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Hans Wocken Über Wunschtäter, Wohltäter und Wirkungstäter Essay über dreierlei Ideologien in der Inklusionsdebatte 1. Die Ideologiekeule 2. Die Wunschtäter: Die Schöne-Welt-Ideologie 2.1 Der alltagssprachliche Ideologiebegriff 2.2 Inklusion als eine menschenrechtlich fundierte Idee 2.3 Braucht Inklusion ein inklusives Gesellschaftsbild? 2.4 Probleme und Hürden der Inklusionsreform 2.5 Das Wertequadrat „Philosophie und Pragmatismus“ 3. Die Wohltäter: Die Schonraum-Ideologie 3.1 Die Sonderschule schützt Schüler mit Behinderungen 3.2 Die Sonderschule schützt auch Regelschüler 4. Die Wirkungstäter: Die Evidenzideologie 4.1 Konzept der Evidenzbasierung 4.2 Kritik der instrumentellen Vernunft 4.3 Kritik der Evidenzideologie Zusammenfassung Der Ideologievorwurf spielt in der Inklusionsdebatte eine prominente Rolle. Die Inklusionskritiker und - gegner adressieren den Ideologieverdacht ausschließlich an Idee und Programmatik der Inklusionspädagogik. Die bildungspolitischen Diskurse werden indessen noch von zwei weiteren Ideologien durchwirkt: Von den Inklusionsopponenten wird die Schonraum-Ideologie zur Verteidigung des gegliederten Schulwesens in Stellung gebracht. Die Verfechter der empirisch ausgerichteten Evidenzbasierung schließlich wähnen sich selbst völlig „ideologiefrei“, unterwerfen 1

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Hans Wocken

Über Wunschtäter, Wohltäter und WirkungstäterEssay über dreierlei Ideologien in der Inklusionsdebatte

1. Die Ideologiekeule2. Die Wunschtäter: Die Schöne-Welt-Ideologie

2.1 Der alltagssprachliche Ideologiebegriff2.2 Inklusion als eine menschenrechtlich fundierte Idee2.3 Braucht Inklusion ein inklusives Gesellschaftsbild?2.4 Probleme und Hürden der Inklusionsreform2.5 Das Wertequadrat „Philosophie und Pragmatismus“

3. Die Wohltäter: Die Schonraum-Ideologie3.1 Die Sonderschule schützt Schüler mit Behinderungen3.2 Die Sonderschule schützt auch Regelschüler

4. Die Wirkungstäter: Die Evidenzideologie4.1 Konzept der Evidenzbasierung4.2 Kritik der instrumentellen Vernunft4.3 Kritik der Evidenzideologie

ZusammenfassungDer Ideologievorwurf spielt in der Inklusionsdebatte eine prominente Rolle. Die Inklusionskritiker und -gegner adressieren den Ideologieverdacht ausschließlich an Idee und Programmatik der Inklusionspädagogik. Die bildungspolitischen Diskurse werden indessen noch von zwei weiteren Ideologien durchwirkt: Von den Inklusionsopponenten wird die Schonraum-Ideologie zur Verteidigung des gegliederten Schulwesens in Stellung gebracht. Die Verfechter der empirisch ausgerichteten Evidenzbasierung schließlich wähnen sich selbst völlig „ideologiefrei“, unterwerfen aber pädagogisches Denken und Handeln der technologischen Vernunft und einer affirmativen Ideologie der Alternativlosigkeit.

1. Die Ideologiekeule

Keulen sind Waffen, mit denen man Tiere oder Menschen erschlagen kann. Laut biblischer Schöpfungsgeschichte hat Kain seinen Bruder Abel mit einer Keule erschlagen. Sprachkeulen sind immaterielle, verbale Keulen, mit denen man Kommunikationspartner zwar nicht erschlagen, aber doch „mundtot“ machen kann und an den Pranger stellen will. Derartige Sprachkeulen sind eine typische Argumentationsform in strategischen Diskursen. Sprachkeulen bestehen in der Regel aus einem einzigen Wort (z.B. „Nazi“), aber dieses eine Wort hat es in sich. Es wirkt wie eine Keule. Mit einer Sprachkeule kann man – gleich einem

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Knock-Out in einem Boxkampf – mit einem Schlag den Anderen aus dem Wettbewerb werfen und als Looser beschämen.

Die häufigste Sprachkeule, die von den Inklusionsopponenten verwendet wird, ist der Vorwurf der Ideologie. Die Anschuldigung der Inklusionsbefürworter als „Ideologen“ ist in inklusionskritischen Kreisen mittlerweile kommunikativer Standard, der völlig bedenkenlos und regelhaft zur Geltung kommt. Zahlreiche Inklusionskritiker und -gegner, die hier auch Inklusionsopponenten genannt werden, bedienen sich bereits im Titel ihrer Schriftstücke des Ideologievorwurfs. Hier einige ausgewählte Beispiele:

Bandelt, Hans-Jürgen (2018): Inklusion als Ideologie. Inklusion wird enthusiastisch vorangetrieben und Integration verdammt.

Felder, Franziska (2018): Inklusion oder: Was im Nebel der Ideologie so alles veschwindet

Kraus, Josef (2017): Inklusion zwischen Ideologie und Kindeswohl.

Schmoll, Heike (2017): Illusion Inklusion. Wieder sind die Schulen zum Schauplatz einer Ideologie geworden.

Winkler, Michael (2018): Kritik der Inklusion: Am Ende eine(r) Illusion.

Wenn interessierten Lehrer*innen oder Eltern diese Literaturliste ausgehändigt würde, dann wäre es wohl mit ihrem Interesse sehr bald vorbei. Die Autoren sind Fachjournalisten (Schmoll), Vertreter des Philologenverbandes (Kraus) und Wissenschaftler (Bandelt, Felder, Winkler). Alle Inklusionskritiker und -gegner bedienen sich quer durch die Bank ausnahmslos der Sprachkeule „Ideologie“. Wie wichtig den Inklusionsopponenten der Ideologievorwurf ist, belegen insbesondere die Schriften ihrer Wortführer. Eine Auszählung der Worthäufigkeiten von „Inklusion“ und „inklusionistisch“ in ausgewählten Schriften ergibt folgendes Ergebnis:

- Felten, Michael (2017): 16 x- Giesecke, Hermann (2016): 18 x- Kraus, Josef (2017): 17 x

Dieser Auftakt mag die zentrale Rolle der Ideologiekeule in der kontroversen Inklusionsdebatte demonstrieren. Grund genug, sich mit dem Thema „Ideologie“ genauer zu befassen und eine gründliche ideologiekritische Analyse der Inklusionsdebatte anzustrengen. Es soll nachgefragt werden,

- ob die Inklusionsproponenten, die recht despektierlich auch „Inklusionisten“ oder gar eine „Sekte der radikalen Inklusionisten“

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genannt werden (Wocken 2018), wirklich Ideologen sind und der Inklusionsvorwurf damit zu Recht besteht;

- ob all die vielen anderen, die der schulischen Inklusion ablehnend, kritisch oder auch gleichgültig gegenüberstehen, absolut nüchterne, nur an empirischen Fakten orientierte Realisten sind, denen bedenkenlos das Prüfsiegel „ideologiefrei“ ausgestellt werden kann.

Das sind die leitenden Untersuchungsfragen dieser Abhandlung, die eine durchaus spannende „Inquisition“ erwarten lassen. Vorab erscheint es jedoch geboten, eine erste, vorläufige Bestimmung des Ideologiebegriffs vorzunehmen.

Die richtige Bedeutung von Ideologie lässt sich mit der etymologischen Methode allemal nicht ermitteln. Ideologie entstammt dem Griechischen und heißt wörtlich übersetzt „Wissenschaft von den Ideen“. In der Begriffsgeschichte ist indessen von dieser Urbedeutung nichts mehr übriggeblieben. Der heutige Ideologiebegriff hat seinen ursprünglich empirisch-rationalen Gehalt völlig verloren und meint nahezu das Gegenteil, nämlich ein unbeweisbares System von Glaubensaussagen, Überzeugungen, Normen und Ideen.

Für den Anfang mag eine negative Abgrenzung des Ideologiebegriffs nützlich sein. Mit „Ideologie“ sind im folgenden Kontext ausdrücklich nicht Wertesysteme, Weltbilder und Glaubenssysteme aller Art gemeint. Dem wertneutralen Ideologiebegriff der Wissenssoziologie (Karl Mannheim) zufolge werden ausnahmslos alle weltanschaulichen Systeme von Wertvorstellungen und Ideen als Ideologien bezeichnet; sie umfassen damit gleichermaßen alle Religionen (z.B. Christentum, Islam, Buddhismus) wie auch alle politischen Weltbilder (z.B. Liberalismus, Sozialismus, Konservatismus). Dem Ideologiebegriff der Wissenssoziologie folgend wären sowohl die Befürwortung wie auch die Ablehnung eines inklusiven Schulsystems bzw. eines gegliederten Schulsystems „Ideologie“, weil sie bewerten und Partei nehmen. Mit einiger Sicherheit kann ausgeschlossen werden, dass dieses wissenssoziologische Verständnis von Ideologie von der Inklusionskritik gemeint ist. – Weitere Begriffsklärungen erfolgen im Fortgang der Erörterungen.

Zur Vororientierung sei gleichwohl das Ergebnis der ideologiekritischen Analyse in groben Zügen vorab verraten:

1. Es wird konzediert, dass Theorie und Politik der schulischen Inklusion sich vielfach mit einer Darlegung ihrer „Philosophie“, ihrer Ziele und Motive begnügen und es an einer notwendigen Realitätsorientierung fehlen lassen.

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2. Über dieses Eingeständnis hinaus wird indessen dargestellt, dass nicht allein nur die sog. „Inklusionisten“ Ideologen sind, vielmehr haben ausnahmslos alle Grund, die eigenen ideologischen Verstrickungen zu erkennen:

- Die Inklusionsproponenten reflektieren – gemäß Satz 1 – zu wenig die Bedingungen und Möglichkeiten der vorfindbaren Wirklichkeit. Die „Wunschtäter“ sind eher dem Reich der Ideen zugetan und neigen zu Visionen oder Träumereien (Kapitel 2).

- Die Inklusionsopponenten dagegen glauben, sich aller normativen Orientierungen enthalten zu können und erklären die real existierende Wirklichkeit zum Maß aller Dinge. Die „Wirkungstäter“ fordern nachweisliche, „evidenzbasierte“ Praxistauglichkeit und bescheinigen sich selbst absolute „Ideologiefreiheit“ (Kapitel 4).

- Die Befürworter eines gegliederten Schulsystems, das auch Sonderschulen vorsieht, sehen sich in Zeiten der Inklusion zur Legitimation der Separation von Kindern mit Behinderungen aufgefordert. Die „Wohltäter“ präsentieren zwecks Rechtfertigung der Sonderschule die „Schonraum-Ideologie“ (Kapitel 3).

Kurzum: Es kommt niemand ungeschoren davon. Alle sind irgendwie auch „Ideologen“, freilich auf eine recht unterschiedliche Art. Kann es in einer Kontroverse, in der es nicht allein um Sachfragen, sondern unvermeidlich auch um Werte und Überzeugungen geht, überhaupt eine „ideologiefreie“ Position geben? Kann es Stellungnahmen geben, die sich nur auf Fakten und Tatsachen beziehen und keine Wertungen beinhalten? Ich versuche ein paar Antworten.

2. Die Ideologie der Wunschtäter: Die Schöne-Welt-Ideologie

2.1 Der alltagssprachliche Ideologiebegriff

„Ideologie“ ist im inklusionskritischen Argumentationszusammenhang schlicht ein Gegenbegriff zu Realismus und Pragmatismus; das ist der Kern des alltagssprachlichen Ideologiebegriffs. Ideologen gelten als Menschen, die sich eher an hehren Idealen, utopischen Ideen und großen moralischen Maximen orientieren als an der vorfindlichen Realität. Unter den sog. Inklusionsideologen findet sich die gesamte Bandbreite von den unbeugsamen Moralisten und konsequenten Fundamentalisten bis hin zu den weltfremden Träumern und wohlmeinenden Weltverbesserern.

Der Ideologievorwurf will insbesondere die negativen Konnotationen des alltagssprachlichen Ideologiebegriffs transportieren. Er zielt darauf ab, die

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Inklusionsideologen als realitätsfremde „Spinner“ und illusionäre „Traumtänzer“ darzustellen und sie zu diskreditieren. Sie mögen zwar gutmütige und wohlwollende Idealisten sein, haben jedoch nicht die notwendige Bodenhaftung, keinen Blick für die empirischen Realitäten und keinen Sinn für das hier und jetzt Machbare. Ideologische Träumer sind für konkrete, umsetzbare Reformen nicht zu gebrauchen. Realitätsblinden Ideologen muss man das Handwerk legen, weil sie ansonsten nur Unheil und Chaos anrichten. Dieser negative Bedeutungshof von Ideologie klingt etwa in dem Buchtitel „Wie eine gut gemeinte Idee unser Bildungssystem ruiniert“ (Felten 2017) an. Die Sprachkeule „Ideologen“ bricht über Inklusionsbefürworter den Stab des Realitätsverlusts und der Machbarkeitsillusion.

Auch die beliebten Sprachspiele „Illusion Illusion“ (Schmoll 2017: Winkler 2018) wollen Inklusion in das Reich der Träume und Halluzinationen verbannen. Inklusion sei zwar eine schöne neue Welt, aber eben letztlich ein Wolkenkuckucksheim: nicht machbar und einfach „unmöglich“ (Brodkorb 2012), ein bloßes Hirngespinst, eine surreale Fantasie, eine unerreichbare Utopie. Ideologie ist zu guter Letzt ein Schimpfwort, das die hehre Idee der Inklusion entzaubern und ihre Anhänger beschämen will. So das Ideologieverständnis der Inklusionskritiker und -gegner.

Als Replik kann in summarischer Form vorab gesagt werden, dass dem sachlichen Gehalt (!) der vorgebrachten Inklusionskritik durchaus ein gutes Stück weit zugestimmt werden kann. Der Kern der ideologiekritischen Vorhaltungen besteht ja in der Klage über den Mangel an Realismus und Pragmatismus, der leider manchen inklusionspolitischen und -pädagogischen Äußerungen durchaus eigen ist. Der Ideologieverwurf kann aber auch als nachhaltiger Appell an Inklusion aufgenommen werden, nicht in utopische Fantasien abzudriften, sondern sich auch um eine Operationalisierung der Ideen zu bemühen sowie die Bedingungen und Möglichkeiten einer Umsetzung der Konzepte und Programme schon im Vorhinein zu erwägen. Die bekundete generöse Offenheit für die ideologiekritische Mahnung soll im Folgenden ausdifferenziert und näher bestimmt werden.

Die Akzeptanz der ideologiekritischen Ermahnung fällt auch deshalb leicht, weil die Kritik sich nicht grundsätzlich gegen die Idee der Inklusion an sich richtet. Die Inklusionsopponenten bestreiten eben nicht den guten Sinn und die ehrenwerten Absichten von Inklusion, sondern beziehen ihre Zweifel und Skepsis primär auf die Chancen, die eine meritokratisch verfasste Leistungsgesellschaft für die praktische Implementation inklusiver Bildung eröffnen kann und wird. Theorie und Philosophie der Inklusion bleiben, soweit ich sehe, von der Ideologiekritik unangetastet – und sollten es auch bleiben. Einen „Abschied von einer pädagogischen Leitideologie“ (Singer 2018)

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auszurufen, halte ich für einen fatalen und tragischen Irrtum. Das 21. Jahrhundert wird absehbar und unvermeidlich ein Jahrhundert der Heterogenität sein. Die Bewältigung dieses „Schlüsselproblems“ (Wolfgang Klafki) kann als ein maßgebliches Kriterium für die Menschlichkeit von Gesellschaften und für die Güte schulischer Bildung angesehen werden.

2.2 Inklusion als eine menschenrechtlich fundierte Idee

Die Philosophie der Inklusion ist keine Theorie im (erfahrungs)wissenschaftlichen Sinne und will es auch nicht sein. Als ein System von Werten, Normen, Ideen und Überzeugungen bietet sie Sinndeutung, Wertorientierung und Begründungswissen, aber nicht eine ausgearbeitete Technologie für die Umsetzung von inklusiven Programmen und Konzepten. Letzteres ist vielmehr auf gesellschaftlicher Ebene eine unhintergehbare Aufgabe der Inklusionspolitik, auf pädagogischer Ebene der Inklusionspädagogik. Die Philosophie der Inklusion ist halt ein System von theoretischen Ideen und keine Rezeptologie für politisches und pädagogisches Handeln. Die Praxis ist nicht ihre Sache.

Die theoretische Grundlage der Philosophie der Inklusion bilden die Menschenrechte, wie sie in den Menschenrechtserklärungen der Vereinten Nationen und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland niedergelegt sind. Aus der prioritären Leitidee der Menschenwürde werden als axiomatische Grundsätze die ethischen Postulate Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Teilhabe abgeleitet (Wocken 2013), die bei der Gestaltung der Gesellschaft im Allgemeinen und von Schule und Unterricht im Besonderen richtungsweisend sind.

Die Leitidee der Menschenwürde wird von der Philosophie der Inklusion in den Leitbildern einer menschenwürdigen Gesellschaft und eines menschenwürdigen Lebens aller Menschen ausdifferenziert und entfaltet. Leitbilder sind eine Antizipation einer wünschens- und erstrebenswerten Zukunft. Sie beinhalten eine Vision, die von dem Philosophen Ernst Bloch als eine „konkrete Utopie“ verstanden wird. Wollen die Visionen die ihr zukommende Funktion zu „leiten“ erfüllen, müssen sie ein lohnendes, glaubhaftes, realistisches und nachvollziehbares Bild der näheren Zukunft entwerfen. Die Aufgabe von Leitideen, perspektivische Zukünfte für Schule und Bildung zu entwerfen, ist genau der Punkt, an dem im Überschwang der Ideale die konkrete Utopie in völlig irreale Wunsch- und Traumwelten umkippen kann; das ist dann die Geburtsstunde einer schönen neuen Welt, der Schöne-Welt-Ideologie („Brave-New-World-Ideologie“).

Inklusion strebt ein hohes Ideal an und befriedigt damit tiefe menschliche

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Sehnsüchte. Sie ist ein großes Hoffnungswort; ein Aufbruch- und Aufstehwort, ein Protestwort gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. Sie verkörpert die Hoffnung auf eine bessere, menschenwürdige Zukunft und die Sehnsucht nach einer Gesellschaft ohne Ausgrenzung und ohne Diskriminierung.

Der visionäre Charakter von Inklusion ist ein Dorn im Auge der Inklusionskritik, ein Ärgernis, an dem sie unentwegt Anstoß nimmt. Die Ausrichtung auf einen Kosmos von idealen Werten, Normen, Überzeugungen und Ideen ist indessen ein wesenhafter Bestandteil der Inklusion; auf diese Orientierung auf eine ideale Leitidee kann Inklusion unter keinen Umständen verzichten, auch wenn ihr dies die Anschuldigung eines normativen Systems einträgt. Die Philosophie der Inklusion wird gründlich verkannt, wenn sie von der Ideologiekritik als „Heilslehre“ (Ahrbeck; in: Kowitz 2013) oder als „säkulare Religion“ (Kiel 2018) gescholten und diskreditiert wird.

2.3 Braucht Inklusion ein inklusives Gesellschaftsbild?

Im inklusionspädagogischen Schrifttum finden sich immer wieder Aussagen derart, dass eine inklusive Schule der Unterstützung durch eine inklusive Gesellschaft bedürfe. Die These scheint plausibel. Schule und Gesellschaft sind vielfach miteinander verbandelt. Die Gesellschaft legt gesetzlich den strukturellen Rahmen des Bildungssystems fest, bestimmt die Zugangsvoraussetzungen zu den verschiedenen Schulformen, formuliert verbindliche Bildungsstandards, erwartet von der Schule, dass sie außer der Qualifikations- und Selektionsfunktion auch der Allokationsfunktion nachkommt, indem sie für die Eingliederung in die Berufs- und Arbeitswelt aussagerelevante Abschlusszertifikate ausstellt, und anderes mehr. Wegen des skizzierten unauflöslichen Zusammenhangs von Schule und Gesellschaft fordert Ahrbeck, dass Inklusion konsequenterweise auch Vorstellungen über eine inklusive Gesellschaft entwickeln müsse. Die gesellschaftstheoretischen Vorstellungen der Inklusion sind aber nach Ahrbeck bislang recht blass und unbestimmt. „In den allermeisten Publikationen zur Inklusion finden sich so gut wie keine Aussagen darüber, welche Gestalt eine inklusive Gesellschaft annehmen soll und was ihre tragenden Inhalte sind“ (Ahrbeck 2014, 64). Und: „Die Behindertenrechtskonvention selbst gibt ebenfalls keine klare Antwort darauf, wie eine inklusive Gesellschaft aussehen könnte“ (Ahrbeck 2014, 65). Wohl wahr, aber ist der Entwurf eines Gesellschaftsbildes die Aufgabe einer Behindertenrechtskonvention?

Die unzulänglichen Vorstellungen über eine inklusive Gesellschaft mögen als ein Desiderat beklagt werden. Gleichwohl ist die Erwartung reichlich überspannt, die Inklusionspädagogik könne quasi als Nebenprodukt ihrer theoretischen Anstrengungen auch noch mal eben das Modell einer inklusiven

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Gesellschaft beschreiben. Nein, mir scheint es absolut vordringlicher, wenn die Inklusionspädagogik sich zuvörderst um ihre eigenen Hausaufgaben kümmert. Das Kerngeschäft einer inklusiven Schule ist der Unterricht; hierfür Theorien, Konzepte, Organisationsformen, Programme, didaktische und diagnostische Materialien zu entwickeln und bereitzustellen, sollte allemal den Vorrang haben vor programmatischen Zukunftsentwürfen einer inklusiven Gesellschaft. Hier sind zunächst die zahlreichen anderen Sozialwissenschaften im Wort, die Konturen und Strukturen einer inklusiven Gesellschaft auszupinseln.

2.4 Probleme und Hürden der Inklusionsreform

Wie ist es nun um die unterstellte Realitätsferne und -leugnung der sog. „Inklusionsideologen“ wirklich bestellt? Der Erfolg von Bildungsreformen ist von einer Fülle von Gelingensbedingungen abhängig, die bei der Planung und Umsetzung gebieterisch Beachtung verlangen. Der Start der Inklusionsreform im Jahr 2009 ist keinesfalls allerorten zur allseitigen Zufriedenheit verlaufen. Ein bilanzierender Rückblick auf die vergangenen Jahre kann eine ganze Reihe von offenkundigen Fehlern und Mängeln benennen, die bei einer sorgsamen Analyse der vorfindlichen Bedingungen und notwendigen Voraussetzungen möglicherweise vermeidbar gewesen wären. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne ausgiebige Erörterungen liste ich einige Problem- und Schwachstellen auf:

1. Die Behindertenrechtskonvention hat Deutschland – trotz partieller Integrationserfahrungen – wie aus einem heiteren Himmel getroffen. Es gab keine vorgängige öffentliche Diskussion über Inklusion, nicht einmal das Wort Inklusion selbst war geläufig. Die Reform begann nach Art einer Top-down-Strategie – ohne eine gediegene demokratische Willensbildung, ohne eine ausreichende Befassung in der bildungspolitischen Öffentlichkeit und in den parlamentarischen Gremien, ohne diskursive Verständigungsprozesse in der Erziehungswissenschaft, ohne stetige Beteiligung von Lehrer- und Elternverbänden, ohne hinlängliche Aufklärung der Schulen an der Basis. Die erwartbaren Folgen einer solchen Reform „von oben“ waren zunächst ungläubiges Staunen und mannigfache Missverständnisse, sodann halblautes Murren und nagende Zweifel, schließlich Gegeninitiativen, journalistische und wissenschaftliche Kritik, politischer Widerstand. Den Unmut über die mangelhafte Partizipation bringt eine Stimme aus dem bayerischen Realschullehrerverband exemplarisch zum Ausdruck:

„Wo bleibt da der Föderalismus? Föderalismus ist Sache der Länder. In unserer Bundesrepublik wird die Bildungspolitik nicht zentral von Berlin aus gelenkt. Aber anscheinend kann die UN im fernen New York bestimmen, was die bayerische

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Schulverwaltung zu tun und zu lassen hat.“ „Es ist für unsereinen unfassbar, dass eine internationale Organisation uns so dreinredet und vorschreibt, wie Schule zu organisieren ist “ (Trapp 2011, 5, 6).

2. Inklusion hat die Rechnung wohl ohne den Wirt gemacht. Der völkerrechtlich bindende Auftrag, ein inklusives Bildungssystem aufzubauen, findet mit einiger Sicherheit nicht die Zustimmung des gegliederten Schulsystems, namentlich des Gymnasiums, der Realschule und der Sonderschule. Hinter all diesen Institutionen stehen Heerscharen von Lehrern und Eltern dieser Schulformen und ihre jeweiligen Verbände. Viele Meinungsumfragen haben zwar – mindestens anfänglich – eine beeindruckende Zustimmung der Bevölkerung zu der Inklusionsreform signalisiert. Wenn es indessen um die schulische Karriere der eigenen Kinder geht, kommen Interessen und persönliche Ansichten ins Spiel. Was die höheren Sekundarschulen angeht, so ist in deren Elternschaft das tiefsitzende Vorurteil verbreitet, dass in heterogenen Lerngruppen die starken Schüler*innen weniger lernen, weil sie durch die schwächeren Schüler „behindert“ werden. Gegen dieses hartnäckige Vorurteil ist kaum ein Kraut gewachsen.

Die bürgerliche Mittelschicht kann in aller Regel ihrem Nachwuchs nicht so viel ökonomisches Kapital vererben, dass es mindestens für den Erhalt des gesellschaftlichen Status reicht. Zwecks Sicherung einer akzeptablen gesellschaftlichen Stellung ist sie daher zwingend auf die Vermittlung von kulturellem Kapital, also von höchstmöglichen Schulabschlüssen und Bildungszertifikaten, angewiesen. Dieses legitime und nachvollziehbare Interesse wird in dem Maß handlungsleitend, wie die Angst vor Leistungseinbußen, die der Inklusion angekreidet werden, umgeht. Unter den Eltern von behinderten Kinder geht hingegen die Sorge um, ihre Kinder würden in der allgemeinen Schule unter die Räder kommen. In dieser Elternschaft ist nicht selten die Vorstellung anzutreffen, eine ganztägige Rundumversorgung und eine „optimale“ Förderung im „Schonraum“ Sonderschule sei für ihre Kinder und auch für sie selbst doch das Beste. – Diese Einstellungen und Interessen sind eine beachtliche Hürde für inklusive Schulreformen.

3. Die Lehrer*innen in Deutschland sind solide ausgebildet und sozialisiert, als Klassen- oder Fachlehrer einen hochwertigen Unterricht in homogenen Jahrgangsklassen zu geben; das haben sie gelernt und das können sie auch. Die Unterrichtung heterogener, inklusiver Lerngruppen erfordert aber andere und neue professionelle Kompetenzen. Zu nennen sind hier insbesondere die Fähigkeit zur Teamarbeit und zur Gestaltung von differenzierenden, vielfältigen Lernarrangements für unterschiedliche

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Lernbedürfnisse und -voraussetzungen. Für die Aneignung dieser unabdingbaren pädagogischen Kompetenzen reichen Schnupperkurse und Erste-Hilfe-Veranstaltungen, die von den Kultusministerien angeboten wurden, allemal nicht aus. Zwischen den professionellen Anforderungen des Tätigkeitsfeldes „Inklusion“ und den gegenwärtigen beruflichen Kompetenzen der Lehrerschaft bestand und besteht wohl immer noch eine erhebliche Kluft. Die Folge dieses Missverhältnisses: Die Lehrer*innen fühlen sich in der Inklusion allein gelassen und überfordert. Weil diesem Missstand auch durch guten Willen und gesteigertes Engagement nicht immer abgeholfen werden kann, zerbrechen manche Lehrer*innen an der neuen Herausforderung, resignieren, machen Dienst nach Vorschrift, werden krank und rebellieren schließlich gegen Inklusion.

4. „Inklusion ist eine Haltung“ (z.B. Otto Herz). Dieser Satz ist im Inklusionsdiskurs mittlerweile ein geflügeltes Wort und hat den Status einer unumstößlichen Wahrheit. Ohne eine inhaltliche Exegese und ohne eine eingehende Befragung soll die Wahrheit dieser These einfach mal so angenommen werden. Das hätte dann zur Konsequenz, dass alle Pädagogen, die in der Inklusion Dienst tun, auch über eine inklusive Haltung verfügen müssten.

Diese logische Schlussfolgerung zeitigt leider Folgeprobleme. Erstens: Haltungen kann man nicht verordnen. Haltungen sind das Ergebnis eines persönlichen, lebenslangen Lernprozesses. Und darum sind zweitens Haltungen relativ schwer veränderbar. Eine Haltung ist das Rückgrat unserer persönlichen Identität. Sie vermittelt uns „Halt“, Sicherheit und Orientierung. Niemand kann und wird eine liebgewordene Haltung kurzerhand an der Garderobe abgeben und eine andere, empfohlene Haltung sich überstülpen. Allein über den Verstand können Haltungen nicht verändert werden, auch Appelle nützen wenig. Es bedarf vornehmlich neuer Erfahrungen, die bisherige Selbstverständlichkeiten erschüttern, unter die Haut gehen und die ganze Person berühren. Die Aneignung einer inklusiven Haltung braucht Zeit, viel Zeit. Schließlich drittens: „Haltung ist nicht alles, aber ohne Haltung ist alles nichts“, so resümiert Andrea Dlugosch (xx) ihre Position. Das mag eine Warnung sein, das Set inklusionspädagogischer Kompetenzen einzig und allein auf Haltung zu reduzieren. Der unabdingbare komplementäre Partner von Haltung sind professionelle Kompetenzen für die Unterrichtung heterogener Gruppen; und die sind Gott sei Dank lernbar (Wocken 2014).

5. Hat die Inklusionsreform genug Zeit, einen langen Atem und unerschütterliche Geduld? Über das Reformtempo lässt sich trefflich streiten, ohne zu einem einvernehmlichen Ergebnis zu kommen. Den

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betroffenen Eltern kann es verständlicherweise nicht zügig genug gehen, weil ihr Kind jetzt zur Schule geht und jetzt Inklusion braucht. Andere aber warnen vor einer Inklusion „mit der Brechstange“ (Kramp-Karrenbauer 2014). Sie priorisieren eine hohe Qualität der Inklusion deutlich vor einem raschen Reformtempo. Da ist guter Rat teuer. Nach meinem persönlichen Dafürhalten hat die Reform die Größe der Aufgabe und damit den notwendigen Zeitbedarf erheblich unterschätzt. Der Aufbau eines inklusiven Bildungssystems ist eine Herkulesaufgabe, nichts Geringeres als ein Paradigmenwechsel! Die unvollendete deutsche Einheit dauert nun schon vier Jahrzehnte. Im Vergleich dazu wird eine gute Inklusionsreform wohl dieses ganze Jahrhundert in Anspruch nehmen. „Gut Ding will Weile haben“, sagt ein deutsches Sprichwort. In China heißt eine ähnliche Sentenz: „Wer einen weiten Weg hat, soll nicht laufen!“

6. Last not least: Die Ressourcen! Die personellen Ressourcen, die für die Unterrichtung heterogener Lerngruppen zur Verfügung gestellt werden, haben sich zum Thema Nr. 1 der Reformdebatte entwickelt. Und es gibt bei diesem Thema eine seltene Einmütigkeit von Inklusionsproponenten und -opponenten: Schulische Inklusion wird systematisch unterfinanziert. Keine Einmütigkeit gibt es indessen bei der Frage, was denn als eine notwendige und hinreichende personelle Ausstattung gelten kann. Während bislang unzulängliche Haushaltsetats für die personelle Unterversorgung verantwortlich zu machen sind, dürfte in den kommenden Jahren den Lehrerbedarfsprognosen zufolge ein gravierender Lehrermangel das Personalproblem für alle Schulen und natürlich auch für inklusive Schulen weiter zuspitzen. So berechtigt die Forderung nach mehr und auskömmlichen Ressourcen sind, so dringend notwendig sind gründliche theoretische Überlegungen zu einer wünschenswerten Komposition von inklusiven Lerngruppen und damit zusammenhängend zu einer angemessenen personellen Versorgung.

Die personelle Ausstattung von inklusiven Lerngruppen muss zweierlei Anforderungen erfüllen: Erstens muss für eine passende Professionalität Sorge getragen werden, damit für alle Förderbedarfe eine hinreichende pädagogische Expertise zur Verfügung steht. Und zweitens sollte ein möglichst hohes Maß an zeitlicher Präsenz gewährleistet werden, damit den Lehrer*innen in ausreichendem und erforderlichen Maße eine pädagogische Zweitkraft als Unterstützung zur Verfügung steht. Leider sind beide Postulate nicht gleichzeitig vollauf erfüllbar. Wer auf hohe Professionalität, etwa auf die Mitwirkung von Sonderpädagogen, setzt, muss wohl wegen der hohen Kosten weniger Präsenz in Kauf nehmen. Wem dagegen Präsenz, etwa von pädagogischen Assistenten, wichtig ist,

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kann sich zwar wegen der niedrigeren Personalkosten über mehr Unterstützungszeit freuen, dies aber unter Umständen zu Lasten der Professionalität. Eine ausführliche Diskussion des „Präsenz-Professionalitäts-Dilemmas“ ist in Wocken (2017) enthalten.

Die Auflistung von Barrieren und Hürden, die sich einer erfolgreichen Inklusionsreform in den Weg stellen können, soll damit abgebrochen werden, durchaus im Bewusstsein der Unvollständigkeit. Die Inklusionspädagogik wäre gut beraten, ganz bewusst von dem despektierlichen und verletzenden Charakter des Ideologievorwurfs abzusehen und sich auf eine qualifizierte Bearbeitung jener Sachprobleme zu konzentrieren, die in der Inklusionsreform tatsächlich anstehen und um das Risiko des Misserfolgs willen keineswegs vernachlässigt werden dürfen.

Die Aufforderung der Inklusionskritik zu konkreter, realistischer und pragmatischer Reformarbeit wird von der Inklusion verstanden und zustimmend akzeptiert; dies sei noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Diese Zustimmung sollte indes nicht neue Missverständnisse hervorrufen. Sie bedeutet nicht, dass Inklusion nun ihrer ureigenen Philosophie entsagen und sich aller konzeptionellen und theoretischen Arbeit enthalten müsste. Statt einer argumentativen Begründung ein anschauliches Beispiel:

Die normative Idee sagt: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.Die empirische Realität sagt: Männer und Frauen sind nicht gleichberechtigt. Wer muss sich nun ändern? Die Idee oder die Realität? Diese Überlegung wird an späterer Stelle noch einmal aufgegriffen.

Und die Bejahung einer pragmatischen Reformarbeit bedeutet ferner nicht, dass Inklusion nun aller „Radikalität“ abschwören und sich zu einer maßvollen, „moderaten“ Inklusion bekennen müsste. Das Reformangebot der „moderaten“ Inklusion, wie es etwa vom ehemaligen Kultusminister Mathias Brodkorb formuliert wurde, reduziert alle schulische Inklusion auf zielgleiches Lernen und ist damit nicht akzeptabel. Näheres hierzu in Wocken (2019).

2.5 Das Wertequadrat „Philosophie und Pragmatismus“

Das zweite Kapitel hat in immer neuen Anläufen das Verhältnis von Idealismus und Realismus, Philosophie und Pragmatismus, abstrakten Normen und konkretem Handeln angesprochen. Diese Thematik soll nun mit einer sehr allgemeinen Erörterung abgeschlossen werden.

Die kleine Schrift „Politik als Beruf“ des großen deutschen Soziologen Max Weber endet mit dem vielzitierten Satz: „Politik bedeutet ein starkes langsames

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Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“ (Weber 1992, 82). Dieser Satz postuliert „Leidenschaft“ und „Augenmaß“ als grundlegende Postulate für politisches Handeln. Die „Leidenschaft“ soll im Folgen als der Verhaltenskodex „Philosophie“, das „Augenmaß“ als der Verhaltenskodex „Pragmatismus“ übersetzt werden. In Anlehnung an Max Weber wird die These formuliert, dass eine gelingende Inklusionsreform dieser beiden Tugenden bedarf.

Der Kodex „Philosophie“ postuliert: „Inklusion braucht Leidenschaft!“ Die Forderung überrascht und scheint auf den ersten Blick unüberlegt. Leidenschaft hat nicht immer den allerbesten Ruf. Leidenschaft wird mit übergroßer Emotionalität, mit mangelnder Kontrolle oder auch – etwa als Spielleidenschaft – mit Sucht in Verbindung gebracht. Derartige Konnotationen sollen indes ausgeschlossen sein. Max Weber formuliert den gemeinten Sinn so: „Leidenschaft im Sinne von Sachlichkeit: leidenschaftliche Hingabe an eine ‚Sache‘“ (Weber 1992, 62). Diese nahezu unterkühlte Beschreibung macht deutlich, dass bei der Leidenschaft als einer professionellen Qualität zwar auch der Eros im Spiel ist, aber eben als einer Liebe zu einer Aufgabe oder einer Idee. Der Kodex „Philosophie“ meint also nicht pure Emotionalität in Verbindung mit rationaler Enthaltsamkeit, sondern verbindet Liebe und Weisheit zur „Philo-sophie“. Man mag dabei etwa an Lehrer*innen denken, die ganz in ihrem Fach aufgehen und durch ihre Begeisterung selbst jene Schüler mitzureißen vermögen, die diesem Fach vorher nichts abgewinnen konnten. Der Kodex „Philosophie“ rüstet uns zu für eine leidenschaftliche Hingabe an eine große Idee: „I had a dream“ (Martin Luther King).

Was meint der Kodex „Pragmatismus“? Zuerst soll Max Weber wiederum Gehör finden. Er definiert Augenmaß als „die Fähigkeit, die Realitäten mit innerer Sammlung und Ruhe auf sich wirken zu lassen“ (Weber 1992, 62). Die Weber’sche Definition brilliert nicht gerade durch strenge Begrifflichkeit, verweist aber recht anschaulich in die richtige Richtung. Es geht darum, die über den Dingen schwebende Idee der Inklusion in der konkreten Realität zu verankern und die abstrakte Idee mit der realen Wirklichkeit in einen fruchtbaren, mitunter auch spannungsreichen Austausch zu bringen. Der Blick richtet sich nicht mehr, wie bei Wilhelm Busch’s „Hans-Guck-in-die-Luft“, nach oben zu dem „Nordstern“ oder zu den Leuchttürmen, sondern auf den Boden der Tatsachen. Der unmittelbar vor uns liegende Weg mitsamt seinen Tücken und Unwägbarkeiten findet nun die ungeteilte Aufmerksamkeit. Berthold Brecht hat die pragmatisch anstehende Aufgabe mit einem schönen Bild ausgedrückt: "Die Mühen der Berge haben wir hinter uns, vor uns liegen die Mühen der Ebenen." Das idealistische Erstürmen der Gipfel hat ein Ende, nun steht die Praxis als Handlungsfeld und Bewährungsprobe an. Die Vision muss geerdet, in einem realen Kontext angesiedelt werden. Die Idee der

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Inklusion muss operationalisiert, auf eine operative Ebene heruntergebrochen werden.

Der Kodex „Pragmatismus“ verlangt nun von uns, die Vision der Inklusion im Hier und Jetzt zu verankern, die gegebenen Verhältnisse, Ausgangslagen und Kontexte so, wie sie nun einmal sind, analytisch zur Kenntnis zu nehmen und respektvoll in Kalküle und Konzepte zur Implementation der Reform einzubeziehen. Aus einem kreativen und konstruktiven Mix von Vision und Kontextualisierung erwachsen dann handfeste Pläne: Baupläne, Zeitpläne, Aktionspläne. Inklusion braucht nicht nur Leidenschaft, sondern auch pragmatisches Augenmaß. Vom Philosophen Ernst Bloch stammt das Wort: „Visionen brauchen Fahrpläne!“

„Philosophie“ und „Pragmatismus“ lassen sich im Sinne einer Dialektik als Antipoden, als gegensätzliche Kräfte, als These und Antithese verstehen, die wohl ausbalanciert sein wollen. Die Dialektik von „Philosophie“ und „Pragmatismus“ kann man recht gut mit der Methode des Wertequadrates (Schulz von Thun 2019; Wocken 2013) darstellen.

Abb. 7: Wertequadrat für die Kodexe „Philosophie“ und „Pragmatismus“

„Philosophie“ und „Pragmatismus“ sind keine natürlichen Freunde, im Gegenteil. Den einen, die „Philosophie“, zieht es unentwegt von den widerstrebenden, sperrigen Tatsachen und banalen Alltäglichkeiten hinauf in jene Regionen, wo das Gute und Wahre in reinster Form zuhause sind. Der andere, der „Pragmatismus“, richtet seine Blicke nach unten und steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen und nur dort. Es wäre nun ein Unding, würde man die beiden ungleichen Kontrahenten sich selbst überlassen. Die „Philosophie“ würde sich dann weltentrückt über den Wolken einrichten und ganz unbekümmert um den Zustand der irdischen Verhältnisse und den

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Lauf der Dinge ein Reich der Utopie aufbauen. Der „Pragmatismus“ hingegen würde sich vor lauter Wirklichkeitssinn in den Realitäten verlieren und verheddern. Ihm ginge schließlich jegliche Orientierung an leitenden Grundsätzen und konstanten Regeln abhanden, er verfiele ganz und gar den Launen des Augenblicks und den Zufällen der Situation. Ein ausgewachsener Pragmatiker ist zu guter Letzt ein Spielball von Zufällen und Augenblicken, gefangen von angeblichen Sachzwängen und unfähig, diesen mutig mit Überzeugungen und Zielen zu begegnen. Pragmatismus braucht Orientierungen und Grundsätze. Fundamentalismus ist der Kompass für Pragmatismus.

Beides kann man übertreiben (Zeichen: >>), sowohl „Philosophie“ als auch „Pragmatismus“. Damit beide nicht in die Irre gehen, muss man sie – auch zum Wohle des Ganzen – an einen Tisch bringen. „Philosophie“ und „Pragmatismus“ gehören unauflöslich zusammen, soll eine Reform gelingen. Sie erreichen nur dann ihre je eigene Bestform, wenn sie in einem steten Austausch miteinander die anstehenden Probleme und Aufgaben erörtern, um zielkonforme wie auch umsetzbare Lösungen ringen und das Wünschenswerte und Mögliche miteinander aushandeln. Es geht nicht etwa um eine Versöhnung oder um eine symbiotische Verschmelzung, sondern um einen Dialog und um Kooperation der Geschwistertugenden. „Philosophie“ und „Pragmatismus“ bilden eine dialektische Einheit von zwei Kontrahenten. Wir brauchen beide. Keiner kann ohne die Mitwirkung des anderen erfolgreich sein. Fundamentalismus ohne Pragmatismus stirbt zu guter Letzt in Schönheit und Wahrheit; Pragmatismus ohne Fundamentalismus verkümmert zu sinn- und planloser Betriebsamkeit.

In der Inklusionsreform geht es eben nicht um die Alternative „Leidenschaft“ oder „Augenmaß“. Inklusion braucht beides: „Leidenschaft“ und „Augenmaß“. Die Realisierung inklusiver Bildung gelingt dann am besten, wenn „Leidenschaft“ und „Augenmaß“, „Philosophie“ und „Pragmatismus“ beide an Bord sind und sich in einer guten Balance befinden (Zeichen: Ringe).

3. Die Ideologie der Wohltäter: Schonraum-Ideologie

Die Inklusionskritik wirft den Inklusionsbefürwortern eine Schöne-Welt-Ideologie vor. Das war das Thema des zentralen zweiten Kapitels. Die Schöne-Welt-Ideologie führt Kinder mit Behinderungen aus dem dunklen „Bildungskeller“ (Hiller 1994) des gegliederten Schulwesens hinauf in die lichten Weiten inklusiver Lernlandschaften – so die verheißungsvolle Botschaft der schönen, neuen Inklusionswelt in der Wahrnehmung und Deutung der Inklusionskritiker. Die Schöne-Welt-Ideologie wird wegen ihrer beglückenden, himmlischen Versprechungen von den Inklusionsopponenten auch als eine „Heilslehre“ (Ahrbeck; in: Kowitz 2013) oder als eine „säkulare Religion“ (Kiel

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2018) mystifiziert. Der FAZ-Journalist Geyer (2014) hat Inklusion deshalb als ein „Paradiesgärtlein“ belächelt.

3.1 Die Sonderschule schützt Schüler mit Behinderungen

Die Inklusionsopponenten reagieren auf die Schöne-Welt-Ideologie der Inklusion mit einer „Umwertung aller Werte“ (Nietzsche). Der inklusive Unterricht von Schüler*innen mit Behinderung in der allgemeinen Schule wird von der Inklusionskritik in herzzerreißenden Fallgeschichten (z.B. Bandelt 2018; Felten 2017) recht kontrastreich als eine wahre „Quälerei“ dargestellt. Schüler*innen mit Behinderungen erleben sich in der allgemeinen Schule als Versager, leiden unter dem dauernden sozialen Vergleich mit den besseren Schülern, entwickeln Minderwertigkeitsgefühle, werden gehänselt und gemobbt, und verlieren schließlich alle Lust am Lernen und an der Schule.

Die Sonderschulen dagegen gelten nun nicht mehr als düstere Separees der Abgeschriebenen, sondern als Kurorte für geschädigte Schüler*innen. Die Sonderschulen werden als Wohlfühloasen dargestellt, in denen abgeschobene Schüler*innen wieder „aufblühen“, neuen Lebensmut und neue Lernlust gewinnen und in einem geschützten Raum mit vorzüglicher professioneller Fürsorge sich optimal entwickeln können. Die „Schonraum-Ideologie“ ist also das perfekte Gegenbild zur „Schöne-Welt-Ideologie“.

Der Gymnasialpädagoge Michael Felten hat zur Verteidigung der Sonderschule die traditionsreiche „Schonraum-Ideologie“ wieder aus der Versenkung hervorgeholt: „Die Sonderschule ist für viele Kinder ein wichtiger Schutz- und Entwicklungsraum“ (in: Nimmervoll 2018). In der allgemeinen Schule sähen lernschwache Schüler sich täglich mit Leistungsanforderungen konfrontiert, denen sie nicht gewachsen seien. Der soziale Vergleich mit anderen Schüler*innen, die einfach schneller und besser lernten, sei mit schmerzlichen Selbstwertgefühlen verbunden, verderbe die Schulfreude und zerstöre die Lernmotivation. Lernschwache Schüler seien überdies an der Regelschule kränkenden Herabsetzungen und sozialen Ausgrenzungen durch ihre Mitschüler ausgesetzt. Da sei es doch laut Schonraumthese einfach besser, wenn lernschwache und behinderte Schüler in einen Schonraum verbracht würden, wo sie vor den nichtbehinderten Schülern und vor Misserfolgserfahrungen geschützt wären. Der Schonraum sei doch „für alle das Beste“: Die Nichtbehinderten würden nun nicht mehr in ihren Lernfortschritten von den Schwachen „behindert“, und die Schwachen fühlten sich unter ihresgleichen wohl, hätten nun gleichwertige Kontakte, erlebten sich als zugehörig und dank reduzierter Leistungserwartungen wieder als leistungsfähig.

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Wer die Sonderschule als Schonraum fantasiert, macht implizit der allgemeinen Schule die Vorhaltung, dass dort ein recht raues Klima herrschen muss. Die unbarmherzige Leistungskonkurrenz beeinträchtigt das soziale Miteinander und eine wechselseitige Wertschätzung. Weil dieses wenig kinderfreundliche Milieu in der Regelschule nur robusten Kindern zugemutet werden kann, bedarf es der schützenden Notunterkunft Sonderschule. Die Schonraumthese blamiert die allgemeine Schule, dass sie kein Ort für eine mußevolle und geschützte Entwicklung von Kindern ist: „a place for kids to grow up in“ (Paul Goodmann /Hartmut von Hentig).

Wer Förderschulen von innen kennt, die Schüler*innen im störanfälligen Unterricht ebenso wie auf dem Pausenhof erlebt hat, hat einige Mühe, den Förderschulen ein „heilklimatisches Milieu“ oder eine Schutzraumfunktion zu attestieren (Korte 1980). Das Klima an Förderschulen ist nicht selten erheblich konfliktträchtiger, der soziale Umgang rauer und unfreundlicher, und die Mobbingerfahrungen sind keineswegs geringer. Klaus-Jürgen Tillmann hat schon 1999 die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen als Schule mit den höchsten Anteilen an gewalttätigen Handlungen empirisch ausgewiesen. Eine neuere Studie hat ermittelt, dass Förderschüler, und hier insbesondere die Mädchen, im Vergleich mit anderen Schulformen in erhöhtem Maße von sexualisierter Gewalt betroffen sind (Kultusministerium Hessen 2018).

Separation macht es sich zu einfach und pflegt die Förderschule schön zu reden. Der Slogan „Schonraum Förderschule“ vermittelt dem separierenden System ein gutes Gewissen und gestattet ihm sogar die schmeichelhafte Einbildung, dass die Verbringung von schwachen Schüler*innen in separierende Räume eine Wohltat sei. Brigitte Schumann entlarvt nach Sichtung der empirischen Literatur die Schonraum-Ideologie als Mythos und resümiert: „Förderschulen sind Risikoorte, kein ‚Schutz- und Schonraum‘“ (Schumann 2018).

3.2 Die Sonderschule schützt auch Regelschüler

Der Schonraum Sonderschule ist nicht allein für die Schüler mit Behinderungen eine Wohltat, sondern zugleich eine Entlastung der Regelschule, in der die sog. normalen Schüler nun nicht mehr am Lernen und am Weiterkommen durch die behinderten Kinder „behindert“ werden. Diese sog. „Ballastthese“ stand schon an der Wiege der Sonderschule. Heinrich Stötzner, der auch als Vater der Hilfsschule bezeichnet wird, schrieb 1864:

“Die Volksschule hat andere Aufgaben zu lösen, als sich mit Schwachen und Stumpfsinnigen herumzumühen. Diese hindern und hemmen nur. Wie viel Höheres würde sie erreichen können, wenn sie von der Sorge um diese befreit würde. Man nehme die Schwächsten aus der Volksschule

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heraus, und man wird letztere in den Stand setzen, umso eher den Forderungen der Gegenwart nachzukommen.” (Stötzner 1864; 1963, 8)

Die Hilfsschule hat sich bei der Volksschule mit dem verführerischen Argument eingeschmeichelt, ihr die mühevolle Sorge um die Schwachen abzunehmen. Diese These, dass die Schwachen die Starken behindern und Ballast für sie sind, wird auch heute noch gerne geglaubt. Die Ballastthese ist blanker Sozialdarwinismus, der das Recht der Stärkeren behauptet und die Exklusion der Schwachen moralisch legitimiert. Die Ausgrenzung und Selektion der Schwachen werden dabei keineswegs als Unrecht empfunden, sondern sogar als ein Akt der Güte und Humanität hingestellt: „Es ist geradezu eine Quälerei, ihn [den behinderten Schüler] der Normalität der anderen auszusetzen, in welcher er sich Stunde für Stunde unterlegen fühlen muss und schließlich von sich selbst glauben muss, er sei minderwertig“ (Flaig 2012, 51). Um Behinderte vor der „Quälerei der Normalität“ zu bewahren, dürfen und müssen sie in Schonräume abgedrängt werden. Um die „Quälerei“ zu beenden, werden die Opfer der Quälerei dann in Schutzhaft genommen. Die Strukturen und Kulturen der „Quälerei“ dagegen bleiben in Kraft und werden nicht angetastet. Die „Quälerei“ der sog. Normalität kommt ungeschoren davon und wird als caritative Fürsorge bemäntelt. Kann man eine Normalität, die quält, wirklich human und „normal“ nennen?

Der Schonraum Sonderschule dient auch der „Schonung“ der nicht beeinträchtigten Schüler*innen in den Regelschulen. In etlichen Fallgeschichten aus dem Alltag der Inklusion werden Schüler*innen mit Behinderungen als notorische „Störer“ beschrieben, die durch unpassende Eigenwilligkeit, unberechenbare Spontaneität, motorische Unruhe, unstete Aufmerksamkeit und ordnungswidriges Verhalten den Unterricht massiv stören (Bandelt 2018; Felten 2017). Weil dank der Inklusion die Störenfriede nun in der Sonderschule sind, kann der Unterricht in den Regelschulen jetzt relativ störungsarm, konzentriert und effektiv gestaltet werden.

Weiterhin bringt die Abwesenheit leistungsschwächerer Schüler*innen den großen Vorteil, dass sowohl auf zieldifferentes Lernen wie auf eine Senkung des Leistungsniveaus verzichtet werden kann. Die Inklusionsopponenten streuen immer wieder in den Inklusionsdiskurs die panikerregende Mitteilung ein, dass insbesondere die Inklusion von Schüler*innen mit kognitiven Beeinträchtigungen notwendigerweise mit einer allgemeinen Senkung des Leistungs- und Anspruchsniveaus einhergehen müsse. Insbesondere die Gymnasiallobbyisten verbreiten mit großem Eifer die These, dass Inklusion eine „hochproblematische Nivellierung, also Einebnung von Bildungsstandards“ (Felten 2017, 2013) bedeute:

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- „Wer 4 – 6 Kinder mit individuell ausdifferenziertem Förderbedarf in der Klasse hat, der muss die Standards senken“ (Felten 2017, 99).

- „Wenn aber jedes Kind, gleich welcher Behinderungsform, das Recht bekäme, an einer Schule seiner (bzw. seiner Eltern) Wahl einen voll inklusiven Unterricht zu besuchen, müssten entweder in jeder Klasse mehrere Sonderpädagogen mitwirken (was niemand bezahlen kann und wird) – oder das Lernniveau würde allerorten massiv sinken“ (Felten 2017, 101).

- Der Ehrenpräsident der Philologen Josef Kraus bringt ganz ungeniert die hohe Inklusionsquote des Stadtstaates Bremen mit den „miserablen Schulleistungen“ der Bremer Schüler*innen in den Ländervergleichen in Verbindung.

Die Gymnasiallobbyisten bemühen sich erst gar nicht um Belege aus der empirischen Forschung, in der gewissen Annahme, dass diese These einer Leistungs- und Niveausenkung durch Inklusion an bundesdeutschen Stammtischen eh ein populäres Allgemeingut von unstrittiger, keines Beweises bedürftiger Dignität ist. Die Heimtücke der These vom inklusionsbedingten Leistungsverfall besteht darin, dass sie sich in subtiler Weise insbesondere an die bildungspanische Mittelschicht wendet und dort vollauf verfängt. Spätestens dann, wenn der „Aufstieg durch Bildung“ von der Inklusion angekratzt werden sollte, ergreift die bürgerliche Mittelschicht die Flucht und nimmt Abschied von der Inklusion.

Die Einrichtung eines Schonraums Sonderschule liegt damit durchaus in der Logik des meritokratischen Gesellschafts- und Schulsystems. Der Schonraum Sonderschule schützt nicht allein die Schüler*innen mit Behinderungen, sondern auch und zugleich die nichtbehinderten Schüler*innen in den Regelschulen vor den „Störungen“ und „Beeinträchtigungen“ durch die behinderten Schüler. Was als eine edelmütige Wohltat für Schüler*innen mit Behinderung gepriesen und selbstwertdienlich verrechnet wird, ist also in Wirklichkeit auch eine Wohltat für die wahren eigenen Interessen, deren Eigennützigkeit sich wirksam hinter einem Schleier der Behindertenfreundlichkeit verbergen lässt. Die Sonderschule liegt eben (nicht allein) im Interesse der Behinderten selbst, wie es die Schonraum-Ideologie vorgaukelt, sondern auch im Interesse des gegliederten Schulwesens. Wenn es keine Sonderschulen gäbe, wäre davon das gesamte Schulsystem zutiefst betroffen und müsste sich dann wohl oder übel der Sache annehmen. Das dürfte letztlich auch ein triftiger Grund für das unerwartete, existentielle Interesse des Gymnasiums an der Erhaltung der Sonderschule sein.

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Zusammenfassend: Ideologiekritisch muss die Schonraum-These aus einer doppelten Perspektive befragt werden: Ist die Sonderschule ein „Schonraum“ für die behinderten Schüler oder ist sie eine Quarantäne-Maßnahme, die die nichtbehinderten Schüler vor den Sonderschülern schützt? Die Schonraum-These ist Ideologie im Sinne einer Rechtfertigungslehre. Sie repräsentiert das „falsche Bewusstsein“ (Karl Marx) einer Gesellschaft, die ihr schlechtes Gewissen hinter der Fürsorge für das Kindeswohl der Schwachen versteckt; ein „falsches Bewusstsein“, das die Abschiebung von behinderten Schüler*innen als eine pure menschliche Wohltat für diese verkauft, das eigene Interesse an der Abschiebung und Ausgrenzung dieser Schüler aber leugnet und sich stattdessen mit der Wohltäter-Attitüde schmückt. Ganz auf dieser Linie liegt auch ein älteres höchstrichterliches Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt „in den unter Aufwendung besonderer Kosten errichteten Hilfsschulen eine Wohltat, die der Staat den Kindern angedeihen lässt, die für ihre Entwicklung der Hilfe heilpädagogisch geschulter Lehrkräfte bedürfen und durch diese eine ihrem Wesen entsprechende Ausbildung erhalten“ (BVerG 1958; kursiv H.W.).

4. Die Ideologie der Wirkungstäter: Evidenzideologie

Die dritte im Bunde jener Ideologien, die den Inklusionsdiskurs begleiten, ist die Evidenzideologie. Sie tritt unter dem Namen „Evidenzbasierung“ auf. Das Konzept der Evidenzbasierung versteht sich selbst keineswegs als Ideologie, sondern ganz im Gegenteil als das einzige „ideologiefreie“, wirklich wissenschaftliche Erkenntnis- und Handlungsmodell. Eine kleine Ideengeschichte mag zum Verständnis des Konzepts hinführen.

4.1 Konzept der Evidenzbasierung

Der französische Philosoph Jean-Francois Lyotard (1924-1998) hat die großen philosophischen Systeme der Moderne (z.B. Humanismus, Idealismus) für gescheitert erklärt. Diese sog. „Erzählungen“ hätten es nicht vermocht, eine intersubjektiv gültige Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie zu formulieren und eine verbindliche wissenschaftliche Rationalität festzulegen. Vielmehr habe sich die Unmöglichkeit der Letztbegründung von Werten und die Unmöglichkeit der Eindeutigkeit von Wahrheiten gezeigt. Das Projekt der „Moderne“ sei daher gescheitert und die „großen Erzählungen“ müssten aufgegeben werden. Die Postmoderne habe den Konsens, den einst die Religionen und Metaerzählungen gestiftet haben, verloren. An die Stelle der großen Erzählungen tritt jetzt eine Pluralität gegenstandsbezogener Diskurse mit je eigenen Kriterien der Rationalität und Normativität. Im postmodernen Zeitalter agieren die Subjekte

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der Gesellschaft nun vorwiegend realistisch und pragmatisch, also frei von Ideologien. Nicht zuletzt hat in der jüngeren Zeitgeschichte das Scheitern der großen politischen Systeme (Nationalsozialismus, Kommunismus) ein tiefes Misstrauen in die Wahrheit von Weltanschauungen befördert und den Weg in eine ideologiefreie Zukunft nahegelegt. Geistige Strömungen a la Pragmatismus und Positivismus betraten nun die Weltbühne und konstituierten ein neues Verständnis von Rationalität. Der Zeitgeist ersetzte nun Glauben durch Empirie, Vernunft durch Nützlichkeit und Ideen durch Realitäten. Das postmoderne Zeitalter kennt weder Vernunft noch Wahrheit, sondern erklärt Fakten, Daten, Zahlen, Koeffizienten und Effekte zu den einzig gültigen Indizien einer „ideologiefreien“ Rationalität.

Das ist in vereinfachender Form der ideengeschichtliche Hintergrund für die Ankunft des Konzepts „Evidenzbasierung“. „Evident“ bedeutet umgangssprachlich, etwas „liegt auf der Hand“, ist „offensichtlich“. Was augenscheinlich „evident“ ist, muss nicht mehr erklärt und begründet werden. Jede weitere Nachfrage erübrigt sich. Kritik und Skepsis werden durch Tatsachen widerlegt und prallen an der Realität ab. Als erkenntnistheoretisches Modell meint Evidenzbasierung etwa „auf wissenschaftlichen Fakten“ beruhend. Dabei wird lediglich jenes Forschungswissen als „evidence-based“ anerkannt, das strengen wissenschaftlichen Standards genügt und durch empirische Studien generiert wurde. Die höchste Wertschätzung wird zusammenfassenden Analysen zu einem Forschungsgebiet entgegengebracht, also sogenannten Reviews und Metanalysen. Das Ziel einer evidenzbasierten Praxis besteht darin, das gesamte praktische Handeln danach auszurichten, welche Konzepte, Interventionen, Methoden und Materialen in kontrollierten empirischen Untersuchungen sich als besonders effektiv erwiesen und damit bewährt haben. Eine evidenzbasierte Wissenschaft erzeugt und sammelt praxisrelevantes Wissen, das als bewährte Informations- und Handlungsgrundlage für die Steuerung pädagogischer Prozesse und Projekte genutzt werden kann.

Evidenzbasierung hat gegenwärtig in der Erziehungswissenschaft Konjunktur. Sie tritt auf mit einem unüberhörbaren, ja arroganten Machtanspruch, dass sie allein eine ernstzunehmende Wissenschaft sei. An all die anderen, die nicht das schmückende Exzellenzsiegel „evidence-based“ tragen, wird implizit der Vorwurf gerichtet, dass sie bestenfalls geistreiche Prosa produzieren, aber keineswegs belastbare, evidente Forschungsergebnisse liefern. Damit werden große Bereiche der Erziehungswissenschaft von vorneherein als „unwissenschaftlich“ exkommuniziert. Alle Erkenntnisse, die nicht „datenbasiert“ sind, stehen a priori unter Ideologieverdacht (Jornitz 2009).

4.2 Kritik der instrumentellen Vernunft

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Die Kritik des Konzepts Evidenzbasierung kann – der Zeit vorauseilend – schon in den Arbeiten von Horkheimer „Kritik der instrumentellen Vernunft“ oder von Luhmann/Schorr „Das Technologiedefizit der Erziehung“ nachgelesen werden. An dieser Stelle müssen wenige Anmerkungen genügen (vgl. Ahrbeck u.a. 2018):

- Der Evidenzbasierung liegt erkennbar ein technologisches und utilitaristisches Wissenschaftsverständnis zugrunde. „Wahr“ ist, was wirkt und nützlich ist. Sie verkörpert eine reine Zweck-Mittel-Rationalität, welche nur die Mittel, aber nicht die Ziele des Handelns reflektiert. Max Horkheimer betrachtet diese „instrumentelle Vernunft“ als den „Untergang einer als ‚objektiv‘ begriffenen, wert- und zielsetzenden Vernunft“ (Horkheimer 1967, Klappentext). „Als die Idee der Vernunft konzipiert wurde, sollte sie mehr zustande bringen als bloß das Verhältnis von Mitteln und Zwecken zu regeln; sie wurde als das Instrument betrachtet, die Zwecke zu verstehen, sie zu bestimmen“ (Horkheimer 1967, 23; kursiv im Original).

- Pädagogische Fragen werden durch die instrumentelle Vernunft auf rein technische Probleme reduziert. Die normative Dimension, die aller Pädagogik unabweisbar immanent ist, wird von evidenzbasierter Forschung weitgehend ausgeklammert. Die Ziele pädagogischen Handeln können unvernünftig, ja irrational sein, das evidenzbasierte Forschungsinteresse ist dagegen primär bis ausschließlich auf das praktische und effektive Funktionieren ausgerichtet. Für diese halbierte, nur auf Nützlichkeit gerichtete Vernunft kann man auch eine geflügelte Spruchweisheit des einstigen Bundeskanzlers Helmut Kohl bemühen: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt!“

- Pädagogisches Handeln ist durch die Subjektivität unverfügbarer Personen und die Spontaneität ihrer Interaktionen gekennzeichnet. Menschen funktionieren nicht mechanisch wie eine Maschine. Die Wirkungen pädagogischen Tuns sind nur bedingt vorhersehbar, weil sie von dem Eigensinn der Subjekte durchkreuzt und gebrochen werden.

- Pädagogische Situationen sind durch ein hohes Maß von Komplexität und Ungewissheit gekennzeichnet und nur bedingt planbar. Luhmann/Schorr (1982) stellen deshalb grundsätzlich in Zweifel, ob pädagogisches Handeln überhaupt technologiefähig ist.

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4.3 Kritik der Evidenzideologie

Nach der längeren Vorrede ist es nun möglich und an der Zeit zu prüfen, ob gegen das Konzept der Evidenzbasierung zu Recht ein Ideologieverdacht geäußert werden kann. Der Verdacht ist eigentlich verwunderlich, weil doch die Evidenzbasierung sich selbst als das einzige „ideologiefreie“ Modell einer wissenschaftlichen Bildungsforschung versteht. Da möchte man zunächst einmal richtig aufatmen: Endlich einmal etwas Nicht-Ideologisches, endlich einmal Realismus pur und nichts als nackte Tatsachen.

Die Inklusionskritik fordert, dass die Inklusion sich „an der Realität messen“ lassen muss – so etwa lautet die eingängige Formel (Bandelt 2018; Schmoll 2017). Diese Logik entspricht ja durchaus der erfahrungswissenschaftlichen Erkenntnistheorie, der zufolge alle Theorien sich empirisch bewähren müssen. Der Realitätstest wird somit als das entscheidende Kriterium für die Geltung und Güte von Theorien angesehen. Wenn Inklusion nicht klappt, dann ist die Idee der Inklusion falsch – das ist die recht simple Logik der Inklusionskritik. Ihr unterlaufen indessen bei der Anwendung dieser Bewährungslogik mehrere Denkfehler.

1. Normen sind nicht empirisch falsifizierbarDie Inklusionskritik stellt empirisch erhebliche Mängel und Probleme der Inklusionsreform und der schulischen Inklusionsarbeit fest und folgert aus dem „Scheitern“ in der Praxis, dass schon die Idee der Inklusion grundsätzlich falsch und irrig sei. Diese Schlussfolgerung von einer unzulänglichen Praxis auf eine falsche Idee unterschlägt, dass Inklusion nicht eine erfahrungswissenschaftliche Theorie ist oder sein will, sondern eine normative Idee, die in menschenrechtlichen Werten verankert ist. Menschenrechte, Normen und normative Ideen können aber grundsätzlich mit empirischen Mitteln weder verifiziert noch falsifiziert werden. Als Beleg füge ich dem bereits in Kapitel 2.4 genannten Hinweis, dass hinsichtlich der Gleichberechtigung von Männern und Frauen die gesellschaftliche Realität nicht der verfassungsrechtlichen Norm entspricht, weitere Beispiele an:

- Norm: Du sollst nicht töten.Realität: Jedes Jahr werden in der BRD etwa 400 Menschen ermordet.Es wäre reichlich absurd, aus der traurigen Realität zu folgern, dass die Norm „gescheitert“ sei und geändert werden müsse.

- Norm: Lebenslängliche EheRealität: Ungefähr ein Drittel aller Ehen werden aufgelöst.Trotz dieser erheblichen Anzahl von Scheidungen hält die Gesellschaft im Grundsatz an der Idee der Ehe als einer unkündbaren Lebensgemeinschaft

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fest.

Die Beispiele mögen anschaulich vor Augen führen, dass Werte und Normen grundsätzlich nicht „wissenschaftlich“ bewiesen oder verworfen werden können. Über die Gültigkeit und Geltung von Werten und Normen können allein vernünftige Diskurse, philosophische Theorien und ethische Maximen befinden, nicht aber empirische Untersuchungen. Die empirische Realität kann nicht darüber befinden, ob Normen überhaupt sinnvoll sind und gelten sollen. Die Normen – so besagt es das Horkheimer-Zitat – bestimmen, wie die Wirklichkeit aussehen soll, und nicht umgekehrt. Die Schlussfolgerung der Inklusionskritik, die Probleme und Unzulänglichkeiten einer aktuellen Inklusionspraxis seien ein Beweis, das die Idee der Inklusion selbst gescheitert sei, ist unzulässig. Eine defizitäre Praxis ist alleine kein zwingendes Indiz für eine falsche Theorie.

Menschenrechte und ethische Normen können nicht „scheitern“. Die Bestimmung des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ gilt immer und allerorten, unabhängig davon, inwieweit die gesellschaftliche Realität und die Lebenswirklichkeit dieser Norm entsprechen. Das Recht auf Leben ist ein Menschenrecht; es muss absolute Geltung haben völlig unabhängig von der unsäglichen Realität unzähliger Morde und Totschläge. Auch Inklusion ist ein Menschenrecht! Und in diesem Sinne gilt: Die Idee der Inklusion kann empirisch nicht „scheitern“, die Praxis der Inklusion dagegen sehr wohl.

2. Eine defizitäre Praxis fordert dazu auf, vorab die Vernünftigkeit der gegebenen Realitäten auf ihre Notwendigkeit und Änderungsmöglichkeiten zu befragen.Die Inklusionskritik folgert aus einer unbefriedigenden Inklusionspraxis eine Anpassung oder Annullierung der Inklusionsidee; dies wurde als voreiliger empiristischer Kurzschluss zurückgewiesen. Was wäre zu tun und könnte getan werden, wenn zwischen einer normativen Idee und ihrer empirischen Realität eine erhebliche Diskrepanz besteht? Statt an der Idee herumzudeuteln und herumzunörgeln, wäre es doch genauso naheliegend, sich die unvollkommene Realität vorzuknöpfen und über Möglichkeiten ihrer Optimierung nachzusinnen. Die Realität hat sich an den Maßstäben der Idee und Philosophie der Inklusion zu bewähren! Peter Tiedecken kommt in einer Diskursanalyse von inklusionskritischen Publikationen zu dem Ergebnis, dass die Inklusionskritik die Inklusionsidee, zum Beispiel die Behindertenrechtskonvention, nach Belieben verfälscht und sich für eine bedingungslose Parteilichkeit mit der real existierenden Wirklichkeit ausgesprochen hat. In dem lesenswerten Beitrag heißt es: „Die gesichtete Inklusionskritik argumentiert dabei ganz vom affirmativen Standpunkt der Realisierbarkeit und lässt ausschließlich gelten, was sich unmittelbar konstruktiv in die Schulpraxis überführen lässt“ (Tiedecken 2018, 231). Während der Inklusion ein fehlender Realismus vorgehalten und sie

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deshalb als Ideologie gescholten wird, muss umgekehrt der Inklusionskritik eine fehlende Treue zur inklusiven Idee und ein völlig unzulänglicher Optimierungs- und Veränderungswille vorgeworfen werden. Namentlich kann für den affirmativen Realismus der Inklusionskritik das unbedingte, konservative Festhalten am Sonderschulsystem genannt werden. Die Inklusionskritiker erklären samt und sonders die Sonderschulen für unentbehrlich und notwendig. Das Sonderschulsystem wird vollständig tabuisiert und mit einer unbegrenzt geltenden Bestandsgarantie ausgestattet. Die Idee der Inklusion soll sich bitte nach der sakrosankten Realität des gegliederten Schulwesens richten und nicht umgekehrt – so die problematische Logik der Inklusionskritik. Diese einseitige Parteinahme für die real existierende Schulwirklichkeit ist wahrlich nicht frei von Interessen, nicht wertfrei und nicht „ideologiefrei“, sondern parteilich und deshalb ideologisch.

Bernd Ahrbeck macht sich in seinen Schriften keinerlei Gedanken, was denn in der Inklusionspolitik und in der schulischen Inklusionspraxis konkret geändert werden sollte und optimiert werden könnte. Seine Schriften können durchaus durch bedenkenswerte Kritik beeindrucken, aber sie erschöpfen sich auch in Verweigerungen und Neinsagen. Die Verbesserungsvorschläge und Lösungsideen, die Kraus (2017) und Felten (2017) am Ende ihrer inklusionskritischen Arbeiten anbieten, sind bestenfalls geeignet, ein hilfloses und verlegenes Lächeln hervorzurufen. Die Verweigerung, an einer praktischen, konstruktiven Optimierung und Weiterentwicklung der Inklusion mitzuarbeiten, ist derart ausgeprägt, dass es berechtigte Gründe gibt, am grundsätzlichen Inklusionswillen der Inklusionskritik ernsthaft zu zweifeln. „Inklusion, wie sie gegenwärtig sichtbar wird, ist nicht nur eine pädagogische Mogelpackung, sondern auch ein bildungspolitisches Fiasko - und sollte sofort beendet werden“ (Giesecke 2016). Ist etwa die Beendigung von Inklusion die wahre, verschwiegene Absicht der sog. „moderaten“ Inklusionskritiker?

3. Die vorhandene Wirklichkeit und die realisierte Praxis sind nicht alternativlos, sondern änderbar.„Im Grunde können ja gegen eine Evidenzbasierung pädagogischen Handelns keine vernünftigen Gründe angeführt werden“ (Hechler 2016, 42). Aus dem Satz spricht das Bewusstsein einer fraglosen, nicht diskutierbaren Richtigkeit der Evidenzbasierung. Hier sollen trotzdem einige Überlegungen riskiert werden, was an diesem Konzept als unschön, bedenklich oder kritikwürdig empfunden werden kann:

- Durch eine strikte Evidenzbasierung werden Theorie und Praxis der Pädagogik einem Monopol der technologischen Vernunft unterworfen. Das Erfordernis eines evidenzbasierten pädagogischen Tuns befördert alle sonstige Pädagogik in Sphären der Unwissenschaftlichkeit und

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Überflüssigkeit. Pädagogik kann aber einer Reflexion ihrer Ziele, Inhalte und Begründungen nicht entbehren. Pädagogik muss auch über das Warum und Wohin von Erziehung und Unterricht nachdenken, wie es beispielsweise die „geisteswissenschaftliche“ Didaktik (Klafki 2007) getan hat. Eine „didaktische Analyse“ etwa ist für Evidenzbasierung ein unbekanntes und irrelevantes Fremdwort. Eine Verengung und Reduktion der pädagogischen Vernunft auf technologische Machbarkeit und empirische Effizienz ist nicht hinnehmbar.

- Gute Pädagogik ist sicher immer auch effektive Pädagogik, aber effektive Pädagogik ist nicht immer auch schon gute Pädagogik. Hohe Effekte heiligen nicht die Ziele und Methoden einer Pädagogik. Dieses kann exemplarisch deutlich gemacht werden durch einen kritischen Blick auf die asiatische Leistungskultur.In den neueren PISA-Studien waren zum wiederholten Male die Schüler aus den asiatischen Regionen Shanghai, Singapur, Hongkong und Taipeh, aber auch aus China und Japan die eindeutigen Testsieger. Die 15-Jährigen aus diesen Ländern sind Gleichaltrigen aus Deutschland etwa in Mathematik um zwei bis drei Schuljahre voraus. Diese hervorragenden Leistungsergebnisse gehen aber zu großen Anteilen auf einen ausgeprägten autoritären Erziehungsstil und eine beispiellose Drillkultur zurück. Der ZEIT-Redakteur Martin Spiewak beschreibt nach einer mehrwöchigen Studienreise sein blankes Entsetzen über den erlebten Kulturschock mit einem Bild: „Im Vergleich ist ein deutsches Schülerleben wie ein Kindergeburtstag“ (Spiewak 2017). Die asiatische Leistungskultur ist in bedenklicher Weise respektlos gegenüber dem Eigenwert der Kindheit. Die exklusive Beschlagnahmung der Kindheit für bestmögliche schulische Karrieren kann man durchaus als eine Gefährdung des Kindeswohls diskutieren. Deshalb: Effizienz allein rechtfertigt nicht pädagogische Konzepte und Paradigmen.

- Die technologische Ausrichtung der Evidenzbasierung zieht eine gewisse Standardisierung der Pädagogik nach sich. Die Hauptakteure bei einer Umsetzung des Konzepts sind große Forschungsinstitute, die den gesamten pädagogischen Markt nach empirischen Studien über pädagogische Programme, Konzepte, Materialien, Interventionen durchforsten und analysieren. Die Bewertung der Produkte nach diversen Effizienzparametern werden dann in geordneten Listen im Internet online für alle verfügbar gemacht. Alle Lehrer*innen können nun in den Hitlisten der Effektstärken nachlesen, was zu tun ist und wie es zu tun ist. Wer das nicht macht, riskiert einen pädagogischen Kunstfehler, der ggf. vor den Eltern und der Schulaufsicht zu verantworten ist. Die einstige Methodenfreiheit des Lehrers, ein Merkmal seiner Professionalität,

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schwindet. Der evidenzbasierte Unterricht ist recht eindimensional auf Leistung ausgerichtet und gleicht in seinen Abläufen mitunter einer standardisierten Testsituation, in der bekanntlich das Testmanual und die Stoppuhr Regie führen. Die Beschreibung eines evidenzbasierten Unterrichts ist zugestandenermaßen karikierend übertrieben. Mit voller Absicht, um mögliche unerwünschte Nebenwirkungen, die eine technologische Orientierung des Unterrichts mit sich bringen könnte, markant und warnend vor Augen zu führen.Die Botschaft der Evidenzbasierung kann man in narrativer Weise so formulieren: „Die Evidenzbasierung hat herausgefunden, was das Beste ist. Und nun, liebe Praxis, halte dich gefälligst daran. Es gibt keine Alternative!“

Zusammenfassend: Das Ärgernis des Konzepts „Evidenzbasierung“ ist der mehr als selbstbewusste Habitus der Alternativlosigkeit.

„Alternativlos“ ist zu einer magischen Zauberformel der Gegenwart geworden, das in technokratischen Zusammenhängen und politischen Diskursen eine prominente Rolle spielt. Nicht zuletzt die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat diesem Wort zu einiger Berühmtheit verholfen. Im Jahre 2010 wurde es von der Deutschen Gesellschaft für Sprache zum Unwort des Jahres gekürt. Das Wort suggeriere, dass es in Entscheidungsprozessen von vorneherein keine Alternativen gebe und damit auch keinerlei Notwendigkeit der Diskussion bestehe. „Alternativlos“ ist die Mutter aller Totschlagargumente: Es geht nur so und nicht anders. Schluss. Aus. Basta.

Das Programm der Evidenzbasierung befördert eine Kultur der Alternativlosigkeit. Aber die Wirklichkeit ist nicht alternativlos. Auch noch so hohe Effektstärken können nicht beweisen, dass gewählte Mittel das einzig mögliche ist. Das technologische Denken strebt aber eine einzige, wahre Lösung an, und lässt keine konkurrierenden Alternativen zu. Der Philosoph Herbert Schnädelbach (Humboldt Universität Berlin) (1969) urteilt, dass technokratisches Denken alles andere als nicht-ideologisch sei:

„Die vollkommene Anpassung des Bewusstseins [an die vorhandenen Gegebenheiten; H.W.] und seine objektive Unfähigkeit, sich Alternativen zum Bestehenden auch nur vorzustellen, ist die Ideologie der Gegenwart.“

Evidenzbasierung, die sich ja selbst einer absoluten Ideologiefreiheit rühmt, ist im Kern eine Ideologie der Alternativlosigkeit. Die deutsche Inklusionskritik ist insbesondere deshalb eine Ideologie der Alternativlosigkeit, weil ein anderes als das gegliederte Schulwesen nicht gedacht wird und nicht gedacht werden darf.

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Auch die Schulen und das Schulsystem sind so, wie sie geworden und gemacht sind, änderbar und nicht alternativlos.

Literatur

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