bachelorarbeit · 2016-09-29 · bachelorarbeit entwicklung, ... die erprobung des konzeptes...
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Otto-von-Guericke-Universität MagdeburgFakultät für Informatik
Bachelorarbeit
Entwicklung, Erprobung und Evaluation derKommunikation von 2D- und 3D-Lernmodulen
innerhalb einer interaktiven laborgestützten Lernstation
Autor:
Stephan Stang
29. September 2016
Betreuer:
Prof. Dr.-Ing Bernhard Preim
Institut für Simulation und Graphik
Fakultät für Informatik
Otto von Guericke Universität Magdeburg
Dipl.-Ing. Tina Haase
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Magdeburg
Stang,Stephan: Entwicklung, Erprobung und Evaluation der Kommunikation von
2D- und 3D-Lernmodulen innerhalb einer interaktiven laborgestützten Lernstation
Bachelorarbeit, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg , 2016.
Abstract
The institute for vocational education in Magdeburg offers different setups for
technical experiments. To extend the laboratory’s capability to teach in an activity-
oriented manner about the embedment of subsystems and contiguous active prin-
ciples, an interactive virtual approach will be taken. Considering the available
space and hardware, the goal is to deploy the resulting material as a webapplica-
tion. The webapplication will be used in a stationary environment at the lab, as
well as on mobile devices. Non-IT-affine personnell need an easy to learn toolchain
for the creation of such content. Based on the selection of available cost-efficient
and compatible 3D-Game-Engine and 2D-E-Learning software, the development
of the interface between the two is part of this thesis considering the didactic
conception of web based e-learning as well as active learning. Interactive design
principles were followed to maximize usability. To reduce the effort of content cre-
ators to learn using both applications, a library with most wanted features and an
instruction was developed. The parallel content creation for an experiment with
the topic photovoltaics served as the trial for this toolchain. Three testers were
part of the informal evaluation process. The software was installed beforehand.
The testers imported a library for the 3D-Game-Engine and used a template for the
2D-E-Learning software. They created content with the help of an instruction. A
scenario was easily recreated and most of the testers assessed the usage as under-
standable, challenging and instructive. They were also able to create the scenario
in the given timeframe. Problems were reported with editing javascript codelines,
which could be prevented by further development of an interface for copy-pasting
lines of code. The trial mobility application is still in development, the toolchain
proved to be usable by non-IT-affine personnell.
Selbstständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne un-
zulässige Hilfe Dritter angefertigt und alle Stellen, die wörtlich oder annähernd
wörtlich aus fremden Quellen entnommen sind, als solche kenntlich gemacht ha-
be.
Magdeburg, den 12.09.2016
Stephan Hyo-Il Stang
Inhaltsverzeichnis i
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung 1
1.1. Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2. Zielstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.3. Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2. Grundlagen 4
2.1. Aufbau der Lernstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.2. Didaktische und methodische Planung nach dem Modell der voll-
ständigen Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.3. Begriffe des E-Learnings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.4. Webanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.5. Webtechnologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.6. E-Learning-Authoring-Tool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.7. 3D-Game-Engine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.8. 3D-Puzzle Metapher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.9. E-Learning mit VR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.10.Fallstudie: Unity als 3D-E-Learning-Authoring Tool . . . . . . . . . 15
2.11.Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3. Auswahl der Autoren-Werkzeuge 17
3.1. Kriterien für die Auswahl der Autoren-Werkzeuge . . . . . . . . . . 18
3.2. Auswahl der 3D-Game-Engine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.3. Auswahl des 2D-E-Learning Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Inhaltsverzeichnis ii
4. Entwurf 22
4.1. Erkenntnisse aus dem Seminar „Gestaltung von Lernumgebungen
für die berufliche Aus- und Weiterbildung“ . . . . . . . . . . . . . . 23
4.2. Bedienungs-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4.3. Schnittstelle zwischen Unity und Articulate Storyline 2 . . . . . . . 24
4.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5. Implementierung 27
5.1. Bereitstellung grundlegender Funktionalitäten in Unity . . . . . . . 28
5.1.1. Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
5.1.2. Selektieren von Elementen mit Raycasting . . . . . . . . . . 29
5.1.3. Benutzungshilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
5.1.4. Szenenaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
5.1.5. Bereitstellen der Kommunikationsschnittstelle . . . . . . . . 34
5.2. Die Szenariobereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5.3. Articulate Storyline 2 Template . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5.3.1. Vorteile der Articulate GUI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
5.3.2. Triggersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
5.3.3. Bereitstellung der Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . 37
5.4. Softwareverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
5.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
6. Evaluation 39
6.1. Testaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
6.2. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
6.3. Erprobung: Projektfortschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
7. Fazit 43
7.1. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
8. Abbildungsverzeichnis 45
9. Tabellenverzeichnis 46
Inhaltsverzeichnis iii
Literaturverzeichnis 47
A. Anhang 50
A.1. CD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
A.2. Evaluations-Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Einführung 1
1. Einführung
In diesem Kapitel wird die Motivation zur Themenstellung der vorliegenden Ar-
beit gegeben. Die Ziele dieser Arbeit werden genannt und der Aufbau der Arbeit
beschrieben.
1.1. Motivation
Im Rahmen der Ausbildung von Schülern des Fachgymnasiums mit Vertiefung
in Ingenieurwissenschaft und Lehramt-Studierenden in technischen Fachrichtun-
gen werden in den Laboren des Instituts für Berufs- und Betriebspädagogik der
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg technische Experimente durchgeführt.
Aktuelle Arbeiten zielen darauf ab, diese Experimente um virtuelle Komponen-
ten zu erweitern, um so z.B. die Einbettung einzelner Subsysteme (z.B. Motor)
in ein Gesamtsystem (z.B. Auto) deutlich zu machen und zusammenhängende
Wirkprinzipien zu veranschaulichen. Der Inhalt wird von einer Projektgruppe des
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Magdeburg und
des Instituts für Berufs- und Betriebspädagogik der Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg erstellt.
Einführung 2
1.2. Zielstellung
Das Ziel dieser Arbeit ist es, aus am Markt verfügbaren 3D-Engines und 2D-E-
Learning Programmen, welche geeignete Interaktions- und Visualisierungsmög-
lichkeiten bieten, anforderungsgerecht auszuwählen und die Kommunikation zwi-
schen diesen Komponenten zu konzeptionieren, umzusetzen und zu erproben. Die
Auswahl wird anhand selbstermittelter Kriterien zur Mobilität, Usability des Ent-
wicklungsprozesses, Lizenzkosten und Schnittstellen getroffen. An die Entwick-
lung und praktische Umsetzung werden folgende Anforderungen gestellt:
1. Um die Lösungen kostengünstig und auch durch Nicht-Informatiker entwi-
ckeln lassen zu können (Autoren), soll der Technologieeinsatz gezielt analy-
siert werden.
a) 3D-Visualisierungen sollen nur dort zur Anwendung kommen, wo sie
einen tatsächlichen Mehrwert gegenüber konventionellen Medien bie-
ten.
b) Den Rahmen für die Lernstationen soll eine 2D-E-Learning-Umgebung
bieten, in die die 3D-Module eingebunden werden können.
c) Die Schnittstellenbedienung soll so konzipiert werden, dass eine An-
wendung durch Nicht-Informatiker mit geringem Anlernaufwand mög-
lich ist.
2. Die Lernstation soll von den Schülern und Studierenden (Anwender) mobil
genutzt werden können.
3. Weiterhin soll das Konzept auf handelsüblicher Hardware, u.a. Tablets, nutz-
bar sein und keine Spezialhardware erfordern. Damit kommt die Entwick-
lung einer vollständig immersiven VR-Umgebung nicht in Frage.
Die Erprobung des Konzeptes erfolgt über eine konkrete Lernstation zum Thema
Photovoltaik und E-Mobility, die projektbegleitend entwickelt wird. Im Seminar
„Gestaltung von Lernumgebungen für die berufliche Aus- und Weiterbildung“, an-
geboten an der Fakultät für Humanwissenschaften der Otto-von-Guericke-Univer-
sität Magdeburg im Sommersemester 2016, wurden erste Ergebnisse, aufbauend
Einführung 3
auf den in dieser Arbeit eingesetzten Technologien, von Studenten erarbeitet und
präsentiert. Die Beobachtungen wurden für die Anforderung der Schnittstellenbe-
dienung berücksichtigt.
1.3. Gliederung der Arbeit
Auf den nachfolgenden Seiten werden in Kapitel 2 neben dem Aufbau der Lern-
station, didaktische Grundlagen erläutert. Dem Begriff des E-Learnings wird nach-
gegangen und Beschreibungen zu den zwei Autoren-Werkzeugen gegeben. Eine
Analyse von verwandten Arbeiten zu E-Learning mit VR, 3D-Puzzle und einer Fall-
studie schließen die Grundlagen ab. In Kapitel 3 werden die Kriterien für die Aus-
wahl der Softwareprodukte dargelegt und die letztendliche Auswahl der Produkte
aufgezeigt. Der Entwurfsprozess findet in Kapitel 4 über eine Use-Case Analyse
und dem resultierenden Arbeitsablauf statt. Darauf folgt in Kapitel 5 die Ausar-
beitung der Schnittstellenbereitstellung zwischen den beiden Autorentools. Kapi-
tel 6 behandelt den Aufbau und die Ergebnisse der Evaluation und geht auf den
Fortschritt der Erprobung im Rahmen der Lernstation ein. Abschließend wird in
Kapitel 7 eine Zusammenfassung der Ergebnisse präsentiert und ein Ausblick für
weitere Entwicklungsmöglichkeiten gegeben.
Grundlagen 4
2. Grundlagen
In diesem Kapitel wird der Aufbau der Lernstation beschrieben. Als Lernstation
wird im weiteren Verlauf eine, auf Grundlage des Unterrichtskonzeptes der voll-
ständigen Handlung geplante, in einem Szenario integrierte, Menge von Lern-
modulen diskutiert. Weiterhin werden Grundlagen zur didaktischen und metho-
dischen Planung nach dem Modell der vollständigen Handlung dargelegt. Über
Erläuterungen zur Webanwendung werden standardisierte Webtechnologien ge-
nannt. Daraufhin wird auf relevante Module einer 3D-Game-Engine eingegangen.
Der Begriff eines E-Learning-Authoring-Tools wird danach diskutiert. Es werden
eine verwandte Arbeit zu E-Learning mit VR, eine Arbeit zur Gestaltung eines 3D-
Puzzles und eine Fallstudie zum E-Learning-Authoring analysiert. Abschließend
werden die Grundlagen zusammengefasst und für die weitere Bearbeitung aufbe-
reitet.
2.1. Aufbau der Lernstation
Zur Förderung der Kompetenzen in technischer Grundbildung, Entwicklung und
Anwendung technischer Systeme und ingenieurwissenschaftlichem Denken und
Handeln, sieht der Lehrplan in den Klassenstufen 11 und 12 der gymnasialen Bil-
dungsgänge im Schwerpunkt Ingenieurswissenschaften Projektarbeiten vor, wel-
che in den Laboren des Instituts für Berufs- und Betriebspädagogik der Otto-von-
Guericke-Universität Magdeburg durchgeführt werden [Jene15]. Zur Zeit ist das
Labor mit Exponaten und Experimenten ausgestattet. Diese sollen um virtuelle
Komponenten zu den Themen Mobilität und Photovoltaik erweitert werden. Auf
Grundlagen 5
virtuelle Komponenten wird gesetzt, da die Größe der erforderlichen Exponate
eine Platzierung im Labor nicht ermöglicht.
Für den Aufbau des interaktiven 3D-Szenarios wird ein statisches 3D-Modell er-
stellt. Dieses baut auf einem virtuellen Modell der Stadt Magdeburg auf. Der
Aufbau dient der Darstellung eines situierten Lernkontextes und als Ausgangs-
basis, also als Hauptszene, der virtuellen Lernstation. Der Lernende befindet sich
im Labor an der Universität in Magdeburg. Es werden Photovoltaikanlagen und
E-Tankstellen an Positionen in der virtuellen Stadt gesetzt, die sich tatsächlich
dort befinden. Durch die Situierung des Lernkontextes soll sich die Authentizi-
tät des Lernszenarios erhöhen [ReTi13, S.122]. Das Lernszenario soll sich dem
Anwendungsszenario möglichst ähneln. Interaktionen im Hauptszenario umfasst
eine Kamerasteuerung. 3D-Modelle einer Autowerkstatt und E-Tankstellen kom-
plettieren die Hauptszene. Detaillierte Modelle der Elektroautos und deren Sub-
systemen, wie z.B. Getriebe und Antriebsstrang, werden benötigt, um die Dar-
stellung der Wirkprinzipien durch Animationen einzelner Baugruppen zu gewähr-
leisten. 3D-Modelle zur Photovoltaik, Trassen, Transformatoren, Erdleitungen und
E-Tankstelle und Hybrid-Kraftfahrzeug werden für die Lernmodule Energieerzeu-
gung, Energieverteilung und -speicherung, Energieeffizienz und Energienutzung
erstellt.
Die Lernmodule werden über sichtbare anklickbare Markierungen, sogenannte
Hotspots, innerhalb der Hauptszene angesteuert. Wirkmechanismen der Lernmodul-
Inhalte untereinander werden visualisiert. Zur Photovoltaik soll der Zusammen-
hang von Sonnenenergie und Energiegewinnung visualisiert werden. Parameter,
wie der Neigungswinkel eines Daches, sollen interaktiv anpassbar sein. Durch das
Fahren eines Hybridkraftfahrzeuges wird der Bedarf an Energieverteilung und -
speicherung verdeutlicht. Das Fahren soll interaktiv gestaltet sein. Der Energief-
luss wird über die Photovoltaikanlage über die Stromverteilung hin zum Akku
des Hybridkraftfahrzeuges visualisiert. Weitere interaktive Handlungsmöglichkei-
ten bestehen aus dem Anfahren einer Tankstelle oder bei Auftritt eines Schadens
die Beauftragung eines Abschleppdienstes und das Aufsuchen einer KfZ-Werkstatt.
In der Werkstatt werden Funktionsweisen an isolierten Subsystemen dargestellt.
Grundlagen 6
Bei Bedarf kann der Bezug zum Gesamtsystem betrachtet werden. Hierzu müssen
Selektion von Objekten und ein Ein- und Ausblenden von 3D-Geometrie umge-
setzt werden. Die Funktionsweisen sollen durch frei wählbare Geschwindigkeit
des Ablaufes und Sichtpunkte auf das System interaktiv steuerbar gestaltet sein.
Innerhalb einer Instandhaltungsaufgabe soll das systematische Vorgehen hinsicht-
lich der Planung, Ausführung und Kontrolle selbstständig durchgeführt werden.
Das Getriebe soll ausgebaut und demontiert, der Fehler behoben und das Getrie-
be wieder zusammengebaut werden, woraufhin eine Funktionsprüfung folgt. Die
Interaktionsmöglichkeiten werden in der Zusammenfassung nochmal aufgezählt.
Technische Inhalte und ihre gegenseitigen Wirkprinzipien sollen in einem Gesamt-
kontext betrachtet werden können, welche real aufgrund der Größe der erforder-
lichen Exponate nicht im Labor platzierbar sind. Entwickelt werden soll die Lern-
station für die Anwendung im Webbrowser. Somit soll sie mobil, etwa auf Tablets,
nutzbar sein. Für die Nutzung im Labor ist eine feste Installation auf der Basis von
Desktop-PC und Monitor, oder Beamer als Ausgabegerät geplant. Die Vorgaben
werden in Kapitel 3 für den Entwurf der Autoren-Werkzeugkette beachtet.
2.2. Didaktische und methodische Planung nach
dem Modell der vollständigen Handlung
In diesem Kapitel wird auf die vollständige Handlung als Grundlage der Erstellung
von Lernmodulen für die Lernstation eingegangen. Laut Kultusministerkonferenz
erfolgt Lernen in der Handlung und sollte handlungsorientiert gestaltet werden.
Nach dem Prinzip des Handlungsorientierten Lernens werden Lernziele für die
Lernstation definiert und die Schüler angehalten selbstständig zu lernen. Die Ler-
nenden haben die Möglichkeit asynchron zu lernen und somit ihr individuelles
Lerntempo durchzusetzen. Das Prinzip ist in sechs Phasen untergliedert, wie in
Abbildung 1 zu sehen. Durch die Planung und Durchführung des Schülers aller
Phasen wird die eigene Handlungskompetenz gestärkt [Hack73].
Grundlagen 7
Abbildung 1.: Das Prinzip der vollständigen Handlung, angewendet in der VR-basierten Lernum-
gebung. Grafik: Fraunhofer IFF [SHS15, S.377]
Informationen, wie Dokumentation und Bedienanleitungen werden in der ersten
Phase vom Schüler eingeholt. Diese Phase kann ohne Weiteres über die Abla-
ge von Dokumenten auf einem Webserver, oder integrierten Informationen und
Verlinkungen über eine E-Learning-Anwendung unterstützt werden. In der Pha-
se des Planens erstellt der Schüler einen Arbeitsplan, welcher die Arbeitsschritte
für die Bearbeitung des Szenarios festhält und alle nötigen Werkzeuge und Ar-
beitsmaterialien auflistet. Über ein E-Learning-Tool kann eine Eingabemaske für
den Arbeitsplan bereit gestellt werden. Gleichzeitig können Hinweise, etwa auf
noch fehlende Werkzeuge, den Schüler unterstützen. Ist diese Phase abgeschlos-
sen, entscheidet sich der Schüler für einen Arbeitsprozess. Für den Entscheidungs-
prozess müssen relevante, wie nicht relevante, oder gar falsche Arbeitsabläufe
dargestellt werden. Dadurch kann die Aufmerksamkeit des Schülers gesteigert
werden [SHS15, S.378]. Nach Auswahl der richtigen Arbeitsschritte erfolgt die
Sortierung dieser durch den Schüler. Dies kann durch eine Drag & Drop Funk-
tionalität im E-Learning Bereich abgebildet werden. Die Durchführungsphase ist
durch interaktives Bearbeiten an einem virtuellen System vorzunehmen. Hier bie-
ten 3D-Umgebungen einen großen Mehrwert. Realitätsgetreue Darstellungen bie-
Grundlagen 8
ten im räumlichen Sinne ein besseres Verständnis für die Handhabung von großen
Maschinen. Die Vermittlung eines komplexen Aufbaus kann durch interaktive De-
und Rekomposition unterstützt werden. Wie die Räumliche Relation durch die
Metapher des 3D-Puzzles erlernbar gestaltet werden kann wird in Abschnitt 2.8
analysiert. Es können auch Bauteile visualisiert werden, die in der Realität ohne
eine vorherige Demontage nicht sichtbar sind. Als Beispiel sei hier der Antriebss-
trang eines Autos erwähnt. Dieser ist im Gesamtsystem durch die Karosserie ver-
deckt und die Unterseite eines Autos ist ohne Werkzeug schwer zugänglich. In der
Phase des Kontrollierens werden dem Schüler die Konsequenzen seines Handelns
unmittelbar gezeigt. Schließt er ein System richtig an, wird visuell vermittelt, das
es funktioniert. Das kann durch die Animation eines Maschinenverhaltens, oder
durch das Abspielen eines Videos erreicht werden. Abschließend erfolgt in einer
Gruppe mit dem Dozenten und Mitschülern die Bewertung und Reflektion des
durchgeführten Arbeitsprozesses.
2.3. Begri�e des E-Learnings
Das E-Learning ist mit seinen verschiedenen Formen und der stetigen Weiterent-
wicklung multimedialer Medien, sowie dem Aufkommen des Internets aktuell viel
diskutiert. Für diese Arbeit wird unter dem Begriff des E-Learnings die Definition
nach Günter Daniel Rey verstanden.
„Lehre und Lernen mittels verschiedener elektronischer Medien “ [Rey09]
In deutschen Unternehmen setzen laut einer repräsentativen Studie aus 2014 des
MMB-Instituts Gesellschaft für Medien- und Kompetenzforschung mbH bereits
zwei Drittel der Großunternehmen auf E-Learning (siehe Abbildung „Verbreitung
von E-Learning in deutschen Unternehmen“ in [Mich14, S.4]).
Unter Web-Based Training wird eine Form des E-Learnings verstanden, bei der Ler-
neinheiten über einen Webserver abgerufen werden können. Dabei wird die Form
des Web-Based Trainings am häufigsten in der betrieblichen Aus- und Weiterbil-
Grundlagen 9
dung eingesetzt (siehe Abbildung „Zurzeit eingesetzte Lernformen und -Tools“ in
[Mich14, S.6]).
Das Endprodukt der zu findenden E-Learning-Autorenwerkzeuge soll über das
Web angeboten werden und fällt daher in diese Kategorie.
Findet die Anwendung des E-Learning-Produktes im Labor statt und ist diese als
Präsenzzeit zu verstehen, kann der Begriff des Blended Learnings Einsatz finden.
Diese Form des E-Learning bezeichnet eine effektive Wechselbeziehung zwischen
Präsenzveranstaltungen und E-Learning-Modulen.
2.4. Webanwendung
Webanwendungen sind nach dem Client-Server-Model konzipiert. Die Datenver-
arbeitung findet auf einem Webserver statt. Das Ergebnis der Datenverarbeitung
wird zur Ausgabe an den Client übertragen. Der Webbrowser dient als Client-
schnittstelle und gibt die Benutzeroberfläche vor. Über das HTTP-Protokoll wird
die Kommunikation mit dem Webserver und die Darstellung der Benutzeroberflä-
che bereitgestellt.
2.5. Webtechnologien
Für die Bereitstellung von E-Learning-Maßnahmen über das Web stehen eine Viel-
zahl von Technologien bereit. Es sind Lern-Management-Systeme für die Verwal-
tung von E-Learning Inhalten mit integrierter Rollen und Nutzerverwaltung, so-
wie Erfolgsfaktormessung zu finden [Mart16]. Die Bereitstellung von Powerpoint-
Folien auf einem FTP-Server stellt eine weitere Variante dar. In dieser Arbeit wird
das E-Learning-Produkt als webfähige Anwendung über den Browser laufen. Im
Hinblick auf die Auswahl von zwei verschiedenen Softwareprogrammen, welche
jeweils eigene Methoden und Strukturen für ihre Webanwendungen nutzen, wer-
den sie auf die Einhaltung von Standardtechnologie wie HTML5 und WebGL unter-
sucht, um die mögliche Integration der Produkte untereinander zu gewährleisten.
Grundlagen 10
Das Document Object Model (DOM) wird vom World Wide Web Consortium als
Spezifikation der Schnittstelle für den Zugriff auf HTML oder XML-Dokumenten
definiert. Für die Entwicklung von Webanwendungen ist die DOM-Struktur inner-
halb eines HTML-Dokumentes grundlegend, um gezielten Zugriff auf einzelne Ele-
mente herzustellen. Dies kann clientseitig dynamisch über Javascript erzielt wer-
den. Für die Darstellung von 2D- sowie 3D-Grafiken wird in der aktuellen HTML5
Fassung das Canvas Element geboten. Die HTML5-Unterstützung wird über den
Webbrowser bereitgestellt. Dabei ist zu beachten, das jeder Browser HTML5 auf
verschiedene Art und Weise unterstützt. In Kapitel 3 wird für das E-Learning-
Tool unter anderem das Kriterium der Bereitstellung eines HTML5-fähigen Exports
und auf kompatible Browser überprüft. Der Einsatz von proprietären Webplayern,
wie z.B. dem UnityWebGL Player, soll gemieden werden. Daher wird für die 3D-
Darstellung im Browser auf die WebGL-Schnittstelle gesetzt. Die 3D-Darstellung
erfolgt über das WebGL Framework auf dem HTML5 Canvas Element. Die Un-
terstützung von WebGL muss im Browser integriert sein (siehe [Deve16]). Die
Browserkompatibilität wird als Kriterium bei der Auswahl der Autorenwerkzeuge
gezählt.
2.6. E-Learning-Authoring-Tool
E-Learning-Authoring-Tools beschreiben einen Typ Software mit deren Hilfe Au-
toren Kurse oder Simulationen für den Bildungsbereich gestalten können. Die Er-
stellung eines E-Learning-Produktes ähnelt der einer Präsentation, mit der zusätz-
lichen Möglichkeit, über Szenengraphen nicht-lineare Kurse zu gestalten. Zusätzli-
che Module ermöglichen die Erstellung von Rate-Aufgaben (Quiz) oder Zuordnen-
Aufgaben(Puzzles). Die Software unterstützt zudem die Einbindung von Multime-
dia-Inhalten wie Bildern, oder Videos. Die interaktive Gestaltung kann etwa durch
Eingabefelder, Buttons, Schieberegler, oder Codeausführung bei einem Ereignis
(Button wurde gedrückt) implementiert sein.
Grundlagen 11
2.7. 3D-Game-Engine
Als Software-Framework bieten moderne 3D-Game-Engines eine Vielzahl an Soft-
waremodulen (siehe Abbildung „Aufbau einer Runtime Game Engine“ in [Greg14]).
Durch die Zustandsmaschine (FiniteStateMachine) sind Zustandsbestimmungen
und -änderungen und dynamische Parameteranpassungen möglich. Das dazuge-
hörige Scripting-System erlaubt es dem Autor, auf 3D-Modelle zuzugreifen und
ihre Eigenschaften manipulieren zu können. So können Objekte über Scripte an
Positionen verschoben, oder rotiert werden. Es gibt Softwarekomponenten zur
Steuerung eines Charakters und Subsysteme für die Kamerasteuerung. Weiterhin
gibt es eine Anbindung an Ressourcen wie Texturen und 3D-Modelle. Das Physik-
Engine Modul kann für Kollisionen zwischen Objekten genutzt werden und bietet
die Möglichkeit Schwerkraft nach zu stellen. Durch die Rendering-Engine können
realitätsnahe Szenen nachgestellt werden.
2.8. 3D-Puzzle Metapher
Im Paper „Using a 3D Puzzle as a Metaphor for Learning Spatial Relations“
[Ritt+00] wird die 3D-Puzzle Metapher für das Zusammensetzen von 3D Model-
len eingeführt, um räumliche Relation innerhalb eines 3D-Szenarios zu erlernen.
Anwender lernen den 3D Raum kennen, indem sie ein komplexes spezifisches 3D-
Modell aus elementaren 3D-Objekten zusammenfügen. Aus der Metapher heraus
werden für die Sortierung von 3D-Teilen und dem Anlegen von Subkomponenten
Ablagemöglichkeiten angeboten. Auch wird ein 3D-Modell zur Veranschaulichung
des final zusammengesetzten Objektes für die Motivation und Hilfestellung an-
gezeigt und kann von allen Seiten betrachtet werden. Von der Metapher gelöste
Aspekte beinhalten Texthinweise und die gespeicherte Struktur des 3D-Modells,
welche am Computer dem Anwender helfen können. Beispielhaft werden die in
der Anatomie üblichen Informationen zu einzelnen Objekten des Körpers, wie Na-
me, Lage und Organsystem erwähnt. Diese Informationen können für die korrekte
Anordnung der elementaren 3D-Objekte vom Anwender verwendet werden. Aus-
Grundlagen 12
gehend von der räumlichen Wahrnehmung des Menschen und den dafür wichtigs-
ten Hinweisreizen wird eine Szene erstellt, bei der unter anderem das zu bearbei-
tende Objekt immer einen Schatten auf eine Ebene wirft, die sich, wie das Licht,
mit der Kamera dreht. Ein Detailfenster zeigt dem Anwender das aktuell selek-
tierte Objekt in vergrößerter, nicht verdeckter, automatisch rotierter Ansicht. Bei
Berührung mit dem Zeigegerät werden Objekte hervorgehoben. Eine Explosions-
ansicht, realisiert durch das Verkleinern der Objekte an Ort und Stelle, unterstützt
das Erkennen der Objekte weiter. Semi-Transparenz aller anderen Objekte, hilft
bei der Selektion eines einzelnen Bauteils, das selektierte Objekt zu erkennen.
Interaktionen der Anwendergruppe Studenten, welche im Gegensatz zu Autoren
keine Möglichkeit haben ein 3D-Modell zu segmentieren, oder anderweitige Ände-
rungen an der Vorgegebenen Struktur vorzunehmen, beschränken sich, neben der
Einstellung des Schwierigkeitsgrades, auf fünf Interaktionsmöglichkeiten. Das Er-
kennen von Objekten, die Selektion von Objekten, die Gruppierung von Objekten,
die Translation von Objekten und das Andocken von Objekten.
Dem Anwender wird für die Selektion von Objekten die Möglichkeit gegeben, ne-
ben der direkten 3D-Objekt-Auswahl aus einer Textliste zu wählen. Falls ein Ob-
jekt bei der Selektion über Text verdeckt ist, wird das Objekt auf den Anwender
zu bewegt, bis es sichtbar ist. Zur Verwaltung von Objekten, können Teilmengen
erstellt und an unbegrenzt vielen 3D-Ansichten geheftet werden. Eine Mehrfachs-
elektierung ist, wie auch eine Selektierung nach Kategorie möglich. Die Ansichten
lassen sich individuell beschriften und Objekte per Drag & Drop zwischen ihnen
bewegen. Die Kollisionsabfrage wird visuell durch das Hervorheben der sich kol-
lidierenden Objekte unterstützt. Zudem ist ein Audiohinweis zu hören und ein
Texthinweis in der Statusleiste zu lesen. Zur weiteren Hilfestellung wird ein semi-
transparenter Schattenkörper während der Translation von Objekten angezeigt.
Der Körper erstreckt sich vom selektierten Objekt zu seinem Schatten und kann
die räumliche Wahrnehmung bei der Positionierung erheblich unterstützen. Für
das Andocken von Objekten werden Andockpunkte durch einfache 3D-Objekte
wie Kugeln, oder Quader in einer leicht identifizierbaren Farbe angezeigt. Das
Andocken ist sehr durchdacht implementiert. Dazu gehören unter anderem ein
Grundlagen 13
Zuschnapp-Mechanismus über Schwellenwert, die Differenzierung von korrekten
und inkorrekten Verbindungen, eine dedizierte Bewegung für das Entkoppeln, ei-
ne Technik „reverse snapping“ genannt, die es erschwert, falsche Verbindungen
zu setzen, indem das gegenüberliegende Objekte rückstoßend wirkt. Die Control-
Display-Ratio wird hierbei erhöht.
Die Erkenntnisse dieser Arbeit führen zu der Annahme, dass die 3D-Puzzle Me-
tapher für die Erstellung des Werkstatt-Lernmoduls, in dem etwa ein Gesamtsys-
tem demontiert und einzelne Subsysteme isoliert betrachtet werden sollen, eine
vielversprechende Lösung ist. Es werden Probleme zur Verdeckung von Objekten
gelöst, das Erkennen von Objekten optimiert und eine Zuordnungsmethode durch
Andocken vorgestellt.
2.9. E-Learning mit VR
Im Tagungsband Informatics Inside 2015 der Hochschule Reutlingen überprüft
Alexander Zimmermann als Vorbereitung für seine Masterarbeit im Paper „Mit
Virtual Reality zum E-Learning - eine prototypische Anwendung“ anhand von zwei
Prototypen auf Basis der Unity Engine mit Hilfe von verschiedenen VR-Eingabe-
geräten, die Möglichkeit, virtuelle Lernumgebungen zu entwickeln und vergleicht
dabei die verschiedenen Interaktionsarten. Ein Prototyp baut auf die VR-Geräte
Oculus Rift VR und Microsoft Kinect v2 auf, der andere Prototyp auf Leap Moti-
on und Microsoft Kinect v2 [KMT15]. Arbeitsabläufe an den Industriemaschinen
sollen über die Interaktionsmethoden für den Anwendungsfall einer Schulung von
Arbeitern an Maschinen virtuell ermöglicht werden. Das System soll während der
Masterarbeit um die Fähigkeit erweitert werden, den Fortschritt einer Aufgabe und
die Richtigkeit der Lösung auszugeben. Dadurch soll die Möglichkeit der Bewer-
tung der Arbeit eines Nutzers über den Einsatz konstruktivistischer Lerntheorie
geschaffen werden. Auf die Verwendung der Unity Engine in der Version 4.6.3
wird im Prototypenaufbau kurz eingegangen. Diese Version war noch unter zwei
verschiedenen Lizenzmodellen angeboten und nur die kostenpflichtige Unity Pro
Version ist mit den nötigen Plugins für die Nutzung der Microsoft Kinect v2 kom-
Grundlagen 14
patibel. Es folgen Erkenntisse des Papers über die Beschränkungen der Systeme,
im Einzelnen vor allem über die Trackingqualität der Lösungen, und zur Analyse
der einzelnen VR-Eingabegeräte:
1. Um VR-Krankheit vorzubeugen sind 75 Bilder pro Sekunde empfohlen.
2. Der Aufbau von VR-Hardware braucht genügend Platz (2,3m Abstand zur
trackenden Person)
3. Der alternative Aufbau ist über eine Laptop-Tornister Konfiguration perfor-
mance-technisch nicht adäquat ausgestattet.
Die Forschung zur VR-Krankheit ist noch jung [Laws14]. Laut Oculus VR ist ein Be-
trieb von VR-Software aus technischer Seite ab 90 Bildern pro Sekunde empfohlen
[Bins15]. Auf der Oculus VR Webseite können die dafür empfohlene Hardware-
ausstattung und auch Beispielsysteme eingesehen werden [Ocul16a][Ocul16b].
Bis Ende des Jahres 2016 sollen etwa 1% der verkauften PC-Geräte VR-taugliche
Performance bieten können [Ian 15].
Es wird ersichtlich, warum der Einsatz einer VR-Lösung für den begrenzten Raum
in den Laboren des Instituts für Berufs- und Betriebspädagogik der Otto-von-Gue-
ricke-Universität Magdeburg nicht geeignet ist. Weiterhin stellt eine VR-Lösung
keine Option dar, die auf konventionellen Geräten in akzeptabler Geschwindig-
keit lauffähig und mobil nutzbar ist (Vergleiche mit den Anforderungen in Ab-
schnitt 1.2 auf Seite 2). In einem dedizierten Raum mit ausreichend Platz und
ausreichend starker Hardware kann durchaus ein potenziell immersiveres virtuel-
les Lernszenario angeboten werden.
Grundlagen 15
2.10. Fallstudie: Unity als
3D-E-Learning-Authoring Tool
Die Firma brightwave Group spezialisiert sich auf E-Learning-Produkte. Auf ihrer
Homepage ist eine Fallstudienbeschreibung zu einer E-Learning-Webanwendung
eines medizinischen Analysegerätes zu finden [brig13]. Das E-Learning-Produkt
wurde sowohl für die interne Nutzung des Kunden als auch für die lösungsorien-
tierte Beratungstätigkeit von Endkunden konzipiert. Ein 3D-Modell des medizini-
schen Gerätes kann frei im Raum rotiert werden. Elemente von Interesse, etwa Be-
dienelemente, werden über einen Hotspot markiert. Bei Betätigung der Hotspots
werden Textfenster zu den Elementen angezeigt. Es werden kurze Anwendungs-
szenarien, wie das Einrichten des Gerätes, oder der Prozess der Analyse, interaktiv
gestaltet. Durch die Möglichkeit des Einsatzes des E-Learning-Szenarios auf einem
iPad können die Bedienelemente des virtuellen Gerätes über den Touchscreen ge-
drückt werden.
2.11. Zusammenfassung
Die Lernstation setzt verschiedene Interaktionsmöglichkeiten voraus.
1. verschiedene virtuelle Fortbewegungsmöglichkeiten ( zu Fuß, mit dem Auto,
starr)
2. Texturenaustausch, Einfärben (Selektieren und Markieren von Objekten )
3. Kamerafahrten, Abspielen von Animationen ( Visualisierung von Wirkprinzi-
pien)
4. Drehen und Verschieben von Komponenten (Visualisierung von Maschinen-
verhalten, z.B. Getriebe)
5. Zustandbestimmungen (Maschine an/aus, Hybridfahrzeug-Akku leer, Fahr-
zeug defekt, Szenenwechsel )
6. Dynamische Parameteranpassungen (Rotationsgeschwindigkeit einstellen)
Grundlagen 16
Eine 3D-Game-Engine bietet nach [Greg14] alle nötigen Module für die Erstel-
lung eines interaktiven 3D-Szenarios. 3D-Game-Engines werden bereits erfolg-
reich in der Erstellung von E-Learning-Materialen genutzt, der Aufwand für die
Erstellung einer interaktiven 3D-Szene ist durch eine 3D-Game-Engine planbar.
VR als E-Learning kann eingesetzt werden, ist für die Lernstation aber nicht zu
bevorzugen, da die räumliche Kapazität und die technischen Anforderungen nicht
genügen. Die Möglichkeit, virtuell realitätsnahe Abbildungen interaktiv zu gestal-
ten, unterstützt durch handlungsorientiertes Lernen die bereits umgesetzte expe-
rimentierende Lernform im Labor. Durch virtuelle Interaktion können Einblicke in
die funktionalen, strukturellen und systemhierarchischen Zusammenhänge eines
technischen Systems gewonnen werden, die physisch sonst nur schwer zugäng-
lich sind. Um die Anlernschwelle der Handhabung der Werkzeugkette für Nicht-
Informatiker auf ein passendes Niveau senken zu können, um aufgaben-gerechte
Interaktionen in audio-visuell realitätsnahen Szenarien erstellen zu können, ist im
Hinblick auf die Komplexität einer 3D-Game-Engine festzuhalten, dass angepasste
Bedienungshilfen innerhalb einer 3D-Engine erstellbar sein müssen und eine gute
Dokumentation der einzusetzenden Software vorhanden ist. Um eine Arbeitsfluss-
stützende 2D-E-Learning Software zu finden, sollte sie dieselben Eigenschaften
erfüllen.
Auswahl der Autoren-Werkzeuge 17
3. Auswahl der
Autoren-Werkzeuge
Dieses Kapitel widmet sich der Auswahl der Autoren-Werkzeuge anhand der selbs-
termittelten Kriterien zur Mobilität, zur Usability des Entwicklungsprozesses, Li-
zenzkosten und Schnittstellenfähigkeit. Es werden jeweils Kriterien für die 3D-
Game-Engine und die 2D-E-Learning-Software beschrieben und anhand einer Ver-
gleichsmatrix auf die zutreffendsten Produkte verwiesen. Für die Konzeption der
Werkzeugkette von E-Learning-Autorenwerkzeugen wurde auf den Zukauf von
Software zurückgegriffen. Die Ressourcen für eine Eigenentwicklung im Bereich
des 3D-Modelling sowie einer 2D-E-Learning-Authoring Software sind nicht gege-
ben.
Ob und welches Lernmanagementsystem im Labor eingesetzt wird, ist nicht be-
kannt. Auf dieser Annahme basierend, werden Autorenwerkzeuge gesucht, die
eine Webanwendung publizieren und auf gängige Webstandards, wie HTML5 und
WebGL, setzen.
Auswahl der Autoren-Werkzeuge 18
3.1. Kriterien für die Auswahl der
Autoren-Werkzeuge
Es folgt eine Definition der Kriterien:
Lizenzkosten
Bei den Lizenzkosten wird durch die aktuelle Entwicklung im 3D-Game-Engine
Markt, auf den Ansatz „develop for free, pay later“ geachtet. Die Lizenzkosten der
E-Learning-Software sollten 1.500C nicht übersteigen.
Support
Unter Support wird die Dokumentation und Einstiegshürde gemessen. Es wird ein
Punkt für Webvideo-Anleitungen, ein Punkt für Online-Dokumentation und ein
Punkt für Support-Foren vergeben.
WebExport
Das Kriterium WebExport gibt wieder, ob die Software ein Produkt über die Stan-
dardtechnologien HTML5 und WebGL als Webanwendung veröffentlichen kann.
Browser
Im Kriterium Browser wird festgehalten, unter welchen Browsern die veröffent-
lichte Anwendung nutzbar ist. Es werden jeweils ein Punkt für eine Unterstützung
zu Chrome, Firefox und Internet Explorer vergeben. Der Safari-Browser wird nicht
überprüft, da auf einem Windows-System entwickelt wird.
Industrie
Das Kriterium Industrie gibt an, ob eine 3D-Game-Engine mit gängigen 3D-For-
maten der produzierenden Industrie umgehen kann. Die Unterstützung von 3D-
Datenformaten der 3D-Game-Engines richtet sich hauptsächlich an Programme,
die in der Unterhaltungsindustrie genutzt werden. Dazu zählen unter anderem
3DS Max, Cinema4D, Blender. 3D-Modelle in der produzierenden Industrie wer-
den über andere Programme, CAD-Programme, erstellt. Hierzu gehören etwa Ca-
tia, Autocad, archicad, Alias, Rhinoceros 3D, Solidworks, oder CREO.
Auswahl der Autoren-Werkzeuge 19
CAD-Programme
Software DatenFormat Exporte
AutoCAD .dwg, .dxf, .dxb, .dwf, .dgn, .shp
Rhino .dae , .3ds , .dwg , .dxf , .fbx, .obj , [..]
Catia .dwg, .dxf, [..]
Tabelle 1.: Liste Datenexportmöglichkeiten CAD-Programme
Beispielhaft werden in Tabelle 1 für die Programme AutoCAD, Rhino und Catia
Exportformate gelistet.
Import 3D
Das Kriterium Import 3D ersetzt für die 2D-E-Learning Software das Kriterium
Industrie. Es wird überprüft ob eine Möglichkeit besteht ein exportiertes WebGL-
Szenario in das E-Learning-Autorenwerkzeug zu laden.
3.2. Auswahl der 3D-Game-Engine
Die Anzahl der Produkte im 3D-Game-Engine Markt ist hoch. Eine Vorauswahl
beschränkt sich daher auf die drei zum Zeitpunkt (08.2016) etabliertesten 3D-
Game-Engines, die kostenlos verfügbar sind. Darunter zählen Unity 5, CryEngi-
ne V und Unreal Engine 4. Über die Tabelle 2 wird ersichtlich, dass alle drei
3D-Game-Engines gut dokumentiert sind und die Hersteller sowohl Community-
Boards als auch Videoanleitungen für die Einarbeitung bieten. Der Export einer
lauffähigen Webanwendung ist in CryEngine V nicht dokumentiert. Für die Unreal
Engine 4 ist der Support eines HTML5 Exports als experimentell gekennzeichnet.
Die exportierte Webanwendung ist zudem nur unter den 64-bit Browser Varian-
ten von Chrome und Firefox kompatibel. Unity 5 bietet produktive Unterstützung
von WebExport-Möglichkeiten. Auf den Dokumentationsseiten ist die Kompatibili-
tät zu den Browsern Chrome, Firefox und Microsoft Edge gegeben. Unter Internet
Explorer ist ein Unity 5 Export auch möglich, dabei nicht sehr performant und
deshalb mit einer Warnung versehen. Unity 5 kann im Vergleich die meisten 3D-
Standardformate aus der Industrie importieren.
Auswahl der Autoren-Werkzeuge 20
Kriterien 3D-Game-Engine
Software Lizenzkosten Support WebExport Browser Industrie
CryEngine V kostenlos 3 eigenes For-
mat
Unity 5 kostenlos 3 X 3 .fbx, .dae,
.3ds, .dxf,
.obj
UnrealEngine
4
kostenlos 3 experimentell 1 .fbx, .obj
Tabelle 2.: Liste Auswahlkriterien 3D-Game-Engine
3.3. Auswahl des 2D-E-Learning Tools
Die Auswahl des 2D-E-Learning-Authoring Tools wurde über ein Ausschlussver-
fahren vorgenommen. Neben Geenio werden Articulate Storyline 2 und Adobe
Captivate 9 analysiert.
Geenio war mit einem Jahrespreis über 1.309C zu teuer. Die beiden Alternativen
konnten zu ähnlichen Preisen für eine einmalige Zahlung gekauft werden. Genau
wie Adobe Captivate 9 bietet Articulate Storyline 2 über eine WebObject Funktion
die Möglichkeit in einer Folie per iFrame Webinhalte zu laden. Die übersichtlichs-
te Dokumentation bietet Articulate Storyline 2. Trainingsvideos, bebilderte Step-
by-Step Guides und Dokumentationen, sowie die Diskussionsforen sind unter der
E-Learning Heroes Plattform erreichbar. Zu Adobe Captivate 9 gibt es neben Trai-
ningsvideos auch eine Dokumentation auf der Adobe Plattform. Diese ist im Ge-
gensatz zur Konkurrenz nicht einheitlich gehalten und gleichzeitig trifft man auf
nicht gepflegte Links.
Die Wahl fiel auf Articulate Storyline 2, da über den HTML5-Export von Adobe
Captivate 9 integrierte Funktionen nicht mehr funktionieren sollen und die Doku-
mentation nicht an die von Articulate Storyline 2 heranreicht.
Auswahl der Autoren-Werkzeuge 21
Kriterien E-Learning-Tool
Software Lizenzkosten Support WebExport Browser Import 3D
Adobe Capti-
vate 9
1.307,81C 2(tote Links,
Übersicht)
Funktionen
gehen verlo-
ren
X X
Articulate
Storyline 2
1.242C 3 X HTML5 nur
in Chrome
X
Geenio 1.235C/pro
Jahr
Tabelle 3.: Liste Auswahlkriterien E-Learning-Tool
3.4. Zusammenfassung
Unity in Version 5 wurde aufgrund der umfassenden Dokumentation und dem
breitesten Support für relevante Industrie-3D-Datenformate ausgewählt. Gleich-
zeitig bietet Unity bisher als einziger der etablierten 3D-Game-Engines eine pro-
duktive Unterstützung für den WebGL-Export.
Die E-Learning-Authoring-Tool Landschaft ist hoch fragmentiert. Es gibt viele Pro-
dukte, die aufgrund verschiedener Schwerpunkte in der Gestaltung von Inhalten
nicht einfach zu vergleichen sind. Adobe Captivate 9 und Articulate Storyline 2
bauen beide auf einer standardnahen GUI auf. Beide Produkte unterstützen das
Importieren von Webinhalten. Darunter ist auch der WebGL-Export von Unity zu
zählen. Für einen produktiven Einsatz hat im Vergleich Articulate Storyline 2,
trotz der beschränkten Browser-Kompatibilität beim HTML5-Export, am besten
abgeschnitten. Die Dokumentation und Einführungshilfe von Articulate Storyline
2 überzeugt bei der Gegenüberstellung.
Entwurf 22
4. Entwurf
Im ersten Abschnitt dieses Kapitels werden die Erkenntnisse aus den Beobach-
tunge der Endergebnisse des Seminars „Gestaltung von Lernumgebungen für die
berufliche Aus- und Weiterbildung“ festgehalten. Im Hinblick auf die einzuset-
zende Software, wird ein Use Case Diagramm erstellt. Daraus entwickelt sich ein
Bedienungs-Konzept. Die Schnittstelle zwischen den beiden Autoren-Werkzeugen
wird schematisch dargestellt.
Der vorläufige Workflow sieht folgendermaßen aus (vergleiche mit Abbildung 2):
1. 3D-Daten werden von Mitarbeitern der Universität bereitgestellt.
2. Die 3D-Daten werden vom Autor in Unity importiert.
3. Der Autor bereitet die Szene in Unity vor. (Licht,Steuerung,Kamera)
4. Der Autor setzt Navigationspunkte in der Szene
5. Der Autor markiert Game-Objects in Unity, welche 3D-Geometrie-Daten ent-
halten, für eine Interaktion
6. Der Autor bereitet Inhalte, Texte und Bilder, methodisch und didaktisch für
das Articulate Storyline 2 Szenenboard vor.
7. Der Autor integriert Inhalte nach Articulate Storyline 2.
8. Der Autor integriert auf einer Folie einen Unity-Export. (WebObject)
9. Der Autor will Unity-Game Objects über Storyline-Kontrollobjekte steuern.
10. Der Autor will über eine Unity-Game Objekt Interaktion Storyline-Inhalte
anpassen.
Entwurf 23
Abbildung 2.: Erstes Konzept
4.1. Erkenntnisse aus dem Seminar �Gestaltung
von Lernumgebungen für die beru�iche Aus-
und Weiterbildung�
Zehn Gruppen haben ihre Ergebnisse präsentiert. Dabei wurde Articulate Storyli-
ne 2 und Unity genutzt. Insgesamt haben die Gruppen die Ariculate Storyline 2
Konzepte in ihren E-Learning-Applikation erfolgreich adaptiert. Es wurden Trig-
ger verwendet, um Folien zu wechseln. Dies wurde z.B. über interaktive Karten
gestaltet. Auch wurde die Video- und Audio-Einbettung genutzt. Die Funktion des
Drag & Drop Puzzles und das Quiz, sowie die Bereitstellung von vorgefertigten
Charakteren sind häufig implementiert worden.
Unity hingegen wurde nur in drei Projekten als interaktives 3D-Szenario genutzt.
Dabei wurde das Problem, den Unity-WebGL Export in das Storyline-Szenario ein-
zufügen, deutlich. Die Gruppen haben ihre Unity-Projekte separat vorgeführt.
Nach dem Ziel, eine funktionsfähige Schnittstelle zwischen Unity und Articulate
Storyline 2 bereit zu stellen, ist das Ziel, die Handhabung in Unity über Editor-
Anpassungen und Objekterstellungsautomatismen eingängiger zu gestalten.
Entwurf 24
4.2. Bedienungs-Konzept
Sowohl 3D-Game-Engine, als auch E-Learning-Authoring-Tool stellen fensterba-
sierte interaktive Systeme dar. Dabei stellt eine 3D-Game-Engine, wie in
Abschnitt 2.7 auf Seite 11 beschrieben, ein hochkomplexes System dar. Der Autor
muss ohne Vorkenntnisse großen Aufwand investieren, um die gewünschten Funk-
tionalitäten über die bereitgestellten Fenster und Menüs des Editors zu erreichen.
Die Autoren-Werkzeuge sollen von Nicht-Informatikern zur Erstellung von interak-
tiven E-Learning-Inhalten mit eingebundenen interaktiven 3D-Modellen genutzt
werden. Der Autor soll mit so wenig Programmiercode konfrontiert werden wie
möglich. Die Benutzerschnittstelle von Articulate Storyline 2 ist an Standardsoft-
ware, wie zum Beispiel Microsoft Office, angelehnt. Funktionen, wie das Wechseln
einer Folie werden über Trigger angelegt. Kontrollvariablen werden bei der Erstel-
lung von interaktiven Objekten wie Slider oder Buttons automatisch angelegt. Die
3D-Game-Engine Unity bietet über den Editor visuell intuitive Erstellungsmöglich-
keiten. Ohne Konzepte wie GameObjects oder Kenntnisse über C#-Skripte lassen
sich aber keine interaktiven Szenarien erstellen. Um eine größtmögliche Codefrei-
heit zu gewährleisten, werden für den Unity Editor Erweiterungen und Anpas-
sungen vorgenommen, sodass über eindeutige Bezeichnungen Skripte an Objekte
über ein Menü angehangen werden können. Genauso bietet ein Hilfemenü schnel-
le Übersicht über bereits erstellte interaktive Elemente, die in Articulate Storyline
2 weiterverarbeitet werden sollen.
4.3. Schnittstelle zwischen Unity und Articulate
Storyline 2
Als Schnittstelle werden Funktionen in einer .jslib Datei unter Unity als Plugin ge-
laden. Über diese Funktionen können Unity-Interaktionen Parameter im Storyline-
Szenario ändern (siehe Abbildung 3). Der Articulate Storyline 2 Player kann über
die DOM-Struktur oder mit Javascript erreicht werden. Dies ist die einzige Schnitt-
Entwurf 25
stelle, die Storyline 2 bereitstellt. Eine API gibt es nicht. Es wird über die Articulate
Triggerfunktionalität am Anfang der Folie Javascript-Code ausgeführt. Dabei wird
auf die Unity-Funktion SendMessage zurückgegriffen. Über an die Unity-Objekte
angehängte Scriptkomponente kann eine Variable angesteuert werden.
Abbildung 3.: Kommunikation zwischen Unity und Storyline
Entwurf 26
4.4. Zusammenfassung
Möglichkeiten für eine funktionierende Kommunikation zwischen Unity und Arti-
culate Storyline 2 sind gegeben. Diese werden im nächsten Kapitel implementiert.
Das Bedienungskonzept soll möglichst ohne Code-Anpassungen funktionieren. Da-
zu wird die Unity-Nutzeroberfläche angepasst und durch eigene Menüpunkte er-
weitert. Über diese Menüpunkte sollen Funktionalitäten, wie das Selektieren und
Markieren von einer Objektgruppe, oder für die Kommunikation zu Storyline 2
angepasste Objekte, automatisch generiert werden. Die Anlernschwelle der Hand-
habung der Autoren-Werkzeugkette für Nicht-Informatiker ist auf ein niedriges Ni-
veau zu senken, um aufgaben-gerechte Interaktionen in audio-visuell realitätsna-
hen Szenarien erstellen zu können und soll die Bereitschaft für Autoren erhöhen,
auch interaktive 3D-Inhalte in Lernmaterialien zu verwenden.
Implementierung 27
5. Implementierung
In diesem Kapitel wird die Implementierung des Use Case dargelegt (siehe Ab-
bildung 4). Darunter fallen User-Interface Anpassungen am Unity-Editor, die Be-
schreibung des Szenenaufbaus und die Bereitstellung der Kommunikationsschnitt-
stelle. Die Implementierung der Unity Anpassungen werden im .unitypackage For-
mat gespeichert. In Articulate Storyline 2 wird die Erstellung eines Templates
erläutert, in dem alle nötigen Elemente für die Kommunikation zwischen Unity-
Export und Articulate Steuerelementen enthalten sind. Weitere Bearbeitungsschrit-
te des Autors enthalten die Anpassung von Variablennamen nach der Benennung
im Unity Editor und die Veröffentlichung des fertigen E-Learning-Inhalts. Abschlie-
ßend wird die Softwareverteilung beschrieben.
Abbildung 4.: Use Case
Implementierung 28
5.1. Bereitstellung grundlegender Funktionalitäten
in Unity
In einer 3D-Szene ist die Möglichkeit gegeben, sich interaktiv im Raum zu bewe-
gen. Dabei sollen Interaktionen mit anderen Objekten in der Szene möglich sein.
5.1.1. Steuerung
In den von Unity angebotenen Standard-Assets gibt es bereits eine Vielzahl von
möglichen Charaktersteuerungen. Darunter fallen Third-Person, oder First-Person-
Steuerungen. In der Third-Person-Perspektive, wird die Kamera hinter einem Spiele-
Avatar gesetzt. Die planare Steuerung wird über Pfeiltasten, oder die für Spiele
typische WASD-Steuerung umgesetzt. Die Leertaste ist für das Springen und die
Steuerungstaste für das Ducken belegt. Durch Mausbewegungen wird die Kamera
rotiert. Die selben Steuerungsfeatures sind für die First-Person-Steuerung hinter-
legt. In der First-Person-Perspektive liegt die Kamera auf Kopfhöhe der Spielfi-
gur und befindet direkt vor ihr. Die Standard-Assets sind bereits mit vielen der
Unity-Engine eigenen Fähigkeiten, wie der Physik-, und Audioengine belegt. Für
die Third-Person-Ansicht wird ein animiertes 3D-Modell bereitgestellt. Durch die
Anzeige eines Spieleavatars, sowie dessen Animation, durch den Einsatz von Au-
diosystemen, die etwa Schrittgeräusche wiedergeben, oder physikbasierte Funk-
tionen, die eine glaubwürdige Kollision mit anderen Objekten in der Szene bietet
und Schwerkraft simuliert, oder Headbob und Hüpf-Methoden kann die Immersi-
on des Spielers gefördert werden. Als Headbob wird die Simulation der Kopfbewe-
gung beim Laufen bezeichnet. Hierbei schwingt die Kamera nach einer bestimm-
ten Schrittgröße periodisch in einem kleinen Bogen nach links und rechts. Für eine
zielgerichtete Entwicklung wird auf diese komplexeren Systeme verzichtet.
Für das Proof-of-Concept wird für die Übersichtlichkeit auf eine rudimentäre Spie-
lersteuerung aus der Egoperspektive gesetzt. Eine Tastensteuerung ist für die pla-
nare Steuerung zuständig. Bei gedrückter rechter Maustaste und gleichzeitigem
Bewegen der Maus wird die Kamera rotiert. Die Steuerung ist auch in Z-Richtung
Implementierung 29
frei. Über Eventhandler wird ein Tastendruck verarbeitet und die Position in eine
bestimmte Richtung in Abhängigkeit der Zeit und einem Multiplikator verschoben.
Das Steuerungsscript liegt am Player-GameObjekt in der Szene. Das Rotieren um
Y- und Z-Achse wird über eine Maussteuerung implementiert. Die Maussteuerung
liegt als CameraOrbit-Klasse an der Kamera. Ein Hüfpen oder Ducken ist nicht
implementiert.
5.1.2. Selektieren von Elementen mit Raycasting
Für die Entwicklung eines präzisen Selektierung von Objekten in der Szene über
die Mausposition wurde auf Physik-Engine-basierte Methoden gesetzt.
Zur Kollisionsabfrage stehen über die Physics-Klasse der eingebauten Physik-En-
gine eine Raycast Methode und die Collider-Komponente bereit. Mit Hilfe der
RayCast Methode könnnen Strahlen in die Szene geschossen werden. Ein Strahl
besitzt einen Urpsrung und wird in eine Richtung geschossen. Objekte, die eine
Collider-Komponente besitzen und auf dem Strahl liegen, werden getroffen. Über
LayerMasken kann darüber hinaus bestimmt werden, ob bestimmte Objekte nicht
mit den Strahlen interagieren sollen. Die RaycastHit-Struktur stellt Informationen
über das getroffene Objekt bereit. Mit Hilfe des Längenparameters kann der inter-
aktive Bereich des Strahls auf eine bestimmte Strecke reduziert werden. Wird mit
der Maus über ein Objekt gefahren, werden über Eventhandler-Methoden folgen-
de Funktionalitäten bereitgestellt:
1. Selektieren eines Objektes für eine interaktive Subsystem-Anzeige. (Verglei-
che Anforderung der Werkstatt der Lernstation)
2. Anklicken eines Objektes für die Navigation zwischen Unity und Articulate
Storyline 2.
3. Darüber hinaus könnten Drag & Drop Aufgaben mit GameObjects in der Sze-
ne realisiert werden.
Implementierung 30
5.1.3. Benutzungshilfen
Neben dem Aufsetzen eines Szenarios mit allen nötigen Elementen für die erfolg-
reiche Kommunikation zwischen Unity WebGL Export und Articulate 2 werden
eigene GUI-Erweiterungen geschrieben, die der Steigerung der Übersicht und ein-
fachen Verwaltung von Parametern, die zwischen den beiden Programmen genutzt
werden, dienen. Über die Unity Editor Extensions können eigene Menüpunkte
in die Hauptmenüleiste eingetragen werden. Auch sind Kontextmenü Anpassun-
gen möglich. Der Inspektor bietet die Schnittstelle für Parameter und Variablen-
Anzeige innerhalb des Editors zu einem ausgewählten Objekt. Bei der Entwicklung
der Menübausteine wurde auf Prinzipien der Menügestaltung geachtet [PrDa10,
p.136]. Buttons werden betätigt um eine Funktion auszuführen. Dropdown-Listen
werden verwendet, um einen Zustand festzulegen. Auch werden Dropdown-Listen
als Constraint für Parameter genutzt, die nur einen bestimmten Wert einer vorge-
fertigten Liste haben können. Die für Articulate Storyline 2 verfügbaren Zusatz-
funktionen sind jeweils im Hierachiemenü, in der oberen Menüleiste und im In-
spector unter Storyline 2 zu finden.
Über das Hilfemenü für Navigationselemente in der oberen Menüleiste unter Sto-
ryline 2 (siehe Abbildung 5), werden alle Navigationselemente in der Szene ge-
listet und die Informationen über selektierbare Label bereitgestellt (siehe Abbil-
dung 6).
Abbildung 5.: Hilfemenü Position im oberen Unity-Menü
Implementierung 31
Abbildung 6.: Hilfemenü für Navigationselemente in Unity
Ein Klick auf den Selektiere-Button löst eine Hervorhebung des Objektes in der
Hierarchie aus (siehe Abbildung 7). Gleichzeitig wird das Objekt selektiert und im
Inspektor in angepasster Sicht die Parameter des Objektes angezeigt (siehe Abbil-
dung 8). Die Felder „Von Inhalt“ und „Zu Inhalt“ sind durch eigenen Text eindeutig
zu beschreiben, um eine bessere Übersicht bei der weiteren Bearbeitung des Sze-
narios zu erhalten. Die Variable inhaltsWechsel ist auch in Articulate Storyline 2
angelegt. Dort kann durch einen Trigger bei Änderung der Variablen eine Aktion
ausgeführt werden. So kann eine Textbox versteckt und gleichzeitig ein Button
auf der selben Seite angezeigt werden. Die ObjektGruppe, die solch eine Funkti-
Implementierung 32
on in Unity darstellt, kann mit einem Rechtsklick im Hierarchiemenü unter dem
Menüpunkt Storyline 2 angelegt werden (siehe Abbildung 9).
Abbildung 7.: Hervorheben des angeklickten Elementes
Abbildung 8.: Hilfemenü für Navigationselemente in Unity
Implementierung 33
Abbildung 9.: Hilfemenü Position im oberen Unity-Menü
5.1.4. Szenenaufbau
Die Szene verfügt über Kontrollobjekte für die Selektion (über RayCasting), für
die Kamerasteuerung und für die Spielersteuerung. Ein Kontrollobjekt für die Sze-
nenverwaltung ist ebenso angelegt, wie eine Umgebung, die sich je nach Szene
dynamisch anpasst. Dazu erhalten ObjektGruppen die Komponente „Selektierbare
Gruppe“ , die über den „Add Component“ Button im Inspector-Bereich unter der
Storyline 2 Gruppe auswählbar ist (siehe Abbildung 10).
Implementierung 34
Abbildung 10.: Gruppierte Storyline 2 Komponenten
5.1.5. Bereitstellen der Kommunikationsschnittstelle
Für eine erfolgreiche Integration eines Unity-WebGL-Exports in ein Storyline 2 Pro-
jekt gelten folgende Bedingungen: Es müssen Funktionen über Unity bereitgestellt
werden, mit denen Variablen in Storyline 2 Projekten angesteuert werden können.
Im .jslib Format liegen diese Funktionen unter dem Ordner Assets/Plugins/WebGL.
Unity erkennt diesen Pfad automatisch als Plugin-Ordner und kompiliert diese
beim Export dementsprechend. Die Syntax ist in der Unity-Dokumentation be-
schrieben. Durch die Bereitstellung der Funktionen können Interaktionen mit 3D-
Objekten in der Szene zum Auslösen der Funktionen führen.
Implementierung 35
5.2. Die Szenariobereitstellung
3D-Inhalte werden über Unity in eine neue Szene eingefügt. Die nötigen Assets
für die Kommunikation zwischen 3D und 2D Inhalten werden im .unitypackage-
Format zusammengefasst und über den Unity-Editor bei der Erstellung eines Pro-
jektes in eine neue Szene importiert.
5.3. Articulate Storyline 2 Template
Der Autor wird über die Bereitstellung eines Templates für Articulate Storyline 2
folgendermaßen entlastet:
Es werden Variablen für den Informationsaustausch zwischen Articulate Storyline
2 und Unity angelegt. Dazu werden Javascript-Funktionen in Triggern für das An-
steuern von Objekten im Unity-WebGL-Export hinterlegt. Eine WebObject-Folie ist
bereits erstellt.
Abbildung 11.: Folie mit WebObject und Bedienelementen in Storyline 2
Implementierung 36
Weitere Folien dienen zu Demo-Zwecken dem Lernen verschiedener Interaktions-
möglichkeiten zwischen den beiden Autoren-Werkzeugen.
5.3.1. Vorteile der Articulate GUI
Die Erstellung einer GUI in Unity erfordert vergleichsweise hohe Einarbeitungs-
kosten. Articulate Storyline 2 bietet über seine an Standardsoftware angelehnte
Benutzeroberfläche bereits eine Vielzahl von Steuerelementen, die beim Anlegen
für das Triggersystem jeweils zusätzlich eigene Variablen zur Ansteuerung in der
Szene anlegen.
5.3.2. Triggersystem
Über das Triggersystem können Aktionen über Bedingungen ausgelöst werden.
Eine Aktion kann hierbei etwa das Auslösen von Javascript sein, oder eine Verän-
derung des Zustandes eines Objektes in der Articulate Szene. Ein Textfeld besitzt
etwa einen Anzeigestatus. Dieser kann von normal auf hidden gesetzt werden, und
wird dann versteckt. Bedingungen sind logische Ausdrücke, etwa ein Vergleich ob
eine Variable einen bestimmten Wert annimmt oder nicht. Das Triggersystem wird
für die Kommunikation in beide Richtungen verwendet. Somit kann beispielswei-
se bei einer Änderung einer Variablen, über einen Klick auf ein Unity-Objekt, eine
Funktion des Unity-WebGL-Plugins ausgelöst werden und daraufhin ein Textfeld
der Storyline-Folie versteckt werden. Im Umkehrschluss kann über die Ausfüh-
rung von Javascript über einen Trigger, eine Funktion eines Unity-Objektes über
den SendMessage()-Befehl des Unity-Player-Objektes angesteuert werden.
Implementierung 37
Abbildung 12.: Trigger zum Folienwechsel im Storyline 2 TriggerWizard
5.3.3. Bereitstellung der Kommunikation
Der Unity WebGL Export wird über das Ribbon-Menü als WebObject in das Articu-
late Storyline 2 Projekt über die Pfadangabe eingefügt. Das WebObject wird inner-
halb eines IFrames bereitgestellt. Daher wird über die DOM-Struktur der HTML-
Seite per Javascript das Objekt identifiziert und als Variable in Articulate Storyline
2 abgespeichert. Nun können mit der Funktion SendMessage() auf Funktionen ei-
nes Unity-Objektes zugegriffen werden. Diesem kann mit einem SendMessage()-
Befehl ein Parameter übergeben werden (siehe [Unit16]). Der SendMessage()-
Befehl wird als Javascript über einen Trigger ausgeführt, der aktiviert wird, wenn
in Articulate Storyline 2 ein interaktives Element, zum Beispiel ein Button, betätigt
wird.
Implementierung 38
5.4. Softwareverteilung
Die Verteilung der Software erfolgt nach abgeschlossener Veröffentlichung des Ar-
ticulate Storyline 2 Szenarios auf einen Webserver. Lokal wurde über das XAMPP-
Paket der Apache-Webserver unter Windows 10 genutzt.
5.5. Zusammenfassung
Über Javascript konnte erfolgreich eine Kommunikation zwischen beiden Autoren-
Werkzeugen hergestellt werden.
Der Autoren-Workflow, bestehend aus
1. dem Laden von 3D-Objekten in den Unity-Editor
2. dem Gestalten der Szene
3. dem Anlegen interaktiver Objekt
4. dem Export des Unity-Projektes nach WebGL-Standard
5. der Integration des Unity-WebGL-Exports in Articulate 2
6. dem Gestalten von Folien
7. dem Anlegen von Triggern, die bei Unity-Interaktionen ausgelöst werden
8. dem Anlegen von Triggern, die bei Articulate-Interaktionen Javascript-Funk-
tionen ausführen
9. dem Veröffentlichen des Projektes als HTML5-Webanwendung für den Chrome-
Browser
ist erfolgreich übertragen worden.
Evaluation 39
6. Evaluation
Es wird angenommen, dass Unity als komplexe 3D-Game-Engine einen höheren
Anlernaufwand benötigt, als Ariculate Storyline 2. Um diesen Umstand zu mini-
mieren, wurden UI-Anpassungen im Unity Editor vorgenommen, welche den Über-
blick über relevante Objekte stützen und relevante Interaktionsmöglichkeiten über
Klicks erreichbar gestalten.Zudem muss ein Autor kein Skript schreiben, um inter-
aktive 3D-Objekte zu gestalten. Die Evaluation soll Antworten auf folgende Fra-
gen geben: Befähigt die Werkzeugkette einen Autor, der Nicht-Informatiker ist, ein
funktionsfähiges 2D-E-Learning-Produkt mit interaktiven 3D-Elementen zu erstel-
len? Haben die UI-Anpassungen in Unity dazu beitragen können? Kann Storyline
2 mit den Trigger-Funktionalitäten, der Integration eines 3D-Szenarios über Web-
Object dabei helfen? Ist der Einstieg in Unity für das Erstellen eines 3D-Szenarios
für eine E-Learning-Anwendung geglückt? Die Evaluation der Werkzeugkette soll
neben dem erfolgreichen Erstellen eines funktionsfähigen 2D-E-Learning-Produkt
mit interaktiven 3D-Elemente durch einen Nicht-Informatiker, Verbesserungspo-
tenziale offenbaren. An der Evaluation haben drei Tester teilgenommen. Zwei Tes-
ter ohne Kenntnisse im Umgang mit Unity und ohne Kenntnisse im Programmieren
haben teilgenommen. Zu Vergleichszwecken wurde ein Tester mit Unity- und Pro-
grammiererfahrung befragt. Von den Testpersonen war eine Person weiblich. Das
Alter der Tester liegt zwischen 24-31 Jahren. Es wird überprüft, ob ein Proband die
Aufgaben im Zeitrahmen lösen konnte. Die Probanden überprüfen ihr interaktives
Szenario am Ende selbst auf Funktionalität. Über den Fragebogen wird ermittelt,
ob die Ähnlichkeit der Benutzeroberfläche von Articulate Storyline 2 zu Microsoft
Office Produkten geholfen hat. Auch wird ermittelt, ob die UI-Anpassungen im
Unity Editor in Form der zusätzlichen Hilfemenüs hilfreich waren. Da der Work-
Evaluation 40
flow in Articulate Storyline 2 nicht ohne Anpassungen an Javascript-Code Zeilen
auskommt, wird nach dem Aufwand gefragt. Es wird beobachtet, welche zusätzli-
chen Werkzeuge genutzt werden, etwa Stift und Papier. Für Nachfragen stand der
Autor dieser Arbeit bereit, die Häufigkeit der Nachfragen pro Probanden wurde
festgehalten. Zur Motivation wird über den Fragebogen erfragt,ob das Erstellen
eher Frustmomente hervorgerufen hat, oder Freude bereitet hat. Verständnisfra-
gen zum Workflow sollen abfangen, ob der Workflow erkennbar ist. Fragen zu den
technischen Funktionen von Unity und Articulate 2 sollen festhalten, welche Funk-
tionalitäten bei der Erstbenutzung am einprägsamsten waren. Der Anlernaufwand
wird über den zeitlichen Aufwand und über Verständnisfragen überprüft. Die Eva-
luation ist nicht repräsentativ.
6.1. Testaufbau
Die drei Tester haben zu Beginn einen Fragebogen erhalten. Vor der Einrichtung
der Autoren-Werkzeuge und dem Studium der Anleitung sollen die Probanden ihre
Kenntnisse einschätzen und den Aufwand für die Erstellung eines interaktiv gestal-
teten E-Learning-Produktes mit 3D-Elementen einschätzen. In der Anleitung wird
die Einrichtung der beiden Autoren-Werkzeuge besprochen. Die Probanden sollen
das Unity-.package in Unity importieren und in Articulat Storyline 2 das Template
auswählen. Beide Projekte werden jeweils abgespeichert. Nachdem der Arbeitsab-
lauf umrissen wurde, werden Grundlagen der Bedienoberflächen von Unity und
Articulate Storyline 2 vermittelt. Dann beginnt die Erstellung des Szenarios. In
Unity liegt eine zu bearbeitende Szene nach Unterabschnitt 5.1.4 vor. Diese ist
mit interaktiven Objekten zu befüllen. Danach wird die Szene abgespeichert und
Articulate Storyline 2 geöffnet. Der Unity-Export wird als WebObjekt in die Foli-
enstruktur gelegt. Danach werden die Anpassungen der Trigger und Javascript-
Codezeilen vorgenommen. Ist dies erledigt, wird das Projekt über Articulate Sto-
ryline 2 veröffentlicht. Die veröffentlichte Fassung wird auf dem lokalen Webser-
ver geladen und über den Browser gestartet. Nachdem das E-Learning vom Autor
erstellt und einmal getestet wurde, wird der zweite Teil des Fragebogens beant-
Evaluation 41
wortet. Im zweiten Fragebogenteil werden dem Probanden Fragen zur Benutzung
der Autoren-Werkzeuge und zum Aufwand der Erstellung gestellt.
6.2. Auswertung
Die drei Tester konnten ihre Aufgabe mit Hilfe der Anleitung im Zeitrahmen erle-
digen. Die Einrichtung der zwei Softwareprodukte ist ohne Probleme erfolgt. Erste
Probleme gab es beim Positionieren des Hotspot-Objektes. Dieses wird zwar durch
nur zwei Klick über das Rechtsklickmenü der Hierarchie angelegt, besteht aber aus
insgesamt drei Objekten in der Szene. Das Elternobjekt muss verschoben werden,
um die relative Position der Objekte zueinander zu behalten. Hier könnte nach
[Ritt+00] ein semi-transparenter Schattenkörper helfen, dem Anwender klarzu-
machen wo sich das Objekt gerade in der Szene befindet. Die UI-Anpassungen
in Unity haben laut den zwei Testern ohne Erfahrung beim Überblick geholfen.
Bei der Aufgabe der Erstellung von Triggern wurden aber aus der Anleitung Pa-
rameter vom Screenshot mit Papier und Stift abgeschrieben, statt diese über das
Unity-Hilfsmenü zu erfahren. Die Triggeranpassungen sind erfolgreich vorgenom-
men worden. Die Javascript-Code Anpassungen wurden nach Anleitung angelegt.
6.3. Erprobung: Projektfortschritt
Für die Lernstation wurde ein 3D-Szenario basierend auf einem virtuellen Modell
Magdeburgs angelegt. Der Boden wurde mit Google-Maps-Texturen überzogen.
Bäume und Lampen wurden durch Billboards nachgestellt. Unebenheiten, wie
das Elbufer, wurden modelliert. Es wurden detaillierte Modelle sowohl für den
Campus der Universität Magdeburg als auch für den Wissenschaftshafen, sowie
für die Elbbrücken geladen. Eine rudimentäre Tastatur- und Maussteuerung wur-
de implementiert. Es wurde recht schnell deutlich, dass die Konstruktionsunter-
schiede zwischen Umgebung (Boden-Texturen und Billboards ) und detailgetreuer
3D-Modelle der Gebäude zu starken Kontrast aufweisen, um für die Lernstation
Evaluation 42
qualitätsgerecht zu wirken. Durch die vielen detaillierten Gebäude ist ein WebGL-
Performance-Verlust deutlich spürbar. Die Zuteilung über den WebGL-Export Ein-
stellungen von mehr als 900MB Speicher führte trotzdem zu reproduzierbaren
Aufhängen der Anwendung.
Das Szenario soll nach diesen Erkenntnissen verkleinert, die detaillierten Modelle
vereinfacht und die Umgebung an das Niveau der detaillierten Modelle angepasst
werden.
Ein Lehrabschnitt im Photovoltaik-Bereich zum Thema Energieeffizienz soll den
Einfluss zwischen Sonnenstand und Azimut der Solarkollektorenanbringung auf
einem Dach interaktiv erfahrbar machen. Dazu wird auf einer Folie ein Unity-
WebGL-Szenario angezeigt, in dem ein Haus und das dazugehörige Dach zu sehen
sind. Es werden zwei Schieberegler als Bedienelemente für die Justierung von
Dachwinkel und Azimutwinkel auf die Folie gelegt. Neben dem WebObject liegt
eine Funktionsabbildung. Diese stellt den Wirkungsgrad in Abhängigkeit vom Nei-
gungswinkel des Daches und des Azimutwinkels, also der Abweichung der Solar-
kollektoren nach Süden, dar. Auf der Abbildung befindet sich ein interaktiv ver-
schiebbarer Punkt. Nun wird beim Justieren des Dachwinkels und des Azimut-
winkels über die Schieberegler, im 3D-Szenario die Ausrichtung des Hauses und
des Neigungswinkels des Daches angezeigt und in der Abbildung über den sich
verschiebenden Punkt der Wirkungsgrad der Einstellung wiedergegeben.
Weitere Funktionalitäten, wie der Selektion mit Einfärbungs- und Transparenz-
effekten einer Anzeige von einem Subsystemen im Gesamtsystem, oder einem
Objekt mit einstellbarer Rotiergeschwindigkeit, liegen beispielhaft im Proof-of-
Concept Szenario vor.
Fazit 43
7. Fazit
Mit Unity wurde eine fähige und durch eine Fallstudie im E-Learning-Bereich be-
stätigte Lösung für die Erstellung eines interaktiven 3D-Szenarios gefunden. Als
Game-Engine bietet Unity viele Features, die eine interaktive Gestaltung mit 3D-
Objekten in einer virtuellen Szene für das Veröffentlichen im Web möglich macht.
Die Anpassungsmöglichkeiten des Unity-Editors erlauben es, für den Autor Hilfs-
werkzeuge zu entwickeln, um Szenarien erstellen zu können, ohne das er pro-
grammieren muss. Im E-Learning-Authoring-Bereich ist mit Articulate 2 eine ein-
fach zu bedienende, aber auch wenig anpassbare Lösung gefunden. Die Evaluation
ist nicht sehr umfangreich ausgefallen, eine unterstützende Wirkung der Unity-
Hilfemenüs konnte trotzdem festgestellt werden. Die Schnittstellendefinition er-
laubt sowohl Objektmanipulation aus Articulate Storyline 2 an Unity Objekten,
als auch umgekehrt die Anpassung von Parametern aus Unity an Articulate Story-
line 2 Variablen. Mit Storyline 2 und Unity kann ein Nutzer ohne Programmier-
kenntnisse mit Hilfe der entwickelten Hilfspakete eine E-Learning-Anwendung mit
interaktiven 3D-Elementen entwickeln. Leider ist das Ansteuern des Storyline 2
Player-Objektes die einzige Kommunikationsmöglichkeit. Allerdings können durch
die Trigger des Articulate Storyline 2 Programms viele Interaktionen angestoßen
werden. Das größte Potenzial liegt in der Lösung für das Problem der Javascript-
Codezeilen Anpassung. Wenn ein Weg gefunden werden kann, diese zu umgehen,
muss der Autor während der Entwicklung seiner E-Learning-Anwendung keine
Codezeile editieren.
Fazit 44
7.1. Ausblick
Für die weitere Entwicklung der Lernstation sollten eigene Unity Inspector An-
sichten für alle relevanten Skriptbearbeitungen angeboten werden. Die Rotation
eines Objektes könnte durch eine intuitiver zu benutzende Oberfläche fehlerfreier
und genauer vorgenommen werden. Die Fehlerquelle der Positionierung von Ob-
jekten über den Unity-Editor könnte durch die Anwendung von Schattenkörpern
des selektierten Objektes und der daraus resultierenden verbesserten Raumwahr-
nehmung entgegengewirkt werden. Über die Netzwerkfähigkeit der 3D-Game-
Engine kann ein virtueller Klassenraum erstellt werden, in dem Nutzer des Sze-
narios sich austauchen können. Die individuelle Bearbeitung des Arbeitsprozesses
kann dann innerhalb einer instanziierten Szene geschehen. Um den Autoren die
Hürde zu nehmen, sich mit Javascript beschäftigen zu müssen, um Interaktio-
nen zwischen Unity und Articulate Storyline 2 herzustellen, kann ein XML-Export
der Unity-Parameter in Javascriptfunktions-Templates helfen. Ist ein Javascript-
Funktionstempalte mit den richtigen Parametern gegeben, muss ein Autor den
Javascriptcode nur noch an die richtige Stelle im Articulate Storyline 2 Szenario
einfügen. Eine weitere Überlegung ist, über Unity-Editor Anpassungen selbst eine
2D-Authoring-Plattform zu gestalten. Somit wäre man nur von einem Programm
abhängig.
Abbildungsverzeichnis 45
8. Abbildungsverzeichnis
1. Das Prinzip der vollständigen Handlung, angewendet in der VR-
basierten Lernumgebung. Grafik: Fraunhofer IFF [SHS15, S.377] . 7
2. Erstes Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3. Kommunikation zwischen Unity und Storyline . . . . . . . . . . . . 25
4. Use Case . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5. Hilfemenü Position im oberen Unity-Menü . . . . . . . . . . . . . . 30
6. Hilfemenü für Navigationselemente in Unity . . . . . . . . . . . . . 31
7. Hervorheben des angeklickten Elementes . . . . . . . . . . . . . . . 32
8. Hilfemenü für Navigationselemente in Unity . . . . . . . . . . . . . 32
9. Hilfemenü Position im oberen Unity-Menü . . . . . . . . . . . . . . 33
10. Gruppierte Storyline 2 Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
11. Folie mit WebObject und Bedienelementen in Storyline 2 . . . . . . 35
12. Trigger zum Folienwechsel im Storyline 2 TriggerWizard . . . . . . 37
Tabellenverzeichnis 46
9. Tabellenverzeichnis
1. Liste Datenexportmöglichkeiten CAD-Programme . . . . . . . . . . 19
2. Liste Auswahlkriterien 3D-Game-Engine . . . . . . . . . . . . . . . 20
3. Liste Auswahlkriterien E-Learning-Tool . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Literaturverzeichnis 47
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Anhang 50
A. Anhang
A.1. CD
Datei: bachelor.unitypackage
Datei: TemplateV2.storytemplate
Datei: Anleitung.pdf
Dateien auch im Web verfügbar unter:
http://pixelorchester.de/ste/BA/
A.2. Evaluations-Fragebogen
Fragebogen zur Verwendung der Autoren-Werkzeuge zur Erstellung von e-Learning Inhalten mit interaktiven 3D-Elementen. Autoren, die sich mit Unity3D auskennen sollten die Interaktivität der 3D-Elemente in ca 15 Minuten implementieren können. Autoren ohne Kenntnisse sollten mit Hilfe der Anleitung etwa 30-45 Minuten für die Aufgabe der Erstellung des interaktiven 3D-Szenarios bewerkstelligen können. Das Zusammenstellen der Elemente über das Articulate Storyline 2-Template sollte 10 Minuten bei Erfahrenen und 20-30 Minuten mit Hilfe der Anleitung in Anspruch nehmen.
Fragegruppe 1: Nutzerbasis
1. Bitte geben sie ihr Geschlecht an. [ ] m [ ] w [ ] keine Angabe
2. Welchem Beruf gehen sie nach?
3. Wie alt sind Sie? [ ] <20 Jahre [ ] 20-30 Jahre [ ] 30+
4. Haben sie schon einmal programmiert?
[ ] ja, ich bin Programmierer [ ] ja, in Weiterbildungsmaßnahmen, oder in der Freizeit [ ] nein
5. Haben Sie bereits e-Learning-Anwendungen entwickelt? [ ] ja [ ] nein
6. Haben sie bereits e-learning-Anwendungen genutzt?
[ ] ja [ ] nein
Fragegruppe 2: Softwarekenntnisse
1. Nutzen sie Microsoft Office 2007/2010 Produkte? [ ] ja, auch in neueren Versionen [ ] ja, in älterer Version [ ] nein
2. Kennen sie Unity3D?
[ ] ja [ ] nein
3. Haben sie Unity 3D schon einmal genutzt?
[ ] ja [ ] nein
4. Kennen sie Articulate Storyline 2? [ ] ja [ ] nein
5. Haben sie Articulate Storyline 2 schon einmal genutzt?
[ ] ja [ ] nein
6. Wie schätzen sie den Aufwand für das Erstellen eines e-learning Szenarios mit 3D-Inhalten
ein? [ ] intuitiv [ ] geringer Aufwand [ ] hoher Aufwand [ ] unverhältnismäßig hoher Aufwand [ ] keine Erfahrungen im Erstellen von e-learnings
Vielen Dank, der erste Teil ist geschafft. Die Anleitung für das weitere Vorgehen haben sie digital auf dem Ipad erhalten.
Fragegruppe 3: Erstellung des e-Learning Szenarios
1. Haben ihnen die Ähnlichkeiten der Benutzeroberfläche von Articulate Storyline 2 zu Microsoft Office beim Einstieg geholfen?
[ ] ja [ ] nein
2. Haben sie das Trigger-System in Articulate Storyline 2 verstanden?
[ ] ja [ ] nein
3. Wie aufwändig war für sie die Anpassung der Javascript-Codezeilen in Articulate?
[ ] intuitiv [ ] geringer Aufwand [ ] hoher Aufwand [ ] unverhältnismäßig hoher Aufwand
4. Welche technischen Funktionen von Articulate Storyline 2 haben ihnen am besten gefallen?
5. Welche technischen Funktionen von Unity3D haben ihnen am besten gefallen?
6. Ist ihnen mit der bereitgestellten Anleitung der Einstieg in Unity3D leicht gefallen?
[ ] ja [ ] nein [ ] Bemerkung: ……
7. Konnten die Hilfe-Menüs in Unity3D Sie bei der Übersicht und der Vorgehensweise unterstützen?
[ ] ja [ ] ein wenig [ ] nein
8. Wie sehr hat ihnen die Anleitung geholfen?
[ ] sehr [ ] ein wenig [ ] überhaupt nicht
9. Konnten sie alle Aufgaben zu den interaktiven 3D-Elementen im Zeitrahmen (30-45min)
lösen? [ ] ja, sogar schneller [ ] ja, der Zeitrahmen wurde eingehalten [ ] nein
10. Sind ihnen die grundlegenden Konzepte der beiden Autoren-Werkzeuge klar geworden? [ ] ja, Variablen, WebGL-Export, Trigger, WebObject und Javascript sind mir nun ein Begriff [ ] wenn ich mich länger damit beschäftigen würde, könnte ich sicherlich einen Zugang finden [ ] nein, das ist zu kompliziert
11. Ist ihnen die Verbindung der beiden Autoren-Werkzeuge (Articulate Storyline 2 und
Unity3D) durch den Erstellungsprozess klar geworden? [ ] ja, in Unity3D: 3D-Szene interaktiv gestalten, nach WebGL exportieren. In Storyline 2: E-Learning-Folien mit didaktischen Inhalten füllen und das 3D-Szenario importieren, die Kommunikation über den Einsatz von Triggern und der richtigen Benennung der Variablen in den Javascriptzeilen gewährleisten und im Anschluss veröffentlichen. [ ] nein, das Gefühl, die zwei Produkte sind nicht genug aufeinander abgestimmt, hat vorgeherrscht.
12. Hat das Erstellen ihres Trainings ihnen Freude bereitet?
[ ] ja, es war herausfordernd und lehrreich [ ] teilweise, es gab einige Frustmomente [ ] nein, die Arbeitsumgebung hat zu viele Schwachstellen und hat mich frustriert.
13. Welcher Schritt, oder welche Schritte waren für sie am schwersten nachzuvollziehen?
14. Welches Autoren-Werkzeug war schwerer zu bedienen? [ ] Articulate Storyline 2 [ ] Unity3D [ ] ich konnte mit beiden Werkzeugen nicht warm werden
Vielen Dank für ihre Teilnahme.