zusammenschrift der mikroökonomik zum thema haushalt und...

238
Zusammenschrift der Mikroökonomik zum Thema Haushalt und Firma Dr.-Ing. Olaf Kintzel August 2009 1

Upload: dinhtuong

Post on 29-Aug-2019

213 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Zusammenschrift der Mikroökonomik zum

Thema Haushalt und Firma

Dr.-Ing. Olaf Kintzel

August 2009

1

1 Einführung

Diese Zusammenschrift basiert auf den Vorlesungsskripten der Fernuniversi-tät Hagen des Lehrstuhls Wirtschaftstheorie (Prof. Dr. Alfred Endres) ausdem Jahre 2007. Es handelt sich um eine komprimierte Fassung der ers-ten drei Kurseinheiten, wobei Kapitel 2 und Kapitel 3 gekürzte Fassungender zweiten und dritten Kurseinheiten der Fernuniversität darstellen. Dabeiwurden einige Dinge komprimierter oder wesentlicher und vielleicht, zumin-destens aus der Sicht des Autors, manchmal verständlicher formuliert. Eshatte sich ergeben, dass der Autor bereits zuvor im Zeitraum 1998/99 einegute Zusammenschrift des Themengebietes erstellt hatte, wobei insbesondereauf die kommerziell erhältlichen Bücher

1. „Preistheorie“ von Herberg, 2. Auflage, 1990

2. „Mikroökonomische Theorie“ von Henderson/Quandt, 3. Auflage, Vah-lens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 1973

3. „Grundzüge der mikroökonomischen Theorie“ von Schumann, 6. Auf-lage, Springer-Verlag, 1992

zurückgegriffen wurde. Diese Zusammenschrift wurde dann in den Kapiteln2.10 bis 2.15 sowie Kapitel 4 integriert. Dabei ist erkennbar, dass insbesondereauf die mathematischen Zusammenhänge eingegangen wird. Die Kurseinhei-ten der Fernuniversität sind sehr souverän und gut geschrieben, meiden abermathematische Ableitungen zumindestens an den Stellen, wo der Autor dieserwartet hätte. So war es dem Autor ein Dorn im Auge, dass z.B. die so ge-nannte Slutsky-Gleichung zitiert wurde, aber keine Ableitung vorhandenwar. Leider war die Zusammenschrift von 1998/99 nur handschriftlich, sodass der Autor sich genötigt sah, eine Abschrift in Latex zu erstellen. Darausentstand eigentlich die Idee dieses Skriptes. Nämlich um auch andere Studen-ten anderer Lehreinrichtungen davon profitieren lassen zu können, empfandes der Autor als zusätzlichen Nutzen in freien Stunden auch die ersten dreiKurseinheiten der aktuell vorliegenden Skripte der Fernuniversität Hagen zuintegrieren. Der Autor hofft, damit gerade eher mathematisch orientiertenStudenten der Wirtschaftswissenschaft eine Stütze zu sein, aber auch an-deren Studenten durch diese komprimierte Zusammenfassung eine gute Hilfeim Verständnis des Themengebietes bereitzustellen. Allerdings wurde nur dasZiel verfolgt die eher theorie-intensiven Fachgebiete „Haushalt“ und „Firma“

2

(oder (synonym:) Unternehmung) zu behandeln, um einer Ausuferung die-ses Skriptes entgegenzuwirken. Rückblickend kann der Autor mathematischgesinnten Studenten jedoch den Tipp geben, sich auf die Methodik der Wirt-schaftswissenschaften einzulassen, wie wenig mathematisch fundiert sie auchscheinen mögen. Eigene Erfahrung hat gezeigt, dass nur eine langjährige Aus-einerandersetzung und Einübung der geisteswissenschaftlichen DenkrichtungMöglichkeiten eröffnet, Schätze zu bergen, die sonst verborgen geblieben wä-ren. Praktisch gesehen sollte ein Studium der Wirtschaftwissenschaften be-reits sehr früh begleitend im Curriculum vorgesehen sein (vorteilhafterweisewährend der Promotion). Ausgebildeten Mathematikern oder Ingenieuren istsonst die beschwerliche Aufgabe abzuverlangen, die geisteswissenschaftlichefaktenorientierte Sicht zu integrieren, was manchmal Jahre dauern kann, aberam Ende wertvoll sein kann. In diesem Sinne lautet das Resümee: „Auch wenndieses Skript für den (leider mit einer Portion Sendungsbewusstsein ausge-statteten) Autor vielleicht einen ideellen Wert darstellen mag, so mögen esden vielen Studenten dazu auch zwei oder drei wertvolle Bücher sein. Was aufjeden Fall klar ist: Ohne Sekundärliteratur, d.h. ohne Sichtweise verschiede-ner Geister, ist ein Studium der Wirtschaftswissenschaften sinnlos. (Darum:Geiste(r)wissenschaften!!)“ .

3

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung 2

2 Allgemeines zur Mikroökonomik 82.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.1.1 Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.1.2 Mikroökonomik als Koordinationstheorie . . . . . . . . 102.1.3 Mikroökonomik als Evaluationstheorie . . . . . . . . . 132.1.4 Mikroökonomie als Regulierungstheorie . . . . . . . . . 15

3 Der Haushalt 153.1 Rationalverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.2 Präferenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173.3 Nutzen und Nutzenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.4 Die Budgetrestriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.5 Entscheidung des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283.6 Autonome Entscheidungen unter Unsicherheit . . . . . . . . . 30

3.6.1 Entscheidung unter Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . 313.6.2 Eigenschaften der Erwartungsnutzenfunktion . . . . . . 333.6.3 Die Indifferenzkurve der Erwartungsnutzenfunktion . . 373.6.4 Beispiel 1: Die Wahl der optimalen Deckungssumme

bei einem Versicherungsvertrag . . . . . . . . . . . . . 393.6.5 Beispiel 2: Die Wahl eines optimalen Bündels von Zu-

standsgütern als Analogie zu einem Terminmarkt . . . 413.7 Entscheidungen über die Güternachfrage . . . . . . . . . . . . 46

3.7.1 Änderung auf eine Einkommensvariation . . . . . . . . 483.7.2 Änderung auf Variation der Preise . . . . . . . . . . . . 493.7.3 Das duale Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543.7.4 Die indirekte Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . 55

3.8 Den Nutzen messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553.8.1 Die Konsumentenrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563.8.2 Einkommenskompensationen . . . . . . . . . . . . . . . 583.8.3 Vereinfachungen zum Ziel der Aggregation . . . . . . . 60

3.9 Alternative Nachfragetheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633.9.1 Die Theorie offenbarter Präferenzen (revealed prefe-

rences) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633.9.2 Die Attributen-Theorie nach Lancaster . . . . . . . 64

4

3.10 Exkurs: Elastizitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.11 Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733.12 Finden des Optimums mit Optimierung . . . . . . . . . . . . . 823.13 Ein erstes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993.14 Die indirekte Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043.15 Ein komplettes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073.16 Die Entscheidung über das Arbeitsangebot . . . . . . . . . . . 110

3.16.1 Die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit . . . . . . . . . 1103.16.2 Entscheidung über die Arbeitsmarktbeteiligung . . . . 1123.16.3 Steuern, Transfer, Arbeitsangebot . . . . . . . . . . . . 1123.16.4 Ein kleines Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143.16.5 Güterallokation und Zeitallokation simultan betrachtet 1153.16.6 Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben . 117

3.17 Die Sparentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1173.18 Die Anlageentscheidung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . 1213.19 Sonstige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

4 Die Firma 1254.1 Die Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

4.1.1 Totale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274.1.2 Partielle Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . 1294.1.3 Partielle Faktorvariation-lineare Produktionsfunktion . 1294.1.4 Partielle Faktorvariation-linear-limitationale Produk-

tionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1304.1.5 Partielle Faktorvariation-neoklassische Produktionsfunk-

tion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1314.1.6 Partielle Faktorvariation-ertragsgesetzliche Produktions-

funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1324.1.7 Substitionale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . 1334.1.8 Die Substitutionselastizität . . . . . . . . . . . . . . . . 1344.1.9 Spezielle Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . 1354.1.10 Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion . . . . . . . 1374.1.11 Die CES-Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . 1394.1.12 Homogene und homothetische Produktionsfunktionen . 139

4.2 Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1414.2.1 Langfristige Kostenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . 1424.2.2 Langfristige Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskos-

tenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

5

4.2.3 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lageder langfristigen Kostenkurve . . . . . . . . . . . . . . 150

4.2.4 Kurzfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 1524.2.5 Fixe und variable Kosten, Durchschnitts- und Grenz-

kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1544.2.6 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage

der kurzfristigen Kostenkurve . . . . . . . . . . . . . . 1574.2.7 Experimentelle Untersuchungen zu kurz- und langfris-

tigen Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1614.3 Das Güterangebot einer Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

4.3.1 Das kurzfristige Güterangebot . . . . . . . . . . . . . . 1644.3.2 Das langfristige Güterangebot . . . . . . . . . . . . . . 167

4.4 Der Marktein- und austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1704.5 Die Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

4.5.1 Kurzfristige Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . . 1714.5.2 Langfristige Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . . 173

5 Unternehmenstheorie 1765.1 Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

5.1.1 Linear-limitationale Produktionsfunktion . . . . . . . . 1775.1.2 Linear-limitationale Mehrgüterproduktion . . . . . . . 1815.1.3 Die neoklassische Produktionsfunktion . . . . . . . . . 1825.1.4 Neoklassische Mehrgüterproduktion . . . . . . . . . . . 1855.1.5 Die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion . . . . . . . 1875.1.6 Vollkommen substitionale Produktionsfunktionen . . . 1915.1.7 Die CES-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

5.2 Totale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1965.3 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

5.3.1 Kurzfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 2045.3.2 Die linear-limitationale Produktionsfunktion . . . . . . 2055.3.3 Die neoklassische Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . 2065.3.4 Ertragsgesetzliche Funktion . . . . . . . . . . . . . . . 2075.3.5 Bestimmung der konstenminimalen Menge . . . . . . . 2075.3.6 Langfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 216

5.4 Dualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2225.5 Das Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

5.5.1 Analyse des Gewinnmaximus . . . . . . . . . . . . . . 2265.5.2 Eine Analyse des Extremalproblems . . . . . . . . . . . 229

6

5.5.3 Eine Analyse der Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2315.5.4 Eine Analyse von Preiswirkungen . . . . . . . . . . . . 235

5.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

7

2 Allgemeines zur Mikroökonomik

2.1 Einleitung

Die Mikroökonomik beschäftigt mit der Art und Weise, wie bestimmte Mit-glieder einer Gesellschaft (Individuen) unter bestimmten Rahmenbedingun-gen (staatliche Regulationen) bestimmte Güter (Konsumgüter, Produktions-faktoren) auf ihre Verwendungsmöglichkeiten verteilen. Dabei spielt das Prin-zip der Knappheit eine große Rolle, d.h. die zur Verfügung stehenden Mittelreichen nicht aus, alle Bedürfnisse zu befriedigen. Demzufolge soll eine mög-lichst optimale Verteilung der entsprechenden Güter auf die verschiedenenVerwendungsmöglichkeiten (Allokation) erfolgen. Dabei steht zum einen dieindividuelle Entscheidung eines Haushalts oder einer Unternehmung im Vor-dergrund, dann die Frage, wie eine solche Allokation am sinnvollsten koordi-niert wird. Eine anschließende Bewertung der entsprechenden Allokation sollschließlich zeigen, ob damit das gesellschaftliche Ziel der Wohlfahrtsmehrungoder auch soziale Gerechtigkeit erreicht werden. Dort, wo der reine Marktme-chanismus ohne staatliche Eingriffe nicht in der Lage ist das soziale Optimumzu erreichen, soll durch die Regulation des Marktes Abhilfe geschaffen wer-den. Die Entscheidung, Koordination, Evaluation und Regulierung sind alsovier verschiedene Hierarchien von Betrachtungsebenen, die in der genanntenReihenfolge voneinander abhängen.

2.1.1 Entscheidung

Eine Entscheidung ist eine Wahl zwischen verschiedenen Alternativen, diesich gegenseitig ausschließen unter Beschränkungen (Restriktionen) bei Knapp-heit der Ressourcen. Ein Entscheider hat bestimmte Zielvorstellungen undmuss zwischen Alternativen auswählen. Mathematisch ist eine Zielfunktionunter Nebenbedingungen zu maximieren. Das gefundene Gleichgewicht istsolange die beste Lösung, solange Zielsetzungen und Rahmenbedingungenunverändert sind. Während das Unternehmen versucht, seinen Gewinn zumaximieren unter den Restriktionen der gewählten technischen Produkti-onsmethoden, den Verhältnissen auf den Beschaffungs- und Absatzmärktensowie unter den rechtlichen Rahmenbedingungen, will der Haushalt seinenindividuellen Nutzen mehren unter den Nebenbedingungen der Budgetre-striktion, also seines Einkommens, und rechtlicher Rahmenbedingungen. Umden Entscheidungsprozess zu modellieren, wird davon ausgegangen, dass die

8

Entscheidungsfindung rational ist. Dieser Entscheidungsträger wird in derMikroökonomik als Homo oeconomicus bezeichnet, wobei der Homo oecono-micus im weiteren Sinne und derjenige im engen Sinne unterschieden werden.Der Homo oeconomicus in weiteren Sinne handelt zwar rational, d.h. konsis-tent, aber verfolgt keine bestimmten Zielvorstellungen. Der Homo oeconomi-cus im engen Sinne hat hingegen bestimmte Zielvorstellungen (Präferenzen)und versucht die durch diese Präferenzen beschriebenen Ziele in rationalerForm zu verfolgen. Damit werden die Zielvorstellungen also in bestimmterWeise festgelegt. Ob der Homo oeconomicus hingegen altruistisch oder egois-tisch reagiert, ist dadurch nicht festgelegt. In der Mikroökonomik wird derHome oeconomicus mit egoistischen Präferenzen betrachtet. Dieser hat seineigenes Wohl im Blick, das Wohl seiner Mitmenschen ist ihm gleichgültig. Ho-he Ideale wie Frieden, Umweltschonung, etc. sind für ihn kein Selbstzweck,sondern ein Mittel zur eigenen Wohlfahrtssteigerung. Der egoistische Homooeconomicus kann sogar Gutes tun, solange dies Mittel zum Zweck ist, wenner nämlich hofft, dadurch von den Anderen etwas zurück zu bekommen. Einsolcher „altruistischer Egoismus“ wird aber im Allgemeinen nicht in Betrachtgezogen. Der Homo oeconomicus im zu engen Sinne, der ausschließlich anGeld interessiert ist, wird auch nicht betrachtet, da die Zielgröße Geld zueinschränkend ist. So könnte dieser Entscheidungsträger keine vernünftigeWahl zwischen Arbeit und Muße wählen, da ihm Arbeit und damit die Ge-winnung von Geld immer wichtiger wäre. Praktisch ist hingegen jeder frei inder Wahl seiner Präferenzen, jedoch wird nur das Verhalten des egoistischenHomo oeconomicus durch die mikroökonomische Theorie erklärt.

Normativ betrachtet sollte jeder frei in der Festlegung seiner Ziele sein. Dannwäre somit ein Homo oeconomicus im weiteren Sinne gemeint. Mikroöko-nomik sucht die wirtschaftlichen Entscheidungsprozesse bei Änderung derRahmenbedingungen abzubilden. Damit muss man die Auswirkungen dieserÄnderungen auf die verschiedenen Entscheidungen kennen. Ohne eine solcheEinengung auf egoistische Präferenzen könnte man jedoch keine zielgerichteteWirtschaftspolitik betreiben. Werden daher keine bestimmte Einschränkun-gen in Bezug auf das Verhalten des Entscheidungsträgers getroffen, könntesie dieses Verhalten auch nicht voraussagen. Die altruistische Zielvorstellungalso das Interesse am Wohl des Anderen und die egoistische Zielvorstellungd.h. das Interesse nur an der eigenen Wohlfahrtssteigerung, könnten ebensobestimmte Homini oeconomici im engeren Sinne beschreiben, jedoch wirdpraktisch nur der egoistische Homo oeconomicus durch die Theorie erklärt.

9

Außerdem können manche Entscheidungen durchaus irrational, d.h. „aus demBauch heraus“ erfolgen. Jedoch hat noch keiner geschafft auf der Grundlageder Irrationalität eine ökonomische Theorie zu entwickeln. Eine beschränkteRationalität, bei der beschränkte Kapazitäten zur Verarbeitung von Proble-men angenommen werden d.h. wenn nicht alle Alternativen und deren Kon-sequenzen brücksichtigt werden können wurde zwar versucht und hat auchbestimmte Fortschritte zu verzeichnen, aber sie ist als eine neue Theorie nurdann besser, wenn sie alle Aspekte einer traditionellen Theorie erklären kannund darüberhinaus auch in der Lage ist neue Aspekte zu erklären. Davonkann jedoch keine Rede sein. Es ist vielmehr so, dass die Theorie der be-schränkten Rationalität andere Aspekte des menschlichen Verhaltens erklärt.

Die experimentelle Ökonomik versucht Abweichungen vom Rationalverhal-ten zu identifizieren und zu systematisieren. Dabei werden Testpersonen un-ter Laborbedingungen getestet. Es wurde sogar kürzlich der Versuch unter-nommen bestimmte Präferenzen mit der Magnetresonanz-Tomographie nachaußen hin sichtbar zu machen, indem die Reaktionen der Probanden auf be-stimmte Schlüsselreize getestet wurden. Jedoch sind solche Laborversuchenur bedingt auf die Realität übertragbar. In Zukunft wird die Theorie aberzunehmend unter Einbeziehung der Ökonomen, Psychologen, der Neurowis-senschaftler und der Philosophen weiterentwickelt. Man hat dafür den Begriffder „Neuroeconomics“ geprägt.

2.1.2 Mikroökonomik als Koordinationstheorie

Koordination ist die Verteilung von Gütern auf die entsprechenden Gesell-schaftsmitglieder (Haushalte, Unternehmen, Staat) unter Arbeitsteilung. Zu-nächst muss ein begehrtes Gut hergestellt werden und ein hergestelltes Gutmuss auch konsumiert werden. Dort, wo auf eine knappe Ressource sich indi-viduelle Ansprüche richten, muss ein Mechanismus zur Regulierung von Kon-flikten vorhanden sein. Die Koordination kann ja nicht durch Mord oder Tot-schlag erfolgen. Solche Möglichkeiten müssen durch staatliche Interventionausgeschlossen werden. Ein Homo oeconomicus ist durchaus gewillt, äußerepolitische Rahmenbedingungen zu akzeptieren, die zu einem Verbot oder Ver-zicht auf derartige Allokationsmethoden führen. Dies stellt in keinster Weiseein Widerspruch zur Egoismusannahme dar. Außerdem ist er damit einver-standen, dass die allgemeine Einhaltung der Spielregeln überwacht wird. DieRahmenbedingungen sind sogar in der Lage, den Mangel an Gemeinschafts-

10

sinn in den Präferenzen des Homo oeconomicus im engeren egoistischen Sin-ne zu kompensieren. Alternativ dazu wäre ein Homo oeconomicus maturus,der die entsprechenden Normen verinnerlicht hätte. Normen werden aber inder Regel als externe Rahmenbedingungen verstanden. Der egoistische Homooeconomicus befürwortet Normen, weil er weiß, dass sie für das Zusammen-wirken der Gesellschaftsmitglieder erforderlich sind. Am liebsten wäre es ihmnatürlich als Einziger die Normen zu brechen, während alle Anderen sie erfül-len. Dies ist jedoch untersagt, da die Einhaltung der Normen überwacht wird.

Die Verteilung erfolgt unter Knappheit, d.h. nicht alle Wünsche aller Men-schen können simultan erfüllt werden. Eine bestimmte Zuweisung der knap-pen Ressourcen auf die produktive Verwendung und die Verteilung der dabeiproduzierten Güter auf die Individuen wird als Allokation bezeichnet. DerAllokationsmechanismus ist der Markt. Eine Allokation darf nicht ineffizientsein. Effizienz ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung fürOptimalität.

Oft wird die Zahlungsbereitschaft als Indikator für die Bedürfnisintensitätherangezogen. Liegt die Zahlungsbereitschaft unter dem Marktpreis einesGutes, so kann dieses Gut nicht erworben werden. Jeder Haushalt muss au-ßerdem eine Rangordnung seiner Bedürfnisse aufstellen und diese offenbaren.Durch den Vergleich mit dem Marktpreis wird implizit seine Bedürfnisin-tensität mit den Bedürfnisintensitäten aller anderen Haushalte verglichen.Der Grad der Fühlbarkeit richtet sich dann nach dem Nicht-Käufer, der denstärksten Bedarf geltend gemacht hat, aber nicht mehr zum Zuge kam, dadie Gütermenge begrenzt ist.

Haben Güter Marktpreise, so zwingt dies jeden Haushalt,

• seine eigenen Wünsche nach der Intensität der Bedürfnisse zu ordnen.

• bei der Verfolgung seiner Interessen die Interessen der anderen Haus-halte zu berücksichtigen. Maßstab des Interesses ist die Zahlungsbereit-schaft.

Die Zahlungsbereitschaft spiegelt nicht nur die Bedürfnisintensität, sondernbeinhaltet zugleich auch die Zahlungsfähigkeit, worauf im nächsten Unter-punkt genauer eingegangen wird.

11

Marktgleichgewicht herrscht, wenn Angebot und Nachfrage im Gleichgewichtsind. Änderungen des Marktgleichgewichtes wird durch Änderung der Rah-menbedingungen (Einkommen der Haushalte, Kosten der Firmen) möglich.

Bei den Unternehmen ist es ähnlich. Die Produktionsfaktoren, die knappsind, müssen auf die einzelnen Produktionen und Verwendungen aufgeteiltwerden. Dafür werden die Produktionskosten betrachtet. Produktionsfakto-ren stehen dann für eine Produktion eines anderen Gutes nicht mehr zurVerfügung. Auch dieser Effekt spiegelt sich im Marktpreis wieder. Der Preisdes Endproduktes einer Firma, die einen bestimmten Produktionsfaktor ver-wendet, wird durch den Marktpreis dieser Faktoren bestimmt. Die im idealenMarkt herrschende Konkurrenz sorgt dafür, dass der Preis des Endproduktesnicht wesentlich über den Gesamtkosten der Faktoren liegt, die in das Pro-dukt eingegangen sind.

Koordination und Konflikte regeln sich über den Marktmechanismus. DerHaushalt als Konsument eines Gutes ist über den Preis gezwungen zu be-rücksichtigen, dass

• dieses Gut einem anderen Haushalt streitig gemacht wird.

• dadurch Produktionsfaktoren gebunden werden, die dann in anderenVerwendungen fehlen.

Haushalte sind durchaus bereit höhere Preise für Güter zu zahlen, die ihrenWünschen eher entgegenkommen, als für solche Güter, die am Bedarf vorbeiproduziert werden. Um einen hohen Gewinn zu erzielen, sollten sich die Un-ternehmen also stark an den Wünschen der Haushalte orientieren. Firmenerfüllen die Wünsche der Haushalte nicht aus Altruismus, sondern aus exis-tenziellem Egoismus. Produzenten, die am Bedarf vorbei produzieren, wer-den bestraft, indem die Haushalte zum besseren Konkurrenten überwechseln.

Natürlich kann durch Werbung Einfluss auf die Präferenzen der Haushaltegenommen werden. Diese Einflussnahme ist jedoch durch die konkurrierendenBemühungen anderer Firmen, gesetzliche Restriktionen und die Kritikfähig-keit („Mündigkeit“) der Haushalte begrenzt. Auch die Firmen werden belohnt,die durch technischen Fortschritt effizienter arbeiten und die Produktionsfak-toren wirtschaftlicher einsetzen. Externe Effekte, die durch außermarktliche

12

Effekte wie Umweltverbrauch entstehen, für die keine gesetzlichen Rahmen-bedingungen existieren, werden in einem idealen Marktmechanismus nichtbetrachtet.

2.1.3 Mikroökonomik als Evaluationstheorie

Die Beschreibung und Erklärung des Marktmechanismus wird als positiveAnalyse bezeichnet. Bewertungen dieser Ergebnisse werden durch eine nor-mative Analyse untersucht. Im Prinzip geht es dabei um die Wohlfahrtsför-derung. Existieren zwei mögliche Sätze von Bedingungen, so ist jener vor-zuziehen, der zu einer höheren Wohlfahrt führt. Auch bei Auswahl zwischeneinem Marktmechanismus und einem nicht-marktlichen Allokationsmecha-nismus ist derjenige zu wählen, der die maximale Wohlfahrt hervorbringt.Zählt nun die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft oder gar der Weltgesellschaft?Wird die Gegenwartsgeneration herangezogen oder auch künftige Generatio-nen? Wie kann die Wohlfahrt berechnet werden? Wohlfahrt eines Einzelnenist konzeptionell und empirisch schwierig zu bestimmen. Das, was für eineGesellschaft als Ganzer gut tut, ist ein unverzichtbarer Kompass, an dem sichdie Gesellschaft bei ihrer Entwicklung orientieren sollte, wobei keine indivi-duellen, sondern allgemeinen Werturteile angesetzt werden.

Eine Gesellschaft macht aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen nichtgenug, wenn sie Ressourcen verschwendet. Damit ist ein Zustand gemeint,von dem auszugehen es möglich ist, den Nutzen eines Individuums zu stei-gern, ohne den eines Anderen zu senken. Ein Gleichgewicht, welches dieses er-reicht, bezeichnet man als pareto-optimal. So sind auch freiwillige Tauschaktevorteilhaft, wenn sie die aggregierte Wohlfahrt erhöhen. Homini oeconomiciwerden überhaupt nur dann Tauschakte vorziehen, wenn sie wohlfahrtsstei-gernd sind.

Allerdings ist die Definition der Pareto-Optimalität nicht unproblematisch.Auch die Frage des Allokationsmechanismus ist von Belang. Beruht eine Ent-scheidung auf der Entscheidung eines Diktators, sollte diese Allokation, auchwenn sie superior ist, wenig geschätzt werden.

1. Das Pareto-Kriterium basiert auf dem Werturteil der Prozessunabhän-gigkeit (Das Ergebnis heiligt die Mittel).

2. Die Lage der Individuen ist ausschlaggebend. Jedoch kann ein Zustand,

13

in dem es den Individuen schlechter, der Gesellschaft insgesamt (demStaat) aber gut geht, vorgezogen werden.

3. Jedes Mitglied der Gesellschaft entscheidet selbst, welche Güterbündelihm den größten Nutzen stiftet. Da, wo individuelle Wünsche gegengesellschaftliche Normen verstoßen (Verkauf eigener Organe, Drogen-konsum, Sklaverei) sollte aber eine Grenze gezogen werden.

4. Das Pareto-Kriterium impliziert den guten Willen, also das Fehlen vonNeid und Missgunst. Demnach ist eine Allokation besser, wenn ein rei-ches Mitglied der Gesellschaft noch reicher wird, vorausgesetzt, die an-deren werden dadurch nicht ärmer.

Kurz, das Pareto-Kriterium ist nicht werturteilsfrei. Aus gegensätzlichenWertkriterien können sich unter Umständen Rechtfertigungen für Eingrif-fe des Staates in den Marktmechanismus ergeben.

Ein Übergang von einer Allokation zu einer anderen wird über die positivenAspekte (Nutzen) und die negativen Aspekte (Kosten) beurteilt. Würden dieNutzen und Kosten aggregiert, so erhielte man die gesellschaftlichen Nutzenund Kosten. Von verschiedenen Allokationen ist diejenige die sozial beste, beideren Erreichung die höchste gesellschaftliche Nutzen-Kosten-Differenz (derhöchste Nettonutzen) entsteht. Allerdings ist der Nutzen nicht zwischen ver-schiedenen Individuen vergleichbar (Nutzen ist nicht kardinal messbar). Manarbeitet daher eher mit einer Geldgröße, der Zahlungsbereitschaft. Je höherder Nutzen eines Gutes, desto höher wird wohl auch die Zahlungsbereit-schaft. Jedoch wird der gesellschaftliche Nutzen verzerrt dargestellt, indemdie Zahlungsfähigkeit der Personen auch mit eingeht d.h. die wohlhabende-ren Haushalte haben auch die höhere Zahlungsfähigkeit. Eine hohe Kaufkraftwirkt sozusagen als Verstärker bei der Übersetzung von Nutzenempfindun-gen in Zahlungsbereitschaft. Werden Zahlungsbereitschaften unkorrigiert alsMaß für die Nutzenvorteile verwandt, so impliziert dies das Werturteil einergerechten herrschenden Einkommensverteilung. Das Ergebnis der Allokationgenügt demnach nicht dem Anspruch, das soziale Wohl zu maximieren. Sozia-le Optimalität ist ein hohes Ziel. Wettbewerblich organisierte Märkte dienendiesem Ziel eher als monopolistische Märkte. Es wäre auch besser, Märk-te so zu organisieren, dass die Entscheidungsträger mit Umweltressourcenverantwortlich umgehen, anstatt die Umwelt mit Schadstoffen zu belasten.

14

2.1.4 Mikroökonomie als Regulierungstheorie

Eine wesentliche Staatsaufgabe besteht darin, Wirtschaft und Gesellschaft sozu steuern, dass das individuelle Streben der Entscheidungsträger nach Wah-rung ihrer Interessen nicht zu sehr in Konflikt mit dem Ziel der Gemeinwohl-förderung gerät. Eine Abweichung zwischen Marktgleichgewicht und sozialemOptimum kann ein staatliches Handeln notwendig machen. Dabei existierenin der Regel verschiedene Möglichkeiten, die staatliche Aktivität auszuge-stalten. Dabei kann die Mikroökonomik helfen, indem sie die alternativenstaatlichen Eingriffe einer Prüfung unterzieht, wie die Marktergebnisse selbst.Staatliche Eingriffe verändern die Restriktionen. Der Einzelne versucht seinZiel zu erreichen unter den geänderten Rahmenbedingungen. Der Staat kanndie tatsächliche Auswirkung seiner Regulierungen besser beurteilen, wenner bei seiner Prognose eine mikroökonomische Entscheidungs- und Koordi-nationstheorie verwendet. So können „Risiken und Nebenwirkungen“ abge-schätzt werden. Es wird diejenige Regulierung gewählt, die nach Ablauf derAnpassungsmechanismen auf individueller und marktlicher Ebene das besteErgebnis zeitigt.

3 Der Haushalt

Ein Haushalt ist eine Wirtschaftseinheit, welches

• aus einem oder mehreren Mitglieder besteht (keine juristischen Perso-nen).

• für die gesamte Gemeinschaft einen Wirtschaftsplan aufstellt.

• keine Güter für den Markt, sondern nur für den eigenen Konsum pro-duziert.

Der Prototyp des Haushalts ist die Familie. Meist produzieren sie auch eigeneGüter wie Verpflegungsleistungen, Reinigungsleistungen, Erziehungsleistun-gen, etc., die alternativ auch am Markt gekauft werden könnten.

Davon zu unterscheiden sind Unternehmen, die stets für den Markt produ-zieren, der Staat, der überwiegend öffentliche Güter produziert und privateOrganisationen ohne Erwerbscharakter wie Vereine, Kirchen, Gewerkschaf-ten, Verbände. Im Allgemeinen handelt es sich bei Letzteren um juristische

15

Personen, die darum keine privaten Haushalte darstellen. Produzieren sieGüter für den Markt, so sind sie zu den Unternehmen zu rechnen.

Man unterscheidet zwischen autonomen und interaktiven Entscheidungen.Eine autonomer Entscheider kümmert sich nicht um die Reaktionen seinerUmwelt, wenn er nicht glaubt, dass diese sein Wohlbefinden merklich beein-flussen werden. Eine Entscheidung ist interaktiv, wenn der Akteur bei seinerEntscheidung die voraussichtliche Reaktion anderer Akteure berücksichtigt.Abstimmungsprozesse innerhalb des Haushalts (individuelle oder kollektiveEntscheidungen) werden nicht modelliert (gehört zur Social-Choice-Theorie).Man betrachtet einen Haushalt, der zu einer gemeinsamen Konsumentschei-dung gekommen ist. Die Haushaltsentscheidung betrifft das Angebot an Fak-torleistungen und die Nachfrage nach Konsumgütern und Vermögensgegen-ständen (Aktiva). Das Angebot an Arbeitsleistung stellt die wichtigste Ein-kommensquelle dar. Daneben gibt es das Angebot an Kapitalleistungen.Das Einkommen des Haushalts fließt in den Kauf von Konsumgütern oderwird zur Akkumulation von Vermögen verwendet. Das Einkommen wird aufKonsum und Ersparnis aufgeteilt. Für die Ersparnis gibt es die Kategori-en: Finanzkapital, Humankapital und Sachkapital. Innerhalb dieser Katego-rien existieren wiederum viele Anlagealternativen. Darüberhinaus trifft einHaushalt natürlich eine Menge weiterer Entscheidungen (Wahl des Ehepart-ners, des Berufs, des Wohnsitzes, Zahl der Kinder, politische Entscheidungen,womit der Haushalt über den Umfang und Finanzierung öffentlicher Gütermitentscheidet, die Umverteilung des Einkommens mit Hilfe des staatlichenSteuer- und Transfersystems). Werden bestehende Rechtsnormen oder Ver-haltensweisen als Handlungsbeschränkungen akzeptiert? Dies führt zur öko-nomischen Theorie der Moral. Welche Charaktereigenschaften setzen sich ingesellschaftlichen Selektionsprozessen am besten durch? Diese an der Evolu-tionsbiologie entlehnte Fragestellung wird mit den Mitteln der evolutionärenSpieltheorie untersucht. Man unterscheidet Entscheidungen unter Sicherheitund solche unter Unsicherheit oder Risiko.

3.1 Rationalverhalten

Die Ökonomik bedient sich vor allem des Modells des Rationalverhaltens.Eine Minimalforderung an rationales Verhalten ist die der Konsistenz. Kon-sistenz bedeutet, dass, wenn die selbe Auswahlregel auf alle paarweisen Alter-nativen angewendet wird, die Entscheidung widerspruchsfrei sein muss d.h.

16

es muss eine bestimmte Ordnung entstehen. Konsistentes Verhalten kann aufdie Verfolgung irgendeinen Zieles gerichtet sein. Existiert ein Ziel und ist dasVerhalten kausal abhängig vom Ziel und das Ziel selbst fest und damit un-abhängig von einer getroffenen Entscheidung, so spricht man von instrumen-teller Rationalität. Ist das Ziel selber Bestandteil des Rationalitätskalküls,also wird nicht einmal so und ein anderes Mal so entschieden, sondern wennein ganz bestimmtes Ziel gilt, dann spricht man von substanzieller Ratio-nalität. In der Ökonomik wird unterstellt, die Akteure verfolgten das Zielder Maximierung ihres eigenen Nutzens. Was den Entscheider im Einzelnennützlich ist, bleibt jedoch ihm selbst überlassen (Konsumentensouveränität).Auf Konkurrenzmärkten kann der Wettbewerbsdruck dazu zwingen, sich ei-gennützig zu verhalten. Die Eigennutzmaximierung wird von fast allen Theo-rien der Ökonomik vorausgesetzt. Allerdings, gerade in homogenen Gruppen,kann es sinnvoll sein uneigennützig dem Anderen gegenüber zu sein (z.B. inder Familie: wie ich dir, so du mir). Bei marktvermittelten Transaktionen do-miniert der Eigennutz. Verursacht der Entscheidungsprozess darüber hinauskeine Kosten, so spricht man von perfekter Rationalität (keine Kosten derInformationsbeschaffung). Dies wird auch als unbeschränkte Rationalität beivollständiger Information bezeichnet, während beschränkte Rationalität vonunvollständiger Information ausgeht.

3.2 Präferenzordnung

Ein Haushalt muss unter verschiedenen Handlungsalternativen wählen. Erwählt die, die ihm am meisten Nutzen bietet. Das Befriedigungsniveau oderder Nutzen wird über eine Präferenzordnung abgebildet. Ein Haushalt wähltjene Alternative, welche er präferiert und er präferiert jene Alternative, wel-che ihm den größten Nutzen stiftet. In einer Präferenzordnung unterscheidetman:

• A ≻ B: A wird gegenüber B präferiert (Präferenzrelation)

• A ∼ B : A ist indifferent zu B (Indifferenzrelation)

• A � B:Awird mindestens so gut geschätzt wie B (Präferenz-Indifferenz-Relation)

Werden die Alternativen paarweise so verglichen, dass eine Ordnung entsteht,spricht man von einer Präferenzordnung. Dabei sollte die Wahl unabhängig

17

sein von der angebotenen Alternative. In der experimentellen Ökonomik wer-den auch Fälle untersucht, bei denen die Wahl zwischen A und B davon ab-hängt, ob das Individuum sich in A oder B befindet (Ausstattungseffekt (En-dowment Effect)). Der realisierte Zustand ist sozusagen ein Referenzpunkt.Der Endowment Effect ist ein Spezialfall des Anchoring Effekts, bei dem eseinen bestimmten Anker gibt. So könnte ein dritter Zustand als Referenz-punkt dienen. Das Rationalverhalten muss den folgenden Axiomen genügen:

1. dem Axiom der Vollständigkeit

2. dem Axiom der Transitivität

3. dem Axiom der Reflexivität

Die weiteren ergänzenden Annahmen werden getroffen:

4. die Annahme der Nicht-Sättigung („Unersättlichkeit“ )

5. die Annahme der Stetigkeit

6. die Konvexität der Indifferenzkurven

Das sind praktisch die Minimalforderungen an eine Präferenzordnung.

Das Axiom der Vollständigkeit besagt, dass alle Alternativen in Bezug aufihre Wünschbarkeit verglichen werden. Resultiert eine Präferenzordnung mitlauter ≻-Zeichen, so spricht man von einer starken Präferenzordnung. Bei lau-ter ∼-Zeichen von einer Indifferenzordnung. Bei �-Zeichen von einer schwa-chen Präferenzordnung. Dies soll möglich sein, da der Entscheidungsprozesskeine Ressourcen bindet.

Eine Präferenzordnung ist transitiv, wenn die Entscheidung konsistent ist.Ist A � B und B � C, so muss auch A � C gelten.

Das Axiom der Reflexivität fordert, dass A � A d.h. wird einmal A undB verglichen und einmal B und A oder A und C, so muss klar erkennbarsein, dass der Entscheider im ersten Fall A genauso schätzt wie im zweitenFall. Meist gibt es auch einen Framing-Effekt, je nachdem wie die Alternati-ven präsentiert werden (z.B. ein halb-volles oder ein halb-leeres Glas). Meistresultiert dies aus einem Unterschied zwischen der objektiven Eigenschaft

18

eines Gutes und der Wahrnehmung dieser Eigenschaft durch den Konsu-menten. Die Ursache liegt also in einer Begrenztheit der kognitiven Fähig-keiten des Entscheiders. Begrenzte Problemverarbeitungskapazität steht imZentrum der psychologischen Ökonomie. Die kognitiven Fähigkeiten könnenauch (endogen) modelliert werden. Entscheidungsträger mit schlechten ko-gnitiven Fähigkeiten sind in Wettbewerbsprozessen Objekt der Ausbeutung.Die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten ist mit Kosten verbunden. Wett-bewerbsprozesse führen dann zu einer Verringerung der Differenz zwischenWahrnehmung und der objektiven Eigenschaften eines Gutes.

Im einfachen Fall eines Güterbündels aus nur zwei Gütern kann man sehreinfach eine grafische Darstellung verwenden.

G u t 2

G u t 1

X 2

X 2

X 1 X 1

( A )

( A )

( B )

( B )

A

B

Die Indifferenzkurve verbindet Güterbündel, die als indifferent zueinanderbetrachtet werden. Gilt A ≻ B ≻ C, so muss es eine Mischung zwischen Aund C geben, gegenüber der der Entscheider indifferent ist zu B. Dies wirdsichergestellt durch die Annahme der Stetigkeit d.h. die Güter sind unendlichteilbar. Damit existiert ein bestimmtes Mischungsverhältnis von A und C,das genauso geschätzt wird wie B. Damit sind also Sprünge ausgeschlossen.Die lexikografische Präferenzordnung widerspricht der Annahme der Stetig-keit. Hier gilt:

X(A) ≻ X(B), falls X(A)1 > X

(B)1 oder X(A)

1 = X(B)1 und X(A)

2 > X(B)2

X(A) ∼ X(B), falls X(A)1 = X

(B)1 und X(A)

2 = X(B)2 .

19

Dort ist nur ein Element in jeder Indifferenzklasse. Das Konzept der Budge-trestriktion, also die feste Aufteilung einer Ausgabensumme auf bestimmteVerwendungszwecke kann manchmal einer solchen Präferenzordnung folgen(z.B. an erster Stelle Ernährung, dann Bekleidung, Wohnen, Auto, Unter-haltung, usw.). Die lexikografische Präferenzordnung reduziert die Entschei-dungskosten. Bei fehlenden Entscheidungskosten ist sie aber nicht mehr ver-nünftig.

Die Annahme der Nicht-Sättigung besagt, dass eine größere Menge eines Gu-tes einer kleineren Menge immer vorgezogen wird. Das bedeutet, dass auf ei-ner Ursprungsgeraden der Nutzen immer weiter ansteigt („Mehr ist besser“ ).Dies ist hier kein Axiom, da es durchaus Fälle geben könnte, bei denen abeiner bestimmten Menge eine Sättigung einsetzt. Von einer Sättigung kannman aber erst sprechen, wenn ein Gut zu einem Preis von null nicht nachge-fragt wird, wenn es also auch niemand geschenkt haben will. Ein geschenktesGut kann durchaus implizite Kosten haben (Erhaltungs-, Entsorgungskos-ten). „Mehr ist besser“ gilt also nur für solche Güter, bei denen keine der-artigen Kosten mit der Annahme eines Geschenks verbunden sind. Erst dieAnnahme der Nicht-Sättigung erlaubt die Anwendung einfacher mathemati-scher Methoden zur Auffindung eines Maximums. Situationen, in denen estatsächlich zu einer Sättigung kommt, dürften sehr selten sein. Die Annahmeder Nicht-Sättigung bedeutet auch, dass die Indifferenzkurve eine negativeSteigung hat.

G u t 2

G u t 1

AB

20

Indifferent zu A kann der Konsument nur sein in den schraffierten Gebieten,da bei einer größeren oder kleineren Menge der beiden Güter eine starke Prä-ferenzrelation besteht.

Aus der Annahme der Stetigkeit folgt nun, dass ein bestimmter Punkt wie Bindifferent sein muss zu A. Allerdings kann die Indifferenzkurve konkav, kon-vex oder sogar linear sein. Die Annahme der Konvexität der Indifferenzkurve,die zusätzlich getroffen wird, besagt, dass gemischte Güterbündel gegenübereinseitigen Güterbündeln präferiert werden. Dann muss die Indifferenzkur-ve konvex sein, da aufgrund der Nicht-Sättigung weiter nordöstlich liegendeGüterbündel vorgezogen werden.

G u t 2

G u t 1

A

B

CE

D

C enthält k Anteile von A und (1 − k) Anteile von B (0 ≤ k ≤ 1) und wirdgegenüber D oder E vorgezogen. Wäre die Indifferenzkurve konkav, so würdedas Gegenteil gelten.

Die Steigung der Indifferenzkurve gibt die marginale Änderung an bei einerSubstitution von Gut 2 durch Gut 1. Da die Kurve konvex ist, wird dieseGrenzrate der Substitution des Gutes 2 durch das Gut 1 immer kleiner. DerKonsument ist also, wenn er viel von Gut 2 besitzt, eher bereit auf Gut 2 zuverzichten, um eine zusätzliche Einheit von Gut 1 zu bekommen, als wenn erwenig von Gut 2 besitzt. Das Austauschverhältnis

lim∆X1→0∆X2

∆X1

(1)

21

ist negativ und wird als Grenzrate der Substitution GRS(2, 1) des Gutes2 durch das Gut 1 bezeichnet. GRS(2, 1) wird dabei allerdings als positivangenommen d.h.

GRS(2, 1) = −lim∆X1→0∆X2

∆X1(2)

Wird das Gut 2 als Zahlungsmittel angesehen, so beschreibt die GRS diemarginale Zahlungsbereitschaft für das Gut 1. Je schwieriger diese Substitu-tion ist d.h. je mehr Gut 1 der Konsument bekommen will, um eine Einheitvon Gut 2 zu substituieren, desto stärker die Krümmung. Ein Maß für dieKrümmung ist die Substitutionselastizität

ǫsub(2, 1) = lim∆X1→0

∆vv

∆GRSGRS

mit v =X2

X1und ∆v = vneu−valt(3)

Die Grenzrate der Substitution und das Verhältnis, in welchem die beidenGütermengen nachgefragt werden, ändern sich stets in die selbe Richtung.Aufgrund der Krümmung nimmt die GRS aber stärker ab als v d.h. dieÄnderung der Winkel βi ist stärker als die der Winkel αi.

G u t 2

G u t 1

b 1

a 1

b 2

a 2

Je kleiner also ǫsub(2, 1), desto stärker ist die Indifferenzkurve gekrümmt.Wäre die Kurve ein Gerade, so würde ǫsub → ∞ gelten, da ∆GRS = 0im Nenner. Hätte die Indifferenzkurve einen L-förmigen Verlauf, so wäre dieSubstitutionselastizität null, da auf der waagrechten Gerade vom Knickpunktausgehend nach rechts GRS = 0 gelten würde, da ∆X2 = 0 ist. Per Defini-tionem gilt dann auch ǫsub(2, 1) = 0.

22

Eine wichtige Folgerung des Transitivitätsaxioms und der Annahme der Nicht-Sättigung ist, dass sich Indifferenzkurven nicht schneiden dürfen.

G u t 2

ACB

Das Güterbündel C enthält mehr von Gut 1 als das Güterbündel B. Beideliegen jeweils auf Indifferenzkurven mit A. Da C B vorgezogen wird, istdas Transitivitätsaxiom verletzt, denn A wäre nicht mehr indifferent zu sichselbst. Im Prinzip muss man sich eine Schar an Indifferenzkurven denken,die aufgrund der Annahme der Stetigkeit beliebig eng aneinander liegen.Auf der Ursprungsgeraden nach Nordosten nimmt der Nutzen immer weiterzu. Dies ist eine Folge des Vollständigkeitsaxioms und der Annahme derUnersättlichkeit.

G u t 2

G u t 1

U r s p r u n g s g e r a d e

I n d i f f e r e n z k u r v e n

23

3.3 Nutzen und Nutzenfunktionen

Nach Jeremy Bentham (1748-1832) ist der Nutzen kardinal messbar. Dergesellschaftliche Nutzen ergibt sich also auch über die Summe der individuel-len Nutzen. Da der Nutzen verschiedener Individuen in der gleichen Einheitgemessen wird, sind die Nutzen unterschiedlicher Individuen auch interper-sonell vergleichbar. Darauf aufbauend hat Gossen (1810-1858) zwei zentraleAussagen formuliert:

1. Gossen’sches Gesetz: Mit zunehmendem Konsum nimmt der Nutzen,den die letzte konsumierte Einheit eines Gutes stiftet, ab.

2. Gossen’sches Gesetz: Ein Konsument, der seinen Nutzen maximierenmöchte, wird seine Konsumentscheidung in der Weise auf die verschie-denen Konsumgüter verteilen, dass der Grenznutzen der letzten Geld-einheit in allen Verwendungen gleich ist.

Später ging man dazu über, Nutzen als ordinal messbare Größe zu betrach-ten. Damit gibt es keine gemeinsame Einheit des Nutzens. Damit ist das1. Gossen’sche Gesetz nicht ableitbar. Das 2. Gossen’sche Gesetz behältjedoch weiterhin seine Gültigkeit. Durch die ordinale Messbarkeit ist ein Ver-gleich zwischen verschiedenen Individuen (interpersonell) und sogar in Bezugauf verschiedene Entscheidungen für Güter bei einem einzigen Individuum(intrapersonell) nicht möglich.

Nutzen ist die Bedürfnisbefriedigung, die ein Güterbündel stiftet. Mit ei-ner Nutzenfunktion U(X) ist man in der Lage, den verschiedenen Güter-bündeln eine Rangordnung zu geben. Die Nutzenzahlen sind gleich, wennder Konsument indifferent ist zwischen zwei Güterbündeln (d.h. U(X(A)) =U(X(B)), wenn X(A) ∼ X(B)) und unterschiedlich, wenn eine starke Präfe-renzrelation besteht (d.h. U(X(A)) > U(X(B)), wenn X(A) ≻ X(B)). Da nureine Rangordnung gebildet wird, kann die selbe Präferenzordnung durch un-endlich viele unterschiedliche Nutzenfunktionen ausgedrückt werden. Somitführt eine streng monoton steigende Transformation F (F ′ > 0) wieder zueiner Nutzenfunktion V (X) = F (U(X)), die die selbe Rangordnung beschrei-ben kann. Jede Präferenzordnung, die den Rationalitätsaxiomen und der Ste-tigkeitsannahme genügt, kann durch eine ordinale Nutzenfunktion dargestelltwerden. Durch die Stetigkeitsannahme wird die Anwendung vergleichsweiseeinfacher mathematischer Optimierungsverfahren möglich. Nutzenfunktionen

24

mit Knicken sind also nicht erlaubt, da die links- und rechtsseitigen Ableitun-gen nicht übereinstimmen. Ebenso wenig solche mit Sprüngen, da sie nichtstetig sind.

Eine Kontur einer Funktion besitzt einen konstanten Funktionswert. Bei derNutzenfunktion ist die Kontur eine Indifferenzkurve

U(X1, X2) = U , (4)

also die Menge an Güterbündeln mit konstantem Nutzen. Die partielle Ab-leitung der Nutzenfunktion ergibt im 2-Güter-Fall:

dU =∂U

∂X1

dX1 +∂U

∂X2

dX2 = U1 dX1 + U2 dX2 . (5)

U1 oder U2 ist die Änderung des Nutzens bei einer marginalen Änderung derMenge eines Gutes, also der Grenznutzen. Wegen der Annahme der Nicht-sättigung ist dieser Grenznutzen stets positiv. Für die Indifferenzkurve giltdU = 0, also:

GRS(2, 1) = −dX2

dX1=U1

U2. (6)

Wird eine streng monoton steigende Transformation der Nutzenfunktion be-trachtet, so bleibt das Vorzeichen des Grenznutzens erhalten:

V = F (U) → V1 = F ′ U1 . (7)

Für die zweite Ableitung gilt:

V11 = F ′′ U21 + F ′ U11 . (8)

Somit ist das Vorzeichen der Änderung des Grenznutzens nicht invariant.Aussagen über die Änderung des Grenznutzens, wie in der kardinalen Nut-zentheorie möglich, sind also in der ordinalen Nutzentheorie nicht erlaubt.Das 1. Gossen’sche Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen ist also nichtaus der Definition der Nutzenfunktion ableitbar. Für die Grenzrate der Sub-stitution gilt aber (2. Gossen’sches Gesetz):

GRS(2, 1) =V1

V2=F ′ U1

F ′ U2=U1

U2. (9)

25

3.4 Die Budgetrestriktion

Der Haushalt kann nicht beliebige Güterbündel wählen. Er ist seiner Budge-trestriktion unterworfen, die die Geldsumme beschränkt, die dem Haushaltzum Kauf der von ihm begehrten Güter in der betrachteten Periode zur Ver-fügung steht. Das Konsumbudget und die Güterpreise sind für den Haushaltexogen gegeben. Die Güterbündel kann er im Rahmen seiner Budgetbeschrän-kung frei wählen. Sie dürfen allerdings nicht negativ sein, d.h. er kann keineGüter verkaufen. Wird mit Pi der Preis eines Gutes Xi bezeichnet, so lautetdie Budgetrestriktion:

B = P1X1 + P2X2 + . . .+ PnXn . (10)

Für den 2-Güter-Fall lässt sich diese Gleichung umformen zu:

X2 =1

P2

B − P1

P2

X1 . (11)

G u t 2

G u t 1BP 1

BP 2

Diese Gerade heißt Budgetgerade mit der entsprechenden Steigung:

dX2

dX1

= −P1

P2

. (12)

Die Achsenabschnitts-Form dieser Gleichung lautet:

X1

BP1

+X2

BP2

= 1 (13)

26

mit den Achsenabschnitten BP1

und BP2

.

Das Preisverhältnis oder die Steigung der Budgetgeraden gibt das Austausch-verhältnis der Güter am Markt an. Der Differentialquotient:

dX2

dX1= −P1

P2(14)

besagt, dass bei einer Preisrelation P1

P2der Konsument P1

P2Einheiten von Gut

1 hergeben muss, um eine Einheit von Gut 2 zu bekommen. Bei Änderungdes Budgets wird die Budgetgerade verlagert.

G u t 2

G u t 1BP 1

BP 2

P 1

BP 2

B

B < B

Bei Änderung der Preise ändern sich nur die entsprechenden Achsenabschnit-te.

G u t 2

G u t 1BP 1

BP 2

BP 1

P 1 > P 1

27

3.5 Entscheidung des Haushalts

Der Konsument befindet sich im individuellen Gleichgewicht, wenn er das ge-gebene Budget derart auf die verschiedenen Güter aufteilt, dass sein Nutzenmaximal wird. Ein Akteur ist im Gleichgewicht, wenn die Wahl optimal ist,d.h. eine Revision seiner Entscheidung die Lage des Akteurs nicht verbessernkönnte. Es stellt sich heraus, dass die Wahl optimal ist, wenn das Austausch-verhältnis am Markt (Preisverhältnis, Steigung der Budgetgeraden) mit derSteigung der Indifferenzkurve übereinstimmt.

G u t 2

G u t 1

A

B

CD

U 1U 2U 3

Die schraffierten Bereiche kan der Konsument mit seinem gegebenen Budgetnicht erreichen (Punkt D scheidet aus). Der Punkt, der ihm den größten Nut-zen stiftet ist dort, wo er die Indifferenzkurve mit der höchsten Nutzenzahlgerade noch tangiert. Ein Güterbündel wie A wäre nicht optimal, da dieserPunkt zwar erreichbar ist, aber der Konsument sich mehr leisten könnte. DerPunkt B, wo die Budgetgerade eine Indifferenzkurve lediglich schneidet, istauch nicht optimal, da das objektive Tauschverhältnis am Markt (Steigungder Budgetgeraden) geringer ist als das subjektive Tauschverhältnis. Es wäreihm also von Vorteil mehr von Gut 2 gegen Gut 1 einzutauschen, da er damitGewinn macht. Erst dort, wo das Preisverhältnis am Markt mit der Steigungder Indifferenzkurve übereinstimmt, herrscht ein Gleichgewicht. Dies ist imPunkt C gegeben. Wegen der strikten Konvexität der Indifferenzkurven kannes keine Güterbündel geben, welche für die Haushalt erreichbar sind und wel-che besser als C sind. Somit kann es auch keine lokalen Minima geben wie inder folgenden Zeichnung.

28

G u t 2

G u t 1

A CU 1

U 2

Wird die Annahme der Unersättlichkeit nicht gemacht, so würde ab einer be-stimmten Indifferenzkurve der Nutzen wieder abfallen. Dort gäbe es keine ein-deutige Lösung und ein mathematisches Optimierungsverfahren wäre nichtanwendbar. Mathematisch lässt sich dieses Problem durch ein Lagrange-Verfahren lösen. Dazu betrachten wir die Nutzenfunktion

U = U(X1, X2, . . . , Xn) → Max (15)

unter der Nebenbedingung B = P1X1+P2X2+ . . .+PnXn. Die Lagrange-Funktion lautet dann:

Λ = U(X1, X2, . . . , Xn) + λ [B − P1X1 − P2X2 − . . .− PnXn] . (16)

Die Ableitung nach den unabhängigen Variablen Xi und nach λ und derenNullsetzen (Auffinden eines Extremums) ergibt:

Ui − λPi = 0 , (17)

B − P1X1 − P2X2 − . . .− PnXn = 0 . (18)

Die Stetigkeit und die Annahme der Konvexität der Indifferenzkurven istfundamental für die Anwendung des Lagrange-Verfahrens. Als Ergebniserhält man:

1. Im Optimum ist das Preisverhältnis gleich dem Verhältnis der Grenz-nutzen:

Ui

Uj=Pi

Pj. (19)

29

2. Im Optimum ist der Nutzen einer marginalen Ausgabeeinheit in allenVerwendungen gleich.

λ =Ui

Pi

=Uj

Pj

. (20)

(siehe 2. Gossen’sches Gesetz).

3. Im Optimum ist die Grenzrate der Substitution des Gutes i durch dasGut j gleich dem reziproken Preisverhältnis dieser beiden Güter:

GRS(i, j) = −dXi

dXj

=Pj

Pi

. (21)

Der Quotient Ui

Pistellt den Nutzen einer marginalen Ausgabeeinheit dar,

die eine Geldeinheit bewirkt (1

Piist gerade die Menge des Gutes i, die

man für eine Geldeinheit erhält). Damit bezeichnet λ den Grenznutzendes Geldes und dieser Grenznutzen des Geldes ist im Optimum in allenVerwendungen gleich.

4. Im Optimum ist der Preis eines Gutes Pi proportional zu dem Grenz-nutzen Ui dieses Gutes:

Pi =1

λUi . (22)

Die Vorstellung, Haushalte würden in einer derartigen Entscheidungssituati-on einen Nutzen unter einer Nebenbedingung maximieren, stellt im Grundeein Modell dar und zwar ein Modell des Präferenzmodells. Ob Haushalteoder andere Akteure sich tatsächlich so verhalten, wie es das Nutzenmaxi-mierungsmodell suggeriert, mag dahingestellt sein. Sie verhalten sich aberoft so, als ob dies der Fall wäre. Man bezeichnet die ordinale Nutzentheoriedeshalb auch als eine „als ob“ -Theorie.

3.6 Autonome Entscheidungen unter Unsicherheit

Von der Entscheidung unter Sicherheit unterscheidet sich die Entscheidungunter Unsicherheit dadurch, dass der Zustand der Welt (ex ante) nicht be-kannt ist d.h. einer Handlungsalternative ist nicht unbedingt ein bestimmtes

30

Ergebnis zugeordnet, sondern das Ergebnis der Entscheidung ist mit einergewissen Eintrittswahrscheinlichkeit behaftet. Ist diese Entrittswahrschein-lichkeit bekannt, so spricht man von einer Entscheidung unter Risiko, sonstvon einer Entscheidung unter Ungewissheit. Meist treten subjektive Erwar-tungen an die Stelle objektiver Wahrscheinlichkeiten, da letztere schwierigzu bestimmen sind.

3.6.1 Entscheidung unter Risiko

Hier arbeiten wir mit so genannten Prospekten, die aus bestimmten Zustän-den der Welt Y = [Y1, Y2, . . . , Yn] mit dazu gehörigen Wahrscheinlichkeitenw = [w1, w2, . . . , wn] bestehen. Ein Prospekt hat die Form:

{PP} = [w, Y ] . (23)

Der Erwartungswert eines Prospekts ergibt sich durch:

E(Y ) = w1 Y1 + w2 Y2 + . . .+ wn Yn . (24)

Die Wahrscheinlichkeit erfüllt wie gewohnt die folgenden Axiome der Wahr-scheinlichkeitsrechnung:

1. Die Ereignisse schließen sich gegenseitig aus

2. Ein Ereignis muss eintreten:∑n

i=1wi = 1

3. Die Wahrscheinlichkeiten sind positiv: 0 ≤ wi ≤ 1

Der Zustand der Welt ist nicht beeinflussbar. Er ist durch Variablen be-stimmt, die exogen sind. Allerdings seien die verschiedenen Zustände derWelt endlich. Das Entscheidungsproblem eines Akteurs unter Risiko lässtsich als Wahl zwischen verschiedenen Prospekten auffassen.

Ein Standardprospekt besteht aus zwei Zuständen der Welt, nämlich Y o

(o=oben) für den höchsten Ertrag und Y u (u=unten) für den niedrigstenErtrag. Mit der Wahrscheinlichkeit w tritt Y o ein und mit der Wahrschein-lichkeit (1 − w) entsprechend Y u.

Der Nutzen, der einem bestimmten Zustand der Welt zugeordnet ist, wirddurch eine Erwartungsnutzenfunktion bestimmt. Im Gegensatz zur ordinalen

31

Nutzentheorie bei Entscheidungen unter Sicherheit, besitzt die Erwartungs-nutzenfunktion teilweise kardinale Eigenschaften. Zur Ableitung der Erwar-tungsnutzenfunktion werden jetzt folgende fünf Axiome benötigt:

Axiom 1: Die Präferenzordnung über Prospekte ist vollständig, transitiv undreflexiv (entspricht Axiomen 1-3 der Entscheidungstheorie unter Sicherheit)

Axiom 2: Die Präferenz steigt mit zunehmender Wahrscheinlichkeit des Ein-tretens von Y o (entspricht der Annahme der Nichtsättigung)

Axiom 3: Zu jedem Prospekt existiert ein eindeutiger, äquivalenter Standard-prospekt (entspricht der Annahme der Stetigkeit)

Axiom 4: Zu jedem einfachen Prospekt existiert ein kumulativer Prospekt,dessen Erträge wiederum die Form von Standardprospekten haben. (d.h. dasErgebnis ist nicht unbedingt geldwert, sondern kann wieder aus einzelnenProspekten bestehen. Beispiel: Der Gewinn einer Lotterie kann selbst wiederin einem Lotterielos bestehen.) Das bedeutet, der Konsument unterliegt kei-ner „Risikoillusion“.

Axiom 5: Die Wahl zwischen zwei Prospekten ist unabhängig davon, ob derErtrag ex post sicher ist oder ob er in Form äquivalenter Prospekte anfällt(Unabhängigkeitsaxiom). (Beispiel: Der sichere Ertrag von Prospekt {PP1}sei 70e , bei {PP2} seien es 100e . Kann ein Konsument einen erwartetensicheren Ertrag von 0.4 · 70e+0.6 · 100e wählen, so ist er auch indifferentgegenüber dem kumulierten Prospekt 0.4 · {PP1} + 0.6 · {PP2}, da dies fürihn gleichwertig zu dem entsprechenden sicheren Ertrag ist.)

Um daraus eine Erwartungsnutzenfunktion V (Y ) abzuleiten, bedient mansich einem Standardprospekt {P} = [w, Y u, Y o] und setzt willkürlich V (Y u) =0 und V (Y o) = 1. Nun variiert man die Wahrscheinlichkeit w in dem Stan-dardprospekt (gedanklich) so lange, bis Indifferenz zwischen einem sicherenErtrag und dem Standardprospekt erreicht ist. Diesem Ertrag wird der er-wartete Nutzen des Standardprospekts als Nutzenzahl zugeordnet. Für einbeliebiges Prospekt {PP} = [w1, w2, . . . , wn, Y1, Y2, . . . , Yn] sei Yn dem höchs-ten Ertrag und Y1 dem niedrigsten Ertrag zugeordnet. Um die Nutzenzahlenzwischen den gegebenen oberen und unteren Grenzwerten zu ermitteln, wird

32

nun die Wahrscheinlichkeit ws gesucht, für die

V (Ys) = ws V (Yn) + (1 − ws)V (Y1) = ws (25)

gilt. Die Nutzenzahl, welche einer Entscheidung einen sicheren Geldbetrag Ys

zuordnet, ist also identisch mit der Wahrscheinlichkeit ws für einen Gewinnin einer äquivalenten Lotterie. Die Funktion V = V (Ys) = ws wird als v.

Neumann-Morgenstern- oder als Erwartungsnutzenfunktion bezeichnet.Insofern ist die Erwartungsnutzenfunktion kardinal. Aus diesem Grund istV (Y ) nicht invariant bei einer beliebigen streng monoton steigenden Trans-formation, sondern nur bei einer linear steigenden Transformation, die re-lative Abstände unverändert lässt. Allein die Einheit, die willkürlich durchV (Y u) = 0 und Y (Y o) = 1 festgelegt wurde, ist beliebig.

Der Konsument hat nun die Wahl zwischen verschiedenen Prospekten. Injedem dieser Prospekte werden die möglichen Erträge durch die zugehörigenNutzenzahlen ersetzt. Dann kann für jedes Prospekt der Erwartungswert derNutzenzahlen oder kurz der erwartete Nutzen ermittelt werden. Der Ent-scheider wählt nun den Prospekt mit dem höchsten erwarteten Nutzen.

3.6.2 Eigenschaften der Erwartungsnutzenfunktion

Die Erwartungsnutzenfunktion steigt mit steigenden sicheren Erträgen Yi.Sie ist definiert innerhalb der gegebenen Grenzen V (Yn) und V (Y1). Die Er-wartungsnutzenfunktion ist eindeutig definiert, sobald dem niedrigsten unddem höchsten möglichen Ertrag bestimmte Nutzenzahlen zugeordnet sind.Außerdem sei die Erwartungsnutzenfunktion zweimal differenzierbar. V ′(Y )wird als Grenznutzen des Ertrages bezeichnet. V ′′(Y ) ist entsprechend diemarginale Änderung des Grenznutzens des Ertrages. Da die Funktion nurinvariant gegenüber linear steigenden Funktionen ist und diese die Form(Krümmung) der Erwartungsnutzenfunktion unverändert lässt, kann sie so-wohl konvex, konkav als auch linear verlaufen. Die Krümmung der Erwar-tungsnutzenfunktion ist definiert dadurch, ob der Konsument risikofreudig,risikoneutral oder risikoscheu ist. Dies bestimmt sich über den sicheren Ertrageines Prospekts Ys (Sicherheitsäquivalent). Ist dieser sichere Ertrag kleinerals der Erwartungswert des Prospekts E(Y ) =

∑ni=1wi Yi, dann ist der Kon-

sument risikoscheu d.h. der Konsument wird eher einen sicheren Ertrag Ys

annehmen, auch wenn er im Fall des Risikos unter Umständen einen höheren

33

Ertrag realisieren könnte. Man kann leicht zeigen, dass dies mit einer konka-ven Erwartungsnutzenfunktion korrespondiert. Nehmen wir einen Standard-prospekt {PP} = [w, Y1, Y2]. Der Erwartungswert von {PP} sei:

E(Y ) = w Y2 + (1 − w) Y1 . (26)

Je nach Erwartungsnutzen sei

Ys ∼ {PP} (27)

d.h. der Konsument ist indifferent zwischen einem sicheren Ertrag Ys und demStandardprospekt {PP}. Ys wird auch als Sicherheitsäquivalent bezeichnet.Aufgrund der Axiome 1-5 gilt aber:

V (Ys) = w V (Y2) + (1 − w)V (Y1) = E(V (Y )) . (28)

Gilt nun Ys < E(Y ), so ist der Konsument risikoscheu, da Ys geringer ist alsder Erwartungswert von {PP}. Wird nun der Nutzen ermittelt, so gilt dannauch:

V (Ys) = E(V (Y )) = w V (Y2) + (1 − w)V (Y1)

< V (w Y2 + (1 − w) Y1) = V (E(Y )) (29)

und dies bedeutet die Konkavität der Erwartungsnutzenfunktion.

N u t z e n

E r t r a gY 1 Y 2E ( Y )Y s

V ( Y 2 )

V ( Y 1 )

F ( Y ) = w V ( Y 2 ) + ( 1 - w ) V ( Y 1 )V ( Y )

V ( E ( Y ) )V ( Y s ) = E ( V ( Y ) )

Abbildung 1: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoscheu

34

Bei Risikofreude würde gelten Ys > E(Y ) oder

V (Ys) = E(V (Y )) = w V (Y2) + (1 − w)V (Y1) > V (E(Y )). (30)

Dann wäre die Erwartungsnutzenfunktion konvex, da die VerbindungsgeradeF (Y ) oberhalb der Erwartungsnutzenfunktion V (Y ) verläuft.

N u t z e n

E r t r a gY 1 Y 2E ( Y ) Y s

V ( Y 2 )

V ( Y 1 )

F ( Y ) = w V ( Y 2 ) + ( 1 - w ) V ( Y 1 )

V ( E ( Y ) )V ( Y s ) = E ( V ( Y ) )

V ( Y )

Abbildung 2: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikofreude

Bei Risikoneutralität gilt schließlich Ys = E(Y ) oder

V (Ys) = E(V (Y )) = w V (Y2) + (1 − w)V (Y1) = V (E(Y )) . (31)

Dann wäre die Funktion V (Y ) eine Gerade.

Die so genannte Risikoprämie ist R = E(Y ) − Ys. Für einen risikoscheuenKonsumenten ist R > 0 d.h. der Konsument ließe sich dazu bewegen, dannden Standardprospekt {PP} zu wählen, wenn ihm als Ausgleich eine be-stimmte Prämie R gezahlt würde, sonst bliebe er bei dem sicheren Ertrag Ys.Für Risikofreude ist R negativ. Bei Risikoneutralität gilt entsprechend R = 0.

Um das Risikoverhalten genauer zu charakterisieren kann der so genannteArrow-Pratt-Koeffizient der absoluten Risikoaversion verwendet werden.Er berechnet sich durch:

A(Y ) = −V′′(Y )

V ′(Y ). (32)

35

N u t z e n

E r t r a gY 1 Y 2E ( Y ) = Y s

V ( Y 2 )

V ( Y 1 )

F ( Y ) = V ( Y )

V ( Y s ) = V ( E ( Y ) ) = E ( V ( Y ) )

Abbildung 3: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoneutralität

Ist V ′′(Y ) > 0 (Konvexität), dann ist A(Y ) negativ, da V ′(Y ) > 0 immergilt (steigende Nutzenzahlen bei steigenden Erträgen). Bei Risikoscheu wirdA(Y ) > 0, bei Risikoneutralität entsprechend A(Y ) = 0. A(Y ) ist unabhän-gig von der speziellen Form einer Nutzenfunktion unter Betrachtung linearsteigender Transformationen. Mit Hilfe dieses Koeffizienten lässt sich folgen-de Approximation für die Risikoprämie angeben:

R ∼ −1

2

V ′′(Y )

V ′(Y )σ2 =

1

2A(Y ) σ2, (33)

wobei σ2 die Varianz des Ertrages ist. Da A′(Y ) variieren kann, kann Rmit steigendem Y steigen, sinken oder konstant bleiben. Linear steigendeTransformationen lassen A unverändert. Da A(Y) von der Wahl der Einheitenabhängig ist, kann man den dimensionslosen Arrow-Pratt-Koeffizientender relativen Risikoaversion

Ar(Y ) =A(Y )

Y(34)

verwenden, indem wir durch Y dividieren. Zusammenfassend gestatten diezu Grunde liegenden Axiome, dass wir bestimmte Annahmen über die Krüm-mung der Erwartungsnutzenfunktion machen können, da diese invariant ge-genüber zulässigen Transformationen der Nutzenfunktion sind. Bei einer or-dinalen Nutzentheorie ist dies nicht möglich. Hier musste die Krümmung derIndifferenzkurven a priori als konvex vorausgesetzt werden aufgrund einersinkenden Grenzrate der Substitution und der Präferenz gemischter Güter-bündel gegenüber einseitigen Güterbündeln.

36

3.6.3 Die Indifferenzkurve der Erwartungsnutzenfunktion

Der Erwartungsnutzen sei gegeben durch:

E(V ) = w V (Y1) + (1 − w)V (Y2) , (35)

wenn w die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1, (1−w) ent-sprechend die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 2 bezeichnet.Der Erwartungsnutzen ist konstant auf einer Indifferenzkurve:

dE(V ) = w V ′(Y1)dY1 + (1 − w)V ′(Y2) dY2 = 0 . (36)

Die Indifferenzkurve muss also die Steigung haben:

dY2

dY1= − w Y ′(Y1)

(1 − w)V ′(Y2). (37)

Das Verhältnis dY2

dY1gibt an, auf welche Reduzierung des Ertrages Y2 der Ak-

teur zu verzichten bereit ist, falls der Ertrag Y1 um eine Einheit steigt. Ver-schiedene Erträge Y1, Y2 gehören aber zu unterschiedlichen Prospekten. Alsogibt dY2

dY1die Grenzrate der Substitution eines Prospekts {PP2} = [w, Y

(2)1 , Y

(2)2 ]

durch ein Prospekt {PP1} = [w, Y(1)1 , Y

(1)2 ] an. Auf der 45◦-Geraden gilt im-

mer Y1 = Y2, also muss dort auch der Nutzen für beide Zustände gleich sein(V (Y1) = V (Y2)) und damit auch die marginale Änderung des Nutzens alsoder Grenznutzen (V ′(Y1) = V ′(Y2)). Im Schnittpunkt mit der 45◦-Geradenmuss die Indifferenzkurve daher die Steigung −w

(1−w)besitzen. Auf der 45◦-

Geraden liegen alle Güterbündel, dessen Erträge im Zustand 1 und Zustand2 identisch sind. Da ein Güterbündel genauso geschätzt wird wie sein Sicher-heitsäquivalent d.h. Ys ∼ {PP} und das Sicherheitsäquivalent unabhängigvom Zustand der Welt ist, gibt der Schnittpunkt der Indifferenzkurve mitder 45◦-Geraden immer das Sicherheitsäquivalent des entsprechenden Gü-terbündels an. Weiter nordöstlich liegende Güterbündel besitzen somit eingrößeres Sicherheitsäquivalent und werden mehr geschätzt. Je wahrschein-licher der Zustand 1, desto größer ist w. Damit nimmt die Steigung derIndifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦-Geraden zu, da die Steigungder Indifferenzkurve zunimmt. Die Indifferenzkurve ist streng konvex, da dieErwartungsnutzenfunktion bei Risikoscheu streng konkav ist. Im Diagrammergibt sich die Risikoprämie R = E(Y ) − Ys wie folgt:

37

E r t r a g i m Z u s t a n d 2

E r t r a g i m Z u s t a n d 1

P P 2

P P 1

P P 5P P 4

P P 3

Y s ( 5 )

Y s ( 4 )

Y s

Y s Y s ( 4 ) = E ( Y ( 2 ) )Y s ( 5 ) = E ( Y ( 1 ) )

4 5 o

Der Erwartungswert lautet:

E(Y ) = w Y1 + (1 − w) Y2 . (38)

Folglich hat die Gerade, auf der alle Güterbündel mit gleichem Erwartungs-wert liegen, die Steigung:

dY2

dY1

=−w

(1 − w), (39)

da d(E(Y )) = w dY1 + (1 − w) dY2 = 0.

Dies ist die gleiche Steigung wie die der Indifferenzkurve im Schnittpunktmit der 45◦-Geraden. Das Prospekt {PP4} hat somit den gleichen Erwar-tungswert wie {PP2}. Das Sicherheitsäquivalent von {PP4} enspricht alsoE(Y (2)). Ebenso entspricht das Sicherheitsäquivalent von {PP5} gleich demErwartungswert E(Y (1)) von {PP1}.

Folglich lautet die Risikoprämie von {PP2}:

R(2) = E(Y (2)) − Y (2)s = Y (4)

s − Y (2)s = Y (4)

s − Ys , (40)

da {PP2} und {PP3} das selbe Sicherheitsäquivalent haben, weil sie aufder selben Indifferenzkurve liegen. Anhand der Indifferenzkurve lässt sich

38

auch ableiten, dass gemischte Güterbündel (Gerade z.B. zwischen {PP2}und {PP1}) gegenüber einem reinen oder einseitigen Güterbündel vorgezogenwerden, da das Prospekt {PPg} mit der Definition:

{PPg} = [Y(g)1 , Y

(g)2 ] = k{PP1} + (1 − k) {PP2} 0 ≤ k ≤ 1 (41)

weiter nordöstlich liegt als {PP3}. Dies bedeutet eine Präferenz für Diversi-fikation.

3.6.4 Beispiel 1: Die Wahl der optimalen Deckungssumme bei ei-nem Versicherungsvertrag

Ein Unternehmer schließe einen Vertrag ab über die Errichtung eines Hauses.Wird es rechtzeitig fertig (Zustand der Welt 1), bekommt er den VerdienstY . Schafft der Unternehmer es nicht rechtzeitig (Zustand der Welt 2), somuss er eine Konventionalstrafe in der Höhe von S zahlen, so dass der Ver-dienst Y − S verbleibt. Er kann nun eine Versicherung abschließen, um sichgegen den Verdienstausfall abzusichern. Dazu kann er eine bestimmte De-ckungssumme D wählen, die er im Zustand 2 zusätzlich erhält. Einen Teilder Deckungssumme mit dem Prozentsatz P muss er allerdings als Prämiezahlen, so dass ihm die folgenden Möglichkeiten gegeben sind:

Ohne Versicherung:

Y(a)1 = Y Y

(a)2 = Y − S

Mit Versicherung:Y1 = Y − PD Y2 = Y − S − PD +D = Y − S + (1 − P )D

Im zweiten allgemeineren Fall sind alle Möglichkeiten beinhaltet. Entwederkeine Versicherung (D = 0), volle Absicherung (D = S) oder teilweise Ab-sicherung (0 ≤ D ≤ S). Wird Y1 nach D aufgelöst und in Y2 eingesetzt, soerhält man die Geradengleichung:

(1 − P ) Y1 + P Y2 = Y − PS . (42)

Dies kann man als eine Bugetgerade interpretieren, wobei das Budget Bdurch Y − PS gegeben sei. Die Budgetgerade hat die Steigung:

dY2

dY1= −(1 − P )

P. (43)

39

Dargestellt im Koordinatenkreuz ergibt sich:

E r t r a g i m Z u s t a n d 2

E r t r a g i m Z u s t a n d 1

4 5 o

b ( D = S )

a ( D = 0 )0 < D < S

( Y - P S )P

( Y - P S )( 1 - P )

Y - P D

YY - P D

Y - S

Nur der Bereich zwischen dem Punkt a (keine Versicherung) und dem Punktb (volle Absicherung) ist praktisch relevant. Der Unternehmer kann zwarauch Punkte jenseits von b wählen, diese Punkte sind aber praktisch gesehenuninteressant.

Der Erwartungswert ohne Versicherung lautet:

E(Y (a)) = w Y + (1 − w) (Y − S) = Y − (1 − w)S . (44)

Für den Fall des Abschlusses eines Versicherungsvertrages gilt:

E(Y ) = w (Y − PD) + (1 − w) (Y − S + (1 − P )D) (45)

= Y − (1 − w)S − (P − (1 − w))D . (46)

Ist P = (1 − w), so ist der Erwartungswert in beiden Fällen gleich. DieVersicherung ist dann fair. Betrachten wir eine faire Versicherung, so wirdder Akteur einen Punkt wählen, wo die Steigung seiner Budgetgeraden (hier− (1−P )

P) gleich der Steigung der Indifferenzkurve ist. Für eine faire Versi-

cherung ist das leicht zu finden, da die Steigung der Budgetgeraden (dann− w

(1−w)) und die Steigung der Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦-

Geraden (− w(1−w)

) übereinstimmen. Also wählt der Akteur den Punkt b mit

40

vollständiger Absicherung. Ist die Versicherung nicht fair, so gilt P 6= (1−w).Der maximale Erwartungsnutzen wird erhalten für:

E(V ) = w V (Y − PD) + (1 − w)V (Y − S + (1 − P )D) → Max . (47)

Sei D variabel. Dann ist E(V) maximal für:

∂E(V )

∂D= w V ′(Y1) (−P ) + (1 − w)V ′(Y2) (1 − P ) = 0 . (48)

Im Allgemeinfall muss also gelten:

−w V ′(Y1)

(1 − w)V ′(Y2)= −(1 − P )

P. (49)

Wir wissen, dass −w V ′(Y1)(1−w) V ′(Y2)

die Steigung der Indifferenzkurve ist. Das Opti-mum liegt also dort, wo die Steigung der Indifferenzkurve gleich der Steigungder Budgetgeraden − (1−P )

Pist. Grafisch ergibt sich folgendes Bild:

E r t r a g i m Z u s t a n d 2

E r t r a g i m Z u s t a n d 1

4 5 o

b

a

Y - ( 1 - w ) S

YY - ( 1 - w ) S

Y - Sb

I n b , : D = SbZ w i s c h e n b , u n d a : D < Sb

f a i r ( P = ( 1 - w ) )

Y - P D

n i c h t f a i r ( P > ( 1 - w ) ) ,a n d e r e S t e i g u n g d e r B u d g e t g e r a d e n

Y - S + ( 1 - P ) D

3.6.5 Beispiel 2: Die Wahl eines optimalen Bündels von Zustands-gütern als Analogie zu einem Terminmarkt

In vielen Märkten (Rohstoffmarkt, Markt für landwirtschaftliche Produkte,finanzielle Aktiva) werden Verträge abgeschlossen, durch die der Verkäuferverpflichtet wird, eine bestimmte Menge eines Gutes zu liefern und der Käufer

41

einen bestimmten Kaufpreis entrichten muss. So können jedoch Missernten,Währungsunterschiede, Konjunkturschwankungen dazu führen, dass sich diePreise für die Güter ändern. Ist das Gut zum Zeitpunkt des Vertragsschlussesbereits vorhanden, so spricht man von einem Spot- oder Kassakontrakt. Dader Zustand der Welt praktisch keine Rolle spielt, handelt es sich um eineEntscheidung unter Sicherheit. Für den Fall hingegen, dass das Gut nochnicht vorhanden ist, spricht man von einem Terminkontrakt. Hier verpflichtetsich der Verkäufer zum vorher vereinbarten Preis das Gut zu liefern, auchwenn sich die Marktpreise ändern. Wenn er Pech hat, macht er einen Verlust,da die Beschaffungspreise in der Zwischenzeit gestiegen sind. Man kann einenTerminmarkt durch einen Zustandsmarkt gedanklich ersetzen. Indem manzwei Zustände der Welt einführt, Zustand 1, wo das Gut zu einem festgelegtenPreis von Pg geliefert wird (guter Zustand) und Zustand 2, wo sich der Preisdes Gutes bereits geändert hat (schlechter Zustand) und der Preis des GutesPs lautet. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1 sei w, derfür das Eintreten von Zustand 2 (1 − w). Da der Verkäufer in jedem Fallliefern muss unabhängig vom Zustand der Welt, muss also Gg = Gs gelten(wobei dann auch V (Gg) = V (Gs) gültig ist). Der Käufer bekommt sein Gutin jedem Fall. Der Verkäufer muss zu dem entsprechenden Marktpreis liefern.Tritt Zustand 1 ein, so liefert er Gg zum Preis von Pg. Tritt Zustand 2 ein,so muss er Gs zum Preis von Ps liefern. Hier lautet seine Budgetgerade also:

B = Pg Gg + PsGs . (50)

Damit die angesprochene Analogie gilt, darf der Gesamtpreis nicht höhersein, als der auf dem entsprechenden Terminmarkt, sonst schließt man keinenZustandsvertrag ab. Der Erwartungsnutzen lautet:

E(V ) = w V (Gg) + (1 − w)V (Gs) . (51)

Nach dem Lagrange-Verfahren lässt sich das Optimum ermitteln als Ex-tremu der folgenden Funktion:

Λ = w V (Gg) + (1 − w)V (Gs) + λ (B − Pg Gg − PsGs) . (52)

Der Preis steht ex ante fest (wird im Vertrag vereinbart). Die Gütermengensind jedoch variabel. Also muss gelten:

∂Λ

∂Gg= w V ′(Gg) − λPg = 0 (53)

∂Λ

∂Gs= (1 − w)V ′(Gs) − λPs = 0 . (54)

42

Im Optimum muss also gelten:

w V ′(Gg)

(1 − w)V ′(Gs)=Pg

Ps. (55)

In diesem speziellen Beispiel muss darüber hinaus Gg = Gs sein. Mithin mussauch V ′(Gg) = V ′(Gs) gelten. Also ist der Vertrag fair, wenn das Preisver-hältnis der Güter Pg

Psgleich dem Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten w

(1−w)

ist. Dann liegt die Lösung auf der 45◦-Geraden. Ist der Vertrag nicht fair,dann wäre w

(1−w)> Pg

Psd.h. die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zu-

stand 1 ist größer, als sich dies in den Marktpreisen wiederspiegelt. Dann istdas gewählte Güterbündel nicht länger optimal. Wird nun von der Annah-me Gg = Gs abgegangen und zugelassen, dass der Verkäufer unterschiedlicheGütermengen in den beiden Zuständen der Welt kaufen kann (ob das sinnvollist oder nicht, sei dahingestellt), so ist das Optimum in der Tat dort, wo

w V ′(Gg)

(1 − w)V ′(Gs)=Pg

Ps. (56)

gilt. Diesmal liegt das Optimum unterhalb der 45◦-Geraden.

G ü t e r m e n g e n i m s c h l e c h t e n Z u s t a n d

G ü t e r m e n g e ni m g u t e n Z u s t a n d

4 5 oBP s

BP g

G g = G sBP g + P s

BP g + P s

G ü t e r m e n g e n i m s c h l e c h t e n Z u s t a n d

G ü t e r m e n g e ni m g u t e n Z u s t a n d

4 5 oBP s

BP g

G g = G s

G g

G s

Anders als beim Entscheidungsproblem unter Sicherheit, wo die Indifferenz-kurve fest war (fixe Präferenzen) und eine Preisänderung sich jeweils nurin der Änderung der Steigung oder einer Verlagerung der Budgetgeradenauswirkte, ist bei einer Entscheidung unter Risiko die Indifferenzkurve bzw.

43

deren Steigung mit der Wahrscheinlichkeit w veränderlich. Auf einem fairenMarkt, wo das Preisverhältnis sich immer wie das Verhältnis der Wahrschein-lichkeiten einstellt, sind die Budgetgerade und die Indifferenzkurven nichtunabhängig voneinander. Sie stellen sich gerade so ein, dass immer das Gü-terbündel auf der 45◦-Geraden gewählt wird. Ist der Markt aber nicht fair,so ist diese Wahl nicht länger optimal. Um hier ein Optimum zu erreichen,muss von der Bedingung Gg = Gs abgegangen werden. Der Akteur wird sichhier besser stellen, mehr von Gut Gg zu liefern, wenn er das Eintreten vonZustand 1 für wahrscheinlicher hält, als sich dies in den Marktpreisen derbeiden Zustandsgüter wiederspiegelt.

Man kann den zuletzt untersuchten 2-Güter-Fall sehr einfach auf den Fallmehrerer Güter erweitern. Es seien m Güter vorhanden, für die jeweils mZustände definiert seien, die mit den Wahrscheinlichkeiten wz (z = 1, . . . , n)eintreten können. Folglich lautet der Erwartungsnutzen:

E(V ) =n∑

z=1

wz V (X1z, . . . , Xmz) . (57)

Die Budgetrestriktion lautet:

B =n∑

z=1

m∑

j=1

PjzXjz . (58)

Wird der Kauf auf einem Terminmarkt mit einem Verkauf auf einem anderenTerminmarkt finanziert, so muss gelten:

n∑

z=1

m∑

j=1

PjzXjz ≥ B , (59)

wobei die Xjz eben die Verkäufe sind. Es muss also gelten, dass der Wertaller Käufe, summiert über alle Zustände der Welt, nicht größer sein darf alsder Wert aller Verkäufe, summiert über alle Zustände der Welt. Also mussgelten:

n∑

z=1

m∑

j=1

Pjz(Xjz −Xjz) ≥ 0 . (60)

Die Lagrange-Funktion lautet also:

Λ =n∑

z=1

wz V (X1z, . . . , Xmz) + λ[n∑

z=1

m∑

j=1

Pjz(Xjz −Xjz)] → Max . (61)

44

Damit lassen sich Entscheidungen unter Unsicherheit mit den gleichen In-strumenten analysieren, wie Entscheidungen unter Sicherheit, nämlich mitNutzenfunktionen bzw. ihren Indifferenzkurven und Budgetrestriktionen. BeiEntscheidungen unter Sicherheit sind die Güterbündel ex ante und ex postidentisch. Bei Entscheidungen unter Unsicherheit sind die Bündel der Zu-standsgüter unterschiedlich, da man ja nicht den Zustand der Welt kennt,sondern nur deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Ex ante enthält das Bündelfür jedes nachgefragte Gut sämtliche zugehörige Zustandsgüter als Möglich-keiten, ex post wird von jedem nachgefragten Gut nur eines der zugehörigenZustandsgüter konsumiert.

Ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung nicht bekannt, kann man auch Entschei-dungstheorien der Maximin-Strategie (bekannt aus der Spieltheorie) anwen-den, die besagt, dass entweder die Alternative gewählt werden sollte, in derder maximale Verlust minimal ist oder die, wo der minimale Gewinn ma-ximal ist, oder, wenn wenigstens Wahrscheinlichkeiten für Zustände Y alsauch subjektive Wahrscheinlichkeiten für den Zustand X bekannt sind unddie gesuchten Zustände X und Y korreliert sind, die Bayes’sche Regel, nachder:

w(X|Y ) =w(X ∩ Y )

w(Y )=w(X)w(Y |X)

w(Y ). (62)

Hängen beide Wahrscheinlichkeitsverteilungen voneinander ab, kann man,wenn man w(Y |X) kennt, die „objektivere“ Wahrscheinlichkeit w(X|Y ) be-stimmen. Diese wird umso „objektiver“, je größer die Stichprobe für Y ist. Beider Bayes’schen Entscheidungsregel werden gegenüber der Maximin-Regelalle vorhandenen Informationen ausgenutzt, während bei der Maximin-Regelim ersten Fall z.B. nicht die Informationen über den Gewinn mitverwendetwird, wenn lediglich die Verluste verglichen werden. Dann könnte der Ge-winn noch so groß sein. Er wird aus der Betrachtung ausscheiden. Daher istdie Maximin-Regel umso interessanter, je verschieden die einzelnen Einheitensind. Denn bei einer nur ordinal messbaren Größe spielt es in der Tat nureine Rolle, ob die Höhe einer Auszahlung größer, kleiner oder gleich ist un-abhängig von ihrer „kardinalen“ Höhe. Die Bayes’sche Entscheidungsregelist insofern subjektiv, als dass die Subjektivität von w(X), der Anfangsver-teilung, eingeht.

45

3.7 Entscheidungen über die Güternachfrage

Unsicherheit scheint der eher realistischere Fall zu sein, wobei sowohl Unsi-cherheit über den Zustand der Welt als auch Unsicherheit über die Entschei-dungen anderer Akteure vorhanden sein mag. Autonome Entscheidungen un-ter Sicherheit sind wohl eher als Ausnahmefall zu betrachten. Trotzdem istdie Annahme der Sicherheit vorteilhaft, da sie nicht mit so aufwändigen Mit-teln zu behandeln ist wie eine Entscheidungstheorie unter Unsicherheit. Diegrundlegenden Funktionen eines marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemslassen sich auch unter der vereinfachenden Annahme der Sicherheit studieren.Kommt jedoch Unsicherheit ins Spiel und ist die Gewinnung von Informa-tionen mit Kosten verbunden, so führt der Marktmechanismus zu anderenErgebnissen als unter der Annahme der Sicherheit. Gemessen an der Gü-terversorgung, die bei einem Fehlen von Informationskosten erreichbar wäre,liegt ein „Versagen“ des Marktes vor. Weitere Fragen sind, ob der Allokations-mechanismus die zur Verfügung stehenden Informationen effizient verwertetund außerdem Anreize zur Generation und Aufdeckung von Informationensetzt.

Die Mikroökonomik stellt lediglich ein Modell bereit, mit dem marktwirt-schafltliche Prozesse abgebildet werden sollen. Die Theorie der Präferenz-ordnung ist ein Modell menschlichen Entscheidungsverhaltens. Die ordinaleNutzentheorie ist wiederum ein Modell dieser Präferenzordnung. Die Präfe-renzen werden als stabil und exogen angenommen. Eine Variable ist exogen,wenn sie durch das Modell nicht erklärt wird, sondern von außen bestimmtwird. Endogen sind die gewählten Gütermengen, exogen die Preise und dasEinkommen. In einem erweiterten Modell können auch die Preise endogendurch die Marktmechanismen bestimmt und selbst das Einkommen kann en-dogen über die Faktorpreise (z.B. Lohnsatz) und eingesetzte Faktormenge(z.B. Arbeitsstunden) bestimmt sein. Man unterscheidet statische und dyna-mische Modelle. Die mathematische Lösung eines statischen Modells bestehtaus den Vektoren der Werte der endogenen Variablen, welche das Gleichungs-system erfüllen. Diese Lösung stellt im ökonomischen Sinne ein Gleichgewichtdar, da die exogenen Variablen festliegen. In einem dynamischen Modell än-dern sich hingegen auch die exogenen Variablen. Dann besteht die Lösungaus den Zeitpfaden der Werte der endogenen Variablen, welche die Glei-chungen in jedem Zeitpunkt bzw. in jeder Periode erfüllen. Die Auswirkungder Änderung einer exogenen Variable auf die endogenen Variablen wird in

46

einem statischen Modell durch eine komparativ-statische bzw. komparativ-dynamische Analyse ermittelt. Es stellt lediglich ein Gedankenexperimentdar. In der experimentellen Wirtschaftstheorie wird auch auf ökonomischenGebiet versucht, echte Experimente durchzuführen. Dabei werden Labor- undFeldexperimente unterschieden. Eine Analyse, bei der eine einzelne exogeneVariable verändert wird (ceteris paribus), um die Auswirkung auf die endo-genen Variablen des Problems zu untersuchen, stellt in der Ökonomik dasGegenstück zu einem kontrollierten Experiment in den Naturwissenschaftendar.

Durch die Lagrange-Funktion:

Λ = U(X1, X2, . . . , Xn) + λ(B − P1X1 − . . .− PnXn) (63)

lässt sich die optimale Gütermenge wie folgt bestimmen:

X∗

1 = X1(P1, P2, . . . , Pn, B) = X1(P, B) , (64)

X∗

2 = X2(P1, P2, . . . , Pn, B) = X2(P, B) , (65)... =

... (66)

X∗

n = Xn(P1, P2, . . . , Pn, B) = Xn(P, B) . (67)

X∗

i stellt die so genannte Marshall’sche Konsum- oder Nachfragefunktiondar. Entlang dieser Kurve ist das Budget konstant. In einer komparativ-statischen Analyse werden die partiellen Ableitungen nach Pi, Pj und Buntersucht: ∂Xi

∂Pi, ∂Xi

∂Pj, ∂Xi

∂B(i, j = 1, . . . , n).

Dabei ist es ausreichend, das Vorzeichen dieser Funktionen, also deren Ent-wicklung, zu kennen. Die Nachfragefunktionen sind homogen vom Grade nullin den Preisen und Einkommen d.h. steigt das Einkommen und alle Preisemit einem skalaren Prozentsatz, so ändert sich die Lage der Budgetgeradennicht:

µB = µP1X1 + . . .+ µPnXn ⇔ B = P1X1 + . . .+ PnXn . (68)

Man spricht auch davon, dass die Konsumenten keiner „Geldillusion“ unter-liegen würden.

47

3.7.1 Änderung auf eine Einkommensvariation

Das Einkommen wird variiert, wobei B1 < B2 < B3. Die Kurve, die jeweilsdurch die optimalen Güterbündel X1

i , X2i , X3

i läuft, wird als Einkommens-Konsum-Kurve bezeichnet. Jeder Einkommenshöhe B ist eine bestimmteNachfragemenge des Gutes 1 und des Gutes 2 zugeordnet.

G u t 2

G u t 1

B 2B 3

B 1

X 1 X 1 X 1

X 2X 2X 21

1

2

2

3

3

Wird auf der Abszisse das Einkommen und auf der Ordinate jeweils dieNachfrage nach Gut 1 und Gut 2 aufgetragen, so erhalten wir die so genannteEngel-Kurve.

G u t 1

E i n k o m m e n

∂X1

∂B> 0, ∂2X1

∂B2 > 0, (normales) Luxusgut

∂X1

∂B> 0, ∂2X1

∂B2 < 0,(normales) notwendiges Gut

inferior, ∂X1

∂B< 0superior

Güter, welche vermehrt nachgefragt werden, wenn das Einkommen steigt,für die also ∂X

∂B> 0 gilt, werden als normale Güter bezeichnet. Gilt darüber

48

hinaus ∂2X∂B2 > 0, so spricht man von einem Luxusgut, da mit steigendem

Einkommen die Nachfrage überproportional ansteigt. Nimmt die Nachfrageunterproportional zu, so bezeichnet man diese Güter als notwendige Güter.Güter, für die ∂X

∂B< 0 gilt, werden als inferiore Güter bezeichnet, da die

Nachfrage nach diesen Gütern mit mehr Einkommen abnimmt. Ein inferioresGut ist sehr selten. In der Regel ist ein Gut möglicherweise inferior, wenn essehr eng abgegrenzt ist. Während die Kategorie „Wein “ eher ein Luxusgutist, könnte vielleicht „Landwein“ eher ein inferiores Gut sein. Ist ein Gutinferior, dann muss im 2-Güter-Fall das andere Gut normal sein.

3.7.2 Änderung auf Variation der Preise

Wird der Preis eines Gutes geändert, so dreht sich die Budgetgerade um denOrdinaten- oder Abszissenschnittpunkt. Dabei gibt es zwei Effekte. Zunächstwerden die relativen Preise, d.h. das Verhältnis der Preise zueinander, geän-dert. Dies führt zu einem Substitutionseffekt, da das Gut, welches teurer (bil-liger) geworden ist, weniger (vermehrt) nachgefragt wird. Zum anderen wirdaber auch das Realeinkommen geändert d.h. die Konsummöglichkeitsmengewird im Ganzen eingeschränkt (vergrößert), wenn die Preise steigen (sinken).Man bezeichnet letzteres als Einkommenseffekt. Steigen (sinken) die Preise,so ist der Einkommenseffekt bei einem normalen Gut negativ (positiv). DerSubstitutionseffekt ist immer negativ (positiv), wenn der Preis für ein Gutsteigt (sinkt). Dabei ändern sich beide Effekt in der gleichen Richtung. DerGesamteffekt wird aus beiden Einzeleffekten zusammengesetzt.

Grafisch lassen sich beide Effekte voneinander separieren, indem wir eineParallele zur neuen Budgetgeraden einzeichnen, die die alte Indifferenzkur-ve tangiert. Definitionsgemäß ist also der Nutzen im Punkt a und Punkt cgleich, so dass wir den reinen Substitutionseffekt vor uns haben. Die Verän-derung von Punkt c nach Punkt b ist der isolierte Einkommenseffekt, da dieSteigung der Budgetgeraden durch c und b gleich bleibt. Beide zusammenergeben den Preiseffekt.

∂Xi

∂Pi

∣∣∣U=konst.

< 0 ist bei einer Preiserhöhung stets negativ, während∂Xj

∂Pi> 0

positiv sein kann, wenn Xj und Xi Substitute sind d.h. wenn der Konsumentaufgrund einer Preisänderung von Gut Xi auf das Gut Xj ausweicht, da esihm eine ähnliche Befriedigung liefert. Xj und Xi sind Komplemente, wenn

49

G u t 2

G u t 1

b

caS u b s t i t u t i o n s e f f e k t

P r e i s e f f e k t

E i n k o m m e n s e f f e k t

BP 2

BP 1

BP 1

sie nur zusammen Nutzen stiften, also wenn∂Xj

∂Pi

und∂Xi

∂Pi

gleiche Vorzei-

chen haben. Dabei kann es sein, dass Gut 1 zu Gut 2 ein Komplement ist,während Gut 2 zu Gut 1 ein Substitut darstellt. Bezieht man sich auf nut-zenkompensierte Preisänderungen, so tritt dieser Fall nicht auf. Dann sinddie Differentiale:

∂XHi

∂Pj

∣∣∣U=konst.

=∂XH

j

∂Pi

∣∣∣U=konst.

(69)

immer symmetrisch.

50

Die Nachfragekurve, auf der der Nutzen konstant bleibt, wird als Hicks-Nachfragekurve bezeichnet. Wird das Budget derart geändert, dass die neueBudgetgerade durch den alten Konsumpunkt läuft, spricht man von einerSlutsky-kompensierten Nachfragefunktion.

G u t 2

G u t 1

S l u t s k y - k o m p e n s i e r tH i c k s - k o m p e n s i e r t

Die Gleichung, die den Einkommenseffekt und den Substitutionseffekt von-einander getrennt darstellt, wird Slutsky-Gleichung genannt (Herleitungsiehe Gleichungen (163),(174)). Sie lautet:

∂Xi

∂Pj=∂Xi

∂Pj

∣∣∣U=konst.

−Xj∂Xi

∂B=∂XH

i

∂Pj−Xj

∂Xi

∂B. (70)

XHi bedeutet Hicks-kompensiert oder nutzenkompensiert. Der Einkommens-

effekt ist gerade so, dass die alte Nutzenkurve tangiert wird (in einem anderenKonsumpunkt). Ist der Einkommenseffekt positiv, wenn die Preise steigen(inferiores Gut) und betragsmäßig größer als der negative Substitutionsef-

fekt, dann spricht man von einem Giffen-Gut (∂Xi

∂Pi> 0). Giffen-Güter

werden als Ausnahmefälle betrachtet und sind sehr selten. Man spricht hierauch von dem Giffen-Paradox.

Normalerweise sind Indifferenzkurven konvex. Dann ergibt sich in der Regelnur ein optimales Güterbündel. Zwei Sonderfälle sind Indifferenzkurven beivollständiger Komplementarität, die eine L-Form besitzen und die lediglicheine Knickstelle aufweisen, und solche bei vollständiger Substituierbarkeit,

51

die Geraden sind. Im ersten Fall gibt es nur eine Lösung im Knickpunkt.Allerdings verletzt diese Form einer Indifferenzkurve die Annahme der Uner-sättlichkeit, nach der eine Zunahme eines Gutes immer mehr Nutzen stiftet.Bei vollständiger Substituierbarkeit gibt es entweder eine Randlösung oderdie Budgetgerade ist deckungsgleich mit der Indifferenzkurve und es gibt un-endlich viele Lösungen.

G u t 2

G u t 1I 2 ( v o l l s t ä n d i g e S u b s t i t u i e r b a r k e i t )

I 1 ( v o l l s t ä n d i g e K o m p l e m e n t a r i t ä t )

Werden die einzelnen Nachfragekurven bei einer Änderung der Preise ver-folgt, so erhält man im 2-Güter-Fall eine Preis-Konsum-Kurve PKK. Wirddie Änderung eines Gutes über den Preis auf der Ordinate aufgetragen, soerhält man eine Nachfragefunktion. Je nach Kompensation (unkompensiert(NK), Hicks- oder nutzenkompensiert (UK), Slutsky- oder einkommens-kompensiert (EK)), erhält man drei verschiedene Kurven.

Bei einer Preissenkung ist das Realeinkommen im Fall (NK) immer amhöchsten als bei (EK) und (UK). Für ein normales Gut gilt dann auchXNK

i > XEKi > XUK

i . Entlang der Marshall’schen Nachfragefunktion istdie Budgetsumme konstant. Entlang der einkommenskompensierten Nachfra-gefunktion ist die „reale“ Budgetsumme konstant (d.h. man kann trotz derPreisänderung das alte Güterbündel konsumieren). Entlang der Hicks’schenNachfragekurve ist der Nutzen konstant. Nur die Marshall-Kurve bestehtaus Substitutions- und Einkommenseffekt. Die beiden anderen Kurven auseinem jeweils unterschiedlich definierten Substitutionseffekt.

52

G u t 2

I 1 = P K K U K

I 2I 3

P K K N K

P K K E K

G u t 1

P r e i sa

a

X 1X 1X 1

N K

E K

U K

P 1

BP 1

BP 0 G u t 1

Für die Hicks’sche Nachfragefunktion gilt immer

∂XHi

∂Pj

=∂XH

j

∂Pi

(71)

und sie ist eindeutig fallend, da∂XH

i

∂Pi< 0. Für die Marshall’sche Nach-

fragefunktion muss diese Symmetrie nicht gelten und sie kann bei einemGiffen-Gut auch steigen, wenn der entsprechende Einkommenseffekt denSubstitutionseffekt überwiegt.

53

3.7.3 Das duale Problem

Man kann auch das duale Problem betrachten. Während vorher der Nut-zen maximiert wurde bei konstant gehaltenem Budget, wird nun das Budgetminimiert bei konstant gehaltenem Nutzen. Das daraus folgende Minimie-rungsproblem lautet:

AU =∑n

i=1 PiXi → Min

unter den Nebenbedingungen:

U(X1, . . . , Xn) ≥ U und Xi ≥ 0.

Die entsprechende Lagrange-Funktion lautet:

Λ =n∑

i=1

PiXi − λ [U(X1, . . . , Xn) − U ] (72)

mit den notwendigen Bedingungen:

∂Λ

∂Xi= Pi − λ

∂U

∂Xi= 0 , (73)

∂Λ

∂λ= U(X1, . . . , Xn) − U = 0 . (74)

Daraus folgt wiederum die Optimalitätsbedingung:

Pi

Pj

=Ui

Uj

. (75)

Da der Nutzen konstant gehalten wird, ergibt sich daraus die Hick’scheNachfragefunktion XH

i (P1, . . . , Pn, U). In dem Sonderfall, in dem Ausgabe-summe AU und Budget B gleich sind, führen beide Probleme (das Maxim-ierungs- und das Minimierungsproblem) zum selben Optimum. Wird dieNachfragefunktion wiederum in die Ausgabesumme eingesetzt, so ergibt sichdie folgende Lösung:

AU =n∑

i=1

PiXHi =

n∑

i=1

PiXHi (P1, . . . , Pn, U) = AU(P1, . . . , Pn, U) . (76)

Für die partielle Ableitung der Ausgabenfunktion gilt nach einem Satz vonShephard (siehe Gleichung (172)):

∂AU

∂Pi= XH

i . (77)

54

Da∑n

i=1∂AU∂Pi

Pi

AU=∑n

i=1XH

iPi

AU= 1 gilt, muss im Mittel eine einprozenti-

ge Preissteigerung eines Gutes durch eine einprozentige Ausgabenerhöhungkompensiert werden, wenn der Nutzen konstant bleiben soll. Da dies jedochnur in der Summe über alle i gilt, können untereinander bestimmte Substi-tutionseffekte wirksam werden.

3.7.4 Die indirekte Nutzenfunktion

Die indirekte Nutzenfunktion ergibt sich schließlich, wenn wirXi(P1, . . . , Pn, B)in U(X1, . . . , Xn) einsetzen, so dass:

U = U(P1, . . . , Pn, B) . (78)

Der Nutzen hängt somit indirekt von den Preisen und der Budgetsumme ab.Für die indirekte Nutzenfunktion gilt die Roy’sche Identität:

∂U

∂Pi=

∂U

∂Pi

∣∣∣B=konst.

+∂U

∂B

∂B

∂Pi︸︷︷︸0

(79)

=n∑

k=1

Uk∂Xk

∂Pi=

n∑

k=1

λPk∂Xk

∂Pi(80)

= λ

(n∑

k=1

∂(Pk Xk)

∂Pi− ∂Pk

∂PiXk

)(81)

= λ

∂B

∂Pi︸︷︷︸0

−Xi

= −λXi = −∂U

∂BXi . (82)

Da λ > 0, muss∂U

∂Pi

< 0 sein.

Alle drei Funktionen, die Nutzenfunktion, die Ausgabenfunktion und die in-direkte Nutzenfunktion sind dual zueinander und sind in gleicher Weise ge-eignet, die Präferenzordnung abzubilden.

3.8 Den Nutzen messen

Viele Aussagen in der Mikroökonomik lassen sich zwar mit Hilfe der ordi-nalen Nutzentheorie ableiten, aber, da keine feste kardinale Maßeinheit exis-tiert, ist der Nutzen interpersonell nicht vergleichbar. Mithin lässt sich der

55

Nutzen einer bestimmten wirtschaftspolitischen Maßnahme für die gesamteVolkswirtschaft nicht bestimmen, um dafür normative Aussagen treffen zukönnen. Da für den Einzelnen ohnehin eine freie Konsumentensouveränitätangenommen wird, sind Aussagen für eine Gruppe von Individuen schwierig.Anders ist es, wenn eine Ersatzgröße für den Nutzen vorhanden wäre undz.B. die Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Gut als alternative Größegewählt werden würde. Dabei muss man sich aber den Unterschied zwischender Zahlungsbereitschaft und der Zahlungsfähigkeit vor Augen halten. Indivi-duen, deren Budget größer ist, werden andere Konsumgüterbündel wählen alssolche, die sich einer anderen Budgetrestriktion gegenüber sehen. Wird dasOrdinatengut als Zahlungsmittel interpretiert, so lässt sich über den Umwegder Zahlungsbereitschaft indirekt der Nutzen messen. Eine wichtige Rollespielt dabei die Konsumentenrente, die sich aus der marginalen Zahlungsbe-reitschaft ableiten lässt.

3.8.1 Die Konsumentenrente

Wird nämlich der Preis von P 11 auf P 2

1 gesenkt, so kann der Konsumentanstatt der Menge a nun die Menge b des Gutes X1 wählen. Zahlen müssteer dafür den gesamten Betrag Z2. Der Konsument muss also nur soviel für dasGut X1 ausgeben, wie er für die letzte Einheit des Gutes ausgeben würde.Daher spricht man auch von der marginalen Zahlungsbereitschaft. Bereitwäre der Konsument jedoch gewesen, den Betrag Z1 + Z2 zu zahlen. Dabeierspart sich der Konsument offensichtlich den Betrag Z1.

Wird er z.B. nur eine Einheit des Gutes konsumieren, würde er den PreisP 0

1 zahlen müssen. Bei 2 Einheiten sinkt der Preis bereits, so dass nun jedeEinheit billiger ist als vorher. Den so eingesparten Betrag bezeichnet manals Konsumentenrente. Die Konsumentenrente von z.B. Wasser oder Luft istparadoxerweise sehr groß. Obwohl der Preis des freien Gutes Wasser oderLuft sehr gering ist (nahezu null), können wir nicht ohne jede Einheit davonüberleben. Wir wären also durchaus bereit, für die erste Einheit unendlichviel zu zahlen. Mithin ist die Fläche unter der Kurve immens und somitdie Konsumentenrente sehr groß. Um von der Zahlungsbereitschaft auf dieNutzenänderung zu schließen, können wird die indirekte Nutzenfunktion her-anziehen:

U = U(P1, . . . , Pn, B).

56

G u t 2

G u t 1

P r e i s

a

BP 1

BP 1

G u t 121

b

P 12

P 11

P 10

Z 2

Z 1

Nach der Gleichung von Roy gilt bekanntlich:

∂U

∂P1

= −λX1(P1, . . . , Pn, B) . (83)

Indem wir die Fläche Z1 unter der Kurve berechnen, also

∫ P 01

P 21

X1 dP1 , (84)

können wir, unter der Annahme, das λ von den Preisen unabhängig ist, auf

57

die Nutzenänderung schließen:

U(P 01 , . . . , Pn, B) − U(P 2

1 , . . . , Pn, B) = −λ∫ P 0

1

P 21

X1 dP1 . (85)

Die notwendige Annahme λ = konst. ist jedoch nur in wenigen Fällen mög-lich. Insofern ist die Anwendbarkeit dieser Formel gering.

3.8.2 Einkommenskompensationen

Man kann nun fragen, wieviel der Konsument bereit wäre zu zahlen, um einebestimmte Preissenkung zu erhalten. Nach einer Preissenkung hat die Bud-getgerade eine flachere Steigung und tangiert den „neuen“ Nutzen im Punktb. Aus der Sicht des Konsumenten ergibt sich die Kompensationszahlung alsDifferenz der beiden Nutzen unter dem neuen Preisvektor (c → b, kompen-satorische Einkommensvariation).

Anders kann man auch fragen, wieviel der Komsument fordern wird, um aufeine Preissenkung, auf die er Anspruch hat, zu verzichten. Verzichtet er aufdie Preissenkung, so ist die Steigung der Budgetgeraden steiler. Die Kom-pensation misst sich ebenfalls als Differenz der Nutzen nun jedoch unter demalten Preisvektor (d→ a, äquivalente Einkommensvariation).

Bezeichnen wir den alten Nutzen mit Ualt = U(P0, B0) und den neuenNutzen mit Uneu = U(P1, B0), dann ergibt sich für die kompensatorischeEinkommensvariation EV k:

Ualt = U(P0, B0) = U(P1, B0 −EV k) , (86)

d.h. Maßstab ist der alte Nutzen. Für die äquivalente Einkommensvariationgilt nun:

Uneu = U(P0, B0 + EV ä) = U(P1, B0) , (87)

d.h. Maßstab ist der neue Nutzen.

Das Marshall’sche Konzept der Konsumentenrente ist dann sinnvoll, wennMarktpreise bekannt sind. Bei außermarktlichen d.h. externen Effekten lässtsich eher die Methode der kompensatorischen oder äquivalenten Einkom-mensvariation anwenden.

58

G u t 2

G u t 1

P r e i s

a

BP 1

BP 1

G u t 11

b

P 11

P 10

dc

0

a

bc

dZ 1 Z 2

{{

E V k

E V ä

Durch eine Preissenkung kann der Konsument anstatt der Menge a die Mengeb konsumieren. Im P1 − X1-Diagramm sind die Kurven a → c und d →b jeweils Hicks’sche Nachfragefunktionen, während die Kurve a → b eineMarshall’sche Nachfragefunktion darstellt. EV k lässt sich ermitteln alsFläche unter der Kurve des „alten“ Nutzens, also Z1. EV ä ist die Summeunter der Kurve des „neuen“ Nutzens, also Z1 +Z2. In dem hier betrachtetenFall (normales Gut) ist EV ä größer als EV k, da der Konsument im Falleder äquivalenten Einkommensvariation einen Anspruch auf die Preissenkunghat, während dies bei der kompensatorischen Einkommensvariation nicht derFall ist. Ein vorhandener Anspruch ist aber Geld wert.

59

3.8.3 Vereinfachungen zum Ziel der Aggregation

1. Zusammenfassung zu Gütergruppen:Sind die Relativpreise untereinander konstant, dann kann man die Gü-ter zu einem Gut zusammenfassen. Dies wird z.B. bei der Analyse desKonsum-Arbeits-Problems gemacht, wobei alle konsumierten Güter un-ter dem Gut „Konsum“ zusammengefasst werden.

2. Separable Nutzenfunktion:Sind die Preisrelationen aller Güter nicht konstant, so kann man viel-leicht Gütergruppen finden, deren Relativpreise untereinander sich nichtändern. Für k solcher Gütergruppen hätte man also die Darstellung:

U = U(V1(X(1)), . . . , Vk(X

(k))) mit∂U

∂Vi> 0, i ∈ [1, . . . , k] . (88)

Man bezeichnet dies als schwache Separabilität. Ein Sonderfall derschwach separablen Nutzenfunktion ist die additiv separable Nutzen-funktion:

U = F (V1(X(1))+. . .+Vk(X

(k))) mit F ′ > 0, i ∈ [1, . . . , k] .(89)

Hierbei können anstatt der k Gütergruppen auch alle n Güter additivgekoppelt sein. Da jedes Gut dann einzeln bewertet wird, sind inferioreGüter und damit Giffen-Güter ausgeschlossen.

Bsp.: F (x) = ex für Vi = αi ln(xi) ergibt:

U = Xα11 · . . . ·Xαn

n .

Man bezeichnet eine solche Funktion auch als Cobb-Douglas-Funktion.

3. Homothetische NutzenfunktionHomothetisch bedeutet eine streng monoton steigende Transformationeiner linear homogenen Nutzenfunktion. Also:

V = F (U(X1, . . . , Xn))mit F ′ > 0 und U(λX1, . . . , λXn) = λU(X1, . . . , Xn).

60

In diesem Fall gilt:

AU(P1, . . . , Pn, U) = AU(P1, . . . , Pn)U .

Unter dieser Annahme ist die Engel-Kurve eine Gerade durch denUrsprung. Da bei einer Geraden durch den Ursprung Momentan- undDurchschnittssteigungen übereinstimmen, ist die Einkommenselastizi-tät ηi = 1 (siehe Gleichung (109)). Damit sind nach Gleichung (113)die Ausgaben für ein Gut i unabhängig von der Höhe des Einkommens.Damit spielt die Zahlungsfähigkeit (Höhe des Einkommens) keine Rollemehr und die Zahlungsbereitschaft ist verwendbar, um den Nutzen zumessen. Eine schwächere Forderung ist eine quasi-homothetische Nut-zenfunktion. Hier muss die Engel-Kurve zwar eine Gerade sein, abernicht mehr durch den Ursprung laufen.

Nach dem Satz von Euler gilt bei einer Homogenität vom Grade k:

n∑

i=1

xi∂f

∂xi

(x1, . . . , xn) = k f(x1, . . . , xn) . (90)

Lineare Homogenität der Nutzenfunktion bedeutet also:

X1 U1 +X2 U2 = U(X1, X2) (91)

⇔ λ (X1 P1 +X2 P2) = U(X1, X2) (92)

⇔ λAU = U . (93)

Die Ausgabenfunktion ist homogen vom Grade eins in den Preisen, d.h.bei einer Änderung aller Preise um einen Faktor µ, ändert sich auchdas Budget um einen Faktor µ , d.h. es muss gelten:

AU(µP1, µ P2, U) = µAU(P1, P2, U) . (94)

Damit folgt nach der Euler-Gleichung:

P1∂AU

∂P1+ P2

∂AU

∂P2= AU = U

∂AU

∂U. (95)

61

mit (93). Dies ist aber gleichbedeutend mit:

P1∂AU

∂P1

+ P2∂AU

∂P2

− U∂AU

∂U= 0 . (96)

d.h. es muss gelten unter analoger Anwendung der Euler-Gleichung:

AU(µP1, µ P2,1

µU) = AU(P1, P2, U) , (97)

wenn AU gleichzeitig linear-homogen in den Preisen und linear-homogenin U ist. Ist diese Gleichung erfüllt, dann gilt mit der Annahme µ = U :

AU(P1, P2, U) = AU(U P1, U P2, 1) = AU(U P1, U P2) (98)

= U AU(P1, P2) . (99)

wobei bei der letzten Umformung wiederum die Homogenität vom Gradeeins in den Preisen verwendet wurde! (Kommentar: „1“ kann nämlichnicht als Variable gewertet werden, so dass hier AU gesetzt wurde.)

4. Aggregation der EinkommenIst das optimale Güterbündel abhängig von der Höhe des Einkommensdes Einzelnen, so gilt:

Xi (P, B1, . . . , Bn) =n∑

k=1

Xi(P, Bk) . (100)

Hängt das optimale Güterbündel jedoch von der Summe aller Einkom-men ab, so gilt:

Xi = Xi(P, B) = Xi(P,n∑

k=1

Bk) . (101)

Dies kann man dann annehmen, wenn der Grenznutzen des Einkom-mens aller Konsumenten identisch ist, also wenn:

Xi,k(P, Bk) = αi,k(P) + βi(P)Bk ∀ k ∈ [1, . . . , n] . (102)

62

Dann gilt nämlich:

Xi(P, B) =n∑

k=1

αi,k(P) + βi(P)n∑

k=1

Bk . (103)

Lineare Nachfragefunktionen mit linearen Koeffizienten βi bedeuten li-neare Engel-Kurven. Damit sind alle Engel-Kurven der einzelnenKonsumenten linear und haben eine identische Steigung (nämlich βi).Sind darüber hinaus auch die Niveauparameter αi,k für alle Konsumen-ten identisch, wie z.B. bei:

Xi,k(P, Bk) = αi(P) + βi(P)Bk ∀ k ∈ [1, . . . , n] (104)

mit identischen Koeffizienten αi, dann besitzen die Konsumenten iden-tische, quasi-homothetische Präferenzen. Diese recht strenge Annahmeist notwendig, um Zahlungsbereitschaften mit Hilfe der kompensatori-schen oder der äquivalenten Einkommensvariation berechnen zu kön-nen.

3.9 Alternative Nachfragetheorien

3.9.1 Die Theorie offenbarter Präferenzen (revealed preferences)

Die so genannte Wahlhandlungstheorie geht auf die Theorie der offenbartenPräferenzen nach Samuelson zurück. Da in der Nutzentheorie basierendauf der Präferenztheorie ein Manko darin liegt, dass die Präferenzen mehroder weniger unbekannt sind, basiert die Wahlhandlungstheorie anstatt aufden unbekannten Präferenzen auf den beobachtbaren Größen der Preise, desEinkommens und der gewählten Güterbündel. Alle Aussagen, die man mitder Präferenztheorie machen kann, kann man auch mit der Wahlhandlungs-theorie machen. Insofern sind beide Theorien äquivalent. Allerdings besitztdie Wahlhandlungstheorie andere Axiome, die denen der Präferenztheorieaber äquivalent sind, nämlich das Axiom der Nichtsättigung (das gesamteEinkommen wird ausgegeben), das Axiom der Stetigkeit (Zu jeder Preis-Einkommens-Konstellation gibt es genau ein Güterbündel und umgekehrt)sowie jenes der Transitivität (Sind zwei Güterbündel X(1) und X(2) mög-lich und wird X(1) gewählt, so wird in jeder anderen Situation, in der beideGüterbündel möglich wären, ebenfalls X(1) gewählt.)

63

3.9.2 Die Attributen-Theorie nach Lancaster

Das Problem der unbekannten Präferenzen, welches durch die Präferenz- alsauch Wahlhandlungstheorie nicht befriedigend gelöst werden kann, führt zuProblemen, wenn

• neue Produkte eingeführt werden, deren Präferenzen mithin unbekanntsind.

• Werbung durchgeführt wird. Werden hier die Präferenzen geändert undwenn, wie?

• es zur Frage kommt, wann Güter Substitute oder Komplemente sind.In der Präferenztheorie wird dies allein indirekt über Änderung aufPreisvariationen bestimmt.

Diese Probleme werden gelöst, wenn man annimmt, alle Güter beständenaus einer begrenzten Zahl von Attributen, wobei die Präferenzen für alleAttribute bekannt seien. Damit lösen sich obige Probleme wie folgt einfachin Luft auf:

• Wenn neue Produkte eingeführt werden, werden lediglich bekannte At-tribute rekombiniert, deren Präferenzen bekannt sind.

• Durch Werbung werden nicht Präferenzen geändert, sondern nur dieMöglichkeiten einer neuen Konsummöglichkeitsmenge bekannt gemacht.

• Substitute haben gleiche Attribute und Komplemente unterschiedliche.

Allerdings kommt neben der Budgetrestriktion als Nebenbedingung nun nochdie Nebenbedingung im Attributenraum hinzu:

Xi =n∑

j=1

aij Aj i = [1, . . . , m]. (105)

wobei Aj die Attributen sind und Xi die möglichen Güterbündel. Man kanndie Gleichung entweder im Attributenraum lösen, indem man die Nutzen-funktion von den Aj abhängig macht oder im Raum der Güterbündel, indemman die Nebenbedingung entsprechend verarbeitet. Je nach Budgetrestrikti-on, gegebenen Preisen und gegebener Konsumtechnologie sind nur eine be-grenzte Zahl von Attributenbündeln realisierbar. Dazu muss man einen ef-fizienten Rand der Attributenmenge bestimmen, der die maximale Menge

64

eines Attributs angibt, die unter diesen Bedingungen überhaupt erreichbarist. Der effiziente Rand ist unabhängig von den Präferenzen und ist in denwesentlichen Eigenschaften für alle Konsumenten gleich, da die Preise unddie Konsumtechnologie für alle Konsumenten gleich sind. Lediglich die Bud-getrestriktion bestimmt also das optimale Güterbündel. An die Stelle derBudgetgeraden tritt eine Kurve, die jene Attributenbündel angibt, welchemit dem gegebenen Budget und der gegebenen Konsumtechnologie maxi-mal erreichbar sind. Der Berührungspunkt dieser Kurve mit der höchstenIndifferenzkurve bestimmt das optimale Attributenbündel und damit auchdas optimale Güterbündel. Da das Güterbündel von der Konsumtechnologieabhängt, ergibt sich folgende Abhängigkeit:

Xi = Xi(P1, . . . , Pn, B, a11, . . . , amn) . (106)

Die Lancaster-Theorie ist eine interessante Theorie, spielt aber in derMikroökonomik eine eher untergeordnete Rolle.

65

Für den geneigten Leser seien im Folgenden einige mathematische Aussagengesammelt. Wir fangen an mit:

3.10 Exkurs: Elastizitäten

Eine Elastizität beschreibt die Veränderung des Verhältnisses zweier Größenzu dessen Verhältnis selbst. Man unterscheidet:

• Bogenelastizitäten

• Punktelastizitäten

Sie ist definiert als

E(u, v) =∂u∂vuv

=∂u

∂v

v

u=∂ln(u)

∂ln(v)bzw.

∆u

∆v

v

u. (107)

Elastizitäten haben den Vorteil, dass Einheiten wie e, $, Ltr., kg etc. sichherausheben. Da das Durchschnittsverhältnis immer positiv ist, gilt für fal-lende Funktionen E < 0 und für steigende Kurven E > 0.

u

vC 0 D

B

A

b

a

u

v0 D C

B

A

Mit D als Abszissenabschnitt und A als Ordinatenabschnitt der Tangentelässt sich verallgemeinern:

∂u

∂v= ±BD

DC,u

v=BD

D0→ E(u, v) =

±BDDC

BDD0

= ± D0

DC= ±AB

BC. (108)

66

Für steigende Funktionen kann man auch sagen:

E(u, v) =tgα

tgβ, E(u, v) < 1 wenn tgα < tgβ . (109)

Wenn die Tangente die Ordinate oberhalb des Ursprungs schneidet, dann istE < 1.

Sonderfälle:

v

u

E = 0 E(u, v) = 0 u ändert sich nichtbei Variation von v

v

uE =

E(u, v) = ∞

67

unelastisch: |E| < 1elastisch: |E| > 1

vollkommen - unelastisch: E = 0vollkommen - elastisch: E = ∞

Bezogen auf die Nachfragefunktion kann man folgende Elastizitäten definie-ren:

Xi = Xi(P1, P2, . . . , B) (110)

E(Xi, Pi) oder ǫii: direkte Preiselastizität

ǫii < 0: normales Gutǫii > 0: Giffen-Gut

E(Xi, Pj) oder ǫij : Kreuzpreiselastizität (i 6= j)

ǫij > 0: Substitutǫij = 0: unabhängigǫij < 0: Komplement

Bemerkung:Für die Hick’sche Nachfragefunktion wird die Elastizität mit ξij bezeichnet.

E(Xi, B) oder ηi: Einkommenselastizität

E(Xi, B) < 0: inferiorE(Xi, B) > 0: superior

Substitut bedeutet, dass man die beiden betrachteten Güter alternativ ver-wenden kann. Komplemente befriedigen zusammen Bedürfnisse.

Es kann vorkommen, dass ǫij 6= ǫji (allerdings ξij = ξji), dass heißt in einerRichtung hat man eine Substitutionsbeziehung, in der anderen eine Komple-mentaritätsbeziehung.

Kuchen und Schokolade bestehen unter anderem aus Zucker. Steigt der Zucker-preis, so werden Kuchen und Schokolade gleich weniger nachgefragt, Mehl

68

wird auch weniger nachgefragt. Mehl und Zucker sind Komplemente. Steigtder Mehlpreis, so wird Kuchen und damit Zucker weniger nachgefragt, aberSchokolade sei mehr nachgefragt. Wird insgesamt Zucker mehr nachgefragt,so sind Mehl und Zucker Substitute.

Normale Güter werden weniger nachgefragt, wenn der Preis steigt. Im Aus-nahmefall der steigenden Nachfrage bei steigenden Preisen spricht man vonGiffen-Gütern. Bei Snob-Effekten fragen auch einzelne Haushalte mehr voneinem Gut nach, je weniger sich davon andere Haushalte leisten können.

Superiore Güter werden mit steigendem Einkommen mehr nachgefragt. In-feriore Güter werden mit steigendem Einkommen weniger nachgefragt. Beifallendem Einkommen umgekehrt. Jedoch müssen inferiore Güter bei ausrei-chend kleinem Einkommen superior sein. Da das gesamte Budget verausgabtwird, muss gelten: Wenn ceteris paribus das Einkommen erhöht wird, dannkönnen nicht alle Güter inferior sein, da dann die Gesamtausgaben geringersteigen würden als das Einkommen. Wohl können alle Güter superior sein,aber sie dürfen nicht alle überproportional mit dem Einkommen nachgefragtwerden, d.h. nicht alle ηi > 1 (nicht alle Einkommenselastizitäten elastisch!).

Die Anteile aus Gesamtbetrag der Ausgaben (Einkommen) ändern sich beiÄnderung des Einkommens.

α1︷ ︸︸ ︷(P1X1

B

)

∂B=

P1

B2

(∂X1

∂BB −X1

)(111)

=P1X1

B2

(∂X1

∂B

B

X1− 1

)

︸ ︷︷ ︸η1−1

(112)

∂(

P1 X1

B

)

∂B

> 0= 0< 0

wenn η1

> 1= 1< 1

Es können nicht alle Güter inferior sein, da sich die Gesamtausgaben nichtmehr proportional mit dem Einkommen ändern würden und die Budgetre-striktion nicht mehr gelten würde.

69

Die Budgetrestriktion lautet: P1X1 + P2X2 = B

P1dX1 + P2 dX2 = dB (Änderung ceteris paribus des Einkommens(dP1 = dP2 = 0))

P1X1

B

dX1

dB

B

X1+P2X2

B

dX2

dB

B

X2= 1 ⇒

2∑

i=1

αi ηi = 1 . (113)

Die Engel’sche Aggregationsbedingung besagt, dass die Summe der Ein-kommenselastizitäten gewichtet mit den relativen Anteilen der Güter amGesamteinkommen gleich 1 ist.

Die Konsumausgaben für X1 ändern sich mit Variation von P1:

∂ (P1X1)

∂P1= X1 + P1

∂X1

∂P1(114)

= X1

(1 +

P1

X1

∂X1

∂P1

)= X1 (1 + ǫ11) . (115)

∂ (P1X1)

∂P1

> 0= 0< 0

wenn ǫ11

> −1= −1< −1︸ ︷︷ ︸

normale Güter

steigt immer︸ ︷︷ ︸Giffen-Güter

Bei Änderung der exogenen Variablen P1 ceteris paribus (dB = dP2 = 0)folgt aus der Budgetrestriktion:

P1X1 + P2X2 = B (116)

⇒ dP1X1 + P1 dX1 + P2 dX2 = 0∣∣∣ · P1X1X2

BX1X2 dP1

(117)

⇔ X1 P1

B+X1 P1

B

dX1

dP1

P1

X1

+P2X2

B

dX2

dP1

P1

X2

= 0 (118)

⇔ α1 ǫ11 + α2 ǫ21 = −α1 . (119)

Die direkte Preiselastizität und die Kreuzpreiselastizität sind durch die Aus-gabenanteile bestimmt!

70

Für die Hick’sche Nachfragefunktion gilt:

dU = 0 = U1 dXH1 + U2 dX

H2

∣∣∣ · P1 XH1 XH

2

B XH1 XH

2 dP1

mit der Optimalitätsbedingung : P1

P2= U1

U2.

XH1 P1

B

dXH1

dP1

P1

XH1

+XH

2 P2

B

dXH2

dP1

P1

XH2

= α1 ξ11 + α2 ξ21 = 0 (120)

Da ξ11 < 0 ist ξ21 > 0.

Symmetrie der Nettosubstitionalität:

Netto bedeutet ohne Berücksichtigung des Einkommenseffektes d.h. ǫij = ξij

∂Xi

∂Pj=∂Xj

∂Pi

∣∣∣ · Pj PiXiXj

XiXj B(121)

⇔ ∂Xi

∂Pj

Pj

Xi

Xi Pi

B=∂Xj

∂Pi

Pi

Xj

Xj Pj

B(122)

⇔ ξij αi = ξji αj . (123)

71

2-Güter-Fall:

α1 ξ12 = α2 ξ21 .

Daraus folgt aus (120):

α1 ξ11 + α2 ξ21 = 0 , α1 ξ12 + α2 ξ22 = 0 (124)

⇒ α1 ξ11 + α2 ξ22 + α2 ξ21 + α1 ξ12 = 0 ⇔ α1 ξ11 + α2 ξ22 + 2α1 ξ12 = 0 .

Wie sich auch in Zusammenhang mit der der Slutsky-Gleichung heraus-stellen wird, gilt daher:

ξ11 + ξ12 = 0 . (125)

Ebenso ergibt sich mit (125) aus der Slutsky-Gleichung:

−(ǫ11 + ǫ12) = −(ξ11 + ξ12) + (α1 + α2) η1 = η1 (126)

⇒ −ǫ11 − ǫ12 = η1 . (127)

Zusammenfassend gelten folgende Identitäten:

n∑

i=1

αiǫij = −αj j = 1, . . . , n , (128)

n∑

i=1

αiξij = 0 j = 1, . . . , n , (129)

n∑

j=1

ξij = 0 i = 1, . . . , n , (130)

αi ξij = αj ξji , (131)

−n∑

j=1

ǫij = ηi i = 1, . . . , n , (132)

n∑

j=1

αj ηj = 1 . (133)

72

3.11 Nutzenfunktion

Es wird unterstellt, dass jeder Haushalt eine Reihenfolge der Dringlichkeitseiner Bedürfnisse bestimmen kann. Früher wurde angenommen, es gebe eineNutzenfunktion, die dem Güterbündel X(i) einen eindeutigen Nutzen zuord-net. Heutzutage wird allerdings ein ordinales Konzept verwendet. Dann sindTransformationen mit einer streng monoton steigenden Funktion auch wiedereine Nutzenfunktion, die die selbe Reihenfolge beschreibt.

Es soll eine Präferenzordnung existieren. Für die Präferenzordnung werdenfolgende Annahmen gemacht:

1. Die Präferenzordnung ist vollständigX1 � X2 bedeutet: X1 wird gegenüber X2 präferiert.

Vollständigkeit bedeutet:Entweder gilt X1 � X2, X2 � X1 oder beides gleichzeitig.

2. Transitivität:Aus X1 � X2 und X2 � X3 folgt X1 � X3

3. Reflexivität:X1 � X1

4. StetigkeitBei X1 � X2 � X3 gibt es auf einer stetigen Verbindungsgerade zwi-schen X1 und X3 ein X4, so dass X4 ∼ X2 (indifferent).

Die lexikografische Präferenzordnung ist zum Beispiel nicht stetig. Fürsie gilt:U(X1, X2) > U(X1, X2) wenn X1 > X1 oder X1 = X1 und X2 > X2.

Man lasse die Reihe U(X1 + 1α

∆X1, X2 −∆X2) gegen α→ ∞ laufen.Für U(X1 + ∆X1, X2 − ∆X2) wird U eindeutig gegenüber U(X1, X2)präferiert. Für den Grenzwert (α→ ∞) gilt jedoch U(X1, X2−∆X2) <U(X1, X2). Somit ist die lexikografische Präferenzordnung nicht stetig.

73

X 2

X 1

XX *

X ( 2 )X ( 1 )

X(1), X(2) konvergiert gegen X∗

X(i) ≻ X, aber X∗ ≺ X

5. Das Prinzip der Nichtsättigung: Der Grenznutzen ist immer positiv.

∂U

∂Xi= Ui > 0 für alle i . (134)

Da kein kardinales Nutzenkonzept vorliegt, ist der absolute Wert desGrenznutzens nicht bestimmt.

Für eine streng monoton wachsende Transformation folgt aus U1 � U2

auch F (U1) � F (U2).

Vor der Jahrhundertwende (vor 1900) verwendete man das kardinaleKonzept. Dort beinhaltete das 1. Gossen’sche Gesetz auch (134).

Bei konstantem Xi ist aufgrund der Nichtsättigung mehr an Xj einNutzenzuwachs:

∂2U

∂Xi∂Xj

= Uij > 0 i 6= j (135)

Der Grenznutzen steigt mit Xj .

74

U

X 1

X 2

X 2 X 2 > X 2

Es gibt keinen Sättigungspunkt. Jede zusätzliche Einheit bedeutet einMehr an Nutzen.

Nach dem 1. Gossen’schen Gesetz galt auch∂2U

∂X2i

= Uii < 0.

Dies ist jedoch nicht notwendig. Es kann somit durchaus konstanter oderzunehmender Grenznutzen möglich sein. Dies lässt sich auch aus der Trans-formation unmittelbar zeigen: G sei die neue Nutzenfunktion.

G = F [U ] ⇒ ∂G

∂Xi= Gi = F ′

︸︷︷︸>0

Ui ⇒ Gi > 0 . (136)

∂2G

∂X2i

= F ′′

(∂U

∂Xi

)2

︸ ︷︷ ︸>0

+ F ′

︸︷︷︸>0

∂2U

∂X2i

. (137)

Da für F nur Monotonie gefordert wird, ist das Vorzeichen unklar. Somitkann Gii beliebig sein.

Für quasi-konkave Funktionen gilt allerdings:

U21 U22 + U2

2 U11 − 2U1 U2 U12 < 0 . (138)

Es kann gezeigt werden, dass das Vorzeichen unabhängig von einer Transfor-mation erhalten bleibt, denn mit Verwendung von (136) gilt für G :

G21G22 +G2

2G11 − 2G1G2G12 = (F ′)3(U21 U22 + U2

2 U11 − 2U1U2 U12) .(139)

75

Man spricht von einer quasi-konkaven Funktion, wenn gilt:

U [λX(1) + (1 − λ)X(2)] ≥ min[U(X(1)), U(X(2))] , (140)

während bei strenger Konkavität gelten würde:

U [λX(1) + (1 − λ)X(2)] ≥ λU(X(1)) + (1 − λ)U(X(2)) . (141)

Diese Bedingung (139) ist eine Voraussetzung dafür, dass die Indifferenzkur-ven konvex werden. Somit wird gefordert:

Die Nutzenfunktion ist quasi-konkav.

76

Das Nutzengebirge lässt sich folgendermaßen darstellen:

U

X 1

X 2

U = k o n s t .

Durch die Bedingung U = konst. lassen sich Indifferenzkurven identifizieren.

X 2

X 1

Die Indifferenzkurven fallen und sind konvex. Da U konstant ist, müssen beieinem Plus an X1 Einheiten von X2 entnommen werden, also

dX2

dX1< 0 . Dies ist die Grenzrate der Substitution von X2 durch X1.

Aus dU = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 folgtdX2

dX1= −U1

U2.

77

Man wird mehr von X2 durch X1 substituieren, je größer der Nutzenzuwachsdurch die ersetzten X1 ist gegenüber dem Grenznutzen von X2.

U1 > U2 ⇒ |dX2| > dX1 .

Die zweite Ableitung nach X1 ist:

d2X2

dX21

=−(U2(U11 + U12

dX2

dX1) − U1(U21 + U22

dX2

dX1))

U22

. (142)

MitdX2

dX1= −U1

U2folgt

d2X2

dX21

=−(U2

2U11 + U21 U22 − 2U2 U1 U12)

U32

.

Aus der Quasi-Konkavität der Nutzenfunktion folgt mithin:

d2X2

dX21

> 0: Die negative Steigung nimmt betragsmäßig

ab.

Die beiden Bedingungend2X2

dX21

> 0,dX2

dX1< 0 bedeuten, dass die Indifferenz-

kurven konvex sind d.h. U(λX(1) + (1 − λ)X(2)) ≥ U(X(1)).

X 2

X 1

X ( 1 )

X ( 2 )

U > U

U

D

D

DD

Wenn die Indifferenzkurve konvex sind, dann ist die Lösung eindeutig und esergibt sich ein Nutzenmaximum.

78

Ausgeschlossen sind folgende Indifferenzkurven:

X 2

X 1

Konkav. Diese Indifferenzkurve führtzu einem Nutzenminimum. Lösung isteine Randlösung mit nur X1 oder nurX2.

X 2

X 1

Vollständig substitional. Hier ist dieLösung nicht mehr eindeutig und auchhier gilt: I.a. ist es eine Randlösung.

79

X 2

X 1

Nicht substituierbar ⇒ unabhängig.

Möglich sind:

X 2

X 1X 1

Periphere Substitution d.h. die Achsewird nicht erreicht. Es wird ein Min-destmaß an X1 benötigt.

Alternativsubstitution(Randlösung möglich)

80

Somit darf aufgrund der Eindeutigkeit kein linearer Kurvenanteil vorhandensein und die Kurven dürfen sich auch nicht schneiden.

X 2

X 1

X ( 3 )

X ( 2 )

X ( 1 ) U 1U 2

Es soll gelten: X(2) � X(1) und gleichzeitig X(1) ∼ X(3) und X(2) ∼ X(3).Also auch X(1) ∼ X(2) ⇒ Widerspruch.

Es wird somit für einen Haushalt eine Nutzenfunktion unterstellt. Hat jedesHaushaltsmitglied eine eigene Nutzenfunktion und wird die Haushaltsent-scheidung durch Mehrheitsentscheid gefällt, dann kann es zu einem solchenFall kommen (Arrow-Paradox oder Condorcet-Paradox):

Person A: X1 � X2 X2 � X3

Person B: X2 � X3 X3 � X1

Person C: X3 � X1 X1 � X2

Mit Mehrheitsentscheid wird gefolgert:

X1 � X2, X2 � X3, X3 � X1

und somit X1 � X2 � X3 � X1, also keine Präferenzordnung!

Ebenso uneindeutig ist es, wenn man mehrere Kriterien anwendet z.B.X1 � X2 aufgrund FarbeX2 � X3 aufgrund GewichtX3 � X1 aufgrund Preis

81

3.12 Finden des Optimums mit Optimierung

Es handelt sich um eine Extremumaufgabe mit Nebenbedingung.

Die Nebenbedingung ist die Budgetrestriktion d.h. es darf nicht mehr als dieKonsumsumme C verausgabt werden:

P1X1 + P2X2 = C C = Y − S (143)

Nach der Makroökonomie gilt: 0 ≤ ∂C∂Y

≤ 1, 0 ≤ ∂S∂Y

≤ 1.

Für allgemeine Betrachtungen soll gelten Y = C = B (Budget). Die Neben-bedingung schränkt die mögliche Ergebnismenge ein.

X2 =B

P2− P1

P2X1 ,

X1(BP1

) +X2(BP2

) = 1 . (144)

X 2

X 1BP 1

BP 2 Alles in diesem Bereich kann man sich

leisten. Im n-Güterfall handelt es sichum eine Hyperebene.

82

Es ergibt sich das folgende Extremumproblem.

1. Maximiere U bei gegebenem B

X 2

X 1

B

U

oder

2. Minimiere die Ausgaben bei gegebenem U

X 2

X 1

B

U

83

Aufgrund der Konvexität existiert eine eindeutige Lösung und die Indiffe-renzkurve tangiert gerade die Konsumgerade (bzw. die Budgetebene berührtdas Nutzengebirge in einem Punkt.)

Somit gilt:

dX2

dX1= −U1

U2und

dX2

dX1= −P1

P2.

Für transformierte Funktionen gilt das gleiche Ergebnis, da G1

G2= F ′U1

F ′U2= U1

U2.

Zur analytischen Berechnung muss man zunächst etwas Analysis machen:

Für eine Extremumaufgabe gilt die Bedingung 1. Ordnung:

∂fj

∂xi

= 0 für alle j, i.

und die Bedingung 2. Ordnung:

Die einzelnen Hesse-Matrizen |f11| ,∣∣∣∣∣f11 f12

f21 f22

∣∣∣∣∣ ,

∣∣∣∣∣∣∣

f11 f12 f13

f21 f22 f23

f31 f32 f33

∣∣∣∣∣∣∣, usw.

sind bei einem Minimum positiv, bei einem Maximum wechseln sie ihr Vor-zeichen.

• die quadratische Form ist positiv definit, wenn alle Hauptminoren po-sitiv sind

• die quadratische Form ist negativ definit, wenn sich die Vorzeichen derHauptminoren immer abwechseln, beginnend mit |f11| < 0,+,−,+,usw.

Für Extremumaufgaben mit Nebenbedingungen bildet man die Lagrange-Funktion:

F = f(x1, x2)+λ r(x1, x2) mit der impliziten Funktion r(x1, x2).(145)

84

Daraus ergeben sich ähnliche Bdg. 1. Ordnung:

∂F

∂xi

=∂f

∂xi

+ λ∂r

∂xi

= fi + λ ri = 0 (146)

mit∂F

∂λ= r = 0.

Die Bedingung 2. Ordnung wird über eine erweiterte Hesse-Matriz geprüft:

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

F11 F12 . . . F1n r1...

......

Fn1 Fn2 . . . Fnn rn

r1 r2 . . . rn 0

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

mit F = f + λ r.

Bei mehreren Nebenbedingungen: F = f + λ1 r1 + λ2 r

2 .

Hesse-Matrix:

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

F11 F12 . . . F1n r11 r2

1...

......

Fn1 Fn2 . . . Fnn r1n r2

n

r11 r1

2 . . . r1n 0 0

r21 r2

2 . . . r2n 0 0

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

.

Dies folgt daraus, dass nunmehr xi nund λ als Variablen angesehen werden

und die Nullterme in der Matrix erscheinen aufgrund∂2F

∂λ2i

= 0.

Bei m ≤ n Nebenbedingungen müssen die Vorzeichen der einzelnen Hesse-Matrizen (Sattelpunkt-Problem):

• für ein Minimum alle das Vorzeichen (−1)m haben

• für ein Maximum die Vorzeichen alternieren mit erstem Vorzeichen(−1)m+1

85

Somit ergibt sich für das hier zu erörternde Maximumproblem:F = U(X1, X2) + λ (B − P1X1 − P2X2) → Max.

∂F

∂X1= F1 = U1 − λP1 = 0, (147)

∂F

∂X2= F2 = U2 − λP2 = 0, (148)

∂F

∂λ= r = B − P1X1 − P2X2 = 0. (149)

Aus den Bedingungen 1. Ordnung folgt:

U1 = λP1

U2 = λP2

}U1

U2

=P1

P2

, λ =U1

P1

=U2

P2

.

λ entspricht dem Grenznutzen des Geldes. Es gibt den zusätzlichen Nutzenan bei einer zusätzlichen Mengeneinheit durch den Preis je Mengeneinheit.

Die Bedingungen 2. Ordnung lauten:

F11 =∂2F

∂X21

= f11 + λ r11 = U11 , (150)

F12 =∂2F

∂X1∂X2= f12 + λ r12 = U12 , (151)

F22 =∂2F

∂X22

= f22 + λ r22 = U22 , (152)

Fλλ =∂2F

∂λ2= 0 , (153)

F1 λ =∂2F

∂X1∂λ= r1 = −P1 , (154)

F2 λ =∂2F

∂X2∂λ= r2 = −P2 , (155)

so dass:∣∣∣∣∣∣∣

U11 U12 −P1

U21 U22 −P2

−P1 −P2 0

∣∣∣∣∣∣∣= −(U2

1 U22 + U22 U11 − 2U1 U2 U12)

λ2> 0 ∼ (−1)2 ,

86

P1 =U1

λ, P2 =

U2

λ.

Somit handelt es sich um ein NutzenmaximumFür Extremumaufgaben mit Ungleichungen ist nicht sichergestellt, dass dasExtremum im ersten Quadranten gefunden wird. Somit erweitern sich dieBdg. mit den Nebenbedingungen:

ri(x1, x2) ≥ 0 i = 1, . . . , m ,x1 ≥ 0 ,x2 ≥ 0 ,

so dass die so genannten Kuhn-Tucker-Bedingungen gelten:

∂F

∂xj= fj +

m∑

i=1

λi rij ≤ 0 j = 1, . . . , n ,

∂F

∂λi= ri ≥ 0 ,

xi ≥ 0 i = 1, . . . , n .

Entweder gilt∂F

∂xj,∂F

∂λi= 0 mit xj ≥ 0 oder es handelt sich um eine Randlö-

sung mit xj = 0, also:

(fj +m∑

i=1λi r

ij) xj = 0 j = 1, . . . , n

λi ri = 0 i = 1, . . . , m

87

Man kann zeigen, dass das duale Problem lautet:

F = P1X1 + P2X2 + λ (U − U(X1, X2)) → Min (156)

∂F

∂X1= P1 − λU1 = 0 , (157)

∂F

∂X2= P2 − λU2 = 0 ,⇒ P1

P2=U1

U2, λ =

P1

U1=P2

U2. (158)

∂F

∂λ= U − U(X1, X2) = 0 . (159)

Hesse-Matrix:∣∣∣∣∣∣∣

−λU11 −λU12 −U1

−λU12 −λU22 −U2

−U1 −U2 0

∣∣∣∣∣∣∣= λ2 (U2

2 U11 + U21 U22 − 2U1U2 U12) < 0 ∼ (−1)1

⇒ Minimum

Im Extremum muss also gelten:

U1

U2=P1

P2. (160)

U1

U2ist die Substitutionsbereitschaft ,

P1

P2

ist die Substitutionsmöglichkeit .

88

X 2

X 1

BC

A

Annahme: Punkt A

U1

U2<P1

P2Ist der relative Preis höher als der

Nutzengewinn von einer zusätzlichen Einheit X1,wird man X1 erniedrigen.

man wirdX1 durchX2 substituieren d.h.

∣∣∣∣∣∂X2

∂X1

∣∣∣∣∣ wird größer, mithin steigtU1

U2.

Annahme: Punkt B

U1

U2>P1

P2es bringt mehr Nutzen X1 zu erhöhen,

da der relative Nutzengewinn größer ist als derrelative Preis.

man wird X2 durch X1 substituieren.

⇒∣∣∣∣∣∂X2

∂X1

∣∣∣∣∣ wird wieder kleiner, mithin fälltU1

U2.

Im Punkt C ist das Optimum erreicht mitU1

U2

=P1

P2

.

89

Eine Nachfragekurve erhält man, indem man grafisch wie folgt vorgeht.

Fällt der Preis von P1 auf P ′

1, dann dreht sich die Budgetgerade nach außen.

X 2

X 1

X 2

BP 1

BP 1

P 1

X 2 u n a b h ä n g i g v o n P 1

X 1

P 1

P 1

P 1 n o r m a l e s G u t

Analytisch geht man vor, indem man den optimalen Lösungspfad durch dieLösung der Extremumaufgabe herausfindet. Anschließend wird nach X1 auf-gelöst.

90

Ebenso kann man die Einkommensänderung berücksichtigen. Dabei verschiebtsich die Budgetgerade bei einer Einkommenserhöhung nach außen. Wird dasEinkommen variiert und die optimale Lösung für jedes Einkommen bestimmt,ergibt sich die Einkommenskonsumkurve, hier am Beispiel eines inferiorenGutes:

X 2

X 1

E i n k o m m e n s k o n s u m k u r v e

X 1

E n g e l k u r v e

s u p e r i o r i n f e r i o r B

Um einen fallenden Bereich zu haben, muss die Funktion zunächst ansteigen.Daher ist das Gut bei einem kleinen Einkommen superior.

91

Cramer’sche Regel

Die Determinante lässte sich errechnen, indem man nach einer Zeile (oderSpalte) entwickelt. Dazu multipliziert man mit dem algebraischen Komple-menten. Werden die Komplementen einer anderen Zeile (oder Spalte) ver-wendet, dann ergibt sich null.

Mit A =

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

a11 . . . a1n

a21 . . . a2n...

...an1 . . . ann

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

und Ax = b

ergibt sich:

Det(x1A) =

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

x1 a11 . . . a1n

x1 a21 . . . a2n...

...x1 an1 . . . ann

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

(161)

=

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

x1a11 +

keinen Beitrag zur Determinante︷ ︸︸ ︷x2 a12 . . .+ xn a1n . . . a1n

x1 a21 + x2 a22 + . . .+ xn a2n . . . a2n...

...x1 an1 + x2 an2 + . . .+ xn ann . . . ann

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

=

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

b1 a12 . . . a1n

b2 a22 . . . a2n...

...bn an2 . . . ann

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣

= Det(A1) . (162)

⇒ x1 =Det(A1)

Det(A)=A1

A.

92

Die Variablen X1, X2 und λ sind im Extremumproblem mit Randbedingun-gen die endogenen Variablen. Es stellt sich die Frage, wie sich die endogenenVariablen in Abhängigkeit der exogenen Variablen P1, P2 und B verhalten.Dazu bildet man das totale Differential der Bedingungen für den optimalenKonsumplan.

U11 dX1 + U12 dX2 − P1 dλ = λ dP1 ,U21 dX1 + U22 dX2 − P2 dλ = λ dP2 ,−P1 dX1 − P2 dX2 = −dB +X1 dP1 +X2 dP2 .

Die Lösungen werden mit Hilfe der Cramer’schen Regel gefunden:

dX1 =λD11 dP1 + λD21 dP2 +D31 (−dB +X1 dP1 +X2 dP2)

D,

dX2 =λD12 dP1 + λD22 dP2 +D32 (−dB +X1 dP1 +X2 dP2)

D.

Die Marshall’sche Nachfragefunktion ist X1 in Abhängigkeit von P1 mitder Bedingung B = konst.. Die Hick’sche Nachfragefunktion ist X1 in Ab-hängigkeit von P1 unter der Bedingung U = konst..

Für die Hick’sche Nachfragefunktion folgt:dU = 0 = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 .

MitU1

U2=P1

P2gilt also P1 dX1 + P2 dX2 = 0

Somit ist −dB +X1 dP1 +X2 dP2 = −P1 dX1 − P2 dX2 = 0 und man erhält:

dX1 =λD11 dP1 + λD21 dP2

D,

dX2 =λD12 dP1 + λD22 dP2

D.

Für die direkte Preisabhängigkeit ceteris paribus (dP2 = 0) gilt weiter:

dX1 =λD11 dP1

D.

Man nennt dies nutzenkompensiert, da dB sich gerade so einstellt, dass dU =0. Für eine nichtkompensierte Einkommensvariation gilt dagegen dB = 0.

93

Daraus folgt ceteris paribus (dP2 = 0):

dX1 =λD11 dP1 +D31X1 dP1

D,

dX2 =λD12 dP1 +D32X1 dP1

D.

Den reinen Einkommenseffekt erhält man, indem dP1 = dP2 = 0 gesetztwird, also:

dX1 =−D31

DdB .

Daraus folgt unmittelbar durch Ineinandereinsetzen:

dX1

dP1︸ ︷︷ ︸GE

=dX1

dP1︸ ︷︷ ︸SE

∣∣∣U=konst.

−X1dX1

dB︸ ︷︷ ︸EE

. (163)

Dies ist die so genannte Slutsky-Gleichung. Dies bedeutet: Die Änderungder nachgefragten Menge setzt sich zusammen aus einem Substitutionseffekt(die Indifferenzkurve wird beibehalten) und einem Einkommenseffekt. Kom-pensiert bedeutet also, dass das Einkommen so erhöht wird, dass bei einerPreiserhöhung die alte Indifferenzkurve wieder tangiert wird.

X 2

X 1

S E

G E

E E

94

Überwiegt ein positiver Einkommenseffekt den Substitutionseffekt, so ver-bleibt ein positiver Gesamteffekt übrig. Dies ergibt das Charakteristikumeines Giffen-Gutes d.h. die Nachfrage wird erhöht, wenn der Preis steigt.

Es gibt auch einen Slutsky-Substitutionseffekt, der so definiert ist, dassdas Einkommen gerade so erhöht wird, dass der alte Punkt erreicht wird.Dabei tangiert die neue Budgetgerade gerade eine Nutzenindifferenzkurve ei-nes größeren Niveaus.

X 2

X 1

S E

G E

E E

UU * U * > U

In der Literatur wird überwiegend der Hicks-Substitutionseffekt zitiert, ob-wohl der Slutsky-Substitutionseffekt leicht berechenbar ist, da die Gesamt-ausgaben bekannt sind.

Übersetzt in Elastizitäten bedeutet die Slutsky-Gleichung:

∂Xi

∂Pj

Pj

Xi=

(∂Xi

∂Pj

) ∣∣∣U = konst.Pj

Xi− Xj Pj B

XiB

(∂Xi

∂B

) ∣∣∣Pi=konst.(164)

⇒ ǫij = ξij − αj ηi (165)

Man sieht leicht, dass(∂Xi

∂Pj

) ∣∣∣U = konst. =

(∂Xj

∂Pi

) ∣∣∣U = konst.

d.h. ξij = ξji, daDji λ

D=Dij λ

D.

95

Desweiteren gilt auch:

ξ11 + ξ12 =P1D11 λ

X1D+P2D21 λ

X1D=λ(

∆︷ ︸︸ ︷P1D11 + P2D21)

X1D= 0,

da die Determinante lautet: D =

∣∣∣∣∣∣∣

U11 U12 −P1

U21 U22 −P2

−P1 −P2 0

∣∣∣∣∣∣∣.

Da die Determinante D spaltenfremd entwickelt wird, ist ∆ null.

Ferner gilt: −(ǫ11 + ǫ12) = η1, da

−(ǫ11 + ǫ12) = −(ξ11 − ξ12) + (α1 + α2) η1 mit α1 + α2 = 1.

96

X 2

X 1

A

C

DB

Einkommensänderung

Zwischen A und C gilt: X2 inferiorX1 superior

C und D gilt: X2 superiorX1 superior

D und B gilt: X2 superiorX1 inferior

X 2

X 1

A

CD

B

Preiserhöhung

Zwischen A und C undD und B sind X1 und

X2 SubstituteZwischen C und D sind X1 und

X2 Komplemente

97

Der Gesamteffekt

X 2

X 1

A

BCD

EF

Der Hicks-Substitutionseffekt ist im-mer negativ. Überwiegt ein positiverEinkommenseffekt den negativen Sub-stitutionseffekt, dann handelt es sichum ein Giffen-Gut (EF für X1).

SE EE GE SE EE GEAbschnitt X1 X2

AB - - - + + +BC - - - + - +CD - - - + - -DE - + - + - -EF - + + + - -

Der Einkommenseffekt gibt Auskunft darüber, ob es sich um ein inferioresoder superiores Gut handelt. Für den Bereich DF ist X1 inferior, für denBereich AD ist X1 superior. Ebenso ist zwischen BF X2 superior und zwi-schen AB inferior. Zwischen AC und zwischen EF sind die Güter Substitute,da jeweils ein Gut mehr, das andere weniger nachgefragt wird. Zwischen Cund E sind beide Komplemente. Wenn die direkte Preiselastizität positiv ist,handelt es sich um ein Giffen-Gut. Dies ist im Bereich EF der Fall. X1

erhöht sich, obwohl P1 steigt. Für normale Güter ist dagegen E(Xi, Pi) < 0.Dies ist für X1 im Bereich AE der Fall.

98

3.13 Ein erstes Beispiel

U = X1X2 ,B − P1X1 − P2X2 = 0 .

F = X1X2 + λ (B − P1X1 − P2X2) .

X2 − λP1 = 0 ,X1 − λP2 = 0 ,B − P1X1 − P2X2 = 0 .

⇒ X1 =B

2P1

, X2 =B

2P2

, λ =X1

P2

=X2

P1

.

Das totale Differential lautet:

dX2 − P1 dλ = λ dP1 ,dX1 − P2 dλ = λ dP2 ,−P1 dX1 − P2 dX2 = −dB +X1 dP1 +X2 dP2 .

D = 2P1 P2 ,D11 = −P 2

2 ,D21 = P1 P2 ,D31 = −P2 .

⇒ dX1 =−P 2

2 λ dP1 + P1 P2 λ dP2 − P2 (−dB +X1 dP1 +X2 dP2)

2P1 P2.

Ceteris paribus (dP1 6= 0)

dX1 =−P2 λ

2P1dP1 −

X1

2P1dP1 ⇔

dX1

dP1=

−P2

P1

λ

2− X1

2P1.

Für: B = 100, P1 = 2, P2 = 5 erhalten wirdX1

dP1= −12.5 .

Der Einkommenseffekt lautet:

−X1dX1

dB= − X1

2P1= −25

4.

99

Der Hicks-Substitutionseffekt lautet:

dX1

dP1

∣∣∣U=konst.

= − P2

2P1

λ = −25

4

mit den Werten:

X2 =B

2P2= 10 ,

X1 =B

2P1

= 25 ,

λ =B

2P1 P2

= 5 .

Die Nachfragefunktion lautet X1 =B

2P1

∣∣∣B=konst.

.

Die Engel-Kurve lautet X1 =B

2P1

∣∣∣P1=konst.

.

100

Warum λ der Grenznutzen des Einkommens ist:

∂U

∂B= U1

(∂X1

∂B

)+ U2

(∂X2

∂B

). (166)

Mit U1 = λP1 und U2 = λP2 folgt:

∂U

∂B= λ (P1

∂X1

∂B+ P2

∂X2

∂B) = λ , (167)

da die Ableitung der Bilanzgeraden ergibt:

1 = P1

(∂X1

∂B

)+ P2

(∂X2

∂B

), (168)

λ =U1

P1

=U2

P2

. (169)

Der Quotient von Grenznutzen und Preis muss für alle Güter gleich sein. Die-ses Verhältnis gibt den Nutzenzuwachs an, wenn eine Geldeinheit zusätzlichfür ein bestimmtes Gut ausgegeben wird. Sollte der Nutzenzuwachs größersein, wenn diese Geldeinheit für X1 anstatt für X2 ausgegeben wird, so würdeder Konsument seinen Nutzen nicht maximieren. Er könnte seinen Grenznut-zen vergrößern, wenn er einen Teil seiner Ausgaben von X2 auf X1 verlagernwürde.

Der Lagrange-Multiplikator λ kann somit als Grenznutzen des Einkom-mens interpretiert werden. Dieser ist positiv, da der Grenznutzen positiv ist.

101

Die Bedingung erster Ordnung ist nicht immer zur Maximumbestimmungnotwendig.

1. Die Indifferenzkurven sind konkav d.h. die Nutzenfunktion ist nichtquasi-konkav.

X 2

X 1

Hier handelt es sich um ein Nutzen-minimum. Im Nutzenoptimum konsu-miert er nur ein Gut. Er wird alsoB

P1Einheiten X1 oder

B

P2Einheiten

X2 kaufen, je nachdem, ob U( BP1

) oderU( B

P2) größer ist.

2. Im zweiten Fall sind die Indifferenzkurven konvex, aber sie sind flacherals die Bilanzgerade. Es kann keine Tangenten geben und die Bedingungerster Ordnung ist nicht erfüllt, da wir X1 ≥ 0, X2 ≥ 0 vorausgesetzthaben.

X 2

X 1

Das Nutzenmaximum liefert hier auch nur eine Ecklösung, er kauft imOptimum nur X2.

102

Die Nutzenfunktion sei entweder selbst streng konkav oder ihre posi-tive monotone Transformationen sei es. Für diesen Fall lassen sich dieKuhn-Tucker-Bedingungen verwenden.

Mit B − P1X1 − P2X2 ≥ 0 ,X1 ≥ 0 ,X2 ≥ 0 ,

folgt:

F1 = U1 − λP1 ≤ 0 ,F2 = U2 − λP2 ≤ 0 ,F3 = B − P1X1 − P2X2 ≥ 0 .

⇒ X1 F1 = 0 , (Kuhn-Tucker-Bedingungen)X2 F2 = 0 ,λF3 = 0 .

Für U1 > λP1 kann der Konsument seinen Nutzen durch vermehrtenKonsum von X1 erhöhen. Für U1 < λP1 durch Verringerung von X1,insofern X1 nicht schon null ist.

Für das Beispiel ist F1 < 0 und F2 = 0 .

Folglich gilt:U1

U2<P1

P2.

Gibt der Konsument im Gleichgewicht weniger als sein Einkommenaus, so wäre der Grenznutzen seines Einkommens λ gemäß den Kuhn-

Tucker-Bedingungen gleich null. Solange der Grenznutzen positiv ist,tritt dieser Fall nicht ein.

103

3.14 Die indirekte Nutzenfunktion

Die Nutzenfunktion lässt sich in Abhängigkeit von P1, P2 und dem Einkom-men B bestimmen. Eine solche Nutzenfunktion heißt indirekte Nutzenfunk-tion

U = U(X1, X2) = U(X∗

1 (P1, P2, B), X∗

2 (P1, P2, B)) .

Die indirekte Nachfragefunktion ist homogen vom Grade null .

Ebenso lässt sich der Ausgabenbetrag bestimmen bei einem bestimmten Nut-zen

AU(P1, P2, U) = P1XH1 (P1, P2, U) + P2X

H2 (P1, P2, U) .

XHi ist dabei die Hick’sche oder nutzenkompensierte Nachfrage.

Das Maximierungsproblem:

Max U = U(X1, X2) unter der Bedingung P1X1 + P2X2 ≤ B

bzw. das Minimierungsproblem

Min AU = P1X1 + P2X2 unter der Bedingung U(X1, X2) ≥ U

sind dual zueinander d.h. es gilt

AU(P1, P2, U) = AU(P1, P2, U(P1, P2, B)) = B undU(P1, P2, AU(P1, P2, U)) = U .

Ist P1, P2 und B gegeben, dann kann gerade der Nutzen U = U(P1, P2, B)erreicht werden. Fragt man jetzt nach dem Ausgabenbetrag, der mindestenserforderlich ist, um diesen Nutzen zu erhalten, also nach AU(P1, P2, U), soist das gerade B.

Der minimale Ausgabenbetrag, den man braucht, um den mit B maximalrealisierbaren Nutzen zu erreichen ist B.

104

⇒ Bei gegebenen Preisen P1, P2 sind die Funktionen AU und U inverszueinander in den Variablen B und U .

In diesem Zusammenhang lässt sich die Slutsky-Gleichung leicht herleiten:

XHi (P1, P2, U) = X∗

i (P1, P2, AU(P1, P2, U)) .

∂XHi

∂Pj=∂X∗

i

∂Pj+∂X∗

i

∂B

∂AU

∂Pj. (170)

Das Shephards-Lemma lautet:Eine Änderung des Ausgabenbetrags bei einer Änderung von Pi ist gleich deri-ten Nachfragefunktion.

Einfacher:Totales Differential des Ausgabenbetrages ceteris paribus mit dP2 = 0

dAU = XH1 dP1 + (dXH

1 P1 + dXH2 P2) (171)

⇒ ∂AU

∂Pj

= XHj im Optimum da dXH

2 = −P1

P2

dXH1 . (172)

Aufgrund des Extremums ist XHj = X∗

j , so dass

∂XHi

∂Pj

=∂X∗

i

∂Pj

+∂X∗

i

∂BX∗

j , (173)

bzw.

∂X∗

i

∂Pj=∂XH

i

∂Pj− ∂X∗

i

∂BX∗

j . (174)

Für j = i folgt:

∂X∗

i

∂Pi=∂XH

i

∂Pi− ∂X∗

i

∂BX∗

i . (175)

105

Die Wirkung einer Erhöhung des Preises Pi auf die Marshall’sche Nach-fragekurve X∗

i besteht aus zwei Komponenten:

dem negativen Substitutionseffekt:∂XH

i

∂Pi

und dem Einkommenseffekt: −(∂X∗

i

∂B

)X∗

i

Man kann vom Bruttosubstitut und Nettosubstitut reden.

Das Bruttosubstitut ist∂X∗

i

∂Pj, das Nettosubstitut

∂XHi

∂Pj.

Es gilt:∂XH

i

∂Pj

=∂XH

j

∂Pi

(Symmetrie der Nettosubstitionalität).

Dies folgt aus der Symmetrie der Hesse-Matrix, da(∂Xi

∂Pj

) ∣∣∣U=konst.

=∂XH

i

∂Pj

=Dij λ

D=Dji λ

D=∂XH

j

∂Pi

.

Für die Marshall’sche Nachfragefunktion gilt eine solche Symmetrie nicht!

106

3.15 Ein komplettes Beispiel

Die Nutzenfunktion lautet:

U = U(X1, X2) = (X1 + 2)(X2 + 1) = X1X2 +X1 + 2X2 + 2 .

P1 = 5, P2 = 10, B = 1000 .

F = X1X2 +X1 + 2X2 + 2 + λ (1000− 5X1 − 10X2) .

Bedingungen erster Ordnung:

∂F

∂X1= X2 + 1 − 5 λ = 0 , (176)

∂F

∂X2= X1 + 2 − 10 λ = 0 , (177)

∂F

∂λ= 1000 − 5X1 − 10X2 . (178)

Daraus folgt der optimale Konsumplan.

X2 + 1

X1 + 2=

1

2⇔ X2 =

1

2X1 ,

X1 = 100 , X2 = 50 , λ =X2 + 1

5= 10.2 .

Allgemein folgt:

F = X1X2 +X1 + 2X2 + 2 + λ (B − P1X1 − P2X2) ,

X2 + 1

X1 + 2=P1

P2

oder X2 =P1

P2

(X1 + 2) − 1

⇒ X1 = X∗

1 (P1, P2, B) =B + P2

2P1− 1 ,

X2 = X∗

2 (P1, P2, B) =B + 2P1

2P2− 1

2.

Man sieht leicht, dass die Nachfragefunktionen homogen vom Grad null sind.

107

Für P1 = 5, P2 = 10 ergeben sich die Engel-Kurven:

X1 = X∗

1 (P1, P2, B) = X∗

1 (5, 10, B) =B + 10

10− 1 =

B

10,

X2 = X∗

2 (P1, P2, B) = X∗

2 (5, 10, B) =B + 2 · 5

2 · 10− 1

2=B

20.

Sie sind Geraden durch den Ursprung. Auch die Einkommenskonsumkurveist mit X1 = B

10= 1

10(20X2) = 2X2 eine Gerade.

Für P2 = 10 und B = 1000 ergibt sich die direkte Nachfragefunktion:

X1 =1000 + 10

2P1

− 1 =505

P1

− 1 .

Die Kreuznachfragefunktion lautet:

X2 =1000 + 2P1

2 · 10− 1

2= 49.5 +

P1

10.

Für die Slutsky-Gleichung wird X1 und X2 in U(X1, X2) eliminiert.

U(X1, X2) =(B + P2

2P1− 1 + 2

)(B + 2P1

2P2− 1

2+ 1

)(179)

=(B + P2

2P1+ 1

)(B + 2P1

2P2+

1

2

)(180)

=(B + P2 + 2P1)(B + 2P1 + P2)

4P1 P2

=(B + P2 + 2P1)

2

4P1 P2

.

Nebenrechnung:

√U 4P1 P2 − P2 − 2P1 = B ⇒ XH

1 =2√U P1 P2 − 2P1

2P1− 1 =

UP2

P1− 2 .

∂XH1

∂P1= −1

2

√P1

U P2

U P2

P 21

= −1

2

√U P2

P1

1

P1,

∂X∗

1

∂P1

= −(B + P2)

2P 21

,

∂X∗

1

∂B=

1

2P1,

108

⇒ −B + P2

2P 21

= − 1

2P1

UP2

P1−(B + P2

2P1− 1

)1

2P1.

Mit den Werten P1 = 5, P2 = 10, B = 1000 ergibt sich:

U =(1000 + 10 + 2 · 5)2

4 · 5 · 10= 5202 .

−1000 + 10

2 · 52= − 1

2 · 5

√5202 · 10

5−(

1000 + 10

2 · 5 − 1)

1

2 · 5⇔ −20.2 = − 1

10

√10404 − 100

10⇔ −20.2 = −10.2 − 10 .

Gesamteffekt: -20.2 ,Substitutionseffekt: -10.2 ,Einkommenseffekt: -10 .

Anstatt∂XH

1

∂P1über XH

1 (P1, P2, U) zu berechnen mit dem Umweg über U ,

kann mit mit Hilfe des totalen Differentials viel leichter erhalten:

∂XH1

∂P1=λD11

D= 10.2

−100

100= −10.2 ,

∂X∗

1

∂P1=∂(

1000+102 P1

− 1)

∂P1=∂(

505P1

− 1)

∂P1= −505

P 21

= −20.2 .

Daraus folgt der EE aus:∂X∗

1

∂P1− ∂XH

1

∂P1= −10 .

D =

∣∣∣∣∣∣∣

U11 U12 −P1

U21 U22 −P2

−P1 −P2 0

∣∣∣∣∣∣∣=

∣∣∣∣∣∣∣

0 1 −51 0 −10−5 −10 0

∣∣∣∣∣∣∣= 100 .

D11 =

∣∣∣∣∣0 −10

−10 0

∣∣∣∣∣ = −100 .

109

3.16 Die Entscheidung über das Arbeitsangebot

3.16.1 Die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit

Eine wichtige Frage ist die Aufteilung der Tageszeit auf Arbeit und Freizeit.Nehmen wir an, dass es nicht möglich sei, total auf Freizeit zu verzichten(wegen Hausarbeit, Regenerationszeit, etc.). Es stellt sich also die Frage, wieman die Tageszeit von 24 Stunden auf Arbeit und Freizeit aufteilt. Folglichlautet das Problem:

Maximiere den Nutzen U(Y, F ) → Max

unter den Nebenbedingungen: 24 = L+ F + SZY = I L+ Y

L sei die Arbeitszeit, F die Freizeit, SZ eine fest vorgegebene Mindestzeitfür Regeneration, I der Lohnsatz und Y ein arbeitsunabhängiges Transferein-kommen. Wird vollkommen auf Arbeit verzichtet, so besteht das EinkommenY komplett aus dem Transfereinkommen. Aufgrund der Konvexität der In-differenzkurven ist es nicht möglich, ein Einkommen von Y = 0 zu wählen.Werden beide Nebenbedingungen zusammengefasst, so gilt:

(24 − SZ) I + Y = Y + I F , (181)

was man als Budgetrestriktion verstehen kann. I sind dabei die Opportuni-tätskosten der Freizeit. Da Y und F die beiden endogenen Variablen sind,lautet die Steigung der Budgetgeraden:

∂Y

∂F= −I . (182)

Mit steigendem Lohnsatz verläuft die Budgetgerade also steiler. Das Maxi-mierungsproblem führt auf die Lösung:

Λ = U(Y, F ) + λ [(24 − SZ) I + Y − Y − I F ] → Max , (183)∂Λ

∂Y= UY − λ = 0 , (184)

∂Λ

∂F= UF − λ I = 0 , (185)

∂Λ

∂λ= (24 − SZ) I + Y − Y − I F = 0 , (186)

110

so dass gilt:

UF

UY

= I (187)

analog zur Güterallokation.

Auch hier unterscheidet man wieder einen Einkommenseffekt und Substitu-tionseffekt. Kompliziert wird es nur dadurch, dass das Einkommen nun keineexogene, sondern eine endogene Größe ist. Der Einkommenseffekt bestehtaus einer Parallelverschiebung der Budgetgeraden. Dies ist der Fall, wenndas Transfereinkommen verändert wird. Da Freizeit ein normales Gut ist

(∂F

∂Y> 0), steigt die Nachfrage nach Freizeit, wenn das Transfereinkommen

steigt.

Wird der Lohnsatz erhöht, verläuft die Budgetgerade steiler. Der Substitu-tionseffekt besteht in der Zunahme von Einkommen (vermehrte Nachfragenach Arbeit), da die Opportunitätskosten der Freizeit zunehmen. Dem ent-gegen läuft eine gesteigerte Nachfrage nach Freizeit aufgrund der Zunahmedes Einkommens Y (da Freizeit ein normales Gut ist).

E i n k o m m e n

F r e i z e i t2 4 - S Z

( 2 4 - S Z ) I 2 + Y

( 2 4 - S Z ) I 1 + Y

Yb

ad

E i n k o m m e n s e f f e k t

Bei niedrigem Lohnsatz wird die Grenzrate der Substitution∆Y

∆Fkleiner.

Man wird also viel Freizeit opfern, um ein wenig Einkommen zu erzielen. Al-so wird der Substitutionseffekt betragsmäßig sehr groß sein und offenbar den

111

Einkommenseffekt überwiegen. Dann kommt es wohl zu mehr Arbeitsangebot(weniger Freizeit). Bei hohem Lohnsatz (steilere Budgetgerade) ist die GRSjedoch sehr klein und daher kann der Einkommenseffekt den Substitutions-effekt überwiegen. Es kommt zum Giffen-Paradox: Es wird mehr Freizeitnachgefragt, obwohl die Kosten für die Freizeit steigen (hier allerdings un-ter der Annahme, dass Freizeit ein normales Gut ist, da hier das Einkommenkeine exogene, sondern eine endogene Größe darstellt). Um das Modell realis-tischer zu gestalten, müssten anderen Arbeitsbedingungen als der Lohnsatz,welche das Angebotsverhalten ebenfalls beeinflussen, berücksichtigt werdenwie z.B. die Schwierigkeit, die Gefahr, die soziale Bewertung, etc., die miteiner solchen Tätigkeit verbunden sind. Außerdem bestehen institutionelleRestriktionen, da die Arbeitszeit nicht frei wählbar ist.

3.16.2 Entscheidung über die Arbeitsmarktbeteiligung

Für einen Haushalt, der in der Regel mehrere Mitglieder umfassen kann, stelltsich das Problem der Aufteilung der Arbeitszeit auf die Tageszeit. Nehmenwir an, das Arbeitsangebot sei nicht stetig, sondern nur in diskreten GrößenL = 8 oder L = 0 wählbar (1 Mitglied des Haushalts). Für mehrere Mitgliederim Haushalt ergäben sich darüber hinaus weitere diskrete Arbeitsangebots-punkte. Wie in Kapitel 3.16.1 sind die endogenen Variablen das Einkommenund die Nicht-Erwerbszeit. Je nach Art der Präferenzen (Indifferenzkurven)ergäben sich unterschiedliche Lösungen des Optimierungsproblems. Wichtigist dabei nur, dass aufgrund institutioneller Restriktionen nur Arbeitszeitenzu diesen diskreten Werten wählbar sind, auch wenn damit unter Umständenkeine optimale Wahl erfolgt (d.h. dass keine Indifferenzkurve tangiert wird).

3.16.3 Steuern, Transfer, Arbeitsangebot

Wird auf das Lohneinkommen ein Steuersatz entrichtet, so lautet die Bud-getrestriktion aus Kapitel 3.16.1:

Y = (1 − t) I L+ Y = (1 − t) I(T − F − SZ) + Y . (188)

Die Steigung der Budgetgeraden ist nun:

∂Y

∂F= −(1 − t) I . (189)

112

Steigt der Steuersatz, so wird nach

∂(

∂Y∂F

)

∂t= I > 0 (190)

die Steigung der Budgetgeraden flacher. Dies hätte eine ähnliche Auswirkungwie die Abnahme des realen Lohnsatzes, da auch dann die Budgetgerade fla-cher wird.

E i n k o m m e n

F r e i z e i t2 4 - S Z

( 2 4 - S Z ) ( 1 - t 1 ) I + Y

( 2 4 - S Z ) ( 1 - t 2 ) I + Y

Y

Je nach Verlauf der Indifferenzkurven kann es sein, dass der Einkommensef-fekt den Substitutionseffekt überwiegt und dies insgesamt zu einem Rückgang

der Nachfrage nach Freizeit führen wird (∂F

∂Ymax> 0).

Wird nun auch auf das Transfereinkommen Y eine Steuer entrichtet, dannwirkt sich nur der Einkommenseffekt aus. Sowohl bei einer Änderung derSteuer auf arbeitsunabhängiges Einkommen als auch bei einer Änderung derTransferzahlungen wirkt sich lediglich der Einkommenseffekt aus. Kompli-ziert wird es, wenn beide Steuerarten (Lohnsteuer, Transferzahlungen) gleich-zeitig in Aktion treten. Dann kann es sein, dass bei niedrigem Einkommensich der Steuersatz so stark ausmacht, dass insgesamt weniger Arbeit ange-boten wird d.h. dass der Anreiz, eine schlecht bezahlte Arbeit aufzunehmen,weiter sinkt, obwohl das Arbeitseinkommen an sich sehr niedrig ist. Dannkommt es eher dazu, dass auf Sozialleistungen zurückgegriffen wird. Allesin allem mitgerechnet ist dieser Fall sehr wahrscheinlich, da der effektiveSteuersatz (alle Abgaben mitgerechnet) für Geringverdiener sehr groß ist.

113

3.16.4 Ein kleines Beispiel

Die Nutzenfunktion laute U = Y α F β

mit den Nebenbedingungen: Y = I L+ Y ,F = 24 − L.

Offensichtlich sind F und Y die endogenen Variablen. I und Y sind exogen.Aufgrund der letzten Nebenbedingung können jedoch auch Y und L endo-gen sein und I und Y exogen. Diese Variante ist einfacher, wenn wir dieNebenbedingungen in die Nutzenfunktion einsetzen:

U = (I L+ Y )α (24 − L)β . (191)

Wie lässt sich L bestimmen? Ganz einfach, der Nutzen muss maximal werden,also:

∂U

∂L= 0 ⇒ I α (I L+ Y )α−1 (24 − L)β − β (I L+ Y )α (24 − L)β−1 = 0

⇔ I α (24 − L) = β (I L+ Y ) ⇔ L =α 24

β + α− β Y

I (α + β).

Nun lassen sich die folgenden Fragen beantworten:

1. Wie reagiert der Haushalt mit seiner Arbeitszeit auf einen Anstieg desLohnsatzes?

dL =β Y

I2 (α+ β)dI (ceteris paribus) . (192)

2. Wie reagiert er auf einen Anstieg seines sonstigen Einkommens?

dL = − β dY

I (α+ β)(ceteris paribus) . (193)

3. Angenommen, der Lohnsatz werde um 10% erhöht. Um wieviel müsstesich das sonstige Einkommen ändern, damit die Nachfrage nach Freizeitkonstant bliebe?

dF = 0 ⇒ dL = 0 ⇔ − β dY

I (α+ β)+

β Y

I2 (α + β)dI = 0 (194)

dI

I=dY

Y. (195)

114

3.16.5 Güterallokation und Zeitallokation simultan betrachtet

Betrachten wir das Güterallokationsproblem gemeinsam mit der Zeitbedin-gung, so wird der Nutzen U(X1, . . . , Xn) → Max maximiert unter den Ne-benbedingungen:

n∑

i=1

PiXi ≤ B = I L+ Y , (196)

T =n∑

i=1

Ti + L . (197)

L sei das Arbeitsangebot, I der Lohnsatz und Ti die Zeit, die zum Kon-sum eines Gutes Xi benötigt werde. Es sei angenommen, dass das Freizeit-Arbeitsangebotsproblem bereits gelöst ist und dass T nur die Konsum- undArbeitszeit umfasse. Wir können annehmen, dass Ti proportional von Xi

abhänge in der Form:

Ti = τiXi . (198)

Dann lautet das Problem:

U(X1, . . . , Xn) → Max

unter den Nebenbedingungen:n∑

i=1PiXi ≤ I L+ Y ,

T =∑n

i=1 τiXi + L .

Fassen wir wieder beide Nebenbedingungen zu einer zusammen, so gilt:n∑

i=1

(Pi + I τi)Xi ≤ I T + Y = Ymax . (199)

Aufgrund der Annahme der Nichtsättigung sei die Nebenbedingung mit Gleich-heit erfüllt. Also lautet die Budgetrestriktion:

n∑

i=1

(Pi + I τi)Xi = Ymax . (200)

Da die Xi die endogenen Variablen sind, ist die Steigung der Budgetgeradeim 2-Güter-Fall gleich:

dX2

dX1= −(P1 + I τ1)

(P2 + I τ2). (201)

115

Analog zum reinen Güterallokationsproblem gilt auch hier:

U1

U2=

(P1 + I τ1)

(P2 + I τ2). (202)

Schwierig ist die Frage, wie eine Änderung des Lohnsatzes sich auf das Pro-blem auswirkt. Der Quotient:

(P1 + I τ1)

(P2 + I τ2)(203)

ändert sich wie folgt:

∂(

(P1+I τ1)(P2+I τ2)

)

∂I=τ1 (P2 + I τ2) − τ2 (P1 + I τ1)

(P2 + I τ2)2. (204)

Wenn der Lohnsatz zunimmt, nimmt die Steigung der Budgetgeraden alsoabsolut zu (relativ gesehen wird die Budgetgerade flacher), wenn

τ1 (P2 + I τ2) − τ2 (P1 + I τ1) < 0 ⇔ τ1 P2 < τ2 P1 . (205)

Praktisch wird Gut 2 verteuert, so dass der Konsument nun bereit ist, X2

durch X1 zu substituieren. Der Substitutionseffekt ( ∂X2

∂(P2+I τ1)|U=konst.) wird

betragsmäßig größer (Er wird proportional weniger X2 wählen), da die In-differenzkurve stärker gekrümmt ist im neuen Optimumpunkt. Ferner, wirddie Konsumzeit größer, dann wird aufgrund der Zeitrestriktion

n∑

i=1

τiXi + L = T (206)

die Güternachfrage durch Arbeit substituiert, weil Konsumieren teurer ge-worden ist und die Opportunitätskosten des Konsumierens (I τi) größer ge-worden sind.

Der Einkommenseffekt lautet∂Xi

∂Ymax> 0 für normale Güter. Folglich steigt

bei der Zunahme des Lohnsatzes (Zunahme des Einkommens) auch die Güter-nachfrage. Ob der Einkommenseffekt die entsprechenden Substitutionseffektekompensieren kann, ist im Einzelfall zu bestimmen.

116

3.16.6 Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben

Auch die Geltendmachung des Rentenanspruchs lässt sich mit Hilfe der Prä-ferenztheorie erklären. Nehmen wir an, man könnte einen frühesten und einenspätesten Renteneintritt wählen. Der Kapitalwert der Ein- und Auzahlungensei dabei identisch, sonst wäre die Frage des Renteneintritts trivial. Wärenämlich die Einzahlung höher, so würde niemand diesen Zeitpunkt wählen.Wäre die Auszahlung höher, dann würden alle Versicherungsnehmer diesenZeitpunkt wählen und die Versicherung wäre zahlungsunfähig.

E r w a r t e t e R e n t e n -b e z u g s d a u e r i n J a h r e n

H ö h e d e rm o n a t l i c h e nR e n t e r

R m i n

R m a x

t m i n t m a xt *

R * a

Zur maximalen Rente korrespondiert der späteste Renteneintrittszeitpunktund ebenso für die minimale Rente entsprechend der früheste Renteneintritt-szeitpunkt. In dem hier dargestellten Fall wäre R∗ der optimale Punkt, wennvereinfachend angenommen wird, dass die Budgetrestriktion eine Gerade sei.Änderungen der Einzahlungen haben Auswirkungen auf die Budgetgerade.Zum einen verschiebt sich diese nach oben bzw. nach rechts, da sowohl dieRente höher als auch die Länge der Anspruchsdauer vergrößert werden kann.Wären all diese Parameter frei wählbar, dann ließe sich das Problem nichtmehr durch eine solche einfache Grafik abbilden.

3.17 Die Sparentscheidung

Werden zwei Perioden betrachtet und hat der Konsument die Möglichkeit,Ersparnisse zu bilden, die er in Periode 2 hinübertragen kann, so dient dieszur Glättung des Konsumstroms, wobei entweder das Vorsorge- oder das

117

Ertragsmotiv eine Rolle spielen können. Falls der Grenznutzen bei steigen-dem Einkommen abnimmt, ist es für den Konsumenten rational, seinen Kon-sumstrom zu glätten. Beim Sparen ist der Konsum in der ersten Periodeniedriger als das Einkommen, in der zweiten höher. Eine negative Ersparnisstellt praktisch eine Kreditaufnahme dar. Auf einem perfekt funktionieren-dem Kapitalmarkt macht es keinen Unterschied, ob man spart oder einenKredit aufnimmt, der Zinssatz ist in beiden Fällen gleich. Betrachten wirzunächst einfaches Sparen. Die Budgetrestriktion lautet:

B = X1 +X2 , (207)

wobei wir annehmen, dass sich die Preise in Periode 2 im Vergleich zu Periode1 nicht ändern, so dass die Preise vereinfachend zu 1 gesetzt wurden. X1 istder Konsum in der ersten Periode, X2 in der zweiten. B ist das gesamte inbeiden Perioden (ohne) Ersparnis verfügbare Einkommen. Wird in der erstenPeriode ein Teil des Einkommes B gespart, so verbleibt B −X1, welches zueinem Zinssatz r angelegt werden kann. Das Budget in der zweiten Periode,das vollständig konsumiert werden kann, ist daher

X2 = (1 + r) (B −X1) . (208)

Die Steigung der Budgetgeraden lautet daher:

dX2

dX1= −(1 + r) . (209)

Die Nutzenfunktion lautet U(X1, X2). Sie habe wie angenommen konvexeIndifferenzkurven. Konvexe Indifferenzkurven bedeutet Minderschätzung ein-seitiger Konsumgüterbündel. Während es bei dem Konsum von Güterbün-deln in einer Periode oder der Aufteilung der Tageszeit in Arbeitszeit undFreizeit durchaus Sinn machen könnte, jeweils einseitige Güterbündel zu wäh-len, ist es bei der Sparentscheidung sofort klar, dass man nicht ohne jedenKonsum in einer Periode auskommen kann, es sei denn, man wolle verhun-gern. Außerdem bedeuten konvexe Indifferenzkurven eine Minderschätzungzukünftiger Bedürfnisse, da der Optimumpunkt mehr zum Gegenwartskon-sum orientiert ist (zumindest, wenn r = 0). Dies mag an der mangelndenFähigkeit des Menschen liegen, sich vorzustellen, dass die Zukunft sozusagendie Gegenwart von morgen ist. Auch weil der Konsument nie weiß, ob er denZeitpunkt des zukünftigen Konsums überhaupt erlebt. Die Minderschätzung

118

des zukünftigen Bedürfnisses wird durch die Grenzrate der Substitution derzukünftigen Konsumausgaben X2 durch die gegenwärtigen X1 gemessen:

dU = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 ⇒ dX2

dX1= −U1

U2= −(1 + z) . (210)

z ist der subjektive Zeitdiskontfaktor. Dieser Faktor gibt an, wie stark derHaushalt den Gegenwartskonsum gegenüber dem Zukunftskonsum präferiert.Auf dem Markt werden Zukunftskonsum und Gegenwartskonsum im Verhält-nis 1+r getauscht. Der Konsument trifft eine intertemporale Allokationsent-scheidung optimal, wenn sein individuelles Austauschverhältnis (subjektiverZeitdiskontfaktor) mit dem Austauschverhältnis am Markt (objektiver Zeit-diskontfaktor) übereinstimmt, d.h. wenn:

r = z . (211)

K o n s u m i nP e r i o d e 2

K o n s u m i nP e r i o d e 1

4 5 0

c

ad

B

B

B ( 1 + r )

A

Steigt der Zinssatz, so dreht sich die Budgetgerade um den Schnittpunkt mitder Abszisse nach außen. Im Fall ohne Zinsen ist a der optimale Konsum-punkt. Ist r > 0, so wird stattdessen c gewählt. Auch hier kann man denSubstitutionseffekt a → d und den Einkommenseffekt d → c unterscheiden.In diesem Beispiel ist X1 ein inferiores Gut (Einkommenseffekt positiv). ImPrinzip kann ein negativer Einkommenseffekt für X1 auch den Substitutions-effekt überwiegen, so dass es zu einem Rückgang der Ersparnis S = B −X1

119

kommen kann.

Wird der Zinssatz über die Ersparnis aufgetragen, so sind also alle Mög-lichkeiten gegeben. Entweder eine fallende (S3), steigende (S1) oder sogar

Z i n s s a t z

E r s p a r n i s

S 3 S 2 S 1

konstante Sparfunktion (S2). Steigt der Zinssatz, so dreht sich die Budget-gerade im Uhrzeigersinn um den Abszissenpunkt. Die Ersparnis steigt dann,wenn X1 abnimmt und damit ein möglicher negativer Einkommenseffekt denSubstitutionseffekt nicht überwiegt.

Werden Kreditaufnahme und Ersparnis simultan betrachtet, dann bedeuteteine negative Ersparnis somit eine Kreditaufnahme. Auf einem perfekt funk-tionierenden Kapitalmarkt macht es keinen Unterschied, ob man spart odereinen Kredit aufnimmt, der Zinssatz ist in beiden Fällen gleich. Zusätzlichnehmen wir an, dass der Konsument in jeder Periode ein bestimmtes Ein-kommen B1 und B2 erhält. Wie vorher lautet die Ersparnisgleichung:

X1 = B1 − S . (212)

Für die zweite Periode lautet das verfügbare Einkommen:

X2 = B2 + (1 + r)S , (213)

wobei nun im Gegenteil zum vorherigen Fall ein eigenständiges EinkommenB2 in Periode 2 hinzukommt. Wird nach S aufgelöst, so lautet die Budget-gerade:

X1 +X2

(1 + r)= B1 +

B2

(1 + r)= V . (214)

120

V ist der Barwert des in beiden Perioden zusammen verfügbaren Einkom-mens. Der Barwert ist der diskontierte Betrag des Einkommens (1 + r)V inPeriode 2. Die Budgetgerade hat also den Abszissenschnittpunkt V und denOrdinatenschnittpunkt V (1 + r). Im Punkt A sei weder eine Ersparnis nochKreditaufnahme getätigt. Somit lautet das Einkommen in Periode 1 B1 undin Periode 2 B2.

Durch Kreditaufnahme ließe sich also maximal V in Periode 1 konsumieren,wobei das Einkommen in Periode 2 dann null wäre. Umgekehrt wäre einetotale Ersparnis möglich, die dann zu einem Einkommen (1+r)V in Periode2 führen würde. Wie bereits erläutert, sind diese Randlösungen bei konvexenIndifferenzkurven jedoch ausgeschlossen. Ändert sich der Zinssatz, so drehtsich die Budgetgerade um den Punkt A. Ändern sich B1 oderB2, so verschiebtsich der Punkt A. Im vorherigen Beispiel (ohne Kreditaufnahme) befand sichder Punkt A im Abszissenschnittpunkt, da B2 = 0 und B1 = B. Dort gab esnicht die Möglichkeit in Periode 1 einen Kredit aufzunehmen, der in Periode2 (mit B2) zurückgezahlt werden konnte.

K o n s u m i nP e r i o d e 2

K o n s u m i nP e r i o d e 1

V V *

V ( 1 + r )V * ( 1 + r * )

B 1

B 2A

3.18 Die Anlageentscheidung im Allgemeinen

Man unterscheidet das Humankapital, das Sachkapital und das Finanzkapi-tal. Humankapital ist die Fähigkeit des einzelnen Menschen, Arbeitseinkom-

121

men zu erzielen. Es kann durch Erlernung verschiedener Berufe oder Fähig-keiten oder durch Weiterbildung erhöht werden. Im Prinzip stellt auch dieErziehung von Kindern eine Investition in Humankapital dar. Entscheidungenüber Humankapital werden überwiegend von Konsumenten getroffen, wäh-rend die Entscheidung über das Sachkapital überwiegend von Unternehmengetroffen wird. Bei Konsumenten stellt das Sachkapital vielleicht die eigeneWohnung oder das eigene Auto dar. Man unterscheidet Konsumgüter und In-vestitionsgüter. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist der Zeitraum, indem diese Güter genutzt werden sollen. Auch der Informationsaspekt spielteine wichtige Rolle. Bei Konsumgütern, die innerhalb einer begrenzten Zeit(kurze Periode) aufgebraucht werden (meist eine Periode), handelt es sich umEntscheidungen unter Sicherheit, während es sich bei Investititionsgütern, dieüber mehrere Perioden (lange Periode) genutzt werden, eher um Entschei-dungen unter Unsicherheit handeln mag. Auch die Transaktionskosten sindhöher (man denke an Gebühren für die Auflassung, TÜV, etc.). Dennoch istSachkapital liquider als Humankapitel, da letzteres im Prinzip nicht veräu-ßert werden kann. Die flexibelste Form der Anlage von Ersparnissen stellt dasFinanzkapital dar. Deren Transaktionskosten sind vergleichsweise niedrig.

Gemeinsam ist allen Arten der Vermögensakkumulation, dass die Erträge sichüber einen mehr oder minder langen, zukünftigen Zeitraum verteilen und dassdie Erträge unsicher sind. Die einzelnen Anlageobjekte unterscheiden sich

a) durch die Höhe des erwarteten Ertrages

b) das Risiko

c) die Liquidität

d) die steuerliche Behandlung.

Die Liquidität bilden die Kosten am Markt beim Verkauf des entsprechendenGutes. Berücksichtigt man diese Transaktionskosten bereits bei der Berech-nung der Erträge, kann man im Grunde auf das Kriterium der Liquiditätverzichten. Auch die steuerliche Behandlung von Investitionen lässt sich indie Ertragsgröße einbeziehen. Das Entscheidungsproblem reduziert sich so-mit auf ein Abwägen zwischen den beiden Größen Nettoertrag und Risiko.Entscheidend war die Erkenntnis in Kapitel 3.6.1, dass bei einer Entschei-dung unter Unsicherheit (unvollständige Information) ein risikoscheuer An-leger seinen Nutzen erhöhen kann, wenn er sein Vermögen streut, also auf

122

verschiedene Anlagen verteilt, sofern die Erträge nicht oder nur schwach mit-einander korreliert sind.

Eine Diversifikation im Humankapital ist relativ schwierig. Das Sachkapital(Wohnung oder Auto) ist ebenso schwer zu streuen. Die große Masse derKonsumenten steht also vor dem Problem, dass sie nur sehr geringe Möglich-keiten zur Diversifikation besitzen. Ebenso spielt das Finanzkapital für dieseAnleger eine eher untergeordnete Rolle gemessen an der Höhe der anderenAnlagen. Es wäre für den Anleger daher von Vorteil, wenn er sich gegen dasErtragsrisiko versichern könnte. Da der Markt keinen gesellschaftlich opti-malen Versicherungsschutz anbieten kann, stellt sich die Frage, ob der Staatdie Anlageentscheidungen der Haushalte regulieren sollte.

3.19 Sonstige Entscheidungen

Es lassen sich verschiedenste Entscheidungen mit dem Kalkül des Rational-verhaltens erklären. Problematisch wird es nur dann, wenn man den Nutzenschwer in Geld bewerten kann, was bei Konsumgütern noch wenigstens überdie Zahlungsbereitschaft möglich war. Wie ist es aber beim Beruf, wo soKriterien wie Zufriedenheit beim Ausüben eine wichtige Rolle spielen? Oderbei der Wahl des Wohnortes, wo neben den geldwerten Kriterien Lebenshal-tungskosten, Fahrtkosten, Verdienstmöglichkeiten auch solche wie Freizeit-wert, Versorgung mit öffentlichen Gütern, Klima oder Umgebung eine Rollespielen?

Betrachten wir einmal die Anzahl der Kinder: Während in Entwicklungslän-dern Kinder oft aus monetären Gründe gezeugt werden, um nämlich den Un-terhalt der älteren Generationen zu finanzieren, wirft das „Investitionsgut“ ,Kind in den seltensten Fällen monetäre Erträge ab (Vom Standpunkt derGesellschaft aus gesehen, könnte man die monetären Erträge als Differenzzwischen jenem Betrag definieren, welchen die Kinder nach ihrem Eintrittins Erwerbsleben bis zum Tode zur Gütererzeugung in der Volkswirtschaftleisten, abzüglich des Wertes jener Güter, die sie in diesem Zeitraum selberkonsumieren). Daher spielen andere Gesichtspunkte eine Rolle, wie z.B. dasLohnniveau, besonders wenn Frauen vermehrt in den Arbeitsmarkt drän-gen. Aber auch die Sachausgaben (Babynahrung, Spielsachen, Designermo-de) sind gestiegen, womit insgesamt die Opportunitätskosten der Kindererzie-hung steigen. Dieses Problem ließe sich dann also mit Hilfe von Einkommens-

123

oder Substitutionseffekten erklären, wenn Kinder quasi ein „Konsumgut“ dar-stellen. In beiden Fällen (Investition oder Konsum), lässt sich der Rückgangder Geburtenrate durchaus mit Hilfe des Modells rationaler Entscheidungenerklären.

Betrachten wir einmal die Wahl des Partners: Ist es nicht das Ergebnis un-serer freien Gesellschaft, dass wir den Partner rein nach Gefühl unabhängigdurch Gesetz, Tradition oder Klassenschranken wählen können? Spielen aberHarmonie oder gleiche Interessen der Partner eine Rolle, welche zu einer eherglücklichen Partnerschaft führen können, so lässt sich erklären, warum heu-te in den meisten Partnerschaften beide Partner aus einem annähernd glei-chen ökonomischen Umfeld kommen. Offenbar handeln die Menschen ratio-nal, wenn sie ähnliche Partner präferieren, weil sie sich dadurch eine bessereStabilität der Partnerschaft versprechen. Ebenso spielen ja auch die Infor-mationskosten eine Rolle. Dort, wo die Informationskosten relativ hoch sind,wäre es rational, die Wahl auf bestimmte Kriterien einzuschränken, alleinaus Gründen der Effizienz. Damit lässt sich auch dieses Verhalten mit demStandardmodell rationalen Verhaltens erklären, was nicht bedeutet, dass dasVerhalten selbst rational ist im Sinne eines bewussten Abwägens.

Man mag es nicht glauben, aber selbst die Entscheidungen eines Süchtigenlassen sich durch das Modell rationalen Entscheidungsverhaltens erklären.Aber der Süchtige ist nicht frei in seiner Entscheidung. Er muss seine Suchtbefriedigen. Wird der Süchtige nicht trotzdem rational abwägen, ob er zu-nächst seine Sucht befriedigt oder zunächst andere Bedürfnisse in den Vor-dergrund stellt? Wird er nicht den preisgünstigsten Anbieter wählen? DieAussage, dass Preisänderungen bei normalen Gütern zu entgegengesetztenNachfrageänderungen führen, lässt sich auch auf Drogenmärkten beobach-ten. Anderenfalls wäre jede Drogenpolitik, welche die Nachfrage über diePreise zu beeinflussen versucht, vergeblich. Der Unterschied zwischen einerrein intuitiven Bewertung und einer solchen, die auf Rationalverhalten grün-det, ist, dass in der ökonomischen Bewertung die Zielsetzung des Handelndennicht Gegenstand der Bewertung ist. Für den Nichtökonomen drückt sich dieIrrationalität des Süchtigen darin aus, dass er seiner Sucht nachgibt. Für denÖkonomen handelt der Süchtige irrational, wenn er seine Ressourcen nicht soeinsetzt, dass er seine Bedürfnisse möglichst gut befriedigt. Die Bedürfnisse,auch das Bedürfnis nach Suchtmitteln, betrachtet der Ökonom als gegebenund nicht seiner Bewertung unterliegend.

124

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Erklärungswert eines gegebenenVerhaltens durch das Modell des Rationalverhaltens nicht sofort verneint wer-den sollte. Auch ist dieses Modell nicht nur auf Entscheidungen anwendbar,die unmittelbar in geldwerten Einheiten gemessen werden können. Allerdingsbereitet letzteres zusätzliche Schwierigkeiten.

4 Die Firma

Die Firma ist ein Wirtschaftssubjekt, das Güter für den Markt produziert.Man kann sie sich als eine Transformationsinstitution vorstellen, die mit Hil-fe von Produktionsfaktoren als Input bestimmte Güter als Output erzeugt.Haushalte produzieren zwar auch Güter, aber nur für den eigenen Bedarf.Öffentliche Haushalte produzieren Güter, die der Allgemeinheit ohne spezi-elles Entgelt zur Verfügung gestellt werden.

Mathematisch geht es darum wie bei den Haushalten, ein bestimmtes Zielzu erreichen unter bestimmten Restriktionen. Das Ziel der Firma stellt dieMaximierung des Gewinns innerhalb einer Produktionsperiode dar, die denZeitraum umfasst zwischen Aufnahme der Produktion bis zur Fertigstellungder geplanten Produktmenge. Dabei muss sie eine technische und eine öko-nomische Restriktion beachten. Die technische Restriktion zwingt sie zurAnwendung effizienter Produktionstechniken, die durch eine Produktions-funktion beschrieben wird, die als Variablen die Produktionsfaktoren besitztund eine bestimmte Produktmenge liefert. Eine Produktion ist nur dann ef-fizient, wenn es kein alternatives Produktionsverfahren gibt, mit dem es ge-lingt, die gleiche Produktmenge mit weniger Inputfaktoren zu erzeugen, ohnevon irgendeinem anderen Produktionsfaktor eine größere Menge zu verbrau-chen. Wir nehmen dies als gegeben an und betrachten ausschließlich effizienteProduktionsverfahren. Die ökonomische Restriktion besteht in der Wahl derProduktmenge bzw. der Inputfaktoren mit denen sie zu geringsten Kostenherstellen kann. Aus der Vielzahl der effizienten Möglichkeiten, eine bestimm-te Endproduktmenge zu erzielen, wird die gewinnmaximale Firma also ge-nau diejenige auswählen, mit der das Produktionsziel zu geringsten Kostenerreicht wird. Letztlich ergibt sich das Ziel der Gewinnmaximierung, indemmit diesem kostenminimalen Verfahren die Produktmenge hergestellt wird,die den Gewinn als Differenz zwischen dem Erlös (als Produkt der Produkt-

125

menge mal Marktpreis) und den Kosten, maximiert. Weitere Restriktionenwären z.B. Finanzierungsrestriktionen oder Restriktionen, die sich aus demVerhalten der Konkurrenten ergeben. Von solchen Restriktionen wird abge-sehen. Es wird unterstellt, dass die Firma jede Produktmenge zu dem amMarkt herrschenden Preis absetzen kann und jede Faktormenge zu den amMarkt geltenden Preisen einkaufen kann d.h. es besteht vollständige Infor-mation. Außerdem nehmen wir vereinfachend an, dass genau ein Produkthergestellt wird.

4.1 Die Produktionsfunktion

Die Produktionsfunktion beschreibt ein technisch effizientes Produktionsver-fahren, mit dem bestimmte Inputs oder Inputfaktoren zu einem Output, dererzeugten Produktmenge kombiniert werden. Als Inputfaktoren betrachtenwir hier nur den Faktor Arbeit L und den Faktor Kapital C (Maschinen, Fa-brikhallen, Bürogebäude, etc.), die in bestimmten Mengen zu einem OutputQ führen:

Q = f(L,C, V L) . (215)

Von den Vorleistungen (Rohstoffe oder Halbfabrikate, auch Hilfs- und Be-triebsstoffe), die in die Produktion eingehen, wollen wir abstrahieren, umdas Problem so einfach wie möglich zu machen d.h.:

Q = f(L,C) . (216)

Im Prinzip handelt es sich um Stromgrößen. Da wir aber eine bestimmtefixe Periodenlänge betrachten (z.B. 1 Jahr), können wir diese auch durch Be-standsgrößen gedanklich ersetzen. Die Produktionsfunktion soll so allgemeinsein, dass sie für eine Reihe unterschiedlichster Produktionsprozesse (Au-tofabrik, Chemiefabrik, Bank, Arztpraxis, etc.) verwendbar ist. Obwohl dieProduktionsfunktionen zwischen verschiedenen Branchen sicher sehr unter-schiedlich sind, gelten die allgemeinen Regeln, die im Folgenden dargestelltwerden, wohl für alle solche Produktionsfunktionen. Wir wollen uns im Ein-zelnen befassen mit der Wirkung bestimmter Faktormengenveränderungenauf die Produktionsmenge. Dabei unterscheiden wir:

• proportionale oder totale Faktorvariation (alle Faktoren werden miteinem konstanten Faktor multipliziert)

126

• partielle Faktorvariation (die Einsatzmenge eines einzelnen Faktors wirdvariiert, während alle anderen konstant gehalten werden)

• substitutionale Faktorvariation (Bei konstanter Produktmenge (Out-put) wird untersucht, wie die Einsatzmenge eines Faktors durch dieeines anderen substituiert werden kann)

4.1.1 Totale Faktorvariation

Werden die Einsatzmengen aller Faktoren proportional erhöht, dann kannder Output entweder unterproportional, proportional oder überproportionalsteigen.

O u t p u t

P r o p o r t i o n a l i t ä t s f a k t o r

s t e i g e n d e S k a l e n e r t r ä g e

k o n s t a n t e S k a l e n e r t r ä g e

s i n k e n d e S k a l e n e r t r ä g e

Man spricht von sinkenden, konstanten und steigenden Skalenerträgen. DieKurve, die den Output über den Proportionalitätsfaktor aufträgt, wird alsNiveauertragskurve bezeichnet. Die entsprechende Funktion heißt Niveau-ertragsfunktion. Ein Abfall des Outputs bei steigender Faktormenge wirdausgeschlossen, da nur technisch effiziente Produktionsverfahren betrachtetwerden.

Die Annahme von homogenen, beliebig teilbaren und unbegrenzt verfügbarenProduktionsfaktoren ist sicherlich sehr fraglich, da in der Realität Faktoren(z.B. Arbeitnehmer) nicht beliebig teilbar sind und auch nicht unbegrenztzur Verfügung stehen. Zu steigenden Skalenerträgen kommt es z.B. dann,wenn zuvor die Faktoren noch nicht ausgelastet waren d.h. es existierte z.B.eine Fabrikhalle, in der noch zusätzliche Maschinen Platz haben. Zu sinken-den Skalenerträgen kann es kommen, wenn durch mehr Faktoren diese sich

127

gegenseitig behindern oder es zu „Überfüllung“ und der Behinderung des Ar-beitsablaufes kommt.

Im Prinzip könnte man diesen Effekt auch durch Änderung der Produktions-verfahren modellieren, also durch Änderung der Produktionsfunktion selbstbeschreiben. Es handelt sich bei steigenden Skalenerträgen also quasi umeine Änderung der Produktionsfunktion bei konstanten Skalenerträgen. DieBetrachtung steigender bzw. fallender Skalenerträge ersetzt im Grunde einesolche Theorie.

Eine wichtige Klasse von Funktionen ist die der homogenen Funktionen, fürdie gilt:

µhQ = µh f(L,C) = f(µL, µC) . (217)

Homogene Funktionen haben die Eigenschaft, dass sich für h = 1 konstante,für h < 1 sinkende und für h > 1 steigende Skalenerträge ergeben. Umgekehrtgilt dies jedoch nicht d.h. Produktionsfunktionen müssen nicht unbedingt ho-mogen sein, um steigende, konstante oder sinkende Skalenerträge zu besitzen.Davon bedeutend ist wiederum die linear-homogene Funktion mit h = 1. Be-trachten wir nämlich streng monoton steigende Transformationen F (Q) einerlinear-homogenen Funktion, so lassen sich viele Eigenschaften wie steigende(F ′ > 0, F ′′ > 0) und sinkende (F ′ > 0, F ′′ < 0) Skalenerträge abbilden, wäh-rend dabei alle positiven Eigenschaften, die für linear-homogene Funktionengelten, geerbt werden. Streng monotone Transformationen F ′(Q) > 0 einerlinear-homogenen Funktion bezeichnet man als eine homothetische Funktion.Solche Funktionen stellen Verallgemeinerungen der homogenen Funktionendar, die die linear-homogene Funktion als Sonderfall enthalten.

Die Skalenelastizität wird ermittelt durch:

ǫQ,µ =

dQQdµµ

=dQ

µ

Q. (218)

Sie ist bei einer homogenen Funktion aufgrund:

Q = µh Q⇒ dQdµ

= hµh−1 Q⇒ dQdµ

µQ

= h

gleich dem Homogenitätsgrad h.

128

Erfolgt die Produktion in einer Branche unter steigenden Skalenerträgen, sobesteht die Gefahr der Bildung eines natürlichen Monopols, da mit steigen-der Größe des Unternehmens die Kosten (als Spiegelbild des Outputs) unter-proportional zunehmen. Nach einer Untersuchung von Douglas hatten diemeisten Unternehmen der untersuchten Branchen im Zeitraum 1900-1922 inder amerikanischen Wirtschaft allerdings konstante Skalenerträge.

4.1.2 Partielle Faktorvariation

Wird in der Produktionsfunktion ein Faktor konstant gehalten und der an-dere variiert, so wird aus der Produktionsfunktion eine Ertragsfunktion z.B.:

Q = g(L) = f(L, C) . (219)

Die entsprechende Kurve heißt Ertragskurve. Die partielle Ableitung nachdem variablen Faktor führt zur Grenzertragsfunktion:

∂Q

∂L= g′(L) . (220)

Die Durschnittsertragsfunktion wird bestimmt durch:Q

L=g(L)

L(221)

und ergibt die Durchschnittsertragskurve. Der Durchschnittsertrag wird oftals Produktivität bezeichnet d.h. die Arbeitsproduktivität entspricht demOutput pro eingesetzter Arbeitseinheit. Wir wollen im weiteren 4 wichtigeProduktionsfunktionen behandeln.

4.1.3 Partielle Faktorvariation-lineare Produktionsfunktion

Eine lineare Produktionsfunktion lautet:

Q = αL+ β C mit α, β > 0 . (222)

Bei partieller Faktorvariation gilt:

Q = αL+ β C ,∂Q

∂L= α,

Q

L= α + β

C

L. (223)

Der Grenzertrag ergibt sich über die Steigung der Ertragskurve und ist hierkonstant. Der Durchschnittsertrag ergibt sich als Steigung des Fahrstrahls zurErtragskurve vom Ursprung aus (Winkel γ). Dort, wo der Grenzertrag ab-nimmt, muss der Durchschnittsertrag auch abnehmen. In diesem Fall läuft dieDurchschnittsertragskurve asymptotisch gegen die Grenzertragskurve, wobeisie bei L→ 0 eine unendliche Steigung besitzt.

129

E r t r a g

A r b e i t

b C

a

g

D u r c h s c h n i t t s e r t r a g s k u r v e

E r t r a g s k u r v e

G r e n z e r t r a g s k u r v ea

4.1.4 Partielle Faktorvariation-linear-limitationale Produktionsfunk-tion

Auch hier besteht zwischen Input und Output eine lineare Beziehung, aberder Output wird bestimmt durch den Engpassfaktor. Diese Faktorproduk-tivität sei πL (oder πC). Deren Kehrwert 1

πwird auch als Inputkoeffizient

bezeichnet.

E r t r a g

A r b e i t

p L

p LD u r s c h n i t t s e r t r a g s k u r v e

G r e n z e r t r a g s k u r v e

E r t r a g s k u r v e

A r b e i t K a p i t a li s t E n g p a s s f a k t o r

p L

p C C

Die Produktionsfunktion lautet:

Q = min{πL L, πC C} . (224)

Unterhalb einer Grenze lässt sich z.B. durch Steigung von L bei konstantem

130

C der Output vergrößern:

Q = πL L für πL L ≤ πC C . (225)

Der Grenzertrag und Durchschnittsertrag lautet πL.

Links von der optimalen Menge πC C = πL L wird Kapital verschwendet,rechts davon der Faktor Arbeit. Folglich gehört streng genommen nur dieseoptimale Menge zur Produktionsfunktion, da alle anderen Produktionsver-fahren technisch ineffizient sind.

4.1.5 Partielle Faktorvariation-neoklassische Produktionsfunktion

Neoklassische Produktionsfunktionen besitzen einen fallenden Grenzertrag.Die Ertragskurve ist also konkav gekrümmt und die Durschnittsertragskurveliegt oberhalb der Grenzertragskurve. Es gilt also:

1. positive Steigung: QL, Q

C> 0.

2. abnehmendes Grenzprodukt, also: QLL, QCC < 0.

E r t r a g

A r b e i ta g

ba

g > bE r t r a g s k u r v e

D u r c h s c h n i t t s e r t r a g s k u r v e

G r e n z e r t r a g s k u r v e

Eine neoklassische Produktionsfunktion hat große Bedeutung in der Mikro-ökonomik. Es ist intuitiv einsichtig, dass bei geeignet großer Steigerung derEinsatzmenge eines Faktors - bei Konstanz aller übrigen Faktoren - der Er-tragszuwachs kleiner werden und schließlich gegen null konvergieren muss.Ein anderer Fall tritt ein, wenn die verwendete Einsatzmenge eines Faktorsmit einer Änderung der Produktionstechnik einhergeht. Diesen Fall schließenwir aber aus, da die Produktionsfunktion als unverändert angenommen wird.

131

4.1.6 Partielle Faktorvariation-ertragsgesetzliche Produktionsfunk-tion

Ertragsgesetzliche Produktionsfunktionen unterscheiden sich von neoklassi-schen Produktionsfunktionen dadurch, dass bei hinreichendem Einsatz einesFaktors

L > L1(C) (bzw. C > C1(L)) der Grenzertrag ebenfalls abnimmt d.h.QLL < 0 (bzw. QCC < 0),

für geringe Einsatzmengen

L < L1(C) (bzw. C < C1(L)) hingegen die Grenzprodukte steigend sind d.h.QLL > 0 (bzw. QCC > 0).

E r t r a g

A r b e i t

g

L 1 L 2

E r t r a g s k u r v e

D u r c h s c h n i t t s e r t r a g s k u r v e

G r e n z e r t r a g s k u r v e

Die Ertragskurve hat einen S-förmigen Verlauf. Grenzertrags- und Durch-schnittsertragskurve haben einen umgekehrten U-förmigen Verlauf. Bei L1

befindet sich der Wendepunkt der Ertragskurve, der den steigenden vom fal-lenden Bereich abgrenzt. Folglich nehmen die Grenzerträge ab L1 ab, wäh-rend sie in L1 ihr Maximum erreichen. Dort, wo der Durchschnittsertrag(Steigung des Fahrstrahls vom Ursprung) mit der Steigung der Ertragskur-ve übereinstimmt (L2), sind Grenzertrag und Durchschnittsertrag identisch.Da die Grenzerträge rechts von L1 abnehmen, muss der Durchschnittsertragauch rechts von L2 abnehmen, da, wenn jede marginale Einheit geringerenErtrag abwirft, automatisch auch der Durchschnittsertrag abnehmen muss.

132

4.1.7 Substitionale Faktorvariation

Es kann der Fall auftreten, dass ein Faktor durch einen anderen ersetzt (sub-stituiert) werden soll. Je nach Produktionsfunktion ist der Grad der Sub-stituierbarkeit unterschiedlich. Dazu betrachten wir so genannte Isoquanten,die das Verhältnis der Faktormengen bei gegebener Outputmenge abbilden:

L = g(C, Q) . (226)

A r b e i t

K a p i t a l

D CD L

Q 2

Q 1

Die Grenzrate der Substitution des Faktors Arbeit durch den Faktor Kapitalwird durch den Anstieg der Isoquante bestimmt. Die Grenzrate der Substi-tition ist negativ, das der Einsatz des Faktors Arbeit sinkt, wenn der desFaktors Kapital erhöht wird. Es gilt:

dQ =∂f

∂LdL+

∂f

∂CdC = 0 . (227)

Also gilt für die Steigung der Isoquante:

dL

dC

∣∣∣Q

= − fc

fL. (228)

Definieren wir:

GRS(L,C) := −dL

dC

∣∣∣Q, (229)

dann ist die GRS positiv. Da f(L,C) eine Funktion der Faktoren ist, istdie GRS nicht konstant, sondern ändert sich mit dem Einsatzverhältnis der

133

Faktoren. Dass die GRS abnimmt, wenn bereits eine große Menge eines Fak-tors vorhanden ist, bezeichnet man dies auch als das Gesetz von der abneh-menden Grenzrate der Substitution. Dies folgt aus der Abnahme der Grenz-produkte eines Faktors (fLL, fCC < 0) und dem steigenden Grenzprodukteines Faktors, wenn die Einsatzmenge eines anderen Faktors erhöht wird(fLC , fCL > 0), denn:

∂GRS(L,C)

∂C=∂ fC

fL

∂C=fL fCC − fC fLC

(fL)2< 0 . (230)

Unter dieser Annahme besitzt die Produktionsfunktion konvexe Isoquanten.Man erkennt Parallelen zur Haushaltstheorie, aber im Unterschied dazu istdie Produktmenge kardinal messbar (Nutzen dort ordinal messbar) und dieFirma verfolgt auch nicht das Ziel der Outputmaximierung (dort Nutzenma-ximierung).

4.1.8 Die Substitutionselastizität

Die Krümmung der Isoquanten drückt aus, wie “leicht“ oder wie „schwer“ einFaktor gegen einen anderen ausgetauscht werden kann. Ein Maß dafür ist dieSubstitutionselastizität ǫsub. Sie gibt die prozentuale Änderung des Faktor-einsatzverhältnisses an, die mit einer prozentualen Änderung der Grenzrateder Substitution einhergeht:

ǫsub(L,C) =

d(L/C)L/C

d(fC/fL)fC/fL

=d(L/C)

d(fC/fL)

fC/fL

L/C> 0 . (231)

Sowohl der Nenner als auch der Zähler nehmen ab, wenn mit sinkendem Fak-toreinsatzverhältnis die GRS abnimmt. Damit ist ǫsub positiv. ǫsub ist keineKonstante, sondern entlang der Kurve veränderlich. Lediglich bei der Klasseder CES-Funktionen ist ǫsub konstant. Je steiler die Isoquante gekrümmt ist,desto kleiner ist ǫsub.

• Bei linearer Produktionsfunktion (a) ist ǫsub = ∞, da die Substitutionperfekt ist.

• Bei neoklassischen Funktionen gilt 0 < ǫsub < ∞. (c) ist stärker ge-krümmt als (b).

• Bei ertragsgesetzlichen Funktionen ist nur der Bereich sinnvoll, in demfC , fL > 0 ist. Auch hier gilt 0 < ǫsub <∞.

134

• Bei linear-limitationalen Funktionen ist ǫsub = 0, da keine Substitutionmöglich ist. Streng genommen besteht diese Funktion nur aus einemPunkt, da nur dieser eine effiziente Produktion beschreibt.

A r b e i t

K a p i t a l

a bc

ed

Wird der Begriff des Faktors eng genug definiert, so kann die Substitutions-elastizität zwischen den Faktoren sehr groß sein, Man denke an die Substi-tution von „Männerarbeit“ durch „Frauenarbeit“ . Dies kann durch lineareProduktionsfunktionen gut abgebildet werden. Das andere Extrem stellenlinear-limitationale Produktionsfunktionen dar, bei denen die Substitutionunmöglich ist. Man denke hier an die chemische Industrie, wo die Faktormen-gen in exakt festgelegten Proportionen eingesetzt werden oder bei kurzfristi-gen Bedingungen, wo die Kopplung zwischen Faktoren noch sehr starr ist. Beider chemischen Industrie z.B. findet die Substitution dann nicht innerhalbeines Produktionsverfahrens, sondern zwischen den Verfahren statt. In derMikroökonomik bedient man sich allerdings eher substitutionalen Produkti-onsfaktoren. In der Betriebswirtschaftslehre modelliert man Produktionspro-zesse dagegen sehr häufig durch linear-limitationale Produktionsfunktionen.

4.1.9 Spezielle Produktionsfunktionen

Wir wollen im Folgenden noch einmal die bisher behandelten Produktions-funktionen zusammenfassen und ihre Ertragskurven und Isoquanten grafischdarstellen. Danach werden wir zwei spezielle wichtige Sonderfälle, nämlich

135

die Cobb-Douglas- und die CES-Funktion detailliert besprechen.

E r t r a g

A r b e i t

A r b e i t

K a p i t a l

Abbildung 4: Ertragskurven und Isoquanten einer linearen Produktionsfunk-tion.

E r t r a g

A r b e i t

A r b e i t

K a p i t a l

Abbildung 5: Ertragskurven und Isoquanten einer linear-limitationalen Pro-duktionsfunktion.

Wollen wir ein bestimmtes Produktionsverfahren modellieren, so müssenwir bestimmten Produktionsfunktionen wählen und deren Parameter schät-zen. Letzteres wird mit den Methoden der empirischen Wirtschaftsforschung,insbesondere den Methoden der Ökonometrie, möglich. Die Ökonometriehat auch eine Reihe von Verfahren entwickelt, mit denen bestimmt wer-den kann, wie zuverlässig derartige Schätzungen sind. Die Kombination vonSubstitutions- und Skalenelastizität bei einigen wichtigen Produktionsfunk-tionen ist in der folgenden Tabelle angegeben:

136

E r t r a g

A r b e i t

A r b e i t

K a p i t a l

Abbildung 6: Ertragskurven und Isoquanten einer neoklassischen Produkti-onsfunktion.

E r t r a g A r b e i t

K a p i t a l

Abbildung 7: Ertragskurven und Isoquanten einer ertragsgesetzlichen Pro-duktionsfunktion.

ǫsub =0 = 1 0 < · < ∞ 0 < · < ∞ = ∞linear-

ǫQ,µ limitational neoklassisch ertragsgesetzlich linear>1 - Cobb-Douglas CES × -=1 × Cobb-Douglas CES × ×< 1 - Cobb-Douglas CES × -

4.1.10 Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion

Für zwei Faktoren hat diese Funktion die Form:

Q = f(L,C) = γ LαCβ mit α, β, γ > 0 . (232)

137

Die Produktionselastizitäten lauten:∂Q∂LQL

= α bzw.∂Q∂CQC

= β . (233)

Q

List das Grenzprodukt des Faktors Arbeit. Für ǫsub folgt mit:

fC = β γ LαCβ−1 = βf

C, fL = α γ Lα−1 Cβ = α

f

L, (234)

∂(

LC

)

LC

=dL

L− dC

C, (235)

∂(

fC

fL

)

fC

fL

=∂(

β Lα C

)

β Lα C

=dL

L− dC

C. (236)

ǫsub = 1.

Die Wahl einer Cobb-Douglas-Funktion zur Beschreibung der Gesetzmä-ßigkeiten eines Produktionsprozesses schränkt die Wahl der darauf basieren-den Aussagen nicht unerheblich ein. Erst wenn eine Schätzung ergibt, dassdie Substitutionselastizität in der Nähe von eins liegt, kann man mit der ma-thematisch einfachen Cobb-Douglas-Funktion arbeiten.

Die Skalenelastizität ermittelt sich gemäß:

ǫQ,µ =

dQdµQµ

. (237)

Da

f(µL, µC) = γ (µL)α (µC)β = γ µα+β Lα Cβ = f(L,C)µα+β , (238)

ist

ǫQ,µ =α + β µα+β−1 f

µα+β−1 f= α + β . (239)

Für α+β = 1 besitzt diese Produktionsfunktion also konstante Skalenerträge.Außerdem ist die Cobb-Douglas-Funktion homogen, wie (238) beweist.Der Homogenitätsgrad ist h = α + β.

138

4.1.11 Die CES-Produktionsfunktion

Die CES-Funktion lautet:

Q = γ [αL−ρ + (1 − α)C−ρ]−hρ . (240)

CES steht für Constant Elasticity of Substitution. α (0 < α < 1) ist einKompositionsfaktor, ρ > −1 bestimmt die Substitutionselastizität, h > 0den Homogenitätsgrad und γ > 0 ist eine Niveaukonstante.

Der Homogenitätsgrad ermittelt sich tatsächlich zu:

Q(µL, µC) = γ [α (µL)−ρ + (1 − α) (µC)−ρ]−hρ

= γ [µ−ρ(αL−ρ + (1 − α)C−ρ)]−hρ = µhQ(L,C) . (241)

Die Substitutionselastizität ergibt sich zu:

ǫsub =1

1 + ρ. (242)

Für ρ→ −1 wird die CES-Funktion zu einer linearen Funktion:

Q = γ [αL+ (1 − α)C] (243)

mit ǫsub = ∞. Für ρ → 0 ergibt sich die Cobb-Douglas-Funktion, fürρ → ∞ geht die CES-Funktion in eine linear-limitationale Funktion über.Die CES-Funktion enthält also die lineare, die linear-limitationale und dieCobb-Douglas-Funktion als Spezialfälle.

Ist der Wert der Substitutionselastizität unbekannt, so sollte man lieber miteiner Produktionsfunktion arbeiten, welche unterschiedliche Werte zulässt.Die Verallgemeinerung der CES-Funktion auf eine VES-Funktion (VariableElasticity of Substitution) ist ebenso möglich.

4.1.12 Homogene und homothetische Produktionsfunktionen

Bei homogenen Funktionen hängt die Grenzrate der Substitution nicht vomNiveau der Produktion ab, sondern nur von Faktoreinsatzverhältnis. Das be-deutet, dass im L−C-Diagramm auf einer Ursprungsgeraden (der so genann-ten Isoklinen), auf der definitionsgemäß das Faktoreinsatzverhältnis konstantist, die GRS in allen Schnittpunkten mit Isoquanten, die durch diese Gerade

139

geschnitten werden, gleich sind. Kennt man die GRS für ein Outputniveauund bleibt das Faktoreinsatzverhältnis konstant, so kennt man die GRS fürjedes Outputniveau.

A r b e i t

K a p i t a l

I s o k l i n e 1

I s o k l i n e 2

Die Abstände zwischen den Isoquanten geben den Zuwachs der Produkt-mengen wieder. Bei konstanten Skalenerträgen (h = 1) sind die Abständeuntereinander proportional. Ist der Homogenitätsgrad größer als 1, so liegensteigende Skalenerträge vor. Dort werden die Abstände kleiner (dichter wer-dende Isoquanten), während bei einer unterproportionalen Steigerung (sin-kende Skalenerträge) die Abstände überproportional zunehmen. Die Mengeder linear-homogenen Funktionen (Beispiele sind die lineare und die linear-limitationale Produktionsfunktion) stellt einen Sonderfall dar. Durch einestreng monoton steigende Transformation geht die linear-homogene Funk-tion in eine so genannte homothetische Funktion über. Die homothetischeFunktion stellt eine Verallgemeinerung der linear-homogenen Funktion dar,da sie sowohl steigende, sinkende oder konstante Skalenerträge haben kann.Wenn man nicht sicher ist, ob die Annahme der Linear-Homogenität proble-madäquat ist, man aber eine vom Faktoreinsatzverhältnis abhängige GRSfür plausibel hält, sollte man der Analyse eine homothetische Funktion zuGrunde legen.

140

4.2 Kostenfunktionen

Die Kostenfunktion beschreibt den Zusammenhang zwischen der Produkt-menge und den Kosten, die minimal nötig sind, um diese Produktmenge zuerzeugen. Nur jene Kombination der Faktoreinsatzmengen, welche die nied-rigsten Kosten verursacht, ist Bestandteil der Kostenfunktion. Neben dertechnischen Effizienz des Produktionsverfahrens ist also auch die Minimal-kostenkombination notwendig für das Ziel der Gewinnmaximierung. Wir un-terscheiden die lange Frist, in der alle Faktoren veränderlich sind und diekurze Frist, wo mindestens ein Faktor fix ist. Die Preise der Produktions-faktoren werden als exogen angenommen. Außerdem kann die Firma jedenFaktor, den es wünscht, beschaffen (Das Faktorangebot ist vollkommen elas-tisch).

Kosten werden definiert als Opportunitätskosten, also anders als im buchhal-terischen Sinne. So ist der Unternehmerlohn im buchhalterischen Sinne alsResidualgröße, also als Differenz des Gewinns und den Kosten definiert. Imökonomischen Sinne wird der Unternehmerlohn als Bestandteil der Kostenbetrachtet. Die Aussage „Der Gewinn ist null!“ bedeutet, dass der Unterneh-mer so entlohnt wird, wie es in einer alternativen Verwendung seiner Arbeits-zeit möglich wäre. Auch die Kosten für das Sachkapital und den Arbeiterlohnermitteln sich nach deren Opportunitätskosten, die sich bei gemietetem Sach-kapital als den höchsten Mietpreis ergeben, der anderswo dafür erzielt werdenkönnte. Auch der Arbeiterlohn bestimmt sich nach den Opportunitätskosten.Das Unternehmen wird nicht bereit sein, eine Rente zu zahlen, um den Ar-beitnehmer in seiner Position zu halten (unter der Annahme vollständigerInformation). Eine negative Rente ist auch nicht möglich, da der Arbeitneh-mer wohl seine Stelle wechseln würde.

Desweiteren unterscheidet man interne (private) und externe Kosten. Exter-ne Kosten sind solche, die das Unternehmen üblicherweise zu einem Preisvon null erhält, wie z.B. die Umweltfaktoren Luft, Wasser, Boden. ExterneKosten werden von der Gesellschaft als Ganzer getragen.

Manche Kapitalleistungen können nur in einer Verwendung gebraucht wer-den. Sind sie einmal abgeschrieben, bezeichnet man sie als versunkene Kosten(sunk costs), da deren Opportunitätskosten definitionsgemäß null sind. Siestellen keine Kosten im ökonomischen Sinne dar.

141

4.2.1 Langfristige Kostenkurven

Die Kosten K ermitteln sich nach:

K = I L+ r C , (244)

wobei I und r die Kosten der Faktoren Arbeit und Kapital darstellen. Die Iso-quanten, die das Faktoreinsatzverhältnis bei gegebener Produktmenge dar-stellten, seien gegeben durch:

L = g(Q,C) . (245)

Das Optimum ist dort, wo die Kostengerade

L =1

IK − r

IC (246)

eine Isoquante tangiert. Folglich stimmt die Steigung der Kostengeraden

dK = I dL+ r dC = 0 ⇒ dL

dC= −r

I(247)

mit der Steigung der Isoquanten

dQ =∂f

∂LdL+

∂f

∂CdC = 0 ⇒ dL

dC= −fC

fL

. (248)

überein.

A r b e i t

K a p i t a lQ = k o n s t .

a

K I

K r

b

c

142

Im Kostenminimum muss also gelten:

r

I=fC

fL. (249)

Dies ist im Punkt a der Fall. In den Schnittpunkten b und c sind die Kos-ten, wie man sehen kann, größer. Die Menge der beiden Faktoren werden sogewählt, dass das Verhältnis der Grenzprodukte gleich dem Verhältnis derFaktorpreise ist. Werden die optimalen Punkte untereinander verbunden, er-hält man den Expansionspfad.

A r b e i t

K a p i t a l

K 5

K 3

K 1

K 2

K 4

Q 5Q 4Q 3Q 2Q 1

E x p a n s i o n s p f a d

Es gibt die kostenminimalen Faktorkombinationen an. Aufgetragen über dieProduktionsmenge, ergibt sich die Kostenkurve.

K o s t e n

M e n g e

K ( Q )

Bei homothetischen Funktionen (streng monotone Transformation einer linear-homogenen Funktion) ist das Faktoreinsatzverhältnis auf einem Fahrstrahl

143

durch den Ursprung konstant. Definitonsgemäß sind die GRS (als Steigungder Tangenten an die Isoquanten) entlang der Geraden immer identisch. Dieoptimalen Punkte müssen also immer auf einer Geraden liegen. Mithin mussder Expansionspfad eine Gerade sein. Bei linear-homogener Funktion sinddie Abstände der Isoquanten untereinander gleich. Also ist auch die Kosten-kurve bei linear-homogenen Produktionsfunktionen eine Gerade.

Der Fall des Rückgangs eines Faktors bei steigendem Output ist im Prinzipauch möglich. In diesem Fall würde der Expansionspfad wie folgt aussehen:

A r b e i t

K a p i t a l

E x p a n s i o n s p f a d

Man spricht hier von inferioren Inputs.

Das gleiche Ergebnis erhalten wird durch die Anwendung des Lagrange-Verfahrens. Die Lagrange-Funktion lautet:

Λ = I L+ r C + λ (Q− f(L,C)) . (250)

Die Bedingungen erster Ordnung lauten:

∂Λ

∂L= I − λ fL = 0 , (251)

∂Λ

∂C= r − λ fC = 0, (252)

∂Λ

∂λ= Q− f(L,C) = 0 . (253)

Daraus folgt:

I

r=fL

fC

und λ =I

fL

=r

fC

. (254)

144

Der Lagrange-Multiplikator ist gleich den Grenzkosten, da gilt:

dK = I dL+ r dC = λ (fL dL+ fC dC) = λ dQ , (255)

also eben:

λ =dK

dQ. (256)

Werden die Faktoren von der Outputmenge und den Faktorpreisen abhängiggemacht, so erhält man die bedingten Faktornachfragefunktionen:

L∗ = L(I, r, Q) bzw. C∗ = C(I, r, Q) . (257)

Die langfristige Kostenfunktion lautet in allgemeiner Form:

K = I L∗ + r C∗ = K(I, r, Q) . (258)

Sie hat folgende Eigenschaften:

a) Die Grenzkosten nehmen immer zu, d.h.:

∂K

∂Q> 0 . (259)

b) Die Kosten nehmen bei steigenden Faktorpreisen zu:

∂K

∂I≥ 0 ,

∂K

∂r≥ 0 . (260)

Wird ein Faktor vollständig durch einen anderen ersetzt, so gilt in die-sem Fall das Gleichheitszeichen.

c) Die Kostenfunktion ist linear-homogen in den Faktorpreisen d.h.

K(α I, α r,Q) = αK(I, r, Q) . (261)

Anhand der folgenden Cobb-Douglas-Funktion:

Q = Lα Cβ (262)

soll das Verfahren kurz erläutert werden.

145

Die Lagrangefunktion und die Bedingungen erster Ordnung lauten:

Λ = I L+ r C − λ[Q− Lα Cβ] , (263)∂Λ

∂L= I + λα

Q

L, (264)

∂Λ

∂C= r + λ β

Q

C. (265)

Das optimale Faktoreinsatzverhältnis ermittelt sich als:

L =α

β

r

IC . (266)

Setzt man dies in Q = LαCβ ein, so gilt:

Q =

β

r

I

Cα+β. (267)

Aufgelöst nach C folgt:

C = Q1

α+β

β

r

I

)−

αα+β

, (268)

bzw.

L = Q1

α+β

β

r

I

) βα+β

. (269)

Also lautet die Kostenfunktion:

K =

I

β

r

I

) βα+β

+ r

β

r

I

)−

αα+β

Q

1α+β . (270)

Wird α + β = 1 angenommen, so gilt in diesem Spezialfall:

K =

I

β

r

I

+ r

β

r

I

)−α Q . (271)

Die Kosten sind also proportional zur Produktmenge. Bei konstanten I, r,α, β ist die Kostengerade also eine Gerade durch den Ursprung. Diese Eigen-schaft gilt für jede Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen.

146

4.2.2 Langfristige Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskostenkur-ven

Langfristig sind alle Faktoren variabel. Um das Problem zu vereinfachen,unterstellen wird totale Faktorvariation. Bei totaler Faktorvariation bleibtdas Faktoreinsatzverhältnis konstant. Bei homothetischen Funktionen ist derExpansionspfad eine Gerade durch den Ursprung, wenn sich die Faktorein-satzmengen proportional verändern.

Der Zusammenhang zwischen einer Produktionsfunktion mit sinkenden, kon-stanten oder steigenden Skalenerträgen auf die entsprechenden Kostenkurvenist im Prinzip spiegelbildlich. Dort, wo economies of scale vorliegt, wo al-so die Produktion unter steigenden Skalenerträgen stattfindet, nehmen dieKosten unterproportional zu. Bei diseconomies of scale, also bei fallendenSkalenerträgen, nehmen die Kosten überproportional zu. Es gilt also für dieKostenfunktion:

K o s t e n

M e n g e

k o n s t a n t eS k a l e n e r t r ä g e

s t e i g e n d eS k a l e n e r t r ä g e

s i n k e n d eS k a l e n e r t r ä g e

Wichtig für die Theorie ist aber nicht die absolute Höhe der Kosten, sondernsind die Grenz- und die Durchschnittskosten. Sie ergeben sich als:

GK =∂K

∂Q= K ′ Steigung der Kostenkurve , (272)

DK =K

QSteigung des Fahrstrahls zur Kostenkurve . (273)

Bei überproportional steigenden Kosten (sinkende Skalenerträge) gilt DK <GK, da die Steigung der konvexen Kostenkurve größer ist als der Anstiegdes Fahrstrahls. Die Kostenkurve beginnt im Ursprung und hat bei Q = 0

147

eine endliche Steigung verschieden von null. Hätte die Kostenkurve nämlicheine Steigung von null, dann würde dies zu Beginn einem Anstieg der Er-tragskurve von unendlich entsprechen, was sicher sehr selten ist (unendlicheGrenzprodukte). Also starten die Grenz- und Durchschnittkostenkurve abeinem endlichen Wert auf der Ordinate und steigen mit zunehmender Out-putmenge, da die Kostenkurve konvex ist.

K o s t e n

M e n g e

G KD K

K ( Q )

Bei unterproportional zunehmenden Kosten (steigende Skalenerträge) neh-men die Grenz- und Durchschnittskosten ab. Außerdem ist die Kostenkurvekonkav und daher liegen die Grenzkosten unter den Durchschnittskosten.

K o s t e n

M e n g eG KD K

K ( Q )

Bei konstanten Skalenerträgen ist die Kostenfunktion eine Gerade und dieGrenz- und Durchschnittskosten sind konstant.

148

K o s t e n

M e n g e

D K = G K

K ( Q )

Bei ertragsgesetzlicher Form der Niveauertragskurve (homothetische Funkti-on) nehmen die Durchschnittskosten zunächst ab, bis sie dort, wo der Fahr-strahl vom Ursprung die Kostenkurve tangiert, ein Minimum annehmen unddann wieder wachsen. In diesem Minimum sind Grenz- und Durchschnitts-kosten identisch. Da die Steigung der Kostenkurve vor dem angesprochenenMinimum kleiner ist als der Anstieg des Fahrstrahls, liegt die Grenzkosten-kurve unter der Durchschnittskostenkurve. Dort, wo die Durchschnittskostenwieder ansteigen, sind die Grenzkosten größer als die Durchschnittskosten.

K o s t e n

M e n g e

K ( Q )D K

G K

Im Minimum der Durchschnittskosten produziert die Firma in ihrem Betrieb-soptimum. Daher sind homothetische Funktionen mit zunächst steigendenund dann sinkenden Skalenerträgen von besonderem theoretischen Interesse.

Dass im Minimum der langfristigen DK-Kurve GK = DK gilt, lässt sich

149

leicht nachweisen:

d KQ

dQ=Q ∂K

∂Q−K

Q2= 0 ⇒ ∂K

∂Q=K

Q. (274)

4.2.3 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage derlangfristigen Kostenkurve

Ändern sich die Faktorpreise proportional, dann ändert sich nicht die Stei-gung der Kostengerade, da Kosten und Faktorpreise um den selben Prozent-satz zunehmen und sich der Proportionalitätsfaktor herauskürzt. Folglichbleibt auch der Expansionspfad unverändert. Lediglich die Kostenkurve än-dert sich, da die Kosten höher sind bei konstanter Produktmenge (einfacheine andere Skalierung auf der Output-Achse).

Wird die Produktmenge selbst geändert, so kann es wegen der Kostenstei-gerung zu einer Preissteigerung kommen, da das Unternehmen weniger oderauch mehr anbietet und sich daher ein neues Marktgleichgewicht einstellt.Dann kann es aber zu einem Nachfragerückgang und daher zu einer Pro-duktionseinschränkung kommen. Im Sonderfall der homothetischen Funktio-nen ändert sich das Faktoreinsatzverhältnis der Minimalkostenkombinationbei Änderung der Produktmenge nicht. Bei anderen Produktionsfunktionenkann es sein, dass eine Substitution des einen durch einen anderen Faktorstattfindet.

Steigt lediglich ein Faktorpreis, so hängt die Auswirkung davon ab, ob derFaktor „normal“ ist (vermehrter Einsatz bei Outputsteigerung) oder inferior(verminderter Einsatz bei Outputsteigerung). Bei homothetischen Funktio-nen (Expansionspfad ist eine Gerade) können beide Faktoren nur normal sein.Im Fall der soeben behandelten Cobb-Douglas-Funktion gilt bei α+β = 1:

K =

I

β

r

I

+ r

β

r

I

)−α Q , (275)

=

β

rβ I1−β +

β

)−α

r1−α Iα

Q . (276)

Steigt der Faktorpreis proportional, so gilt definitionsgemäß:

µK = K (µ r, µ I,Q) . (277)

150

Bei Kostenanstieg von nur einem Faktor gilt:

∂K

∂I=

β

rβ I−β (1 − β) +

β

)−α

r1−α Iα−1 α

Q > 0 . (278)

Die Kosten steigen also mit steigendem Faktorpreis. Bei konstanten Skale-nerträgen (wie bei linear-homogenen Funktionen) ist dies trivial:

K o s t e n

M e n g e

K 2 ( Q )

K 1 ( Q )I s t e i g t

Bei einer ertragsgesetzlichen Form der Niveauertragskurve (wie bei homo-thetischen Funktionen) verlagern sich die GK- und DK-Kurven nach oben.Daher kann sich auch das Minimum der DK- und GK-Kurven ändern. Daswiederum hängt aber von dem gesamten Verlauf der Produktionsfunktion abund lässt sich nicht einfach vorhersagen.

Man kann sagen, dass die Niveauertragskurve und die zugehörige langfristigeKostenkurve spiegelbildlich sind. Speziell bei homothetischen Funktionen giltfolgender Zusammenhang:

ǫK,Q =∂K

∂Q

Q

K=

1

ǫQ,µ. (279)

Dies kann leicht nachgewiesen werden. Denn es gilt für eine homogene Funk-tion mit Homogenitätsgrad h nach (90), (256) und (254):

λQ

K=

1

h⇔ λ =

K

hQ⇔ λ =

I L+ r C

L fL + C fC(280)

⇔ λ =I L+ r C

L Iλ

+ C rλ

⇔ λ =K

Kλ . (281)

151

4.2.4 Kurzfristige Kostenfunktionen

Ist die Periode kurz, dann kann es ein, dass die Einsatzmenge eines der beidenFaktoren nicht verändert werden kann. Dann lässt sich die langfristig erreich-bare Minimalkostenkombination nicht erreichen. Stimmt die Faktormengen-kombination dennoch mit der langfristig erreichbaren Faktormengenkombina-tion überein, so stimmen langfristige und kurzfristige Kosten überein. Rechtsund links von diesem optimalen Punkt sind die kurzfristigen Kosten größerals die langfristigen Kosten. Bei einer linear-homogenen Produktionsfunktionsähe das z.B. wie in der folgenden Abbildung aus:

K o s t e n

M e n g eQ 1 Q 2 Q 3

K k

K l

Bei der Menge Q2 sind kurz- und langfristige Kosten identisch. Links undrechts davon sind die kurzfristigen Kosten höher, da nur der variable Faktorvariiert werden kann. Dies lässt sich leicht zeigen:

A r b e i t

K a p i t a l

l a n g f r i s t i g e rE x p a n s i o n s p f a d

k u r z f r i s t i g e rE x p a n s i o n s p f a d

Q 2Q 1

Q 3

152

Die kurzfristige Faktormengenkombination ist bei Q2 auf dem langfristigenExpansionspfad (hier eine Gerade, da eine linear-homogene Produktionsfunk-tion betrachtet wird). Bei den Outputmengen Q1 und Q3 können jedoch nurdiejenigen Faktormengen gewählt werden, die auf dem kurzfristigen Expan-sionspfad liegen. Wie man anhand der Kostengeraden erkennen kann, sinddie Kosten höher als diejenigen Faktormengenkombinationen, die auf demlangfristigen Expansionspfad liegen (weil dort definitionsgemäß die Minimal-kosten vorhanden sind). Im Allgemeinen ist die langfristige Kostenkurve alsoimmer die Einhüllende der kurzfristigen Kostenkurve. Für unterschiedlicheWerte des fixen Faktors ergäbe sich z.B. das folgende Bild:

K o s t e n

M e n g eK o s t e n

M e n g e

K l

K k

K k

K k

1

2

3

D K 1 D K 2 D K 3

G K 1 G K 2 G K 3

D K l = G K l

k k k

kkk

Die Durchschnittskosten sind am niedrigsten im optimalen Punkt. Links undrechts davon sind die Durchschnittskosten höher. Da die Steigung der kurz-fristigen Kostenkurve immer weiter ansteigt, haben die Grenzkosten einen

153

steigenden Verlauf. Dort, wo die kurzfristige Kostenkurve die langfristigeKostenkurve tangiert, sind die langfristigen und kurzfristigen Grenzkostenidentisch. In diesem Punkt nehmen die Durchschnittskosten ihr Minimuman. Im Minimum schneiden sich mithin die Kurven der Durchschnittskostenund der Grenzkosten. Dass die langfristige Kostenkurve immer die Einhül-lende ist, gilt allgemein, hier im Beispiel einer homothetischen Funktion:

K o s t e n

M e n g e

K l

K kK k

K k

1

2

3

4.2.5 Fixe und variable Kosten, Durchschnitts- und Grenzkosten

Auf kurze Frist ist definitionsgemäß mindestens ein Faktor fix d.h. seine Ein-satzmenge kann innerhalb dieses Zeitraumes nicht verändert werden. Manbezeichnet dies als fixe Kosten. Die variablen Faktoren führen zu den va-riablen Kosten. Kurzfristig müssen wir also zwischen fixen und variablenFaktoren bzw. Kosten unterscheiden:

Q = f(L, C) . (282)

Die kurzfristigen Kosten lauten also:

Kk = r C︸︷︷︸Kf

+ I L︸︷︷︸Kv

= r C + I L(C, Q) = Kf(C) +Kv(C, Q) . (283)

154

Ein Beispiel könnte wie folgt gegeben sein:

K o s t e n

M e n g e

K f ( C )

K v ( C , Q )

K k ( C , Q )

Die Grenzkosten ergeben sich durch Ableitung der kurzfristigen Kostenkurve:

GKk =∂Kk

∂Q=∂Kv

∂Q. (284)

Bei den Durchschnittskosten unterscheiden wir drei verschiedene Fälle, diedurchschnittlichen kurzfristigen Gesamtkosten DKk, die durchschnittlichenvariablen und die durchschnittlichen fixen Kosten:

DKk =Kk

Q, DKk

v =Kv

Q, DKk

f =Kf

Q. (285)

155

In dem soeben dargestellten Beispiel ließen sich die Grenz- und Durchschnitts-kostenkurven wie folgt ableiten:

K o s t e n

M e n g e

K k ( C , Q )

K o s t e n

M e n g e

{K f

D K f

D K v

D K kG K k

Die durchschnittlichen fixen Kosten sind bei sehr kleiner Outputmenge un-endlich, da die fixen Kosten kurzfristig nicht verändert werden können, undlaufen gegen null, wenn die Outputmenge steigt, da die relativen Kostenumgelegt auf eine Produktionseinheit immer mehr abnehmen. Dort, wo derFahrstrahl vom Ursprung die kurzfristige Kostenkurve tangiert, ist das Mi-nimum der kurzfristigen Durchschnittskosten. In diesem Punkt schneidet dieGrenzkostenkurve die kurzfristige Durchschnittskostenkurve:

∂Kk

Q

∂Q=Q ∂Kk

∂Q−Kk

Q2= 0 ⇒ ∂Kk

∂Q=Kk

Q. (286)

Startet der Fahrstrahl vom Ordinatenschnittpunkt mit den fixen Kosten, sokann man die variable Durchschnittskostenkurve ableiten. Auch hier ist das

156

Minimum dort, wo die kurzfristige Kostenkurve tangiert wird. Und aufgrund:

∂Kk

∂Q=∂Kv

∂Q=Kv

Q(287)

sind in diesem Punkt Grenzkosten und variable Durchschnittskosten iden-tisch.

4.2.6 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage derkurzfristigen Kostenkurve

Anhand der Cobb-Douglas-Funktion sollen die Auswirkungen einer Ände-rung der Faktorpreise auf die kurzfristige Kostenkurve verdeutlicht werden.Die Funktion lautet wie bekannt:

Q = Lα Cβ mit 0 < α, β < 1 und α+ β = 1 . (288)

Die kurzfristige Kostenkurve lautet:

Kk = I L+ r C = I(Q

1α C−

βα

)+ r C . (289)

Wird der Preis des variablen Faktors geändert, so gilt:

∂Kk

∂I= Q

1α C−

βα > 0 . (290)

Also nehmen die kurzfristigen Kosten zu und zwar zunehmend mit wachsen-der Outputmenge ( 1

αQ

1−αα dQ > 0).

K o s t e n

M e n g e

K k ( C , Q )

K k ( C , Q )I s t e i g t

157

Die Auswirkung einer Änderung des Preises des fixen Faktors bedeutet eineParallelverschiebung der Kurve:

∂Kk

∂r= C . (291)

K o s t e n

M e n g e

K k ( C , Q )

K k ( C , Q )r s t e i g t

Die durchschnittlichen kurzfristigen Kosten lauten:

DKk =Kk

Q= I Q

1α−1 C−

βα + r

C

Q. (292)

Eine Änderung des Preises des variablen Faktors führt zu einer mit Q stei-genden Zunahme der kurzfristigen Durchschnittskosten (1−α

αQ

1−2αα dQ > 0).

K o s t e n

M e n g e

D K k ( C , Q )

D K k ( C , Q )I s t e i g t

158

Eine Zunahme des Preises des fixen Faktors führt ebenfalls zu einer Zunahme,aber mit Q abnehmend (da −1 1

Q2 dQ < 0).

K o s t e n

M e n g e

D K k ( C , Q )

D K k ( C , Q )r s t e i g t

Das Minimum der Durchschnittskosten liegt bei:

Q∗ =(r

I

)α ( α

1 − α

Cα+β , (293)

da

∂DKk

∂Q= I

(1 − α

α

)Q

1−2 αα C−

βα − r

C

Q2= 0 (294)

⇒ Q1α I

(1 − α

α

)C−

βα = r C (295)

⇔ Q =(r

I

)α ( α

1 − α

Cα+β . (296)

Steigt I, dann wandert das Minimum nach links. Steigt r, so wird das Mini-mum nach rechts versetzt.

Die durchschnittlichen variablen Kosten lauten:

DKv = I Q1α−1 C−

βα . (297)

Eine Änderung von r hat keine Auswirkung auf DKv. Steigt I, so nehmendie durchschnitttlichen variablen Kosten zu und zwar mit wachsendem Q zu-nehmend (1−α

αQ

1−2 αα dQ > 0).

159

Die Ableitung von DKv nach Q ergibt:

∂DKv

∂Q= I

(1 − α

α

)Q

1−2 αα C−

βα > 0 . (298)

Also nehmen die variablen Kosten immer mehr zu, Es existiert kein Mini-mum!

K o s t e n

M e n g e

D K k

D K v

D K f

Q *

Die kurzfristigen fixen Durchschnittskosten lauten:

Kf

Q= r

C

Q. (299)

Sie nehmen mit Q ab und sind bei Q = 0 unendlich. Werden die DKf undDKv addiert, so ergeben sich die DKk mit einem Minimum bei Q∗.

160

Die Grenzkosten lauten:

GKk =1

αI Q

1−αα C−

β

α . (300)

Sie sind null bei Q = 0 und nehmen mit Q zu. Bei steigendem Faktorpreis Inehmen die GKk mit wachsendem Q zu:

∂GKk

∂I=

1

αQ

1−αα C−

β

α . (301)

K o s t e n

M e n g e

G K k ( C , Q )

G K k ( C , Q )I s t e i g t

4.2.7 Experimentelle Untersuchungen zu kurz- und langfristigenKostenfunktionen

Erfolgt die Produktion im Bereich sinkender Durchschnittskosten, so kannes zu einem Monopol kommen, da es einem einzigen großen Unternehmengelingt, den Markt zu niedrigeren Kosten zu bedienen, als einer Vielzahl vonkleinen Unternehmen das gelänge. Damit könnte also der Wettbewerb verlo-ren gehen.

Produktionsfunktionen lassen sich im Allgemeinen schwerer ermitteln alsKostenfunktionen. Beide sind jedoch wechselseitig voneinander abhängig.Das betriebliche Rechnungswesen kann aber nur Kosten aufdecken. Die zuGrunde liegende Produktionsfunktion ist meist unbekannt.

Außerdem lassen sich die Kosten fixer Faktoren nicht einfach auf eine Produk-tionseinheit umrechnen. So werden Arbeitnehmer zwar fix entlohnt, aber wer

161

weiß schon, welcher Anteil davon auf die einzelne Produktionseinheit entfällt?

Auch kann es zu Problemen aufgrund des Unterschieds zwischen dem buch-halterischen und dem ökonomischen Kostenbegriff kommen. Da einige Op-portunitätskosten vielleicht gar nicht mitgerechnet werden, kann die Produk-tivität oder die erfasste Faktorleistung überschätzt werden.

Die statistische Erfassung des Zusammenhangs zwischen Kosten und Pro-duktmengen erfolgt mit Hilfe einer Zeitreihen- oder einer Querschnittsana-lyse. Es kann zu Fehlschätzungen kommen, wenn sich in diesem Zeitraumdie Faktorpreise geändert haben. Um dieses Problem zu umgehen, werdenQuerschnittsanalysen durchgeführt, bei denen die Kosten und Produktmen-gen unterschiedlich großer Unternehmen einer Branche für ein und dieselbePeriode zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dies liefert jedoch nur dannbrauchbare Ergebnisse, wenn die Unternehmen annähernd die gleiche Pro-duktionsfunktion verwenden. Dies ist wohl eher unwahrscheinlich. Aber dannerhält man eine Branchenproduktionsfunktion, deren Eigenschaften von denMarktanteilen der einbezogenen Unternehmen abhängig ist.

Ein weiteres Problem ist, dass es schwierig ist zwischen kurzfristigen undlangfristigen Kosten zu unterscheiden.

162

Bei der Schätzung langfristiger Kostenkurven ergibt sich im Allgemeinen derdargestellte Verlauf der Durchschnittskosten. Sie fallen anfangs mehr oderminder stark und bleiben ab einer bestimmten Menge Q nahezu konstant.

K o s t e n

M e n g eQ

D K

Ist Q relativ klein, dann geht man von konstanten Skalenerträgen aus. Er-reicht die empirisch ermittelte Kostenkurve das Minimum der Durchschnitts-kosten dagegen erst bei sehr großen Produktmengen, nimmt man steigendeSkalenerträge an. Im Extremfall ist Q so groß, dass diese Menge ausreicht,um den gesamten Markt zu versorgen.

4.3 Das Güterangebot einer Firma

Die Firma wählt die Gütermenge so, dass ihr Gewinn maximiert wird. Indiesem Kapitel werden der Güterpreis und die Preise der Faktoren zunächstals gegeben angesehen. Außerdem wird nur ein einziges Produkt hergestellt.Der Erlös berechnet sich aus:

E = P Q (302)

als dem Preis des Gutes mal der Gütermenge. Der Gewinn ist gleich derDifferenz des Erlöses und der Kosten:

G = E −K = P Q−K(Q) = Q [P −DK] . (303)

Der Stückgewinn ist

G

Q= P − K

Q= P −DK , (304)

163

also gleich der Differenz zwischen Preis und Stückkosten. Im Gewinnmaxi-mum muss gelten:

∂G

∂Q= P − ∂K

∂Q= P −GK = 0 . (305)

Nach der Bedingung erster Ordnung∂G

∂Q= 0 wird die Produktmenge so ge-

wählt, dass bei gegebenem Preis dieser gleich den Grenzkosten ist.

Außerdem muss die Bedingung zweiter Ordnung gelten, dass:

GQQ = −KQQ < 0 , (306)

d.h. die Grenzkostenkurve muss ansteigen. Niveauertragskurven mit steigen-den oder konstanten Skalenerträgen erfüllen diese Bedingung nicht (siehespäter).

4.3.1 Das kurzfristige Güterangebot

Wir wollen zunächst für eine kurzfristige Periode dies grafisch herleiten, in-dem wir für die verschiedenen Produktionsfunktionen eine Lösung suchen. Inder kurzfristigen Periode bestehen die Kosten aus fixen und variablen Kosten:

K = Kf(C) +Kv(C, Q) . (307)

P r e i sK o s t e n

M e n g eQ 3Q 3 Q 2Q 1

P 1

P 2

P 3

G K D KD K v

Wir wollen dies zunächst am Beispiel einer ertragsgesetzlichen Produktions-funktion zeigen. Die Durchschnittskosten DK streben bei sehr geringer Men-ge Q→ 0 gegen unendlich. Bei der Menge Q3 ist der Preis des Gutes P3 gleich

164

den DK. Hier deckt der Erlös die Stückkosten. Aber dieser Punkt ist nichtoptimal. Da die Grenzkosten für die Herstellung einer marginalen Menge klei-ner sind, lohnt sich eine Produktionsausweitung bis Q3, wo die Kosten füreine marginale Einheit gleich dem Preis sind. Der Gewinn ergibt sich dannaus:

G = QP3 −DK(Q3) . (308)

Fällt der Preis, z.B. auf P2, so ist das Minimum der Durchschnittskostenerreicht. Fällt der Preis weiter, so bewegt man sich noch auf der Grenzkos-tenkurve, aber die Stückkosten werden nicht mehr gedeckt. Bei einem Preisvon P1 befinden wir uns im Minimum der variablen Durchschnittskosten.Zwischen P2 und P1 werden zwar nicht mehr die gesamten Stückkosten ge-deckt, aber es fällt zumindestens ein Deckungsbeitrag ab, um einen Teil derfixen Kosten zu finanzieren. In dem Fall, in dem die fixen Kosten sunk costsdarstellen, also wenn die fixen Faktoren keine weitere Verwendung haben unddaher die variablen Durchschnittskosten im Prinzip aus der Sicht der Firmagleich den totalen Durchschnittskosten sind, ist dies sogar sinnvoll. Als Regelgilt also:

1. Eine auf dem Markt befindliche Firma, welche die Güter- und die Fak-torpreise als gegeben ansieht (Mengenanpasser), wird jene Produkt-menge wählen, bei der P = GK gilt und die Grenzkostenkurve einensteigenden Verlauf hat.

2. Eine im Markt befindliche Firma wird die Produktion aufnehmen, wenndie minimalen variablen Durchschnittskosten kleiner oder gleich denPreisen sind.

3. Eine derartige Firma wird die Produktion einstellen, wenn die minima-len variablen Durchschnittskosten höher sind als der Preis.

Also gilt hier:

P = GK mit P ≥(Kv

Q

)

min

. (309)

165

Für eine neoklassische Produktionsfunktion liegen die variablen Durchschnitts-kosten immer unterhalb der Grenzkostenkurve. Damit ist die gesamte Grenz-kostenkurve die Angebotskurve.

P r e i sK o s t e n

M e n g e

G K

D KD K v

Bei einer linear-limitationalen Produktionsfunktion gibt es im Prinzip nureinen effizienten Punkt, nämlich dort, wo der fixe Faktor Engpassfaktor wird.Da ab diesem Punkt die GK und DK sprunghaft ansteigen, macht es keinenSinn, mehr als die Menge Q1 anzubieten.

P r e i sK o s t e n

M e n g eQ 1

P 1

G K = D K vD K

In diesem Fall ist die Grenzkostenkurve identisch mit der variablen Durch-schnittskostenkurve. Liegt der Preis über P1, so werden auch die Stückkosten

166

gedeckt und es wird Gewinn gemacht. Jedoch kann nicht mehr als Q1 ange-boten werden, da der fixe Faktor kurzfristig nicht geändert werden kann.

Ändern sich die Faktorpreise, so verschieben sich die Kostenkurven nachoben. Im Fall der betrachteten neoklassischen Produktionsfunktion (Cobb-

Douglas), war es ja so, dass die Differenz der GK-Kurven mit wachsendemQ zunahm.

4.3.2 Das langfristige Güterangebot

Aus der langfristigen Sicht sind alle Faktoren variabel. Hier unterstellen wirtotale Faktorvariation d.h. wir betrachten Produktionsfunktionen mit stei-genden, fallenden oder konstanten Skalenerträgen bei konstantem Faktorein-satzverhältnis. Da hier keine DKv existieren, wird das Problem einfacher.Auch hier entspricht die Grenzkostenkurve der Angebotskurve, aber sie star-tet nun ab dem Minimum der Durchschnittskostenkurve. Liegt der Preisdarunter, so wird definitiv Verlust gemacht. Bei einer Produktionsfunktionmit zunächst steigenden, dann sinkenden Skalenerträgen sieht das wie folgtaus:

P r e i sK o s t e n

M e n g e

P 1

G K

D K

Q 1

Bei einem Preis von P1 wird also die Menge Q1 angeboten. Der Gewinn ergibtsich wie immer pro Stück als Differenz des Preises und den Durchschnitts-kosten. Hier gilt also:

P = GK mit P ≥(K

Q

)

min

. (310)

167

Der Punkt, in dem das Minimum der Durchschnittskosten liegt, wird als Be-triebsoptimum bezeichnet.

Höhere Faktorpreise führen zu einer Verschiebung der Kostenkurven nachoben. Bei gleichbleibendem Güterpreis geht das Angebot entsprechend zu-rück. Ändern sich die Faktor- und Güterpreise proportional, so ändert sichdie Angebotsmenge nicht, da bei totaler Faktorvariation das Faktoreinsatz-verhältnis konstant bleibt und alle Kurven lediglich mit einem konstantenFaktor multipliziert werden. Also:

Die langfristige Angebotskurve ist homogen vom Grade null in den Preisen.

Bei sinkenden Skalenerträgen ergibt sich das folgende Bild:

P r e i sK o s t e n

M e n g e

P 0

G K

D K

Da hier die Grenzkostenkurve immer über der Durchschnittskostenkurveliegt, folgt die Angebotsmenge ab einem Preis P0 der Grenzkostenkurve.

168

Bei konstanten Skalenerträgen sind die Grenz- und Durchschnittskosten iden-tisch und konstant. Ab einem Güterpreis von P0 wird Gewinn gemacht.

P r e i sK o s t e n

M e n g e

G K = D KP 0

Allerdings ist die Angebotsmenge unbestimmt. Der Gewinn ist maximal,wenn die Produktion maximal gewählt wird. Die Menge kann also nur durchdie Nachfrage begrenzt werden.

Jede Betriebsgröße ist optimal.

Bei steigenden Skalenerträgen liegt die Grenzkostenkurve unterhalb der Durch-schnittskostenkurve. Wird also die Menge nach den Grenzkosten gewählt(Q1), so wird ein Verlust gemacht.

P r e i sK o s t e n

M e n g eG KD K

P 1

Q 1Q 1

169

Hier existiert keine Angebotskurve in dem Sinne, dass einem gegebenen Preiseine gewinnmaximale Angebotsmenge zugeordnet wird. Verlust wird aller-dings dann vermieden, wenn bei einem Preis P1 die Menge Q1 gewählt wird,wo die Stückkosten gleich dem Preis sind. Auch hier existiert keine Begren-zung. Im Prinzip könnte die Firma den gesamten Markt bedienen, aber würdewohl schnell merken, dass sie damit auch einen Einfluss auf den Preis ausübt.

4.4 Der Marktein- und austritt

Da beim Markteintritt alle Faktoren variabel sind, wird eine Firma dann inden Markt eintreten, wenn der Stückpreis über den Stückkosten liegt, alsowenn mindestens die durchschnittlichen Kosten gedeckt werden.

Beim Marktaustritt muss man jedoch bedenken, dass kurzfristig Faktoren fixsein können. Dann kann es sinnvoll sein, kurzfristig unter die Durchschnitts-kosten zu gehen, da damit wenigstens ein Teil der fixen Kosten gedeckt wer-den kann (Deckungsbeitrag). Bestünde die Alternative darin, die Firma auf-zulösen, so stünde sie in der Tat besser da, wenn die Firma liquidiert werdenwürde, da dann die gesamten fixen Kosten entfallen. Dies gilt aber nur dann,wenn die fixen Kosten nicht aus sunk costs bestehen. Haben die fixen Fakto-ren nämlich keine weitere Verwendung und sind damit deren Opportunitäts-kosten null, so sind die variablen Durchschnittskosten aus der Sicht der Firmagleich deren totalen Durchschnittskosten und eine Weiterführung der Firmawürde dann durchaus Sinn machen. Sind die Opportunitätskosten des fixenFaktors positiv, da dieser Faktor in anderen Verwendungen Ertrag erzeugt,tritt eine Firma aus dem Markt aus, wenn der Deckungsbeitrag in der bis-herigen Verwendung kleiner ist als die Opportunitätskosten des fixen Faktors.

Für den Markteintritt spielt diese Unterscheidung keine Rolle. Hier müssenzunächst alle Faktoren finanziert werden und dies geht nur, wenn Gewinngemacht wird, wenn also mindestens die Stückkosten gedeckt werden können.

4.5 Die Faktornachfrage

Ist einmal die Outputmenge Q bekannt, so lassen sich die Faktormengen imPrinzip leicht finden, indem wir die bedingten Nachfragekurven in Abhän-gigkeit von Q auswerten. Wollen wir unbedingte Nachfragekurven in direkter

170

Abhängigkeit von P bekommen, müssen wir das entsprechende Extremalpro-blem lösen.

4.5.1 Kurzfristige Faktornachfrage

Hier lautet die bedingte Faktornachfragefunktion:

L = L(Q, C) . (311)

Für die in den letzten Kapiteln betrachtete Cobb-Douglas-Funktion giltz.B.:

L = C−β

α Q1α und C = L−

αβ Q

1β . (312)

Ist die Produktmenge nicht gegeben und nur der Preis bekannt, so kannanalog zu den Angebotskurven der Grenzerlös den Faktorgrenzkosten gleich-gesetzt werden. Die Faktorgrenzkosten ergeben sich als:

GK(L) =∂(I L)

∂L= I . (313)

Der Erlös ist:

E = P Q (314)

und damit der Grenzerlös eines Faktors:

GE(L) = P∂Q

∂L(L, C) . (315)

Da gelten muss:

GE = GK , (316)

folgt die Marginalbedingung:

P QL = I . (317)

Die Voraussetzung, also die Totalbedingung, muss sein, dass die Firma über-haupt einen Gewinn macht.

Die Bedingung zweiter Ordnung lautet:

P QLL < 0 . (318)

171

Dies gilt für eine neoklassische Produktionsfunktion wie für eine ertragsge-setzliche Produktionsfunktion im Bereich sinkender Ertragszuwächse.

Eine Firma maximiert ihren Gewinn, wenn sie die Einsatzmengen des varia-blen Faktors derart wählt, dass der Grenzerlös gleich den Grenzkosten desFaktors ist.

Daraus folgt die unbedingte Faktornachfragefunktion:

L = L(P, I, C) (319)

Grafisch erhalten wir die Lösung, indem wir die Grenzerlöskurve aufzeichnend.h. die Grenzproduktkurve (Ableitung der Produktionsfunktion) mit demPreis multiplizieren. Diese Funktion gibt zugleich den Faktorpreis an. Aller-dungs nur dann, wenn Gewinn gemacht wird. Überschreitet der Faktorpreisden durchschnittlichen Erlös, so wird Verlust gemacht. Für eine neoklassischeProduktionsfunktion gilt:

E r l ö sL o h n s a t z

A r b e i tP Q L ( G r e n z e r l ö s k u r v e = F a k t o r n a c h f r a g e k u r v e )

I m a x

P Q ( E r l ö s k u r v e )

P ( D u r c h n i t t s e r l ö s k u r v e )QL

Über einem Lohnsatz von Imax ist die Arbeitsnachfrage null. Unter Imax

entspricht der Lohnsatz seinem Grenzerlös. Die Steigung der Faktornachfra-gekurve lässt sich bestimmen über die totale Ableitung der Bedingung ersterOrdnung:

QL dP + P QLL dL = dI . (320)

Für dP = 0 gilt also:

dI

dL= P QLL < 0 . (321)

172

Ein steigender Faktorpreis führt also zu einer sinkenden Faktornachfrage. Beieiner ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion gilt:

E r l ö sL o h n s a t z

A r b e i t

I 0

L 0

E r l ö s k u r v e

D u r c h s c h n i t t s e r l ö s k u r v eF a k t o r n a c h f r a g e f u n k t i o n

G r e n z e r l ö s k u r v e

Über den maximalen Durchschnittskosten des Faktors Arbeit [P QL]max wird

der Faktor nicht nachgefragt, da die Firma einen Verlust machen würde. Erst,wenn der Lohnsatz I0 diesem Wert entspricht, tritt die Firma in den Marktein und fragt die Menge L0 des Faktors Arbeit nach.

Eine Erhöhung des Produktpreises verschiebt alle Kurven proportional nachoben. Steigen Produktpreise und Preis des variablen Faktors proportional,so ändert sich die Faktornachfrage also nicht.

Dies folgt aus:

QL dP + P QLL dL = dI ⇔ I

PdP +

I

QLQLL dL = dI (322)

⇔ dP

P+QLL

QL

dL =dI

I. (323)

Ändern sich P und I um den gleichen Prozentsatz, so ist dL = 0.

4.5.2 Langfristige Faktornachfrage

Die bedingte langfristige Faktornachfragekurve gibt die Höhe der Faktor-nachfrage bei gegebenen Faktorpreisen und gegebener Produktmenge an. In

173

allgemeiner Form lautet sie für den Faktor Arbeit:

L∗ = L∗(I, r, Q) . (324)

Man erhält sie, indem man das kostenminimale Faktoreinsatzverhältnis

I

r=QL

QC(L,C) (325)

in die Produktionsfunktion einsetzt und nach dem betreffenden Produktions-faktor auflöst, also:

L∗

C∗= f(I, r) ⇒ Q = Q[f(I, r), L∗, C∗] (326)

⇒ L∗ = L∗[I, r, Q] . (327)

Für die bisher behandelte Cobb-Douglas-Funktion galt:

C∗ =

β

r

I

]−

αα+β

Q1

α+β , (328)

bzw.

L∗ =

β

r

I

] β

α+β

Q1

α+β , (329)

Die unbedingte langfristige Faktornachfragefunktion:

L∗ = L∗(I, r, P ) (330)

erhält man z.B. wie folgt:

Starten wir von der Gewinnfunktion:

G(L,C) = P LαCβ − I L− r C , (331)

so folgt für die Bedingungen erster Ordnung:

∂G(L,C)

∂L= αP Lα−1Cβ − I = 0 , (332)

∂G(L,C)

∂C= β P Lα Cβ−1 − r = 0 . (333)

Die Bedingung zweiter Ordnung (GLLGCC −GLC GCL > 0) lautet α+β < 1,also sind Niveauertragskurven mit steigenden und konstanten Skalenerträgen

174

nicht erfasst.

Die Rechnung ergibt:

C =[

I

αP Lα−1

] 1β

=[I

α

] 1β

P−1β L

1−αβ , (334)

β P Lα[I

α

]β−1β

P−β−1

β L(β−1)(1−α)

β = r (335)

⇔ L

α+β−1β︷ ︸︸ ︷

α +(β − 1)(1 − α)

β =

[r

β

] [I

α

] 1−β

β

P

−1β︷ ︸︸ ︷

β − 1

β− 1

(336)

⇔ L =

[r

β

] β

α+β−1[I

α

] 1−β

α+β−1

P−1

α+β−1 . (337)

Entsprechend ergibt sich aufgrund der Symmetrie der Funktion (Vertau-schung α↔ β, r ↔ I):

C =[I

α

] αα+β−1

[r

β

] 1−αα+β−1

P−1

α+β−1 . (338)

Die Auswirkungen einer Faktorpreisänderung auf die Faktornachfrage lassensich durch die entsprechenden Elastizitäten beschreiben:

ǫC,r =1 − α

α+ β − 1, (339)

ǫL,r =β

α+ β − 1, (340)

ǫL,I =1 − β

α+ β − 1, (341)

ǫC,I =α

α+ β − 1. (342)

Für α+β < 1 sind die optimalen Faktormengen eindeutig bestimmt. Die Fak-tornachfrageelastizitäten sind dann alle negativ. Steigt der Preis eines Fak-tors, dann geht die Nachfrage nach beiden Faktoren zurück. Für α + β ≥ 1,

175

wenn die Produktionsfunktion also konstante oder steigende Skalenerträgeaufweist, ist die Produktmenge und damit auch die Faktornachfrage unbe-stimmt. Dies gilt aber nur, wenn P konstant bleibt d.h. solange die Firmalediglich Mengenanpasser ist.

5 Unternehmenstheorie

Zur Herstellung von Produktionseinheiten werden Produktionsfaktoren ein-gesetzt. Nach der VWL unterscheidet man den produzierten Faktor Kapitalund die Primärfaktoren Arbeit und Boden (Grundstücke, Bodenschätze) undderen Nutzungen. Was in einem Unternehmen Endprodukt ist, wird in einemanderen Unternehmen als Vorprodukt eingesetzt, ist also gesamtwirtschaft-lich gesehen ein Zwischenprodukt.

Es wird angenommen, dass jede Unternehmung eine Produktionsfunktionbesitzt, die eine technisch effiziente Produktion bei gegebener Betriebsgrößebeschreibt. Technisch effizient bedeutet nicht automatisch ökonomisch effi-zient. Dies wird erst bei der Erlös-Kosten-Analyse festgelegt. Es wird dabeiunterstellt, dass sich die Unternehmung als Mengenanpasser verhält d.h. dassder Preis ein Datum ist. Die Aufgabe ist somit, für jeden Preis die jeweilsoptimale Ausbringungsmenge zu bestimmen.

Man unterscheidet kurzfristige und langfristige Analysen. Während in derlangfristigen Analyse alle Faktoren als variabel angesehen werden und dieBetriebsgröße beliebig variiert werden kann, werden die langfristigen Varia-blen wie Maschinen, Arbeitsverträge, etc. in der kurzfristigen Analyse alsfix angesehen, sie entstehen unabhängig von der Ausbringungsmenge. Einekurzfristige Periode ist so kurz, dass die fixen Faktormengen nicht geändertwerden können, aber nicht so lang, dass sich die Produktionsfunktion durchtechnischen Fortschritt ändern könnte, jedoch mindestens so lang, dass ei-ne Produktion überhaupt stattfinden kann. Im Folgenden werden wir ledig-lich 2 Faktoren betrachten, da sich dann grafische Ableitungen vereinfachen.Manchmal wird angenommen, dass kurzfristig nur ein Faktor variabel ist,langfristig 2 Faktoren, und dass dabei die selbe Produktionsfunktion verwen-det wird.

176

5.1 Produktionsfunktionen

Wir können 3 Arten von Produktionsfunktionen unterscheiden. Die linear-limitationale Produktionsfunktion, bei der für ein Produkt ein festes Fak-toreinsatzverhältnis existiert und die substitionale Produktionsfunktion mitabnehmenden Grenzprodukt, die auch neoklassisch genannt wird, sowie dieertragsgesetzliche Funktion, die einen für sie typischen Verlauf hat: Zunächststeigt das Grenzprodukt des Faktors an aufgrund Massenproduktion und an-schließend fällt die Grenzproduktivität wieder ab z.B. weil sich die Faktorengegenseitig behindern. Die Grenzproduktivität kann sogar negativ werden.Die Klasse der homogenen Funktionen stellt einen wichtigen Sonderfall dar.Aus der Produktionsfunktion ergibt sich durch die Minimalkostenkombina-tion die Kostenfunktion.

Q

v1= Produktivität

= Menge an Q je Einheit von Faktor v1.

v1

Q= Faktor- oder Inputkoeffizient

= Faktormenge v1 je Produktionseinheit Q.

5.1.1 Linear-limitationale Produktionsfunktion

Sie ist charakterisiert durch ein konstantes Faktoreinsatzverhältnis. Die Fak-torkoeffizienten sind somit konstant und die Produktionsmenge wird begrenztdurch den Engpassfaktor.

ai = konst. =vi

Q, Q =

vi

ai.

Q = min{v1

a1,v2

a2} .

Im v1−v2-Diagramm ist sie gekennzeichnet durch eine Gerade durch den Ur-sprung. Werden mehr Faktoreinheiten von einem Faktor eingesetzt bei glei-chem Einsatz von dem anderen Faktor, bleibt die Produktionsmenge kon-stant. Die Isoquanten sind also rechtwinklig. Jedoch allein effizient ist derPunkt B.

177

v 1

v 2

B

B

Das Ertragsgebirge kann man sich wie folgt vorstellen:

v 1

v 2

Q

Die Ertragsfunktion ist zunächst ansteigend bis der Faktor v2 Engpassfaktorwird und bleibt dann konstant.

178

v 1

Q

Q = V 2a 2

Die Grenzproduktivität hat den Wert 1a1

, also die Steigung der Ertragskurvebei partieller Faktorvariation ist konstant und fällt dann auf 0 ab.

v 1

Q 1 , Q V 1

1a 1

QV 1

d Qd V 1

Q =

1a1v1 für v1 ≤ a1

a2v2

Q für v1 ≥ a1

a2v2

∂Q∂v1

=

{1a1

für v1 <a1

a2v2

0 für v1 >a1

a2v2

Die Durschnittsproduktivität ist zunächst 1a1

und fällt dann allmählich ab.Man nennt diese Produktionsfunktion auch Leontief-Funktion. Die kon-stanten Inputkoeffizienten werden auch in der Input-Output-Analyse in der

179

VGR (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung) angewendet.

Es kann sein, dass unterschiedliche Faktoreinsatzverhältnisse zu dem gleichenProduktionsergebnis führen. Wird c% mit Produktion A produziert und (1-c)% mit Produktion B, so bedeutet das, dass eine Linearkombination von Aund B ebenso ein mögliches Faktoreinsatzverhältnis darstellt.

Q1 = min{ v1

a11, v2

a21}, Q2 = min{ v1

a12, v2

a22}.

v1 = c a11 Q1 + (1 − c) a12Q

2

v2 = c a21 Q1 + (1 − c) a22Q

2

c = 1: nur Produktionsapparat Q1

c = 0: nur Produktionsapparat Q2

v 1

v 2

BA

Die Isoquanten sehen dann aus wie in der Abbildung. Bei mehreren verschie-denen Produktionsprozessen (siehe nächste Abbildung) hat man mehrere Li-nearkombinationen. Man erkennt, dass nur der innere Polygonzug effizientist, denn die Linearkombination A und C kann durch andere Faktormengeneffzienter hergestellt werden.

Durch unendlich viele Produktionsverfahren gleicht sich der Polygonzug einersubstitionalen Produktionsfunktion an.

180

v 1

v 2

A

CB

5.1.2 Linear-limitationale Mehrgüterproduktion

T r a n s f o r m a t i o n s - k u r v e

v 3v 2 v 1

Q 1

Q 2

Es werden bestimmte Faktormengen auf einzelne Prozesse aufgeteilt. Bsp.das Gut Q1 und ein anderes Gut Q2 werde produziert. Jedes Gut hat eigeneFaktorkoeffizienten. Somit gelten folgende Ungleichungen:

a11Q1 + a12 Q

2 ≤ v1 , Q1 ≥ 0 , (343)

a21Q1 + a22 Q

2 ≤ v2 , Q2 ≥ 0 , (344)

a31Q1 + a32 Q

2 ≤ v3 . (345)

181

Für lineare Funktionen lassen sich die Geraden in einem Diagramm auftra-gen. Daher wird die mögliche Produktionsmenge durch die Geraden begrenztEffizient ist einzig allein der äußere Polygonzug. Die Produktionspläne, diesich ergeben, werden durch die so genannte Transformationskurve bestimmt.

5.1.3 Die neoklassische Produktionsfunktion

Für substitionale Produktionsfunktionen mit konvexen Isoquanten ist dieProduktionsfunktion streng-konkav d.h. die Grenzporduktivitäten sind posi-tiv:

f1 =∂Q

∂v1> 0 (346)

und die zweite Ableitung ist negativ:

f11 =∂2Q

∂v21

< 0 . (347)

v 1

v 2

QI s o q u a n t e n

Ebenso ist die Kreuzgrenzproduktivität positiv, da die Grenzproduktivitätbei steigendem Faktoreinsatz von v2 für v1 steigt.

f12 =∂2Q

∂v1∂v2> 0 . (348)

182

v 1

Q Q = f ( v 1 , v 2 )

Q = f ( v 1 , v 2 )

v 2 > v 2

Die Produktionselastizität lässt sich wie folgt bestimmen:

ǫQ,v1 =∂Q

∂v1

v1

Q. (349)

Für eine neoklassische Funktion ist sie immer kleiner 1.

v 1

Q

a

bv 1

Die Cobb-Douglas-Funktion ist ein Vertreter dieser Produktionsfunktio-nen. Sie lautet:

Q = Avα1 v

β2 A > 0, 0 < α < 1, 0 < β < 1 . (350)

183

∂Q

∂v1= αB vα−1

1 mit B = A vβ2 (351)

Q

v1= B vα−1

1 (352)

ǫQ,v1 =αB vα−1

1

B vα−11

= α < 1 . (353)

Die Isoquanten ergeben sich bei Q = konst. als

v2 =

(Q

A

) 1β

v−

αβ

1 . (354)

Die Grenzrate der Substitution ist wie bei Nutzenfunktionen gegeben:

dv2

dv1= −α

β

(Q

A

) 1β

v−

α+ββ

1 (355)

Sie ist für konkave Produktionsfunktionen negativ.

Ersetzt man Q durch Q = Avα1 v

β2 , so folgt:

dv2

dv1= v2 v

αβ

1 − α

βv−

αβ

1 v−11 (356)

= −αβ

v2

v1. (357)

Bei einer Cobb-Douglas-Technologie hängt die Grenzrate der technischenSubstitution neben dem reziproken Verhältnis der Produktionselastizitätennur noch vom Faktoreinsatzverhältnis, der Faktorintensität

(v2

v1

)ab.

v 1

v 2

v 2v 1( ) = k o n s t .

184

Das bedeutet, dass auf einer Ursprungsgeraden im v1 − v2-Diagramm dieGrenzrate der technischen Substitution immer konstant ist, die Isoquantenin diesen Punkten also dieselbe Steigung haben.

Aufgrund Q = konst.⇒ dQ = f1 dv1 + f2 dv2 = 0

folgt

dv2

dv1

= −f1

f2

. (358)

5.1.4 Neoklassische Mehrgüterproduktion

Angenommen, man habe zwei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen

Q1 = vα11 vβ1

2 Q2 = vα21 vβ2

2 . (359)

Es ist zu zeigen, welche Möglichkeiten der effizienten Produktion der Güter1 und 2 der Unternehmung offenstehen. Gesucht ist also die Transformati-onskurve für diese Entscheidungssituation.

Ein geometrisches Verfahren zur Bestimmung der Transformationskurve wur-de von Savornik entwickelt. Dazu werden im 4. Quadranten die Isoquantenaufgetragen, im 1. und 3. Quadranten die Niveauproduktionsfunktionen. Ei-ne Niveauproduktionsfunktion ergibt sich bei totaler Faktorvariation, wennsich die Faktormengen proportional ändern. Genau genommen gilt diese Ab-leitung daher nur für konstante Faktoreinsatzverhältnisse (konstante Fakto-rintensität). Dann ergibt sich im 2. Quadranten die Transformationskurve.Im Allgemeinen liegt die Faktorintensitätskurve für homogene Kurven aufeiner Geraden. Auch in der Edgeworth-Box ist dies eine Gerade, wenn dieSteigungen dv2

dv1= −α1

β1

v2

v1= −α2

β2

v2

v1gleich ist d.h. wenn α1

β1= α2

β2.

Die Isoquanten für Q1 werden von unten links aufgetragen und die Isoquan-ten für Q2 von oben rechts aus. Die Schnittpunkte liegen aufgrund α1

β1= α2

β2

auf der Faktorintensitätslinie. Die Schnittpunkte lassen sich übertragen überdie Niveauproduktionsfunktionen, bei denen v1

v2= konst. angenommen wird,

und ergeben die Transformationskurve.

Q = Avα1 v

β2 (360)

185

v 2

v 1Q 1

Q 2

CD

v 1

v 2

N i v e a u p r o d u k t i o n s -f u n k t i o n

N i v e a u p r o d u k t i o n s -f u n k t i o n

T r a n s f o r m a t i o n s k u r v e

v 2v 1( ) = k o n s t .

λhQ = λα+β Avα1 v

β2 = λα+β Avα+β

1

(v2

v1

(361)

⇒ λhQ = λα+β A vα+β1 . (362)

Für α1

β16= α2

β2gilt v2

v16= konst., so dass man hier anders vorgehen muss.

Die Niveauproduktionsfunktionen ergeben sich nur dann in Abhängigkeit vonnur einem Faktor, wenn v1

v2= konst.. Daher wird bei α1

β16= α2

β2die Lösung

entlang der Isoquanten zunächst auf die fiktive Faktorintensitätslinie mitv1

v2= konst. übertragen und dann erst auf die Niveauproduktionsfunktionen.

Die Gestalt der Transformationskurve hängt bei gegebener konstanter Fak-torintensität nur von den Skalenerträgen in beiden Produktionen ab. Sie istkonkav, wenn in beiden Produktionen sinkende Skalenerträge vorliegen oderin einer Produktion konstante und in einer anderen sinkende Skalenerträgezu beobachten sind. Sie ist linear, wenn die Skalenerträge überall konstantsind (nur α = β!). Sie ist konvex, wenn beide steigen oder eine steigt, die

186

Q 1

Q 2

C

DD ' '

D '

C ' 'C '

v 2v 1( ) = k o n s t .

v 2

v 1

v 1

v 2

andere konstant ist. Sie ist S-förmig. wenn eine steigt, die andere fällt.

5.1.5 Die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion

Kennzeichnend für sie ist, dass zunächst steigende Grenzproduktivität vor-liegt und dann die Grenzproduktivität abfällt. Zur konstanten Ausweitungder Produktion bedarf es zunächst unterproportional steigender Faktorzu-wächse und im Bereich nach dem Wendepunkt W überproportional steigen-der Faktorzuwächse. Die Ertragsfunktion sieht wie folgt aus:

187

v 1

v 2

Q

v 1v 1

v 2

v 2

v 1

Q

W p

W p

f11 = ∂2Q∂v2

1=

{> 0 für v1 < vWp

1

< 0 für v1 > vWp1

f1 ≥ 0

Im Bereich negativer Grenzerträge kommt es aufgrund dv2

dv1= −f1

f2zu einer

positiven Steigung der Isoquanten.

Der Bereich effizienter Faktorallokation wird durch die beiden Linien be-schränkt. Oberhalb von D oder rechts von C muss zur gleichen Produktionmehr an v1 eingesetzt werden bei v2 = konst.. Dies kann nicht mehr effizientsein.

Für die Sato-Funktion Q =v21 v2

2

v31+v3

2gilt mit

f1 =2 v1 v

52 − v4

1 v22

(v31 + v3

2)2

, (363)

188

v 1

v 2 f 1 > 0f 2 > 0

f 2 > 0

f 1 > 0f 2 < 0

f 1 < 0v 2

v 1 v 1

DC

f2 =2 v2 v

51 − v4

2 v21

(v31 + v3

2)2

. (364)

f1 > 0 für v32 > v3

112⇔ v2 > v1

1

213

(1)

f2 > 0 für v32 < v3

1 2 ⇔ v2 < v1 213 (2)

Das Gebiet wird also durch die beiden Geraden (1) und (2) abgegrenzt.

v 1

v 2 f 1 > 0f 2 > 0

f 2 < 0

f 1 < 0

v 2 = v 1 23

v 2 = v 1

23

Nur in diesem Bereich ist die Produktionsfunktion effizient, so dass nur indiesem Bereich Faktorallokation Sinn macht.

189

Das klassische Ertragsgesetz ist durch 4 Bereiche gekennzeichnet:

v 1

Q

v 1

d Qd v 1

Qv 1

A

BC

I I I I I I I V G r e n z e r t r a g s f u n k t i o n

D u r c h s c h n i t t s e r t r a g s f u n k t i o n Qv 1

d Qd v 1

Bereich I II III IVGesamtertrag steigend steigend steigend fallendGrenzertrag steigend fallend fallend negativDurchschnittsertrag steigend steigend fallend fallendProdukt.-elastizität > 1 > 1 < 1 < 0

Der Punkt B ist zugleich Tangentialpunkt der partiellen Ertragsfunktionauf jener Niveauproduktionsfunktion, bei der das Faktoreinsatzverhältnis desProduktionsplans B konstant gehalten wird. Das bedeutet, dass im BereichI und II die Ertragskurve unterhalb dieser Geraden ist. Es wird mehr v2 ein-gesetzt als nötig. Mit einer geringeren Menge dieses Faktors könnte man denOutput steigern.

190

v 1

Q v 2

v 2

N i v e a u p r o d u k t i o n s -k u r v e

v 1 v 1

v 2

v 2

f 1

In den Bereichen I und II hat Faktor 2 eine negative Produktionselastizität.Die Produktionspläne dieser beiden Bereiche sind technisch ineffizient. ImBereich IV ist die Grenzproduktivität von Faktor 1 negativ. Entscheidendist der Tangentialpunkt von partieller Ertragsfunktion und Niveauprodukti-onsfunktion. Bei steigenden Skalenerträgen (die Steigung der Niveauproduk-tionsfunktion nimmt zu) beginnt der technisch effiziente Bereich schon vordem Punkt B, während bei sinkenden Skalenerträgen der technisch ineffizi-ente Bereich über den Punkt B hinausreicht.

5.1.6 Vollkommen substitionale Produktionsfunktionen

Bei vollkommen substitionaler Produktionsfunktion ist es möglich, das Pro-dukt mit nur einem der zur Auswahl stehenden Produktionsfaktoren herzu-stellen. Außerdem ist die Grenzrate der technischen Substitution konstant.Bsp. für eine solche Funktion ist

Q =m∑

i=1

ai vi wie Q = v1 + 2 v2 , (365)

Möglich ist auch eine streng konkave Produktionsfunktion

Q =m∑

i=1

Ai vαii , 0 < αi < 1 . (366)

191

v 1

v 2

v 1

v 2

Q

Ein Maß für die Substitutionsfähigkeit ist die Substitutionselastizät σ. Sieist definiert als relative Veränderung des Faktoreinsatzverhältnisses (Fakto-rintensität) im Verhältnis zur relativen Veränderung der Grenzrate der Sub-stitution.

σ =d(

v2

v1

)dv2

dv1

d(

dv2

dv1

)v2

v1

. (367)

Später werden wir sehen, dass dv2

dv1= f1

f2, also:

σ =d(

v2

v1

)f1

f2

d(

f1

f2

)v2

v1

. (368)

v 1

v 2

b

b '

a 'a

PQ

σ =dtan(β)/tan(β)

dtan(α)/tan(α)

192

Bei höherer Krümmung der Kurve ist σ kleiner, da sich der Winkel tan(α)stärker ändert. Grenzwerte sind σ = ∞ für Krümmung null bei vollkomme-ner Substitution und theoretisch Krümmung unendlich bei einem Knick mitσ = 0 bei vollständig komplementären Faktoren:

v 1

v 2

s = 0

s = 0 < s <

Bei einer Substitutionselastizität größer als 1 ist die relative Änderung derFaktorintensität größer als die relative Änderung der Grenzrate der techni-schen Substitution. Daraus folgt, dass die Isoquante die Achsen schneidet.Es handelt sich deshalb um alternative Substitution. Bei σ = 1 laufen dieIsoquanten asymptotisch auf die Achsen zu. Bei σ < 1 handelt es sich umperiphere Substitution d.h. es wird eine Mindestmenge der Faktoren benötigt.

v 1

v 2

s > 1

v 1

v 2

s = 1

v 1

v 2

s < 1

193

Für die Cobb-Douglas-Funktion gilt:

dv2

dv1= −f1

f2= −α

β

v2

v1, d

(dv2

dv1

)= −α

βd(v2

v1

), (369)

σ =d(

v2

v1

)

v2

v1

−αβ

v2

v1

−αβd(

v2

v1

) = 1 . (370)

5.1.7 Die CES-Funktion

Die Produktionsfunktionsklasse „CES“ (constant elasticity of substitution)umfasst die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit σ = 1 als auch dieLeontief-Produktionsfunktion mit σ = 0.

Eine allgemeine Gleichungen für CES-Funktionen lautet:

Q = A[α v−ρ

1 + (1 − α) v−ρ2

]−

1ρ , A > 0 , 0 < α < 1 . (371)

Sie ist homogen vom Grad 1. Die Grenzproduktivitäten sind:

∂Q

∂v1=

α

(Q

v1

)ρ+1

> 0 , (372)

∂Q

∂v2=

1 − α

(Q

v2

)ρ+1

> 0 . (373)

Es ist σ = 11+ρ

bzw. ρ = 1−σσ

. Die technische Substitutionsrate ist:

GRS =α

1 − α

(v2

v1

)ρ+1

. (374)

Für ρ > −1 nimmt die GRS ab und die Isoquanten sind konvex. Der jeweiligeVerlauf der konvexen Isoquanten, die eine CES-Funktion erzeugt, hängt vonσ ab.

Fall (1) σ → 0 , ρ→ ∞:

Die GRS strebt gegen null, es findet keine Substitution mehr statt. Die Krüm-mung der Isoquanten nähert sich einem rechten Winkel.

194

Fall (2) 0 < σ < 1 , ρ > 0:

Es gilt

(Q

A

)−ρ

= α v−ρ1 + (1 − α) v−ρ

2 = K , (375)

wobei K eine Konstante für die Isoquanten darstellt. Die Isoquante schnei-det nicht die Achsen, da bei v1 → 0 entsprechend a v−ρ

1 → ∞ ist und Kals Beschränkung dies nicht möglich machen würde. Die Isoquante verläuftasymptotisch zu:

v1 =(K

α

)−1ρ

bzw. v2 =

(K

(1 − α)

)−

. (376)

Fall (3) σ = 1 , ρ = 0:

Für σ = 1 wird die CES zur Cobb-Douglas-Funktion. Aufgrund ρ = 0kann anhand der Funktion keine Entscheidung getroffen werden, da (375) zueiner Identität wird. Man kann aber mit der Regel von L’Hospital vorgehen.Es gilt:

ln(Q) − ln(A) =−ln

[α v−ρ

1 + (1 − α) v−ρ2

]

ρ=h(ρ)

g(ρ)(377)

h′(ρ) =α v−ρ

1 ln(v1) + (1 − α) v−ρ2 ln(v2)

α v−ρ1 + (1 − α) v−ρ

2

da v−ρ = e−ρ ln(v) (378)

konvergiert gegen α ln(v1) + (1−α) ln(v2) bei ρ→ 0. Nach der Regel von L’

Hospital gilt:

a = limz→b

h′(z)

g′(z)= lim

z→b

h(z)

g(z)(379)

so dass damit:

ln(Q) − ln(A) = α ln(v1) + (1 − α) ln(v2) ⇔ Q = Avα1 v

1−α2 (380)

Fall (4) σ > 1 , −1 < ρ < 0:

195

Die Exponenten von (375) sind positiv. Die Isoquanten werden beide Achsen

schneiden. Ist v1 = 0, so ist v2 =(

K(1−α)

)−

1ρ und für v2 = 0 entsprechend

v1 =(

)−

1ρ .

Fall (5) σ → ∞ , ρ→ −1:

Beim Grenzübergang werden die Exponenten beider Ausdrücke auf der lin-ken Seite von (375) gleich 1 und die Isoquanten sind gerade Linien. In diesemGrenzfall sind die Faktoren vollständig substituierbar.

Wie sich zeigen lässt, ist die Grenzrate der technischen Substitution dv2

dv1= f1

f2,

also:

α

1 − α

(v2

v1

) 1σ

=f1

f2(381)

Somit ist

v2

v1= a

(f1

f2

(382)

Obwohl die CES-Funktion mühselig anzuwenden ist, ist die GRS einfach. MitHilfe der Regressionsanalyse kann man (382) identifizieren. Sind v1 und v2

Arbeit und Kapital, dann zeigt (382), wie sich das Kapital-Arbeitsverhältnisfür ein bestimmtes Gut verschiebt, wenn sich das Verhältnis Lohn-Rente än-dert.

5.2 Totale Faktorvariation

Neben den Ertragskurven bei partieller Faktorvariation kann man sämtlicheFaktoren variieren (totale Faktorvariation). Dabei werden sämtliche Faktorenmit einem µ-Wert simultan gesteigert. Funktionen, die ein konstantes Ver-hältnis der Produktionserhöhung bei Steigerung sämtlicher Faktoren haben,heißen homogen.

Es kann somit gelten bei Niveauvariation:

Q(µ v1, µ v2) = µhQ(v1, v2) . (383)

196

Für den Fall h = 1 handelt es sich um eine linear homogene Funktion mitkonstanten Skalenerträgen. Für h > 1 spricht man von steigenden Skalener-trägen. Für h < 1 spricht man von fallenden Skalenerträgen. Die Skalenelas-tizität wir bestimmt durch:

ǫ(Q, µ) =

(∂Q

∂µ

Q= hµh−1 Qµ

µhQ= h . (384)

Somit entspricht die Skalenelastizität dem Homogenitätsgrad.

Die Inputkoeffizienten sind:

ai =vi

Qalso ai(µ) =

µ vi

Q(µ vi)=

µ vi

µhQ(vi)= µ1−h ai (385)

Somit

∂ai(µ)

∂µ= (1 − h)µ−h ai

> <= 0 für h = 1< >

(386)

Bei steigenden Skalenerträgen fallen die Inputkoeffizienten, d.h. es würdenprozentual weniger Faktoren eingesetzt für eine höhere Produktionseinheit.

Für die Cobb-Douglas-Funktion ist die Skalenelastizität gleich der Summeaus den Produktionselastizitäten:

Q = Avα1 v

β2 ⇒ (µQ) = A (µ v1)

α (µ v2)β (387)

= µα+β Q . (388)

Also ist h = α + β. Für α + β > 1 hat man steigende Skalenerträge, fürα+ β = 1 konstante Skalenerträge und für α+ β < 1 fallende Skalenerträge.

197

Die Niveauproduktionsfunktionen lassen sich einteilen in:

Q

m

d Q

m

d mh = 1

Q

m

d Q

m

d m

h > 1

Q

m

d Q

m

d m

h < 1

Niveauertragskurve Niveaugrenzertragskurve

Die Skalenelastizität misst die prozentuale Zunahme der Ausbringungsmengeinfolge einer prozentualen Änderung des Produktionsniveaus:

ǫ(Q, µ) =

dQQdµµ

. (389)

198

Qh = 1

h < 1

h > 1

v 1 v 2/

Bei einer Niveauvariation werden die Faktoren v1 und v2 jeweils um µ erhöht.

v 1

v 2

v 2

v 1

D

D

mmD

Q

Q

Aufgrund des Strahlensatzes gilt:

∆µ

µ=

∆v1

v1=

∆v2

v2⇔ dµ

µ=dv1

v1=dv2

v2. (390)

199

Für homogene Funktionen gilt somit immer:

Die Skalenelastizität ergibt sich aus der Summe der Produktionselastizitäten.

dQ =∂Q

∂v1dv1 +

∂Q

∂v2dv2 , (391)

dQ

Q=

∂Q

∂v1

dv1

v1

v1

Q+∂Q

∂v2

dv2

v2

v2

Q. (392)

Mit dv1

v1= dv2

v2= dµ

µfolgt:

dQ

Q

µ

dµ=∂Q

∂v1

v1

Q+∂Q

∂v2

v2

Q(393)

und somit:

ǫ(Q, µ) = ǫ(Q, v1) + ǫ(Q, v2) . (394)

Dies gilt für Niveauvariation, wenn alle Faktoren um dµ gesteigert werden.

Bsp.: Cobb-Douglas-Funktion mit h = α + β:

∂Q

∂v1= αAvα−1

1 vβ2 ,

∂Q

∂v2= β A vα

1 vβ−12 (395)

⇔ (α + β)Avα1 v

β2 = αAvα−1

1 vβ2 v1 + β A vα

1 vβ−12 v2 (396)

Ist die Produktionsfunktion homogem von Grade h, so sind die Grenzpro-duktivitäten als Funktion von v1, v2 homogen vom Grade h− 1.

Bsp.:

∂Q(µ v1, µ v2)

∂v1= µh ∂Q(v1, v2)

∂v1(397)

⇔ µ∂Q(µ v1, µ v2)

∂(µ v1)= µh ∂Q(v1, v2)

∂v1(398)

⇔ ∂Q(µ v1, µ v2)

∂(µ v1)= µh−1 ∂Q(v1, v2)

∂v1

(399)

Für homogene Funktionen vom Grad 1 sind die Grenzproduktivitäten somitvom Grad null.

200

Für die technische Subsitutionsrate ergibt sich folgende Lösung:

dv2

dv1

= −f∗

1

f ∗

2

= −µh−1

µh−1

f1

f2

= −f1

f2

(400)

Daraus folgt für homogene Funktionen:

Da die Niveauvariation durch ein konstantes Faktoreinsatzverhältnis µ v2

µ v1=

v2

v1= konst. gegeben ist, ist die Niveaukurve in der v1 − v2−Ebene eine

Gerade. Auf dieser Geraden sind sämtliche Substitutionsraten identisch. ImSchnittpunkt dieser Geraden mit den Isoquanten haben die Isoquanten im-mer die selbe Steigung. Man kann auch sagen, dass das Verhältnis der Grenz-produktivitäten proportional von der Faktorintensität v2

v1abhängt.

Man kann sich dies auch grafisch verdeutlichen:

v 2

QQ

QA

BC

v 1

Eine Skalenelastizität > 1 bedeutet, dass die Abstände der Produktionsnive-aus immer enger werden.

201

v 2

Q = 2Q = 3

Q = 1

Q = 4

v 1

während bei einem Homogenitätsgrad h < 1 die Abstände immer größerwerden. Dies wird einem klar, wenn man sich das (Produktions-)Gebirgevorstellt.

Q

v 1 v 2/11111

v 2

Q = 2Q = 3

Q = 1

Q = 4

v 1

Für die Cobb-Douglas-Funktion gilt:

f1

f2

= −dv2

dv1

β

v2

v1

=q1q2

(401)

Der Expansionspfad ist somit durch die implizite Funktion:

β q1 v1 − α v2 q2 = 0 (402)

gegeben.

202

Der Expansionspfad definiert die Miminmalkostenkombination. Wir wissen,dass die Steigung der Isoquanten gleich dem Verhältnis der Grenzproduk-tivitäten, respektive bei homogenen Funktionen proportional zum Faktor-einsatzverhältnis, ist. Und da das Verhältnis der Grenzproduktivitäten auchgleich dem Faktorpreisverhältnis ist (aufgrund der Annahme der Gewinnma-ximierung), muss der Expansionspfad genau wie bei einer Niveauvariation inder v1 − v2-Ebene eine Gerade sein.

Für linear-homogene Funktionen (h = 1) gilt, dass die Grenzproduktivitäthomogen vom Grade null ist. Auf einem Strahl durch den Ursprung ist dieGrenzproduktivität somit konstant.

Die homothetische Funktion ist ein Sonderfall. Man kann sie als Allgemeinfallansehen. Zunächst ist sie konvex, dann konkav.

Q = Q(V ) = F (H(V )) (403)

F (z)∣∣∣ F (0) = 0 , F (1) = 1 , F ′ > 0 für z > 0F ′′ > 0 für 0 < z < z∗ , F ′′ < 0 für z∗ < z < z∗∗

(404)

Q

m

h > 1

h < 1 d Q

m

d m

Zunächst fallen die Inputkoeffizienten, da h > 1, dann fallen die Skalenerträ-ge (h < 1) und die Inputkoeffizienten steigen. Wenn die Skalenerträge fallen,

203

dann wird weniger produziert, aber für die gleiche Mengeneinheit mehr Fak-toreinsatz benötigt. Da die Inputkoeffizienten vi

Qden Faktoreinsatz für eine

Produktionseinheit angeben, steigen die Inputkoeffizienten. Die homotheti-sche Funktion ist somit das „Ertragsgesetz“ für Niveauvariaton.

Auch bei homothetischen Funktionen ist die Faktorintensität konstant unddie Niveaukurve im v1 − v2-Diagramm eine Gerade.

5.3 Kosten

5.3.1 Kurzfristige Kostenfunktionen

Es werden kurzfristige Kostenfunktionen und langfristige Kostenfunktionenunterschieden. Zur Erleichterung der Vorstellung wird bei vielen Autorenangenommen, dass in der kurzfristigen Analyse nur ein Faktor variabel ist,d.h. Q(v1, v2). Die Kostenfunktion ergibt sich somit sehr einfach über dieErtragskurve, indem die Faktormenge mit dem Faktorpreis multipliziert wirdund die fixen Kosten hinzuaddiert werden.

K(Q) = q1 v1(Q) + q2 v2 = q1 v1(Q) + F . (405)

Der Graph wird somit um die 45◦-Achse gespiegelt. Fallende Grenzerträgebedeuten somit steigende Kosten.

Bsp.: Die neoklassische Funktion:

204

Q

v 1 Q

K

F

Es gibt folgende wichtige Begriffe:

• Totale Durchschnittskosten: DTK =q1 v1

Q+F

Q.

• Durchschnitt der variablen Kosten: DVK =q1 v1

Q.

• Grenzkosten: GK =∂K

∂Q.

• die durchschnittlichen Fixkosten: DFK =F

Q.

Somit lassen sich für die einzelnen Ertragskurven folgende Kostenkurven be-stimmen:

5.3.2 Die linear-limitationale Produktionsfunktion

Die durchschnittlichen Fixkosten werden immer kleiner, da die Fixkostenauf eine immer größer werdende Produktionsmenge umgelegt werden. Dadie Kostenkurve bis zum Punkt B eine konstante Steigung besitzt, sind diedurchschnittlichen variablen Kosten und die Grenzkosten positiv und kon-stant. Die totalen durchschnittlichen Kosten liegen um DFK über der DVK-Kurve. Ab dem Punkt B macht die Verwendung des Faktors v1 keinen Sinn

205

Q

v 1 Q

K

F

B

Q

K G K

D F K

D V KD T K

G K , D V K

mehr, die Kosten steigen sprunghaft an. Dort ist die Produktion ineffizient,da v1 gar nicht verwendet wird.

5.3.3 Die neoklassische Funktion

Die Grenzkosten sind steigend, die durchschnittlichen variablen Kosten neh-men ebenfalls zu, sind jedoch kleiner als die Grenzkosten, da tan(β) < tan(α).Die durchschnittlichen Fixkosten sind zunächst ∞, da sich die konstantenFixkosten auf eine minimale Ausbringungsmenge umlegen, dann schmiegensie sich an die Abszisse an. Aufgrund DTK=DVK+DFK ist die DTK-Kurveimmer größer als die DVK-Kurve und läuft bei Q → ∞ asymptotisch gegendie DVK-Kurve.

Q

v 1 Q

K

Fb

a

Q

K

D T K

D F K

D V KG K

206

5.3.4 Ertragsgesetzliche Funktion

Q

v 1 Q

K

F

B

Q

K G K

D F K

D V K

D T K B

Wie sonst liegen die DTK über den DVK und DFK. Im Punkt B hat dieKostenkurve eine Steigung, die gleich den durchschnittlichen variablen Kos-ten ist. Links von B sind die Grenzkosten kleiner als die durchschnittlichenvariablen Kosten. Rechts von B umgekehrt, d.h. die Grenzkosten sind größerals die DVK. Im Punkt B haben die Grenzkostenkurve und die DVK-Kurveeinen gemeinsamen Punkt. Dieser Kostenverlauf wird als typisch angesehen.Die Auswirkungen auf die Angebotsfunktion werden sich später zeigen.

5.3.5 Bestimmung der konstenminimalen Menge

Da es sich jedoch anbietet, mit 2 Faktoren auch in der kurzfristigen Analysezu arbeiten, lauten bei manchen Autoren die kurzfristigen Kosten wie folgt:

K(v1, v2, F ) = q1 v1 + q2 v2 + F . (406)

Die Kostenkurve K(Q) ergibt sich folgendermaßen. Für eine gegebene Pro-duktionsmenge Q = f(v1, v2) sollen die Kosten minimiert werden.

Die Lagrange-Funktion lautet:

L = K(v1, v2, F ) + λ (Q− f(v1, v2)) → min . (407)

Daraus ergeben sich die Bedingungen 1. Ordnung:

L1 = q1 − λ f1 = 0 , (408)

L2 = q2 − λ f2 = 0 , (409)

Lλ = Q− f(v1, v2) = 0 , (410)

207

woraus folgt:

⇒ q1q2

=f1

f2

, λ =q1f1

=q2f2

. (411)

Die Steigung der Isoquanten dv2

dv1= −f1

f2ist gleich dem reziproken Preisver-

hältnis der Faktoren:

dv2

dv1

= −q1q2. (412)

ist gleich dem Grenzertrag des Geldes:

f1

q1=

Grenzertrag des Faktors 1zusätzliche Faktoreinheitzusätzlicher Geldbetragzusätzliche Faktoreinheit

= Grenzertrag des Faktors 1zusätzlicher Geldbetrag

208

Es lassen sich mehrere Interpretationen geben:

• Der Grenzertrag des Geldes ist für jeden Faktor gleich: f1

q1= f2

q2. Ist dies

nicht der Fall, so erzielt das Geld in der alternativen Verwendung einenhöheren Ertrag und die Ausgaben für die Faktoren sollten umgeschich-tet werden.

• die Faktorgrenzkosten sind gleich ∂v1

∂Qq1 = ∂v2

∂Qq2. Dies ist der zusätzliche

Faktoreinsatz, der notwendig ist, um eine weitere Ausbringungseinheitherzustellen multipliziert mit den Kosten des Faktors.

Bei alternativ substituierbaren Produktionsfaktoren schneiden die Isoquan-ten die Achsen. Daher ist dort auch eine Randlösung möglich. Hierbei sinddie Optimalitätsbedingungen nicht erfüllt. Es gilt z.B.: ∂v1

∂Qq1 >

∂v2

∂Qq2, somit

wird nur Faktor 2 in der Produktion verwendet, da der Faktor 1 gemessenan seiner Produktivität zu teuer ist. Auch bei Nebenbedingungen als Unglei-chungen (wie v1 ≥ 0, v2 ≥ 0) kann es sein, dass die Optimalitätsbedingung imersten Quadranten nicht erfüllt ist. Dann ist auch eine Randlösung möglich.Dann gelten die Kuhn-Tucker-Bedingungen: [λ− qi

fi] vi = 0 mit λ ≤ qi

fiund

vi ≥ 0 für i = 1, 2.

Man kann sich dies auch im Graph verdeutlichen:

v 1

v 2

E x p a n s i o n s p f a d

K - F

K - Fq 2

q 1

K = q1 v1 + q2 v2 + F , (413)

209

v2 =K − F

q2− q1q2v1 , (414)

1 =v1

K−Fq1

+v2

K−Fq2

. (415)

Bei einer Steigerung von q1 verschiebt sich der Abszissenabschnitt nach in-nen. Gleichzeitig erhöht sich die Kostensumme. Somit verschiebt sich derOrdinatenabschnitt ebenso ein wenig nach außen.

Im Optimum geht es darum, dass die Kostenkurve die Isoquante tangiert.Somit:

dv2

dv1

= −f1

f2

= −q1q2. (416)

Die Gesamtheit aller kostenminimierenden Faktorkombinationen sind durchden Expansionspfad bestimmt. Er ergibt sich aus den Bedingungen 1. Ord-nung, indem die Zuordnung zwischen v1 und v2 gewonnen wird. Der Ex-pansionspfad einer homogenen oder homothetischen Funktion ist immer eineUrsprungsgerade.

Bsp. für Cobb-Douglas-Funktion:

Q = Avα1 v

β2 , (417)

L = q1 v1 + q2 v2 + F + λ(Q− Avα1 v

β2 ) , (418)

∂L

∂v1= q1 + λ(−Aαvα−1

1 vβ2 ) = 0 (419)

⇔ q1 + λ (− Q

v1α) = 0 , (420)

∂L

∂v2

= q2 + λ (− Q

v2

β) = 0 , (421)

∂L

∂λ= Q− Avα

1 vβ2 = 0 , (422)

q1q2

β

v2

v1

, (423)

oder v2 = βαv1

q1

q2= c v1, da β

αq1

q2= konst.

210

Die kostenminimierende Faktorkombination lautet:

Q = Avα1 v

β2 = Avα

1 cβ vβ

1 = Avα+β1 cβ , (424)

v∗1 =

(Q

Ac−β

) 1α+β

, v∗2 =

(Q

Acα) 1

α+β

. (425)

Für α + β = 1 folgt:

v∗1 =Q

Acα−1 , v∗2 =

Q

Acα . (426)

Die Kostenfunktion wird aus den Bedingungen 1. Ordnung ermittelt, indemv∗1 und v∗2 in die Funktion K(v1, v2, F ) eingesetzt wird. Für (α + β = 1)erhalten wir:

K(Q) = (q1 cα−1 + q2 c

α)Q

A+ F . (427)

Für α = β = 12

ergibt sich z.B. mit c = 1/21/2

q1

q2= q1

q2:

K(Q) =

q1

(q1q2

)−1/2

+ q2

(q1q2

)1/2 Q

A+ F (428)

= 2√q1 q2

Q

A+ F . (429)

Allgemein lautet die Kostenfunktion einer Cobb-Douglas-Funktion:

K(Q) = (α + β)A−1

α+β

(q1α

) αα+β

(q2β

) βα+β

Q1

α+β + F . (430)

Aus Q = Avα1 v

β2 und v2

v1= β

αq1

q2folgt:

v1 =(Q

A

) 1α+β

(q1α

) −βα+β

(q2β

) βα+β

. (431)

Für α + β = 1 gilt insbesondere:

K(Q) = a qα1 q

β2 Q+ F . (432)

211

Für homogene Funktionen nehmen die variablen Kosten K = q1 v1 + q2 v2

mit Q homogen zu, d.h. K steigert sich um µ und Q um µh. Somit wächstK gemessen an Q homogen vom Grad 1

h.

• Ist h > 1, dann hat die Kostenfunktion fallende Grenzkosten 1h< 1.

• Ist h < 1, dann hat die Kostenfunktion steigende Grenzkosten 1h> 1.

• für h = 1 sind die Grenzkosten konstant.

Somit kann alles, was wir über homogene Funktionen kennen, auf die Kos-tenfunktionen übertragen werden.

Charakteristika der Prod.-Funktion Verlauf der Verlauf derNiveauprod.-fkt. Kostenfkt.

konstante konstanteGrenzerträge Skalenerträge

Q = a v1 Q = a v1/21 v

1/22

linear linearzunehmende steigendeGrenzerträge Skalenerträge

Q = a v21 Q = a v2

1 v2

überlinear unterlinearabnehmende sinkendeGrenzerträge Skalenerträge

Q = a v1/21 Q = a v

1/31 v

1/42

unterlinear überlinearerst zu- dann erst steigende, dannabnehmende sinkendeGrenzerträge Skalenerträge

Q =a v2

1

v31+a

Q = 12v21 v

22 − 1

4v31 v

32

ertragsges. ertragsges.

1 Faktor 2 Faktoren Q = Q(v1) K(Q) = VK + FK

212

Für die einzelnen Funktionen lassen sich die Gesetzmäßigkeiten aufstellen.1) linear homogen (DVK=GK):

Q

K

F

Q

K

G K , D V K

D F K

D T K D V K = G K

Grenzkosten und durchschnittliche Kosten sind konstant.

2) unterlinear homogen (DVK < GK):

Q

K

F

Q

K

D V K < G KD T KG K

D F K

D V K

213

3) überlinear homogen (DVK > GK):

Q

K

F

Q

K

D V K > G K

D F KG KD V K

D T K

4) homothetische Funktion:

Q

K

F

Q

K D V K < G K

D F K

G K

D V KD T K

D V K > G K

Zunächst steigende, dann fallende Skalenerträge.

Dieser Verlauf wird als typischer Kostenverlauf bezeichnet. Man hat dabeidie Vorstellung, dass entlang des Expansionspfades der Einsatz der variablenFaktoren zunächst in eine günstige Relation mit den fixen Faktoren hinein-wächst und daher der Kostenzuwachs abnimmt, während später die Relationzwischen variablen und fixen Faktoren zunehmend ungünstiger wird und sichdabei der Kostenzuwachs fortgesetzt vergrößert. Eine solche Kostenfunktion

214

sei z.B. durch die kubische Funktion gegeben:

K(Q) = aQ3 + bQ2 + cQ+ F , a, c > 0 , b < 0 . (433)

Da alle Faktoren gemäß dem Expansionspfad zu variieren sind, ist die Be-zeichnung „ertragsgesetzlicher Kostenverlauf“ bei mehreren Faktoren irrefüh-rend. Der typische Kostenverlauf lässt sich mit dem Ertragsgesetz allerdingsdann begründen, wenn nur ein variabler Faktor vorhanden ist. In diesem Fallgibt es keine Isoquanten und es entfällt die Wahl der optimalen Faktorkom-bination entlang eines Expansionspfades.

Q = f(v1) . (434)

In einem einzelnen Spezialfall kann man auch bei mehreren Faktoren von ei-nem ertragsgesetzlichen Kostenverlauf sprechen. Wir können uns vorstellen,dass diese Produktionsfunktion aus zwei homogenen Funktionen mit einheit-lichem Expansionspfad besteht, die eine mit dem Homogenitätsgrad h > 1,die andere mit h < 1. Der typische Kostenverlauf folgt unmittelbar aus derEigenschaft des Expansionspfades, ein Strahl aus dem Ursprung mit zunächstschrumpfender, später wieder expandierender Produktionsmengenskala zusein. Somit, da die Faktorintensität konstant ist, lassen sich die Faktorenzu einem Faktor zusammenfassen. Sonst kann es durchaus sein, dass für dieeinzelnen Faktoren das Ertragsgesetz gilt, die Kostenkurve aber nicht dentypischen Verlauf zeigt. Ebenso muss eine typische Kostenkurve nicht Fak-toren mit ertragsgesetzlichen Produktionsfunktionen haben.

Die Ableitung der Kostenfunktion nach den Faktorkosten entspricht der Nach-fragefunktion für v1:

∂K(q1, q2, Q)

∂qi= vi . (435)

Bei steigendem Faktorpreis nehmen die Grenzkosten zu, wenn der Faktorbei der Produktion verwendet wird und der Einsatz mit der Produktion zu-nimmt.

∂K ′

∂qi=

∂2K

∂Q∂qi=∂vi

∂Q. (436)

215

5.3.6 Langfristige Kostenfunktionen

Die langfristige Kostenfunktion wird ermittelt, indem alle Faktoren, auch diekurzfristig fixen Faktoren, variabel wählbar sind. Der Ordinatenabschnittist somit null. Bei der langfristigen Kostenfunktion kann die Betriebsgrößegewählt werden. Diese Wahl ist von der gewünschten Produktionsmenge ab-hängig. Geringe Produktionsmengen werden am günstigsten in einem kleinenBetrieb, große Produktionsmengen in einem entsprechend größeren produ-ziert. Ein Unternehmen trifft die Wahl seiner Kapazität dann optimal, wennfür eine gegebene zu produzierende Menge die Kosten minimal sind. Wennalle Faktoren variabel sind, ist die Kostenfunktion geringer als wenn zusätz-lich Nebenbedingungen gelten. Somit ist die langfristige Kostenfunktion dieUmhüllende der kurzfristigen Kostenfunktionen. Nur in einem Punkt, wenndie Ausbringungsmenge in der kurzfristigen Analyse zugleich das Optimumin einer langfristige Analyse ist, stimmen die Kosten überein. Sonst sind diekurzfristigen Kosten immer größer.

Q

K

F

K l

K 1 K 2

Für kurzfristige Analysen mit nur 1 Faktor werden die Zusammenhänge be-sonders deutlich. Z.B. bei einer Cobb-Douglas-Funktion mit α+ β = 1 istdie Niveauproduktionskurve eine Gerade durch den Ursprung. Somit ist dielangfristige Kostenfunktion linear.

216

Bsp.: Q = Avα1 v

1−α2 lang , Q = Avα

1 v1−α2 kurz .

Die kurzfristige Kostenfunktion ist gegeben durch:

K(q1, Q) = q1

(Q

c

)1/α

+ q2 v2 mit c = A v1−α2 , 0 < α < 1 . (437)

Für größeres v2 wird c größer und q1 v1 kleiner.

Q

K

F = q 2 v 2

K l

K ( v 2 )K ( v 2 )

v 2 > v 2

Q

K

D V K

G K

D F K

D T K

K lQ

Q *

In diesem auch langfristigen Optimum sind die GK=DTK. Für beliebige Kos-tenfunktionen muss GKl=GK gelten. GK=DTK muss nicht gelten.

217

Q

K

F

K l

C

B : G K = G K l

A A : G K = D V KC : G K = D T K

B

Wenn die Ursprungsgerade die Kostenfunktion tangiert, dann sind die Grenz-kosten gleich den durchschnittlichen totalen Kosten. Für die Gerade vom Or-dinatenabschnitt F gilt im Punkt A GK=DVK. Der Punkt B, in dem diekurzfristige die langfristige Kostenkurve tangiert, kann woanders liegen. MitHilfe der Kostenkurven kann man die optimale Betriebsgröße finden. In derkurzfristigen Periode kann man nur mit der gegebenen Betriebsgröße arbei-ten. Dort bestimmt die Betriebsgröße die fixen Kosten F . Ist die Entschei-dung bezüglich des fixen Faktors getroffen, kann sie kurzfristig nicht mehrverändert werden. Für die Produktionsmenge Q bestünde jedoch auch keinAnlass. Denn die Wahl der Kapazität wurde ja im Hinblick auf die Produkti-on der Menge Q optimal getroffen. Wir befinden uns sowohl im langfristigenals auch kurzfristigen Kostenminimum. Für die Menge Q ist ∂K

∂F= 0, da die

Kapazität F bezüglich der Menge Q optimal gewählt wurde. Also gilt:

∂Kl

∂Q=∂K(Q, F )

∂Q+∂K(Q, F )

∂F

dF (Q)

dQ=∂K(Q, F )

∂Q⇔ GK = GKl(438)

Für die langfristige Kostenfunktion gibt es nur eine Durchschnittskostenkur-ve, da die fixen Kosten null sind. Die minimalen kurzfristigen Durchschnitts-kosten markieren die kostenminimale Produktionsmenge für die kurzfristigePeriode.

218

Q 2

K

Q 1 Q 3 Q

Solange die langfristigen Durchschnittskosten fallen, berühren die kurzfristi-gen Durchschnittskostenkurven die DKl ebenfalls in deren fallenden Bereich(sonst könnten die Steigungen nicht übereinstimmen). Die Menge Q1 wirdsomit am kostengünstigsten nicht mit einer Kapazität produziert, die demMinimum einer kurzfristigen Durchschnittskurve entspricht, sondern mit ei-ner Betriebsgröße, bei der das Minimum der zugehörigen kurzfristigen Durch-schnittskostenkurve noch nicht erreicht ist. Das ähnliche gilt für Q2 im stei-genden Ast. Die optimale Betriebsgröße liegt bei der Produktionsmenge Q3.Dort erreicht die langfristige Durchschnittskostenkurve ihr Minimum und da-her auch die tangierende kurzfristige. Die Produktionsmenge Q3 kann bei derWahl der zugehörigen Kapazität mit den geringstmöglichen Stückkosten pro-duziert werden.

Im Falle einer linear homogenen Produktionsfunktion sind die Grenzkostenkonstant. Dort sind konstante Skalenerträge vorhanden. In diesem Fall liegtder Schnittpunkt zwischen der langfristigen und der jeweiligen kurzfristigenDurchschnittskostenkurve gerade im Minimum der entsprechenden kurzfris-tigen Durchschnittskostenkurve. In diesem Fall ist die optimale Betriebsgrößeunbestimmt. Liegt der Güterpreis über den langfristigen Durchnittskosten,so lohnt es sich für ein Unternehmen, den Produktionsapparat auszubauen.Bei einem Güterpreis, der den langfristigen Durchschnittskosten entspricht,ist jede Betriebsgröße optimal. Gesamtwirtschaftlich sieht man, dass im Op-timum die Unternehmen gerade keinen Gewinn machen. Ist der Preis höherals die duchschnittlichen langfristigen Kosten, dann lohnt es sich auch für

219

andere Unternehmen, dieses Gut zu produzieren. Obwohl ein Unternehmenden Preis als Datum auffasst, können alle Unternehmen jedoch gemeinsameinwirken. Da das Angebot steigt, ist zu erwarten, dass der Preis sinkt, bisim Extremfall der Güterpreis gleich den langfristigen Durchschnittskosten ist.

K

K lQ

Q

p *D K 1 D K 2

p

Für unterlineare Kostenfunktionen gibt es kein Betriebsoptimum. Da dieDurchschnittskosten immer wieder sinken, wird das Unternehmen bestrebtsein, einen möglichst großen Betrieb zu führen. Auch in diesem Fall stimmtdas Optimum der kurzfristigen Kostenfunktionen (im Minimum der Durch-schnittskosten) nicht mit dem langfristig kostengünstigsten Produktionsplanüberein.

K

Q

K l

K 1 K 2K

QD T K l

D K 1

Q 1 Q o p t

Q o p t f ü r B e t r i e b s g r ö ß e FQ 1 ( k o s t e n g ü n s t i g )

220

Empirische Studien haben gezeigt, dass für die Industrie ein Verlauf derlangfristigen Kosten als typisch gelten kann, der erst durch steigende undanschließend durch konstante Skalenerträge geprägt ist. Bei einer weiterenAusdehnung der Betriebsgröße treten schließlich sinkende Skalenerträge auf.Die langfristige Durchschnittskostenkurve hat dann das Aussehen einer Ba-dewanne. Die minderoptimale Betriebsgröße ist (MOG).

K

Q

D K 1D K 2

Q 2Q 1

( M O G )

D K l

Betrachtet man die Durchschnittskostenkurven bei gegebener Betriebsgröße,lassen sich folgende Aussagen machen. Wie sich zeigen wird, wird für ein Gutein Preis gewählt, der gerade den Grenzkosten entspricht (p = GK). Somit istdas Betriebsminimum (Q2) dort, wo die Grenzkosten gleich den variablenDurchschnittskosten sind. Dabei kann man zwar nicht mit Gewinn arbeiten,aber da die fixen Kosten sowieso anfallen, minimiert man mindestens denVerlust. Wenn die totalen Durchschnittskosten minimal sind, dann sprichtman vom Betriebsoptimum oder der Gewinnschwelle (Q3). Erst wenn derPreis größer ist als das Minimum der DTK, dann macht man Gewinn. Ge-samtwirtschaftlich ist dies ein Optimum, da dann alle Anbieter gerade keinenGewinn machen und die aggregierte Angebotsfunktion konstant ist. Dass derGewinn null ist, bedeutet aber nicht, dass nichts gewonnen wird. Die kalku-latorischen Kosten wie Unternehmerlohn sind in den Kosten eingeschlossen.

221

K

Q

G K

D F K

D T KD V K

Q 2 Q 3

Q 2 : G K = D V KQ 3 : G K = D T K

5.4 Dualität

Auch hier lässt sich ein duales Problem lösen.

Q = f(v1, v2) → max mit K = q1 v1 + q2 v2 + F .

v 1

v 2

f ü r K * i s t Q m a x i m a l

Somit gilt Q = Q(q1, q2, K).

Shephard’s Lemma lautet:

∂K(q1, q2, Q)

∂qi= v∗i (

q2q1, Q) i = 1, 2 . (439)

222

Man spricht von konditionaler Faktornachfrage oder in Analogie zu Hick’schenNachfrage des Haushalts von kompensierter Faktornachfrage:

v∗i = vi(qjqi, Q) , (440)

da die Minimalkostenkombination bei gegebener Produktionsfunktion vomVerhältnis der Faktorpreise q2

q1und der zu produzierenden Menge Q abhängt.

K = q1 v1(q2q1, Q) + q2 v2(

q1q2, Q) + F = K(q1, q2, Q) (441)

5.5 Das Angebot

Es stellt sich nun die Frage wie das Angebot gewählt werden soll bei gegebe-nem Marktpreis. Für einen Mengenanpasser ist der Marktpreis ein Datum.Es stellt sich für also nur die Frage der Produktionsgröße. Er wird eine solcheProduktion wählen, dass sein Gewinn maximiert wird. Der Erlös ergibt sichaus der Produktion multipliziert mit dem Marktpreis:

E = pQ . (442)

Der Gewinn ermittelt sich aus Erlös minus Kosten. Die Kostenfunktion gibtwie bekannt bereits die kostenminimale Menge an. Unter diesen kostenmi-nimalen Mengen wird nun diejenige gewählt, die bei gegebenem Preis dengrößten Gewinn erwirtschaftet:

G = E −K = pQ− q1 v1 − q2 v2 − F → max . (443)

Aufgrund der kostenminimalen Menge kennen wir K(v1, v2, F ) in Abhängig-keit von Q ⇒ K(Q,F ).

G = pQ−K(Q) , (444)∂G

∂Q= p− ∂K

∂Q= p−GK = 0 ⇔ p = GK , (445)

∂2G

∂Q2= 0 − ∂2K

∂Q2< 0 ⇔ K ′′ > 0 . (446)

Der Preis muss gleich den Grenzkosten sein und dies muss im steigendenAst der Grenzkostenkurve der Fall sein. Diese Bedingung ist klar. Sie ist nurerfüllt für fallende Grenzerträge oder fallende Skalenerträge, also für konkaveTechnologien. Wie sich zeigen lässt, ist bei konstanten GK oder fallenden GK

223

die Absatzmenge unbestimmt.

Man kann die Ableitung auch schreiben:

∂G

∂Q=

∂p

∂QQ+ p−GK = 0 (447)

⇔ p(∂p

∂Q

Q

p+ 1) = GK ⇔ p (

1

ǫQ,p

+ 1) = GK (448)

Man bezeichnet diese Beziehung auch als Amoroso-Robinson-Beziehung.ǫQ,p ist die Preiselastitzität der Nachfrage. Da E ′(Q) ≥ 0 gelten muss, folgtdaraus die Nebenbedingung:

p (1

ǫQ,p+ 1) ≥ 0 ⇒ 1

ǫQ,p≥ −1 ⇔ ǫQ,p ≤ −1 . (449)

Da wir unterstellen, dass das Unternehmen ein Mengenanpasser ist, ist ǫQ,p =−∞. Steigt der Preis nur um 10%, so verliert er sofort alle Nachfrager. Somitgilt für den Mengenanpasser: p = GK.

Eine weitere Bedingung ist notwendig.

K , E

Q

E = p QK

m a x

K

Q

D V K

G KD T Kp K

Q

D V K

G KD T K

p

Q o p t

Aus der ersten Abbildung sehen wir, dass im Gewinnmaximum der Abstandzwischen E und K maximal sein soll. Dies gilt für den Punkt, in dem dieSteigungen gleich sind. Eine weitere Bedingung kann man aus den beidenanderen Abbildungen ersehen. Liegt der Preis über den durchschnittlichentotalen Grenzkosten, dann macht das Unternehmen den schraffiert darge-stellten Gewinn. Werden weniger als die DTK erwirtschaftet, so lohnt sichdie Produktion zunächst, wenn der Preis über den DVK liegt, da wenigstensein Deckungsbeitrag zu den Fixkosten anfällt, die ohnehin bezahlt werden

224

müssen. Ist die Preiserwartung so, dass die Unternehmung von einem stei-genden Preis ausgeht, dann wird sie bereit sein, für eine geraume Zeit un-ter den DTK zu produzieren und vielleicht auf Lager zu produzieren. Daslangfristige Betriebsoptimum liegt im Minimum der DTK-Kurve. Dort wirdgerade kein Gewinn erzielt.

Dass p=GK sein muss, lässt sich plausibel erklären. Wird rechts vom Opti-mum produziert, dann sind die Grenzkosten höher als der Grenzerlös. DieProduktion lohnt sich nicht. Für geringere Produktion sind die Grenzkostenzwar geringer, aber man verliert einen Teil des Erlöses. Streng genommen giltdiese Optimierung nur für konkave Technologien oder bei ertragsgesetzlichemVerlauf bei fallenden Grenzerträgen oder fallenden Skalenerträgen.

K

Q

F 1

F 2

F 3

K 1 K 2 K 3

K l

Q 1 Q 3

K

Q

G K l = D K l

D K 1 D K 2

G K 1 G K 2Q ( = K a p a z i t ä t s g r e n z e )

Es spielt dabei keine Rolle, von welcher Kostenfunktion man ausgeht, ob voneiner kurz- oder langfristigen Kostenkurve. Wie bereits bekannt, kann lang-fristig die Betriebsgröße gewählt werden. Für steigenden Fixkosten-Faktor-einsatz, d.h. zunehmender Betriebsgröße, gilt eine andere Produktionsfunk-tion, folglich auch ein anderes System von Isoquanten und Minimalkosten-kombinationen. Drei typische Kostenverläufe sind eingezeichnet. Die Funkti-on K1 gilt bei relativ kleiner Betriebsgröße F 1. Sie ist für kleinere Mengen Qgünstiger. Das Minimum der Kosten findet sich jeweils in Q1 oder z.B. Q3.Die Umhüllende all dieser Minima ergibt die langfristige Kostenkurve. Da inden Minima GKi = GKl, schneidet die Grenzkostenkurve GKi die langfristigeGrenzkostenkurve von unten, da die kurzfristige Kostenkurve steiler verläuft.

225

In diesem Fall ist die langfristige Kostenkurve konkav. Würde man eine An-gebotskurve anhand der langfristigen Kostenkurve erstellen, wäre die An-gebotsmenge nicht bestimmt, sondern die Unternehmung würde bei einemPreis p = GKl so viel wie möglich produzieren, mindestens also bis an dieKapazitätsgrenze gehen. Für einen Preis unter den langfristigen Grenzkostenwürde sich die Produktion nicht lohnen. Ähnlich ist es bei steigenden Gren-zerträgen bzw. steigenden Skalenerträgen, da es auch hier Sinn macht, dieProduktion immer weiter auszuweiten. Hier versagt also die Optimalitätsbe-dingung p = GK.

K

Q

F 1

F 2

D K l

K 1K 2

K

Q

p

G K l

D K l

5.5.1 Analyse des Gewinnmaximus

Analytisch lässt sich wie folgt vorgehen.

G = pQ−m∑

i=1

qi vi . (450)

Wir bilden den Lagrange-Ansatz.

L = pQ−m∑

i=1

qi vi − λ [Q− f(v1, v2, · · · , vm)] , (451)

∂L

∂Q= p− λ = 0 , (452)

226

∂L

∂vi= −qi + λ

∂f

∂vi= 0 i = 1, · · · , m , (453)

∂L

∂λ= −[Q− f(v1, · · · , vm)] = 0 . (454)

Daraus folgen folgende Beziehungen:

qi = p∂f

∂vi= p fi , (455)

oder

p = qi∂vi

∂Q, (456)

oderqip

= fi . (457)

fi ist die Grenzproduktivität des Faktors i. Bewertet mit dem Produktpreisist sie eine Wertgröße und heißt Wertgrenzprodukt. Das Wertgrenzproduktist jener Betrag, den der Unternehmer beim Verkauf einer zusätzlichen Mengeerlösen kann. Es ist aber auch gleichzeitig der Betrag, den das Unternehmenbereits wäre für den Faktor zu zahlen, also qi = p fi.

qi

pkann mal als Realentlohnung des Faktors i auffassen, wobei die nominale

Entlohnung auf den Preis des in diesem Unternehmen hergestellten Produktsbezogen wird. Das Optimum ist erreicht, wenn die Faktoren in einer solchenMenge eingesetzt werden, dass sich ihre Grenzproduktivitäten der Realent-lohnung angeglichen haben, wenn also die Faktoren nach ihren Grenzproduk-ten real entlohnt werden ( qi

p= fi).

Die Faktorgrenzkosten werden durch qi

fibestimmt. Somit gilt, dass die Faktor-

grenzkosten, die wie in jeder Minimalkostenkombination sich sowieso anglei-chen, darüber hinaus gleich dem Marktpreis bzw. den Grenzkosten überhauptsind (p = qi

fi).

λ ist wie in der Haushaltstheorie der Schattenpreis einer zusätzlichen Out-puteinheit. Im Gewinnmaximum sind Schatten- und Marktpreis gleich. Istder Lagrange-Multiplikator λ = p, dann erhält der Unternehmer für jede„zuviel“ produzierte Einheit auf dem fiktiven Markt nun einen Preis in der

227

Höhe von p, während seine Grenzkosten höher sind als p. Für jede „zu wenig“produzierte Outputeinheit, die der Unternehmer zukauft, zahlt er den Preisp, während seine Grenzkosten geringer wären als p.

Eine zusätzliche Bedingung, die erfüllt wird, ist die Minimalkostenkombinati-on, wenn man die Gleichungen dividiert. Dies ist klar, da die KostenfunktionK(Q) bereits die Minimalkostenkombination erfüllt.

qiqj

=fi

fj. (458)

Aufgrund der Gleichung qi = p ∂Q∂vi

erhält man:

qi vi = p∂Q

∂vi

vi

QQ⇔ qi vi = pQ ǫQ,vi

(459)

Das bedeutet, dass die Faktoren gemäss den Produktionselastizitäten ent-lohnt werden. Für

∑mi=1 ǫQ,vi

= 1 wird der gesamte Erlös E = pQ auf dieFaktoren verteilt und es entsteht kein Gewinn. Bei konkaver Technologie∑m

i=1 ǫQ,vi< 1 fließt den Faktoren nur ein Teil der Gewinne zu, während bei

steigenden Skalenerträgen, also ǫQ,µ =∑m

n=1 ǫQ,vi> 0, die Faktoren nicht

nach den Wertgrenzprodukten entlohnt werden können, da sonst mehr alsder Erlös verteilt würde.

G = pQ−K = pQ−m∑

i=1

qi vi − F = Qp−m∑

i=1

fi p vi − F (460)

= Qp (1 −m∑

i=1

ǫQ,vi) − F . (461)

Ähnliches kann man mit Hilfe des Euler-Theorems feststellen.m∑

i=1

∂Q(µ v1, µ v2)

∂(µ vi)

∂µ vi

∂µ= hµh−1Q(µ v1, µ v2)

∣∣∣µ=1

(462)

⇔m∑

i=1

∂Q

∂vivi = hQ⇔

m∑

i=1

fi vi = hQ . (463)

Multipliziert mit p erhält man:

p f1 v1 + p f2 v2 = pQh . (464)

228

Für linear-homogene Produktionsfunktionen gilt das Adding-Up-Theorem.Aufgrund p f1 = q1 gilt:

q1 v1 + q2 v2 = pQ . (465)

Der Erlös wird bei einer linear homogen Produktionsfunktion also vollstän-dig auf die Produktionsfaktoren aufgeteilt.

Der Konkurrenzdruck sorgt bei offenen Märkten dafür, dass im langfristi-gen Gleichgewicht jedes Unternehmen mit mindestoptimaler Betriebsgrößeim Betriebsoptimum produziert und Nullgewinn erzielt. Das Adding-Up-Theorem folgt in diesem Fall auch für klassische Kurvenverläufe (erst stei-gende, dann fallende Skalenerträge) aus der Nullgewinnbedingung:

G = pQ− q1 v1 − q2 v2 = 0 (466)

⇔ pQ = q1v1 + q2 v2 . (467)

5.5.2 Eine Analyse des Extremalproblems

Die analytische Lösung lautet:

p f1 = q1 , (468)

p f2 = q2 , (469)

Q = f(v1, v2) . (470)

Folglich gilt:

p f11 dv1 + p f12 dv2 = dq1 − f1 dp , (471)

p f21 dv1 + p f22 dv2 = dq2 − f2 dp , (472)

−f1 dv1 − f2 dv2 + dQ = 0 , (473)p f11 p f12 0p f21 p f22 0−f1 −f2 1

dv1

dv2

dQ

=

dq1 − f1 dpdq2 − f2 dp

0

. (474)

Nach der Cramer’schen Regel gilt:

∆ = p2(f11 f22 − f 212) , (475)

dQ =1

∆[(dq2 − f2 dp) (−f1 p f12 + p f11 f2) (476)

229

+(dq1 − f1 dp) (−f2 p f21 + p f22 f1)] , (477)

=1

∆[dq2 (p f11 f2 − p f12 f1) (478)

+dq1 (p f22 f1 − p f21 f2) (479)

+dp p (2 f1 f2 f12 − f 22 f11 − f 2

1 f22)] . (480)

Ceteris paribus ist:

dQ

dp=

p

∆(2 f1 f2 f12 − f 2

2 f11 − f 21 f22) . (481)

Für konkave Technologien wird der Klammerausdruck positiv und da dQdp> 0

muss ∆ ebenso größer als null sein. Da wir somit schon wissen, welches Vor-zeichen ∆ hat, können wir weitere Aussagen machen.

dv1 =1

∆[dq1 p f22 − dq2 p f12 + dp p (f2 f12 − f1 f22)] , (482)

dv2 =1

∆[dq1 (−p f21) + dq2 p f11 + dp p (f1 f12 − f2 f11)] . (483)

Somit gilt mit f12 > 0, f11 < 0 und f22 < 0:

∂v1

∂q1=

1

∆p f22 < 0 , (484)

∂v2

∂q1= − 1

∆p f21 < 0 , (485)

∂Q

∂q1=

1

∆p(f22 f1 − f2 f21) < 0 , (486)

bzw.:

∂v1

∂q2= − 1

∆p f12 < 0 , (487)

∂v2

∂q2=

1

∆p f11 < 0 , (488)

∂Q

∂q2=

1

∆p(f11 f2 − f1 f12) < 0 , (489)

und

∂v1

∂p=

p

∆(f2 f12 − f1 f22) > 0 , (490)

230

∂v2

∂p=

p

∆(f1 f12 − f2 f11) > 0 , (491)

∂Q

∂p=

p

∆(2 f1 f2 f12 − f 2

2 f11 − f 21 f22) > 0 . (492)

5.5.3 Eine Analyse der Kosten

Für die Kostensumme ergibt sich:

K = q1 v1 + q2 v2 , (493)

dK = dq1 v1 + dq2 v2 + q1 dv1 + q2 dv2 (494)

= dq1 v1 + dq2 v2 + q1(1

∆[dq1 p f22 − dq2 p f12 + dp · (· · ·)]

+q2 (1

∆[dq2 p f11 − dq1 p f21 + dp · (· · ·)] .

Ceteris paribus:

∂K

∂q1= v1 +

1

∆q1 p f22 −

1

∆q2 p f21, (495)

∂K

∂q2= v2 +

1

∆q2 p f11 −

1

∆q1 p f12 , (496)

∂K

∂p=

p

∆[q1 (f2 f12 − f1 f22) + q2 (f1 f12 − f2 f11)] . (497)

Die Kostensumme steigt, wenn ∂K∂q1

> 0 oder v1 > − 1∆q1 p f22 + 1

∆q2 p f21

231

Im v1, v2-Diagramm sieht die alte und neue Lösung wie folgt aus:

v 2

v 1

Q *Q +

v 2 *v 2 +

v 1 *v 1 + K 1

K 2

Man sieht zunächst, dass bei konstanten Kosten die rote Isokostengerade zuder roten gestrichelten Isokostengerade wird. Um das alte Produktionsniveauzu erreichen, müssten die Kosten steigen. Somit ist die Kostenfunktion überder Kostenfunktion von q∗1.

K

QQ *

K f ü r q 1 *

K f ü r q 1 + p

QQ *

G K ( q 1 * )

G K ( q 1 + )

Q +

p

q 1

QQ *

q 1 *q 1 +

Q +

Man sieht, dass die Kosten größer sind bei Q∗.

Die Grenzkosten sind im Optimum gleich dem Schattenpreis, wie sich mit

232

(416) und (411) leicht zeigen lässt:

GK =∂K

∂Q= q1

∂v1

∂Q+ q2

∂v2

∂Q+ q2

∂v2

∂v1

∂v1

∂Q(498)

=q1f1

+q2f2

+ q2 (−f1

f2

)1

f1

=q1f1

=q2f2

= λ . (499)

Die Faktornachfragefunktion v1 = ψ(p, q1, q2) wird aus der Bedingung Fak-torpreis=Wertgrenzprodukt q1 = p f1 hergeleitet. Für den 1-Faktorfall istdies besonders einfach. Um einen Verlust zu vermeiden, muss außerdem gel-ten:

Qp > DVK = q1 v1 also q1 <Qp

v1, (500)

so dass folgt:

q1 = p f1 <Qp

v1

. (501)

Für q1 >Q pv1

wird nicht produziert. Die Faktornachfragefunktion lautet also:

q 1

v 1

p Qv 1

q 1 = p f 1

233

Man kann sie auch grafisch ableiten:

Q

v 1

E r t r a g s k u r v e

q 1

v 1

q 1

q 1

q 1 q 1p p

a u s f 1 = q 1p

234

5.5.4 Eine Analyse von Preiswirkungen

Steigt der Faktorpreis q1, so muss (aufgrund q1 = p f1) v1 abnehmen, alsomuss man auf der Ertragskurve nach links gehen zum Punkt A′.

Q

v 1v 1 *

A

A '

v 1

Da aufgrund der Konvexität der Isoquanten f12 > 0 ist, muss die Steigungder Ertragskurve Q = f(v2) fallen, somit gilt die Ertragskurve für das neuev1, die unter der Ertragskurve von v∗1 liegt.

Q

v 2v 2 *v 2

f ü r v 1 *

v 1f ü r

f 2 = q 2p

Da q2 konstant geblieben ist, muss weiterhin f2 = q2

pgelten. Da nun eine

neue Ertragskurve für v2 gilt, die unter der für v∗1 liegt, nimmt v2 also ab.Dies wiederum führt dazu, dass eine neue Ertragskurve für v1 gilt, somit fälltv1 wieder. Dies geht immer weiter, bis v1 und v2 einem Grenzwert v+

1 und v+2

zustreben.

235

5.6 Zusammenfassung

Bedingungen für ein Güterangebot sind:

• effiziente Faktorallokation, d.h. es existiert eine ProduktionsfunktionQ = f(v1, v2)

• Minimalkostenkombination d.h. das Preisverhältnis entspricht dem Ver-hältnis der Grenzproduktivitäten:q1

q2= f1

f2

• Gewinnmaximum:Es gibt zwei Bedingungen dafür:

1. Grenzkosten = Produktpreis q1

f1= q2

f2= p

2. Wertgrenzprodukt = Faktorpreis q1 = p f1

Aus 1. erhält man die Angebotsfunktion QA = Q(p, q1, q2) .

Aus 2. die Nachfragefunktion vNi = vi(p, q1, q2) .

In einer Partialanalyse wird die ceteris paribus-Regel angewendet, währendin einem Totalmodell wie der Marktform der vollständigen Konkurrenz alleParameter variieren.

236

Die Angebotsfunktion lässt sich grafisch leicht anhand der Kostenkurve ab-leiten, indem für jeden Preis eine neue Erlöskurve eingezeichnet wird.

K

Qp

Q

K ( Q )

E ( p )

E ( p )

E ( p )

ppp

Da im Gewinnmaximum GK=p gelten muss, ist die Angebotsfunktion gleichden kurzfristigen bzw. langfristigen Grenzkosten. Sie beginnt ab dem Schnitt-punkt mit der DVK-Kurve.

Man muss die langfristige von der kurzfristigen Angebotsfunktion unterschei-den. Langfristig sind die fixen Faktoren variabel. Die kurzfristigen Kosten-kurven liegen immer über der langfristigen Kostenkurve. Zudem wird dielangfristige Grenzkostenkurve von unter her von der kurzfristigen Grenzkos-tenkurve geschnitten. Die kurzfristige Grenzkostenkurve ist somit steiler, dasAngebot ist weniger elastisch. Es scheint gut im Betriebsoptimum zu produ-zieren, wenn die langfristigen totalen durchschnittlichen Kosten minimal sind.Dies gilt aber nur, falls der Preis sich auch einstellt, der eine Produktion imBetriebsoptimum erlaubt. Ist der Preis dagegen höher p > DTKk = GKk, so

237

lohnt sich eine Ausweitung der Produktion.

Für die verschiedenen Produktionsfunktionen kann man verschiedene Ange-botsfunktionen finden:

p

Q

• Produkt mit sinkenden Skale-nerträgen (2 Faktoren)

• homothetische Produktions-funktion (2 Faktoren)

• ertragsgesetzliche Produkti-onsfunktion (1 Faktor) imBereich sinkender Grenzerträ-ge

• neoklassische Produktions-funktion (1 Faktor)

p

Q

• linear-limitationale Funktion

• konstante Grenzerträge(1 Faktor)

• konstante Skalenerträge(2 Faktoren) linear-homogen

Während bei steigenden Grenzkosten das Gewinnmaximum klar definiertist, ist bei konstanten Grenzkosten die Produktion unbestimmt. Erst beieinem höheren Preis wird an der Kapazitätsgrenze produziert. Für fallendeGrenzkosten ist das Gewinnmaximum nicht definiert. Es würde sich lohnen,die Produktion immer weiter auszudehnen.

238