruße 14%
Anorganische Buntpigmente
9%
Titandioxid 70%
Bild 22: Einsatz von Farbmitteln beim Einfärben von Kunststoffen [98]
5.1 Begriffe und Definitionen
Einteilung der Farbmittel
Farbmittel ist der Oberbegriff für alle farbgebenden Substanzen. Man unterscheidet
zwischen Farbstoffen und Pigmenten (vgl. DIN 55944), wobei Letztere für den
Kunststoffbereich die weitaus größere Bedeutung besitzen. Pigmente sind unter den
jeweiligen Verarbeitungsbedingungen in Kunststoffen praktisch unlöslich, während
Farbstoffe löslich sind (vgl. DIN 55949). Weiterhin wird nach der chemischen
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
46
Zusammensetzung in anorganische und organische Farbmittel und nach
koloristischen Gesichtspunkten in weiße, schwarze, bunte, glänzende und Licht emittierende (fluoreszierende) Farbmittel unterschieden. Einen Überblick über die
Einteilung der Farbmittel wird in nachfolgendem Bild 23 gegeben.
AnorganischeWeißpigmente
AnorganischeBuntpigmente
AnorganischeSchwarzpigmente
AnorganischeGlanzpigmente
AnorganischeLeuchtpigmente
AnorganischePigmente
AnorganischeFarbstoffe
AnorganischeFarbmittel
OrganischeWeißpigmente
OrganischeBuntpigmente
OrganischeSchwarzpigmente
OrganischeGlanzpigmente
OrganischeLeuchtpigmente
OrganischePigmente
OrganischeWeißfarbstoffe
AnorganischeBuntfarbstoffe
AnorganischeSchwarzfarbstoffe
AnorganischeGlanzfarbstoffe
AnorganischeLeuchtfarbstoffe
OrganischeFarbstoffe
OrganischeFarbmittel
Farbmittel
Bild 23: Einteilung der anorganischen und organischen Farbmittel nach koloristischen Gesichtspunkten (vgl. DIN 55944)
Die farbliche Veränderung als Folge der Einfärbung von Kunststoffen findet ihre
Begründung in der wellenlängenabhängigen Absorption und/oder Remission (Streuung)
des Lichtes. Hierbei ist grundsätzlich zu bemerken:
Farbstoffe können Licht nur absorbieren, nicht streuen, da die physikalische
Voraussetzung für Streuung – eine bestimmte Teilchenmindestgröße – bei molekular
gelösten Farbstoffen nicht gegeben ist; derartige Einfärbungen sind also transparent,
soweit sie durch den Farbstoff bedingt sind, wobei vollständige Absorption des Lichtes
zu schwarzen, eine selektive zu bunten Farbtönen führt. Eine nichtselektive Licht-
streuung, also „organische Weißfarbstoffe“, gibt es demnach aus physikalischen
Gründen nicht. Die optische Wirkung von Pigmenten kann in gleicher Weise auf
Lichtabsorption beruhen. Wenn sich allerdings die Brechzahl des Pigments von der des
Kunststoffs wesentlich unterscheidet und eine bestimmte Teilchengröße gegeben ist,
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
47
erfolgt Remission, also ein Zurückwerfen des Lichtes. Aus dem ursprünglich
transparenten Kunststoff wird ein weißer, deckend eingefärbter, jedoch bei gleichzeitig
selektiver Lichtabsorption ein bunter, deckend eingefärbter Kunststoff.
Voraussetzung für Lichtstreuung ist eine bestimmte Teilchengröße. Bei sehr kleinen
Teilchengrößen erfolgt keine Remission, bei sehr großen ebenfalls keine oder eine sehr
geringe. Die optimale Teilchengröße für z. B. Titandioxid – das wirtschaftlich wichtigste
Weißpigment – in Kunststoffen liegt bei etwa 0,2 – 0,3µm. Bild 24 zeigt die Streukurven
einiger Weißpigmente in Abhängigkeit von der Teilchengröße.
Bild 24: Streukurven einiger Weißpigmente in Abhängigkeit der Teilchengröße (λ= 550nm) [2]
Bei allen Buntpigmenten, die selektiv absorbieren und remittieren, beeinflusst die
Teilchengröße gleichzeitig den Farbton. Nicht remittierende anorganische Buntpigmente
sind z. B. transparente rote und gelbe Eisenoxide auf Grund ihrer geringen
Teilchengröße und Ultramarinblau wegen seiner mit organischen Kunststoffen
weitgehend identischen Brechzahl [80].
Weiterhin wird zum Verständnis zu Bild 23 nach DIN 55944 bemerkt:
Die Gruppe der anorganischen Farbstoffe (Färbemittel z. B. für Email, Glas, Keramiken)
wird in der DIN nicht näher unterteilt und hat für die Kunststoffeinfärbung aber auch
keine Bedeutung. Auch Produkte der „organischen Weißpigmente“ sind zurzeit ohne
praktische Bedeutung. „Organische Glanzfarbstoffe“ gibt es aus physikalischen
Gründen nicht (fehlende Remission).
Für eine ausführliche Orientierung wird auf die Literatur [99-109] verwiesen.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
48
• Pigment, Teilchengröße
Der Begriff Pigment ist an einen bestimmten Teilchengrößenbereich (∼0,01µm bis
∼3µm; maximal 100µm) gebunden, der von Produkt zu Produkt unterschiedlich und bei
der Herstellung in gewissen Grenzen beeinflussbar ist. Bei der Definition der
Pigmentteilchen (vgl. DIN 53206) unterscheidet man zwischen Primärteilchen oder
Einzelteilchen, Aggregaten, Agglomeraten und Flokulat (siehe Bild 25).
Primärteilchen ohne innere Oberfläche
Aggregate mit nicht zugänglicher innerer Oberfläche
Agglomerate mit zugänglicher innerer Oberflächezwischen den Aggregaten bzw. Primärteilchen
Einkristalle
kohärente Gitterbereiche
Kristallite
Bild 25: Prinzipdarstellung der Primärteilchen, Aggregate und Agglomerate (nach DIN 53206)
Primärteilchen oder Einzelteilchen, wie sie in der Regel bei der Herstellung entstehen,
besitzen auf Grund ihrer außerordentlich geringen Teilchengröße eine ausgeprägte
Tendenz sich zusammenzulagern. Durch flächiges Aneinanderlagern der Primärteilchen
entstehen Verbände, die Aggregate, die eine kleinere Oberfläche aufweisen als die, die
der Summe der Oberflächen ihrer Primärteilchen entsprechen. Durch Aneinander-
lagerung an Ecken und Kanten von Primärteilchen und/oder Aggregaten bilden sich
Agglomerate, deren Gesamtoberfläche von der Summe der Einzelflächen nur wenig
abweicht. Spricht man – ohne nähere Angaben – von Pigmentteilchengröße, so bezieht
man sich auf die Aggregate, wie sie im Wesentlichen nach der Einfärbung vorliegen.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
49
•
•
•
•
Ihre Größen bzw. Größenverteilung sind für die koloristischen Eigenschaften verant-
wortlich. Unter Flokulaten wiederum versteht man in Suspensionen (z. B. in Pigment-
Bindemittel-Systemen) auftretende Agglomerate, die durch geringe Scherkräfte zerteilt
werden können.
5.2 Einsatz von Farbmitteln bei der Kunststoffeinfärbung
Ein Großteil der heutzutage hergestellten Kunststoffe wird eingefärbt. Hierbei gilt es,
sowohl die Wünsche des Kunden zu erfüllen als auch den praktischen Gesichtspunkten
nach einem verbesserten Schutz und Haltbarkeit des eingefärbten Kunststoffes
nachzukommen. Bei der Auswahl der Pigmente spielen die hohen Stabilitätsanforde-
rungen insbesondere im Bereich der Einfärbung technischer Kunststoffe eine wichtige
Rolle, worin der häufige Einsatz anorganischer Pigmente seine Begründung findet.
Deren Echtheitseigenschaften und günstige Verträglichkeiten mit dem einzufärbenden
System zeichnen sie gegenüber organischen Pigmenten aus. An die Gruppe der
anorganischen Pigmente werden dabei folgende Hauptanforderungen gestellt:
Thermische Beständigkeit
Ohne die Pigmenteigenschaften negativ zu beeinflussen, müssen sie während der
Verarbeitung Temperaturen von mindestens 200°C (LD-PE), häufig jedoch bis zu
300°C (HD-PE, PP, ABS, PA) in Ausnahmefällen (PPS) sogar bis 380°C aushalten.
Beständigkeit gegen Chemikalien
Das Pigment darf in Kontakt mit dem einzufärbenden Polymer und dessen Additiven auf
Grund chemischer Reaktionen deren Wirkungsweise oder die eigene Coloristik nicht
verändern.
Licht- und Wetterbeständigkeit
Gerade bei höherer Pigmentierung soll der Effekt der Kreidung möglichst vermieden
werden.
Migrationsbeständigkeit
Pigmente, die eine gewisse Löslichkeit im Polymer aufweisen, zeigen Transport-
erscheinungen des Farbmittels an die Oberfläche, das so genannte Ausbluten oder
Ausblühen. Gerade anorganische Pigmente gelten als migrationsecht, da sie in ihrer
Umgebung unlöslich sind und somit in der Matrix fest gebunden (eingelagert) vorliegen.
Trotz der hohen Echtheitseigenschaften sind viele Pigmente nur unter Einschränkungen
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
50
zur Einfärbung von Kunststoffen geeignet. Teilweise verfügen sie nur über eine
ungenügende thermische Beständigkeit, führen zu Reaktionen mit den Polymeren oder
vorhandenen Additiven wie auch zu photokatalytisch initiierten Zersetzungsreaktionen
und u. U. zu inakzeptablen koloristischen und mechanischen Veränderungen im
Kunststoffsystem [107]. Hierzu ein Beispiel: Orthovanadate vermögen oxidations-
empfindliche Polymere wie zum Beispiel Polyamid zu zerstören unter gleichzeitiger
Umwandlung in andersfarbige, nichtpigmentäre Vanadiumverbindungen. Beispielhaft
sei hier das Wismutvanadat genannt, welches über eine ausgezeichnete Coloristik
verfügt und eine Alternative zum kennzeichnungspflichtigen Chromgelb (bleihaltig)
darstellt. Zur Behebung eines solchen Problems werden die Pigmente einer
Nachbehandlung – dem so genannten Coating – unterzogen, welches den Vorteil hat,
wenig pigmentspezifisch und universell auf ganze Pigmentklassen anwendbar zu sein.
5.3 Stabilisierung anorganischer Pigmente – anorganisches Coating [98]
Im Falle der anorganischen Farbpigmente wird heute vielfach ein Coating aufgebracht,
welches sich aus einer mehrschichtigen Einkapselung mit einer dichten, glasartigen,
aus inerten Metalloxiden bestehenden Hülle zusammensetzt. Dabei kommen vor allem
Elemente der 3. und 4. Hauptgruppe des Periodensystems, insbesondere der des Bors,
Aluminiums und Siliziums, zur Anwendung. Sie werden in einem Nassphasenprozess
sukzessive auf die Pigmentoberfläche gefällt. Dieser Aufbau gewährleistet eine äußerst
dichte Hüllstruktur bei gleichzeitig hoher mechanischer Belastbarkeit. Die Schichtdicke
und der Aufbau können abhängig von den zu erzielenden anwendungstechnischen
Eigenschaften individuell gesteuert werden. Die Echtheitseigenschaften werden
verbessert bei gleichzeitig hoher mechanischer Belastbarkeit. Der relative Brechungs-
index liegt für Silizium-, Aluminium- und Boroxide (als Kapselmaterialien) zwischen 1,45
und 1,60 – also im Bereich des einzufärbenden Polymersystems – wodurch sich keine
Lichtbrechung ergibt, die Pigmenthülle also optisch transparent ist.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
51
•
5.4 Einsatzgebiete des Coatings
• Redoxempfindliche Farbpigmente (z. B. Wismutvanadat)
Durch die Umhüllung wird eine stark verminderte Kontaktfläche zum Polymer erzielt,
wodurch sich, auf Grund der verminderten Reaktionsgeschwindigkeit zwischen Pigment
und Polymer, eine höhere Temperaturstabilität erzielen lässt.
• Thermolabile Farbpigmente (z. B. Eisenoxidgelb)
Wenn in der Pigmentumgebung thermodynamisch gesehen ein entsprechender
Zersetzungsdruck erreicht wird, z. B. im Falle von Eisenoxidgelb bei einem äußeren
Luftdruck und der Temperatur von 180 bis 200°C, zersetzt sich das Eisenoxidgelb
irreversibel zu Eisenoxidrot. Das Einkapseln der Pigmentteilchen mit einer dichten Hülle
hat zur Folge, ähnlich einem Autoklaven, dass sich in der Grenzschicht ein erhöhter
Druck aufbauen kann. Dieser wirkt dem Zersetzungsdruck entgegen, welcher nur durch
eine Erhöhung der Temperatur wieder erreicht werden kann. In der Folge erreicht man
eine höhere Hitzestabilität.
Katalytisch wirkende Farbpigmente
Insbesondere Elemente der 1. Übergangsmetallreihe (Titan, Vanadium, Chrom,
Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel und Kupfer) besitzen häufig ein hohes katalytisches
Potential und vermögen somit Polymere in ihren ursprünglichen Eigenschaften zu
verändern. Bei der Herstellung von Mischphasenpigmenten durch Calcination
oxidbildender Metallverbindungen bei hohen Temperaturen entsteht ein neues,
hochstabiles, nahezu inertes Kristallgitter. Wie bei allen chemischen Umsetzungen
verlaufen auch diese Festkörperreaktionen nie vollständig, so dass ein geringer Anteil
der eingesetzten Metallverbindungen in Form ihrer Oxide an der Pigmentoberfläche
verbleibt. Im Gegensatz zum Kristallverband des neu gebildeten Farbkörpers,
vermögen die oberflächlich anhaftenden Übergangsmetalloxide u. U. direkt mit dem
umgebenden Polymer in Wechselwirkung zu treten. Mit Hilfe der Fällung inerter
Metalloxide gelingt es auch hier, wie schon beim Wismutvanadat, die Pigmentpartikel
weitgehend einzukapseln, so dass die Kontaktfläche zum Polymer auf ein Mindestmaß
reduziert wird. Auf der Pigmentoberfläche anhaftende Verunreinigungen nicht
umgesetzter Übergangsmetalloxide werden hierbei mit eingeschlossen und stehen für
Reaktionen nicht mehr zur Verfügung.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
52
•
Abschließend kann somit festgehalten werden, dass das Coating zu verbesserten
Echtheitseigenschaften gegenüber Hitze, Chemikalien, Licht und Wetter sowie dem
einzufärbenden Polymersystem führt. Nachteilig ist eine verminderte Farbstärke beim
Einfärben des Polymers, da Gewichtsanteile der Pigmente nun aus transparenten
Oxiden des Coatings bestehen. Dies muss durch höhere Pigmentkonzentrationen
ausgeglichen werden.
5.5 Vorgehensweise bei der Kunststoffeinfärbung [80, 99-101]
• Polymerhersteller
Bei der Herstellung werden die Pigmente in den Polymeren mittels Extruder oder Kneter
homogen in die Schmelze eingebracht, diese dann ausgetragen, abgekühlt und
granuliert. Die Grundvoraussetzung für ein gutes Einfärbeergebnis ist die ausreichende
Dispergierung der Farbpigmente im Polymer und damit die möglichst vollständige
Zerteilung der Pigmentagglomerate sowie die ausreichende Benetzung und statistisch
gleichmäßige Verteilung der Pigmentteilchen. Das Zerteilen geschieht durch
Scherkräfte in der hochviskosen Kunststoffschmelze. Die Benetzung wird verbessert
durch Zugabe von niedrigviskosen Additiven, was durch höhere Arbeitstemperaturen
erleichtert wird.
• Selbsteinfärbung
Die übliche Vorgehensweise bei der Selbsteinfärbung besteht darin, die Farbmittel bei
Raumtemperatur in einem Mischer auf das einzufärbende Kunststoffgranulat
aufzutrommeln. Dabei ist die Zugabe eines Haftvermittlers [108] oder eines Disper-
giermittels [109] zweckmäßig. Diese Vormischung kann auf Spritzgießmaschinen oder
Extrudern direkt verarbeitet werden.
Pigmentpräparationen
Um beim Selbsteinfärben ein optimales Färbeergebnis zu erhalten, bevorzugt man in
jüngster Zeit aus Gründen der leichteren Dosierbarkeit, besseren Einfärbequalität der
Fertigerzeugnisse (optimale Pigmentverteilung, Maximum an Farbstärke, Reserve-
freiheit, Farbtongenauigkeit) sowie der Arbeitshygiene anstelle von Pulverpigmenten
meist Pigmentpräparationen. Dies sind Zubereitungen, bei denen ein Pigment
– Einzelpigment, Pigment-Mischung, Pigment/Zusatz-Mischung – in einem Träger-
material, in höherer Konzentration als es der späteren Anwendung entspricht,
(vor-)dispergiert ist. Das Trägermaterial ist dabei mit dem vorgesehenen Polymer
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
53
identisch, ihm ähnlich oder zumindest damit verträglich. Diese Präparationen werden
während der Verarbeitung dann einfach zudosiert.
5.6 Kenntnisstand zur Pigmentierung faserverstärkter Kunststoffe
Die Untersuchungen zur Pigmentierung faserverstärkter Kunststoffe konzentrieren sich
hauptsächlich auf den Einfluss der Pigmentierung auf die Viskosität der Schmelze, ihren
Beitrag zur Reduzierung der mechanischen Eigenschaften eines FKV und auf die
Funktion der Pigmente als Nukleierungsmittel.
Müller [110] beschreibt das Viskositätsverhalten der Schmelzen bei hoher Farbmittel-
konzentration. Er gibt in seinen Untersuchungen an, dass Pigmente allgemein eine
Schwindung des Kunststoffs (PE-LD, PE-HD, PP) in Abhängigkeit von ihrer
Konzentration (0,05 / 0,1 und 0,2Gew.-%) aber auch in Abhängigkeit von Kunststofftyp
und Spritzgießbedingungen verursachen. Diese beträgt bei anorganischen Pigmenten
bis zu 0,7%, ist jedoch durchgängig gleich (unabhängig vom verwendeten Kunststofftyp
und Pigment). Bei organischen Pigmenten verursachen besonders blaue und grüne
Phthalocyaninpigmente eine Schwindung von 2-3%. Zusammenhänge zwischen
Schwindung und chemischer Konstitution des Farbmittels, Kristallgröße, spezifischer
Oberfläche und/oder Molmasse konnten jedoch nicht nachgewiesen werden, so dass
andere Faktoren eine Rolle spielen müssen. Weiterhin wird festgestellt, dass sich die
Konzentration des Pigments auf die maximale Zugfestigkeit und die Reißdehnung eines
Kunststoffs (PE-LD, PE-HD) auswirkt. Die Verringerung der Zugfestigkeit wird mit einem
Wert von maximal 10% angegeben, die der Reißdehnung nimmt um 30-40%, bei PP
sogar um 50% ab. Er gibt an, dass die Ergebnisse seiner Untersuchungen auch auf
andere Kunststoffe übertragbar sind.
Schewe und Lapresa [111] beschreiben das Viskositätsverhalten und die mechanischen
Eigenschaften von Einfärbungen an Polyamid 6 (PA 6) und PA 6-Compounds mit
30Gew.-% Glasfasern. Das Polymer selbst ist chemisch aggressiv gegenüber
Farbmitteln, muss bei hohen Temperaturen verarbeitet werden und unterliegt einer
Abrasion durch Glasfasern. Bei den anorganischen Pigmenten standen Bismutvanadat
und Antimon-Chrom-III-Titandioxid (Titanorange) mit einer Pigmentkonzentration
zwischen 0 - 3Gew.-% zur Verfügung. Das Viskositätsverhalten der Einfärbungen wurde
mittels Hochdruck-Kapillar-Rheometer (HKR) bei einer Temperatur von 260°C
untersucht und zeigt im verarbeitungstechnisch relevanten Bereich des Spritzgießens
(hohe Scherraten) ein prinzipiell leichtes Ansteigen der Viskosität, beim Übergang von
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
54
1 nach 3Gew.-% Pigment ein deutlicheres. Bei geringeren Scherraten (Extrudieren) ist
ein Anstieg der Viskosität zwischen 10-15% gegenüber einer uneingefärbten Probe
möglich. Unter Verwendung von Glasfasern wird das Viskositätsniveau insgesamt
angehoben, wobei mit zunehmenden Scherraten der Viskositätsunterschied zu
unverstärktem Material abnimmt, so dass die Viskosität ca. 10% höher liegt. Durch den
hohen Einfluss der Glasfasern auf die (Gesamt-)Viskosität des Materials ist die
Variation des Pigmentgehaltes nicht mehr ausschlaggebend, besonders bei hohen
Scherraten (>10000/s). Bei organischen Pigmenten ist der größte Anstieg der Viskosität
bereits bei einer Pigmentkonzentration von 0,1Gew.-% sichtbar und insgesamt höher
als bei anorganischen Pigmenten. Bei faserverstärktem Compound ist kein Unterschied
zu den Ergebnissen mit anorganischen Pigmenten sichtbar. Bild 26 zeigt eine
Prinzipdarstellung der Ergebnisse der Untersuchungen.
200Pa·s
0
100
1000 10000 1/sScherrate D
Visk
ositä
t η
Extrudieren
Spritzgießen
PA6-GF30
PA6
Natur Pigment (1-3%)
Bild 26: Zusammenhang zwischen Viskosität und Scherrate in Abhängigkeit der Pigmentierung bei PA 6 und PA 6-GF30 in Anlehnung an Schewe und Lapresa [111]
Einfärbungen mit Ruß weisen überraschende Ergebnisse auf. Der Einfluss auf die
Viskosität ist bei unverstärktem Material gering, bei Glasfaserverstärkung sorgt ein
synergetischer Effekt für die Erhöhung der Viskosität bei höheren Anteilen an Ruß und
höheren Scherraten. Zusammenfassend ist eine degressive Abnahme der Viskosität mit
der Scherrate zu beobachten, der Einfluss von Farbmitteln auf die Viskosität von PA 6
nimmt dabei mit zunehmenden Scherraten immer mehr ab und tritt bei Glasfaser-
verstärkung völlig in den Hintergrund.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
55
Die weitere Betrachtung der Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften mit der
Pigmentierung zeigt, dass die verwendeten organischen Pigmente und Farbstoffe
(Phthalocyanin, Ruß und Phenazin) tendenzielle Abnahmen bei der Kerbschlag-
zähigkeit und der Reißdehnung, dagegen tendenzielle Zunahmen bei der Zugfestigkeit
und dem Zug-E-Modul aufweisen. Diese sind hauptsächlich auf die Pigmente
zurückzuführen und werden auch bei einem Faseranteil von 30Gew.-% bestätigt.
Jedoch handelt es sich hierbei um organische Pigmente, deren Mohssche Härte im
Allgemeinen gering ist, ebenfalls die des Bismutvanadats als anorganisches Pigment.
Der Schluss einer nur geringen Einflussnahme der Einfärbung auf die mechanischen
Eigenschaften kann so nicht gehalten werden, betrachtet man das verwendete
Titanorange als einziges anorganisches Pigment. Bei unverstärktem Material ist der
Einfluss gering, bei Faserverstärkung wirkt sich die Einfärbung über die Glasfasern auf
die mechanischen Eigenschaften dagegen gravierender aus, wenn auch die Angabe
der Kerbschlagzähigkeit mit Verlusten von „deutlich über 10%“ wenig konkret
angegeben ist. Eigene Untersuchungen zeigen bei Rutilmischphasenpigmenten
Abnahmen von bis zu 50%. Somit wird, bis auf das Titanorange, eine generelle
Verwendbarkeit angegeben, ohne die vielfach eingesetzten anorganischen Pigmente
näher zu betrachten.
Parikh und Wilson [112, 113] liefern die umfassendsten Artikel zur Einfärbung glasfaser-
verstärkter Thermoplaste und deren Einfluss auf die mechanischen Kennwerte am
Beispiel des Polyethylens und Polyamids mit je 30Gew-%, bzw. des Polycarbonats mit
10Gew-%. Bei PE-GF und PP-GF nimmt die Festigkeit mit steigendem anorganischen
Pigmentanteil im Allgemeinen stark ab, bei organischen Pigmenten werden hingegen
eher geringe Abfälle bis hin zu leichten Zunahmen verzeichnet. Dagegen ist bei den
meisten Pigmenten bereits mit sehr geringen Anteilen ein bedeutender Abfall der Izod
bzw. Gardner Schlagzähigkeit zu verzeichnen. Das PC-GF zeigt Festigkeitsverluste,
Einbußen der Zähigkeit jedoch erst bei höheren Pigmentanteilen. Die hier teilweise
stärker ausgeprägten Eigenschaftsänderungen begründen die Autoren mit der höheren
Sprödigkeit des PC gegenüber dem PE oder PP. Die teils beobachtete lineare
Abnahme der Eigenschaften über dem Grad der Pigmentierung (z. B. Titandioxid) bei
PP-GF überrascht, da eigene Untersuchungen meist degressive oder logarithmische
Abnahmen zeigen. Begründet wird dies mit der linearen Struktur von PP und damit,
dass PP weicher als PC und PE ist. Vernachlässigt wird jedoch, dass harte Pigmente in
erster Linie sich über die Glasfasern auf die mechanischen Eigenschaften eines
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
56
Werkstoffs auswirken und damit nicht nur die Variation des Kunststoffs, sondern auch
der Gehalt an Glasfasern die Ergebnisse beeinflusst.
Knyaginina [114] führt am Beispiel eines Polystyrene und den Pigmenten Ruß und
Titandioxid als ausreichende Pigmentkonzentration 0,5 - 0,7Gew.-% bei Verlusten an.
Größere Mengen führen bereits zu einer bedeutenden Reduzierung der
Festigkeitskennwerte, besonders die Schlagzähigkeit verliert hier um bis zu 40% bei
einem Gehalt von 1,5Gew.-%.
Bei Day [115] wird auf die Untersuchungen von Skowronski et al. [116] hingedeutet, der
einen leichten Abbau der Zugfestigkeit nach der Pigmentierung von PVC feststellte.
Weiterhin wird glasfaserverstärktes PA beschrieben, welches durch Pigmentierung in
seiner Festigkeit und Steifigkeit geschwächt wird. „Der negative Einfluss verläuft dabei
über die Erhöhung der Faserbrüche durch Pigmente während der Herstellung des
Werkstoffs.“
Johnsen und Moos [117] wiesen eine starke Auswirkung von Phthalocyanin auf die
Kerbschlagzähigkeit aber auch auf Zugfestigkeit und Reißdehnung von PP nach.
Nagy und White [118] beobachteten bei PE eine Reduktion der Schlagzähigkeit durch
verschiedene Pigmente. „Damit ist der Zusammenhang zwischen Pigmentierung und
Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften eines Polymers hergestellt.“
Williams und Bevis [119] beziehen, am Beispiel von Phthalocyanin, die Reduzierung der
Schlagzähigkeit auf den nukleierenden Charakter organischer Pigmente. Durch die
Nukleierung bleibt der Grad der Kristallisation gleich, dieser wird nur durch die
Molekularmasse und die Temperatur beeinflusst, die Größe der Sphärolithe ändert sich
aber. „Yield strength and impact strenght are improved with decreasing spherulite
size“[120]. Bei der Nukleierung wird einfach durch Zugabe geeigneter Fremdpartikel die
Keimbildungsarbeit erniedrigt [121-125]. Vor allem kleinere Partikel (<1µm) eignen sich
als Keimbildner bei der Nukleierung [126].
Organische Pigmente sind allgemein kleiner als anorganische. Der Anteil dieser
Keimbildner sollte effizienterweise für PP bei ca. 0,5Gew.-% liegen, denn oberhalb
ändert sich die Kristallisationsgeschwindigkeit kaum noch. „Eine höhere Konzentration
eingebrachter Fremdpartikel könnte sogar die mechanischen ... Eigenschaften von
Kunststoffteilen ungünstig beeinflussen“ [127].
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
57
Zu den Keimbildnern gehören ganz allgemein auch Pigmente, die die Polymere beim
Einfärben unbeabsichtigt nukleieren [117].
Die Nukleierung kann nach Asmus und Fleissner [128] bei PETP durch organische
Komponenten sowie einige anorganische Salze beeinflusst werden.
Day [115] deutet darauf hin, dass, wenn Pigmente die Kristallinität eines Materials
verändern, auch die Materialeigenschaften verändert werden. Als Beispiel werden
Polyolefine als Matrixmaterial und Titandioxid als Pigment, welches in der amorphen
Phase der Matrix verteilt ist, angegeben.
Müller [110] geht davon aus, dass sich die Schwindung im FKV durch einen gezielten
Einbau von Nukleierungsmitteln beeinflussen lässt.
Als häufigste Kombination wird dabei in der Literatur z. B. [117, 118] auf die
Nukleierung von PP durch Phthalocyanin Bezug genommen, die über die Verschiebung
der Temperatur bei der Kristallisation feststellbar ist. Diese Temperaturdifferenz beträgt
ca. 20°C und macht somit Phthalocyanin zu einem „sehr wirksamen Nukleierungsmittel
für das PP“ [117]. An Leisten aus PE konnte die Nukleierung durch eine stärkere
Schwindung des pigmentierten Materials nachgewiesen [117] werden. „Damit eröffnet
sich eine weitere Möglichkeit für die gezielte Modifizierung der mechanischen
Eigenschaften des PP und vermutlich auch anderer teilkristalliner Polymere“ [117].
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
58
5.7 Grundsätzliches zur Mohsschen Härte
Die Ritzhärte nach Mohs definiert sich als „der Widerstand, den die Mineral-oberfläche der mechanischen Verletzung durch Ritzen entgegensetzt“. Man
vergleicht bei dieser klassischen Methode die Härte eines unbekannten Minerals mit der
eines bekannten. Als Bezugsgrößen (siehe Bild 27) benutzt man dabei zehn Minerale,
deren Ritzhärten erfahrungsgemäß stark unterschiedlich sind. Die Skalierung beinhaltet
keine äquidistanten Abstände.
Die Mohssche Härte kann nicht direkt am Pigmentteilchen bestimmt werden und wird
somit am chemisch und kristallographisch identischen makroskopischen Kristall
ermittelt. Die Eigenhärte ist aber meist auch von der kristallographischen Oberfläche
abhängig.
Härte Härteskala nach Mohs
1. Talk
11/2-2. Gips
2. Halit
mit Fingernagel
ritzbar
3. Calcit
leicht mit
Messer ritzbar
4. Fluorit 5. Apatit
noch mit Messer ritzbar
6. Orthoklas
7. Quarz
8. Topas
9. Korund
10. Diamant
ritzen selbst Fen- ster- glas
schlagen mit
Stahl Funken
Bild 27: Härteskala nach Mohs [129]
Zur Härtebestimmung finden unterschiedliche Methoden ihre Anwendung. Da die
„Angriffsformen“ auf das Mineral sich stark unterscheiden, sind die Werte dabei nicht
direkt miteinander vergleichbar (siehe Tabelle 7), zeigen aber dennoch eine gleichartige
Tendenz. Bild 28 stellt dar, dass im Gegensatz zur Mohsschen Härte die „absolute“
Härte nach Vickers in etwa exponentiell zunimmt.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
59
Tabelle 7: Vergleich einiger Härtebestimmungsmethoden [129]
Ritzhärte (MOHS)
Eindruckhärte (VICKERS, kp/mm²)
Schleifhärte (ROSIVAL)
Mittelwerte von 8 Methoden (TRÖGER 1954)
1 47 0,03 1,08
2 60 1,04 2,36
3 136 3,75 6,99
4 200 4,2 12,1
5 659 5,4 25,7
6 714 30,8 49,5
7 1.181 100 100
8 1.648 146 143
9 2.085 833 342
10 6.500 117.000 –
Talk 2,4
Gips35
Calcit 109
Fluorit 189
Apatit 536
Orthoklas795
Quarz 1120
Topas 1427
WC 1900
Korund 2060
SiC 2600
ZrC 3000
kBN ~9000
Diamant ~10000
0 2 4 6 8 10
Ritzhärte nach MOHS
2000
4000
6000
8000
10000kp/mm²
VIC
KER
S-H
ärte
Bild 28: Beziehung zwischen der Mohsschen Härte und der Härte nach Vickers [129]
Eine Umrechnung der Vickers-Härte HV in die Mohssche Härte HM (und umgekehrt) ist
nach folgender Formel möglich:
37,0 VM HH ⋅= (nach Picot und Johan)
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
60
5.8 Kenntnisstand zur Abrasivität der Pigmente
Der im weiteren Verlauf der Arbeit dargestellte Schwerpunkt der Untersuchungen ist der
Festigkeitsabbau der Verstärkungsfasern und der damit verbundene Bulkeigen-
schaftsabbau der FKV bei Einfärbung mit Pigmenten. Hierbei wird von der
Grundüberlegung ausgegangen, dass ein Pigment es nur dann vermag, die Faser
mechanisch an ihrer Oberfläche zu schädigen, wenn die Eigenhärte des Teilchens größer oder gleich der Härte des Faserwerkstoffs ist (1).
Weiterhin kann für den Grad der Festigkeitsminderung der Verstärkungsfasern aus
bruchmechanischer Sicht die Art und Form der Schädigung ausschlaggebend sein. In
unserem betrachteten Fall, der mechanischen Furchung bzw. Kerbung der
Faseroberfläche durch Pigmente, ist somit die erzeugte Kerbtiefe und -form
maßgebend. Hierzu sind neben der Eigenhärte der Teilchen sicherlich deren Form
(kugelig, nadelförmig, plättchenförmig, kantig, usw.), Oberflächentopographie und
Größe weitere Kriterien, die eine signifikante Rolle spielen können.
Die durch Pigmente definierte Erzeugung von Kerben auf Glas in einem einfachen
Laborversuch und deren mechanische Bewertung hat sich bisher als nicht durchführbar
erwiesen [130], so dass an dieser Stelle auf Angaben aus der Literatur zurückgegriffen
werden muss. Da solch direkte Untersuchungen bisher nicht durchgeführt wurden,
beschränken sich die folgenden Aussagen auf Versuche, die bezüglich der Abrasion
von Farbpigmenten gegenüber Stahl nach der sog. „Stahlkugelmethode“ durchgeführt
wurden und ausführlich in [131] dargestellt sind. Zur Ermittlung verbindlicher
Kennzahlen zur Abrasivität von Pigmenten wird ein Verfahren beschrieben, welches
den relativen Gewichtsverlust von Stahlkugeln beim Schütteln in einer Farbmittelsus-
pension in Relation zur Abrasivität des verwendeten Pigments bringt. Geräteeinflüsse
werden durch die Einführung des relativen Abriebs, bezogen auf ein vorher festgelegtes
Bezugspigment, ausgeschlossen.
(1) In diesem Zusammenhang ist auch klar, dass bei geringerer Härte eine Material-schädigung in Form von Abtrag bei ausreichender Zeitdauer denkbar ist, diese aber während der Verarbeitungsdauer z. B. im Spritzguss sicher nicht gegeben ist.
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
61
•
•
•
•
•
Im Weiteren werden hier nur die wichtigsten Ergebnisse dargestellt, welche sind:
Der durch ein Pigment erzeugte absolute Abrieb ist linear abhängig von der
Zeitdauer (Versuchsdauer) der Interaktion des Pigments mit dem Prüfmittel.
Aus logischen Gründen ist klar, dass der Abrieb ebenfalls von der Pigmentierungs-
höhe, also der Anzahl aggressiver Teilchen abhängt. Da nur Pigmentvergleiche von
Interesse waren, wurden die Pigmentierungshöhen, die PKV und die Viskosität des
Pigmentansatzes gleich gewählt.
Die vorherrschende Meinung, anorganische Pigmente seien immer härter, d. h.
verursachten einen größeren Abrieb als organische, kann als Verallgemeinerung
nicht zugelassen werden, wie der Vergleich z. B. der Cadmiumpigmente mit den
organischen Pigmenten in nachfolgender Tabelle 8 zeigt.
Nach dem Chloridverfahren hergestellte TiO2 - Pigmente zeigen im Allgemeinen
keine größere Abrasivität als nach dem Sulfatverfahren hergestellte.
An Beispielen der Pigmente mit unterschiedlichen Teilchengrößen, aber gleicher
Mohsscher Härte (Eisenoxidrot-Pigmenten), zeigt sich, dass mit abnehmendem
Teilchendurchmesser die Abrasivität der Pigmente geringer wird.
Tabelle 8: Relativer Abrieb verschiedener Pigmente [131]
Pigmentart relativer Abrieb
Pigmentart relativer Abrieb
Anataspigment, Standard 100 Eisenoxidrot, feinteilig 310
Anataspigment, feinteilig 80 Eisenoxidrot, mittel 420
Rutilpigment, gröber 450 Eisenoxidrot, gröber 610
Rutilpigment, normal 390 Eisenoxidgelb 80
Rutilpigment, feinteiliger 320 Eisenoxidschwarz 200
Rutilpigment, Chlorid 380 Chromoxidgrün 1700
Zinksulfid-Pigment 40 Nickeltitangelb 650
Kobaltblau 740
Cadmiumgelb –
Cadmiumrot 10
Anilinschwarz 130
Wei
ßpig
men
te
Bun
tpig
men
te
Phthalocyaninblau 80
Grundlagen zur Einfärbung diskontinuierlicher FKV
62
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1 10 100 1000 10000
relativer Abrieb
Här
te n
ach
Moh
s
52 20 50 200 500 2000 5000
Eisenoxidschwarz-pigmente TiO2-Rutil-Pigmente
Chromoxidgrünpigmente
Eisenoxidrotpigmente
Eisenoxidgelbpigmente
TiO2-Anatas-Pigmente
Cadmiumpigmente
Zinksulfid
Bild 29: Korrelation der Mohsschen Härte und des relativen Abriebs nach der „Stahlkugel-methode“ nach [131]
In Bild 29 ist der relative Abrieb von Pigmenten, deren Mohssche Härte von chemisch
und kristallographisch identischen Mineralien bekannt ist, logarithmisch gegen diese
Mohssche Härte aufgetragen. Die Höhe der Rechtecke gibt den Bereich der aus der
Literatur entnommenen Mohsschen Härten an, die Breite umfasst alle relativen Abriebe,
die mit der betreffenden Pigmentart ermittelt wurden. Darin sind also auch die Einflüsse
der Teilchenform und der Teilchengröße enthalten.
An der starken Änderung des Abriebs mit der Teilchengröße wird deutlich, wie wenig
aussagekräftig die Angabe nur der Mohsschen Härte für ein Pigment sein kann. Sicher
ist die kristallographische Härte, wie sie nach Mohs erfasst wird, die primäre Ursache
für die Abrasivität, sie wird jedoch durch Einflüsse, die von der Teilchengröße und der
Teilchenform herrühren, überlagert. Ein Hinweis darauf, inwieweit die Teilchenform
eines Pigments die Abrasivität beeinflusst, konnte an Eisenoxidgelb-Pigmenten gezeigt
werden. Je ausgeprägter die Nadelform des Eisenoxidgelb-Pigments war, desto
geringer wurde der Abrieb.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
63
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6 Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
Sowohl bei der Erst- und Mehrfachverarbeitung als auch dem Recycling von
diskontinuierlich faserverstärkten Kunststoffen werden die Verstärkungsfasern beein-
flusst, wobei insbesondere die bekannte Längenverkürzung festgestellt wird. Die
Mechanismen des Faserbruchs während der Verarbeitung sind in großem Umfang
veröffentlicht, wohingegen die begleitende Betrachtung der Faserfestigkeit auf Grund
der fehlenden Prüfmöglichkeit nie Gegenstand von Untersuchungen war. Die
Entwicklung des instrumentierten Biegeversuchs an Einzelfasern bietet nun die
Möglichkeit, ein vertiefendes Verständnis dieser Mechanismen zu entwickeln und die
Lücke in der mikromechanischen Betrachtung der FKV, nämlich die Festigkeit der
eigenschaftserhöhenden Fasern nach der Verarbeitung, zu schließen.
Hierzu werden im Folgenden mehrere systematisch aufeinander aufbauende
Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau unterschiedlicher
Werkstoffgruppen dargestellt. Den Schwerpunkt bildet hierbei die Pigmentierung von
glas- und kohlenstofffaserverstärkten Thermoplasten sowie von BMC. Abschließend
werden das SMC-Recycling bezüglich der Fasereigenschaften betrachtet und am
Beispiel des hydrolytischen Faserfestigkeitsabbaus bei Kühlerwasserkästen die
Grenzen der messtechnischen Möglichkeiten aufgezeigt.
6.1 Angewandte Untersuchungsmethoden
Zur Charakterisierung des Faser- und Verbundeigenschaftsabbaus werden mikrome-
chanische, bildanalytisch mikroskopische und rasterelektronenmikroskopische (REM)
Untersuchungen an den zuvor extrahierten Fasern, sowie mechanische Unter-
suchungen an aus dem FKV hergestellten Normprüfkörpern, durchgeführt.
6.1.1 Mechanische Prüfverfahren an Vielzweckprobekörpern
Zugversuch nach ISO 527
Zur Bestimmung des mechanischen Verhaltens bei kurzzeitiger, einachsiger und
quasistatischer Belastung wurden Zugversuche bei Raumtemperatur (RT, ~23°C) unter
Laborbedingungen nach DIN EN ISO 527 mit einer Universalprüfmaschine (Zwick 1554)
an Vielzweckprobekörpern nach DIN EN ISO 3167, Typ 1A durchgeführt und als
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
64
•
•
•
•
Spannungs-Dehnungs-Diagramme ausgewertet. Die Kraftermittlung erfolgte mit einer
DMS-Kraftmessdose, die der Dehnung mittels zentral im 50 mm Abstand angebrachten
induktiv arbeitenden Wegaufnehmern. Die Prüfgeschwindigkeit wurde, nach Bestim-
mung des E-Moduls zwischen 0,05 und 0,25% Dehnung, von 1 auf 5mm/min erhöht.
Biegeversuch, ISO 178
Die Biegeversuche, welche nur bei BMC-Proben (Kapitel 6.6) Anwendung fanden,
wurden extern nach ISO 178 durchgeführt. Die Prüfberichte liegen vor.
Schlagbiegeversuch nach Charpy, ISO 179
Die Kennzeichnung der Schlagzähigkeit bzw. des Energieaufnahmevermögens erfolgte
durch Schlagbiegeversuche nach DIN EN ISO 179-2/1eU an ungekerbten Flachstäben
(80x10x4)mm³. Verwendet wurde ein Schlagpendel mit einem Arbeitsvermögen von
13J. Der Reibverlust lag mit 0,03J unterhalb des maximal zulässigen Wertes.
Alle Prüfungen erfolgten bei RT unter Laborbedingungen. Die Schlagzähigkeits- und
Zugversuche wurden mit spritzfrischen oder rückgetrockneten Proben durchgeführt.
Eine eventuell vorgenommene Rücktrocknung erfolgte bei 80°C im Vakuumofen über
24 h, der Feuchtegehalt wurde anschließend überprüft. Somit war eine Feuchte unter
0,2% (trockene Proben) sichergestellt.
6.1.2 Mikromechanische und mikroskopische Untersuchungen
Nach Extraktion der Fasern im Soxhlet-Verfahren (siehe Kapitel 4.3.3) wurden zur
Charakterisierung der Fasereigenschaften folgende Untersuchungen durchgeführt:
Instrumentierter Dreipunktmikrobiegeversuch an Einzelfasern
Zur Untersuchung der mechanischen Festigkeit der Einzelfasern wurde der am
Lehrstuhl RPE entwickelte instrumentierte Dreipunktmikrobiegeversuch verwendet und
jeweils mindestens 35 Einzelmessungen statistisch ausgewertet. Bei der Prüfung wird
analog dem „makroskopischen“ Biegeversuch unter konstanter Vorschubgeschwin-
digkeit der Deformations- und Kraftverlauf ermittelt. Hieraus lässt sich dann, mit Berech-
nung des Faserdurchmessers, die Biegebruchspannung der Einzelfasern bestimmen.
Faserlängenanalyse
Die Faserlängenanalyse dient der qualitativen und quantitativen Beurteilung der
vorherrschenden Faserlängen einer möglichst repräsentativen Probe der Grundgesamt-
heit. Die Schwierigkeit liegt in der zu wählenden Anzahl der zu vermessenden Fasern
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
65
•
(Stichprobenumfang) im Hinblick auf die hinreichend genaue und reproduzierbare
Bestimmung der Faserlängenverteilung. Wie stichprobenartige Kontrollen ergaben,
reichen die häufig in der Literaur [132-134] vorgegebenen 500-800 Fasern zur
Erlangung eines stabilen Ergebnisses für Kurzfasern nicht aus. Somit wurden im
Verlauf der Arbeit bis zu 1500 Einzelfasern manuell, bildanalytisch (Quantimed 500,
Leica) vermessen. Der Vorteil der manuellen Vorgehensweise lag in der Möglichkeit der
menschlichen Beurteilung durch den Prüfer, um präparative Unzulänglichkeiten wie
Kreuzungspunkte und Faseragglomerate auszugleichen.
REM-Untersuchungen
Zur Beurteilung der Oberflächenschädigungen an den Verstärkungsfasern nach Form
(Länge, Breite und Tiefe der Furchungen), Häufigkeit und Verteilung wurden
Untersuchungen im Rasterelektronenmikroskop (REM) durchgeführt. Um eine
Korrelation zu den verwendeten Pigmenten, also den mutmaßlichen Verursachern der
Schädigungen, zu ermöglichen, wurde deren Topographie herangezogen. Bruch-
flächenuntersuchungen wiederum gaben Hinweise auf die kritische Faserlänge und
Haftungsbedingungen des Systems Faser/Matrix.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
66
6.2 Untersuchungen zur Pigmentierung von glasfaserverstärktem SFT
Bezüglich der Kunststoffeinfärbung findet man in der Literatur zahlreiche Hinweise auf
Wechselwirkungen des Systems Kunststoff/Farbmittel. Hierbei reicht die Spanne von
unterschiedlichsten Farbmittelreaktionen mit den Polymeren oder vorhandenen
Additiven bis hin zu z. B. photokatalytisch initiierten Zersetzungsreaktionen, welche im
Allgemeinen zu inakzeptablen koloristischen und/oder mechanischen Veränderungen
im Kunststoffsystem führen. Weiterhin wird, besonders bei (teil-)löslichen Farbstoffen
und großflächigen Bauteilen, von unerwünschten Verzugserscheinungen oder über
ungenügende Migrationsbeständigkeit berichtet. Die Veränderung der mechanischen
Eigenschaften wird dabei nur ungenügend oder rein phänomenologisch berücksichtigt.
Bei der Einfärbung von SFT ist von Seiten der Compoundeure zwar eine zum Teil
erhebliche Abnahme der mechanischen Eigenschaften bekannt, diese wird jedoch in
der Literatur nur ungenügend dargestellt. Beobachtet wird ein erhöhter Faserbruch und
dieser in Korrelation mit der Eigenschaftsabnahme des Verbunds gebracht. Eine
detailliertere Analyse der Vorgänge findet sich nicht. Eigene Voruntersuchungen an
unterschiedlichen Pigmentierungen eines spritzgegossenen kurzglasverstärkten
Thermoplasten zeigten teils erhebliche mechanische Eigenschaftseinbußen
[77, 81, 135]. Gegenüber nichtpigmentierten Proben konnte sowohl eine Abnahme der
Faserlängen als auch der Faserbruchspannungen nachgewiesen werden. REM-
Aufnahmen der extrahierten Fasern brachten die erste logisch erscheinende
Hypothese. Einige Pigmente erzeugen Verletzungen an den Faseroberflächen, welche
die Faserfestigkeit zu reduzieren scheinen und im Verlauf der Verarbeitung zu einer
verschärften Faserverkürzung führen. Zieht man einen einfachen Vergleich der
Mohsschen Härtewerte z. B. des Rutils: HM = 6 und Glas: HM = 5 heran, so liegt die
Härte von Glas demnach unter der des Pigments. Es ist nahe liegend, dass die Glas-
fasern durch das harte Pigment eine mechanische Schädigung erfahren. Das Rutil wird
auf Grund der phänomenologischen Tatsache daher als Pigment für die Weißein-
färbung von glasfaserverstärkten Thermoplasten zunehmend vermieden und durch das
wesentlich weichere Zinksulfid ersetzt. Das Grundproblem, betrachtet man die nachfol-
gende Tabelle, ist allerdings nicht alleinig auf das Rutil beschränkt und besteht somit
nach wie vor für die überwiegende Zahl der eingesetzten anorganischen Pigmente.
Ein weiterer Aspekt wird gerade bei einem der Hauptvorteile der Thermoplasten bei der
(auch mehrfachen) Recyclierbarkeit deutlich. Bei der Vermischung nicht sortenreiner
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
67
Werkstoffe – z. B. eingefärbte, unverstärkte mit nicht eingefärbten, faserverstärkten
Thermoplasten – ist mit einer negativen Beeinflussung der Faser- und damit Verbund-
eigenschaften zu rechnen. Nähere Untersuchungen sind hierzu in der Literatur nicht
beschrieben. Die im Weiteren vorgestellten Untersuchungen sollen zum einen auf die
Problematik der Einfärbung von diskontinuierlichen FKV aufmerksam machen und ein
Verständnis zu den eigenschaftsabbauenden Mechanismen liefern.
Tabelle 9: Mohssche Härten anorganischer Pigmente und anderer Zusatzstoffe
Mohssche Härte
1 2 3 4 5 6 7 8 Anorganische Buntpigmente Hämatit Magnetit Chromoxidgrün Sodalith Titandioxid (Rutil) Nickeltitangelb Kobaltblau Kobaltgrün Chromeisenbraun Mangantitanbraun Spinellschwarz Cadmiumgelb Zinksulfid Zinkoxid Füllstoffe Kreide Talkum Kaolin Asbest Wollastonit Glimmer Anorganische Flammschutzmittel Aluminiumhydroxid Magnesiumhydroxid Glas
(Mohssche Härtewerte wurden aus [136] zusammengetragen.)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
68
6.2.1 Probenmaterialien und Verarbeitungsbedingungen
Zunächst sollen in einer Übersicht (siehe Tabelle 10) die verwendeten Proben-
materialien sowie deren Verarbeitungsbedingungen näher charakterisiert werden.
Nachfolgende Kapitel zeigen die Ergebnisse der einzelnen Messreihen mit jeweiliger
Zusammenfassung und Diskussion.
Es sind mehrere Untersuchungen zur SFT-Pigmentierung zu unterscheiden:
Messreihe Parametervariation beteiligte Firmen in KapitelRutil - Variation Gewichtsanteil Pigmentanteil BASF AG
Ludwigshafen 6.2.2
„Bunt“-pigmente Pigmentgruppen BASF AG Ludwigshafen
0
direktverspritzt Verarbeitung Sachtleben Chemie Duisburg
Wei
ß-pi
gmen
te
extrudiert + verspritzt Verarbeitung Sachtleben Chemie Duisburg
6.2.3
Teilchengröße und -form Teilchengröße und Teilchenform
Bayer AG Leverkusen
6.2.4
Grundsätzlich wurden alle untersuchten Einfärbungen des Kapitels 6.2 an Polyamid 6
mit 30Gew.-% Glasfasern (PA6-GF30) durchgeführt. Um direkte Vergleiche zu ermög-
lichen, wurden wiederum alle Ergebnisse denen einer uneingefärbten Referenzprobe
(Natur) gegenübergestellt, welche ebenfalls die gleichen Parameter durchlaufen hat.
Wenn nicht anders angegeben, wurden die makroskopischen Untersuchungen an
Schulterstäben nach DIN EN ISO 3167, Typ 1A an spritzfrischen oder rückgetrockneten
Proben unter Laborbedingungen und Raumtemperatur durchgeführt. Eine eventuelle
Rücktrocknung erfolgte bei 80°C über 24h im Vakuumofen. Der Feuchtegehalt wurde
jeweils überprüft und lag in allen Fällen unter 0,2%.
Für die mikroskopischen Betrachtungen wurden die Fasern aus dem Matrixwerkstoff
mittels Ameisensäure bei einer Temperatur von 100°C im Extraktionsverfahren
(Soxhlet-Extraktion nach DIN 53738) herausgelöst (vgl. Kap. 4.3.3).
Zu den Messreihen „Rutil - Variation Gewichtsanteil“ und „Bunt“-pigmente wurde das
Ausgangsgranulat, ein Ultramid B3, eigens im Technikum der BASF AG Ludwigshafen
sowohl in steigenden Gewichtsprozenten von 0,1% bis 1% in den angegebenen
Konzentrationen mit Titandioxid in der Modifikation des Rutils als auch in unter-
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
69
schiedlichen Volleinfärbungen als jeweils einzig veränderter Variablen im Extruder
compoundiert.
Anteil an Rutil [Gew.-%] Natur 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,8 1,0
Anschließend erfolgte das Spritzgießen der Probestäbe.
Somit entspricht das pigmentierte Granulat B3 EG6 einem Werkstoff, wie er von einem
Massenproduzenten fertig compoundiert angeboten werden würde, mit Ausnahme der
Technikumsherstellung entgegen der Produktionsmaschine. Die Spritzgussdurch-
führung wiederum entspricht der eines potentiellen Kunden.
In den Messreihen „Weißpigmente – direktverspritzt“ und „Weißpigmente – extrudiert
+ verspritzt“ wurde als Ausgangsgranulat ein Ultramid B3 WG6 verwendet und mit
unterschiedlichen anorganischen Weißpigmenten in Pigmentierungshöhen von 0,5 und
1,0Gew.-% zum einen direkt verarbeitet (direktverspritzt), zum anderen erst extrudiert
und dann spritzgegossen (extrudiert + verspritzt). Die Pigmente wurden zuvor auf das
Granulat mittels Rollenbock in PE-Flaschen aufgetrommelt. Somit werden hier neben
der Untersuchung alternativer, marktverfügbarer Weißpigmente auch die Möglichkeiten
der Verarbeitung bei Selbsteinfärbung betrachtet.
In der letzten Messreihe „Teilchengröße und -form“ wurde das Ausgangsgranulat, ein
Durethan BKV 30 H1, nach Auftrommeln der Pigmente (1,0Gew.-%) im Gegensatz zu
den zuvor benannten Reihen zu Flachstäben (80x10x4) mm³ direkt verarbeitet
(direktverspritzt). Die Auswahl der Pigmente geschah unter dem Gesichtspunkt
unterschiedlicher Teilchengrößen und -formen bei gleichem Kristallgefüge.
Nachfolgende Tabelle gibt bezüglich der einzelnen Messreihen (1. Spalte) die jeweils
verwendeten Pigmente sowie deren Kenndaten wieder.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
70
Tabelle 10: Verwendete Pigmente und deren Kenndaten M
essr
eihe
Pi
gmen
t- be
zeic
hnug
C
-I-N
r.
C
hem
isch
e C
hara
kter
isie
rung
Kon
zent
ratio
n [G
ew.-
%]
mitt
lere
Te
ilche
ngrö
ße [µ
m]
Fo
rm
Coa
ting
[%]
(SiO
2 + A
l 2O3)
Kronos 2220 k.A. TiO2 Titandioxid
0,1- 1,0
k.A. (0,3)
Kugel k.A. Kronos Titan GmbHLeverkusen
Sicopalgelb K 1160 FG
PY184
BiVO4 Bismutvanadat
1,0 1,27 Kugel k.A. BASF AG Ludwigshafen
Sicopalgelb K 1011
PY53 (Ni/Sb/Ti)O2 Nickeltitan
1,0 1,57 Kugel k.A. BASF AG Ludwigshafen
Sicopalgelb K 2001
PBr24 (Cr/Sb/Ti)O2 Chromtitan
1,0 0,91 Kugel k.A. BASF AG Ludwigshafen
Sicopalgrün K 9610
PG50 (Co/Ti/Ni/Zn)O4Spinell
1,0 1,11 Kugel k.A. BASF AG Ludwigshafen
Heliogenblau K 6911 D
PB 15.1
Cu-Phthalo-cyanin alpha stab.
0,3 1,72 k.A. k.A. BASF AG Ludwigshafen
Chromoxidgrün GN-M
Green 17
Cr2O3 Chromoxid
1,0 0,66 Kugel k.A. Bayer AG Krefeld
0 6.
2.2
Printex 60 k.A. Industrieruß, amorph C
0,3 0,021 k.A. k.A. Degussa-Hüls AG Frankfurt
Rutil (Hombitan R320)
k.A. TiO2 Titandioxid
0,5/ 1,0
0,3 Kugel u.b. + m.
Sachtleben ChemieLeverkusen
Anatas (Hombitan LW)
k.A. TiO2 Titandioxid
0,5/ 1,0
0,3 Kugel u.b. + m.
Sachtleben ChemieLeverkusen
Zinksulfid (Sachtolith HD-S)
k.A. ZnS Zinksulfid
0,5/ 1,0
0,3 Kugel k.A. Sachtleben ChemieLeverkusen
Blanc fixe micro (BF micro)
k.A. BaSO4 Bariumsulfat
0,5/ 1,0
0,7 k.A. k.A. Sachtleben ChemieLeverkusen
6.2.
3
Litopone (Li 30% DS)
k.A. BaSO4 + ZnS 0,5/ 1,0
k.A. k.A. k.A. Sachtleben ChemieLeverkusen
Lichtgelb 3R Brown 24
(Ti,Cr,Sb)O2 Chromrutil
1,0 0,56 Kugel k.A. Bayer AG Krefeld
Lichtgelb 6R Brown 24
(Ti,Cr,Sb)O2 Chromrutil
1,0 0,85 Kugel k.A. Bayer AG Krefeld
Chromoxidgrün GN-M
Green 17
Cr2O3 Chromoxid
1,0 0,66 Kugel 0,1 Bayer AG Krefeld
Chromoxidgrün IR
Green 17
Cr2O3 Chromoxid
1,0 2,58 Kugel k.A. Bayer AG Krefeld
Bayerferrox 110M
Red 101
Fe2O3 Eisenoxid
1,0 0,27 Kugel 4 Bayer AG Krefeld
Bayerferrox 140M
Red 101
Fe2O3 Eisenoxid
1,0 0,54 Kugel 3 Bayer AG Krefeld
Bayerferrox 180M
Red 101
Fe2O3 Eisenoxid
1,0 0,98 Kugel 3 Bayer AG Krefeld
6.2.
4
Bayerferrox 720M
Red 101
Fe2O3 Eisenoxid
1,0 0,48 Nadel k.A. Bayer AG Krefeld
k.A. = keine Angaben u.b. = unbehandelt m. = mikronisiert
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
71
6.2.2 Rutil – Variation Gewichtsanteil
Die im Folgenden dargestellte Untersuchung zur Pigmentierung eines spritzgegossenen
SFT (PA6-GF30), in steigender Konzentration von 0,1Gew.-% bis zur Volleinfärbung bei
üblicherweise 1Gew.-% mit einem Standard-Rutil pigmentiert, bildet die Grundlage zur
Untersuchung des Faser- und damit Verbundeigenschaftsabbaus unter dem Aspekt
Erstverarbeitung (Mehrfachverarbeitung) und Recycling bei Compoundierung und
Pigmentierung durch den Kunststofflieferanten und damit der Großserienfertigung. Hier
wird der Frage nachgegangen, ab welcher Konzentration eines bereits als faser-
festigkeitsreduzierend charakterisierten Pigments der Schädigungsprozess überhaupt
einsetzt und in welchem Umfang. Nach Bild 22 lag die Auswahl eines Titandioxids
nahe, da es mengenmäßig mit 70% die größte Verbreitung findet und sowohl der
Volleinfärbung als auch der Abtönung dient. Bezüglich der Mehrfachverarbeitung und
des Recyclings wird es damit auch das am häufigsten vorkommende Pigment in den
Werkstoffchargen darstellen. Gerade hier ist ein sortenreines Zusammenführen der
Materialströme nur schwer zu garantieren, dennoch muss eine gute und vor allem
reproduzierbare Werkstoffqualität gewährleistet werden.
Die Untersuchungen an den Verstärkungsfasern geben erste Hinweise zum Schädi-
gungsverlauf bei der Rutileinfärbung.
• Instrumentierter Dreipunktmikrobiegeversuch an Einzelfasern
5411
41703698 3528 3451 3456 3281 3236 3339
0
1500
3000
4500
6000
Natur 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% 0,60% 0,80% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
0
25
50
75
100Fa
serb
ruch
span
nung
[%]
Faserbruchspannung [MPa]norm. Faserbruchspannung
Bild 30: Bruchspannung σ3B,B der Einzelfasern (PA6-GF30, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion: Ameisensäure)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
72
Es zeigt sich, dass die Einzelfaserfestigkeit durch das Pigment während der
Verarbeitung mit zunehmender Konzentration reduziert wird. Bemerkenswert ist, dass
bereits die geringe Zugabe von nur 0,1Gew.-% Titandioxid einen Festigkeitsverlust der
Einzelfaser um 23%, bei Volleinfärbung (1Gew.-% Titandioxid) um 38-40% bewirkt.
Dies ist dadurch zu erklären, dass schon wenige Schädigungen der Faseroberfläche
durch das harte Pigment ausreichen, um deren Festigkeit zu reduzieren.
• Faserlängenanalyse
Dieser Schädigungsprozess an der Faseroberfläche spiegelt sich auch in den
klassierten Häufigkeitsverteilungen der volumengewichteten Faserlängen wider.
0
5
10
15
20
25
0 50 100
150
200
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
750
800
Faserlänge Li [µm]
Häu
figke
it h V
i [%
]
Natur 0,10% 0,30% 1,00%
Bild 31: Ausgesuchte volumengewichtete Häufigkeitsverteilungen hVi (PA6-GF30, Spritzguss-verarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion)
Mit zunehmender Pigmentierung verschieben sich die Häufigkeitsverteilungen zu
kürzeren Längen hin. Betrachtet man die mittleren volumengewichteten Faserlängen
über der Pigmentkonzentration, ergibt sich im Verlauf eine Abnahme um 1/3 gegenüber
der Referenz. Auffallend ist, dass zwar ähnlich den Einzelfaserfestigkeiten die
Faserlängenverteilungen mit zunehmendem Pigmentgehalt zu kurzen Fasern hin
tendieren, aber sowohl der spontane Abfall als auch das Endniveau gemäßigter
ausfallen. Die bisherige Vorgehensweise der alleinigen Faserlängenbetrachtung zur
Parametercharakterisierung scheint etwas weniger aussagekräftig und ist von der
Sicherheit der Ergebnisse her schwerer beurteilbar als die Faserfestigkeit. Ausgehend
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
73
von unterschiedlichen Faserbruchspannungen errechnet sich eine kritische Faserlänge
von 438µm bei ungeschädigter Faser (σF, nominal = 3500MPa) bzw. 250µm bei
geschädigter Faser (σF, nominal = 2000MPa, mit: dF, nominal = 10µm, τGr = 40MPa). Somit
ergeben sich die beiden Überschreitungshäufigkeiten als Grenzkurven in Bild 32.
0
50
100
150
200
250
300
350
-0,05% 0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
0
10
20
30
40
50
60
70
Natur
LV
_
1-H
V [%
]
L_ V [µm
]
1-HV, lkrit=438µm 1-HV, lkrit=250µm
Bild 32: Mittl. volumengew. Faserlängen und Überschreitungshäufigkeiten (PA6-GF30, Spritz-gussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion)
Im Falle ungeschädigter Fasern wäre somit nahezu das gesamte Fasermaterial
unterkritisch lang, im Falle geschädigter Fasern würden überkritische Anteile bis 63%
vorliegen. Näheres zur Berechnung von σF und lkrit kann Kapitel 4.4.3 sowie Kapitel 3.1
(Gleichung 5) entnommen werden.
• Zugversuch nach DIN EN ISO 527, Typ 1A
Bild 33 zeigt deutlich eine generelle Abnahme der Verbundeigenschaften über dem
linear aufgetragenen Grad der Rutil-Pigmentierung. Schon mit der geringsten Zugabe
an Rutil (0,1Gew.-%) sinkt die Streckspannung σS von 174MPa um 18% auf 143MPa,
bei Volleinfärbung sogar auf 131MPa also um 25%, gegenüber der uneingefärbten
Referenz (Natur) ab. Die Streckdehnungswerte verlaufen analog und fallen zunächst
von 3,2 auf 2,4% bei Volleinfärbung auf 2,2%. Qualitativ gleich verhalten sich
Bruchspannung und -dehnung. Der E-Modul zeigt zwar eine größere Streuung im
Verlauf, zeigt aber tendenziell ebenfalls Verluste um die 5%. Wird die Reißenergie als
volumenbezogenes Integral unter der mittleren Kraft-Deformations-Kennlinie betrachtet,
so nimmt das Arbeitsaufnahmevermögen zunächst um 29% bis hin zu 40% ab, als
Folge der verminderten Festigkeit und Dehnung des Werkstoffs.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
74
0
25
50
75
100
125
150
175
200
0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
0
2,5
5
7,5
10
Natur
Stre
ck- u
. Bru
chsp
annu
ng σ
S, σ B
[MPa
]
Gew.-Anteil an Titandioxid
Zug-
E-M
odul
EZ [
GPa
] D
ehnu
ng ε
S, ε B
[%]
Vol.s
pez.
Rei
ßene
rgie
WR [N
/mm
2 ]
Bild 33: Kennwerte des Zugversuchs nach ISO 527 (PA6-GF30, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Proben trocken, 23°C)
Deutlicher werden die Verluste durch die auf die unpigmentierte Probe normiert-
bezogenen Kennwerte in Bild 34. Der Verlauf über der Pigmentkonzentration kann in
einer ersten Näherung gut über eine logarithmische Rezessionskurve beschrieben
werden.
50
60
70
80
90
100
-0,05%
Streckspannung Streckdehnung E-Modul spez. Reißenergie
Na
t
σS
σBWR
εB
εS
EZ
Stre
cksp
annu
ng σ
S [%
] Zu
g-E-
Mod
ul E
Z [%
] D
ehnu
ng ε
S [%
] Vo
l.spe
z. R
eiße
nerg
ie W
R [%
]
Bild 34: Auf die unpigm(PA6-GF30, SpProben trocken
Werte auf „Natur“ normier
0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxidtur
entierte Probe normierte Kennwerte des Zugversuchs nach ISO 527 ritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, , 23°C)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
75
Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Werte der Bruchdehnung weniger stark
abnehmen (19% bei 1Gew.-% Rutil) als die der dargestellten Streckdehnung. Der
Verlauf der Bruchspannung ist, bis auf weniger als 2%, gleich dem der Streckspannung.
• Schlagzähigkeit nach Charpy, DIN ISO 179-2/1eU
Die Schlagzähigkeit zeigt gegenüber den Kennwerten des Zugversuchs einen stärkeren
Einbruch schon bei minimaler Zugabe von 0,1Gew.-% Titandioxid, danach nimmt sie
mit zunehmendem Pigmentgehalt nur noch schwach ab.
81,1
46,8 42,7 43,5 41,7 40,6 42,5 41,5 40,8
0
25
50
75
100
Natur 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% 0,60% 0,80% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
0
25
50
75
100Schlagzähigkeit [kJ/m²]norm. Schlagzähigkeit
Bild 35: Schlagzähigkeit nach Charpy (DIN ISO 179-2/1eU, PA6-GF30, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Proben trocken, 23°C)
Wie sich bei Betrachtung der Reißenergie schon abgezeichnet hat, zeigen die
Energieaufnahme bei einachsiger, quasistatischer Belastung und hier der Zähig-
keitswert bei Schlagbeanspruchung ein besonders drastisches Ansprechen auf die
Pigmentierung. Bereits kleinste Mengen eines faserschädigenden Pigments führen hier
zu einem Verlust von 42%, der im Verlauf bis zur Volleinfärbung die 50%-Marke
erreicht.
• REM-Untersuchungen
Anhand von hier beispielhaft dargestellten REM-Aufnahmen werden die durch das Rutil
erzeugten Oberflächenschädigungen an den Glasfasern erkennbar. Die im Mittel
300nm großen sphärischen Primärteilchen erzeugen kerbartige Furchungen, die denen
einer Spanabnahme gleichen. Zwar ist deren absolute Breite und Tiefe gegenüber dem
Faserdurchmesser – entsprechend der Größe des Pigmentteilchens – gering, dennoch
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
76
scheinen derartige Fehlstellen an der Faseroberfläche zu genügen, um die Festigkeit
der Faser signifikant zu reduzieren. Bezieht man die Größe des Betrachtungsfeldes
(8,5 x 13,5)µm2 bei einer Faserlänge von im Mittel etwa 300µm in die Überlegungen mit
ein, so wird klar, warum selbst geringste Pigmentkonzentrationen schon einen über
50%igen Faserbruchspannungsverlust der Volleinfärbung erreichen. Obgleich die
Pigmentkonzentration um Faktor 10 geringer ist, befinden sich bereits genügend
Schädigungen statistisch verteilt entlang der Oberfläche. Mit zunehmender Pigment-
konzentration steigt zwar die Anzahl der zur Verfügung stehenden aggressiven Teilchen
und damit in gleichem Maße die Interaktions- und Schadstellenhäufigkeit, bruch-
relevante Fehler nehmen aber weit weniger stark zu bzw. sind bereits ausreichend
vorhanden. Die Bruchfestigkeit der Faser nähert sich bei gegebener Pigmentierung und
Verarbeitung einem jeweils unteren Grenzwert.
0,1Gew.-% Titandioxid, Rutil 1Gew.-% Titandioxid, Rutil
10Gew.-% Titandioxid, Rutil [77] Titandioxid, Rutil Bild 36: Oberflächenschädigung an Glasfasern durch Titandioxid (Rutil, Spritzgussverarbeitung)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
77
Im Falle des Rutils mit 10Gew.-%iger Pigmentierung und Spritzgussverarbeitung, also
einer technisch nicht mehr relevanten Pigmentierungshöhe (Einsatzgrenzen liegen im
Maximum bei etwa 3Gew.-%), konnte eine „Grenzabnahme“ von 42% gegenüber der
Referenz festgestellt werden [77].
• Zusammenfassung und Diskussion
Um die Zusammenhänge der Faserschädigung durch Einfärbung und die Auswirkungen
auf die Festigkeitskennwerte des WerkstoffVerbunds zu verdeutlichen, sind in Bild 37
die wichtigsten mikroskopischen (oben) und makroskopischen (unten) Ergebnisse auf
die Referenz (Natur) normiert zusammengefasst. Man erkennt sehr deutlich die
Analogie zwischen Faserschwächung und -verkürzung, den mechanischen Eigen-
schaften des Werkstoffs und damit der zu erwartenden Schwächung des
faserverstärkten Bauteils bei Einfärbung mit einem nachweisbar faserschädigenden
Pigment.
40
50
60
70
80
90
100
40
50
60
70
80
90
100
-0,05% 0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an TitandioxidNatur
σ3B
LV
_
Ken
nwer
te a
uf R
efer
enz
norm
iert
[%]
EZ
σSεS
εB
WR
aT
Bild 37: Mikro- und makroskopische Kennwerte im normierten Vergleich (PA6-GF30, Spritz-gussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
78
Die Faserbruchspannungen fallen zunächst um 23% ab. Bei weiterer Konzentrations-
erhöhung des Pigments bis hin zur Volleinfärbung mit ~40% Festigkeitsabfall ergibt sich
ein stetiger Verlauf. Die Faserlängenreduzierung verhält sich weniger deutlich und ist
quantitativ weniger ausgeprägt als die Faserfestigkeit. Sie zeigt darüber hinaus eine
etwas deutlichere Messwertschwankung.
Tendenziell gleich verhalten sich die makroskopischen Verbundeigenschaften. Die
Zugfestigkeit der Probestäbe mit einem Anfangsabfall um 18% erreichen eine
Endreduzierung des Kennwerts von 25%. Gleiches gilt für die Streckdehnung mit
Endverlusten um 30% und die der Bruchdehnung (hier nicht dargestellt) um 19%.
Folglich sinkt die Reißenergie, als Arbeitsaufnahme im Zugversuch, um anfänglich 30%
bis zu einem Endwert von 40% ab. Die Schlagzähigkeit wiederum bricht zunächst um
über 40% ein und nähert sich anschließend einem 50-prozentigen Verlustpotential.
Zusammenfassend lässt sich also ein deutlicher Zusammenhang zwischen der durch
die Rutilpigmentierung erzeugten Faserschwächung, der daraus resultierenden Faser-
längenreduzierung und der somit reduzierten Verbundeigenschaften erkennen.
Betrachtet man die Kennwertverläufe am geprüften Schulterstab, so lassen sie sich
sehr gut durch eine logarithmische Regression mit Bestimmtheitsmaßen > 95%
annähern. Einzig die Steifigkeit zeigt starke Schwankungen. Dennoch ist auch hier von
einem gleichen Verlauf auszugehen, da alleine die Faserlänge den „Wirkungsgrad“ des
Moduls bei sonst unveränderten Parametern bestimmt und deren Verlauf wiederum in
guter Näherung (Bestimmtheitsmaß 90%) logarithmisch angeglichen werden kann.
Dennoch muss bemerkt werden, dass hier die Variation der Pigmentkonzentration
gerade mal über zwei Dekaden hinweg erfolgte und gegen den Nullwert extrapoliert
wurde. Weitere Untersuchungen mit auch 0,01Gew.-% (siehe Kapitel 6.4) sowie
Voruntersuchungen mit 10Gew.-% Rutilpigmentierung [77] – und somit 4 Dekaden –
bestätigen aber in guter Näherung die Annahme der logarithmischen Regression
zumindest im technisch relevanten Bereich.
Beachtet man nun, dass das Ausgangsgranulat schon im Compoundierprozess
pigmentiert wurde (entsprechend der Großserieneinfärbung durch den Kunststoffher-
steller oder Compoundeur), so scheint es interessant, inwieweit bereits das Granulat
pigmentbedingte Faserschädigungen aufweist. Bild 38 zeigt die Ergebnisse der Faser-
untersuchungen des extrudierten Granulates im Absolutbezug zur Spritzgussverarbei-
tung. Deutlicher als erwartet zeigt die Extrusion, dass die Faserschwächung bereits
nahezu das Niveau der Nachfolgeverarbeitung erreicht hat. Grob kann man die Kurve in
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
79
3 Bereiche unterteilen: Der Bereich I zeigt die rein verarbeitungsbedingt zu erwartende
Faserschädigung. Der zweite Aufschmelzvorgang verbunden mit den Scherbelastungen
und den einzelnen Interaktionen (vor allem Faser/Faser) führt zu einer ersten
Faserbruchspannungsreduktion von etwa 5%, die Faserlänge reduziert sich um etwa
12%. Modulwerte von 15 und 16 zeigen sehr sichere Werte geringer Streuung an. Der
Bereich II (Bereich geringer Pigmentkonzentration) fällt durch niedrige Module auf, die
auf eine größere Streuung hindeuten. Dieser Bereich stellt einen Übergang dar. Im
Relativvergleich überwiegen noch die verfahrensbedingten Schädigungen, die pigment-
bedingten Absolutreduktionen treten nun hinzu.
150
200
250
300
350
III I II
S
E
19%
12%
L_ V [µm
]
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
-0,05% 0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
0
6
12
18
24
30
36
Natur
E
5%
E
S S W
.-Mod
ul, m
σ 3B [M
Pa]
Bild 38: Verlauf der Faserschädigung durch die Verarbeitung (PA6-GF30, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Extrusion (E) und Spritzguss (S))
Der Bereich III zeigt wiederum höhere Module (geringere Streuung) mit steigender
Tendenz und somit zunehmend stabileren Werten, die Kennwerte erreichen ihr
Endniveau. Hier tritt die verfahrensbedingte Schädigung als relative Differenz eher in
den Hintergrund und die pigmentbedingten Reaktionen sind bestimmend. Die in diesem
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau 80
Bereich während der Extrusion durch das Pigment bereits stark geschwächten Fasern
erleben nur noch einen verstärkten Bruch (19% Längenreduktion), die Festigkeits-
reduktion der Fasern war im Compoundierprozess schon nahezu abgeschlossen. Es
nimmt wohl nur noch die Fehlstellendichte zu, bruchrelevante Kerben waren statistisch
gesehen schon ausreichend vorhanden. Die Endfestigkeit bleibt eher unverändert.
Somit scheint zusammenfassend der Schädigungsverlauf der Glasfasern in puncto
Bruchfestigkeit und verstärkter Längenreduzierung durch Einfärbung mittels eines
ausreichend harten und abrasiven Pigments geklärt. Die Verbundeigenschaften stehen
in Analogie zu den Fasereigenschaften, wie die mechanischen Kennwerte der
Prüfstäbe zeigen.
Nachfolgende Tabelle listet die Prüfwerte (Spritzgussverarbeitung, ohne Granulat) auf.
Tabelle 11: Übersicht der Prüfwerte mit Angabe der prozentualen Abfälle (referenzbez.)
Nat
ur
0,10
%
0,20
%
0,30
%
0,40
%
0,50
%
0,60
%
0,80
%
1,00
%
σ3B [MPa] 5411 4170 3698 3528 3451 3456 3281 3236 3339
Norm. Diff. [%] 0,0 -22,9 -31,7 -34,8 -36,2 -36,1 -39,4 -40,2 -38,3
.-Modul, m 14,9 7,7 7,8 11,1 9,3 9,7 10,6 10,9 9,8
[µm] 297,3 253,5 230,4 224,9 222,5 219,1 208,8 218,1 197,4
WL-V
Norm. Diff. [%] 0,0 -14,7 -22,5 -24,4 -25,2 -26,3 -29,8 -26,6 -33,6
σS [MPa] 174,0 143,4 139,2 135,8 130,7 130,8 133,5 134,0 130,9
Norm. Diff. [%] 0,0 -17,6 -20,0 -21,9 -24,9 -24,8 -23,3 -23,0 -24,8
εS [%] 3,2 2,4 2,4 2,3 2,3 2,3 2,2 2,2 2,2
Norm. Diff. [%] 0,0 -26,1 -25,8 -27,7 -27,4 -27,7 -30,2 -31,8 -30,5
σB [MPa] 171,2 138,3 134,7 131,7 131,8 125,6 128,8 129,1 126,6
Norm. Diff. [%] 0,0 -19,2 -21,3 -23,1 -23,0 -26,6 -24,8 -24,6 -26,0
εB [%] 3,4 2,9 3,0 2,9 2,9 3,1 2,8 2,8 2,8
Norm. Diff. [%] 0,0 -16,3 -13,1 -16,0 -15,7 -11,1 -17,8 -17,8 -18,7
EZ [GPa] 9,7 9,5 9,5 9,2 8,9 8,6 9,4 9,3 9,5
Norm. Diff. [%] 0,0 -2,2 -1,7 -5,1 -8,2 -11,4 -3,1 -3,7 -1,6
aT [kJ/m2] 81,1 46,8 42,7 43,5 41,7 40,6 42,5 41,5 40,8
Norm. Diff. [%] 0,0 -42,3 -47,3 -46,4 -48,6 -49,9 -47,6 -48,8 -49,7
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
81
6.2.2.1 Modellrechnung
Im Folgenden werden nun noch anhand von Modellrechnungen die Bruchfestigkeit und
Energieaufnahme des Verbunds bei pigmentbedingter Faserschädigung überprüft.
Hierzu werden zunächst die im Biegeversuch ermittelten Faserfestigkeiten, wie in
Kapitel 4.4.4 beschrieben, in entsprechende Zugfestigkeiten umgerechnet und um den
Längeneinfluss korrigiert. Nachfolgendes Bild 39 stellt die sich ergebenden Werte dar.
150
200
250
300
350
0
4
8
12
16
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
-0,05% 0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an TitandioxidNatur
L V [µ
m]
_
W.-M
odul
, m
σ 3B, σ
Z [M
Pa]
σZ, bei Lv
σ3B
-
σZ, 115µm
LV-
m
Bild 39: Im Dreipunktbiegeversuch gemessene (σ3B) und in Zugfestigkeiten (σZ) umgerechnete Faserfestigkeiten (PA6-GF30, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert)
Die Kurve (σZ, 115µm) zeigt die berechneten Zugfestigkeitswerte bei entsprechend dem
im Biegeversuch verwendeten Widerlagerabstand von 115µm. Man erkennt deutlich
den Einfluss des Weibullmoduls. Die Kurve (σZ, bei L stellt die berechneten Faserfestig-
keiten bei den gemessenen, also im Versuch
wichteten Faserlängen dar. Tabelle 12 listet die Zah
v)-
vorliegenden, mittleren volumenge-
lenwerte auf.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau 82
Tabelle 12: Üb rsicht der berechneten Faserzugfestigkeiten σZ (Berechnung nach Kapitel 4.4.4, mi F = 10,62µm, τGr = 40MPa, Spalt des Widerlagers im Biegeversuch = 115µm) -
Nat
ur
0,10
%
0,20
%
0,30
%
0,40
%
0,50
%
0,60
%
0,80
%
1,00
%
σ3B [MPa] 5411 4170 3698 3528 3451 3456 3281 3236 3339
.-Modul, m 14,9 7,7 7,8 11,1 9,3 9,7 10,6 10,9 9,8
[µm] 297,3 253,5 230,4 224,9 222,5 219,1 208,8 218,1 197,4-
WLV
σZ [MPa] bei 1
σZ [MPa] bei
σZ [MPa] bei
• Verbundfe
Die Modellre
durchgeführt
Da es sich um
Orientierungs
Nach bisherig
konstant ang
der modifizie
festigkeiten (
Längeneinflu
reduzierter Fa
Die Höhe de
nicht eingefä
Gleichung 13
der Matrixfes
Bruchdehnun
Referenzprob
das geforde
Pigmentkonz
gehaltenen P
sowohl des
Faserfestigke
et d
15µm 3853 2434 2166 2320 2148 2184 2128 2119 2114
it = 471µm 3505 2025 1806 2042 1845 1878 1862 1862 1830
3615 2195 2166 2183 2000 2043 2011 1998 2000
lkrL-
Vstigkeit
chnung der Verbundfestigkeit wird nach Folkes [24] (siehe Kapitel 3.2.2)
und zwischen unterkritisch und überkritisch langen Fasern unterschieden.
diskontinuierlich, ungerichtete faserverstärkte Verbunde handelt, wird ein
faktor berücksichtigt.
er Vorgehensweise wurden Faserfestigkeit und lkrit bei Berechnungen als
enommen (berechnete Kurve mit konstanter Faserfestigkeit in Bild 40). In
rten Modellrechnung werden nun die im Biegeversuch ermittelten Faser-
σ3B) in entsprechende Zugfestigkeiten (σZ, be v) umgerechnet und um den
ss, wie in Kapitel 4.4.4 beschrieben, korr
serfestigkeit in Bild 40). Somit ergeben sich
-
r Grenzflächenschubfestigkeit (Herstellerang
rbte Referenz so weit abgeschätzt, bis,
an Schliffen bildanalytisch bestimmten Orie
tigkeit von 73MPa (Spannungs-Dehnungsw
g des Verbunds), die gemessene Zugfe
e erreicht wird. Die obere Grenzflächenschu
rte Ergebnis. Alle weiteren Verbundfestig
entrationen ergeben sich dann in der Folgere
arametern. Wie Bild 40 zeigt, ergibt sich eine
Verlaufs als auch der Absolutwerte, bei de
iten. Die bisher praktizierte Variante eine
i L
igiert (berechnete Kurve mit
auch reduzierte Werte für lkrit..
abe 35-45MPa) wird für die
unter Annahme des nach
ntierungsfaktors von 0,76 und
ert des Matrixmaterials bei
stigkeit der uneingefärbten
bfestigkeit von ~45MPa bringt
keiten der unterschiedlichen
chnung bei nunmehr konstant
sehr gute Übereinstimmung,
r Rechnung mit reduzierten
r Rechnung mit konstanten
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
83
Faserfestigkeiten hingegen unterschätzt die gemessenen Werte leicht, bei ebenfalls
guter Übereinstimmung des Verlaufs.
100
125
150
175
0,00% 0,20% 0,40% 0,60% 0,80% 1,00%
Anteil an Rutil [Gew.-%]
Zugf
estig
keit
[MPa
]
Zugfestigkeit (σ reduziert, Rechnung)Zugfestigkeit (σ konstant, Rechnung)Zugfestigkeit (Experiment)
F
F
Bild 40: Gemessene Zugfestigkeiten und Modellrechnung nach Folkes im Vergleich
Auf Grund der variablen Faserbruchspannungen und der damit verbundenen kritischen
Faserlängen bei konstant angenommener Grenzflächenschubfestigkeit verschiebt sich
nun der Anteil an überkritisch langen Fasern zu höheren Werten hin, wie nachfolgendes
Bild 41 (linke Darstellung) zeigt. Es kommt im fasergeschädigten Verbund zu erheblich
mehr Faserbruch (l > lkrit), während die bisherige Vorgehensweise der Berechnung
(rechte Darstellung) überwiegend Faserauszug (l < lkrit) zeigt.
Berechnung mit reduzierten Faserfestigkeiten Berechnung mit konstanter Faserfestigkeit
Pull-OutBereich I
FaserbruchBereich II
MatrixBereich III
0
25
50
75
100
125
150
175
Natur 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% 0,60% 0,80% 1,00%
Anteil an Rutil [Gew.-%]
Zugf
estig
keit
[MPa
]
Pull-OutBereich I
FaserbruchBereich II
MatrixBereich III
0
25
50
75
100
125
150
175
Natur 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% 0,60% 0,80% 1,00%
Anteil an Rutil [Gew.-%]
Zugf
estig
keit
[MPa
]
Bild 41: Aufteilung in „festigkeitsspendende“ Bereiche (links: σF = reduziert, rechts: σF = konst.)
Gerade für die im Folgenden betrachtete Energieaufnahme sind dies wichtige Aspekte,
geht man von einer vorrangigen Energiedissipation durch den Faserauszug aus.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
84
• Energieaufnahme oder Zähigkeit
Eine absolute Berechnung der Energieaufnahme des Verbunds ist auf Grund der
komplexen Versagensmechanismen schwierig. Einige energiezehrende Terme wie
durch Matrixverformung/-bruch oder Faser/Matrix-Ablösung (siehe Kapitel 3.2.3) sind
der Berechnung nur schwer zugänglich, da entsprechende Werte fehlen.
Courtney [27] spaltet, in einem einfachen Modell, den Energieverzehr nach der
Faserlänge in einen unter- und einen überkritischen Anteil auf. Er erhält dabei zwei
qualitative Energiebeiträge, deren Verlauf über der Faserlänge ähnlich dem Modell
nach Cottrell (siehe Kapitel 3.2.3) ist, aber keinen Absolutbezug hat.
F
Fi d
lVw2
~ (l < lkrit) (Gleichung 51)
F
kritFi ld
lVw3
~ (l > lkrit) (Gleichung 52)
Wi
l < lkrit l > lkrit
l1~wi
2i l~w
Bild 42: Qualitativer Verlauf der Energieaufnahme nach Courtney [27]
In einem ersten Ansatz wird daher nach Courtney der qualitative Verlauf, mit hier
pigmentbedingt geschädigten Faserfestigkeiten, berechnet und im Vergleich zu den
gemessenen Energiewerten der Referenzprobe (normiert auf die Referenzprobe)
dargestellt. Die Abschätzung der Grenzflächenschubfestigkeit von ~45MPa bei der
Festigkeitsberechnung wird zur Berechnung der jeweils kritischen Faserlänge
beibehalten.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
85
0
25
50
75
100
0,00% 0,20% 0,40% 0,60% 0,80% 1,00%
Anteil an Rutil [Gew.-%]
norm
iert
e En
ergi
e [%
]
Energie (σ reduziert, Rechnung)
Schlagzähigkeit (Experiment)
Reißenergie (Experiment)
F
Bild 43: Gemessene Energieaufnahmen und Modellrechnung nach Courtney im Vergleich
Prinzipiell erkennt man eine gute Übereinstimmung des Verlaufs über dem Grad der
Pigmentierung, das Niveau der gemessenen Werte wird allerdings stark unterschätzt.
Betrachtet man die einzelnen energieverzehrenden Mechanismen in Bild 44, so erkennt
man bei pigmentbedingt reduzierten Faserbruchspannungen, wie schon bei der Festig-
keitsberechnung, eine Verschiebung hin zu höheren Anteilen an Faserbrüchen im
Verbund. Dies erklärt die Energieabnahme in der Rechnung, auch wenn deren Betrag
überschätzt wird.
Berechnung mit reduzierten Faserfestigkeiten Berechnung mit konstanter Faserfestigkeit
FaserbruchBereich II
Pull-OutBereich I
0%
25%
50%
75%
100%
Natur 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% 0,60% 0,80% 1,00%
Anteil an Rutil [Gew.-%]
norm
iert
e En
ergi
eabs
orpt
ion
(Fas
erfe
stig
keit
redu
zier
t)
FaserbruchBereich II
Pull-OutBereich I
0%
25%
50%
75%
100%
Natur 0,10% 0,20% 0,30% 0,40% 0,50% 0,60% 0,80% 1,00%
Anteil an Rutil [Gew.-%]
norm
iert
e En
ergi
eabs
orpt
ion
(Fas
erfe
stig
keit
kons
tant
)
Bild 44: Aufteilung in „zähigkeitsspendende“ Bereiche (links: σF = reduziert, rechts: σF = konst.)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
86
„Bunt“-pigmente
Im Rahmen der Untersuchungsreihe „Bunt“-pigmente soll der Einfluss von typischen
Vertretern unterschiedlicher Pigmentgruppen auf einen spritzgegossenen, faser-
verstärkten Thermoplasten (PA6-GF30) ermittelt werden. Bei der Verarbeitung, die der
Messreihe „Rutil - Variation Gewichtsanteil“ (Kapitel 6.2.2) entspricht, wurde lediglich
die Pigmentierung variiert. Schwerpunkte der Untersuchung liegen in der Fragestellung,
welche der verwendeten Weiß-, Schwarz- und Buntpigmente die Faser- und
Werkstoffeigenschaften deutlich ändern. Die Auswahl erfolgt nach dem Gesichtspunkt,
möglichst Vertreter der wirtschaftlich interessantesten Pigmentgruppen (unter
Berücksichtigung der Verfügbarkeit) aufzunehmen, um so einen ersten Überblick zur
Situation der Kunststoffpigmentierung zu erhalten. Hierbei sind vor allem die
Unterschiede der drei Gelbvarianten, darunter ein Bismutvanadat, ein Nickeltitan(gelb)
und ein Chromtitan(gelb), die beiden Letzteren sind Rutilmischphasenpigmente, gerade
auch im Vergleich zum eigentlichen Rutil, von Interesse. Weiterhin befinden sich ein
Vertreter der Spinelle, ein Chromoxid(grün) und mit Ruß und einem Cu-Phthalo-
cyanin(blau) zwei organische Pigmente darunter. Das Chromoxid ist für dessen
Kornhärte (HM = 8,5) und Abrasivität bekannt, ebenso das Spinell(grün) (HM = 7-8). Das
Furnaceruß – benannt nach dem Furnaceruß-Verfahren, dem Herstellverfahren mit der
größten Bedeutung in der Rußproduktion – vertritt die Gruppe der Industrieruße, die
den Großteil der Schwarzpigmentierungen und Grautönungen ausmacht.
In der Ergebnisdarstellung wird zunächst auf den Abbau der Fasereigenschaften,
danach auf die Verbundeigenschaftsänderungen eingegangen. REM-Untersuchungen,
verbunden mit Diskussion und Zusammenfassung, bilden den Abschluss.
• Mikroskopische Kennwerte an den Fasern
Bei den im Biegeversuch gemessenen Einzelfaserbruchspannungen (σ3B) sowie den
ermittelten mittleren Faserlängen ( VL ) zeigen die beiden organischen Pigmente (Ruß
und Cu-Phthalocyanin) und das anorganische Bismutvanadat im Bereich der zu
erwartenden Messgenauigkeit zunächst keine signifikante Reduzierung der Kennwerte
(Differenzwerte zur Referenz: ∆σ3B = -5,3 bis -8,6% / ∆ VL = +2,9 bis -5,7%). Bei den
Biegeversuchen, ausgehend von einem Fehler von +/-2% (Vergleichsmessungen),
scheint gerade das Bismutvanadat mit m = 14,4 faserunschädigend zu sein. Allerdings
zeigt sich hier ein leichter Abfall der Faserlängen um etwa 6%. Die organischen
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
87
Pigmente zeigen Module um 10, also eine etwas höhere Streuung. Im Falle des Rußes
gibt es einen Bruchspannungsabfall von 8,6%, aber keinerlei Faserlängenreduktion
gegenüber der Referenz.
3000
4000
5000
6000
150
200
250
300
σ3B
LV
_
L_ V [µm
]
Anorganische Pigmente Organische Pigmente
Referenz
σ 3B [M
Pa]
0 5
10 15
W.-M
odul
, m
Bild 45: Mittl. volumengew. Faserlängen, Bruchspannung σ3B und Modul der Einzelfasern (PA6-GF30, Spritzgussverarbeitung, Volleinfärbung mit Unbunt- / Buntpigmenten, Soxhlet-Extraktion: Ameisensäure)
Somit scheint im ersten Ansatz keine eindeutige Faserschwächung vorzuliegen. Eine
Überprüfung der Fasern auf Oberflächenschädigungen im REM war ebenfalls negativ.
Alle drei Pigmente verfügen scheinbar über keine ausreichende Härte, die Filamente an
ihrer Oberfläche zu verletzen. Sowohl die beiden Rutilmischphasenpigmente als auch
das Spinell und das Chromoxid führen hingegen zu einer deutlichen Reduktion der
Faserfestigkeiten (∆σ3B = -22 bis –30%) und Faserlängen (∆ VL = -20 bis –30%) gegenüber
der nicht eingefärbten Referenz. Das bereits bekannte Rutil bildet auch hier das
„Schlusslicht“ mit nahezu 40% Festigkeitsabfall und 34% Längenreduzierung der
Fasern. Die Begründung findet sich ebenfalls in den Oberflächenschädigungen, deren
Darstellung Teil der abschließenden Diskussion ist.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
88
• Makroskopische Kennwerte am Schulterstab
Zunächst wird bei den Ergebnissen der Zug- und Schlagbiegeversuche die Gruppe der
deutlich faserschädigenden anorganischen Pigmente betrachtet. Während die
mikroskopischen Faseruntersuchungen noch Differenzierungen zulassen, relativieren
sich die Kennwerte am Schulterstab. Alle Pigmentierungen liegen in etwa einem
Streuband von 5% auf gleich bleibend niedrigem Niveau. Dabei nehmen die Streck-
spannungen um 20-25%, die Streck- und Bruchdehnungen um 29-31% bzw. 21-27%
ab. Der E-Modul reduziert sich um im Mittel 5%. Die höchsten Verluste zeigt die
Energieaufnahme mit Werten von 46-51%.
Anorganische Pigmente
68
1012
Organische Pigmente
Referenz
E Z [G
Pa]
0
25
50
75
100
125
150
175
0
1,5
3
4,5
σS
σB
EZ
σ S, σ
B [M
Pa]
a T [k
J/m
2 ]
ε S, ε
B [%
]
εB
εS
aT
Bild 46: Gegenüberstellung der makroskopischen Kennwerte (PA6-GF30, Spritzgussverarbei-tung, Volleinfärbung mit Unbunt- / Buntpigmenten, Proben trocken, 23°C)
Etwas differenzierter müssen die Ergebnisse der organischen Pigmente und die des
anorganischen Bismutvanadats betrachtet werden. Gerade das Bismutvanadat,
welches am wenigsten auf eine Faserschädigung schließen lässt aber einen Faser-
längenabfall um 6% zeigt, führt bei einer um 14% verringerten Streckdehnung zu einem
Streckspannungsverlust von 9%. Die Bruchdehnung zeigt sich nahezu unberührt. Die
Schlagzähigkeit geht sogar um 21% zurück. Wie sich der Faserlängenabfall begründet
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
89
und ob er statistisch repräsentativ ist, lässt sich an dieser Stelle allerdings nicht sagen.
Das organische Cu-Phthalocyanin, welches, zumindest im Bereich der Messsicherheit,
keine nachzuweisende Faserschädigung oder Faserlängenreduzierung zeigt, führt
sogar zu leicht höheren Kennwerten. Dies scheint im um 10% gestiegenen E-Modul
begründet zu liegen. Somit ist die leichte Anhebung der Zugfestigkeit (+3%) bei
gleichzeitiger Verringerung der Streckdehnung um 9% mit der Erhöhung der Steifigkeit
des Werkstoffs nachvollziehbar. Diese Versteifung wirkt sich dann wiederum negativ auf
die Schlagzähigkeit aus und führt zu einem Abfall dieses Kennwerts um etwa 9%. Eine
Begründung kann hierfür nur in Reaktionen des Pigments mit der Matrix zu suchen
sein. Letztlich bleibt die Rußpigmentierung, welche mit 8,6% Faserfestigkeitsabfall zwar
auf eine leichte Faserschwächung hindeutet, allerdings keine Längenreduzierung
aufweist. Hier zeigt sich, bei stark reduzierter Streck- und Bruchdehnung um 25 bzw.
31%, eine Verringerung der Streckspannung um 8% und der Schlagzähigkeit um sogar
36%. Durch die Fasereigenschaften lässt sich dies allerdings nicht nachvollziehen. Aus
der Literatur (siehe Kapitel 5.6) ist bekannt, dass Pigmentierungen mit Phthalocyanin
und Ruß auf Grund der geringen Teilchengröße einen Nukleierungseffekt bei teilkristal-
linen Kunststoffen hervorrufen können. Die Kristallisation der Matrix verstärkt sich,
wobei das Gefüge auch feinteiliger wird. Dies wiederum könnte zumindest teilweise die
Abnahme der Dehnungswerte und der Zähigkeit erklären.
• Zusammenfassung und Diskussion
Wichtige Einflussgrößen auf die Werkstofffestigkeit von SFT sind, neben dem Grad der
Orientierung und der Faser/Matrix-Haftung, die Faserfestigkeit und -länge sowie die
Eigenschaften der Matrix selbst. In der hier dargestellten Untersuchung der Vollein-
färbung im Spritzgussverfahren eines PA6-GF30 mit typischen Vertretern unbunter und
bunter Pigmentgruppen wird die Komplexität der Wirkzusammenhänge erkennbar.
In den Fällen der teils harten und abrasiv wirkenden anorganischen Pigmente kommt es
zu einer starken Verbundeigenschaftsreduzierung, die ihre Begründung im Faser-
eigenschaftsabbau findet. Die Fasern werden durch die Partikel an ihren Oberflächen
während der Verarbeitung durch das Erzeugen von Kerben und Furchen verletzt, die
Festigkeit reduziert sich. Dies führt im Verlauf der Verarbeitung wiederum zu einer
stärkeren Reduzierung der Faserlängen. Somit ist der Verstärkungseffekt, den die
Fasern im Verbund bringen sollen, reduziert, die mechanischen Kennwerte sinken.
Besonders deutlich zeigt sich dies in einem bis zu 25%igen Abfall der Zugfestigkeit und
bis zu 50%igen Abfall der Schlagzähigkeit.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau 90
Tabelle 13 listet die Prüfwerte auf, REM-Aufnahmen der Pigmente (Bild 47) zeigen in
einer Gegenüberstellung die hierdurch erzeugten Faseroberflächenverletzungen. Die
Schädigungsformen und Pigmentaufnahme des Titandioxids (Rutil) können Kapitel
6.2.2 Messreihe „Rutil - Variation Gewichtsanteil“ entnommen werden, Pigmente, die
sich als faserunschädigend zeigten, sind nicht dargestellt.
Tabelle 13: Übersicht der Prüfwerte mit Angabe der prozentualen Abfälle (referenzbez.)
Nat
ur
Cu-
Phth
aloc
yani
n
Ruß
Bis
mut
vana
dat
Nic
kelti
tan
Chr
omtit
an
Spin
ell
Chr
omox
id
Rut
il
σ3B [MPa] 5411 5095 4946 5122 4223 3920 3774 3773 3339
Norm. Diff. [%] 0 -5,8 -8,6 -5,3 -22 -27,6 -30,2 -30,3 -38,3
.-Modul, m 14,9 10,8 10 14,4 6,8 6,8 7,8 8,2 9,8
[µm] 297,3 299,2 302,9 280,3 237,7 227,7 216,6 207,6 197,4
WL-V
Norm. Diff. [%] 0 0,6 1,9 -5,7 -20 -23,4 -27,2 -30,2 -33,6
σS [MPa] 174 178,9 159,4 158,6 129,6 138,9 133,1 134,9 130,9
Norm. Diff. [%] 0 2,8 -8,4 -8,8 -25,5 -20,2 -23,5 -22,4 -24,8
εS [%] 3,2 2,9 2,4 2,7 2,3 2,2 2,3 2,2 2,2
Norm. Diff. [%] 0 -8,8 -25,2 -13,8 -28,6 -29,6 -29,2 -30,8 -30,5
σB [MPa] 171,2 176,3 159,4 154,5 125,6 135,2 129,2 129,5 126,6
Norm. Diff. [%] 0 3 -6,9 -9,8 -26,6 -21 -24,5 -24,4 -26
εB [%] 3,4 3,2 2,4 3,4 2,8 2,7 2,9 3 2,8
Norm. Diff. [%] 0 -7 -30,6 -2 -17,2 -22,4 -15,7 -14 -18,7
EZ [GPa] 9,7 10,7 9,5 9,6 8,9 9,1 9,2 9,2 9,5
Norm. Diff. [%] 0 10,2 -2 -1 -8 -6,3 -4,5 -4,8 -1,6
aT [kJ/m2] 81,1 73,6 51,6 64,3 43,7 42,7 42 39,4 40,8
Norm. Diff. [%] 0 -9,2 -36,4 -20,7 -46,1 -47,3 -48,2 -51,4 -49,7
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
91
Nickeltitan, D(v, 0,5) = 1,57µm
Chromtitan, D(v, 0,5) = 0,906µm
Spinell, D(v, 0,5) = 1,11µm
Chromoxid, D(v, 0,5) = 0,66µm
Bild 47: Gegenüberstellung von Pigmenten und Oberflächenschädigungen an Glasfasern
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
92
Beim organischen Cu-Phthalocyanin und Ruß sowie dem anorganischen Bismut-
vanadat ist eine direkte faserschädigende Wirkung nicht zweifelsfrei auszuschließen,
sie werden aber in einem ersten Schritt als faserunschädigend eingeordnet. Diese
Pigmente führen in der Zugfestigkeit und Schlagzähigkeit zu nur geringem oder keinem
Kennwertabfall. Die starke Zähigkeitsreduzierung der Rußpigmentierung (36%) ist
zunächst nur durch einen Nukleierungseffekt in der Matrix zu erklären.
Auf Grund der Literaturhinweise kann von einem Nukleierungseffekt durch sehr
feinteilige Pigmente bei teilkristallinen Kunststoffen ausgegangen werden. Gerade für
Ruß und Cu-Phthalocyanin liegen hier verstärkt Untersuchungen vor, so dass von einer
Änderung des Kristallgefüges hin zu einer feinteiligeren Struktur, wie in Kapitel 5.6
beschrieben, auszugehen ist. Diese führt dann zu einer Versprödung der Matrix mit
dem damit verbundenen Zähigkeitsabfall. Ein Nachweis der Strukturänderung wurde
hier allerdings nicht verfolgt.
Am unkritischsten zeigen sich zusammenfassend das Bismutvanadat, welches wohl
über keine ausreichende Härte verfügt, um die Glasfasern mechanisch anzugreifen,
und das Cu-Phthalocyanin. Bei organischen Pigmenten ist allerdings die schlechtere
Migrationsbeständigkeit auf Grund der teilweisen Löslichkeit zu beachten, welche bei
Bedarfsgegenständen, vor allem wenn sie in Kontakt mit Lebensmitteln kommen,
Kompromisse erfordert. Darüber hinaus kann auch die Verzugsneigung bei flächigen
Bauteilen Probleme bereiten, wobei dies bei den unlöslichen anorganischen Pigmenten
unkritisch ist. Im Allgemeinen ist es erforderlich, das System Werkstoff/Farbmittel
genauestens auf seine Eigenschaften hin zu überprüfen. Hierbei muss festgehalten
werden, dass es das „Universalpigment“ nicht gibt und Vorteile auf der einen Seite
Kompromisse auf der anderen Seite erfordern. Der Wunsch des Kunden nach brillianter
Coloristik steht dabei an erster Stelle. Die Gesetzgebung, vor allem im Lebensmittel-
bereich und bei Bedarfsgegenständen, schränkt oft die Auswahl ein. Gerade das
Bismutvanadat zeigt hier eine Alternative für Cd- und Pb-freie Einfärbungen auf.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
93
6.2.3 Weißpigmente
Nach den Darstellungen in Kapitel 5 werden 70% der Kunststoffeinfärbungen mit
Titandioxid vorgenommen, sei es zur Volleinfärbung, Abtönung oder zur Nuancierung.
Aus Kapitel 6.2.2 „Rutil – Gewichtsanteil“ ist erkennbar, dass schon geringste Konzen-
trationen eines faserschädigenden Pigments hohe Werkstoffeinbußen verursachen. In
der im Folgenden dargestellten Messreihe der „Weißpigmente“ werden zum einen
unterschiedliche marktgängige Weißpigmente auf ihren Systemeinfluss hin überprüft,
zum anderen die Form der Verarbeitung bei Selbsteinfärbung, also der Einfärbung bei
Bauteilherstellung, untersucht. Ziel ist es, Alternativen der Weißpigmentierung zu finden
und einander gegenüberzustellen. Das verwendete Ausgangsgranulat war ein Ultramid
B3 WG6, aus Vergleichsgründen wiederum ein PA6-GF30. Bei der Verarbeitung
wurden sowohl die Pigmentzugabe (0,5 und 1Gew.-%) als auch das Verfahren variiert.
Im Falle der „Weißpigmente – direktverspritzt“ wurden die Pigmente vor der
Direktspritzgussverarbeitung aufgetrommelt, im zweiten Fall der „Weißpigmente –
extrudiert + verspritzt“ wurde das Pigment zunächst in einem Extrusionsprozess in der
Matrix dispergiert und in einem anschließenden Verarbeitungsschritt spritzgegossen.
Fragestellungen sind, welche der Pigmente die Faser- und Werkstoffeigenschaften
deutlich ändern, wie sich die unterschiedlichen Verarbeitungsverfahren auswirken und
ob die Pigmentierungshöhe eine ausschlaggebende Rolle spielt. Interessant sind vor
allem die Unterschiede der Standardweißpigmente, also dem Titandioxid in seinen
Modifikationen des Rutils und des Anatas im Vergleich zu den alternativen
Weißpigmenten wie Zinksulfid, Bariumsulfat oder Litopone. Das bekannte Bleiweiß
wurde nicht aufgenommen, da es im Zuge der Schwermetalldiskussion nicht mehr
zeitgemäß erscheint. Mit Bariumsulfat ist ein Füllstoff in der Messreihe, der aber auch
Pigmenteigenschaften besitzt. Wie bereits in den Messreihen zuvor, findet sich eine
unpigmentierte Referenz („Natur“) gleicher Verfahrensparameter zur Gegenüber-
stellung. Die Untersuchungen sind der Übersicht wegen nach der Verarbeitung, also
direktverspritzt und extrudiert + verspritzt, unterteilt.
(Hinweis: Die hier betrachtete Messreihe der Weißpigmente ist in ihren Absolutwerten nicht
direkt mit den zuvor dargestellten Untersuchungen vergleichbar, da sich Herstellung und
Ausgangsstoffe unterscheiden.)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
94
6.2.3.1 Weißpigmente – direktverspritzt
• Mikroskopische Kennwerte an den Fasern
Die im Mikrobiegeversuch gemessenen Einzelfaserbruchspannungen (σ3B) und die
volumengewichteten mittleren Faserlängen ( VL ) zeigen bei den Weißpigmentierungen
Zinksulfid, Bariumsulfat und Litopone im Vertrauensbereich der zu erwartenden
Messgenauigkeit keine signifikante Reduzierung der Kennwerte (Differenzwerte zur
Referenz: ∆σ3B = +1,1 bis –6,9% / ∆ VL = +2,5 bis –0,1%). Auch die Module liegen mit
11,7 - 19 auf sehr hohem und damit sicherem Niveau. Zwar liegt die Faserfestigkeit im
maximalen Falle der BaS-Pigmentierung mit nahezu 7% unter der Referenz, sie zeigt
allerdings keinerlei Faserlängenreduzierung. Somit scheint unter Beachtung beider
Untersuchungen bei den alternativen Weißpigmentierungen nahezu keine direkte
Faserschädigung vorzuliegen.
Referenz Alternative Weißpigmente Titandioxid
3000
4000
5000
6000
250
300
LV
_
σ 3B [M
Pa]
m]
0
5
10
15
20
Natur
ZnS / 0
,5%
ZnS / 1
,0%
Ba
W.-M
odul
, m
Bild 48: Mittlere volumengew.(PA6-GF30, Direkt-SSoxhlet-Extraktion: Am
σ3B
150
200
L_ V [
µ
S / 0,5%
BaS / 1
,0%
Litop
one /
0,5%
Litop
one /
1,0%
Anatas
/ 0,5%
Anatas
/ 1,0%
Rutil /
0,5%
Rutil /
1,0%
Faserlängen, Bruchspannung (σ3B) und Modul der Einzelfasern pritzgussverarbeitung, Weißpigmentierungen (0,5 / 1,0Gew.-%),
eisensäure)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
95
Eine Überprüfung der Fasern auf Oberflächenschädigungen im REM zeigte sich
ebenfalls negativ. Verständlich wird diese Annahme, wenn man die Mohsschen Härten
der Pigmente näher betrachtet. Zinksulfid wird in der Literatur mit HM = 3 angegeben,
Bariumsulfat mit HM = 2,5 - 3,5. Somit liegen die Härten weit unter der von Glas mit
etwa HM = 5,5, woraus folgt, dass diese Mineralien es nicht vermögen, Glas zu ritzen.
Da die Litopone ein Gemisch aus Zinksulfid und Bariumsulfat sind, gilt für dieses
Pigment das Gleiche. Ganz anders zeigen sich die Verhältnisse bei den beiden
Modifikationen des Titandioxids. Wie aus den bereits gewonnenen Ergebnissen (Kapitel
6.2.2) zu erwarten war, weisen beide Pigmentierungen erhebliche Abbauerscheinungen
auf. Das Rutil (HM = 6,5) schneidet hierbei mit einem Faserfestigkeitsverlust von 38,5%
(1Gew.-%) am schlechtesten ab, bei einer Pigmentierungshöhe von 0,5Gew.% immer
noch um 29%. Das etwas weichere Anatas (HM = 6) erzeugt Reduzierungen im Bereich
von 27 bis 30,5%. Die Module liegen auf einem gleichmäßigen aber niedrigen Niveau
von 7. Bemerkenswert ist der noch relativ hohe Unterschied (10%) der Bruch-
spannungen zwischen den Pigmentierungsgraden bei Rutil. Dieser war eigentlich in
einer solchen Ausgeprägtheit nicht zu erwarten. Vergleicht man allerdings das Ergebnis
mit der Anataspigmentierung und bezieht die Erkenntnisse aus Kapitel 6.2.2 mit ein, so
ist einzig von einer etwas höheren Messwertstreuung auszugehen. Die mittleren
Faserlängen der faserschädigenden Titandioxidpigmentierungen reduzieren sich
gegenüber der Referenz um 5 - 11%. Hier scheint sich der Effekt der Direktverarbeitung
auszuwirken. Während die Faserfestigkeiten bereits ein sehr tiefes Niveau erreicht
haben, sind die Auswirkungen auf die Faserlängen noch sehr moderat. Eine
abschließende Beurteilung wird aber erst durch den späteren Vergleich mit der
Extrusions- + Spritzgussverarbeitung möglich. Gut zu erkennen ist der tendenzielle
Zusammenhang zwischen Faserfestigkeit und -länge. Gerade am Beispiel der
Direktverarbeitung wird deutlich, dass eine alleinige Betrachtung der mittleren
Faserlängen die Bestimmung des Schädigungsgrads der Pigmentierung wesentlich
weniger differenziert darstellt (selbst bei maximaler Längenreduzierung werden Werte
bis 10% erreicht, bei der Faserfestigkeitsreduktion Werte bis 38%). Ein tieferes
Verständnis der Schädigungsvorgänge und Wirkspiele wird nur durch die Kenntnis
beider Kennwerte möglich.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
96
• Makroskopische Kennwerte am Schulterstab
Die Gegenüberstellung der Kennwerte des Zug- und Schlagbiegeversuchs an den
Probestäben gibt deutlich die Tendenzen der Fasereigenschaftsuntersuchungen
wieder. Die Pigmentierungen mit Zinksulfid, Bariumsulfat und Litopone verursachen
innerhalb der Streubereiche keinerlei Einbußen. Die Streck- und Bruchspannungen
schwanken zwischen +/-2,5% um den Wert der Referenzprobe, und die Schlagzähigkeit
zeigt maximale Verluste um 5% bei den Zinksulfidpigmentierungen. Bis auf die etwas
stärker streuenden Steifigkeiten sind somit keine nennenswerten Veränderungen zu
verzeichnen. Die Pigmentierungen mit den Modifikationen des Titandioxids zeigen bei
Anatas um die 10% und bei Rutil zwischen 12 und 17% Festigkeitsverlust (bei 0,5 und
1Gew.-% Pigmentgehalt). Die Schlagzähigkeit reduziert sich bei der Anataspigmen-
tierung um im Mittel 18%, das Rutil erreicht Verluste von bis zu 27%. Auch hier scheint
sich der Einfluss der Direktverarbeitung abzuzeichnen.
68
1012
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Natur
ZnS / 0
,5%
ZnS / 1
,0%
BaS / 0
,5%
BaS /
Bild 49: Gegenüberstellung der makrosarbeitung, Weißpigmentierung
Durch das schonendere Verfahre
Zugfestigkeitskennwerte und Energ
σB
aT
σ S, σ
B [M
Pa]
a T [k
J/m
2 ] E Z
[GPa
]
Referenz Titandioxid Alternative Weißpigmente
EZ
1,0%
Litop
one /
0,5%
Litop
one /
1,0%
Anatas
/ 0,5%
Anatas
/ 1,0%
Rutil /
0,5%
Rutil /
1,0%
0
1
2
3
4
kopischen Kennwerte (PA6-GF30, Direkt-Spritzgussver-
en (0,5 / 1,0Gew.-%), Proben trocken, 23°C)
n reduziert sich der Faserbruch, so dass die
ieaufnahmen nicht so stark absinken, wie es bei
σS
εB
εS ε S, ε
B [%
]
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau 97
Dispergierung der Farbmittel in einem vorgeschalteten Extrusionsprozess mit
nachfolgender Spritzgussverarbeitung zu erwarten wäre. Konkrete Aussagen hierzu
werden in der Zusammenfassung am Ende dieses Kapitels gegeben. Nachfolgende
Tabelle listet zur Übersicht die Prüfergebnisse der Direktverarbeitung mit Angabe der
referenzbezogenen Kennwertreduzierungen auf.
Tabelle 14: Übersicht der Prüfwerte mit Angabe der prozentualen Abfälle (Direkt-Spritzgussverarbeitung, referenzbezogen)
Nat
ur
ZnS
/ 0,5
%
ZnS
/ 1,0
%
BaS
/ 0,
5%
BaS
/ 1,
0%
Lito
pone
/ 0,
5%
Lito
pone
/ 1,
0%
Ana
tas
/ 0,5
%
Ana
tas
/ 1,0
%
Rut
il / 0
,5%
Rut
il / 1
,0%
σ3B [MPa] 5856 5631 5921 5509 5453 5543 5679 4250 4070 4149 3600
Norm. Diff. [%] 0,0 -3,8 1,1 -5,9 -6,9 -5,3 -3,0 -27,4 -30,5 -29,1 -38,5
.-Modul, m 16,0 19,0 14,5 16,6 14,7 11,7 14,4 6,6 7,0 7,0 7,0
[µm] 284,9 290,0 291,9 285,3 284,8 290,1 285,6 271,2 263,6 267,6 252,8
WL-V
Norm. Diff. [%] 0,0 1,8 2,5 0,2 -0,1 1,8 0,2 -4,8 -7,5 -6,1 -11,3
σS [MPa] 155,1 156,7 159,1 154,1 152,3 157,9 157,1 139,4 138,7 136,9 128,6
Norm. Diff. [%] 0,0 1,0 2,6 -0,6 -1,8 1,8 1,3 -10,1 -10,6 -11,7 -17,1
εS [%] 2,9 2,6 2,7 2,9 2,7 2,9 2,7 2,4 2,4 2,4 2,0
Norm. Diff. [%] 0,0 -11,9 -8,2 -1,0 -7,1 -1,0 -6,8 -18,4 -17,7 -19,4 -31,0
σB [MPa] 155,2 156,7 159,1 154,1 152,3 157,9 157,1 139,4 138,6 136,6 128,6
Norm. Diff. [%] 0,0 1,0 2,5 -0,7 -1,9 1,8 1,3 -10,2 -10,7 -12,0 -17,1
εB [%] 3,0 2,6 2,7 2,9 2,7 2,9 2,8 2,4 2,4 2,5 2,0
Norm. Diff. [%] 0,0 -12,8 -9,1 -1,0 -8,1 -1,3 -7,1 -18,9 -18,2 -17,2 -31,3
EZ [GPa] 8,9 9,7 9,8 10,5 9,4 9,1 9,1 9,2 9,0 8,7 9,0
Norm. Diff. [%] 0,0 8,8 9,6 17,4 5,5 1,8 1,6 2,5 0,2 -2,7 0,6
aT [kJ/m2] 62,8 60,1 58,7 61,8 63,9 64,6 62,7 52,3 51,6 49,8 46,1
Norm. Diff. [%] 0,0 -4,3 -6,6 -1,6 1,7 2,9 -0,2 -16,8 -17,8 -20,6 -26,6
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
98
6.2.3.2 Weißpigmente – extrudiert + verspritzt
• Mikroskopische Kennwerte an den Fasern
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Direktverarbeitung werden im Folgenden
die Ergebnisse der Extrusions- + Spritzgussverarbeitung betrachtet. Auf den ersten
Blick fällt der tendenziell zu erwartende gleiche Verlauf der Kennwerte auf. Wiederum
zeigen sowohl Einzelfaserbruchspannungen (σ3B) als auch die Faserlängen ( VL ),
bezogen auf die Referenz bei den Weißpigmentierungen Zinksulfid, Bariumsulfat und
Litopone, innerhalb der zu erwartenden Messgenauigkeit keine signifikante
Reduzierung (Differenzwerte zur Referenz: ∆σ3B = +3,1 bis –3,6% / ∆ VL = +1,1 bis –1,7%)
der Kennwerte. Selbst mit der zusätzlichen Belastung des vorangegangenen
Extrusionsprozesses führen sie zu keinem Faserfestigkeitsabbau. Auch die Module sind
mit 12,2 - 17 auf stabil hohem Niveau. Somit scheint die Annahme keiner direkten
faserschädigenden Wirkung der alternativen Weißpigmentierungen berechtigt.
Referenz Alternative Weißpigmente Titandioxid
3000
4000
5000
6000
150
200
250
300
σ3B
σ 3B [M
Pa]
L_ V [µm
] LV
_
0
5
10
15
20
Natur
ZnS / 0
,5%
ZnS / 1
,0%
BaS / 0
,5%
BaS / 1
,0%
Litop
one /
0,5%
Litop
one /
1,0%
Anatas
/ 0,5%
Anatas
/ 1,0%
Rutil /
0,5%
Rutil /
1,0%
W.-M
odul
, m
Bild 50: Mittlere volumengewichtete Faserlängen, Bruchspannung (σ3B) und Modul der Einzel-fasern (PA6-GF30, Weißpigmentierungen (0,5 / 1,0Gew.-%), Extrusions- + Spritzguss-verarbeitung, Soxhlet-Extraktion: Ameisensäure)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
99
Die Titandioxidpigmentierungen weisen wiederum ein deutliches Schädigungspotential
auf. Bei gegenüber der Direktverarbeitung tendenziell gleichem Verlauf, liegen die
Faserbruchspannungen der Anataspigmentierung auf im Mittel gleichem Niveau, Rutil
verzeichnet eine leichte Abnahme um weitere 4%, so dass im Minimum nun 42%
Faserfestigkeitsreduktion bei der Pigmentierung mit 1Gew.-% erreicht wird. Die
Faserlängen zeigen hingegen deutlichere Einbußen. Gegenüber der Referenz erzeugt
das Anatas Verluste um 12%, das Rutil erreicht nahezu 19%. Auffallend ist das
allgemein niedrigere Niveau der Faserlängen, selbst bei der Referenzprobe.
• Makroskopische Kennwerte am Schulterstab
Referenz
68
1012
Alternative Weißpigmente Titandioxid
E Z [G
Pa]
EZ
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Natur
ZnS / 0
,5%
ZnS / 1
,0%
BaS / 0
,5%
BaS / 1
,0%
Litop
one /
0,5%
Litop
one /
1,0%
Anatas
/ 0,5%
Anatas
/ 1,0%
Rutil /
0,5%
Rutil /
1,0%
0
1
2
3
4
σS
εS εB
aT
σB
σ S, σ
B [M
Pa]
a T [k
J/m
2 ]
ε S, ε
B [%
]
Bild 51: Gegenüberstellung der makroskopischen Kennwerte (PA6-GF30, Extrusions- + Spritz-gussverarbeitung, Weißpigmentierungen (0,5 / 1,0Gew.-%), Proben trocken, 23°C)
Der Zug- und Schlagbiegeversuch an den Probestäben gibt deutlich die Tendenzen der
Fasereigenschaftsuntersuchungen wieder. Wie schon bei der Direktverarbeitung zeigen
die Pigmentierungen des Zinksulfids, Bariumsulfats und der Litopone innerhalb eines
Streubereichs von +/-2,5% keine Verluste bei Streck- und Bruchspannungen gegenüber
der Referenzprobe. Die Schlagzähigkeit nimmt im maximalen Falle um 11% bei der
1Gew.-%igen Zinksulfidpigmentierung ab und zeigt somit eine leichte Verschärfung. Bis
auf das insgesamt niedrigere Eigenschaftsbild, bedingt durch die vorgeschaltete
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau 100
Extrusion (Faserlängenniveau 13% im Vergleich mit der Direktverarbeitung tiefer), sind
somit keine nennenswerten Unterschiede gegenüber der Referenz zu verzeichnen. Die
Anataspigmentierung weist Abfälle um 7-10% bei der Zugfestigkeit, das Rutil von etwa
12% auf. Die Schlagzähigkeit reduziert sich bei Anatas nun um 12-16%, das Rutil
erreicht Verluste von 19-21%. Allgemein sind somit die Abweichungen zur Referenz,
trotz der prozentual höheren Faserlängenreduzierung bei der Extrusions- + Spritzguss-
verarbeitung gegenüber der Direktverarbeitung, tendenziell leicht geringer. Das Niveau
der Referenz scheint verfahrensbedingt bereits soweit reduziert, dass sich die hierauf
bezogenen Eigenschaftsverluste der unterschiedlichen Pigmentierungen etwas relati-
vieren. Näheres hierzu findet sich in der anschließenden Diskussion. Zunächst noch die
abschließende Übersicht der Prüfergebnisse der Extrusions- + Spritzgussverarbeitung.
Tabelle 15: Übersicht der Prüfwerte mit Angabe der prozentualen Abfälle (Extrusions- + Spritz-gussverarbeitung, referenzbezogen)
Nat
ur
ZnS
/ 0,5
%
ZnS
/ 1,0
%
BaS
/ 0,
5%
BaS
/ 1,
0%
Lito
pone
/ 0,
5%
Lito
pone
/ 1,
0%
Ana
tas
/ 0,5
%
Ana
tas
/ 1,0
%
Rut
il / 0
,5%
Rut
il / 1
,0%
σ3B [MPa] 5873 6053 5939 5770 5658 5926 5759 4565 4256 3926 3405
Norm. Diff. [%] 0,0 3,1 1,1 -1,7 -3,6 0,9 -1,9 -22,3 -27,5 -33,1 -42,0
.-Modul, m 14,3 17,0 12,2 16,0 14,0 16,4 12,4 8,4 8,6 5,4 7,5
247,6 250,4 247,3 247,1 245,9 243,4 247,4 216,4 216,9 225,4 201,6
W-LV [µm] Norm. Diff. [%] 0,0 1,1 -0,1 -0,2 -0,7 -1,7 -0,1 -12,6 -12,4 -9,0 -18,6
σS [MPa] 134,3 135,0 136,9 131,5 131,8 137,5 137,2 124,5 119,9 118,8 117,8
Norm. Diff. [%] 0,0 0,5 1,9 -2,1 -1,9 2,4 2,2 -7,3 -10,7 -11,5 -12,3
εS [%] 2,6 2,3 2,4 2,7 2,8 2,7 2,7 2,6 2,6 2,4 2,4
Norm. Diff. [%] 0,0 -14,8 -9,5 1,1 6,4 2,3 0,4 -2,3 -3,0 -9,1 -11,0
σB [MPa] 134,2 135,0 136,9 131,4 131,7 137,3 137,2 124,0 119,5 118,5 117,3
Norm. Diff. [%] 0,0 0,6 2,0 -2,1 -1,8 2,3 2,2 -7,6 -11,0 -11,7 -12,6
εB [%] 2,7 2,3 2,4 2,7 2,9 2,7 2,7 2,7 2,6 2,5 2,5
Norm. Diff. [%] 0,0 -15,0 -9,8 1,5 8,6 1,9 0,4 1,9 -1,1 -6,4 -7,1
EZ [GPa] 8,8 8,9 9,2 8,7 8,7 8,6 8,7 8,2 8,3 8,5 8,3
Norm. Diff. [%] 0,0 1,6 5,0 -1,3 -0,7 -2,5 -0,4 -6,9 -5,5 -3,5 -5,6
aT [kJ/m2] 53,7 50,1 47,8 50,8 53,2 50,1 49,8 47,2 45,2 43,3 42,3
Norm. Diff. [%] 0,0 -6,8 -11,1 -5,5 -1,1 -6,8 -7,4 -12,1 -15,9 -19,4 -21,3
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
101
• Zusammenfassung und Diskussion
In der zu Grunde liegenden Messreihe „Weißpigmente“ wurde das Ausgangsgranulat
Ultramid B3 WG6 mit 0,5 und 1Gew.-% Pigmentierungshöhe mit unterschiedlichen
marktverfügbaren anorganischen Weißpigmenten zum einen im Spritzguss direktverar-
beitet (D-Verarbeitung), zum anderen in einer vorgeschalteten Extrusion das Pigment
zunächst eingearbeitet und anschließend verspritzt (E+S-Verarbeitung). Somit können
Einflüsse des Pigmentierungsgrads, der Verarbeitung wie auch der Pigmenttypen
vergleichend gegenübergestellt werden. In Einzelfällen werden aus Gründen eines
tieferen Verständnisses die Ergebnisse in Bezug zu anderen, bereits vorgestellten
Untersuchungen gebracht.
Die Pigmentgruppe mit den hier so genannten „alternativen“ Weißpigmenten, also dem
Zinksulfid, Bariumsulfat und den Litoponen hat sich, zumindest im Bereich einer nicht
nachweisbaren Beeinflussung, als faserunschädigend qualifiziert. Sowohl in den
direkten Untersuchungen der Einzelfasern im Mikrobiegeversuch, als auch nach
Analyse der Faserlängen konnte im Bereich der zu erwartenden Messgenauigkeit keine
Abhängigkeit von der Pigmentierung als solcher, der Pigmentierungshöhe oder der Art
der Verarbeitung festgestellt werden. Selbst die verschärfte Extrusions- + Spritzguss-
verarbeitung mit ihrer zweifachen Möglichkeit der Interaktion Pigment/Faser brachte
keine Hinweise auf eine direkte Eigenschaftsreduzierung. Die REM-Untersuchungen
zeigten ebenfalls keine Schädigungen an den Faseroberflächen. Einzig ein grund-
sätzliches Absinken der Faserlängen um etwa 13%, bedingt durch den zweiten
Aufschmelzvorgang der E+S- gegenüber der D-Verarbeitung mit seinem notwendigen
Schereintrag, wurde beobachtet. Dies ist allerdings rein verfahrensbedingt und somit
auch bei der Referenzprobe nachgewiesen. Grundsätzlich stellt man eine gute
qualitative Übereinstimmung der gewonnenen Faserfestigkeiten und Faserlängen-
verteilungen, hier durch die Gegenüberstellung der gemittelten volumenbezogenen
Faserlängen, fest. Zwar fallen bei faserschädigender Pigmentierung die Faserbruch-
spannungen quantitativ höher und damit signifikanter aus, dennoch zeigt sich die
Faserlänge ähnlich sensibel und kann somit unterstützend und/oder bestätigend
betrachtet werden. Dies ist wiederum nachvollziehbar, wenn man sich den
Schädigungsverlauf der Fasern vergegenwärtigt. Es kann zwischen verfahrens-
bedingter und pigmentbedingter Faserschädigung und -bruch unterschieden werden,
wie an nachfolgendem Bild 52 in der Verfahrensgegenüberstellung gezeigt wird. Am
Beispiel der Titandioxidmodifikationen Anatas und Rutil finden Aussagen, die schon in
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
102
der Messreihe „Rutil – Variation Gewichtsanteil“ (Kapitel 6.2.2) getroffen wurden, eine
Bestätigung und können nun erweitert werden. Bereits die Darstellung der Faser-
bruchspannungen zeigt deutlich, dass bezüglich der Verarbeitung nahezu gleiche
Schädigungsgrade erreicht werden. Selbst das erste Aufschmelzen, Dispergieren und
Homogenisieren sowie die Belastungen in der Spritzeinheit bei der Direktverarbeitung
reichen aus, um den Schädigungsgrad der kombinierten Extrusions- + Spritzgussver-
arbeitung zu erreichen.
3000
4000
5000
6000
Direktverarbeitung Extrusions- + Spritzgussverarbeitung
150
200
250
300
0,50% 1,00% 0,50% 1,00%
Anatas Rutil Natur
+/-0%
40%29%
σ 3B [M
Pa]
13%
12% 19%
8% 11%
L_ V [µm
]
r
Bild 52: FaserfestigAnatas- udirektversp
Dies deckt sich
Compoundierung
spannungen zeig
Die in Bild 38 b
nach der Compou
gussverarbeitung
Faserfestigkeitsab
tender Faserbruc
,00%0Natu
keitsverluste und Abbau der volumenbezogenen mittleren Faserlängen bei nd Rutilpigmentierung in unterschiedlichen Konzentrationen (PA6-GF30, ritzt und extrudiert + spritzgegossen)
mit den Aussagen in Bild 38, nachdem bereits die Fasern der
/Pigmentierung während der Extrusion die nahezu gleichen Bruch-
en, wie nach der anschließenden Spritzgussverarbeitung.
eobachtete rein verfahrensbedingte Faserfestigkeitsreduktion (< 5%)
ndierung (Glas-/Pigmenteinarbeitung) durch die nachfolgende Spritz-
kann hier nicht bestätigt werden. Ein mehrfachverarbeitungsbedingter
fall ist nicht nachweisbar, lediglich ein verfahrensbedingt fortschrei-
h ist zu verzeichnen. Dies ist zumindest im Zuge des Recyclings
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
103
interessant, da die Fasern durch die Mehrfachverarbeitung in ihrer Festigkeit wohl nicht
zunehmend geschwächt werden.
Der Faserbruch als solcher zeigt sich zum einen verfahrensabhängig, weist zudem aber
auch eine enge Verknüpfung mit der Faserfestigkeit auf. Trotz gleich bleibender
Faserfestigkeit ergibt die Referenzprobe der E+S-Verarbeitung gegenüber der
D-Verarbeitung eine um 13% verringerte mittlere Faserlänge. Dies ist rein verfahrens-
bedingt. In Kombination mit den durch eine entsprechende Pigmentierung im Verlauf
der Verarbeitung zunehmend geschwächten Fasern, stellt sich ein verstärkter Faser-
bruch ein. Dieser ist wiederum rein pigmentbedingt und überlagert bzw. addiert sich
dem verfahrensbedingten Bruch. Der Vorgang zeigt zwei weitere Grundsätze auf. Zum
Ersten verläuft der Faserbruch „parallel“, zum Zweiten zeigt er im Ausmaß eine
Abhängigkeit von der Ausgangsfaserlänge.
• Paralleler Verlauf der Faserschwächung und -verkürzung
Unter parallelem Verlauf ist der zeitliche Zusammenhang zu verstehen. Der größte
Anteil der Faserlängenverkürzung vollzieht sich bereits während der Einarbeitung des
Pigments, egal in welcher Verarbeitungsform - sei es Extrusion oder Spritzguss -, also
zeitlich parallel. Dies zeigte auch schon Bild 38, nachdem die Compoundierung des
Granulats mit Glas-/Pigmenteinarbeitung einen Faserbruch um 26% aufweist, der
nachfolgende Spritzgussprozess dagegen, nach Bereinigung der verfahrensbedingten
Verluste, einen Längenverlust von 32%, also gerade mal ein Fünftel mehr. Die hier
gewonnenen Ergebnisse bestätigen dies. Die Direktverarbeitung mit der Pigmentein-
arbeitung zeigt Faserlängenreduktionen von 8 und 11%, die Einarbeitung durch
Extrusion mit nachfolgender Spritzgussverarbeitung 12 und 19% (Anatas und Rutil,
1Gew.-% Pigment). Man kann davon ausgehen, dass ein Großteil der Längenreduktion
nach der E+S-Verarbeitung bereits im extrudierten Granulat vorlag.
• Faserlängenreduktion in Abhängigkeit von der Ausgangsfaserlänge
Betrachtet man die Absolutwerte der Faserlängenverluste der vorliegenden Messreihe
im Vergleich zur Messreihe aus Kapitel 6.2.2, so fällt auf, dass die hohen Werte bei
weitem hier nicht erreicht werden. Erklären lässt sich dies, wenn man die jeweiligen
Ausgangsfaserlängen berücksichtigt. Im Falle der Granulatcompoundierung in
Kapitel 6.2.2 steht der Spritzgussverarbeitung ein Ausgangsgranulat mit mittleren
Faserlängen um 340µm (Natur) zur Verfügung, welches sich durch die zweite
Verarbeitung auf 300µm (Natur) und pigmentierungsbedingt auf gar 200µm (Rutil,
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
104
1Gew.-%) verkürzt. Hier (Bild 52) fallen die Faserlängen des Ausgangsgranulats nach
der E+S-Verarbeitung auf 250µm (Natur) und pigmentbedingt ebenfalls auf 200µm
(Rutil, 1Gew.-%) ab. Der untersuchten Pigmentierung im Extrusions- + Spritzguss-
prozess war eine Compoundierung des Kunststoffherstellers vorgeschaltet. Auch wenn
das Granulat zur Faserlängenanalyse nicht zur Verfügung stand, so ist davon
auszugehen, dass vor den Verfahrensschritten die Fasern vom Niveau her bereits
deutlich kürzer vorlagen als dies in der „Konzentrationsreihe an Rutil“ der Fall war.
Somit scheint sich mit zunehmend kürzerer Ausgangsfaserlänge der pigmentbedingte
Faserbruch zu reduzieren und einem Minimum zu nähern. Lange Fasern brechen eher
im Verlauf der Verarbeitung bei angenommenem gleichen Schädigungsgrad als kurze.
Die Verluste an Faserlänge sind somit bei faserschädigender Pigmentierung umso
größer, je optimierter das Granulat- bzw. Verarbeitungssystem ist. Seine ganze
Tragweite zeigt diese Aussage bei der in Kapitel 6.4 dargestellten Untersuchung der
Pigmentierung von LFT.
Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass es sich bei der pigment-bedingten Faserschädigung und -längenreduzierung um zwei eng verknüpfte, aufeinander aufbauende und zeitlich nahezu parallel – also äußerst schnell – ablaufende Schädigungsmechanismen handelt, deren Auswirkungen auf den Verbundwerkstoff um so gravierender sind, je optimierter das System ausgelegt ist.
Die Effekte der Verbundeigenschaftsänderungen lassen sich nun in direkter Analogie zu
den mikroskopischen Faserabbauerscheinungen, wie Bild 53 zeigt, verstehen. Die
nachgewiesenen Reduzierungen der mechanischen Kennwerte werden hier am
Beispiel der Titandioxidpigmentierungen dargestellt und können wiederum in
verfahrens- und pigmentbedingte Verluste aufgespalten werden. Schon auf den ersten
Blick lassen sich die deutlichen Zusammenhänge der Analogie Faser-/Verbundeigen-
schaftsabbau erkennen. Rein verfahrensbedingt liegen die Werte der Zugfestigkeit um
14% und die der Schlagzähigkeit um 15% beim Vergleich der Verarbeitungsverfahren,
also der E+S-Verarbeitung gegenüber der Direktverarbeitung und unpigmentierter
Probe, tiefer. Die zweifache Verarbeitung zeigt so ihre Auswirkungen und verdeutlicht
die bekannte Bedeutung für die Mehrfachverarbeitung faserverstärkter Kunststoffe
bezüglich des Faserlängenabbaus. Kommt nun die pigmentbedingte Faserschädigung
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
105
und -längenreduzierung hinzu, so zeigen sich die deutlicheren Eigenschaftsverluste bei
der Direktverarbeitung. Im Falle der Rutilpigmentierung bei 1Gew.-% werden Redu-
zierungen um 17% (Zugfestigkeit) und 27% (Schlagzähigkeit) gegenüber der Referenz
verzeichnet. Die Auswirkungen der E+S-Verarbeitung fallen mit referenzbezogenen 12
und 21% vermeintlich geringer aus. Dies steht zunächst im Widerspruch mit den
referenzbezogenen Längenreduzierungen aus Bild 49, macht aber wieder Sinn, bezieht
man die Ausgangssituationen in die Überlegungen mit ein. Die Verbundeigenschaften
einer Probe, welche aus einem noch guten Ausgangsgranulat hergestellt wird und im
Verlauf ein bestimmtes Maß an Faserlängenreduktion erfährt, reagieren relativ gesehen
empfindlicher als solche, denen ein bereits vorgeschädigtes Granulat zu Grunde liegt.
Somit führt die zwar geringere Faserlängenreduktion der Direktverarbeitung
referenzbezogen aber zu höheren relativen Verlusten, als dies bei der E+S-
Verarbeitung der Fall ist.
100
120
140
160
Direktverarbeitung Extrusions- + Spritzgussverarbeitung
35
45
55
65
0,50% 1,00% 0,50% 1,00%
Anatas Rutil Natur
14%
11% 12%
11% 17%
σ S [M
Pa]
a T [k
J/m
2 ]
15%
16% 21%
18% 27%
r
Bild 53: Abbau derunterschieextrudiert
0,00%Natu
Zugfestigkeit und der Schlagzähigkeit bei Anatas und Rutilpigmentierung in dlichen Konzentrationen (PA6-GF30, Ausgangsgranulat direktverspritzt und + spritzgegossen)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
106
Als Kernaussagen des Verbundeigenschaftsabbaus lassen sich somit zusammen-
fassen:
• Bezüglich des pigmentbedingten Eigenschaftsabbaus liegt das Rutil, wohl auf Grund
seiner etwas höheren Mohsschen Härte, über dem des Anatas.
• Der Einfluss der Pigmentierungshöhe zeigt zwar noch Unterschiede auf, dennoch
kann man von nur geringer Verschärfung durch zunehmenden Pigmentierungsgrad
ausgehen.
• Die verfahrensbedingten Unterschiede sind deutlich erkennbar und finden ihre
Begründung in der ebenfalls rein verfahrensbedingten Faserlängenreduktion.
• Die Extrusions- + Spritzgussverarbeitung zeigt zwar referenzbezogen höhere
Faserlängenreduktionen gegenüber der Direktverarbeitung, die Auswirkungen auf
den Verbund stellen sich allerdings bei der Direktverarbeitung, auf Grund des
höheren Ausgangsniveaus, gravierender dar. Somit ist absolut gesehen zwar ein
Vorteil der Direktverarbeitung gegeben, dieser schmälert sich aber mit zunehmend
schädigender Pigmentierung, da dann die pigmentbedingten Abbauerscheinungen
deutlich überwiegen.
(Unterschied Zugfestigkeit und Schlagzähigkeit: D E+S, 1Gew.-% Rutil: <10%)
• Die Schlagzähigkeit zeigt sich bei Abbauerscheinungen immer stärker betroffen als
die Zugfestigkeit.
(Kennwertverluste: Schlagzähigkeit/Zugfestigkeit Faktor: 1,45 – 1,75
in Kapitel 6.2.2 „Rutil – Variation Gewichtsanteil“ sogar Faktor 2)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
107
6.2.4 Teilchengröße und -form
Im Rahmen dieser Untersuchungsreihe soll der Einfluss von unterschiedlichen
typischen Teilchengrößen und Pigmentformen bei Pigmentgruppen auf einen
spritzgegossenen, faserverstärkten Thermoplasten (PA6-GF30) ermittelt werden. Bei
der Verarbeitung wurde lediglich die Farbpigmentierung variiert. Schwerpunkte der
Untersuchung lagen auf der Fragestellung, inwiefern sich vor allem die Teilchengröße
der Pigmente auf die Faser- und Werkstoffeigenschaften auswirkt. Die Auswahl der zu
untersuchenden Pigmente ergab sich zum einen nach dem Gesichtspunkt der
Verfügbarkeit (eine Modifikation der Teilchengröße ist zwar im Labor möglich, aber
aufwendig), zum anderen kamen nur Pigmente in Frage, die zumindest vermutlich
faserschädigend sind, da unterschiedliche Einflüsse nur dann nachgewiesen werden
können. Die Bayer AG in Krefeld hat in ihrem Verkaufsbereich „Farbmittel“ standard-
mäßig Pigmente im Programm, deren Teilchengrößen sich bei gleichem Grundpigment
unterscheiden. Ein typischer Vertreter hierbei ist das Eisenoxidrot, welches in
Teilchengrößen von 0,1 bis 1,0µm angeboten wird. Bedingt durch die unterschiedliche
Größe und Form (Bayferrox 110M, 140M, 180M sind kugelförmig, Bayferrox 720M ist
nadelförmig) der Primärteilchen ändert sich das Absorptions- und Streuverhalten und
somit der Farbton. Da die Eisenoxidrotpigmente sich abrasiv gegenüber den
Verarbeitungswerkzeugen verhalten, ist auch mit einem Faserschädigungspotential zu
rechnen. Unter Berücksichtigung der Untersuchungen der Bayer AG (siehe Kapitel 5.8)
ist davon auszugehen, dass sich gröbere Teilchen abrasiver verhalten als feinere.
Bezüglich der Kerb- bzw. Furchungswirkung auf Glasfasern ist daher zu vermuten, dass
ein gröberes Korn wohl eher in der Lage ist, eine tiefere Kerbe/Furche zu schlagen als
ein feineres und dies somit zu einem stärkeren Faserfestigkeits-/Faserlängenabbau
führen würde. Dieser sollte sich dann auch in den Werkstoffeigenschaften
widerspiegeln. Mit Lichtgelb 3R und 6R stehen aus der Gruppe der Rutilmischphasen-
pigmente zwei Chromrutile mit ebenfalls unterschiedlicher mittlerer Teilchengröße zur
Verfügung, gleiches gilt für die Chromoxide GN-M und IR. Die fasereigenschafts-
schädigende Wirkung der beiden letztgenannten Pigmentgruppen, Chromoxide und
Chromrutile, konnte bereits in den vorangegangenen Messreihen aufgezeigt werden.
Die Pigmentierungshöhen richteten sich nach dem Standard der Volleinfärbung und
betrugen in allen Fällen 1Gew.-%. Näheres zur Charakterisierung der Pigmente ist
Tabelle 10 zu entnehmen.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
108
• Mikroskopische Kennwerte an den Fasern
3000
4000
5000
6000
250
300
350
400
0
5
10
15
20
Natu
r
Chromrut
il, gro
b
Chromrut
il, fei
n
Chromox
id, gr
ob
Chromox
id, fe
in
Eiseno
xid, n
adelf
.
Eiseno
xid, g
rob
Eiseno
xid, m
ittel
Eiseno
xid, fe
in
ChromoxidChromrutil Eisenoxid Referenz
σ3B
LV
_ L_ V [µm
]
σ 3B [M
Pa]
W.-M
odul
, m
Bild 54: Mittlere volumengewichtete Faserlängen, Bruchspannung (σ3B) und Modul der Einzel-fasern (PA6-GF30, Spritzgussverarbeitung, Volleinfärbung (1Gew.-%) mit Buntpig-menten unterschiedlicher Teilchengröße und -form, Soxhlet-Extraktion: Ameisensäure)
Zunächst ist zu erkennen, dass alle ausgewählten Pigmentierungen wie erwartet zu
einer Reduzierung der Einzelfaserbruchspannungen (σ3B) führen. Betrachtet man die
Unterschiede innerhalb der einzelnen Pigmentgruppen, so zeigt sich allerdings, dass
die Vorstellung, ein gröberes Teilchen führe zu einer stärkeren Faserschädigung, so
nicht bestätigt werden kann. Die Tendenz verhält sich gegenteilig, wie die Chromoxide
und Chromrutile deutlich zeigen. In beiden Fällen stellen sich die feineren Teilchen
faserschädigender dar als die gröberen (Chromrutil: 0,56µm / -22%, 0,85µm / -8%;
Chromoxid: 0,66µm / -21%, 2,58µm / -6%). Erklärungsansätze hierzu finden sich in der
abschließenden Diskussion. Die mittleren volumengewichteten Faserlängen ( VL )
spiegeln die Faserfestigkeiten deutlich wider, wenn auch der Wert des groben
Eisenoxids etwas zu tief liegt. Die Module der geschädigten Fasern liegen etwa
zwischen 5,5 und 11, wobei die feineren Eisenoxide die leicht höheren und damit
besseren Werte zeigen.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
109
• Makroskopische Kennwerte am Schulterstab
68
1012
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Natu
r
Chromrut
il, gro
b
Chromrut
il, fei
n
Chromox
id, gr
ob
Chromox
id, fe
in
Eiseno
xid, n
adelf
.
Eiseno
xid, g
rob
Eiseno
xid, m
ittel
Eiseno
xid, fe
in
0
1
2
3
4
Referenz Eisenoxid Chromrutil Chromoxid
σS
σB
EZ
εB
aT
E Z [G
Pa]
σ S, σ
B [M
Pa]
a T [k
J/m
2 ]
ε S, ε
B [%
]
εS
Bild 55: Gegenüberstellung der makroskopischen Kennwerte (PA6-GF30, Spritzgussverarbei-tung, Volleinfärbung (1Gew.-%) mit Buntpigmenten unterschiedlicher Teilchengröße und -form, Proben trocken, 23°C)
Die Ergebnisse der Zug- und Schlagbiegeversuche decken sich sehr gut mit den
mikroskopischen Faseruntersuchungen. Durch die Pigmentierungen nehmen die
Streckspannungen um 10-28%, die Streck- und Bruchdehnungen um 15-40% ab. Der
E-Modul reduziert sich um 2-5%, Ausnahmen bilden das feine Chromrutil und
Chromoxid mit Verlusten von über 10%. Die Energieaufnahme zeigt Einbußen mit
Werten von 15-37%.
• Zusammenfassung und Diskussion
Der Einfluss der Teilchengröße bei chemisch gleichen Pigmenten auf die Schädigungs-
mechanismen der Fasern sowie die Reduzierung der Werkstoffeigenschaften scheint
erheblich, so dass mit abnehmender Teilchengröße signifikantere Verluste vorliegen.
Gerade bei Chromoxid mit 2,58µm mittlerer Teilchengröße (grob) liegen alle Kennwerte
über denen des Chromoxids mit 0,66µm (fein), ebenso bei Chromrutil mit 0,85µm
gegenüber dem feineren mit 0,56µm. Hierbei liegt das Eigenschaftsniveau der
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau 110
Rutilmischphasenpigmentierungen wiederum unter denen der Chromoxide, welche
zwar die höhere Kornhärte aufweisen aber auch insgesamt gröber sind. Bei den
sphärischen Eisenoxiden kann kein einheitliches Bild festgestellt werden, da gerade die
feinste Pigmentausprägung bei den Prüfstabeigenschaften wieder anzieht.
Nachfolgende Tabelle listet die Prüfwerte als Basis der Diskussion zum Teilchen-
größeneffekt bei faserschädigender Pigmentierung auf.
Tabelle 16: Übersicht der Prüfwerte mit Angabe der prozentualen Abfälle (referenzbez.)
Nat
ur
Chr
omru
til, g
rob
Chr
omru
til, f
ein
Chr
omox
id, g
rob
Chr
omox
id, f
ein
Eise
noxi
d, n
adel
f.
Eise
noxi
d, g
rob
Eise
noxi
d, m
ittel
Eise
noxi
d, fe
in
D (v,0,5) [µm] – 0,85 0,56 2,58 0,66 0,48 0,98 0,54 0,27σ3B [MPa] 5658 5185 4387 5296 4491 5083 4510 4609 4384
Norm. Diff. [%] 0,0 -8,4 -22,5 -6,4 -20,6 -10,2 -20,3 -18,5 -22,5
.-Modul, m 17,3 7,8 6,6 6,7 5,5 8,5 6,5 10,8 7,5
[µm] 363,8 295,4 280,0 334,0 297,8 297,0 259,8 287,9 267,7-
WLV
Norm. Diff. [%] 0,0 -18,8 -23,1 -8,2 -18,1 -18,4 -28,6 -20,9 -26,4
σS [MPa] 160,0 129,8 121,8 143,5 135,1 141,0 132,2 115,6 135,6
Norm. Diff. [%] 0,0 -18,9 -23,9 -10,3 -15,6 -11,9 -17,4 -27,7 -15,3
εS [%] 2,8 1,9 1,8 2,3 2,1 2,4 1,9 1,7 2,8
Norm. Diff. [%] 0,0 -31,4 -36,8 -18,2 -25,7 -15,7 -33,6 -40,4 -1,4
σB [MPa] 159,9 129,8 121,8 143,5 135,0 140,8 132,2 115,6 135,4
Norm. Diff. [%] 0,0 -18,8 -23,9 -10,3 -15,6 -11,9 -17,4 -27,7 -15,3
εB [%] 2,8 1,9 1,8 2,3 2,1 2,4 1,9 1,7 2,8
Norm. Diff. [%] 0,0 -31,4 -36,8 -17,9 -25,7 -15,0 -33,2 -40,4 -1,4
EZ [GPa] 9,1 8,8 8,1 9,5 7,6 8,9 9,0 9,0 8,7
Norm. Diff. [%] 0,0 -3,7 -11,0 3,9 -16,9 -2,9 -2,0 -1,6 -5,3
aT [kJ/m2] 75,7 48,0 49,0 64,6 49,7 60,3 54,8 49,0 56,4
Norm. Diff. [%] 0,0 -36,6 -35,2 -14,8 -34,4 -20,3 -27,7 -35,3 -25,6
Die ursprüngliche Überlegung, die sich an der Abrasivität der Pigmente orientierte – ein
gröberes Korn führe zu einem höheren Abrasionsabtrag und somit höherer
Faserschädigung –, kann ohne weitere Spezifizierung so nicht übernommen werden.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
111
Zwar zeigt nachfolgender Schadensbildvergleich den flächigeren und vermeintlich
höheren Abtrag des Chromoxids gegenüber den schmalen, tiefen Furchen des Rutils,
die ausschlaggebende Rolle bezüglich der Festigkeitsreduzierung der Fasern spielt
aber eher die Tiefe und Form der erzeugten Kerben. Weiterhin ist gegenüber der Masse
des Abtrages vielmehr die Häufigkeit und die statistische Verteilung der Schadstellen
von Relevanz.
Titandioxid (Rutil)
(Pigmentierung: 1,0%) Mohssche Härte: 6,5 Teilchengröße: 0,3µm
Chromoxid (Pigmentierung: 1,0%) Mohssche Härte: 8,5
Teilchengröße: 0,66µm
Bild 56: Faserschädigungen durch Pigmente unterschiedlicher Teilchengröße
Bezieht man noch die Reihe der Eisenoxide in die Überlegungen mit ein, so befindet
sich ein nadelförmiges Pigment darunter, dessen erzeugter Fasereigenschaftsabbau
unter der der sphärischen Pigmente liegt. Hier wird der Einfluss der Kornform deutlich.
Somit ergeben sich die folgenden Erklärungsansätze:
1. Hertz’sche Pressung erzeugt bei kleineren Teilchen einen höheren Flächendruck
und damit tiefere und schärfere Kerben,
2. die Kornform und damit auch deren Oberflächentopographie (Kantenschärfe)
spielen eine entscheidende Rolle,
3. bei gleicher gewichtsbezogener Pigmentierung stehen mit geringer werdendem
mittleren Teilchendurchmesser zunehmend mehr abrasive und damit aggressive
Partikel zu Interaktionen zur Verfügung (Anzahl der Defekte) und
4. mit Punkt 3 eng verknüpft, ergibt sich auch die zunehmende Wahrscheinlichkeit
statistisch gleichmäßig verteilter Schadstellen pro Bezugslänge (Verteilung der
Defekte).
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
112
Zu 1: Nach dem Modell der Hertz’schen Pressung vermag ein kleineres Korn auf Grund
der geringeren Berührfläche und dem damit verbundenen höheren Flächendruck tiefer
in das Material einzudringen als ein gröberes.
21
32
2
Hrrr
1 mit rEF 0,388 - p 11
+=⋅
⋅= 32
H r1 - ~
p
3
4
5
Bild 57: Modell der Hertz’schen Pressu
Diese Annahme gilt allerdings
Anpresskraft, welche sich hier aus
keitsdifferenzen ergibt. Da die Mass
aber unterschiedlich sind, kommt
zwischen der betrachteten Faser un
der Schnecke beziehungsweise ein
Granulatkörnern zum Tragen. Hier g
Zu 2: Die Kornform, vielmehr di
entscheidende, wenn hier auch nur
scharfe Kanten verfügt, ist sicherlich
Faser einzudringen als ein ideal ve
wesentlich kleineren Radius bes
Teilchendurchmesser. Im Detail ko
Dass die als sphärisch bezeichnete
nachfolgende REM-Aufnahmen zwe
Es ist eher eine kartoffelartige, kanti
zu sehen, wobei man diese Kanten
Schleifpartikeln vergleichen kann. Ü
32
1
0
1
2
0 0,05 0,1 0,15 0,2r1/r2
r
2/1 rr
ng [137]
nur unter der Bedingu
der Masse der Teilche
en der betrachteten, vers
dieser Effekt nur bei Kl
d den Wandungen der Ve
er anderen Faser oder n
ehen die Kräfte von den
e Oberflächentopograph
qualitativ erfassbare Ro
abrasiver und vermag e
rrundetes Teilchen, da di
itzt als der entsprech
mmt die Hertz’sche Pre
n Farbpartikel über solch
ier Rutilmischphasenpigm
ge Form gegenüber der a
, gepaart mit der hohen
ber den Radius dieser T
ng einer vergleichbaren
n und den Geschwindig-
chieden großen Pigmente
emmungen des Pigments
rarbeitungsmaschine oder
och unaufgeschmolzenen
„Klemmpartnern“ aus.
ie, spielt sicherlich eine
lle. Ein Teilchen, das über
s somit auch eher, in eine
ese Kante wiederum einen
ende pigmentspezifische
ssung doch zum Tragen.
e Kanten verfügen, zeigen
ente in Bild 58.
ls sphärisch angegebenen
Eigenhärte, durchaus mit
eilchenkanten und zu der
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
113
Frage, ob dieser Radius im Kerbgrund der Faserverletzung vorliegt, kann an dieser
Stelle allerdings keine nähere Aussage getroffen werden.
Rutil (mittlere Teilchengröße: D = 0,30µm)
Chromtitan (mittlere Teilchengröße: D = 0,906µm)
Nickeltitan (mittlere Teilchengröße: D = 1,57µm)
Bild 58: Topographische Aufnahmen von Rutil, Chrom- und Nickeltitan (REM)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
114
Zu 3 und 4: Unter der Voraussetzung gleicher Massenanteile und Dichten der unter-
schiedlich großen Farbpartikel lässt sich leicht der Zusammenhang, dass die
Teilchenanzahl in der dritten Potenz mit dem Verhältnis der Teilchendurchmesser steigt
( n2 = n1(D1/D2)3 ), folgern. Ein halbierter Durchmesser entspricht also der achtfachen
Teilchenzahl bei gleicher Masse bzw. Volumen. Am Beispiel der beiden Chromoxide mit
Teilchengrößen von 2,58µm zu 0,66µm ergibt sich demnach eine um Faktor 60 höhere
Teilchenanzahl. In gleichem Maße erhöhen sich natürlich auch die Interaktionsmöglich-
keiten von Pigment und Faser mit der Folge einer deutlich höheren Anzahl von
Oberflächendefekten pro Bezugslänge. Die Schadstellen erreichen somit eine höhere
Dichte bei gleichzeitig besserer Verteilung, wodurch die Wahrscheinlichkeit, einen
bruchrelevanten Defekt innerhalb der Bezugslänge zu finden, steigt. Wird die kritische
Faserlänge des Systems Faser/Matrix als Bezugslänge genommen, so steigt mit dritter
Potenz des Durchmesserverhältnisses ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, dass dieser
Defekt in etwa mittig liegt. Die Folge ist eine Abnahme der Faserfestigkeit und damit der
Verbundfestigkeit bis zu genau der Festigkeit, bei der alle Fasern mittig, also im Bereich
der höchsten Zugspannung, bruchrelevant gekerbt sind.
Zwei Dinge müssen berücksichtigt werden: Zum einen werden die Kerben mit
abnehmendem Teilchendurchmesser im Kerbgrund nicht schärfer (die Grenze ist
hierbei die Kantenschärfe des Teilchens), zum anderen nimmt natürlich auch die
Kerbtiefe mit sinkendem Durchmesser (außer im Falle des ersten Erklärungsansatzes
bei Klemmung) ab. Beides sind bruchrelevante Kriterien, zieht man die Überlegungen
der Kerbspannungslehre heran. Würde man den Gedanken zu Ende spielen, befände
man sich schließlich bei dem Vorgang des Polierens.
Somit können wir aus den Erklärungsansätzen folgern:
• Selbst bei großen Pigmentteilchen und geringsten Konzentrationen befinden sich
ausreichend und gleichmäßig verteilte Defekte auf der Faseroberfläche pro
Bezugslänge.
• Mit steigender Konzentration und/oder abnehmendem Durchmesser erhöht sich nur
noch die Defekthäufigkeit und die Wahrscheinlichkeit – bruchrelevant gesehen –,
schwere Defekte entlang der Bezugslänge mittig zu finden.
Dies erklärt auch den Effekt der hohen Einbußen bei nur geringsten Konzentrationen
und die nachfolgend nur noch geringe Eigenschaftsabnahme, also der logarithmische
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
115
Regressionsverlauf bei der Konzentrationsreihe (z. B. „Rutil –Variation Gewichtsanteil“
in Kapitel 6.2.2).
Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Die unter dem Gesichtspunkt der Kornhärte ausgewählten Pigmentierungen zeigen
sich erwartungsgemäß faser- und verbundeigenschaftsschädigend. Eine ausrei-
chende Härte bleibt also nach wie vor das grundlegend notwendige Kriterium.
• Die Faserfestigkeits-, die Faserlängen- und die späteren Werkstoffeigenschaften
weisen mit Abnahme der Pigmentteilchengröße auch verstärkt abnehmende
Eigenschaften auf.
• Die schon in der Messreihe „Bunt“-pigmente (Kapitel 0) getroffene Feststellung, die
Kornhärte stelle zwar eine unabdingbare Forderung dar, ihre Zunahme führe
allerdings nicht zu einer Verschärfung des Schädigungsmechanismus, findet hier
eine Bestätigung, zumindest überwiegt der Teilchengrößeneffekt.
• Die ursprüngliche Überlegung, die sich an der Abrasivität der Pigmente orientierte
– ein gröberes Korn führe zu einem höheren Abrasionsabtrag und somit höherer
Faserschädigung –, kann ohne Spezifizierung so nicht übernommen werden. Es
ergibt sich vielmehr ein Wirkzusammenhang zwischen Kantenradius der Partikel und
der Anzahl vorhandener aggressiver Teilchen.
Im Grunde gesehen ist die Variation der Teilchendurchmesser eine abgewandelte
Variante der Konzentrationsuntersuchung, abgesehen von den Überlegungen zur
Hertz’schen Pressung.
Als faserschädigend haben sich vor allem Pigmente herauskristallisiert, deren Härte
größer oder gleich der des Fasermaterials ist. Nimmt die Härte zu, ist dies nicht mit
einer Zunahme der Faserschädigung verbunden, während die Teilchengröße und
Kornform eine ausschlaggebende Rolle einnehmen, da mit abnehmendem Teilchen-
durchmesser die Faserbruchspannung sinkt. In Bild 59 werden abschließend die
referenzbezogenen (Rest-)Faserfestigkeiten nach Einfärbung über der Mohsschen
Härte aufgetragen. Hierbei wird nicht nach der Art der Verarbeitung unterschieden, so
dass mit einem Streubereich gerechnet werden muss. Angaben zu den verwendeten
Pigmenten sowie der Verarbeitung, die zu der Einstufung führten, finden sich in den
einzelnen vorgenannten Messreihen. Das anorganische Bismutvanadat und die
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
Bei der Zugfestigkeitsbetrachtung einer einzelnen Glasfaser kann man bei ungeschä-
digter Ware von einer homogenen Normalspannungsverteilung (σn) [138] mit:
116
Litopone sowie das organische Cu-Phthalocyanin und Furnaceruß sind als faser-
unschädigend zu betrachten und hier nicht dargestellt.
50%
60%
70%
80%
90%
100%
2 3 4 5 6 7 8 9Mohssche Härte
Fase
rfes
tigke
it, n
orm
iert
Chromrutil, grobChromoxid, feinChromoxid, grobEisenoxid, fein Eisenoxid, mittelEisenoxid, grobEisenoxid, nadelf.RutilNickeltitanChromtitanSpinellChromoxidgrünRutilAnatasZnSBaSChromrutil, fein
schädigendunschädigendRutil
unbehandelt
behandelt
BaSO4
ZnS
ChromtitanChromoxid
Chromoxid
Spinell
Nickeltitan
ChromtitanAnatas
Eisenoxid,sphärisch
Eisenoxidnadelförmig
0,85µm
0,56µm
2,58µm
0,66µm
0,3µm
0,3µm
Glas
Bild 59: Normierte Faserfestigkeiten (referenzbezogen) von E-Glasfasern nach Volleinfärbung
(1Gew.-%) und Verarbeitung durch Extrusion und/oder Spritzguss (PA6-GF30)
6.3 Einfluss pigmentbedingter Kerben auf die statistischen Festigkeitseigen-schaften der Glasfaser
2
4
Fn d
Fπ
σ = Normalspannung bei Zugbelastung (Gleichung 53)
über dem Querschnitt ausgehen (Spannungsüberhöhungen durch Volumendefekte
werden hier vernachlässigt). Entstehen nun Verletzungen an der Faseroberfläche in
Form von Furchungen und Kerben (keine Risse), so stellen sich Kerbspannungs-
zustände mit ausgeprägten Spannungsspitzen ein. Unter Berücksichtigung eines linear-
elastischen Materialverhaltens können diese Spannungsspitzen im Kerbgrund mit
Formzahlen (αk) beschrieben werden. Die (Spannungs-)Formzahl stellt hierbei das Ver-
hältnis der maximal auftretenden Spannungsspitze (σmax) zur Normalspannung (σn) dar.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
117
nk σ
σα max=
Kerbformzahl (Gleichung 54)
Formzahlen für unterschiedlichste Kerbspannungs- und Belastungszustände können
Tabellenwerken der Literatur z. B. [139] als Formzahldiagramme entnommen werden.
In der Anwendung unterscheidet man nach duktilem und sprödem Werkstoffverhalten,
da sich bei duktilen Werkstoffen ein Fließen im Kerbgrund (plastische Zone) einstellt
und somit die Tragfähigkeit steigt. Bei spröden Werkstoffen ergibt sich kein Fließen,
sondern eine Bruchbedingung mit:
knmkR
ασ
σ max== Bruchbedingung spröder Werkstoffe (Gleichung 55)
In einer orientierenden Abschätzung soll anhand der Kerbspannungslehre der durch
pigmentbedingte Kerben an der Faseroberfläche erzeugte Faserfestigkeitsverlust
betrachtet werden. Die Kerben und deren Orientierung zur Belastungsrichtung werden
dabei als statistisch homogen verteilt angenommen. Die geometrischen Daten zur
Bestimmung der Formzahl lassen sich im ersten Schritt aus REM-Aufnahmen ermitteln.
Die Schwierigkeit liegt hierbei in der Abschätzung des Radiuses im Kerbgrund. Da die
Tiefe der Kerben, relativ zum Faserdurchmesser, gering sind, bestimmt vor allem der
Kerbgrundradius die Formzahl. Im Falle eines ideal sphärischen Teilchens läge dieser
bei der Hälfte des Teilchendurchmessers. Bei dem in Bild 60 betrachteten Rutil, mit
einer mittleren Teilchengröße von 0,3µm, würde man bei angenommener halber
Eindringtiefe somit Formzahlen um 2,4 aus Bild 62 ablesen. Unter Beachtung der
Teilchenform und Topographie – die Primärteilchen sind eher kartoffelförmig und
weisen scharfe Kanten auf, deren Radien wesentlich kleiner sind als der halbe
Teilchendurchmesser (siehe Bild 58 in Kapitel 6.2.4) – kann man aber auch weit höhere
Formzahlen annehmen, wenn man von einer Kerbgeometrie als Negativform des
Teilchens bzw. dessen Kante ausgeht. Diese Formzahlen gelten unter der Annahme
einer umlaufenden Kerbe die allerdings nicht gegeben ist. Im Betrachtungsfall der
Faserschädigung durch Rutil werden Minderfestigkeitsfaktoren bis 1,7 im Biegeversuch
gemessen und Faktoren um 2 bei entsprechender Zugbelastung berechnet (siehe
hierzu Kapitel 4.4.4). Es ist daher davon auszugehen, dass zum einen lokal auf die
Kerbe beschränkt hohe Formzahlen vorliegen, diese dann aber nur lokal begrenzt
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
118
(Kerblänge) zu einer Spannungsüberhöhung führen. Beide Effekte zusammen können
dennoch die Minderfestigkeit der Faser erklären.
Charakterisierung der Kerben:
Kerblänge: Kerbbreite: Faser-durchmesser:reduzierter Durchmesser:Kerbtiefe: Kerbradius:
D(F) d
(D(F)-d)/2
ƍ
0,4 bis 3µm 0,1 bis 0,7µm 10µm 0,1 bis 0,3µm 0,1 bis 0,35µm
Bild 60: Oberflächengeschädigte Glasfaser (REM, Pigmentierung: 10Gew.-% Rutil) [77]
11,5
22,5
33,5
44,5
55,5
66,5
77,5
0 0
Form
zahl
D/d = 1,01
D/d = 1,02
D/d = 1,03
Bild 61: Formzahldiagramm, gekerbter Rundstab, Zugbelastung [139]
Bild 62: Ausschnitt agerechnet n
Bei diesen Betrachtungen wurde ein eventueller, herstellun
nungszustand der Fasern nicht berücksichtigt. Die Meinungen
von Druckeigenspannungen an der Faseroberfläche differier
Literaturrecherche den Kenntnisstand über Glasfasern zusam
tiefer
r
schärfe,0 0,02 0,03
ua
d
g
ü
en
1ƍ /
q/ds Formzahldiagramm, ch [138]
sbedingter Eigenspan-
ber das Vorhandensein
. Gupta fasst in einer
men. Demnach gibt es
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
119
„...keinen experimentellen Beweis für die Anwesenheit verbleibender Spannungen in
dünnen Glasfasern (Durchmesser < 20µm). Darüber hinaus zeigen alle theoretischen
Schätzungen, dass diese Spannungen in Fasern wegen den äußerst kleinen
Durchmessern vernachlässigbar sind, trotz der hohen Abkühlrate“ [140].
6.4 Pigmentierung von LFT
Im Jahr 1998 wurden europaweit 35.000 t langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT)(2) mit
einer jährlichen Wachstumsrate von 15% (Zeitraum 1995-99) vorwiegend im Fahrzeug-
bau eingesetzt. Deutschland dominiert im europäischen LFT - Markt mit ~45%.
Grundsätzlich kann man LFT - Werkstoffe, neben der Einteilung nach Herstellverfahren,
anhand der jeweils im Bauteil erreichbaren Faserlänge (Bild 63) einordnen. Die erreich-
baren Faserlängenverteilungen im Bauteil hängen dabei in hohem Maße von den
eingesetzten Verarbeitungsparametern sowie den geometrischen Randbedingungen
(z. B. Werkzeuggeometrie) ab.
Bild 63: Vorschlag zur Klassifizierung thermoplast. Faserverbund-Kunststoff-Systeme [141]
Die Langfaserverstärkung führt zu einer deutlichen Erhöhung der Zähigkeit gegenüber
kurzfaserverstärkten Spritzgusstypen. Zur mikromechanischen Beschreibung der
Schlagzähigkeit bestehen unterschiedliche Modellvorstellungen, die die Energiedis-
sipation beim Faserauszug berücksichtigen, bzw. den Vorgängen beim Faserbruch die
(2) Die Europäische Norm [142] verwendet die Bezeichnung „Verstärkte Thermoplast-Formmassen – GMT“. Parallel wird für die Werkstoffgruppe der Begriff „Langfaserverstärkte Thermoplaste – LFT“ eingesetzt. Letzterer wird im Rahmen dieser Arbeit verwandt.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
120
wesentliche Energiedissipation zuordnen [22, 24, 38, 42, 43].
Zum Recycling und Recyklateinsatz bei LFT liegen eine Reihe von qualifizierten
Untersuchungen vor [143-147]. Eine umfassende Darstellung des gesamten Gebiets
findet sich in den Arbeiten von Mattus [148, 149].
In Kapitel 6.2.2 konnten an kurzglasverstärktem Polyamid (PA6-GF30, SFT), in
unterschiedlichen Rutilkonzentrationen eingefärbt, der signifikante Faserfestigkeits-
abbau sowie die Veränderung der Werkstoffkennwerte nachgewiesen werden. In
Analogie wird im Folgenden die Pigmentierung eines langfaserverstärkten Polypropylen
(PP-GF30, LFT) mit Rutil des gleichen Herstellers und 10mm Ausgangsfaserlänge
– entspricht der Länge des pultrudierten Granulats – vorgestellt.
In der Vergangenheit wurde vor allem der Einfluss der Verarbeitung z. B. von Oelgarth
[150, 151] und der Faser/Matrix-Haftung auf das mechanische Verhalten von LFT
beschrieben. Eine Reduktion der Faserfestigkeit und -länge durch Pigmentierung ist
nicht dargestellt, würde sich aber intensiv auf den Abbau der LFT – Werkstoffeigen-
schaften auswirken. Der aktuelle Kenntnisstand auf dem Gebiet LFT wurde z. B. auf der
Tagung „Langfaserverstärkte Thermoplaste im Automobilbau“ präsentiert [152].
• Probenmaterialien und Verarbeitungsbedingungen
Das Polypropylen wurde in steigenden Gewichtsprozenten von 0,01 bis 1Gew.-% mit
Rutil als einzig veränderter Variablen während der Pultrusion in den angegebenen
Konzentrationen additiviert und Proben nach DIN EN ISO 527, Typ 1A spritzgegossen.
Anteil an Titandioxid Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,5% 0,75% 1,00%
Zum Vergleich werden alle Ergebnisse einer uneingefärbten Referenzprobe (Natur)
gegenübergestellt. Für die Fasereigenschaftsuntersuchungen wurden die Fasern aus
dem Matrixwerkstoff Polypropylen mittels Xylol bei einer Temperatur von 140°C im
Extraktionsverfahren (Soxhlet-Extraktion) herausgelöst und anschließend bei 70°C
unter Normdruckbedingungen rückgetrocknet. Bei Kontrolluntersuchungen am Roving
waren keine Faserschädigungen durch die Präparation nachweisbar.
Die durchgeführten Untersuchungen und deren Bedingungen entsprechen denen der
Messreihe „Rutil – Variation Gewichtsanteil“ (Kapitel 6.2.2). Zunächst werden die
Kennwerte der Verstärkungsfasern, dann die der Probestäbe dargestellt.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
121
• Instrumentierter Dreipunktmikrobiegeversuch an Einzelfasern
63865703
42003661 3333 3370 3290
0
1500
3000
4500
6000
Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,50% 0,75% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
0
25
50
75
100
Fase
rbru
chsp
annu
ng [%
]
Faserbruchspannung [MPa]norm. Faserbruchspannung
Bild 64: Bruchspannung σ3B der Einzelfasern (PP-GF30, LFT), Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion: Xylol)
Es zeigt sich, dass die Einzelfaserfestigkeit durch das Farbpigment mit zunehmender
Konzentration stark reduziert wird. Schon die geringe Zugabe von nur 0,01Gew.-% Rutil
erzeugt einen Festigkeitsverlust der Einzelfaser um 11%, bei 0,1Gew.-% um 34%. Im
Bereich von 0,25Gew.-% bis zur Volleinfärbung mit 1Gew.-% Rutil, ergibt sich eine
weitere Reduzierung auf dann nur noch die Hälfte des Ausgangswertes der Referenz.
Somit wird bei der Zugabe von nur 0,1Gew.-% Rutil bereits etwa 2/3 des Schädigungs-
potentials der Volleinfärbung erreicht.
• Faserlängenanalyse
Dieser Schädigungsprozess an den Faseroberflächen findet sich dann auch in den
Faserlängenverteilungen. Hierbei werden aus Übersichtsgründen zunächst nur die
Faserlängenverteilungen der Proben in dekadischen Sprüngen gegenübergestellt. Die
durch Zugabe des Pigments geschwächten Fasern brechen früher und häufiger,
wodurch bereits bei der geringsten Konzentration von 0,01Gew.-% der Anteil der langen
Fasern schon nahezu vollständig verloren ist. Mit zunehmender Konzentration steigt
dann der volumengewichtete Kurzfaseranteil immer mehr an und die Verteilung wird
schlanker. Schon nach 0,1Gew.-% wurden nur noch wenige Fasern über 2mm
gefunden. Die Faserlängenverteilung bei 0,1Gew.-% gleicht der bei 1Gew.-%, somit ist
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
122
mit nur einem Zehntel der Volleinfärbung nahezu der Endschädigungsgrad bezüglich
des Faserbruchs erreicht.
0
10
20
300
400
800
1200
1600
2000
2400
2800
3200
3600
4000
4400
4800
5200
5600
6000
6400
Faserlänge Li [µm]
Häu
figke
it h N
i [%
]
Natur 0,01% 0,10% 1,00%
Bild 65: Volumengewichtete Häufigkeitsverteilungen hVi (PP-GF30, LFT), Spritzgussverarbei-tung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion: Xylol)
Ausgehend von unterschiedlichen Faserbruchspannungen errechnet sich eine kritische
Faserlänge von 1,5mm bei ungeschädigter Faser (σF, nominal = 3000MPa) bzw. 0,76mm
und geschädigter Faser (σF, nominal = 1500MPa, mit: dF, nominal = 18 µm, τGr = 18MPa).
Somit ergeben sich die beiden Überschreitungshäufigkeiten als Grenzkurven in Bild 66.
0
500
1000
1500
2000
-0,05% 0,10% 0,
75
100
Natur
_ ]
L_ V [µm
]
Bild 66: Mittlere volumengew. SpritzgussverarbeitungExtraktion: Xylol)
1-HV, lkrit = 0,76mm
25% 0,40% 0,55%
Gew.-Anteil an Tita
50LV
1-H
V [%
Faserlängen und Übe, mit Rutil in steigen
1-HV, lkrit = 1,5mm
0,70% 0,85% 1,00%
ndioxid
0
25
rschreitungshäufigkeiten (PP-GF30, LFT), der Konzentration pigmentiert, Soxhlet-
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
123
Je nach betrachtetem Schädigungsgrad würden sich die Überschreitungshäufigkeiten
absolut um 25% aber relativ betrachtet sogar um die Hälfte unterscheiden. Während bei
der Referenz, also uneingefärbtem Werkstoff mit einer mittleren volumengewichteten
Faserlänge von 1,77mm, noch nahezu 70% der Fasern eine Länge über 1mm
aufweisen, ist bereits bei 0,1Gew.-% Rutilbeimischung die mittlere Faserlänge auf
0,81mm und der Volumenanteil der Überschreitungshäufigkeit (ungeschädigte Faser)
über 1,5mm auf nur noch 21% abgesunken. Höhere Pigmentierungsgrade zeigen nur
noch geringe Veränderungen.
• Zugversuch nach DIN EN ISO 527, Typ 1A
Der Verbundwerkstoff spiegelt den Fasereigenschaftsabbau wider. Die spritzge-
gossenen Schulterstäbe verlieren bereits bei 0,01Gew.-% Anteil an Titandioxid 16,5%,
bei 0,1% nahezu 22% der Zugfestigkeit gegenüber dem uneingefärbten Material, bei
Volleinfärbung sogar bis zu 27%. Die Festigkeit des Werkstoffs verliert durch
Rutilpigmentierung also etwa ein Viertel ihres eigentlichen Potentials. Die Streck- und
Bruchdehnungen verlaufen analog und zeigen 10% Sofortabfall, der im Verlauf nur
noch wenig abnimmt. Der E-Modul weist tendenziell Verluste um die 4% auf, die
Reißenergie, und damit das Arbeitsaufnahmevermögen, fällt zunächst um 22% bis hin
zu 45% als Folge der verminderten Festigkeit und Dehnung des Werkstoffs ab.
Stre
ck- u
. Bru
chsp
annu
ng σ
S, σ B
[MPa
]
0
30
60
90
120
-0,05% 0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
0
2
4
6
8
Natur
Zug-
E-M
odul
EZ [
GPa
] D
ehnu
ng ε
S, ε B
[%]
Vol.s
pez.
Rei
ßene
rgie
WR [N
/mm
2 ] σS
σB
εS
εB
WR
EZ
Bild 67: Kennwerte des Zugversuchs nach ISO 527 (PP-GF30, LFT), Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Proben trocken, 23°C)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
124
Deutlicher werden die Verluste durch die auf die unpigmentierte Probe normiert-
bezogenen Kennwerte in Bild 68. Der Verlauf über der Pigmentkonzentration kann sehr
gut über eine logarithmische Funktion beschrieben werden.
Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Werte der Bruchdehnung im Trend 5%
weniger stark abnehmen als die der dargestellten Streckdehnung. Der Verlauf der
Bruchspannung ist, bis auf weniger als 2%, gleich dem der Streckspannung.
50
60
70
80
90
100
-0,05%
Streckspannung Streckdehnung E-Modul spez. Reißenergie
Natu
t
Stre
cksp
annu
ng σ
S [%
] Zu
g-E-
Mod
ul E
Z [%
] D
ehnu
ng ε
S [%
] Vo
l.spe
z. R
eiße
nerg
ie W
R [%
]
Bild 68: Auf die unpigm(PP-GF30, LFTtiert, Proben tro
• Schlagzähigkeit na
Die Schlagzähigkeit (B
stärkeren Einbruch sc
nimmt sie mit zuneh
Betrachtung der Reiß
nahme bei einachsig
Schlagbeanspruchung
Bereits kleinste Meng
von 41% als Folge de
bis zur Volleinfärbung
Werte auf „Natur“ normier
0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxidr
entierte Probe normierte Kennwerte des Zugversuchs nach ISO 527 ), Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmen-cken, 23°C)
ch Charpy, DIN ISO 179-2,1eU
ild 69) zeigt gegenüber den Kennwerten des Zugversuchs einen
hon bei minimaler Zugabe von 0,01Gew.-% Titandioxid, danach
mendem Pigmentgehalt nur noch schwach ab. Wie sich bei
energie schon abgezeichnet hat, zeigen also die Energieauf-
er, quasistatischer Belastung und hier der Zähigkeitswert bei
ein besonders drastisches Ansprechen auf die Pigmentierung.
en eines faserschädigenden Pigments führen zu einem Verlust
r Faserverkürzung und -schwächung. Dieser erreicht im Verlauf
die 50%-Marke.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
125
56,0
37,832,7 30,4 30,6 28,1 28,3
0
15
30
45
60
Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,50% 0,75% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Schl
agzä
higk
eit [
kJ/m
²]
0
25
50
75
100
Schl
agzä
higk
eit [
%]
Schlagzähigkeit [kJ/m²]
norm. Schlagzähigkeit
Bild 69: Schlagzähigkeit nach Charpy (DIN ISO 179-2/1eU, PP-GF30, LFT), Spritzgussverar-beitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Proben trocken, 23°C)
• Zusammenfassung und Diskussion
In Bild 70 sind die wichtigsten mikroskopischen (oben) und makroskopischen (unten)
Ergebnisse auf die Referenz (Natur) normiert zusammengefasst. Man erkennt sehr
deutlich die Analogie zwischen Faserschwächung und -verkürzung, sowie den
mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs. Ein nahezu gleiches Ergebnis brachte
bereits die Untersuchung an pigmentiertem Kurzfaserspritzguss in Kapitel 6.2.2, Bild 37
bei gleichem Pigment und leicht unterschiedlicher Konzentrationsabstufung. Das hier
untersuchte langfaserverstärkte Polypropylen verzeichnet stärkere Einbußen in den
einzelnen Bereichen. Sowohl die Faserbruchspannungen als auch die Energiewerte
gehen im Vergleich noch stärker zurück. Die Kennwerte im Zugversuch verlieren etwa
ein Viertel, die der Reißenergie und Schlagzähigkeitsuntersuchung die Hälfte ihres
ursprünglichen Potentials. Bedenkt man nun, dass die nicht optimierte Verarbeitung auf
der Laborspritzgussmaschine den Referenzwert drückt, ist von höheren relativen
Verlusten gerade bei der Zähigkeit und optimaler Verarbeitung auszugehen.
Langfaserverstärkte Granulate verbinden die Vorteile der rationellen Verarbeitung im
Spritzguss mit den Eigenschaftsverbesserungen durch die langen Verstärkungsfasern.
Dies führt vor allem zu schadenstoleranterem Verhalten des Bauteils bei Stoß und
dynamischer Beanspruchung. Gerade bei LFT sind genügend lange Fasern die
Grundvoraussetzung für die gewünschten Eigenschaftsverbesserungen. Diese über die
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
126
Verarbeitung hinweg möglichst zu erhalten, war in den letzten Jahren das vorwiegende
Ziel. Wird nun die Faserfestigkeit während des Verarbeitungsprozesses signifikant
reduziert, wie dies hier bei der Rutilpigmentierung geschieht, kommt es zu über-
mäßigem Faserbruch, so dass die Grundvoraussetzung der mehrfach überkritisch
langen Fasern nicht mehr erfüllt werden kann. Der hochwertige Werkstoff fällt auf die
Werte eines mehr oder minder besseren kurzglasverstärkten Verbunds ab.
25
50
75
100
LV
_
σ3B,B
Ken
nwer
te a
uf R
efer
enz
norm
iert
[%]
40
50
60
70
80
90
100
-0,05% 0,10% 0,25% 0,40% 0,55% 0,70% 0,85% 1,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Natur
EZ
σS, εSεB
WR
aT
Bild 70: Mikro- und makroskopische Kennwerte im normierten Vergleich (PP-GF30 (LFT), Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert)
Da faserschonende Verarbeitungsparameter nur noch schwer optimiert werden können
und zudem eine genügend gute Dispergierung bei der Einfärbung gefordert ist, gilt es,
die Zusammenhänge zu erfassen und an geeigneter Stelle zu verbessern. Das größte
Potential liegt hier kurzfristig nur in der richtigen Auswahl geeigneter Farbmittel. Hierfür
ist es wiederum notwendig, ein Verständnis der Zusammenhänge aufzubauen und
dieses Wissen umzusetzen. Kompromisse werden bei der Farbmittelauswahl
unumgänglich, aber der lange Weg der Einsicht, dass es eben so nicht geht, und die
Suche nach den Gründen und Ursachen, können reduziert werden.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
127
6.5 Pigmentierung von kohlenstofffaserverstärktem SFT
Die Kohlenstofffasern gehören wegen ihrer hohen Steifigkeit und Festigkeit bei
vergleichsweise niedrigem spezifischen Gewicht zu den herausragendsten
Verstärkungsfasern. Das elementare Strukturelement ist die Graphitschicht mit ihren
starken kovalenten Bindungen in Faserrichtung und den schwächeren van der
Waals’schen Bindungen quer hierzu. Die Steifigkeiten stehen dabei in einem
anisotropen Verhältnis von 28 (Bild 71). In Faserrichtung weisen sie also eine hohe
Steifigkeit und Festigkeit auf, sind aber quer dazu sehr scherempfindlich.
Bild 71: Gitteraufbau des Kohlenstoffeinkristalls [153]
Ausgangsmaterial heutiger Kohlenstofffasern sind überwiegend Polyacrylnitrilfasern
(PAN), die einen Stabilisierungs- und anschließenden Karbonisierungsprozess
durchlaufen und zu HT- (High-Tensile) und IM- (Intermediate-Modulus) Typen werden.
Durch eine zusätzliche Graphitisierung erhält man den HM-Typ (High-Modulus). Ersetzt
man die zur Faserverstärkung (auf Grund des Kosten-Nutzen-Verhältnisses)
hauptsächlich eingesetzten Glas- durch Kohlenstofffasern, so gehen natürlich die
überragenden Eigenschaften dieses Werkstoffs in den Verbund mit ein. Einen
Kohlenstofffaserverbund einzufärben steht wohl kaum zur Diskussion, aber mit den
Grundlagen der Untersuchungen an Glasfasern bietet sich die Möglichkeit der
vergleichenden Beurteilung des Schädigungverhaltens gerade in Bezug auf die
anisotropen Eigenschaften der Kohlenstofffasern.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
128
• Probenmaterialien und Verarbeitungsbedingungen
Um Vergleichsuntersuchungen zu dem kurzglasverstärkten PA6-GF30, sowie dem
langglasfaserverstärkten PP-GF30 und deren Schädigungsprozessen an den unter-
schiedlichen Verstärkungsfasern zu ermöglichen, wurde als Basis ein kohlenstoff-
faserverstärkter Thermoplast hergestellt und dabei auf gleiches Matrixmaterial, gute
Anbindung und hohe Ausgangsfaserlänge geachtet. Probenform sowie Grad der
Pigmentierung entsprachen sich ebenfalls. Da als Matrixmaterial bei spritzgegossenem
CFK vorzugsweise Polyamid Anwendung findet, lag die Herstellung eines möglichst
langfaserverstärkten PA6-CF20 nahe. Alle übrigen Parameter wie Pigmentwahl (Rutil),
Probekörper und Pigmentkonzentration wurden, mit Ausnahme einer anderen
Abstufung, beibehalten. Das Ausgangsgranulat PA6-CF20 wurde in steigenden
Gewichtsprozenten von 0,01 bis 2% mit Titandioxid (Rutil) als einzig veränderter
Variablen in den angegebenen Konzentrationen während der Compoundierung
additiviert und anschließend Probestäbe nach DIN EN ISO 527, Typ 1A spritzgegossen.
Anteil an Titandioxid Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,5% 0,75% 1,00% 2,00%
Die Fasern wurden aus dem Matrixwerkstoff mittels Ameisensäure im Extraktions-
verfahren herausgelöst. Bei Kontrolluntersuchungen am Roving waren keine Faser-
schädigungen durch die Präparation nachweisbar. Trotz organischen Materials scheint
die Kohlenstofffaser innert gegenüber dem organischen Lösemittel, zumindest im
Rahmen dieser Belastungsparameter, zu sein.
Die durchgeführten Untersuchungen und deren Bedingungen entsprechen denen der
Messreihe „Rutil – Variation Gewichtsanteil“ (Kapitel 6.2.2).
• Instrumentierter Dreipunktmikrobiegeversuch an Einzelfasern
Bild 72 zeigt, dass die Einzelfaserfestigkeit durch das Farbpigment mit zunehmender
Konzentration reduziert wird. Der Abfall verläuft aber eher linear bis zu einer
Konzentration von 0,75Gew.-% Titandioxid und 35% Spannungsabfall und bleibt dann
tendenziell konstant. Eine Faserschädigung ist also nachweisbar, auch wenn sie nicht,
wie an den Glasfasern beobachtet, über die Konzentration logarithmisch beschrieben
werden kann.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Bruchspannungen in Bild 72 auf der Grundlage des
Zugmoduls von 230,5GPa berechnet wurden. Auf Grund des anisotropen Schichtauf-
baus sowie inhomogener Kernschicht- und Randstruktur (Schichtenaufbau) der Fasern
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
129
ist allerdings von einem wesentlich geringeren Biegemodul auszugehen. Die Absolut-
festigkeiten sind im ersten Ansatz hier jedoch nicht von Interesse. Im Folgenden werden
daher nur noch referenzbezogene Bruchspannungen der Fasern betrachtet.
18295 1762816309
1450812882 11793 12367 11196
0
5000
10000
15000
20000
Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,50% 0,75% 1,00% 2,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
0
25
50
75
100
Fase
rbru
chsp
annu
ng [%
]
Faserbruchspannung [MPa]norm. Faserbruchspannung
Bild 72: Bruchspannung (σ3B) der Einzelfasern (PA6-CF20, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion: Ameisensäure)
• Faserlängenanalyse
0
5
10
15
20
25
30
0 50 100
150
200
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
Faserlänge Li [µm]
Häu
figke
it h V
i [%
]
Natur 0,01% 0,25% 2,00%
Bild 73: Volumengewichtete Häufigkeitsverteilungen hVi (PA6-CF20, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Soxhlet-Extraktion: Ameisensäure)
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
130
Die Faserlängenanalyse zeigt auch mit steigender Pigmentkonzentration abnehmende
Faserlängenverteilungen (FLV). Aus Übersichtsgründen werden nur vier FLV deka-
discher Sprünge gegenübergestellt. Durch die Zugabe des Pigments verschieben sich
mit steigender Konzentration die Längenverteilungen zu kürzeren Fasern hin, der
volumengewichtete Kurzfaseranteil steigt.
Ausgehend von einer Faserzugfestigkeit von 5GPa und einer sehr guten Haftung von
τGr = 48MPa, nahe der Matrixscherfestigkeit, errechnet sich eine kritische Faserlänge
von 365µm bei dF,nominal = 7 µm. Somit liegen über 90% der Fasern der unpigmentierten
Referenzprobe unter der kritischen Faserlänge, bei Pigmentierung ab 0,25Gew.-% liegt
eine Unterschreitung von nahezu 97% vor (konstant bis 2Gew.-%). Die mittlere
volumengewichtete Faserlänge der Referenz beträgt 180µm, so dass selbst das
Naturmaterial nicht den Anforderungen entspricht. Dennoch können die Veränderungen
vergleichend gegenübergestellt werden.
• Zugversuch nach DIN EN ISO 527, Typ 1A
231,9 224,2 218,3 209,6 199,9 195,0 193,3 185,8
0
50
100
150
200
250
300
Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,50% 0,75% 1,00% 2,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Stre
cksp
annu
ng [M
Pa]
0
20
40
60
80
100
120
Stre
cksp
annu
ng [%
]
Streckspannung [MPa]norm. Streckspannung
Bild 74: Zugfestigkeit nach ISO 527 (PA6-CF20, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Proben trocken, 23°C)
Die Zugfestigkeiten nehmen mit steigendem Anteil an Titandioxid ab. Bei 0,10Gew.-%
beträgt der Verlust der Zugfestigkeit gegenüber dem uneingefärbten Material 6%, bei
Volleinfärbung (1-2Gew.-%) sogar bis zu 20%. Die Streckdehnungen zeigen ein
analoges Verhalten mit Verlusten bis 13%. Der E-Modul streut in einem Feld von 10%
sehr stark, zeigt aber tendenziell auch eine Abnahme bis 5% (siehe auch Bild 76).
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
131
• Schlagzähigkeit nach Charpy, DIN ISO 179-2,1eU
67,3 64,959,8 59,0
52,3 52,5 51,8 50,3
0
20
40
60
80
Natur 0,01% 0,10% 0,25% 0,50% 0,75% 1,00% 2,00%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Schl
agzä
higk
eit [
kJ/m
²]
0
25
50
75
100
Schl
agzä
higk
eit [
%]
Schlagzähigkeit [kJ/m²]norm. Schlagzähigkeit
Bild 75: Schlagzähigkeit nach Charpy (DIN ISO 179-2/1eU, PA6-CF20, Spritzgussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert, Proben trocken, 23°C)
Die Schlagzähigkeit zeigt gegenüber den Kennwerten des Zugversuchs etwas
deutlichere Verluste, die sich im Bereich ab 0,5Gew.-% Rutil auf 22-25% einpendeln.
• Zusammenfassung und Diskussion
Aus der Problematik der Einfärbung von glasfaserverstärkten Verbunden mit harten
Farbpigmenten kam die Frage auf, ob sich andere Verstärkungsfasermaterialien
(z. B. Kohlenstofffasern) ähnlich verhalten würden. Zwar wird man keine Farbpigmente
zusetzen, aber vielleicht Füllstoffe, um bessere Oberflächen zu erhalten. Daher ist es
sinnvoll, mehr über Schädigungsvorgänge zu erfahren.
In Analogie zu den Untersuchungen an glasfaserverstärktem SFT und LFT wurde die
Auswirkung unterschiedlicher Konzentrationen eines harten Pigments (Rutil) beim
Spritzgießen von kohlenstofffaserverstärktem Thermoplast auf die Festigkeit und die
Länge der Einzelfasern hin überprüft. Es zeigt sich, dass die Einzelfaserfestigkeit durch
die Partikel beeinflusst wird und deutlich absinkt. Selbst geringe Konzentrationen
vermögen es, den Schädigungsprozess der Fasern und der daraus resultierenden
verstärkten Faserlängenverkürzung in Gang zu setzen, auch wenn die Abfälle das
Niveau des Eigenschaftsabbaus der Pigmentierung bei Glasfaserverstärkung nicht
erreichen. Auffallend ist die nur langsame Abnahme der Eigenschaften über der
Konzentration, die hier nicht logarithmisch beschrieben werden kann. Die Kennwerte im
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
132
Zugversuch verlieren dabei etwa ein Fünftel, die der Schlagzähigkeitsuntersuchung
etwa ein Viertel ihres ursprünglichen Potentials der uneingefärbten Referenzprobe bei
der Endkonzentration von 2Gew.-% Rutil.
60
70
80
90
100
70
80
90
100
-0,05% 0,25% 0,55% 0,85% 1,15% 1,45% 1,75% 2,05%
Gew.-Anteil an Titandioxid
Natur
Ken
nwer
te a
uf R
efer
enz
norm
iert
[%]
εS
aT
LV
_
σ3B
σS
Bild 76: Mikro- und makroskopische Kennwerte im normierten Vergleich (PA6-CF20, Spritz-gussverarbeitung, mit Rutil in steigender Konzentration pigmentiert)
6.6 Pigmentierung von BMC [154]
Auch bei Bulk Moulding Compound (BMC), einem bei der Verarbeitung noch am
höchsten belasteten faserverstärkten Duroplaste, ist zu vermuten, dass die Glasfasern
durch harte Farbpigmente während der Verarbeitung eine mechanische Schädigung
erfahren können und somit deren Festigkeit reduziert wird. Der BMC-Verarbeitungs-
prozess unterscheidet sich allerdings vom Spritzgussprozess glasfaserverstärkter
Thermoplaste derart, dass die Dispergierung der Farbmittel vor dem Spritzgussprozess
erfolgt (Farbpaste) und der Eintrag von Friktionswärme durch Scherung in der
Spritzgussmaschine entfällt. Somit ist die Verarbeitung bei BMC sehr viel schonender
als beim Spritzgießen von Thermoplasten.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
133
Die stoffliche Zusammensetzung von (BMC) und Sheet Moulding Compound (SMC) ist
ähnlich. Zur BMC-Herstellung werden allerdings Rohpaste, Eindickmittel und die bis zu
25mm langen Schnittglasfasern einem langsam laufenden Mischer zugesetzt
(Rezepturbeispiel siehe Tabelle 17). Beim Mischen können höhere Scherkräfte einge-
bracht und mit höheren Viskositäten gearbeitet werden. Somit ergeben sich bei BMC
Rezepturmöglichkeiten, die bei SMC ausscheiden. Nachteilig wirkt sich die Scherung
bei der Compoundierung dahingehend aus, dass hier gegenüber der SMC-Herstellung
in der Regel geringere Faserlängen erreicht werden [16,150,155].
Zur Reduzierung der Faserschädigung und Erhöhung der Produktionsmengen wurden
Verfahrenstechniken zur Herstellung von Continuous Impregnated Compound (CIC)
und Kneader Moulded Compound (KMC) entwickelt. Hierzu wird eine aus einem
Walzenpaar bestehende Imprägnierstation verwendet. Ein Rakelsystem verteilt die
Paste gleichmäßig auf den Walzen, Stapelfasern fallen aus einem Schneidwerk auf die
Paste und werden im Spalt zwischen den rotierenden Walzen imprägniert. Hinter dem
Walzenspalt wird die Formmasse mit Messern von den Walzen abgestreift, verdichtet
und verpackt. BMC-Formmassen werden mit hoher Wirtschaftlichkeit vorwiegend als
„Stopfmassen“ durch Spritzgießen, aber auch im Pressverfahren, verarbeitet.
Anwendungsbeispiele liegen hauptsächlich im Elektrobereich (z. B. Sicherungsschalter)
und im Automobilbereich (Scheinwerferreflektoren und Heckklappen).
Die BMC-Normung ist in der DIN 16911 festgelegt, welche vier Typen definiert:
• Typ 801 und 803: feucht-klebrige oder halbtrockene Massen
• Typ 802 und 804: rieselfähige Pressmassen
Seit 1990 existiert die ISO 8606 für Bulk Moulding Compound (BMC) und Dough
Moulding Compound (DMC).
Tabelle 17: Rezepturbeispiel für BMC (Standardtype 801)
Komponenten Gew.-% UP-Harz 30 Härter 1 Stabilisator 0,02 Trennmittel 2 Calciumcarbonat 42 Schnittglasfasern 25
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
134
• Probenmaterial und Untersuchungen
Für die Untersuchungen wurde eine übliche BMC-Rezeptur (Typ 801) mit 20% Glas-
fasern gewählt und die Formmasse mit 5% Farbpaste (übliche Konzentration bei
Volleinfärbung, anorganische Pigmente) eingefärbt. Aus Mustern ohne Härter, die die
gleichen Fertigungsschritte wie die Muster mit Härter durchlaufen hatten, konnten die
Fasern auf einfache Art mit Aceton herausgewaschen werden. Alle Muster wurden in
einem Plastographen unter üblichen Verarbeitungsbedingungen hergestellt und hieraus
Probeplatten gepresst. Zu Vergleichszwecken ist eine nicht eingefärbte Referenz
aufgenommen, die in den Diagrammen mit „Natur“ gekennzeichnet ist. Tabelle 13 zeigt
die verarbeiteten Farbpasten.
Tabelle 18: Eingesetzte Farbpasten (mit anorganischen Pigmenten)
Pigment Pigmentanteil in der Farbpaste [%]
Zinksulfid k. A.
Titandioxid, Modifikation: Anatas 70
Titandioxid, Modifikation: Rutil 70
Ultramarinblau 50
Chromoxidgrün k. A.
An den Probestäben wurden die Biegefestigkeit (DIN EN ISO 178), die Schlagzähigkeit
nach Charpy (ISO 179-2/1eU) und an den extrahierten Fasern die Faserbruchspannung
ermittelt. Auf Grund der relativ großen Faserlänge bei BMC wurde die Faserlängen-
verteilung nicht bestimmt. Nachfolgend werden die Ergebnisse der Einzelfaserunter-
suchungen sowie die an Probestäben (aus den gepressten Platten) gewonnenen
Verbundeigenschaften dargestellt.
• Abbau der Einzelfaserbruchspannung
Die Einfärbungen mit den relativ weichen Pigmenten Zinksulfid und Ultramarinblau
führen zu keiner nennenswerten Reduzierung der Einzelfaserbruchfestigkeit.
Titandioxid in seiner Form als Anatas bewirkt bei geringerer Mohsscher Härte
(HM = 5,5) gegenüber dem Titandioxid in seiner Form als Rutil (HM = 6,5) einen
messbaren Festigkeitsabfall von „nur“ 13%. Die sehr harten Farbpigmente Rutil und
Chromoxid (HM = 8,5) hingegen erzeugen eine deutlichere Reduktion bis nahezu 30%
gegenüber der Referenz.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
135
5559 53554840
4158 3899
5659
0
1500
3000
4500
6000
Natur Zinksulfid Ultramarin Anatas Rutil Chromoxid
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
0
25
50
75
100
Fase
rbru
chsp
annu
ng [%
]
Faserbruchspannung [MPa]Faserbruchspannung
Bild 77: Bruchspannung (σ3B) der Einzelfasern (BMC-Verarbeitung, 20% Glas, mit unter-
schiedlichen anorganischen Farbpasten eingefärbt)
• Vergleichende Gegenüberstellung der Kennwertveränderungen
Um die Zusammenhänge der Faserschädigung durch Einfärbung und deren Auswir-
kungen auf die Kennwerte des Werkstoffs (Probestab) zu verdeutlichen, sind in Bild 78
die Einzelfaserfestigkeiten, die Biegefestigkeiten und die Schlagzähigkeit der gepress-
ten Probestäbe vergleichend gegenübergestellt (es erfolgt eine Normierung auf die
Kennwerte des uneingefärbten Referenzstabs).
Man erkennt deutlich die Analogie zwischen der mikroskopischen Faserschädigung und
dem makroskopischen Abbau der mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs durch
Einfärbung mit den unterschiedlich harten Pigmenten.
Die Biegefestigkeiten des Probestabs korrelieren sehr gut mit den Faserfestigkeiten.
Sowohl die beiden Einfärbungen mit den Titandioxidpigmenten als auch das Chromoxid
führen zu einer deutlichen Reduktion zwischen 22% und 47% der Biegefestigkeit
gegenüber der nicht eingefärbten Referenzprobe (Natur). Die hier nicht dargestellte
Randfaserdehnung steht dazu in guter Korrelation. Die Referenzprobe zeigt die
höchsten Festigkeiten, die Zinksulfideinfärbung wie auch die Einfärbung mit dem
Ultramarinblau liegen nur mit 9-12% darunter. Bei der Schlagzähigkeit ist zu bemerken,
dass die Streuungen sehr hoch sind (18-36%). Die als stark faserschädigend
charakterisierten Pigmente des Titandioxids und des Chromoxids bewirken eine
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
136
14-49%ige Reduzierung der Schlagzähigkeit. Die faserunkritischen Pigmente des
Zinksulfids wie auch des Ultramarinblaus führen zu um etwa 10% geringeren
Kennwerten gegenüber der Referenz. Weiterhin ist zu bemerken, dass der Biegemodul
(hier nicht dargestellt) bei allen Pigmentierungen um ca. 4-15% abnimmt.
0
25
50
75
100
100,0 101,8 96,3 87,1 74,8 70,1100,0 88,3 91,3 77,6 61,0 52,7100,0 91,4 88,6 85,7 51,4 62,9
Natur Zinksulfid Ultramarin Anatas Rutil Chromoxid
FaserbruchspannungBiegefestigkeitSchlagzähigkeit
Bild 78: Abbau der Einzelfaserbruchspannung (σ ), der Biegefestigkeit und der Schlagzähigkeit von Probestäben durch Farbpasten (anorganische Pigmenteinfärbungen) bei BMC im auf die Referenzprobe normierten Vergleich
3B
• Zusammenfassung und Diskussion
In dieser Messreihe wurde im Vergleich zur nicht eingefärbten Probe der Einfluss von
unterschiedlich harten anorganischen Pigmenten auf den Abbau der Fasereigen-
schaften an gepressten Probeplatten dargestellt. BMC-Formmassen können ebenfalls
mit einer Spritzgussmaschine möglichst schonend verarbeitet werden. Gerade in
diesem Fall wären dann auf Grund der gegebenen Interaktionen verstärkt Faser-
schädigungen zu erwarten.
Tendenziell zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei der Verarbeitung von Thermoplasten,
d. h. die Farbmittel mit einer größeren Härte als Glas tragen zu einer nachweislichen
Faserschädigung bei und reduzieren die Faserbruchspannung um bis zu 40%.
Ebenfalls wird ein starker Abfall der Schlagzähigkeit wie auch der Biegefestigkeit, die
sich durch die Einfärbung nahezu halbieren, festgestellt.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
137
Abschließend lässt sich festhalten, dass eine deutliche Faserfestigkeitsreduzierung
auch bei der Einfärbung mit ausreichend harten Pigmenten bei BMC gegeben ist und
diese sich in den Kennwerten des Bulkmaterials widerspiegelt.
Tabelle 19: Zusammenstellung der Prüfwerte mit Angabe der prozentualen Abfälle (referenzbezogen)
Nat
ur
Zink
sulfi
d
Ultr
amar
in
Ana
tas
Rut
il
Chr
omox
id
σ [MPa] 3B 5559 5659 5355 4840 4158 3899
Norm. Diff. [%] 0,0 1,8 -3,7 -12,9 -25,2 -29,9
W.-Modul, m 5,3 6,4 17,7 3,9 5,7 5,5
σ [MPa] B 130,6 115,3 119,2 101,3 79,6 68,8
Norm. Diff. [%] 0,0 -11,7 -8,7 -22,4 -39,0 -47,3
STABW [MPa] 18,3 26,5 9,8 7,3 9,3 9,3
STABW [%] 14,0 23,0 8,2 7,2 11,6 13,5
Ε [%] B 1,7 1,8 1,8 1,3 1,0 1,0
Norm. Diff. [%] 0,0 1,7 1,7 -25,9 -42,0 -42,0
E [GPa] B 11,3 10,0 10,2 10,8 10,7 9,7
Norm. Diff. [%] 0,0 -11,9 -10,0 -4,4 -5,9 -14,8
STABW [GPa] 0,8 0,8 0,6 0,4 0,5 0,2
STABW [%] 7,5 8,0 6,3 4,1 4,5 2,2
a [kJ/m ] T2 35,0 32,0 31,0 30,0 18,0 22,0
Norm. Diff. [%] 0,0 -8,6 -11,4 -14,3 -48,6 -37,1
STABW [kJ/m ] 2 7,0 10,0 11,0 9,0 4,0 4,0
STABW [%] 20,0 31,3 35,5 30,0 22,2 18,2
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
138
6.7 Faserfestigkeitsabbau durch Hydrolyse
Kühlerwasserkästen gehören zu den ältesten Anwendungen von Polyamid im
Motorraum von Kfz. Bezüglich der Druckwechselbelastung, der Wärmealterung und der
chemischen Alterung durch das Kühlmedium (Wasser-Ethylenglycol-Gemisch) sind sie
überaus hochbelastete Formteile [156, 157]. Zum Einsatz kommt meist ein PA66-GF30
mit spezieller Wärme- und Hydrolysestabilisierung. Der Einfluss dieser Additive auf das
Eigenschaftsniveau lässt sich durch den Vergleich mit Neuware eindeutig ermitteln. Im
Rahmen von zumeist firmeninternen Werkstoff- und Bauteiluntersuchungen wurde der
Werkstoffabbau anhand von mechanischen Prüfungen an Probekörpern (Probestab
bzw. Probe aus Bauteil) und chemischen Untersuchungen des Polymers (z. B. Viskosi-
tätszahl) ermittelt.
Da Glasfasern durch Medieneinflüsse geschädigt werden können [158, 159], schien es
nahe liegend, einen möglichen Faserabbau auf Grund der Betriebsbelastung zu
untersuchen. Dies ist von prinzipiellem Interesse im Hinblick auf die Auswahl von
Werkstoffen für das Neuteil und auch bezüglich der Frage des Recyclings von Altteilen.
• Probenmaterial und Verarbeitungsbedingungen
Als Probenmaterial standen präparierte Teile sowohl neuer als auch unter
Betriebsbedingungen getesteter Kühlerwasserkästen aus PA66-GF35 zur Verfügung.
Die Probekörper wurden jeweils aus dem Bereich des Zulauf- oder Rücklaufstutzens
entnommen, da hier im Betrieb die höchste bzw. die niedrigste Temperatur des
Kühlflüssigkeitsmediums herrscht. Im Bereich des Zulaufs liegen die Temperaturen
etwa bei 132°C, während am Rücklauf ca. 100°C vorliegen. Da chemische Reaktionen
immer auch temperaturabhängig sind, erwartet man bei höheren Temperaturen
deutlichere Effekte. Zusätzlich wurden die Proben noch nach Innen- und Außenseite
unterschieden, so dass Proben, die an der Innenseite entnommen wurden, während der
Betriebszeit in direktem Kontakt mit dem Kühlmedium standen. Proben der Außenseite
dagegen erfahren eventuell nur die Temperaturbelastung. Voruntersuchungen ergaben,
dass bei mittiger Trennung der Proben die Fasern der Innenseite zwar einen
schlechteren Weibullmodul zeigen, aber ein signifikanter Festigkeitsverlust nicht
nachweisbar ist. Daraufhin wurden die Proben getrennt und die jeweiligen Hälften bis
auf eine Stärke von (0,2 +/- 0,1) mm abgetragen, so dass nur aus diesen randnahen
Bereichen Fasern extrahiert wurden. Die nachfolgende Tabelle 20 gibt Auskunft über
Werkstoff, Laufzeit und Entnahmeort der untersuchten Proben.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
139
Tabelle 20: Werkstoff, Belastungsdauer und Orte der Probenentnahme der Kühlerwasserkästen
Werkstoff Prüfstandszeit Ort der Probenentnahme
Ultramid A3WG6 schwarz Neuteil
Ultramid A3WG6 schwarz 264h Zulaufseite (ZL)
Ultramid A3WG6 schwarz 264h Rücklaufseite (RL)
Ultramid A3HG6 schwarz Neuteil
Ultramid A3HG6 schwarz 556h Zulaufseite (ZL)
Ultramid A3HG6 schwarz 556h Rücklaufseite (RL)
Ultramid A3HG4 schwarz Neuteil
Ultramid A3HG4 schwarz 534h Zulaufseite (ZL)
Ultramid A3HG4 schwarz 534h Rücklaufseite (RL)
Ultramid A3HG3 schwarz Neuteil
Ultramid A3HG3 schwarz 438h Zulaufseite (ZL)
Ultramid A3HG3 schwarz 438h Rücklaufseite (RL)
Die firmeninternen Prüfbedingungen der Langzeitprüfung waren:
Prüfmedium: 50 Vol.-% Wasser, 50 Vol.-% Monoethylenglycol Prüfmitteltemperatur (Zulauf): 132°C Prüfmitteltemperatur (Rücklauf): 100°C Prüfüberdruck: 1,3 bar
Die zu untersuchenden Fasern wurden, wie in Kapitel 4.3.3 beschrieben, mittels
Soxhlet-Extraktion präpariert. Die Untersuchungen beschränkten sich auf die Faser-
bruchspannungsbestimmung im Dreipunktmikrobiegeversuch.
Im Folgenden wird der Einfluss eines Wasser-Ethylenglycol-Gemischs (50/50) bei hoher
Temperatur und Betriebszeit auf die Fasereigenschaften von Kühlerwasserkästen
dargestellt.
• Abbau der Einzelfaserbruchspannung
Der Abbau der Faserbruchspannung durch die hydrolytisch-thermische Belastung ist
nur schwach nachweisbar. Betrachtet man beispielsweise die beiden Proben der
längsten Testdauer, zeigt sich, dass es zwar zu einer Reduzierung der Einzelfaser-
bruchfestigkeit an den Innenseiten kommt, diese aber maximal 10% beträgt und somit
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
140
nicht nennenswert erscheint. An den Rücklaufinnenseiten sind wiederum weniger
Schädigungen als an den Zulaufinnenseiten nachweisbar (Temperaturdifferenz).
Bild 79: Bruchspannung (σ ) der Einzelfasern (Kühlerwasserkästen, hydrolytischer Abbau) 3B
Da an der Außenseite der Bauteile nur an der thermisch höchstbelasteten Stelle, also
der Zulaufseite, Proben entnommen wurden und diese im Bereich der Messunsicherheit
des Prüfaufbaus keine signifikanten Faserbruchspannungsverluste zeigen, wird die
Zulaufaußenseite in Bild 80 als „ungeschädigte“ Referenz herangezogen.
Weiterhin sind die Kühlerkästen untereinander nicht direkt vergleichbar (andere
Additive, eventuell andere Rohstofflieferanten, etc.) und werden daher im Folgenden
auch vernachlässigt. So kann ein direkter, aufeinander bezogener Vergleich der
jeweiligen Zulaufinnen- und Außenseiten stattfinden (Bild 80).
Der unter diesen Bedingungen, also bei angenommen ungeschädigter Außenseite,
nachgewiesene Bereich der Faserbruchspannungsverluste bewegt sich zwischen 5 und
10% und wird im Maximum an der Zulaufinnenseite der Probe mit 556 absolvierten
Teststunden beobachtet.
53024919
54235053
54905185
5421 5384
3500
4000
4500
5000
5500
6000
Neutei
l
556h
, ZL i
nnen
556h
, ZL a
ußen
556h
, RL i
nnen
Neutei
l
534h
, ZL i
nnen
534h
, ZL a
ußen
534h
, RL i
nnen
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
75
80
85
90
95
100
Fase
rbru
chsp
annu
ng [%
]
Faserbruchspannung [MPa] norm. Faserbruchspannung
Die Absolutwerte der Neuteile sind nunmehr im Zusammenhang der Untersuchung
weniger von Relevanz bzw. entsprechen den Werten der Außenseiten.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
141
51315444
49195423
51855421
49495339
3500
4000
4500
5000
5500
6000
264h
, ZL i
nnen
264h
, ZL a
ußen
556h
, ZL i
nnen
556h
, ZL a
ußen
534h
, ZL i
nnen
534h
, ZL a
ußen
438h
, ZL i
nnen
438h
, ZL a
ußen
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
75
80
85
90
95
100
Fase
rbru
chsp
annu
ng [%
]
Faserbruchspannung [MPa] norm. Faserbruchspannung
Bild 80: Bruchspannung (σ ) der Einzelfasern (Kühlerwasserkästen, hydrolytischer Abbau) 3B
Dieser niedrige Faserfestigkeitsverlustwert relativiert sich allerdings bei der Betrachtung
der Weibullmodule. Der Modul, der als Streuwert die Breite der Häufigkeitsverteilung
beschreibt, zeigt deutliche Unterschiede zwischen Proben der Außen- und der
Innenseite des jeweils betrachteten Kühlerwasserkastens (Bild 81).
Bild 81: Weibullmodul der Einzelfasern (Kühlerwasserkästen, hydrolytischer Abbau)
Ein niedriger Modulwert deutet hierbei auf eine hohe Streuung der Messergebnisse hin,
während hohe Werte stabile Ergebnisse, also niedrige Bruchspannungsschwankungen,
19,2
5,1
15,4
6,2
13,1
6,6
12,6
6,8
12,6
4,7
11,9
4,9
11,4
5,09,0
6,4
0
5
10
15
20
Neu
teil
264h
, ZL
inne
n
264h
, ZL
auße
n
264h
, RL
inne
n
Neu
teil
556h
, ZL
inne
n
556h
, ZL
auße
n
556h
, RL
inne
n
Neu
teil
534h
, ZL
inne
n
534h
, ZL
auße
n
534h
, RL
inne
n
Neu
teil
438h
, ZL
inne
n
438h
, ZL
auße
n
438h
, RL
inne
n
W.-M
odul
, m
-100
-75
-50
-25
0
25
50
75
100W
.-Mod
ul, m
[%]
Weibull-Modul, m norm. Weibull-Modul, m
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
142
kennzeichnen. Somit wird klar, dass die Bruchspannungen der Innenseite gegenüber
denen der Außenseite, also der dem Wasser-Glycol-Gemisch abgewandten Seite, sehr
viel mehr streuen. Dies lässt sich nur dadurch erklären, dass ein hoher Wirkgradient
über die Materialstärke vorliegt, also eine hydrolytische Faserschädigung vor allem in
unmittelbarer Wandnähe zum Belastungsmedium stattfindet. Da die präparierte Probe
eine endliche Dicke aufwies, kann man also von weitaus stärkerer Faserschädigung in
den randnahen Bereichen ausgehen.
• Zusammenfassung und Diskussion
Gegenstand der Untersuchung war die Beurteilung des Einflusses eines einsatz-
typischen Wasser-Ethylenglycol-Gemischs (50/50) unter Betriebstemperatur und-druck
und unterschiedlichen Belastungszeiten auf die Fasereigenschaften von Kühlerwasser-
kästen aus unterschiedlich modifizierten Ausgangswerkstoffen (PA6-GF35). In allen
Fällen konnte der Einfluss des Wirkmediums in randnahen Bereichen der Innenseiten
des betrachteten Zu- und Rücklaufes nachgewiesen werden, während die dem Medium
abgewandte Seite keine diesem nachweislich zuzuordnende Veränderung zeigt. Die
messbaren Faserbruchspannungsverluste bewegen sich dabei in einem Bereich bis
10%, der allerdings präparationsabhängig zu sein scheint. Auf Grund der (wenn auch
nur geringen) Dicke der zur Faserextraktion dienenden Proben und des vermutlich
hohen Wirkgradienten über die Materialstärke des Bauteils klingt der Einfluss der
thermisch-hydrolytischen Belastung des Wasser-Ethylenglycol-Gemischs sehr schnell
ab. Die sehr geringen Module der dem Medium zugewandten Proben deuten damit auf
eine weitaus stärkere Faserschädigung in unmittelbarer Wandnähe hin. Da ein niedriger
Modul eine breite Messwertstreuung bedeutet, ergeben sich hohe aber auch wenige
sehr niedrige Werte, die der randnahen Zone zuzuordnen sind. Die Module der Innen-
und Außenseiten unterscheiden sich hierbei um mehr als Faktor 2. Wie hoch die
Faserschädigung in unmittelbarer Wandnähe zum Medium anzusetzen ist, lässt sich an
dieser Stelle allerdings nicht beantworten. Hierzu müssten gezielt die randnahen
Schichten präpariert werden, was zum einen sehr aufwendig wäre, zum anderen rein
akademische Aspekte verfolgen würde.
Unterschiede zwischen den Materialien und hier vor allem der Additivierung lassen sich
weniger herausarbeiten, da zum einen zu viele Parameter vorhanden sind, zum
anderen die nachweisbaren Festigkeitsreduktionen bzw. deren Differenzen zu gering für
statistisch gesicherte Aussagen sind. Dennoch zeigt die Untersuchung unter anderem,
wie leistungsfähig der Mikrobiegeversuch bezüglich der mechanischen Charakteri-
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
143
sierung der Fasern ist, wenn man bedenkt, dass solche Untersuchungen bisher nicht
möglich waren und somit auch keine Erkenntnisse vorlagen.
Bezüglich des Recyclings solcher medienbelasteter Bauteile bleibt festzuhalten, dass
für das Gesamtbauteil von einer geringen Schädigung der Faserfestigkeit auszugehen
ist. Dies stellt eine wesentliche Voraussetzung für ein hochwertiges stoffliches
Recycling dar.
Bild 82: Auf die Zulaufaußenseite normierte Werte der Faserbruchspannung (σ ) und des Weibullmoduls (Kühlerwasserkästen, hydrolytischer Abbau)
3B
33
100
52
100
40
100
55
100
0,00
20,00
40,00
60,00
80,00
100,00
264h
, ZL i
nnen
264h
, ZL a
ußen
556h
, ZL i
nnen
556h
, ZL a
ußen
534h
, ZL i
nnen
534h
, ZL a
ußen
438h
, ZL i
nnen
438h
, ZL a
ußen
auf A
ußen
seite
nor
mie
rt [%
]
Weibull-Modul, m Faserbruchspannung
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
144
6.8 Faserfestigkeitsabbau bei SMC-Recycling
Sheet Moulding Compounds (SMC) setzen sich in der Regel aus in Styrol gelösten
ungesättigten Polyesterharzen, einem Härter, Verstärkungsfasern, Füllstoffen sowie
einigen Hilfs- und Zuschlagstoffen zusammen. Als Faserverstärkung dienen meist
Glasfasern zwischen 12 und 50mm Länge mit einem Anteil von 25-35Gew.-% am
Gesamtcompound (Tabelle 21). Rezepturen für mechanisch besonders hoch belastbare
Bauteile werden mit bis zu 60Gew.-% Fasern verstärkt. Glasfasern für die SMC-
Herstellung sind heute mit speziellen Schlichten versehen, die aus einem Haftvermittler
und einem Filmbildner bestehen. Letzterer verhindert eine Schädigung der
Filamentbündel bis zur Ablage im SMC, wird aber anschließend durch das Styrol gelöst,
so dass beim Verpressen ein Aufspließen der Rovings in Einzelfilamente und damit ein
homogener Verbund möglich ist.
SMC-Halbzeuge werden auf so genannten Harzmattenanlagen hergestellt. Zunächst
wird eine dünne SMC-Pastenschicht auf eine 1,2 bis 1,5m breite Polyethylen- bzw.
Polyamidfolienbahn aufgerakelt. Aus einem dahinter angeordneten Breitschneidwerk
fallen die aus Endlosrovings geschnittenen Glasfasern in regelloser Anordnung auf die
Paste. Je nach Anforderungen können hier zusätzlich Endlosfasern für eine
unidirektionale Verstärkung zugeführt werden. Eine weitere Folienbahn wird ebenfalls
mit SMC-Paste berakelt und umgekehrt auf die untere Bahn gelegt. In der
nachfolgenden Imprägnierstation erfolgt die optimale Benetzung der Fasern beim
Durchlaufen einer Walkstrecke.
Wie aus der Beschreibung der Rezeptur (Tabelle 21) und der Herstellung der
Harzmatten ersichtlich ist, handelt es sich um einen aus rheologischer Sicht recht
inhomogenen Werkstoff. SMC ist ein Gemisch aus verschiedenen Flüssigkeiten und
Feststoffen. Vereinfacht lässt sich das Material in die Paste und die Fasern unterteilen.
Die Fasern liegen auf Grund des Herstellungsprozesses der Matte mit quasi regelloser
Orientierung in der Mattenebene vor. Orientierungen senkrecht zur Mattenebene sind
zu vernachlässigen. Nach Durchlaufen der Imprägnierstrecke existiert eine mehr oder
weniger gute Durchmischung zwischen Fasern und SMC-Paste. Es ist jedoch davon
auszugehen, dass in den Randschichten eine höhere Konzentration an Matrix vorliegt.
Der Compoundierung schließt sich eine Lagerung des Halbzeugs zur „Reifung“ über
mehrere Tage bis Wochen an. Danach erfolgt die Verarbeitung zu Formteilen in
Presswerkzeugen, die auf etwa 150°C beheizt werden [16, 150, 160-166].
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
145
Tabelle 21: Rezepturbeispiel für SMC
Komponenten UP-Harz 37,1
Füllstoffe (Glasfasern (30%) und mineralische Füllstoffe) 55,6
Reaktionsmittel 0,4
Stabilisator 0,02
Polyethylenpulver 2,0
Pigmentdispersion 3
0,4
Trennmittel 1,5
• Partikelrecyclingverfahren für SMC, Fa. ERCOM [164, 166]
Für eine flächendeckende Entsorgung und Wiederverwertung auch großformatiger
SMC/BMC-Bauteile wurde von der ERCOM GmbH, Raststatt, das Partikelrecycling-
verfahren nach Bild 83 großtechnisch umgesetzt. Die Anlage ist auf eine Kapazität von
bis zu 5000 jato ausgelegt. Die Zerkleinerung verläuft in mehreren Stufen.
Bild 83: Schematische Darstellung der Partikelrecyclinganlage, ERCOM GmbH, Raststatt [166]
Standard-SMC (Gew.-%)
Verdickungsmittel
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
146
Die so genannte Vorzerkleinerung wird vor Ort beim Kunden in einem Zweiwellen-
zerkleinerer, der auf einem LKW installiert ist, vorgenommen. Die weiteren Verfahrens-
schritte werden in der ERCOM-Anlage durchgeführt. Vor der Hauptzerkleinerung in
einer Hammermühle erfolgt eine Metall- und Schwergutseparation. Das zerkleinerte
Material durchläuft anschließend eine zweistufige Windsicht/Trennstation, in der das
Material in eine faserige und eine pulverige Fraktion aufgetrennt wird, die wiederum auf
Taumelsiebmaschinen in je drei Größenbereiche klassifiziert werden. ERCOM bietet
insgesamt sechs qualitätsgesicherte Recyklatqualitäten, Pulver- und Faserfraktionen
mit unterschiedlicher Partikelgröße bzw. Faserlänge, an.
Untersuchungen der Universität (GH) Kassel haben gezeigt, dass eine Zugabe von bis
zu 30Gew.-% der Recyklate in eine neue BMC- oder SMC-Formmasse keine
wesentliche Verminderung der mechanischen Eigenschaften gegenüber den üblichen
Füllstoffen verursacht [166]. Einige Eigenschaften wie z. B. die Schlagbiegefestigkeit
werden sogar verbessert, in bestimmten Fällen auch die Zugfestigkeit. Der Schwund bei
der Verarbeitung wird vermindert und das Gewicht der Teile reduziert sich um 8-12%.
• Probenmaterial und Verarbeitungsbedingungen
Als Probenmaterial standen verschiedene Faserfraktionen (rg10, rg11, rm31 und rm46)
zur Verfügung. Da die Proben in der Großanlage der ERCOM nur durch einen Mix aus
Altprodukten gewonnen werden, ist ein Vergleich mit entsprechender (Faser-) Neuware
nicht möglich.
Tabelle 22: Proben zur Untersuchung des SMC-Recyclings bezügl. der Fasereigenschaften
Probenmaterial Beschreibung rg10
rg11 Faserfraktion (Produktionsreststoff)
rm31
rm46 Mischrecyklat in unterschiedlichen Anteilen
Eine Präparation der Fasern war nicht nötig, da sie aus Verfahrensgründen hinreichend
aufgeschlossen waren.
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
147
• Ergebnisse zur Untersuchung der Einzelfaserbruchspannung
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollte der Einfluss des SMC-Recyclings auf
die Fasereigenschaften ermittelt werden. Zu Vergleichszwecken stand aus Verfahrens-
gründen keine Neuware zur Verfügung. Die Faserproben aus Produktionsreststoffen
(rg) und Mischrecyklaten (rm) bedurften keiner weiteren Präparation. Nachfolgende
Darstellungen zeigen zunächst die Bruchspannungen, dann die Weibullmodule der
Einzelfaseruntersuchungen.
Bild 84: Bruchspannung (σ ) der Einzelfasern von SMC-Recyklaten 3B
Bezogen auf die höchstgemessenen Faserbruchspannungen bei rg10 bewegen sich
alle Probenchargen in einem Verlustfeld bis maximal 10%. Dabei zeigen die
Mischrecyklate rm31 und rm46 nur etwa 6-7% Unterschied zur Maximalbruchspannung
auf. Würde man nun von den getesteten Produktionsreststoffen, die einer Neuware
vergleichbar sind, den Mittelwert bilden, so läge man mit ihnen nahezu auf vergleich-
barem Niveau. Zwar ist ein direkter Vergleich nicht möglich, da das Ausgangsmaterial
der Mischrecyklate nicht dem der Produktionsreststoffe entspricht, dennoch ist eine
Schädigung der Fasern durch das Partikelrecyclingverfahren anhand der Bruch-
spannungsergebnisse eher auszuschließen.
5822
52235474 5397
3500
4000
4500
5000
5500
6000
rg 10 rg 11 rm 31 rm 46
Fase
rbru
chsp
annu
ng [M
Pa]
75
80
85
90
95
100
Fase
rbru
chsp
annu
ng [%
]
Faserbruchspannung [MPa] norm. Faserbruchspannung
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
148
13,111,9
10,6 10,6
0
5
10
15
rg 10 rg 11 rm 31 rm 46
W.-M
odul
, m
40
60
80
100
W.-M
odul
, m [%
]
Weibull-Modul, m norm. Weibull-Modul, m
Bild 85: Weibullmodul (m) der Einzelfasern von SMC-Recyklaten
Beim Recycling von Duroplasten werden diese mechanisch aufgeschlossen und dabei
verfahrenstechnisch bedingt auch zerkleinert. So lassen sich verschiedene Fraktionen,
u.a. Faserfraktionen, gewinnen, die wiederum Faserneuware bei der Formmassenpro-
duktion substituieren können.
Die Untersuchungen an den unterschiedlichen Faserfraktionen zeigen, dass von einer
Faserschädigung durch die Aufbereitung in nur geringem Umfang ausgegangen werden
kann. Da verfahrensbedingt keine entsprechende Neuware geprüft werden konnte, lässt
sich die Aussage nur durch den Vergleich der Mischrecyklate mit den Faserfraktionen
aus Produktionsreststoffen treffen.
Bei Berücksichtigung der Weibullmodule erkennnt man zwar ein etwas höheres
mittleres Niveau von ~12,5 bei den Produktionsreststoffen gegenüber 10,6 der
Mischrecyklate, aber diese nur leicht breitere Bruchspannungsverteilung der Recyklate
bestätigt eher die Vermutung nahezu keiner Schädigungseinflüsse des Recycling-
verfahrens. Dieser leichte Abfall könnte auch schon verarbeitungsbedingt in der
Erstverarbeitung, also der SMC-Formmassenherstellung und Bauteilpressung, seine
Begründung finden. Dieser Verarbeitungsprozess wurde zwar nicht verfolgt, aber aus
den bereits vorliegenden Untersuchungen und Erfahrungen kann festgehalten werden,
dass nahezu jede Art der Verarbeitung zumindest leicht die Weibullmodule beeinflusst.
• Zusammenfassung und Diskussion
Experimentelle Untersuchungen zum Faser- und Verbundeigenschaftsabbau
149
Betrachtet man die gemessenen Einzelfaserbruchspannungen, so liegen die beiden
rm-Typen (Mischrecyklate) von ihrem Niveau her zwischen den beiden Faserfraktionen
aus Produktionsreststoffen (rg-Typen). Der Weibullmodul der Mischrecyklate ist nur
unwesentlich geringer als der der rg-Typen, liegt aber mit Werten um 10-11 niedriger,
als er bei reiner Neuware zu erwarten wäre. Hier werden durchaus Module bis 20
erreicht.
Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen an den recyclierten Faserfraktionen nur
einen wohl zu vernachlässigenden Abbau der Faserfestigkeit. Es ist somit davon
auszugehen, dass sie gut wiederverwertet werden können. Nachteilig ist allerdings eine
verfahrensbedingt deutliche Reduzierung der Faserlänge.
Zusammenfassung
150
7 Zusammenfassung
Einfärbungen bestehen meist aus einer Vielzahl unterschiedlicher organischer und
anorganischer Farbmittel, um dem Kundenwunsch gerecht zu werden. Da viele
Farbpigmente Härtewerte oberhalb der des Glases aufweisen, ergibt sich somit oft,
dass der eingefärbte Werkstoff die Kennwerte des uneingefärbten Grundmaterials nicht
erreicht, ja sogar erheblich darunter liegt. Selbst geringste Anteile eines faser-
schädigenden Pigments, z. B. zur Einstellung einer Farbnuance oder einer Aufhellung,
können ausreichen, den FKV zu schwächen. In vielen Fällen sind Alternativen zu den
anorganischen Pigmenten nicht verfügbar oder führen zu anderen Problemen wie z. B.
Verzugserscheinungen, Ausbluten oder unerwünschten Reaktionen mit der umge-
benden Matrix, wie es im Falle von Farbstoffen auf Grund der Löslichkeit vorkommen
kann. Nicht umsonst wird bei technischen Kunststoffen in überwiegendem Maße mit
Pigmenten eingefärbt. Weiterhin schränkt die Schwermetalldiskussion die verfügbaren
Pigmentgruppen ohnehin ein, so dass schwermetallhaltige Pigmente in den Unter-
suchungen gar nicht erst berücksichtigt wurden. Dennoch ist im Sinne einer optimalen
Werkstoffausnutzung die oftmals gewählte Erhöhung des Faseranteils sicherlich nicht
die beste Lösung und eher als Kampf gegen die Symptome anzusehen. Ziel ist es
hingegen, die Ursachen der Kennwertverluste zu kennen und Lösungen zu erarbeiten.
Der schon bei geringem Farbmittelgehalt teilweise auftretende Eigenschaftsabbau ist
auch für das Recycling von Bedeutung. Hier wird vielfach angestrebt, sortenreine
Werkstoffe zusammenzuführen und zu einer Recyklattype zu verarbeiten. Dabei kann
die Vermischung z. B. von eingefärbten, unverstärkten Werkstoffen mit nicht eingefärb-
ten, faserverstärkten Werkstoffen auftreten. Harte Farbpigmente, die in unverstärktem
Material ohne Auswirkung auf das mechanische Verhalten eingesetzt werden können,
führen dann beim faserverstärkten Recyklat zu einer unerwünschten Reduzierung der
mechanischen Eigenschaften.
7.1 Pigmentierung faserverstärkter Kunststoffe
Zur Charakterisierung des Einflusses von Farbmitteln bei der Verarbeitung von
faserverstärkten Thermo- und Duroplasten (SFT, LFT, BMC) wurden auf Faserebene
die Faserfestigkeit und Faserlängenverteilung und für das Bulkmaterial die Zugfestigkeit
und die Schlagzähigkeit herangezogen. Die Faserfestigkeit wurde mit einem am
Zusammenfassung
151
•
•
•
•
Lehrstuhl entwickelten Mikrobiegeversuch für Einzelfasern ermittelt, der es ermöglicht,
den Kraft-Deformations-Verlauf herausgelöster Einzelfasern bis zum Bruch kontinuier-
lich zu verfolgen und die dabei relevanten Kennwerte zu ermitteln.
Die Untersuchungen betreffen schwerpunktmäßig den Einfluss von Farbmitteln auf die
Schädigung der Glasfasern und des Bulkmaterials bei der Verarbeitung, da ein Großteil
der heute hergestellten Kunststoffe eingefärbt wird. Die Schädigungen erfolgen auf
Grund der abrasiven Wirkung von harten Farbpigmenten, welche die Glasfasern
anritzen, wodurch deren Festigkeit reduziert wird. Glas verhält sich wegen der
fehlenden plastischen Deformationsmöglichkeit spröde und ist intensiv kerbempfindlich.
Oberflächenschädigungen an Glasfasern reduzieren somit deren Festigkeit. Im Verbund
ergibt sich dann eine Abnahme der mechanischen Eigenschaften.
7.1.1 Einfluss von Farbmitteln beim Spritzgießen von Thermoplasten
Bei der Untersuchung der Farbmittel (Matrixmaterial PA6-GF30) wurden systematisch
folgende Aspekte berücksichtigt:
Für das mengenmäßig am meisten eingesetzte Farbmittel (Weißpigment, TiO in der
Modifikation Rutil) wurde der Einfluss des Pigmentanteils von 0,1% bis 1,0% (Voll-
einfärbung) geprüft.
2
Da für die Weißeinfärbung unterschiedliche Farbmittel eingesetzt werden können,
wurde bei einer Reihe von Weißpigmenten beim Mengenanteil von 0,5% bis 1,0%
der Einfluss auf die Werkstoffschädigung ermittelt, insbesondere um weniger
schädigende Farbpigmente zu identifizieren.
Für die unterschiedliche Farbgebung werden verschiedene farbgebende anor-
ganische Pigmente eingesetzt. Die technisch und wissenschaftlich interessantesten
wurden ausgesucht und deren Einfluss ermittelt.
Zum vertieften Verständnis der mikromechanischen Schädigungsmechanismen
wurden Farbpigmente mit unterschiedlicher Partikelgröße bei verschiedenen Grund-
härten untersucht.
Zusammenfassung
152
7.1.2 Ergebnisse der einzelnen Versuchsreihen
• Einfluss des Mengenanteils auf die Faserschädigung (Rutilpigmentierung)
Bemerkenswert ist, dass bereits die geringe Zugabe von nur 0,1Gew.-% Titandioxid
einen Festigkeitsverlust der Einzelfaser um 23% bewirkt, der dann bei Volleinfärbung
(1,0Gew.-% Titandioxid) auf 38-40% ansteigt. Der starke Festigkeitsabfall schon bei
dem geringen Anteil von 0,1Gew.-% ist dadurch zu erklären, dass schon wenige
Schädigungen der Faser durch das harte Farbpigment ausreichen, um deren Festigkeit
signifikant zu reduzieren.
Der Schädigungsprozess der Faseroberfläche spiegelt sich auch in den Faserlängen-
verteilungen der untersuchten Proben wider. Auffallend ist, dass zwar ähnlich den
Einzelfaserfestigkeiten die Faserlängen mit zunehmendem Pigmentgehalt kürzer
werden, der intensive Abfall, wie er bei den Faserbruchkräften schon bei 0,1Gew.-%
Pigmentanteil zu beobachten war, jedoch ausbleibt. Somit scheint die bisherige
Vorgehensweise der alleinigen Faserlängenbetrachtung zur Parametercharakteri-
sierung nicht ausreichend zu sein, zumindest kann die Faserfestigkeitscharakterisierung
unterstützend wirken und/oder weitere Hinweise liefern.
Auch an den spritzgegossenen Schulterstäben lässt sich der Faserschädigungsverlauf
nachvollziehen: Die Zugfestigkeit sinkt bereits bei 0,1Gew.-% Anteil an Titandioxid um
18% gegenüber dem uneingefärbten Material, bei Volleinfärbung sogar bis zu 25% ab.
Die Schlagzähigkeit zeigt gegenüber der Zugfestigkeit einen noch stärkeren Einbruch.
Schon bei minimaler Zugabe von 0,1Gew.-% Titandioxid sinkt diese um ca. 42% ab und
nimmt mit zunehmendem Pigmentgehalt (1%) bis zu 50% ab.
• Einfluss unterschiedlicher Weißpigmente auf die Faserschädigung
Neben TiO in seiner härtesten Modifikation (Rutil) wurden das Farbpigment in der
weicheren Modifikation (Anatas) sowie die weicheren Farbpigmente Zinksulfid und
Bariumsulfat und eine Mischung dieser beiden Letztgenannten (Litopone) untersucht.
Es wird deutlich erkennbar, dass die Farbpigmente mit einer größeren Härte als Glas zu
einer Schädigung führen, wobei die Schädigung durch das harte Rutil deutlicher ist als
die durch das etwas weichere Anatas. Pigmente, die eine geringere Härte als Glas
aufweisen, führen zu einer geringen bis verschwindenden Schädigung der Kennwerte.
2
In dieser Versuchsreihe wurden Mengenanteile von 0,5% und 1% zugegeben; erwar-
tungsgemäß liegt die Schädigung bei Zugabe von 1% nur leicht über der von 0,5%.
Zusammenfassung
153
• Einfluss unterschiedlicher Farbpigmente auf die Faserschädigung
Es wurde – bei Volleinfärbung – der Einfluss von unterschiedlichen anorganischen
Buntpigmenten untersucht, die zum einen unterschiedliche Härten, zum anderen
unterschiedliche Partikelgrößen aufwiesen. Ergänzend wurde der Einfluss der
organischen Farbpigmente Ruß und Cu-Phthalocyanin betrachtet.
Bei Zugabe von Farbpigmenten mit einer geringeren Härte als die von Glas werden
keine Faserschädigungen beobachtet und zumeist die mechanischen Eigenschaften
des Probestabs nicht beeinflusst. Eine Ausnahme stellt das an sich weiche Pigment
Ruß dar, das wohl zu einer feinkörnigeren Kristallisation des Polyamids führt (wurde
hier aber nicht näher betrachtet), wodurch die Zähigkeit des Probestabs reduziert wird.
Für Pigmente mit einer größeren Härte als Glas kann insgesamt, unter Heranziehen der
Partikelgröße, folgende Aussage gemacht werden: Der Einfluss der Härte auf den
Abbau der Faserfestigkeit ist nur schwach ausgeprägt oder vernachlässigbar. Dagegen
hat die Pigmentgröße einen deutlichen Einfluss: Große Pigmente schädigen bei
gleichen Gewichtsanteilen weniger stark als kleine.
• Modellvorstellungen
Mit den ermittelten Kennwerten der Faserlänge und der Faserfestigkeit können
Modellvorstellungen hinsichtlich der Zugfestigkeit und der Schlagzähigkeit verifiziert
werden. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Faserfestigkeit führt bei der
Zugfestigkeit zu einer sehr guten Übereinstimmung, bei der Schlagzähigkeit kann der
qualitative Verlauf zwischen Modell und realen Kennwerten gut abgebildet werden.
7.1.3 Einfluss von Farbmitteln bei der Verarbeitung von Duroplasten (BMC)
BMC-Formmassen werden ebenfalls mit einer Spritzgießmaschine verarbeitet, und es
sind auf Grund der gegebenen Interaktion ebenfalls Faserschädigungen zu erwarten.
Es wurde im Vergleich zur nicht eingefärbten Probe der Einfluss von sechs
unterschiedlich harten Farbmitteln auf den Abbau der Fasereigenschaften untersucht.
Die Verarbeitung der Proben erfolgte hierbei im Messkneter, die Probeplatten wurden
gepresst.
Tendenziell ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei der Verarbeitung von Thermoplasten,
d. h. die Farbmittel mit einer größeren Härte als Glas tragen zu einer extremen
Faserschädigung bei und reduzieren die Faserbruchspannung um bis zu 40%. Dies
Zusammenfassung
154
führt ebenfalls zu einem extremen Abfall der Schlagzähigkeit, die durch harte Farbmittel
nahezu halbiert wird.
7.2 Faserfestigkeitsabbau durch Hydrolyse
Die Untersuchungen an einseitig hydrolytisch belasteten Kühlerwasserkästen
(PA66-GF35) zeigen, dass eine Faserschädigung nur in oberflächennahen Schichten
stattfindet und daher davon auszugehen ist, dass das Festigkeitsverhalten des
Recyklats nicht beeinträchtigt wird.
7.3 Faserfestigkeitsabbau bei SMC-Recycling
Beim Recycling von Duroplasten werden diese mechanisch-verfahrenstechnisch
zerkleinert. Hierbei gewinnt man verschiedene Fraktionen, u. a. Faserfraktionen, die bei
der anschließenden Verarbeitung neue Fasern substituieren können. Die Unter-
suchungen an den recyclierten Faserfraktionen zeigen einen nur mäßigen Abbau der
Faserfestigkeit. Die Faserfraktion kann somit ohne nennenswerte Einbußen bezüglich
deren Festigkeit wiederverwertet werden. Nachteilig bleibt die deutliche Reduzierung
der Faserlänge.
7.4 Anmerkung
Prinzipiell muss festgehalten werden, dass das Potential der in der Arbeit vorgestellten
Eigenschaftsverluste bei den diskontinuierlich faserverstärkten Thermoplasten nicht in
seinem möglichen Ausmaß untersucht und dargestellt ist. Sowohl bei den SFT-
Compounds als auch bei den Untersuchungen zu LFT waren die Ausgangswerkstoffe,
und damit die Referenz auf die die Aussagen bezogen sind, nicht optimiert verarbeitet.
Gerade das pultrudierte Ausgangsgranulat der LFT-Untersuchung lag selbst bei der
Referenz, also nicht eingefärbt, weit unter dem verarbeitungstechnisch heute üblicher-
weise Machbaren. Die mittlere Faserlänge lag bei nur 1,7mm nach der Verarbeitung
(Referenz), bei einem 10mm Ausgangsgranulat, während hier 3-5mm durchaus
realisierbar sind. Da sich an dem prinzipiellen Schädigungsmechanismus, über die
Faserschwächung zum Faserbruch, nichts ändert, liegt demnach der Eigenschafts-
verlust eines optimierten Systems erwartungsgemäß ungleich höher. Die Unter-
suchungen befassten sich bisher mit Werkstoffen die selbst uneingefärbt unterkritisch
vorlagen, interessant scheinen aber vor allem die optimierten Systeme mit überkritisch
langen Fasern.
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Literaturverzeichnis
168
Liste der betreuten Diplom- und Studienarbeiten
• Hinz, D.: Mikrobiegeversuch an Kurzglasfasern. (Studienarbeit)
• Beusen, S.: Festigkeitsanalyse an Glasfasern im instrumentierten Biegeversuch.
(Studienarbeit)
• Otte, W.: Festigkeitsanalyse an Glasfasern zur Charakterisierung von Farbmitteln im
instrumentierten Mikrobiegeversuch. (Studienarbeit)
• Schmitt, M.: Festigkeitsanalyse an Glasfasern zur Charakterisierung von Farbmitteln
im instrumentierten Mikrobiegeversuch bei BMC-Proben. (Studienarbeit)
• Hoffmann, D.: Aufbau und Inbetriebnahme eines Messkneters zur Untersuchung der
Faserschädigung bei Laborverarbeitung. (Studienarbeit)
• Elwart, F.: Entwicklung und Inbetriebnahme einer Prüfeinrichtung zur Untersuchung
der Mikrofurchungswirkung von Farbmitteln und Füllstoffen auf Glas. (Studienarbeit)
• Ferrando Marlés H.: Faserfestigkeits- und Eigenschaftsabbau bei glasfaserverstärk-
tem Polyamid durch Einfärbung mit anorganischen Farbpigmenten. (Diplomarbeit)
• Podlesny, M.: Faserfestigkeits- und Eigenschaftsabbau bei langglasfaserverstärktem
Polypropylen (LFT) durch Einfärbung mit anorganischen Farbpigmenten.
(Studienarbeit)
• Langner, M.: Faserfestigkeits- und Eigenschaftsabbau bei kohlenstofffaserver-
stärktem Polyamid durch Einfärbung mit anorganischen Farbpigmenten.
(Studienarbeit)
• Ebersohl, J.: Entwicklung und Inbetriebnahme einer Prüfeinrichtung zur Unter-
suchung der Faserfestigkeit im instrumentierten Mikrozugversuch. (Studienarbeit)
Lebenslauf 169
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name
Geburtsdatum/-ort
Staatsangehörigkeit
Familienstand
Gerhard Stelzer
17. Mai 1969 in Ramsen
deutsch
ledig
Schulausbildung
1976 – 1980 Grundschule, Ramsen
1980 – 1986 Realschule, Eisenberg
1986 – 1989 Gymnasium, Weierhof
1989 Abschluss: Allgemeine Hochschulreife
Studium
1989 – 1997 Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Universität
Kaiserslautern
Vertiefungsrichtung:
Konstruktiver Maschinenbau
1997 Abschluss: Diplom-Ingenieur
Berufliche Tätigkeiten
1989 – 1997 Industriepraktika in verschiedenen Unternehmen des
Maschinenbaus
1997 – 1998 Freier Mitarbeiter am Lehrstuhl für Recyclinggerechte
Produktgestaltung / Entfertigung der Universität
Kaiserslautern
Seit 1998 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für
Recyclinggerechte Produktgestaltung / Entfertigung der
Universität Kaiserslautern