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Bundesverwaltungsgericht Tribunal administratif fédéral Tribunale amministrativo federale Tribunal administrativ federal Abteilung I A-4836/2012 Urteil vom 13. März 2014 Besetzung Richter André Moser (Vorsitz), Richter Christoph Bandli, Richterin Kathrin Dietrich, Gerichtsschreiberin Tanja Petrik-Haltiner. Parteien Flughafen Zürich AG, Postfach, Kloten, 8058 Zürich, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Roland Gfeller, Gfeller Budliger Rechtsanwälte, Florastrasse 44, Postfach 1709, 8032 Zürich, Anschlussbeschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin, gegen 1. A._______, (…), 2. B._______, vertreten durch C._______, (…) 1 und 2 vertreten durch Rechtsanwalt Marco E. Vitali und Dr. Anne-C. Imhoff, Pestalozzi Rechtsanwälte, Löwenstrasse 1, 8001 Zürich, 3. D._______, (…), 4. E._______, (…), 5. F._______, (…), 6. G._______,

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B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t

T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f eacuted eacute r a l

T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e

T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l

Abteilung I

A-48362012

U r t e i l v o m 1 3 M auml r z 2 0 1 4

Besetzung

Richter Andreacute Moser (Vorsitz)

Richter Christoph Bandli Richterin Kathrin Dietrich

Gerichtsschreiberin Tanja Petrik-Haltiner

Parteien

Flughafen Zuumlrich AG

Postfach Kloten 8058 Zuumlrich

vertreten durch Rechtsanwalt Dr iur Roland Gfeller

Gfeller Budliger Rechtsanwaumllte

Florastrasse 44 Postfach 1709 8032 Zuumlrich

Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin

gegen

1 A_______

(hellip)

2 B_______

vertreten durch C_______

(hellip)

1 und 2 vertreten durch Rechtsanwalt Marco E Vitali und

Dr Anne-C Imhoff

Pestalozzi Rechtsanwaumllte Loumlwenstrasse 1 8001 Zuumlrich

3 D_______

(hellip)

4 E_______

(hellip)

5 F_______

(hellip)

6 G_______

(hellip)

3-6 vertreten durch Rechtsanwalt Dr Peter Ettler und

Rechtsanwalt Martin Looser

ettlersuter Rechtsanwaumllte Gruumlngasse 31 Postfach

8026 Zuumlrich

Anschlussbeschwerdegegner und Beschwerdefuumlhrende

und

Eidgenoumlssische Schaumltzungskommission Kreis 10

Minervastrasse 99 Postfach 1821 8032 Zuumlrich

Vorinstanz

Gegenstand

Enteignung durch direkten Uumlberflug und Enteignung nach-

barrechtlicher Abwehrbefugnisse infolge Fluglaumlrms ausge-

hend vom Landesflughafen Zuumlrich-Kloten

A-48362012

Seite 3

Sachverhalt

A

Aa Am 15 Dezember 2004 reichten D_______ und E_______ am

10 Maumlrz 2005 F_______ sowie am 19 Mai 2005 G_______ je ein Ent-

schaumldigungsbegehren fuumlr ihre Liegenschaften in Gockhausen bzw Duuml-

bendorf bei der Flughafen Zuumlrich AG ein Dies je mit den Hauptantraumlgen

es sei das Verfahren bei der Eidgenoumlssischen Schaumltzungskommission

Kreis 10 (ESchK) einzuleiten und sie seien aufgrund der Enteignung

durch direkten Uumlberflug (neue Suumldanfluumlge) und wegen Enteignung nach-

barrechtlicher Abwehrbefugnisse infolge Fluglaumlrms und fuumlr die daraus re-

sultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke angemessen zu entschaumldi-

gen Die Flughafen Zuumlrich AG uumlberwies die Begehren am 10 Oktober

2005 an die ESchK mit dem Antrag diese seien abzuweisen soweit dar-

auf einzutreten sei

Ab Mit Verfuumlgung vom 29 April 2009 wurden die vorgenannten Faumllle

von der ESchK als Pilotfaumllle ausgewaumlhlt anhand derer insbesondere das

Vorliegen eines sogenannten direkten Uumlberflugs beurteilt werden sollte

Ac Die betroffenen Grundeigentuumlmer beantragten in ihrer Eingabe vom

29 Juni 2011 zusaumltzlich die Flughafen Zuumlrich AG sei auf jeden Fall zu

verpflichten ihre Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnah-

men auszustatten bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster

Ruumlckerstattung zu leisten Die von ihr dafuumlr aufgewendeten Kosten seien

als Realersatz von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Falls wi-

der Erwarten keine Entschaumldigung aufgrund des direkten Uumlberflugs

undoder wegen Minderwerts zufolge Laumlrmbelastung ausgerichtet werde

sei die Flughafen Zuumlrich AG zu verpflichten Schallschutzvorkehren anzu-

bringen

Ad Am 29 November 2011 fuumlhrte die ESchK in Anwesenheit der Partei-

en bei den Liegenschaften an der (hellip) und am (hellip) je einen Augenschein

zwischen 0600 Uhr und 0650 Uhr durch Bei den Liegenschaften an der

(hellip) und der (hellip) fand am 19 Dezember 2011 je ein Augenschein statt

Ae Anfang Dezember 2011 nahm die ESchK die Liegenschaften von

A_______ sowie B_______ ebenfalls ins Pilotverfahren auf Diese hat-

ten am 31 August 2004 die Begehren eingereicht es sei ihnen eine Ent-

schaumldigung zuzusprechen die dem Minderwert entspreche der im Ver-

A-48362012

Seite 4

gleich zum Verkehrswert am 30 April 2003 eingetreten sei Fuumlr diese Lie-

genschaften wurde am 17 Januar 2012 je ein Augenschein durchgefuumlhrt

B

Mit Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 wies die ESchK die Ent-

schaumldigungsbegehren von A_______ D_______ E_______

F_______ G_______ und B_______ ab (Dispositiv-Ziffer 1) Die Ver-

fahrenskosten wurden der Flughafen Zuumlrich AG auferlegt (Dispositiv-Ziffer

2) Weiter wurde die Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet D_______

E_______ F_______ und G_______ eine Parteientschaumldigung von

Fr 36325ndash zuzuumlglich Mehrwertsteuer (MWST) sowie A_______ und

B_______ eine Parteientschaumldigung von Fr 28940ndash zuzuumlglich Mehr-

wertsteuer zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3)

C

Per 13 September 2012 erheben A_______ und B_______ (nachfol-

gend Beschwerdefuumlhrende 1 und 2 oder der Einfachheit halber Enteigne-

te 1 und 2) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragen

der Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 im Verfahren Nr 2003-165P

sei aufzuheben und die Streitsache sei zur Durchfuumlhrung eines Eini-

gungs- und Schaumltzungsverfahrens an die ESchK (nachfolgend Vorin-

stanz) zuruumlckzuweisen

D

Gleichentags erheben D_______ E_______ F_______ und

G_______ (nachfolgend Beschwerdefuumlhrende 3 bis 6 oder der Einfach-

heit halber Enteignete 3 bis 6) ebenfalls Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht und beantragen die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des

angefochtenen Schaumltzungsentscheids Sie seien fuumlr den Verlust der Ab-

wehrrechte gegen uumlbermaumlssigen Fluglaumlrm und direkten Uumlberflug sowie

fuumlr die daraus resultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke gemaumlss ih-

ren individuellen Rechtsbegehren vor Vorinstanz angemessen zu ent-

schaumldigen Unabhaumlngig von der Zusprechung einer Minderwertentschauml-

digung sei die Flughafen Zuumlrich AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin

oder der Einfachheit halber Enteignerin) auf jeden Fall zu verpflichten ih-

re Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnahmen auszustatten

bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster Ruumlckerstattung zu

leisten Die ihrerseits dafuumlr aufgewendeten Kosten seien als Realersatz

von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Fuumlr den Fall dass wider

Erwarten keine Minderwertentschaumldigung ausgerichtet werde sei die Be-

schwerdegegnerin zu verpflichten Schallschutzmassnahmen vorzukeh-

A-48362012

Seite 5

ren Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids

aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zuruumlckzuweisen mit der

Verpflichtung das Enteignungsverfahren fortzufuumlhren und sie gemaumlss

Hauptbegehren zu entschaumldigen

Weiter sei die Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfahren ge-

maumlss Dispositiv-Ziffer 3 der angefochtenen Verfuumlgung zu ihren Gunsten

und zulasten der Enteignerin im gemaumlss ihrer vorinstanzlichen Stellung-

nahme vom 31 Mai 2012 geforderten Umfang zu erhoumlhen Zudem sei die

Enteignerin zu verpflichten ihnen die Kosten der Laumlrmmessungen vom

Mai 2012 anteilsmaumlssig im Umfang von Fr 342720 inkl MWST zu erset-

zen

In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen die Beschwerdefuumlhrenden 3

bis 6 die Durchfuumlhrung eines Augenscheins unter der Landepiste eines

von Kleinflugzeugen frequentierten Flugplatzes in einer Uumlberflughoumlhe von

50 m sowie zu Vergleichszwecken die Durchfuumlhrung eines weiteren Au-

genscheins unter der Anflugschneise in Duumlbendorf (Ortsteile Gockhausen

und Boumlszelg) Dies da die optische Wirkung eines Grossflugzeugs auf

rund 350 m uumlber Grund vergleichbar sei mit jenem eines Kleinflugzeugs

auf rund 50 m uumlber Grund

E

Mit Zwischenverfuumlgung vom 21 September 2012 werden die Beschwer-

deverfahren A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Ver-

fahrensnummer A-48362012 weitergefuumlhrt

F

Die Beschwerdegegnerin erhebt mit Eingabe vom 3 Oktober 2012 An-

schlussbeschwerde (A-51772012 daher nachfolgend auch Anschluss-

beschwerdefuumlhrerin) und beantragt Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen

Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben und die darin zugespro-

chenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanzliche Verfahren seien

angemessen zu reduzieren

Mit Zwischenverfuumlgung vom 5 Oktober 2012 wird das Verfahren

A-51772012 mit den bereits vereinigten Beschwerdeverfahren

A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Verfahrensnummer

A-48362012 weitergefuumlhrt

A-48362012

Seite 6

G

Mit Vernehmlassung vom 21 Oktober 2012 beantragt die Vorinstanz die

vollstaumlndige Abweisung der Beschwerden und verweist auf die Erwaumlgun-

gen im angefochtenen Entscheid

H

Mit Beschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 beantragt die An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin die Abweisung der

Beschwerden soweit darauf eingetreten werde In prozessualer Hinsicht

beantragt sie auf die Durchfuumlhrung eines Augenscheins sei zu verzich-

ten Falls ein solcher aber durchgefuumlhrt wuumlrde sei zusaumltzlich ein Augen-

schein fuumlr Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 400 m durchzufuumlhren

I

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 be-

antragen mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde und halten an den Rechtsbegehren

gemaumlss Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 fest Weiter stellen

sie den prozessualen Antrag die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Be-

schwerdegegnerin sei zur Offenlegung saumlmtlicher interner und externer

Aufwendungen inklusive Angaben uumlber verrechnete Leistungen und Ho-

noraransaumltze ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit der Abwehr

der vorliegenden Entschaumldigungsforderungen zu verpflichten

J

Mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 20 Dezember 2012 beantragen

die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde vom 3 Oktober 2012 und stellen

den Verfahrensantrag vor Urteilsfaumlllung zur Einreichung einer Honorarno-

te aufgefordert zu werden

K

Die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin stellt mit ih-

ren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 den Antrag ihre Anschluss-

beschwerde sei gutzuheissen waumlhrend die Beschwerde der Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 vom 13 Septem-

ber 2012 betreffend Parteientschaumldigung abzuweisen sei Ebenfalls ab-

zuweisen sei der prozessuale Antrag der Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 und 2 betreffend Offenlegung ihrer Kosten

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

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Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

(hellip)

3-6 vertreten durch Rechtsanwalt Dr Peter Ettler und

Rechtsanwalt Martin Looser

ettlersuter Rechtsanwaumllte Gruumlngasse 31 Postfach

8026 Zuumlrich

Anschlussbeschwerdegegner und Beschwerdefuumlhrende

und

Eidgenoumlssische Schaumltzungskommission Kreis 10

Minervastrasse 99 Postfach 1821 8032 Zuumlrich

Vorinstanz

Gegenstand

Enteignung durch direkten Uumlberflug und Enteignung nach-

barrechtlicher Abwehrbefugnisse infolge Fluglaumlrms ausge-

hend vom Landesflughafen Zuumlrich-Kloten

A-48362012

Seite 3

Sachverhalt

A

Aa Am 15 Dezember 2004 reichten D_______ und E_______ am

10 Maumlrz 2005 F_______ sowie am 19 Mai 2005 G_______ je ein Ent-

schaumldigungsbegehren fuumlr ihre Liegenschaften in Gockhausen bzw Duuml-

bendorf bei der Flughafen Zuumlrich AG ein Dies je mit den Hauptantraumlgen

es sei das Verfahren bei der Eidgenoumlssischen Schaumltzungskommission

Kreis 10 (ESchK) einzuleiten und sie seien aufgrund der Enteignung

durch direkten Uumlberflug (neue Suumldanfluumlge) und wegen Enteignung nach-

barrechtlicher Abwehrbefugnisse infolge Fluglaumlrms und fuumlr die daraus re-

sultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke angemessen zu entschaumldi-

gen Die Flughafen Zuumlrich AG uumlberwies die Begehren am 10 Oktober

2005 an die ESchK mit dem Antrag diese seien abzuweisen soweit dar-

auf einzutreten sei

Ab Mit Verfuumlgung vom 29 April 2009 wurden die vorgenannten Faumllle

von der ESchK als Pilotfaumllle ausgewaumlhlt anhand derer insbesondere das

Vorliegen eines sogenannten direkten Uumlberflugs beurteilt werden sollte

Ac Die betroffenen Grundeigentuumlmer beantragten in ihrer Eingabe vom

29 Juni 2011 zusaumltzlich die Flughafen Zuumlrich AG sei auf jeden Fall zu

verpflichten ihre Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnah-

men auszustatten bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster

Ruumlckerstattung zu leisten Die von ihr dafuumlr aufgewendeten Kosten seien

als Realersatz von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Falls wi-

der Erwarten keine Entschaumldigung aufgrund des direkten Uumlberflugs

undoder wegen Minderwerts zufolge Laumlrmbelastung ausgerichtet werde

sei die Flughafen Zuumlrich AG zu verpflichten Schallschutzvorkehren anzu-

bringen

Ad Am 29 November 2011 fuumlhrte die ESchK in Anwesenheit der Partei-

en bei den Liegenschaften an der (hellip) und am (hellip) je einen Augenschein

zwischen 0600 Uhr und 0650 Uhr durch Bei den Liegenschaften an der

(hellip) und der (hellip) fand am 19 Dezember 2011 je ein Augenschein statt

Ae Anfang Dezember 2011 nahm die ESchK die Liegenschaften von

A_______ sowie B_______ ebenfalls ins Pilotverfahren auf Diese hat-

ten am 31 August 2004 die Begehren eingereicht es sei ihnen eine Ent-

schaumldigung zuzusprechen die dem Minderwert entspreche der im Ver-

A-48362012

Seite 4

gleich zum Verkehrswert am 30 April 2003 eingetreten sei Fuumlr diese Lie-

genschaften wurde am 17 Januar 2012 je ein Augenschein durchgefuumlhrt

B

Mit Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 wies die ESchK die Ent-

schaumldigungsbegehren von A_______ D_______ E_______

F_______ G_______ und B_______ ab (Dispositiv-Ziffer 1) Die Ver-

fahrenskosten wurden der Flughafen Zuumlrich AG auferlegt (Dispositiv-Ziffer

2) Weiter wurde die Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet D_______

E_______ F_______ und G_______ eine Parteientschaumldigung von

Fr 36325ndash zuzuumlglich Mehrwertsteuer (MWST) sowie A_______ und

B_______ eine Parteientschaumldigung von Fr 28940ndash zuzuumlglich Mehr-

wertsteuer zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3)

C

Per 13 September 2012 erheben A_______ und B_______ (nachfol-

gend Beschwerdefuumlhrende 1 und 2 oder der Einfachheit halber Enteigne-

te 1 und 2) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragen

der Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 im Verfahren Nr 2003-165P

sei aufzuheben und die Streitsache sei zur Durchfuumlhrung eines Eini-

gungs- und Schaumltzungsverfahrens an die ESchK (nachfolgend Vorin-

stanz) zuruumlckzuweisen

D

Gleichentags erheben D_______ E_______ F_______ und

G_______ (nachfolgend Beschwerdefuumlhrende 3 bis 6 oder der Einfach-

heit halber Enteignete 3 bis 6) ebenfalls Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht und beantragen die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des

angefochtenen Schaumltzungsentscheids Sie seien fuumlr den Verlust der Ab-

wehrrechte gegen uumlbermaumlssigen Fluglaumlrm und direkten Uumlberflug sowie

fuumlr die daraus resultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke gemaumlss ih-

ren individuellen Rechtsbegehren vor Vorinstanz angemessen zu ent-

schaumldigen Unabhaumlngig von der Zusprechung einer Minderwertentschauml-

digung sei die Flughafen Zuumlrich AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin

oder der Einfachheit halber Enteignerin) auf jeden Fall zu verpflichten ih-

re Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnahmen auszustatten

bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster Ruumlckerstattung zu

leisten Die ihrerseits dafuumlr aufgewendeten Kosten seien als Realersatz

von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Fuumlr den Fall dass wider

Erwarten keine Minderwertentschaumldigung ausgerichtet werde sei die Be-

schwerdegegnerin zu verpflichten Schallschutzmassnahmen vorzukeh-

A-48362012

Seite 5

ren Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids

aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zuruumlckzuweisen mit der

Verpflichtung das Enteignungsverfahren fortzufuumlhren und sie gemaumlss

Hauptbegehren zu entschaumldigen

Weiter sei die Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfahren ge-

maumlss Dispositiv-Ziffer 3 der angefochtenen Verfuumlgung zu ihren Gunsten

und zulasten der Enteignerin im gemaumlss ihrer vorinstanzlichen Stellung-

nahme vom 31 Mai 2012 geforderten Umfang zu erhoumlhen Zudem sei die

Enteignerin zu verpflichten ihnen die Kosten der Laumlrmmessungen vom

Mai 2012 anteilsmaumlssig im Umfang von Fr 342720 inkl MWST zu erset-

zen

In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen die Beschwerdefuumlhrenden 3

bis 6 die Durchfuumlhrung eines Augenscheins unter der Landepiste eines

von Kleinflugzeugen frequentierten Flugplatzes in einer Uumlberflughoumlhe von

50 m sowie zu Vergleichszwecken die Durchfuumlhrung eines weiteren Au-

genscheins unter der Anflugschneise in Duumlbendorf (Ortsteile Gockhausen

und Boumlszelg) Dies da die optische Wirkung eines Grossflugzeugs auf

rund 350 m uumlber Grund vergleichbar sei mit jenem eines Kleinflugzeugs

auf rund 50 m uumlber Grund

E

Mit Zwischenverfuumlgung vom 21 September 2012 werden die Beschwer-

deverfahren A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Ver-

fahrensnummer A-48362012 weitergefuumlhrt

F

Die Beschwerdegegnerin erhebt mit Eingabe vom 3 Oktober 2012 An-

schlussbeschwerde (A-51772012 daher nachfolgend auch Anschluss-

beschwerdefuumlhrerin) und beantragt Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen

Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben und die darin zugespro-

chenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanzliche Verfahren seien

angemessen zu reduzieren

Mit Zwischenverfuumlgung vom 5 Oktober 2012 wird das Verfahren

A-51772012 mit den bereits vereinigten Beschwerdeverfahren

A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Verfahrensnummer

A-48362012 weitergefuumlhrt

A-48362012

Seite 6

G

Mit Vernehmlassung vom 21 Oktober 2012 beantragt die Vorinstanz die

vollstaumlndige Abweisung der Beschwerden und verweist auf die Erwaumlgun-

gen im angefochtenen Entscheid

H

Mit Beschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 beantragt die An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin die Abweisung der

Beschwerden soweit darauf eingetreten werde In prozessualer Hinsicht

beantragt sie auf die Durchfuumlhrung eines Augenscheins sei zu verzich-

ten Falls ein solcher aber durchgefuumlhrt wuumlrde sei zusaumltzlich ein Augen-

schein fuumlr Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 400 m durchzufuumlhren

I

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 be-

antragen mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde und halten an den Rechtsbegehren

gemaumlss Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 fest Weiter stellen

sie den prozessualen Antrag die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Be-

schwerdegegnerin sei zur Offenlegung saumlmtlicher interner und externer

Aufwendungen inklusive Angaben uumlber verrechnete Leistungen und Ho-

noraransaumltze ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit der Abwehr

der vorliegenden Entschaumldigungsforderungen zu verpflichten

J

Mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 20 Dezember 2012 beantragen

die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde vom 3 Oktober 2012 und stellen

den Verfahrensantrag vor Urteilsfaumlllung zur Einreichung einer Honorarno-

te aufgefordert zu werden

K

Die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin stellt mit ih-

ren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 den Antrag ihre Anschluss-

beschwerde sei gutzuheissen waumlhrend die Beschwerde der Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 vom 13 Septem-

ber 2012 betreffend Parteientschaumldigung abzuweisen sei Ebenfalls ab-

zuweisen sei der prozessuale Antrag der Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 und 2 betreffend Offenlegung ihrer Kosten

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

A-48362012

Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 3

Sachverhalt

A

Aa Am 15 Dezember 2004 reichten D_______ und E_______ am

10 Maumlrz 2005 F_______ sowie am 19 Mai 2005 G_______ je ein Ent-

schaumldigungsbegehren fuumlr ihre Liegenschaften in Gockhausen bzw Duuml-

bendorf bei der Flughafen Zuumlrich AG ein Dies je mit den Hauptantraumlgen

es sei das Verfahren bei der Eidgenoumlssischen Schaumltzungskommission

Kreis 10 (ESchK) einzuleiten und sie seien aufgrund der Enteignung

durch direkten Uumlberflug (neue Suumldanfluumlge) und wegen Enteignung nach-

barrechtlicher Abwehrbefugnisse infolge Fluglaumlrms und fuumlr die daraus re-

sultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke angemessen zu entschaumldi-

gen Die Flughafen Zuumlrich AG uumlberwies die Begehren am 10 Oktober

2005 an die ESchK mit dem Antrag diese seien abzuweisen soweit dar-

auf einzutreten sei

Ab Mit Verfuumlgung vom 29 April 2009 wurden die vorgenannten Faumllle

von der ESchK als Pilotfaumllle ausgewaumlhlt anhand derer insbesondere das

Vorliegen eines sogenannten direkten Uumlberflugs beurteilt werden sollte

Ac Die betroffenen Grundeigentuumlmer beantragten in ihrer Eingabe vom

29 Juni 2011 zusaumltzlich die Flughafen Zuumlrich AG sei auf jeden Fall zu

verpflichten ihre Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnah-

men auszustatten bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster

Ruumlckerstattung zu leisten Die von ihr dafuumlr aufgewendeten Kosten seien

als Realersatz von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Falls wi-

der Erwarten keine Entschaumldigung aufgrund des direkten Uumlberflugs

undoder wegen Minderwerts zufolge Laumlrmbelastung ausgerichtet werde

sei die Flughafen Zuumlrich AG zu verpflichten Schallschutzvorkehren anzu-

bringen

Ad Am 29 November 2011 fuumlhrte die ESchK in Anwesenheit der Partei-

en bei den Liegenschaften an der (hellip) und am (hellip) je einen Augenschein

zwischen 0600 Uhr und 0650 Uhr durch Bei den Liegenschaften an der

(hellip) und der (hellip) fand am 19 Dezember 2011 je ein Augenschein statt

Ae Anfang Dezember 2011 nahm die ESchK die Liegenschaften von

A_______ sowie B_______ ebenfalls ins Pilotverfahren auf Diese hat-

ten am 31 August 2004 die Begehren eingereicht es sei ihnen eine Ent-

schaumldigung zuzusprechen die dem Minderwert entspreche der im Ver-

A-48362012

Seite 4

gleich zum Verkehrswert am 30 April 2003 eingetreten sei Fuumlr diese Lie-

genschaften wurde am 17 Januar 2012 je ein Augenschein durchgefuumlhrt

B

Mit Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 wies die ESchK die Ent-

schaumldigungsbegehren von A_______ D_______ E_______

F_______ G_______ und B_______ ab (Dispositiv-Ziffer 1) Die Ver-

fahrenskosten wurden der Flughafen Zuumlrich AG auferlegt (Dispositiv-Ziffer

2) Weiter wurde die Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet D_______

E_______ F_______ und G_______ eine Parteientschaumldigung von

Fr 36325ndash zuzuumlglich Mehrwertsteuer (MWST) sowie A_______ und

B_______ eine Parteientschaumldigung von Fr 28940ndash zuzuumlglich Mehr-

wertsteuer zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3)

C

Per 13 September 2012 erheben A_______ und B_______ (nachfol-

gend Beschwerdefuumlhrende 1 und 2 oder der Einfachheit halber Enteigne-

te 1 und 2) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragen

der Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 im Verfahren Nr 2003-165P

sei aufzuheben und die Streitsache sei zur Durchfuumlhrung eines Eini-

gungs- und Schaumltzungsverfahrens an die ESchK (nachfolgend Vorin-

stanz) zuruumlckzuweisen

D

Gleichentags erheben D_______ E_______ F_______ und

G_______ (nachfolgend Beschwerdefuumlhrende 3 bis 6 oder der Einfach-

heit halber Enteignete 3 bis 6) ebenfalls Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht und beantragen die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des

angefochtenen Schaumltzungsentscheids Sie seien fuumlr den Verlust der Ab-

wehrrechte gegen uumlbermaumlssigen Fluglaumlrm und direkten Uumlberflug sowie

fuumlr die daraus resultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke gemaumlss ih-

ren individuellen Rechtsbegehren vor Vorinstanz angemessen zu ent-

schaumldigen Unabhaumlngig von der Zusprechung einer Minderwertentschauml-

digung sei die Flughafen Zuumlrich AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin

oder der Einfachheit halber Enteignerin) auf jeden Fall zu verpflichten ih-

re Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnahmen auszustatten

bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster Ruumlckerstattung zu

leisten Die ihrerseits dafuumlr aufgewendeten Kosten seien als Realersatz

von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Fuumlr den Fall dass wider

Erwarten keine Minderwertentschaumldigung ausgerichtet werde sei die Be-

schwerdegegnerin zu verpflichten Schallschutzmassnahmen vorzukeh-

A-48362012

Seite 5

ren Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids

aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zuruumlckzuweisen mit der

Verpflichtung das Enteignungsverfahren fortzufuumlhren und sie gemaumlss

Hauptbegehren zu entschaumldigen

Weiter sei die Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfahren ge-

maumlss Dispositiv-Ziffer 3 der angefochtenen Verfuumlgung zu ihren Gunsten

und zulasten der Enteignerin im gemaumlss ihrer vorinstanzlichen Stellung-

nahme vom 31 Mai 2012 geforderten Umfang zu erhoumlhen Zudem sei die

Enteignerin zu verpflichten ihnen die Kosten der Laumlrmmessungen vom

Mai 2012 anteilsmaumlssig im Umfang von Fr 342720 inkl MWST zu erset-

zen

In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen die Beschwerdefuumlhrenden 3

bis 6 die Durchfuumlhrung eines Augenscheins unter der Landepiste eines

von Kleinflugzeugen frequentierten Flugplatzes in einer Uumlberflughoumlhe von

50 m sowie zu Vergleichszwecken die Durchfuumlhrung eines weiteren Au-

genscheins unter der Anflugschneise in Duumlbendorf (Ortsteile Gockhausen

und Boumlszelg) Dies da die optische Wirkung eines Grossflugzeugs auf

rund 350 m uumlber Grund vergleichbar sei mit jenem eines Kleinflugzeugs

auf rund 50 m uumlber Grund

E

Mit Zwischenverfuumlgung vom 21 September 2012 werden die Beschwer-

deverfahren A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Ver-

fahrensnummer A-48362012 weitergefuumlhrt

F

Die Beschwerdegegnerin erhebt mit Eingabe vom 3 Oktober 2012 An-

schlussbeschwerde (A-51772012 daher nachfolgend auch Anschluss-

beschwerdefuumlhrerin) und beantragt Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen

Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben und die darin zugespro-

chenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanzliche Verfahren seien

angemessen zu reduzieren

Mit Zwischenverfuumlgung vom 5 Oktober 2012 wird das Verfahren

A-51772012 mit den bereits vereinigten Beschwerdeverfahren

A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Verfahrensnummer

A-48362012 weitergefuumlhrt

A-48362012

Seite 6

G

Mit Vernehmlassung vom 21 Oktober 2012 beantragt die Vorinstanz die

vollstaumlndige Abweisung der Beschwerden und verweist auf die Erwaumlgun-

gen im angefochtenen Entscheid

H

Mit Beschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 beantragt die An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin die Abweisung der

Beschwerden soweit darauf eingetreten werde In prozessualer Hinsicht

beantragt sie auf die Durchfuumlhrung eines Augenscheins sei zu verzich-

ten Falls ein solcher aber durchgefuumlhrt wuumlrde sei zusaumltzlich ein Augen-

schein fuumlr Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 400 m durchzufuumlhren

I

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 be-

antragen mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde und halten an den Rechtsbegehren

gemaumlss Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 fest Weiter stellen

sie den prozessualen Antrag die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Be-

schwerdegegnerin sei zur Offenlegung saumlmtlicher interner und externer

Aufwendungen inklusive Angaben uumlber verrechnete Leistungen und Ho-

noraransaumltze ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit der Abwehr

der vorliegenden Entschaumldigungsforderungen zu verpflichten

J

Mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 20 Dezember 2012 beantragen

die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde vom 3 Oktober 2012 und stellen

den Verfahrensantrag vor Urteilsfaumlllung zur Einreichung einer Honorarno-

te aufgefordert zu werden

K

Die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin stellt mit ih-

ren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 den Antrag ihre Anschluss-

beschwerde sei gutzuheissen waumlhrend die Beschwerde der Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 vom 13 Septem-

ber 2012 betreffend Parteientschaumldigung abzuweisen sei Ebenfalls ab-

zuweisen sei der prozessuale Antrag der Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 und 2 betreffend Offenlegung ihrer Kosten

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

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vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

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62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

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631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

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Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

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offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

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113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 4

gleich zum Verkehrswert am 30 April 2003 eingetreten sei Fuumlr diese Lie-

genschaften wurde am 17 Januar 2012 je ein Augenschein durchgefuumlhrt

B

Mit Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 wies die ESchK die Ent-

schaumldigungsbegehren von A_______ D_______ E_______

F_______ G_______ und B_______ ab (Dispositiv-Ziffer 1) Die Ver-

fahrenskosten wurden der Flughafen Zuumlrich AG auferlegt (Dispositiv-Ziffer

2) Weiter wurde die Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet D_______

E_______ F_______ und G_______ eine Parteientschaumldigung von

Fr 36325ndash zuzuumlglich Mehrwertsteuer (MWST) sowie A_______ und

B_______ eine Parteientschaumldigung von Fr 28940ndash zuzuumlglich Mehr-

wertsteuer zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3)

C

Per 13 September 2012 erheben A_______ und B_______ (nachfol-

gend Beschwerdefuumlhrende 1 und 2 oder der Einfachheit halber Enteigne-

te 1 und 2) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragen

der Schaumltzungsentscheid vom 25 Juni 2012 im Verfahren Nr 2003-165P

sei aufzuheben und die Streitsache sei zur Durchfuumlhrung eines Eini-

gungs- und Schaumltzungsverfahrens an die ESchK (nachfolgend Vorin-

stanz) zuruumlckzuweisen

D

Gleichentags erheben D_______ E_______ F_______ und

G_______ (nachfolgend Beschwerdefuumlhrende 3 bis 6 oder der Einfach-

heit halber Enteignete 3 bis 6) ebenfalls Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht und beantragen die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des

angefochtenen Schaumltzungsentscheids Sie seien fuumlr den Verlust der Ab-

wehrrechte gegen uumlbermaumlssigen Fluglaumlrm und direkten Uumlberflug sowie

fuumlr die daraus resultierende Wertminderung ihrer Grundstuumlcke gemaumlss ih-

ren individuellen Rechtsbegehren vor Vorinstanz angemessen zu ent-

schaumldigen Unabhaumlngig von der Zusprechung einer Minderwertentschauml-

digung sei die Flughafen Zuumlrich AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin

oder der Einfachheit halber Enteignerin) auf jeden Fall zu verpflichten ih-

re Liegenschaften mit adaumlquaten Schallschutzmassnahmen auszustatten

bzw fuumlr allfaumlllig bereits eingebaute Schallschutzfenster Ruumlckerstattung zu

leisten Die ihrerseits dafuumlr aufgewendeten Kosten seien als Realersatz

von der Enteignungsentschaumldigung abzuziehen Fuumlr den Fall dass wider

Erwarten keine Minderwertentschaumldigung ausgerichtet werde sei die Be-

schwerdegegnerin zu verpflichten Schallschutzmassnahmen vorzukeh-

A-48362012

Seite 5

ren Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids

aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zuruumlckzuweisen mit der

Verpflichtung das Enteignungsverfahren fortzufuumlhren und sie gemaumlss

Hauptbegehren zu entschaumldigen

Weiter sei die Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfahren ge-

maumlss Dispositiv-Ziffer 3 der angefochtenen Verfuumlgung zu ihren Gunsten

und zulasten der Enteignerin im gemaumlss ihrer vorinstanzlichen Stellung-

nahme vom 31 Mai 2012 geforderten Umfang zu erhoumlhen Zudem sei die

Enteignerin zu verpflichten ihnen die Kosten der Laumlrmmessungen vom

Mai 2012 anteilsmaumlssig im Umfang von Fr 342720 inkl MWST zu erset-

zen

In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen die Beschwerdefuumlhrenden 3

bis 6 die Durchfuumlhrung eines Augenscheins unter der Landepiste eines

von Kleinflugzeugen frequentierten Flugplatzes in einer Uumlberflughoumlhe von

50 m sowie zu Vergleichszwecken die Durchfuumlhrung eines weiteren Au-

genscheins unter der Anflugschneise in Duumlbendorf (Ortsteile Gockhausen

und Boumlszelg) Dies da die optische Wirkung eines Grossflugzeugs auf

rund 350 m uumlber Grund vergleichbar sei mit jenem eines Kleinflugzeugs

auf rund 50 m uumlber Grund

E

Mit Zwischenverfuumlgung vom 21 September 2012 werden die Beschwer-

deverfahren A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Ver-

fahrensnummer A-48362012 weitergefuumlhrt

F

Die Beschwerdegegnerin erhebt mit Eingabe vom 3 Oktober 2012 An-

schlussbeschwerde (A-51772012 daher nachfolgend auch Anschluss-

beschwerdefuumlhrerin) und beantragt Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen

Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben und die darin zugespro-

chenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanzliche Verfahren seien

angemessen zu reduzieren

Mit Zwischenverfuumlgung vom 5 Oktober 2012 wird das Verfahren

A-51772012 mit den bereits vereinigten Beschwerdeverfahren

A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Verfahrensnummer

A-48362012 weitergefuumlhrt

A-48362012

Seite 6

G

Mit Vernehmlassung vom 21 Oktober 2012 beantragt die Vorinstanz die

vollstaumlndige Abweisung der Beschwerden und verweist auf die Erwaumlgun-

gen im angefochtenen Entscheid

H

Mit Beschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 beantragt die An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin die Abweisung der

Beschwerden soweit darauf eingetreten werde In prozessualer Hinsicht

beantragt sie auf die Durchfuumlhrung eines Augenscheins sei zu verzich-

ten Falls ein solcher aber durchgefuumlhrt wuumlrde sei zusaumltzlich ein Augen-

schein fuumlr Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 400 m durchzufuumlhren

I

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 be-

antragen mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde und halten an den Rechtsbegehren

gemaumlss Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 fest Weiter stellen

sie den prozessualen Antrag die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Be-

schwerdegegnerin sei zur Offenlegung saumlmtlicher interner und externer

Aufwendungen inklusive Angaben uumlber verrechnete Leistungen und Ho-

noraransaumltze ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit der Abwehr

der vorliegenden Entschaumldigungsforderungen zu verpflichten

J

Mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 20 Dezember 2012 beantragen

die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde vom 3 Oktober 2012 und stellen

den Verfahrensantrag vor Urteilsfaumlllung zur Einreichung einer Honorarno-

te aufgefordert zu werden

K

Die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin stellt mit ih-

ren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 den Antrag ihre Anschluss-

beschwerde sei gutzuheissen waumlhrend die Beschwerde der Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 vom 13 Septem-

ber 2012 betreffend Parteientschaumldigung abzuweisen sei Ebenfalls ab-

zuweisen sei der prozessuale Antrag der Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 und 2 betreffend Offenlegung ihrer Kosten

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

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Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 5

ren Eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids

aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zuruumlckzuweisen mit der

Verpflichtung das Enteignungsverfahren fortzufuumlhren und sie gemaumlss

Hauptbegehren zu entschaumldigen

Weiter sei die Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfahren ge-

maumlss Dispositiv-Ziffer 3 der angefochtenen Verfuumlgung zu ihren Gunsten

und zulasten der Enteignerin im gemaumlss ihrer vorinstanzlichen Stellung-

nahme vom 31 Mai 2012 geforderten Umfang zu erhoumlhen Zudem sei die

Enteignerin zu verpflichten ihnen die Kosten der Laumlrmmessungen vom

Mai 2012 anteilsmaumlssig im Umfang von Fr 342720 inkl MWST zu erset-

zen

In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen die Beschwerdefuumlhrenden 3

bis 6 die Durchfuumlhrung eines Augenscheins unter der Landepiste eines

von Kleinflugzeugen frequentierten Flugplatzes in einer Uumlberflughoumlhe von

50 m sowie zu Vergleichszwecken die Durchfuumlhrung eines weiteren Au-

genscheins unter der Anflugschneise in Duumlbendorf (Ortsteile Gockhausen

und Boumlszelg) Dies da die optische Wirkung eines Grossflugzeugs auf

rund 350 m uumlber Grund vergleichbar sei mit jenem eines Kleinflugzeugs

auf rund 50 m uumlber Grund

E

Mit Zwischenverfuumlgung vom 21 September 2012 werden die Beschwer-

deverfahren A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Ver-

fahrensnummer A-48362012 weitergefuumlhrt

F

Die Beschwerdegegnerin erhebt mit Eingabe vom 3 Oktober 2012 An-

schlussbeschwerde (A-51772012 daher nachfolgend auch Anschluss-

beschwerdefuumlhrerin) und beantragt Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen

Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben und die darin zugespro-

chenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanzliche Verfahren seien

angemessen zu reduzieren

Mit Zwischenverfuumlgung vom 5 Oktober 2012 wird das Verfahren

A-51772012 mit den bereits vereinigten Beschwerdeverfahren

A-48362012 und A-48432012 vereinigt und unter der Verfahrensnummer

A-48362012 weitergefuumlhrt

A-48362012

Seite 6

G

Mit Vernehmlassung vom 21 Oktober 2012 beantragt die Vorinstanz die

vollstaumlndige Abweisung der Beschwerden und verweist auf die Erwaumlgun-

gen im angefochtenen Entscheid

H

Mit Beschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 beantragt die An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin die Abweisung der

Beschwerden soweit darauf eingetreten werde In prozessualer Hinsicht

beantragt sie auf die Durchfuumlhrung eines Augenscheins sei zu verzich-

ten Falls ein solcher aber durchgefuumlhrt wuumlrde sei zusaumltzlich ein Augen-

schein fuumlr Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 400 m durchzufuumlhren

I

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 be-

antragen mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde und halten an den Rechtsbegehren

gemaumlss Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 fest Weiter stellen

sie den prozessualen Antrag die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Be-

schwerdegegnerin sei zur Offenlegung saumlmtlicher interner und externer

Aufwendungen inklusive Angaben uumlber verrechnete Leistungen und Ho-

noraransaumltze ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit der Abwehr

der vorliegenden Entschaumldigungsforderungen zu verpflichten

J

Mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 20 Dezember 2012 beantragen

die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde vom 3 Oktober 2012 und stellen

den Verfahrensantrag vor Urteilsfaumlllung zur Einreichung einer Honorarno-

te aufgefordert zu werden

K

Die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin stellt mit ih-

ren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 den Antrag ihre Anschluss-

beschwerde sei gutzuheissen waumlhrend die Beschwerde der Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 vom 13 Septem-

ber 2012 betreffend Parteientschaumldigung abzuweisen sei Ebenfalls ab-

zuweisen sei der prozessuale Antrag der Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 und 2 betreffend Offenlegung ihrer Kosten

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 6

G

Mit Vernehmlassung vom 21 Oktober 2012 beantragt die Vorinstanz die

vollstaumlndige Abweisung der Beschwerden und verweist auf die Erwaumlgun-

gen im angefochtenen Entscheid

H

Mit Beschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 beantragt die An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin die Abweisung der

Beschwerden soweit darauf eingetreten werde In prozessualer Hinsicht

beantragt sie auf die Durchfuumlhrung eines Augenscheins sei zu verzich-

ten Falls ein solcher aber durchgefuumlhrt wuumlrde sei zusaumltzlich ein Augen-

schein fuumlr Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 400 m durchzufuumlhren

I

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 be-

antragen mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 13 Dezember 2012 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde und halten an den Rechtsbegehren

gemaumlss Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 fest Weiter stellen

sie den prozessualen Antrag die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Be-

schwerdegegnerin sei zur Offenlegung saumlmtlicher interner und externer

Aufwendungen inklusive Angaben uumlber verrechnete Leistungen und Ho-

noraransaumltze ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit der Abwehr

der vorliegenden Entschaumldigungsforderungen zu verpflichten

J

Mit Anschlussbeschwerdeantwort vom 20 Dezember 2012 beantragen

die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 die

Abweisung der Anschlussbeschwerde vom 3 Oktober 2012 und stellen

den Verfahrensantrag vor Urteilsfaumlllung zur Einreichung einer Honorarno-

te aufgefordert zu werden

K

Die Anschlussbeschwerdefuumlhrerin und Beschwerdegegnerin stellt mit ih-

ren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 den Antrag ihre Anschluss-

beschwerde sei gutzuheissen waumlhrend die Beschwerde der Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 vom 13 Septem-

ber 2012 betreffend Parteientschaumldigung abzuweisen sei Ebenfalls ab-

zuweisen sei der prozessuale Antrag der Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 und 2 betreffend Offenlegung ihrer Kosten

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 7

L

Mit ihren Schlussbemerkungen vom 10 April 2013 halten die Beschwer-

defuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 1 und 2 an ihren Rechts-

begehren gemaumlss Beschwerde vom 13 September 2012 fest und bean-

tragen erneut die Abweisung der Anschlussbeschwerde

M

Die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 3 bis 6 hal-

ten mit Stellungnahme vom 12 April 2013 vollumfaumlnglich an ihren bisher

gestellten Antraumlgen und Begruumlndungen fest und beantragen insbesonde-

re erneut die Gutheissung ihrer Beschwerde die Abweisung der An-

schlussbeschwerde sowie in prozessualer Hinsicht die Durchfuumlhrung des

mit Beschwerdeschrift vom 13 September 2012 beantragten Augen-

scheins

N

Dem prozessualen Antrag der Anschlussbeschwerdegegner und Be-

schwerdefuumlhrenden 3 bis 6 auf Durchfuumlhrung eines Augenscheins wird

mit Instruktionsverfuumlgung vom 2 Mai 2013 entsprochen Mit gleichentags

datierter Eingabe nehmen die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 zu den Bemerkungen der Einteignerin vom

10 April 2013 Stellung

O

Am 5 Juni 2013 findet von 550 Uhr bis 630 Uhr ein Augenschein bei der

Liegenschaft der Anschlussbeschwerdegegnerin und Beschwerdefuumlhrerin

4 an der (hellip) in Gockhausen statt Am darauffolgenden Morgen wird von

550 Uhr bis um 645 Uhr ein Augenschein in Opfikon durchgefuumlhrt

P

Die Parteien nehmen mit Eingaben vom 8 Juli 2013 6 September 2013

9 und 30 September 2013 wechselseitig zu den Bemerkungen als auch

zu den Protokollen der Augenscheine Stellung Die Anschlussbeschwer-

degegner und Beschwerdefuumlhrenden reichen ihre Kostennoten ein

Q

Auf weitere Vorbringen der Parteien und sich bei den Akten befindliche

Dokumente wird ndash sofern entscheidrelevant ndash in den nachfolgenden Er-

waumlgungen eingangen

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

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Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

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Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

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Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

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Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 8

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwaumlgung

1

11 Nach Art 77 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20 Juni 1930 uumlber die

Enteignung (EntG SR 711) koumlnnen Entscheide der Schaumltzungskommis-

sion beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden Das Bundes-

verwaltungsgericht ist somit zustaumlndig fuumlr die Beurteilung der vorliegen-

den Beschwerden Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsge-

richtsgesetz vom 17 Juni 2005 (VGG SR 17332) soweit das EntG

nichts anderes bestimmt (Art 77 Abs 2 EntG) Das VGG verweist in sei-

nem Art 37 ergaumlnzend auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom

20 Dezember 1968 (VwVG SR 172021)

12 Zur Beschwerdeerhebung sind gemaumlss Art 78 Abs 1 EntG in erster

Linie die Hauptparteien dh die Inhaber der enteigneten Rechte und die

Enteignerin legitimiert Als Nebenparteien werden die Grundpfandglaumlubi-

ger Grundlastberechtigten und Nutzniesser erwaumlhnt sie sind zur Be-

schwerde berechtigt soweit sie infolge des Entscheids der Schaumltzungs-

kommission zu Verlust gekommen sind Im Uumlbrigen gelten die allgemei-

nen Voraussetzungen gemaumlss Art 48 Abs 1 VwVG wonach zur Be-

schwerde berechtigt ist wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen

hat durch den angefochtenen Entscheid besonders beruumlhrt ist und ein

schutzwuumlrdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Aumlnderung hat

13 Betreffend die Beschwerdefuumlhrenden 2 ist Folgendes festzuhalten

Die Erbengemeinschaft als solche bildet eine Gesamthandschaft ohne

eigene Rechtspersoumlnlichkeit berechtigt und verpflichtet sind die einzel-

nen Erben (vgl Art 652 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

10 Dezember 1907 [ZGB SR 210] iVm Art 602 ZGB und PETER C

SCHAUFELBERGERKATRIN KELLER LUumlSCHER in HonsellVogtGeiser

[Hrsg] Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch II Art 457-977 ZGB

Art 1-61 SchlT ZGB 4 Aufl Basel 2011 Art 602 Rz 9 ff) Als Be-

schwerdefuumlhrende muumlssten demnach die einzelnen parteifaumlhigen Erben

auftreten und dementsprechend im Rubrum aufgefuumlhrt werden Da die

fragliche Liegenschaft jedoch exakt bestimmbar ist und sich anhand des

bei den Akten liegenden Grundbuchauszugs vom 27 April 2004 eruieren

laumlsst welches die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft sind kann

von einer vertieften Pruumlfung der Beschwerdelegitimation abgesehen wer-

den (vgl in diesem Zusammenhang auch Urteile des Bundesverwal-

tungsgerichts A-24342013 und A-20642013 je vom 9 Dezember 2013

E 12 betreffend Berichtigung der Parteibezeichnung)

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 9

14 Auf die frist- und formgerecht eingereichten Beschwerden ist somit

vollumfaumlnglich einzutreten

2

Vertieft zu pruumlfen ist die Zulaumlssigkeit der Anschlussbeschwerde der Ent-

eignerin vom 3 Oktober 2012

21 Gemaumlss Art 78 Abs 2 EntG kann die Gegenpartei innert zehn Tagen

nach Empfang der Mitteilung von der Beschwerde beim Bundesverwal-

tungsgericht den Anschluss erklaumlren und dabei selbstaumlndige Antraumlge stel-

len Diese Anschlussbeschwerde ist der zivilprozessualen Anschlussberu-

fung nachgebildet Sie ermoumlglicht es derjenigen Partei die selber keine

Beschwerde erhoben hat sich den Antraumlgen des Hauptbeschwerdefuumlh-

rers nicht nur zu widersetzen sondern eine Abaumlnderung des angefochte-

nen Entscheids zu ihren Gunsten zu beantragen (vgl dazu HEINZ HESS

HEINRICH WEIBEL Das Enteignungsrecht des Bundes Band I Bern 1986

Art 78 Rz 6 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom

14 November 2013 E 15 mit Hinweisen)

22 Die Enteignerin beantragt in ihrer Anschlussbeschwerde Dispositiv-

Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids vom 25 Juni 2012 sei aufzuheben

und die darin zugesprochenen Parteientschaumldigungen fuumlr das vorinstanz-

liche Verfahren seien angemessen zu reduzieren In ihren Hauptbe-

schwerden beanstanden die Enteigneten allesamt die vorinstanzliche

Abweisung ihrer Enteignungsentschaumldigungsbegehren Einzig die Ent-

eigneten 3 bis 6 machen zusaumltzlich geltend die zugesprochene Partei-

entschaumldigung sei zu tief ausgefallen und beantragen die Festsetzung ei-

ner angemessenen Parteientschaumldigung fuumlr das vorinstanzliche Verfah-

ren Es stellt sich daher die Frage ob die Anschlussbeschwerde betref-

fend die Houmlhe der zugesprochenen Parteientschaumldigung auch in Bezug

auf die Enteigneten 1 und 2 welche nur die Abweisung ihrer Enteig-

nungsentschaumldigungsbegehren beanstanden zulaumlssig ist

23 Solange noch das Bundesgesetz uumlber die Organisation der Bundes-

rechtspflege vom 16 Dezember 1943 (BS 3 531 mit diversen Aumlnderun-

gen) in Kraft war dh bis zum 31 Dezember 2006 waren Entscheide in

Zivilsachen grundsaumltzlich mit Berufung beim Bundesgericht anzufech-

ten wobei der Berufungsbeklagte den Anschluss erklaumlren konnte Diese

Anschlussberufung war nicht auf die vom Hauptberufungsklaumlger ange-

fochtenen Punkte beschraumlnkt sondern konnte sich gegen den ganzen

angefochtenen Entscheid richten soweit der Anschlussberufungsklaumlger

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

A-48362012

Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 10

durch diesen beschwert war (vgl JEAN-FRANCcedilOIS POUDRET Commentaire

de la loi feacutedeacuterale doranisation judiciaire Volume II Bern 1990 Art 5961

Ziff 23)

Was nun die enteignungsrechtliche Anschlussbeschwerde betrifft weicht

das Bundesgericht (nur) in einem Fall von dieser Betrachtungsweise ab

und zwar wenn der Entscheid der Schaumltzungskommission mehrere

Grundstuumlcke des gleichen Enteigneten betrifft die keine wirtschaftliche

Einheit bilden Bezieht sich hier die Hauptbeschwerde nur auf die fuumlr ein

bestimmtes Grundstuumlck zugesprochene Entschaumldigung so kann der Be-

schwerdegegner mit der Anschlussbeschwerde nicht auch noch die

Uumlberpruumlfung der fuumlr die anderen Grundstuumlcke zugesprochenen Entschauml-

digung verlangen (vgl BGE 97 I 766 E 4) HESS und WEIBEL leiten aus

dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab die Anschlussbeschwer-

de beschraumlnke sich auf den Gegenstand der Hauptbeschwerde (vgl

HESSWEIBEL aaO Art 78 Rz 9)

24 Soweit ersichtlich hat sich das Bundesgericht nie im Speziellen mit

der Frage befasst wie hinsichtlich der Anfechtung der Parteienschaumldi-

gung zu verfahren ist die eine Enteignerin einem Enteigneten zu leisten

hat

Richtet sich die Hauptbeschwerde bloss gegen die Houmlhe der Parteient-

schaumldigung ist es der Gegenpartei nicht zuzugestehen in ihrer An-

schlussbeschwerde zusaumltzlich die eigentliche Enteignungsentschaumldigung

anzufechten Es kann nicht angehen den Verfahrensgegenstand auf eine

Enteignungsentschaumldigung zu erweitern die von der hauptbeschwerde-

fuumlhrenden Partei gar nicht beanstandet wurde (vgl in diesem Sinn auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-85362010 vom 14 November

2013 E 715 wo vom Hauptbeschwerdefuumlhrenden lediglich die Verzin-

sung der Entschaumldigungssumme beanstandet wurde waumlhrend die Ge-

genpartei in der Folge unzulaumlssigerweise eine Erhoumlhung der vorinstanz-

lich zugesprochenen Entschaumldigung verlangte)

Falls sich die Hauptbeschwerde jedoch gegen die Enteignungsentschaumldi-

gung richtet ist es der Gegenpartei zuzugestehen in ihrer Anschlussbe-

schwerde zudem die Houmlhe der Parteientschaumldigung anzufechten Denn

grundsaumltzlich soll sich die Anschlussbeschwerde gegen den ganzen an-

gefochtenen Entscheid richten koumlnnen Die Houmlhe der Parteientschaumldi-

gung ndash als Punkt der in der Regel von vergleichsweise untergeordneter

Bedeutung ist ndash muss daher ebenfalls angefochten werden koumlnnen

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 11

Die Anschlussbeschwerde der Enteignerin betreffend die Houmlhe der vor-

instanzlichen Parteientschaumldigungen ist demnach auch bezuumlglich der

Enteigneten 1 und 2 zulaumlssig weshalb auf sie einzutreten ist

3

Das Bundesverwaltungsgericht uumlberpruumlft die angefochtene Verfuumlgung auf

Rechtsverletzungen ndash einschliesslich unrichtiger oder unvollstaumlndiger

Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der

Ausuumlbung des Ermessens ndash sowie auf Angemessenheit hin (vgl Art 49

VwVG)

4

Die Enteigneten 1 und 2 stellen den prozessualen Antrag die Enteignerin

habe saumlmtliche internen und externen Aufwendungen im Zusammenhang

mit der Abwehr der Entschaumldigungsforderungen der Enteigneten offenzu-

legen

Im vorliegenden Verfahren ist im Rahmen der Anschlussbeschwerde zu

pruumlfen ob die von der Vorinstanz festgesetzte Parteientschaumldigung an-

gemessen ist (vgl dazu hinten E 9) Das Innenverhaumlltnis zwischen

Rechtsvertretung und Klientschaft wird dadurch nicht tangiert es geht al-

so nicht um die Frage ob das von der Rechtsvertretung gegenuumlber ihrer

Mandantschaft verlangte Honorar angemessen ist sondern einzig um

das Verhaumlltnis zwischen den Parteien (Enteignerin-Enteignete vgl

Art 115 Abs 1 EntG) bzw die zwischen ihnen geschuldete Parteient-

schaumldigung Mit dem von den Enteigneten 1 und 2 gestellten Editionsbe-

gehren koumlnnte nur der Beweis erbracht werden welche Leistungen und

Stundenansaumltze die Rechtsvertretung der Enteignerin in Rechnung ge-

stellt hat Da sich aus diesen die Enteignerin betreffenden Tatsachen

nichts in Bezug auf die Angemessenheit der Parteientschaumldigung der

Enteigneten 1 und 2 ableiten liesse ndash zumal die Angemessenheit auf der

Grundlage des effektiv getaumltigten Aufwandes sowie des in Rechnung ge-

stellten Stundenansatzes zu beurteilen ist und deshalb von der jeweiligen

Kostennote auszugehen ist ndash betrifft der Beweisantrag der Enteigneten 1

und 2 keine entscheidwesentliche Tatsache Folglich kann ndash im Sinne ei-

ner antizipierten Beweiswuumlrdigung ndash von einer Beweisabnahme abgese-

hen werden und das Editionsbegehren ist abzuweisen Im Uumlbrigen kann

bei diesem Resultat offen bleiben ob ein Editionsbegehren uumlberhaupt auf

den Grundsatz eines gerechten Verfahrens oder das Prinzip der Waffen-

gleichheit gemaumlss Art 29 Abs 1 der Bundesverfassung der Schweizeri-

schen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 (BV SR 101) abgestuumltzt

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

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Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

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Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

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Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

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Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 12

werden kann (vgl zum Ganzen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Amdash3302013 vom 26 Juli 2013 E 34)

5

Im Zusammenhang mit den Immissionen die durch den Betrieb der Lan-

desflughaumlfen verursacht werden unterscheidet das Bundesgericht zwi-

schen Grundstuumlcken die in geringer Houmlhe von Flugzeugen uumlberflogen

werden (direkter Uumlberflug auch Uumlberflug stricto sensu bzw eigentlicher

Uumlberflug) und Grundstuumlcken die sich ebenfalls in der Nachbarschaft des

Flughafens befinden aber nicht unmittelbar in der An- oder Abflugschnei-

se und somit nicht direkt uumlberflogen werden Gestuumltzt auf Art 641 Abs 2

ZGB iVm Art 667 Abs 1 ZGB muss es ein Grundeigentuumlmer ndash aus pri-

vatrechtlicher Sicht ndash nicht dulden dass durch direkte Uumlberfluumlge in den

Luftraum seines Grundstuumlcks eingegriffen wird Weiter stehen den

Grundeigentuumlmern unabhaumlngig von einem direkten Uumlberflug an sich die

nachbarlichen Abwehrrechte gegen uumlbermaumlssige Immissionen nach

Art 679 Abs 1 ZGB iVm Art 684 Abs 2 ZGB zu Die Abwehrrechte des

Privatrechts sowohl gegen direkten Uumlberflug als auch gegen uumlbermaumlssige

Immissionen kommen indessen nicht mehr zum Tragen wenn die Einwir-

kungen vom bestimmungsgemaumlssen Gebrauch eines oumlffentlichen Flug-

platzes herruumlhren An die Stelle der privatrechtlichen Klagen tritt in die-

sem Fall der Anspruch auf Enteignungsentschaumldigung (vgl zum Ganzen

BGE 129 II 72 [=Pra 2003 Nr 137] E 22 bis 24 mit Hinweisen)

In einem ersten Schritt ist vorliegend zu pruumlfen ob den Enteigneten ein

Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf Abwehrrechte gegen einen direkten

Uumlberflug zusteht Falls dies zu verneinen ist ist in einem weiteren Schritt

der Entschaumldigungsanspruch fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte zu pruumlfen Ausserdem machen die Enteigneten 3 bis 6

Schallschutzmassnahmen bzw Kostenersatz geltend

6

61 Nachbarliche Abwehrrechte nach Art 684 Abs 2 ZGB richten sich

gegen schaumldliche Einwirkungen die sich nach Lage und Beschaffenheit

der Grundstuumlcke oder nach Ortsgebrauch nicht rechtfertigen lassen Es

handelt sich dabei um Immissionen dh um mittelbare Folgen der Aus-

uumlbung des Eigentums am Flughafengrundstuumlck auf die benachbarten

Grundstuumlcke (vgl dazu nachfolgend E 7) Ein enteignungsrechtlich rele-

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

A-48362012

Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 13

vanter eigentlicher Uumlberflug liegt dagegen vor wenn durch den Flugbe-

trieb bzw durch derart tief fliegende Flugzeuge direkt uumlber dem Grund-

stuumlck der nach Art 667 Abs 1 ZGB dem Grundeigentum zuzurechnende

Luftraum von aussen unmittelbar verletzt wird Zwar beruumlcksichtigt die

bundesgerichtliche Rechtsprechung zum direkten Uumlberflug dass Grund-

stuumlcke die direkt und in geringer Houmlhe uumlberflogen werden neben Laumlrm-

immissionen auch physischen Einwirkungen (Luftturbulenzen herabfal-

lende Flugzeugteile oder Eisbrocken) ausgesetzt sein koumlnnen Diese Ge-

fahr genuumlgt jedoch fuumlr sich alleine nicht um eine Enteignungsentschaumldi-

gung aufgrund eines direkten Uumlberflugs beanspruchen zu koumlnnen Vor-

aussetzung ist vielmehr dass das dem Grundeigentuumlmer in Art 667

Abs 1 ZGB zugestandene Interesse an der Freihaltung des Luftraums

verletzt wird Dies setzt voraus dass die Flugzeuge ganz oder teilweise

(etwa mit einem Fluumlgel) tatsaumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem fraglichen

Grundstuumlck eindringen und dies in einer derart geringen Houmlhe dass sei-

ne schutzwuumlrdigen Interessen an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigen-

tums betroffen werden Zudem wird eine gewisse Regelmaumlssigkeit sol-

chen Eindringens verlangt Nur vereinzelte Uumlberfluumlge lassen keinen ent-

eignungsrechtlichen Entschaumldigungsanspruch entstehen Charakteris-

tisch fuumlr diesen Tatbestand ist die besondere Intensitaumlt des Eigentums-

eingriffs infolge direkter Uumlberfluumlge Voraussetzung fuumlr die Verletzung

des dem Grundeigentum zuzurechnenden Luftraums ist wie erwaumlhnt

dass ein Grundstuumlck regelmaumlssig durch besonders tief fliegende Flug-

zeuge uumlberflogen wird dies bewirkt eine formelle Enteignung von Ab-

wehrrechten Geht es um ein direktes Eindringen in das Grundeigentum

und nicht um eine im Sinne von Art 684 ZGB mit uumlbermaumlssigen Einwir-

kungen verbundene Nutzung eines Nachbargrundstuumlcks so spielen die in

der Rechtsprechung fuumlr letzteren Fall aufgestellten restriktiven Voraus-

setzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialitaumlt der Immissionen

sowie der Schwere des Schadens keine Rolle (Urteile des Bundesge-

richts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweisen = BGE 136 II

263 nicht publ Erwaumlgung 1E122007 vom 28 April 2008 E 41 f und

1E202007 vom 28 April 2008 E 72 betreffend Regelmaumlssigkeit BGE

129 II 72 E 23 ROLAND GFELLER Immissions- und Uumlberflugsenteignun-

gen am Beispiel des Flughafens Zuumlrich Diss ZuumlrichBaselGenf 2006 S

69 mit Hinweisen und vgl KASPAR PLUumlSS Enteignungsrechtliche Tatbe-

staumlnde und Entschaumldigungskriterien - Analyse der Rechtsprechung und

Kritik in Bezug auf verkehrslaumlrmbedingte Eigentumseingriffe in ZBl

1102009 S 534 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtspre-

chung)

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 14

62

621 Die Enteignerin stellt sich bezuumlglich Festlegung des relevanten

Uumlberflugsektors auf den Standpunkt ab einer Distanz von 25 m ab

Pistenende gelte nicht mehr ndash wie die Enteigneten beantragen ndash ein Tole-

ranzwinkel von 125deg sondern bloss ein solcher von 05deg Die Grundstuuml-

cke der Enteigneten wuumlrden nur teilweise im anerkannten Sektor liegen

Die Vorinstanz fuumlhrt mit Bezug auf die Liegenschaften der Enteigneten

Folgendes aus Diejenigen der Enteigneten 1 3 und 4 befaumlnden sich un-

bestrittenermassen vollstaumlndig innerhalb des 05deg-Sektors diejenige der

Enteigneten 2 teilweise innerhalb des 05 -Sektors sowie vollstaumlndig im

125deg-Sektor Die Liegenschaft des Enteigneten 5 liege ausserhalb des

05 -Korridors jedoch innerhalb des 125deg-Korridors Betreffend die Lie-

genschaft der Enteigneten 6 haumllt sie fest dass sich nur eine kleine Ecke

des Gartens noch innerhalb des 125deg-Sektors befinde waumlhrend das Ge-

baumlude selbst klar ausserhalb des 125deg-Korridors liege

622 Ein direkter Uumlberflug liegt wie erwaumlhnt vor wenn die Flugzeuge tat-

saumlchlich in die Luftsaumlule uumlber dem Grundstuumlck eindringen und die weite-

ren Bedingungen (geringe Uumlberflughoumlhe Regelmaumlssigkeit) erfuumlllt sind

(vgl dazu BGE 134 II 49 E 5 [vor E 51] mit Hinweisen und vorne

E 61) Das Bundesgericht hat sich bereits dazu geaumlussert wie ein sol-

cher Korridor im Fall von Instrumentenregelfluumlgen festzulegen ist Es hat

dabei auch auf seine Rechtsprechung verwiesen wonach die Entschaumldi-

gung fuumlr direkten Uumlberflug in gewisser Hinsicht mit einer Entschaumldigung

fuumlr die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit (Uumlberflugservitut)

gleichgesetzt werden kann Wie das Bundesgericht festgehalten hat

kann die entsprechende Dienstbarkeit klar auf den (als Korridor festge-

legten) verhaumlltnismaumlssig schmalen Streifen Land beschraumlnkt werden (vgl

BGE 131 II 137 E 311 und 313) Grundsaumltzlich kann der Grundeigen-

tuumlmer eine Entschaumldigung fuumlr direkten Uumlberflug fordern sobald ein Teil

der betroffenen Parzelle innerhalb des Uumlberflugkorridors liegt (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_2842009 vom 8 Juni 2010 E 122 mit Hinweis)

Dies aber nur sofern die uumlbrigen kumulativen Voraussetzungen gegeben

sind was vorliegend ndash wie nachfolgend aufgezeigt wird ndash jedoch nicht der

Fall ist Demnach kann auf konkrete Ausfuumlhrungen bezuumlglich des mass-

geblichen AnflugkorridorsUumlberflugsektors verzichtet werden

63

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 15

631 Zur Bejahung der gemaumlss Rechtsprechung geforderten Regelmaumls-

sigkeit der Uumlberfluumlge genuumlgt die Tatsache dass grundsaumltzlich taumlglich

mehrere direkte Uumlberfluumlge erfolgen Dass die Uumlberfluumlge waumlhrend des

ganzen Tages andauern wird nicht verlangt Wohl sind die Uumlberfluumlge hier

zeitlich eingeschraumlnkt doch fallen sie gerade in die fruumlhen Morgenstun-

den in denen das Beduumlrfnis nach Ruhe besonders ausgepraumlgt ist (vgl

Urteile des Bundesgerichts 1E122007 E 52 und 1E202007 E 72

beide vom 28 April 2008) Dass die Voraussetzung der Regelmaumlssigkeit

gegeben ist wird denn auch von keiner Partei bestritten

632 Strittig ist hingegen die Voraussetzung der geringen Uumlberflughoumlhe

Konkret geht die Vorinstanz bei den Liegenschaften der Enteigneten von

Uumlberflughoumlhen zwischen 348 und 366 m aus wobei sie auf die Houmlhe des

ILS (Instrumentenlandesystem)-Leitstrahls abstellt

6321 Die Enteigneten 1 und 2 monieren genauso wenig wie in der

Horizontalen alleine auf die Centerline abgestellt werden koumlnne sondern

mit dem Uumlberflugsektor der seitlichen Streuung Rechnung getragen wer-

de sei es in der Vertikalen sachgerecht auf die ILS-Ebene abzustellen

Ohne Beruumlcksichtigung der vertikalen Streuung wuumlrden die Liegenschaf-

ten der Enteigneten in einer Houmlhe von rund 350 m uumlberflogen Wuumlrde die

vertikale Streuung hingegen in die Berechnungen einbezogen ergaumlbe

sich eine Uumlberflughoumlhe ab 320 m bzw sei bei einem Abstand von uumlber

85 km vom Pistenrand von einer lateralen Streuung von mindestens

15 m nach oben und unten auszugehen Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlgen

an es sei durchaus moumlglich dass bei Wetterlagen mit wenig Wind die

ideale Flugspur abgeflogen werde Bei boumligen Windverhaumlltnissen oder

mittelstarken bis starken Windlagen koumlnne der Autopilot hingegen die

Schwankungen nicht mehr vollstaumlndig ausgleichen und es komme zu

groumlsseren lateralen Abweichungen vom Leitstrahl Indem die Vorinstanz

es unterlassen habe dem Ausmass der vertikalen Streuung nachzuge-

hen habe sie zulasten der Enteigneten den Sachverhalt unvollstaumlndig

abgeklaumlrt

6322 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die ankommenden Flugzeu-

ge wuumlrden in aller Regel auf dem ILS-Leitstrahl anfliegen was schon aus

sicherheitstechnischen Gruumlnden noumltig sei Bei den Fluggesellschaften

fuumlhre bereits eine horizontale Abweichung vom Leitstrahl von 05deg zu ei-

nem Abbruch des Landanflugs mittels Durchstart In vertikaler Hinsicht

kaumlmen vom Leitstrahl aus betrachtet nach unten Abweichungen von bis

zu 10 m vor nach oben von 10 bis 20 m wobei letztgenannte Faumllle die

A-48362012

Seite 16

Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

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Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

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offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

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Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

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Grundeigentuumlmer ohnehin besser stellen wuumlrden Der groumlsste Teil der

Flugzeuge fliege uumlber Gockhausen noch im Autopilot welcher das Flug-

zeug auf dem Leitstrahl halte und groumlssere Abweichungen nach unten

ohnehin sofort und automatisch korrigieren wuumlrde Die Vorinstanz habe

zu Recht festgehalten dass vereinzelte Abweichungen in der Groumlssen-

ordnung von 35 m am Ergebnis nichts aumlnderten wobei solch grosse Ab-

weichungen nicht realistisch seien

6323 Bei Uumlberfluumlgen im Rahmen von Starts ist die Streuung groumlsser

als bei Landungen auf dem ILS-Leitstrahl (vgl auch GFELLER aaO

S 78) So haumllt das Bundesgericht fest dass es bei enteignungsrechtli-

chen Verfahren im Unterschied zu zivilrechtlichen Verfahren gerechtfertigt

sei den Uumlberflug im Rahmen von Starts zum einen und von Landungen

zum anderen unterschiedlich zu behandeln Dies da sich sowohl die ho-

rizontale als auch die vertikale Abweichung bei Landungen und Starts

wesentlich unterscheiden wuumlrden In der Endphase der Landung von In-

strumentalfluumlgen wuumlrden die Flugzeuge quasi auf dem ILS-Leitstrahl plat-

ziert Der uumlberflogene Luftraum in welchem sich die Flugbewegungen

konzentrieren koumlnne daher klar begrenzt werden (BGE 131 II 137 E

313 E 321 und E 323)

Die von der Enteignerin im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Do-

kumentation zum ILS-Leitstrahl (act 91) zeigt im Einklang mit der vorge-

nannten bundesgerichtlichen Feststellung dass horizontale Abweichun-

gen nur vereinzelt vorkommen und vernachlaumlssigbar gering sind Die

Landungen auf dem ILS-Leitstrahl erfolgen ziemlich genau Die Enteigne-

ten zweifeln die Plausibilitaumlt und Representativitaumlt der von der Enteignerin

mit der Beschwerdeantwort eingereichten Unterlagen an die Enteigneten

1 und 2 beantragen gar diese Beilagen seien aus dem Recht zu weisen

Da im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht der Sachver-

halt zum Zeitpunkt des Urteils massgeblich ist duumlrfen im Rahmen des

Streitgegenstands bisher noch nicht gewuumlrdigte neue Beweismittel vorge-

legt werden (ANDREacute MOSERMICHAEL BEUSCHLORENZ KNEUBUumlHLER Pro-

zessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht 2 Aufl Basel 2013 Rz

2204 mit Hinweisen) Demnach sind die eingereichten Unterlagen nicht

aus dem Recht zu weisen Die Enteignerin erklaumlrt die GPS 8 Global Po-

sitioning System )-Aufzeichnungen seien nicht ndash wie von den Enteigneten

vermutet ndash vorwiegend bei ruhigen Wetterlagen gemacht worden Die

entsprechenden Flugzeuge seien ebenso wenig von speziell geschultem

Personal geflogen worden Die Daten wuumlrden von verschiedenen Flugge-

sellschaften stammen und seien bei normalen Anfluumlgen an durchschnittli-

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chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

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fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

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Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

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seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 17

chen nicht speziell ausgewaumlhlten Tagen erhoben worden und daher re-

praumlsentativ Es koumlnnten bei Bedarf Berichte bei den betroffenen Flugge-

sellschaften eingeholt werden

Die Enteigneten 1 und 2 behaupten die vertikale Streuung sei nur unwe-

sentlich kleiner als die laterale Streuung von rund 60 m Die diesbezuumlg-

lich eingereichten Radardaten betreffen jedoch zum einen nicht die Suumld-

sondern die Ostanfluumlge und zeigen zum anderen die Streuung fuumlr Anfluumlge

im Sommer 2003 welche im Unterschied zu vorliegenden Landungen

noch ohne ILS-Leitstrahlsystem erfolgten Sie sind daher bezuumlglich der

vertikalen Abweichung im vorliegenden Fall nicht aussagekraumlftig Sie zei-

gen hingegen dass bei den Ostanfluumlgen bereits damals nur vereinzelte

Abweichungen nach unten vorkamen Es kann nicht ausgeschlossen

werden dass auch im Rahmen der Suumldanfluumlge vereinzelt tiefere Uumlberfluuml-

ge stattfinden Da jedoch gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche

Rechtsprechung und die vorgenannten Ausfuumlhrungen davon ausgegan-

gen werden kann dass es sich dabei um gelegentliche Einzelfaumllle han-

delt bei welchen es bereits am Kriterium der Regelmaumlssigkeit des Uumlber-

flugs fehlt durfte die Vorinstanz zu Recht darauf verzichten weitere Ab-

klaumlrungen vorzunehmen Die ihrem Entscheid gestuumltzt auf die ILS-Ebene

zugrunde gelegten Uumlberflughoumlhen sind daher nicht zu beanstanden

64

641 Die Vorinstanz fuumlhrt im angefochtenen Entscheid aus bereits die

Houmlhe des Uumlberflugs von ca 350 m erscheine im Licht der bundesgericht-

lichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des direkten Uumlberflugs

als sehr hoch Diese Einschaumltzung habe sich anlaumlsslich der durchgefuumlhr-

ten Augenscheine bestaumltigt Alle bundesgerichtlichen Kriterien zur Beja-

hung eines direkten Uumlberflugs seien als maumlssig bis gering bzw nicht vor-

handen eingestuft worden Die Flugzeuge seien zwar deutlich sichtbar es

sei jedoch trotz deren Groumlsse nicht der bedrohliche Eindruck eines Ein-

dringens in den dem Grundstuumlck zuzurechnenden Luftraum entstanden

Es haumltten sich weder im Freien noch innerhalb der Raumlumlichkeiten bei

geoumlffnetem Fenster ndash abgesehen von maumlssigem Laumlrm ndash stoumlrende Immis-

sionen feststellen lassen Insbesondere seien keine Kerosindaumlmpfe

Randwirbelschleppen oder Erschuumltterungen bemerkt worden und die

Lichtimmissionen seien im Innern trotz herrschender Dunkelheit nur sehr

marginal bis gar nicht wahrnehmbar gewesen Laumlrm sei zwar eine der

moumlglichen Auswirkungen eines direkten Uumlberflugs und demnach in die

Beurteilung des Einzelfalls einzubeziehen sofern die Voraussetzungen

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

A-48362012

Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

A-48362012

Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 18

fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs stricto sensu bejaht wuumlrden Selbst oh-

renbetaumlubender Laumlrm koumlnne fuumlr sich allein jedoch nicht genuumlgen um das

Vorliegen eines direkten Uumlberflugs zu bejahen Auch die Tatsache dass

sich die strittigen Uumlberfluumlge vorwiegend auf die fruumlhen Morgenstunden

konzentrierten welche grundsaumltzlich im Hinblick auf allfaumlllige Aufwachre-

aktionen als sensibel zu betrachten seien sei mit Bezug auf die Frage

des eigentlichen Uumlberflugs dh des effektiven Eindringens in den ge-

schuumltzten Luftraum uumlber einem privaten Grundstuumlck nicht von zusaumltzli-

cher Relevanz Die Laumlrmimmissionen seien bei Bejahung eines Uumlberflugs

stricto sensu im Rahmen der Entschaumldigung zu beruumlcksichtigen

Die Vorinstanz zieht nebst der soeben zitierten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung die Regelung von Art 49 Abs 1 Bst b der Verordnung

des UVEK vom 4 Mai 1981 uumlber die Verkehrsregeln fuumlr Luftfahrzeuge

(VVR SR 74812111) als Anhaltspunkt herbei und verneint in der Folge

das Vorliegen eines direkten Uumlberflugs in einer Houmlhe von rund 350 m

Der morgendliche Laumlrm sei damit nur noch unter den Voraussetzungen

einer Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrrechte zu pruumlfen

642

6421 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die zweistufige

vorinstanzliche Betrachtungsweise wonach klar zwischen dem Eindrin-

gen in den Luftraum und dem Laumlrm als mittelbare Folge zu unterscheiden

sei lasse sich mit Art 667 Abs 1 ZGB und der bundesgerichtlichen Pra-

xis nicht vereinbaren Entscheidend fuumlr das Vorliegen eines Uumlberflugs

stricto sensu sei dass die regelmaumlssigen und senkrechten Uumlberfluumlge in

einer derart geringen Houmlhe erfolgten dass sie die schutzwuumlrdigen Inte-

ressen des Eigentuumlmers an der ungestoumlrten Nutzung seines Eigentums

betreffen wuumlrden Die kritische Houmlhe richte sich deshalb nach dem unter

den konkreten Umstaumlnden zu ermittelnden berechtigten Interesse des

betroffenen Eigentuumlmers stoumlrende oder beeintraumlchtigende Einwirkungen

Dritter abzuwehren Es seien dabei alle physischen und psychischen Im-

missionen gesamthaft und bezuumlglich der Nutzung und Lage des Grund-

stuumlcks zu wuumlrdigen Dabei spielten neben Licht- und Geruchs- auch

Laumlrmimmissionen eine grosse Rolle da in den fruumlhen Morgenstunden

Schlaf und Ruhe als schutzwuumlrdige Interessen in den Vordergrund traumlten

Die Grundeigentuumlmer haumltten zweifellos ein schutzwuumlrdiges Interesse dar-

an die Uumlberfluumlge welche zu unzumutbaren bzw gesundheitsgefaumlhrden-

den Aufwachreaktionen fuumlhrten abzuwehren

A-48362012

Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

A-48362012

Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

A-48362012

Seite 26

mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 19

Die Enteigneten 3 bis 6 fuumlhren weiter aus aufgrund der bundesgerichtli-

chen Praxis sei klar dass von Grossraumflugzeugen genutzte Anflug-

schneisen bis in weitaus groumlssere Houmlhen eine enteignungsrechtliche Ent-

schaumldigungspflicht ausloumlsten als dies bei Kleinflugzeugen der Fall sei In-

terkontinentalflugzeuge seien nicht nur besonders laut sondern bewirkten

wegen ihres grossen Volumens und der grossen Fluumlgelspannweite bei

den Anwohnern eine groumlssere unterbewusste Angstreaktion als kleinere

Flugzeuge Die Interessensphaumlre des Grundeigentuumlmers stehe auch in

Abhaumlngigkeit zur Art und Intensitaumlt der Beeintraumlchtigung Das Bundesge-

richt messe in diesem Zusammenhang auch der psychologischen Wir-

kung von direkten Uumlberfluumlgen besondere Bedeutung zu dh der Bedroh-

lichkeit der Uumlberflugsituation

6422 Alle Enteigneten ruumlgen in diesem Zusammenhang auch die man-

gelhafte bzw willkuumlrliche Beurteilung der Vorinstanz Die anlaumlsslich der

Augenscheine welche ohnehin nur einen einmaligen nicht repraumlsentati-

ven Eindruck ergeben haumltten fuumlr einen Gesamtuumlberblick verwendeten

Kriterienblaumltter wuumlrden die vom Bundesgericht fuumlr massgeblich beurteil-

ten Kriterien nur teilweise abdecken und seien im vorliegenden Fall un-

genuumlgend da sie zur Beurteilung der uumlber den Laumlrmschaden hinausge-

henden Wertminderung beim Uumlberflug entwickelt worden seien und nicht

zur Beurteilung des schutzwuumlrdigen Interesses an der Abwehr der Uumlber-

fluumlge Namentlich unberuumlcksichtigt geblieben sei die Laumlrmbelastung wel-

che zweifellos auch zu den Auswirkungen des Uumlberflugs zaumlhle und vor-

liegend von grosser Relevanz sei Die besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt

seien keine Gradmesser der Lautstaumlrke (Laumlrmquantitaumlt) sondern der

Laumlrmqualitaumlt Hingegen spielten Kriterien wie die wahrgenommene Tiefe

des Direktuumlberflugs das Erscheinungsbild bzw die Bedrohlichkeit der

Flugzeuge vom Boden aus in der ersten Morgenstunde von 600 Uhr bis

700 Uhr kaum eine Rolle da zu dieser Zeit die Mehrheit der Bevoumllkerung

noch schlafe Im Uumlbrigen sei die vorinstanzliche Beurteilung der Flug-

zeuggroumlsse falsch bzw stehe im Widerspruch zu den tatsaumlchlichen Ver-

haumlltnissen In der ersten halben Betriebsstunde seien uumlberwiegend ndash

naumlmlich zu 90 ndash Grossflugzeuge mit einer Fluumlgelspannweite ab 60 m

gelandet so dass die Wertung sehr stark anstelle von maumlssig wie in

Kloten wo regelmaumlssig nur kleinere und mittlere Verkehrsflugzeuge mit

einer Fluumlgelspannweite bis ca 40 m landen wuumlrden haumltte ausfallen muumls-

sen Zweifelhaft sei auch die Wuumlrdigung des Erscheinungsbilds der Flug-

zeuge vom Boden aus Die vorinstanzlichen Augenscheine haumltten im

Winter bei Dunkelheit stattgefunden so dass nur die Positionslichter und

die nach vorne gerichteten Landescheinwerfer deutlich sichtbar gewesen

A-48362012

Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

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Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

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Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

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Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

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tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

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nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 20

seien nicht jedoch die Flugzeugsilhouette Da die Flugzeuge entgegen

den Behauptungen der Vorinstanz demnach gar nicht deutlich wahr-

nehmbar bzw sichtbar gewesen seien sei eine serioumlse und objektive

Beurteilung des Erscheinungsbildes der Flugzeuge sowie deren Eindrin-

gen in den Luftraum nicht moumlglich gewesen Die Enteigneten 3 bis 6 fuuml-

gen an es waumlren ohnehin mehrere Augenscheine bei unterschiedlichen

meteorologischen Verhaumlltnissen zu unterschiedlichen Jahreszeiten erfor-

derlich gewesen Die Vorinstanz habe die Augenscheine im Spaumltherbst

durchgefuumlhrt wenn im Vergleich zu den verkehrsintensiveren Sommer-

monaten weniger Fluumlge abgewickelt wuumlrden und es auch nicht uumlblich sei

das Fenster in der Nacht mindestens spaltbreit offen zu lassen Je nach

Wetterlage sei die Stoumlrwirkung der Uumlberfluumlge unterschiedlich so traumlten

Pfeifgeraumlusche nur bei bestimmten meteorologischen Verhaumlltnissen auf

Mit Bezug auf den von der Vorinstanz als Anhaltspunkt herangezogenen

Art 49 Abs 1 Bst b VVR halten die Enteigneten 3 bis 6 fest das Bun-

desgericht verlange die Beurteilung der Voraussetzungen fuumlr eine Ent-

schaumldigung aufgrund der Enteignung von Abwehrrechten gegen einen di-

rekten Uumlberflug in jedem Einzelfall und wolle diese eben gerade nicht

abstrakt festlegen

643 Die Enteignerin haumllt dem entgegen die Augenscheine haumltten an

verschiedenen Daten stattgefunden und die Vorinstanz haumltte so eine all-

faumlllig vorhandene unterschiedliche Belastungssituation je nach Wetterla-

ge sehr wohl wahrnehmen koumlnnen Auf die subjektiven Angaben der je-

weiligen Enteigneten koumlnne sicherlich nicht abgestellt werden Es treffe

nicht zu dass das Winterhalbjahr weniger verkehrsintensiv als das Som-

merhalbjahr sei Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht im Sommer

bei praumlchtigem windstillen Wetter Augenscheine durchgefuumlhrt so dass

eine allfaumlllige Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Augenscheine ohne-

hin geheilt waumlre Die Vorinstanz habe sich an der bisherigen bundesge-

richtlichen Praxis betreffend die Uumlberflughoumlhe orientiert und die Kriterien-

blaumltter primaumlr zur Uumlberpruumlfung ihrer bereits vorgenommenen Beurteilung

verwendet Gestuumltzt auf die anlaumlsslich der Augenscheine gewonnenen

Erkenntnisse habe sich die vorgenommene Beurteilung bestaumltigt Die

Frage ob ein Direktuumlberflug vorliege muumlsse von derjenigen nach der ge-

gebenenfalls zu bezahlenden Entschaumldigung strikt getrennt werden Im

Rahmen Ersterer sei zu untersuchen ob eine Liegenschaft innerhalb des

Anflugkorridors liege sowie ob sie ausreichend tief und regelmaumlssig

uumlberflogen werde Die Laumlrmbelastung und der Zeitpunkt der Uumlberfluumlge

seien dabei unbeachtlich zumal sich die Laumlrmbelastung bei benachbar-

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 21

ten Liegenschaften welche nicht direkt uumlberfolgen wuumlrden genau gleich

auswirke Diese Faktoren kaumlmen erst im Rahmen der Entschaumldigungs-

bemessung zum Tragen Das zeige sich am Beispiel eines Uumlberflugs mit

einem Segelflugzeug wo der Laumlrm naturgemaumlss keine Rolle spiele und

dennoch ein Uumlberflug stricto sensu vorliegen koumlnne Im Uumlbrigen wuumlrde

auch eine Beruumlcksichtigung des Fluglaumlrms nichts daran aumlndern dass

Uumlberfluumlge auf einer Houmlhe von rund 350 m weit davon entfernt seien die

Grenze des noch zu interessierenden Luftraums zu tangieren Zunaumlchst

mehr oder weniger abstrakt eine Uumlberflughoumlhe zu definieren entspreche

der bundesgerichtlichen Praxis

65 Nach Art 667 Abs 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und

Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich soweit

fuumlr die Ausuumlbung des Eigentums ein Interesse besteht Wie gross diese

raumlumliche Ausdehnung ist laumlsst sich gemaumlss bundesgerichtlicher Recht-

sprechung nicht in allgemein guumlltiger Weise festlegen sondern bestimmt

sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umstaumlnden und dem schutz-

wuumlrdigen Interesse des Eigentuumlmers diesen Raum selbst zu nutzen oder

zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren Das Bundesge-

richt hat es daher stets abgelehnt generell zu bestimmen auf welcher

Houmlhe ein Flugzeug in die Interessenssphaumlre der Grundeigentuumlmer und

damit in das Grundeigentum selbst eindringt Dies haumlnge von der Nut-

zung und Lage der konkret betroffenen Liegenschaft aber auch von der

Art und Groumlsse der Flugzeuge und den entsprechenden Auswirkungen

des Uumlberflugs ab (vgl statt vieler BGE 134 II 49 E 53 mit Hinweisen)

Indessen laumlsst sich aufgrund der bereits ergangenen Entscheide die kriti-

sche Houmlhe des Uumlberflugs uumlber Wohngebieten etwas eingrenzen Uumlberfluuml-

ge sind bei landenden Grossraumflugzeugen bejaht worden die Wohn-

liegenschaften in der Houmlhe von knapp 150 m oder darunter uumlberqueren

Dagegen stellte das Bundesgericht fest dass Uumlberfluumlge solcher Maschi-

nen in der Houmlhe von mindestens 400 m das Grundeigentum nicht verlet-

zen wuumlrden ebenso wenig vereinzelte Fluumlge kleinerer Maschinen in der

Houmlhe von ca 220 bis 250 m (Urteile des Bundesgerichts 1E122007 und

1E202007 je vom 28 April 2008 E 43 mit Hinweisen und E 7

[1E202007] BGE 131 II 137 E 312 und E 322 BGE 134 II 49 E 53

und BGE 122 II 349 E 4acc) Wie sich aus dem Folgenden ergibt be-

steht hier kein Anlass weitere Abgrenzungen zu treffen

651 Das Bundesgericht hat festgehalten direkt uumlberflogene Grundstuuml-

cke und nicht direkt uumlberflogene Grundstuumlcke wuumlrden in unterschiedlicher

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

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mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

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Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

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Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

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offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 22

Weise beeintraumlchtigt In beiden Faumlllen sei die Liegenschaft dem Laumlrm des

Luftverkehrs ausgesetzt aber wenn sie zudem direkt uumlberflogen werde

unterliege sie noch weiteren Immissionen oder unerwuumlnschten Wirkun-

gen (BGE 129 II 72 E 22) Dabei verwies es auf die fruumlheren Entscheide

Jeanneret und Tranchet Im Entscheid Jeanneret wurde ausgefuumlhrt

der durch den Laumlrm verursachte Schaden sei nicht merklich verschieden

ob die Quelle der Einwirkungen sich in der Senkrechte des betroffenen

Grundstuumlcks oder oberhalb der Nachbargrundstuumlcke befinde Es sei je-

doch nicht ausgeschlossen dass die zusaumltzlichen Risiken die mit der

Lage einer Liegenschaft unter der Anflug- oder Startsenkrechten verbun-

den sind eine gewisse Wertminderung des Grundstuumlcks zur Folge ha-

ben Erwaumlhnt wird die erhoumlhte Gefahr durch Wirbel oder das Herabfallen

von Eisbloumlcken einen Schaden zu erleiden (vgl BGE 121 II 317

[=Pra 1996 Nr 165] E 4b) Im Entscheid Tranchet wies das Bundesge-

richt zusaumltzlich darauf hin der regelmaumlssige Uumlberflug in einer Houmlhe von

ungefaumlhr 100 m uumlber ein Einfamilienhaus durch Maschinen die deutlich

groumlsser seien als das uumlberflogene Gebaumlude koumlnne dessen Bewohner

merklich stoumlren oder beeintraumlchtigen (BGE 122 II 349 E 4acc) Insge-

samt zaumlhlte das Bundesgericht in BGE 129 II 72 Luftwirbel von den Mo-

toren herruumlhrender Gestank Gefuumlhl von Furcht oder Unbehagen wegen

einer sich uumlber einem bewegenden bedeutenden Masse etc zu den

Einwirkungen die von den uumlberfliegenden Flugzeugen verursacht werden

(BGE 129 II 72 E 4) Zusammenfassend hat das Bundesgericht in

BGE 121 II 317 E 5b darauf hingewiesen dass Grundstuumlcke die beim

Abflug oder bei der Landung in nur geringer Houmlhe uumlberflogen werden

neben Laumlrmimmissionen auch weiteren physischen Einwirkungen ausge-

setzt seien die sogar zu Gebaumludeschaumlden fuumlhren koumlnnen (Luft-

Turbulenzen von den Triebwerken herabfallende Eisbrocken) Gegen

solche Beeintraumlchtigungen ndash so fuumlhrte es in BGE 122 II 349 E 4 weiter

aus ndash koumlnne sich der Grundeigentuumlmer gestuumltzt auf Art 667 Abs 1 ZGB

zur Wehr setzen soweit dieses Recht nicht durch oumlffentlich-rechtliche

Vorschriften insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung eingeschraumlnkt

werde (vgl zum Ganzen BGE 123 II 481 E 8 und auch vorne E 61)

Voraussetzung fuumlr eine uumlberflugbedingte Enteignung ist gemaumlss PLUumlSS

daher in der Regel dass neben dem Fluglaumlrm noch weitere unerwuumlnsch-

te Einwirkungen geduldet werden muumlssen welche die Eigentums- und

Sicherheitsinteressen der betroffenen Grundeigentuumlmer tangieren Die

besondere Intensitaumlt des Eingriffs in das Eigentum zeigt sich dabei in

physischer und psychischer Hinsicht zB anhand von Luftwirbeln (soge-

nannte Randwirbelschleppen) Gebaumludevibrationen Lichtimmissionen

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

A-48362012

Seite 26

mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 23

Kerosindaumlmpfen oder Angst- und Beklemmungsgefuumlhlen angesichts der

tieffliegenden Maschinen (KASPAR PLUumlSS Oumlffentliche Interessen im Zu-

sammenhang mit dem Betrieb von Flughaumlfen Diss ZuumlrichBaselGenf

2007 S 246 mit Hinweisen)

652 Gemaumlss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ergeben sich direkte

Uumlberfluumlge wegen der starken Linearitaumlt des Anflugs nur auf einem Korri-

dor von 100 m bei 1 km Entfernung von der Pistenschwelle bzw von 150

m bei einer Entfernung von 2 km wobei der seitliche Toleranzwinkel be-

zogen auf den Aufsetzpunkt maximal 125deg betraumlgt (BGE 131 II 137

E 311 und E 313) Daraus folgern PLUumlSS und GFELLER unter Hinweis

auf BGE 123 II 481 E 8 dass in einer Entfernung von 3 km zum Pisten-

rand kein direkter Uumlberflug mehr vorliegen koumlnne (PLUumlSS aaO Diss S

245 mit Hinweis GFELLER aaO S 70 mit Hinweisen) Diesen Schluss

hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid jedoch nicht gezogen

sondern einen Entschaumldigungsanspruch bezuumlglich der betreffenden Par-

zellen welche gewerblich genutzt wurden mit der Begruumlndung abgewie-

sen es sei nicht anzunehmen dass bei einer Uumlberflughoumlhe von 600 m

physische Einwirkungen entstuumlnden Auch psychisch wirkten Uumlberfluumlge in

dieser Entfernung erfahrungsgemaumlss zwar noch beeindruckend aber

nicht bedrohlich Unter diesen Umstaumlnden koumlnne nicht gesagt werden

dass durch den Flugverkehr in schuumltzenswerte Interessen des Be-

schwerdefuumlhrers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde

653 Die Vorinstanz konnte sich anhand der beigezogenen Kriterienblaumlt-

ter welche die vorbestehende Belastung aus anderen Laumlrmquellen die

wahrgenommene Tiefe der Uumlberfluumlge die Groumlsse der Flugzeugtypen de-

ren Erscheinungsbild bzw Bedrohlichkeit vom Boden aus sowie deren

besondere Laumlrmart und Tonalitaumlt Lichtimmissionen das Vorkommen von

Randwirbelschleppen Luftturbulenzen und Kerosindaumlmpfen Vibrationen

im Gebaumlude als auch besondere Vorkommnisse wie herabfallende Teile

beruumlcksichtigen einen Gesamtuumlberblick uumlber allfaumlllige nebst den Laumlrm-

immissionen bestehende physische undoder psychische Einwirkungen

des Uumlberflugs verschaffen Diese Vorgehensweise ist daher nicht zu be-

anstanden

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um Liegenschaften welche

groumlsstenteils zu Wohnzwecken genutzt werden und dem Bereich der

Empfindlichkeitsstufen (ES) II und III angehoumlren sowie uumlberwiegend von

Grossraumflugzeugen mit einer Fluumlgelspannweite von ca 60 m regel-

maumlssig uumlberflogen werden sie befinden sich jedoch 8 km und damit rela-

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

A-48362012

Seite 26

mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

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denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 24

tiv weit vom Pistenrand entfernt Anlaumlsslich der vorgenommenen Augen-

scheine im Winter- und Sommerhalbjahr hat sich gezeigt dass bei einer

Uumlberflughoumlhe von ca 350 m nebst Fluglaumlrmimmissionen keine weiteren

physischen Einwirkungen wie Randwirbelschleppen Kerosindaumlmpfe he-

runterfallende Gegenstaumlnde und Vibrationen entstehen Weiter wurde da-

bei in psychischer Hinsicht festgestellt dass die Silhouetten vor allem der

Grossflugzeuge zwar eindruumlcklich aber nicht bedrohlich wirkten Die nicht

laumlrmbezogenen Aspekte des Direktuumlberflugs sind demnach nicht bzw

betreffend Lichtimmissionen der Landescheinwerfer allenfalls marginal

vorhanden Eine erhebliche Bedrohlichkeit der Uumlberflugsituation geht da-

mit nicht einher Diese Faktoren mindern die Wohnqualitaumlt insbesondere

die Nutzung des Aussenraums vorliegend also nicht erheblich Hinzu

kommt dass die Gesamtheit der Einwirkungen des Flugverkehrs im Ver-

gleich zu den Augenscheinen in Opfikon wo ein Uumlberflug in geringer Houml-

he vorliegt von anderer Qualitaumlt ist Die Laumlrmeinwirkung (vgl dazu nach-

folgend E 7 betreffend nachbarrechtliche Abwehrrechte und E 8 betref-

fend Schallschutzmassnahmen) erscheint insgesamt geringer und die

nicht laumlrmbezogenen Aspekte sind vernachlaumlssigbar Gemaumlss Art 49

Abs 1 Bst b VRR gilt grundsaumltzlich fuumlr Instrumentenflugregelfluumlge eine

Mindestflughoumlhe von 300 m uumlber dem houmlchsten Hindernis das in einem

Umkreis von 93 km um den geschaumltzten Standort des Luftfahrzeuges

liegt Die Mindestflughoumlhen definieren gemaumlss bundesgerichtlicher

Rechtsprechung zwar nicht die raumlumliche Ausdehnung gemaumlss Art 667

Abs 1 ZGB dessen ungeachtet koumlnne in Betracht gezogen werden dass

sie so festgesetzt worden seien dass eine Beeintraumlchtigung des Luft-

raums Privater durch Flugzeuge vermieden werde (BGE 122 II 349 E 4

abb in fine) Im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist

im Bereich der vorliegenden Uumlberflughoumlhe welche nahe an der vom

Bundesgericht festgesetzten oberen Grenze von 400 m liegt und in wel-

cher die Grundeigentuumlmer vergleichsweise geringen Einwirkungen aus-

gesetzt sind nicht mehr von einem Uumlberflug stricto sensu auszugehen

Die Beschwerden sind folglich in diesem Punkt abzuweisen

7

Weiter bleibt zu pruumlfen ob eine entschaumldigungspflichtige Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche vorliegt

Fuumlhrt der Flugverkehr zu uumlbermaumlssigen duldungspflichtigen Immissio-

nen so kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Entschauml-

digungsanspruch aufgrund einer immissionsbedingten Enteignung beste-

hen Dabei handelt es sich laut Bundesgericht um eine formelle Enteig-

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

A-48362012

Seite 26

mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 25

nung infolge Unterdruumlckung der nachbarlichen Abwehrrechte gemaumlss

Art 679 iVm Art 684 ZGB der Entschaumldigungsanspruch wird aus Art 5

Abs 1 EntG abgeleitet Nach der bundesgerichtlichen Praxis kommt eine

Entschaumldigung fuumlr die Unterdruumlckung nachbarlicher Abwehrrechte nur un-

ter restriktiven Bedingungen in Frage Die Verkehrsimmissionen muumlssen

kumulativ speziell und unvorhersehbar sein sowie zu einem schweren

Schaden fuumlhren (vgl statt vieler BGE 134 II 145 E 5 BGE 130 II 394

E 12 mit Hinweisen und BGE 123 II 481 E 7b vgl auch vorne E 61)

71

711 Das Bundesgericht hat den Stichtag fuumlr die Vorhersehbarkeit der

Fluglaumlrmimmissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landes-

flughaumlfen auf den 1 Januar 1961 festgesetzt Nach der bundesgerichtli-

chen Rechtsprechung musste die Allgemeinheit ndash und nicht nur Flugspe-

zialisten oder Anwohner eines Flugplatzes ndash ab diesem Zeitpunkt um die

Belastungen durch Fluglaumlrm in der Umgebung der Landesflughaumlfen wis-

sen Dabei komme es allein auf die Auswirkungen des Flugbetriebs an

unabhaumlngig davon auf welche konkreten Ursachen politischer techni-

scher wirtschaftlicher betrieblicher oder anderer Natur Aumlnderungen im

Betrieb der Landesflughaumlfen zuruumlckzufuumlhren seien (BGE 136 II 263 E 71

und BGE 131 II 137 E 23 je mit Hinweisen) Hat der Eigentuumlmer ndash bzw

bei Erbgang oder Erbvorbezug der Erblasser ndash das Grundstuumlck nicht vor

diesem Datum erworben besteht mangels Unvorhersehbarkeit kein An-

spruch auf eine Entschaumldigung wegen Unterdruumlckung nachbarlicher Ab-

wehrrechte (vgl BGE 131 II 37 [= Pra 2006 Nr 3] E 21 mit Hinweisen)

Gestuumltzt auf diese Praxis entschied das Bundesgericht dass auch der

sprunghafte Anstieg der Suumldabfluumlge durch die Einfuumlhrung der 4 Welle

der Swissair im Herbst 1996 nicht zu einer Neufestsetzung des Stichda-

tums fuumlhre (BGE 130 II 394 E 121 und BGE 136 II 263 E 72 mit Hin-

weisen) Auch hinsichtlich der Ostanfluumlge hat das Bundesgericht an die-

sem Stichtag festgehalten obschon die konkreten Gruumlnde fuumlr deren Ein-

fuumlhrung im Herbst 2001 aus Sicht der Grundeigentuumlmer unvorhersehbar

gewesen seien Dies weil bei einem fuumlr den interkontinentalen Flugver-

kehr konzipierten Flughafen die Zunahme des Luftverkehrs vorhersehbar

gewesen sei und damit habe gerechnet werden muumlssen dass einmal

festgelegte Start- und Landerichtungen wieder abgeaumlndert werden koumlnn-

ten Das Bundesgericht hat in gerichtlicher Luumlckenfuumlllung das Stichdatum

fuumlr die Vorhersehbarkeit unter ausdruumlcklicher Berufung auf Art 1 Abs 2

ZGB aufgestellt An dieser Rechtsprechung sei festzuhalten solange der

Gesetzgeber keine andere Regelung treffe (vgl BGE 136 II 263 E 73 ff

A-48362012

Seite 26

mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 26

mit Hinweisen) Es hat diese allgemein und streng zu beruumlcksichtigende

Regel aufgestellt die in allen Verfahren in welchen es um die Enteignung

nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche wegen Betriebs eines Landesflug-

hafens geht zur Anwendung kommt und von welcher im Einzelfall nicht

abgewichen bzw die nicht angepasst werden soll (BGE 131 II 137 E 23)

712 Die Enteigneten stellen sich auf den Standpunkt die vom Bundes-

gericht im Rahmen der Ostanfluumlge angestellten Uumlberlegungen liessen

sich nicht auf die Suumldanfluumlge uumlbertragen Die fuumlr regelmaumlssige Suumldanfluuml-

ge erforderliche Infrastruktur sei erst 2003 genehmigt worden Daher haumlt-

ten sie jedenfalls gemaumlss Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 81 ff bis zum 22 Mai 2000 nicht mit

einer zivilen Fluglaumlrmbelastung rechnen muumlssen Ihre Liegenschaften lauml-

gen hinter dem einstigen Sperrgebiet um den Militaumlrflugplatz Duumlbendorf

und seien ua deshalb bisher vom zivilen Luftverkehr weitgehend ver-

schont geblieben Die Enteigneten 3 bis 6 bringen zudem vor 1978 habe

der Kanton Zuumlrich als damaliger Flughafenhalter in einer Broschuumlre aus-

gefuumlhrt hindernisfreies Gelaumlnde finde man in Kloten nur im nord- bzw

nordwestlichen Abschnitt Dies erklaumlre dass alle Landeanfluumlge aus dieser

Richtung kaumlmen und nur auf den Pisten 14 oder 16 enden wuumlrden Durch

die damalige Aufklaumlrung der Bevoumllkerung sei ein Vertrauenstatbestand

gesetzt worden

713 Die vom Bundesamt fuumlr Zivilluftfahrt BAZL verfuumlgte und vom Bun-

desgericht genehmigte vierte provisorische Aumlnderung des Betriebsregle-

ments vom 23 Juni 2003 fuumlhrte infolge Verschaumlrfung der Anflugordnung

uumlber suumlddeutschem Gebiet durch Deutschland ab 30 Oktober 2003 mor-

gendliche Suumldanfluumlge auf der Piste 34 ein und zwar von 600 Uhr bis

708 Uhr werktags und bis 908 Uhr an Wochenenden und Feiertagen

(vgl BGE 137 II 58 Sachverhalt B) Die Zuumlrcher Richt- und Zonenplanung

ging von einer Nordausrichtung des Flughafenbetriebs aus und sah keine

Anfluumlge uumlber das Siedlungsgebiet im Suumlden des Flughafens vor Die von

Deutschland verfuumlgte Uumlberflugbeschraumlnkung uumlber deutsches Gebiet be-

wirkte jedoch eine wesentliche Aumlnderung der Sach- und Rechtslage die

ein Abweichen von der bisherigen Planung rechtfertigt (BGE 137 II 58 E

413 und E 451) Der internationale Flugverkehr ist Gegenstand ver-

schiedener multilateraler sowie zahlreicher bilateraler Luftverkehrsab-

kommen und haumlngt von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen

und Entscheidungen ab die dem Einflussbereich der schweizerischen

Behoumlrden und der Flughafen Zuumlrich AG weitgehend entzogen sind Dies

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 27

gilt in besonderem Mass fuumlr die Landesflughaumlfen Genf und Zuumlrich die

beide nahe an der Landesgrenze liegen (BGE 136 II 263 E 74)

Gestuumltzt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung auf welche

im bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-18022013 vom 6 November

2013 E 4 detailliert verwiesen wurde ist mit der Vorinstanz einig zu ge-

hen dass selbst bei dieser wesentlichen Aumlnderung des Betriebsregle-

ments aus politischen Gruumlnden auch im Bereich der urspruumlnglich nicht

vorgesehenen Suumldanfluumlge der 1 Januar 1961 als Stichtag gilt Zuumlrich un-

terliegt als internationaler Landesflughafen staatsvertraglichen Regelun-

gen welche durch die Vertragsparteien abgeaumlndert oder aufgeloumlst wer-

den koumlnnen Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Bereich

der Luftfahrt liess mit vermehrtem oder neuem Fluglaumlrm rechnen Zudem

bestand die theoretische Moumlglichkeit fuumlr Suumldanfluumlge seit Erstellung der

Pisten denn jede Piste kann grundsaumltzlich zweiseitig als Start- und Lan-

depiste verwendet werden (vgl auch GFELLER aaO S 54) Die Enteig-

neten mussten daher wenn auch nicht konkret so doch zumindest grund-

saumltzlich damit rechnen dass der Flughafen Zuumlrich auch suumldlich angeflo-

gen werden koumlnnte auch ungeachtet des Betriebs des Militaumlrflugplatzes

Duumlbendorf

Die von den Enteigneten 3 bis 6 erwaumlhnte von der Arbeitsgruppe IFZ In-

formationsdienst Flughafen Zuumlrich herausgegebene Informationsbro-

schuumlre von 1978 eignet sich nicht einen Vertrauenstatbestand zu schaf-

fen Vertrauensgrundlage kann naumlmlich nur das Verhalten eines staatli-

chen Organs bilden das bei den Betroffenen bestimmte Erwartungen

ausloumlst Da die Broschuumlre keine behoumlrdliche Auskunft darstellt taugt sie

nicht als Vertrauensbasis (vgl zum Vertrauensschutz allgemein ULRICH

HAumlFELINGEORG MUumlLLERFELIX UHLMANN Allgemeines Verwaltungsrecht

6 Aufl ZuumlrichSt Gallen 2010 Rz 631 und 668 ff) Im Uumlbrigen wird darin

das Pistenkonzept des Flughafens Zuumlrich erlaumlutert und es werden keine

Zusicherungen fuumlr die Zukunft gemacht

714 Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem re-

levanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erworben Demnach ist ihr Ent-

schaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteignung nachbarrechtlicher

Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Beschwerde auch in diesem

Punkt abzuweisen Der Enteignete 5 und die Enteignete 2 haben ihre

Liegenschaften zumindest teilweise vor dem Stichtag erworben aber erst

danach uumlberbaut so dass die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit je-

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

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Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 28

denfalls fuumlr den Wert des unbebauten Grundstuumlcks bzw Grundstuumlckteils

erfuumlllt sein duumlrfte

72 Fuumlr die Enteigneten welche die Liegenschaften vor dem 1 Januar

1961 erworben haben ist das Kriterium der Unvorhersehbarkeit erfuumlllt

und es stellt sich in einem weiteren Schritt die Frage nach der Spezialitaumlt

der Laumlrmimmissionen

721 Die Vorinstanz erklaumlrt die Grenzwerte des 16-Stunden-Leq seien

vorliegend bei weitem nicht uumlberschritten wie aus den von der Enteigne-

rin eingereichten Immissionsgrenzwertkurven ES II der Eidgenoumlssischen

Material- und Forschungsanstalt EMPA ersichtlich sei Die zu beurteilen-

den Liegenschaften laumlgen derart weit ausserhalb der Grenzwertkurven

dass auf die Fluglaumlrmkarten der EMPA abgestellt werden koumlnne und sich

weitere Erhebungen eruumlbrigen wuumlrden Allfaumllliges morgendliches Aufwa-

chen sei in die Gesamtwuumlrdigung der Laumlrmimmissionen einzubeziehen

reiche aber nicht ohne weiteres aus um die Voraussetzung der Speziali-

taumlt zu bejahen

722 Die Enteigneten machen geltend angesichts der Konzentration der

Laumlrmbelastung auf die ersten Morgenstunden sei es unbeachtlich ob die

Grenzwerte gemaumlss 16-Stunden Leq im Bereich der Anflugschneise von

Piste 34 uumlberschritten seien oder nicht Die erste Morgenstunde sei eine

speziell sensible Tageszeit waumlhrend welcher das Beduumlrfnis der Bevoumllke-

rung nach Ruhe besonders ausgepraumlgt und sie anfaumlllig fuumlr Stoumlrungen

durch Fluglaumlrm sei Aus der Laumlrmstudie 2000 der ETH Zuumlrich (MARK

BRINKREGULA ROMETSCHKATJA WIRTHCHRISTOPH SCHIERZ Dezember

2007 im Folgenden Laumlrmstudie 2000) habe sich ergeben dass bei acht

Laumlrmereignissen mit einem Maximalpegel von 60 dB(A) ndash wie sie in

Gockhausen zwischen 600 Uhr und 630 Uhr vorkaumlmen ndash 63 der Be-

troffenen mindestens einmal bedingt durch den Fluglaumlrm spontan erwa-

chen wuumlrden 23 sogar zwei- oder mehrmals Bei gleichem Maximal-

pegel wuumlrden Geraumlusche von landenden Flugzeugen im Vergleich zu

startenden Maschinen zu staumlrkeren physiologischen Reaktionen fuumlhren

Bei der Liegenschaft der Enteigneten 1 handle es sich um ein Einfamili-

enhaus welches ausschliesslich zu Wohnzwecken genutzt werde und

welches in einer Zone laumlge in der die Empfindlichkeitsstufe (ES) II gelte

und stoumlrende Betriebe daher nicht zugelassen seien Im Fall der Enteig-

neten 2 gehe es um drei Mehrfamilienhaumluser welche primaumlr zu Wohn-

zwecken teilweise aber auch gewerblich genutzt wuumlrden und die sich in

einer Zone befaumlnden wo die ES III gelte weshalb maumlssig stoumlrende Be-

A-48362012

Seite 29

triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

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triebe zulaumlssig seien Messungen der Muumlhlebach Partner AG haumltten ge-

zeigt dass einzelne Uumlberfluumlge sogar einen Maximalpegel von knapp 80

dB(A) erreichten Die Vorinstanz stelle einzig auf die Berechnungen der

EMPA ab mit der Begruumlndung dass Messungen die Laumlrmbelastung zwar

genauer widergeben koumlnnten aber bei grossflaumlchigen Laumlrmbelastungen

aus zeitlichen und finanziellen Gruumlnden nicht in Frage kaumlmen So oder

anders erreiche die Schallintensitaumlt am Ohr einer schlafenden Person

knapp oder aber etwas mehr als 60 dB(A) und dies bei einer groumlsseren

Anzahl von Laumlrmereignissen in enormer zeitlicher Dichte Dies bedeute

dass die morgendlichen Landeanfluumlge bei deutlich uumlber 60 der Anwoh-

ner in Gockhausen zu spontanen Aufwachreaktionen fuumlhrten was nicht

nur belaumlstigend sei sondern auch gesundheitsschaumldlich sein koumlnne

Die auf die fruumlhen Morgenstunden fallende Zusatzbelastung sei als

uumlbermaumlssig zu qualifizieren da sich mehr als 25 bzw an den Wochen-

enden ca 50 der Anwohner durch die landenden Flugzeuge im Schlaf

stark gestoumlrt fuumlhlten Eine regelmaumlssige fruumlhmorgendliche Fluglaumlrmbelas-

tung die bei einer grossen Anzahl der Betroffenen zu Aufwachreaktionen

fuumlhre erfuumllle das Kriterium der Spezialitaumlt ungeachtet des Erreichens der

Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 zur Laumlrmschutzverordnung vom

15 Dezember 1986 (LSV SR 81441) Um solche Aufwachreaktionen zu

vermeiden sei eine Gleichsetzung mit den Immissionsgrenzwerten (IGW)

der letzten Nachtstunde erforderlich Die Enteigneten untermauern ihre

Aussagen mit diversen Werken aus der Laumlrmforschung wonach bereits

maximale Laumlrmpegel von 48 bzw 45 43 und 42 dB(A) am Ohr einer

schlafenden Person zu Aufwachreaktionen fuumlhren koumlnnten Auch unter-

halb der Aufwachschwelle seien durch den Fluglaumlrm verursachte erhebli-

che Stoumlrungen der Schlafstruktur einschliesslich vegetativer Reaktionen

zu verzeichnen die sich langfristig negativ auf den Gesundheitszustand

auswirkten Die Zahlen der EMPA wuumlrden keine Berechnungen der Spit-

zenpegel darstellen sondern einen Dauerschallpegel (Ein-Stunden-Leq)

betreffen weshalb sie eigene Messungen in Auftrag gegeben haumltten wel-

che die Vorinstanz jedoch nicht beruumlcksichtigt habe Daraus dass die

verkehrs- und volkswirtschaftlichen Interessen im Verfahren zum vorlaumlufi-

gen Betriebsreglement (vBR) als uumlberwiegend eingestuft worden seien

und die Suumldanfluumlge deshalb ab 600 Uhr praktiziert werden duumlrften koumln-

ne nicht geschlossen werden dass ab diesem Zeitpunkt kein schutzwuumlr-

diges Interesse der Anwohner an einer ungestoumlrten Nachtruhe bestehe

Mit Bezug auf die Abhandlung der Spezialitaumlt bzw die Beantwortung der

Frage ob die durch die Suumldanfluumlge verursachte Laumlrmbelastung uumlblich

und zumutbar sei komme der Aufteilung in Tag- und Nachtstunden ge-

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maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

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des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 30

maumlss LSV keine Bedeutung zu So werde denn auch nicht die Schaffung

einer zusaumltzlichen Nachtstunde beantragt

723 Die Enteignerin stellt sich auf den Standpunkt die morgendlichen

Suumldanfluumlge seien gesamthaft betrachtet nicht geeignet das Kriterium der

Uumlbermaumlssigkeit bzw Unzumutbarkeit der Laumlrmeinwirkungen zu begruumln-

den Daran aumlndere auch das bundesgerichtliche Urteil zum vBR nichts

da die sich dort stellende Frage losgeloumlst von der enteignungsrechtlichen

Problematik zu beurteilen gewesen sei und es sich bei der Aussage des

Bundesgerichts die von Suumldanfluumlgen betroffene Bevoumllkerung sei uumlber-

maumlssigem Laumlrm ausgesetzt um eine reine Annahme handle Im Uumlbrigen

sei die Ausgestaltung von Schallschutzmassnahmen noch ungeklaumlrt

Auch die Suumldanfluumlge erfolgten verteilt weshalb es sich rechtfertige fuumlr

die Beurteilung der Spezialitaumlt wie bis anhin auf die IGW gemaumlss 16-

Stunden-Leq abzustellen Ein morgendlicher Ein-Stunden-Leq sei gesetz-

lich nicht vorgesehen Allfaumlllige Aufwachreaktionen koumlnnten fuumlr sich allei-

ne nicht relevant sein sofern sie denn uumlberhaupt fuumlr einen groumlsseren Teil

der Bevoumllkerung erstellt waumlren was gestuumltzt auf die massgeblichen EM-

PA-Messdaten nicht der Fall sei Die von den Enteigneten ins Recht ge-

legten Laumlrmmessungen seien als reine Parteigutachten nicht ausschlag-

gebend Zudem seien Fluglaumlrmimmissionen gemaumlss Art 38 Abs 2 LSV

grundsaumltzlich zu berechnen und nicht zu messen Allfaumllligen Aufwachre-

aktionen sei in erster Linie durch Schallschutzmassnahmen und nicht mit-

tels Geldzahlungen zu begegnen Die Zusprechung von Schallschutz-

massnahmen wegen nachgewiesener Aufwachreaktionen duumlrfe nicht be-

reits im heutigen Zeitpunkt zur Bejahung der enteignungsrechtlichen

Spezialitaumlt fuumlhren Vielmehr seien abgestuumltzt auf Abklaumlrungen von Laumlrm-

experten allenfalls neue Belastungsgrenzwerte festzulegen

724 Die Voraussetzung der Spezialitaumlt ist nach staumlndiger Praxis insbe-

sondere dann erfuumlllt wenn die Laumlrmimmissionen eine Intensitaumlt errei-

chen die das Mass des Uumlblichen und Zumutbaren uumlbersteigt (vgl statt

vieler BGE 121 II 317 E 8) Dies ist gemaumlss Rechtsprechung regelmaumls-

sig anzunehmen wenn die in der eidgenoumlssischen Umweltschutzgesetz-

gebung festgelegten IGW uumlberschritten sind (vgl BGE 134 II 164 E 7 mit

Hinweisen und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-52622012 vom

21 August 2013 E 61 und 6221 in fine in casu vgl jedoch hinten

E 727)

Fuumlr die Beurteilung der schaumldlichen oder laumlstigen Einwirkungen legt der

Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest (Art 13 Abs 1

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 31

des Umweltschutzgesetzes vom 7 Oktober 1983 [USG SR 81401]) Er

beruumlcksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personen-

gruppen mit erhoumlhter Empfindlichkeit wie Kinder Kranke Betagte und

Schwangere (Art 13 Abs 2 USG) Die IGW fuumlr Laumlrm sind so festzulegen

dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen

unterhalb dieser Werte die Bevoumllkerung in ihrem Wohlbefinden nicht er-

heblich stoumlren (Art 15 USG) Die IGW sind unabhaumlngig von der techni-

schen Realisierbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit derart zu bestim-

men dass ein ausreichender Schutz des Menschen und seiner Umwelt

gewaumlhrleistet wird (Botschaft des Bundesrats vom 31 Oktober 1979 zum

USG BBl 1979 III 793 zu Art 11) In der geltenden Fassung sieht Anhang

5 zur LSV iVm Art 40 Abs 1 LSV folgende IGW fuumlr die ES II gemaumlss

Art 43 Abs 1 Bst b LSV dh die Wohnzone und Zone fuumlr oumlffentliche

Bauten und Anlagen vor Tagsuumlber (600 Uhr bis 2200 Uhr) einen uumlber

16 Stunden gemittelten Leq-Wert von 60 dB(A) fuumlr die Nachtstunden

(2200 bis 2300 Uhr 2300 bis 2400 Uhr und 500 bis 600 Uhr) einen

Leq-Wert uumlber jeweils eine Stunde von 55 bzw 50 dB(A) Die IGW fuumlr die

ES III wozu Wohn- und Gewerbezonen (Mischzonen) sowie Landwirt-

schaftszonen gemaumlss Art 43 Abs 1 Bst c LSV gehoumlren betragen tags-

uumlber 65 dB(A) und nachts 55 dB(A)

725 Das Entschaumldigungskriterium der Spezialitaumlt laumlsst sich damit recht-

fertigen dass Art 26 Abs 2 BV eine Eigentumsbeschraumlnkung voraus-

setzt die einer Enteignung gleichkommt so dass von einer gewissen In-

tensitaumlt des Eigentumseingriffs auszugehen ist Ein Grossteil der Lehre

haumllt die Voraussetzung der Spezialitaumlt fuumlr erfuumlllt wenn sich mit grosser

Wahrscheinlichkeit mehr als 25 der betroffenen Bevoumllkerung durch die

Immissionen stark gestoumlrt fuumlhlen (vgl PLUumlSS aaO Diss S 251 mit

Hinweisen) Zu Kritik in der Lehre Anlass geben die heute in den Anhaumln-

gen 3-5 der LSV festgesetzten IGW fuumlr Verkehrslaumlrm die fuumlr die Beurtei-

lung der Spezialitaumlt massgebend sind Nach Art 15 USG sollten die IGW

wie erwaumlhnt die Limite markieren ab welcher der Laumlrm bei der Bevoumllke-

rung zu erheblichen Stoumlrungen im Wohlbefinden fuumlhrt Laut dem Laumlrmbe-

kaumlmpfungsbericht des Bundesrates aus dem Jahr 2005 entsprechen je-

doch die aktuell guumlltigen Laumlrmgrenzwerte nur noch teilweise den heutigen

Anspruumlchen der Bevoumllkerung an die Gesundheit und Lebensqualitaumlt (Be-

richt des Bundesrates uumlber Stand und Perspektiven der Laumlrmbekaumlmpfung

in der Schweiz vom 26 Oktober 2005 BBl 2005 6589 6592) Zu hinter-

fragen seien insbesondere die fuumlr den Laumlrm von zivilen Flugplaumltzen fest-

gelegten Belastungsgrenzwerte die waumlhrend des Tages uumlber ein 16-

Stunden-Intervall gemittelt werden In der Nacht dauern die Laumlrmmitte-

A-48362012

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lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 32

lungsintervalle nur jeweils eine Stunde (vgl Anhang 5 zur LSV Ziff 22

und vorangehende E 725) Die 16-stuumlndige Laumlrmmittelung sei deshalb

problematisch weil beim Luftverkehr im Unterschied zum Landverkehr

die Verkehrswege kurzfristig geaumlndert werden koumlnnen indem fuumlr die An-

und Abfluumlge mehrere in verschiedene Himmelsrichtungen ausgerichtete

Start- und Landepisten verwendet werden Eine Verteilung des Laumlrms auf

verschiedene Uumlberfluggebiete ist fuumlr die Flughaumlfen insofern attraktiv als

sie zu einer Verminderung der Flaumlche fuumlhrt die ndash uumlber 16 Stunden gemit-

telt ndash von uumlbermaumlssigem Laumlrm betroffen ist So kommt es in den Regio-

nen mit Suumldanfluumlgen auf den Flughafen Zuumlrich kaum zu Uumlberschreitun-

gen der IGW Da die Anfluumlge nur waumlhrend Tagesrandstunden erfolgen

erweist sich der uumlber 16 Stunden gemittelte Laumlrm in der Regel nicht als

uumlbermaumlssig Laute Einzelschallereignisse wie sie im Bereich des Flug-

laumlrms charakteristisch und zu Tagesrandstunden besonders stoumlrend sind

bzw Aufwachreaktionen bewirken bleiben bei der Mittelung der Laumlrmwer-

te unberuumlcksichtigt In der Lehre wird daher verlangt die Dauer und Haumlu-

figkeit der Schallereignisse sowie die Spitzenpegel vermehrt zu beachten

sowie zu laumlrmsensiblen Tagesrandstunden kuumlrzere energieaumlquivalente

Dauerschallpegel (Leq) einzufuumlhren (zB ein Ein-Stunden-Leq von 600

Uhr bis 700 Uhr oder ein Drei-Stunden-Leq an Wochenenden von 600

Uhr bis 900 Uhr) Ab einer gewissen Intensitaumlt haumlufiger Spitzenpegel sei

die Uumlbermaumlssigkeit der Laumlrmimmissionen zu Tagesrandstunden unab-

haumlngig vom Mittelungspegel zu bejahen Betreffend Nachtlaumlrm wird die

Erfassung eines Maximalpegels gefordert um die Wahrscheinlichkeit von

Aufwachreaktionen beurteilen zu koumlnnen Der Anreiz zur Verteilung des

Fluglaumlrms stehe im Uumlbrigen im Widerspruch zum umwelt- und raumpla-

nungsrechtlichen Grundsatz dass Immissionen auf moumlglichst kleinem

Raum mit moumlglichst geringer Besiedlungsdichte zu konzentrieren sind

Teilweise wird mit Bezug auf die Suumldanfluumlge gefordert die Voraussetzung

der Spezialitaumlt bereits bei Uumlberschreitung der Planungswerte zu bejahen

da der Betrieb mit der Oumlffnung des Suumldens neu geordnet worden sei und

somit als Errichtung einer ortsfesten Anlage zu gelten habe (vgl zum

Ganzen PLUumlSS aaO ZBl S 549 mit Hinweisen und PLUumlSS aaO

Diss S 172 und S 251 mit Hinweisen GFELLER aaO S 62 f mit Hin-

weisen sowie Laumlrmstudie 2000 S 47 f und 50)

726 Vorliegend stellt sich die Frage ob die in Anhang 5 zur LSV festge-

legten IGW bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge mit Art 15 USG

(noch) vereinbar sind bzw ist im Rahmen der Beurteilung der Spezialitaumlt

der Fluglaumlrmimmissionen die Anwendung der geltenden IGW gemaumlss

Anhang 5 LSV im Zusammenhang mit den Suumldanfluumlgen zu pruumlfen

A-48362012

Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

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Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

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offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

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Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

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Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

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Seite 33

7261 Das Bundesgericht hat zwar im Jahr 2000 bestaumltigt dass die in

der LSV statuierten IGW fuumlr zivile Flugplaumltze nach aktuellen wissen-

schaftlichen Erkenntnissen im richtigen Bereich laumlgen Es sprach aber

auch von einer Tendenz zur Wahl zunehmend niedrigerer Grenzwerte

und erwaumlhnte Studien welche empfehlen zusaumltzlich zum Mittelungspe-

gel auch das Kriterium des Maximalpegels zu beachten (BGE 126 II 522

E 45 mit Hinweisen)

7262 Relevant fuumlr das vorliegende Verfahren ist vor allem das bundes-

gerichtliche Urteil zum vBR des Flughafens Zuumlrich In jenem Verfahren

hat das Bundesgericht auf den ergaumlnzenden Fachbericht der Eidgenoumlssi-

schen Kommission fuumlr Laumlrmbekaumlmpfung EKLB hingewiesen worin unter

Berufung auf zahlreiche wissenschaftliche Hinweise der Verdacht geaumlus-

sert wurde dass die IGW fuumlr Laumlrm in ihrer heutigen Form und Houmlhe den

Schutz der Bevoumllkerung vor laumlstigem und schaumldlichem Laumlrm nicht mehr

ausreichend sicherstellen koumlnnten Die EKLB empfahl daher dem Bun-

desamt fuumlr Umwelt BAFU die empirischen Grundlagen zur Laumlrmwirkung

auf die Schweizer Bevoumllkerung zu aktualisieren und gestuumltzt darauf die

IGW einer Uumlberpruumlfung zu unterziehen sowie anschliessend gegebenen-

falls dem Eidgenoumlssischen Departement fuumlr Umwelt Verkehr Energie

und Komminkation UVEK Empfehlungen fuumlr deren Neufestsetzung zu un-

terbreiten (BGE 137 II 58 E 532) In Uumlbereinstimmung mit der in voran-

gehender Erwaumlgung 725 zitierten Lehre stellten sich die Staumldte Zuumlrich

und Winterthur sowie die Gemeinde Bassersdorf und Mitbeteiligte auf den

Standpunkt der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq werde der geballten

Fluglaumlrmbelastung zu den Tagesrandstunden nicht gerecht Damit werde

die Betroffenheit der Bevoumllkerung chronisch unterbewertet (BGE 137 II 58

E 533) Im selben Sinn hat der Zuumlrcher Regierungsrat im Jahr 2004 be-

tont dass die Bevoumllkerung in den neuen Anflugrouten des Flughafens Zuuml-

rich teilweise als uumlbermaumlssig empfundenen Laumlrmimmissionen ausgesetzt

sei obwohl die IGW gemaumlss LSV nicht uumlberschritten wuumlrden (Regie-

rungsrat des Kantons Zuumlrich Flughafenpolitik des Kantons Zuumlrich Be-

schluss vom 15 September 2004 [RRB Nr 14072004] S 5)

Das Bundesgericht zitiert weiter die Schlussfolgerungen der Laumlrmstudie

2000 wonach der Fluglaumlrm am Morgen belaumlstigender wirke und zu mehr

selbstberichteten erinnerten Aufwachreaktionen fuumlhre als Fluglaumlrm am

Abend Die Auswertungen der physiologischen Daten lege nahe dass

der Schlaf zwischen 0530 und 0700 Uhr morgens bei Personen mit ei-

nem normalen Schlaf-Wach-Rhythmus speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen

durch Flugzeuggeraumlusche Der Vergleich des Einflusses von Pegel und

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Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

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an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 34

Haumlufigkeit zeige dass am Morgen die Erhoumlhung des Pegels von 50 auf

60 dB(A) einen staumlrkeren Einfluss auf die Belaumlstigung gehabt habe als die

Erhoumlhung der Anzahl von 8 auf 16 Uumlberfluumlge Ausserdem verursachten

Geraumlusche von landenden Flugzeugen (wie sie direkt unter der Anflug-

schneise wahrgenommen werden) bei gleichem Maximalpegel staumlrkere

physiologische Reaktionen als Geraumlusche von startenden Maschinen de-

ren Schallabstrahlung zwar sehr gross ist deren Schallleistung sich aber

durch den raschen Steigflug schneller auf eine groumlssere Bodenflaumlche ver-

teilt und deshalb einen regelmaumlssigeren Pegelverlauf ergibt Die Autoren

der Studie vermuten daher dass Personen die dem Laumlrm von landenden

Flugzeugen direkt unterhalb der Anflugschneise ausgesetzt sind eine

besonders kritische Gruppe von Immissionsempfaumlngern darstellen da die

im Anflug sehr tief fliegenden Flugzeuge eine zwar kurz dauernde dafuumlr

aber steilflankige hochpegelige Laumlrmimmission verursachen (Laumlrmstudie

2000 S 155 ff 160 f BGE 137 II 58 E 534)

Die geltenden Fluglaumlrm-Grenzwerte gemaumlss Anhang 5 LSV beruhen auf

dem Bericht der Kommission fuumlr die Beurteilung von Laumlrmimmissions-

grenzwerten Belastungsgrenzwerte fuumlr den Laumlrm von Landesflughaumlfen

aus dem Jahre 1997 Als richtungsweisend fuumlr die Grenzwertfestsetzung

erachtete die Kommission damals wissenschaftliche Untersuchungen

nach welchen die kritische Aufwachschwelle bei 60 dB(A) am Ohr der

schlafenden Person liege Mit zunehmender Houmlhe und Haumlufigkeit dieser

Schwelle wachse die Zahl der Personen die durch solche Ereignisse

aufgeweckt wuumlrden Da die Begrenzung eines maximalen Spitzenpegels

in der Praxis kaum kontrollierbar sei wurde die Einfuumlhrung eines Ein-

Stunden-Leq vorgeschlagen Durch die Verkuumlrzung der Bezugszeit auf

eine Stunde werde erreicht dass der Spitzenpegel in ausreichendem

Ausmass beruumlcksichtigt werde und zugleich die stuumlndliche Laumlrmdosis be-

grenzt bleibe Die vom Bundesrat am 12 April 2000 festgelegten vom

Kommissionsentwurf abweichenden houmlheren Grenzwerte fuumlr Fluglaumlrm

wurden vom Bundesgericht fuumlr gesetzeswidrig erklaumlrt (BGE 126 II 522

E 41 ff) Schon damals aumlusserte das Bundesgericht Zweifel ob die

Stoumlrwirkung des Fluglaumlrms allein mit dem energieaumlquivalenten Dauer-

schallpegel Leq erfasst werden koumlnne (BGE 126 II 522 E 45abb) Die

aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils korrigierte heutige Fassung von

Anhang 5 LSV sieht die Beurteilung mittels Ein-Stunden-Leq nur fuumlr die

Nacht dh fuumlr die Zeit zwischen 2200 und 0600 Uhr vor und schuumltzt

damit nicht vor Aufwachreaktionen in der Zeit vor 2200 Uhr (insbesonde-

re bei Kindern) und nach 0600 Uhr In der ersten Morgenstunde (0600

bis 0700 Uhr) ist die Mehrheit der Bevoumllkerung noch nicht aufgestanden

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

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werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

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Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

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Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

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Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 35

an Wochenenden und Feiertagen liegt dieser Anteil noch houmlher Die Re-

sultate der Laumlrmstudie legten nahe dass der Schlaf in den fruumlhen Mor-

genstunden speziell anfaumlllig sei fuumlr Stoumlrungen durch Fluglaumlrm Zwar kor-

respondiere der uumlber 16 Stunden gemittelte Leq im Allgemeinen gut mit

der Wahrscheinlichkeit einer starken Stoumlrung Sofern sich der Fluglaumlrm

jedoch auf eine kurze Zeitspanne zu einer besonders sensiblen Tageszeit

konzentriere schlage sich dies im 16-Stunden-Leq nicht nieder obwohl

der Laumlrm laumlstig und ndash insbesondere bei Aufwachreaktionen ndash sogar

schaumldlich sein koumlnne Dies sei namentlich bei den Suumldanfluumlgen auf Piste

34 der Fall welche fast ausschliesslich zu den morgendlichen DVO-

Sperrzeiten erfolgten (von 0600 bis 0700 Uhr werktags und 0600 bis

0900 Uhr an Wochenenden und Feiertagen) Insofern erscheinen die gel-

tenden Grenzwerte gemaumlss Bundesgericht ergaumlnzungsbeduumlrftig Es sei

davon auszugehen dass insbesondere Personen die unter der Anflug-

schneise von Piste 34 und Piste 28 wohnen durch fruumlhmorgendlichen

bzw abendlichen Fluglaumlrm in ihrem Wohlbefinden zum Teil erheblich ge-

stoumlrt wuumlrden selbst wenn der 16-Stunden-Leq die nach Anhang 5 LSV

massgeblichen IGW fuumlr die Tageszeit nicht uumlberschreite Immerhin fuumlhr-

ten die abendlichen Ostanfluumlge zu weitraumlumigen IGW-Uumlberschreitungen

waumlhrend der ersten Nachtstunde und wuumlrden insoweit in der umhuumlllenden

Grenzwertkurve (Tag und Nacht) beruumlcksichtigt Dagegen sei dies fuumlr die

fruumlhmorgendlichen Suumldanfluumlge nicht der Fall Der Anteil der durch Flug-

laumlrm gestoumlrten Bevoumllkerung sei daher vor allem im Suumlden des Flugha-

fens groumlsser als dies im Umweltvertraumlglichkeitsbericht Fachbericht Flug-

laumlrm und den ergaumlnzenden EMPA-Berichten zum Ausdruck komme (vgl

zum Ganzen BGE 137 II 58 E 535 mit Hinweisen und betreffend Schall-

schutzmassnahmen im Bereich der Ostanfluumlge BGE 136 II 263 E 84 mit

Hinweisen)

In der Folge haumllt das Bundesgericht fest dass auch die Schallschutzauf-

lage des vBR zum Schutz vor Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch

Suumldanfluumlge ergaumlnzungsbeduumlrftig erscheine weil die Anwohner eben

durch den geltenden 16-Stunden-Leq ungenuumlgend vor Aufwachreaktio-

nen geschuumltzt wuumlrden Die Bevoumllkerung duumlrfe nicht auf laumlngere Dauer

uumlbermaumlssigem und schaumldlichem Laumlrm ausgesetzt werden ohne in den

Genuss von Schallschutzmassnahmen zu gelangen Es erscheine daher

geboten den Anwohnern im Suumlden des Flughafens die vom morgendli-

chen Anflugverkehr geweckt wuumlrden noch unter der Geltung des vBR ei-

nen Anspruch auf passiven Laumlrmschutz einzuraumlumen sofern sich keine

erhebliche Aumlnderung des Flugkonzepts abzeichne zB eine Einigung mit

Deutschland zustande komme oder der gekroumlpfte Nordanflug realisierbar

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

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der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

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gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

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Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 36

werde Zwar erscheine es naheliegend in Anlehnung an Ziff 22 Anhang 5

LSV passive Schallschutzmassnahmen an die Uumlberschreitung eines Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde zu knuumlpfen Denkbar seien aber

auch andere Kriterien wie zB Maximalpegel Weiter bestehe die Moumlg-

lichkeit den gebotenen passiven Schallschutz wirkungsbezogen zu defi-

nieren anhand des Schutzziels Aufwachreaktionen am fruumlhen Morgen zu

verhindern Ein solcher Ansatz sei im Planfeststellungsbeschluss fuumlr die

Erweiterung des Flughafens LeipzigHalle gewaumlhlt worden Es sei Sache

der Flughafen Zuumlrich AG ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten

Dessen Grundzuumlge seien als Ergaumlnzung des vBR bzw der Genehmi-

gungsverfuumlgung vom 29 Maumlrz 2005 vom BAZL zu genehmigen bzw zu

verfuumlgen (BGE 137 II 58 E 74 mit Hinweisen)

727 Das Bundesgericht hat die Gesetzeskonformitaumlt der geltenden

Grenzwerte gemaumlss LSV bezuumlglich der morgendlichen Suumldanfluumlge in

Uumlbereinstimmung mit kritischen Stimmen aus der Lehre verneint weshalb

diese Werte fuumlr die Beurteilung der Spezialitaumlt vorliegend nicht als taugli-

che Richtlinien herangezogen werden koumlnnen

7271 Gemaumlss Ausfuumlhrungen der Fachbehoumlrden im vorgenannten bun-

desgerichtlichen Verfahren steht noch nicht fest wie die Grenzwerte fuumlr

Fluglaumlrm nach Anhang 5 LSV ergaumlnzt oder geaumlndert werden muumlssen um

den Anforderungen von Art 13 ff USG gerecht zu werden Hierfuumlr sind

offenbar weitere Untersuchungen noumltig Es lasse sich insbesondere noch

nicht absehen ob weitere Ein-Stunden-Leq einzufuumlhren oder ob andere

Belastungsmasse vorzuziehen seien Denkbar sei auch dass neben oder

anstelle von physikalischen Belastungsgroumlssen wirkungsbezogene Laumlrm-

indizes nach dem Vorbild des Zuumlrcher Fluglaumlrmindexes zur Anwendung

kaumlmen Das Bundesgericht hat festgehalten es sei Sache der Fachbe-

houmlrden des Bundes die notwendigen Abklaumlrungen zu veranlassen und

dem Bundesrat einen Vorschlag fuumlr die Anpassung bzw Ergaumlnzung der

LSV zu unterbreiten (BGE 137 II 58 E 535)

Zum Zeitpunkt der Faumlllung dieses Entscheids ist nicht absehbar ob und

falls ja wann die revidierten Verordnungsbestimmungen in Kraft treten

werden bzw inwiefern die LSV ergaumlnzt wird

7272 Es stellt sich daher die Frage nach anderen geeigneten Kriterien

die den bundesgerichtlichen Vorgaben bzw dem Schutzziel von Art 15

USG und konkret dem Ziel schaumldliche Aufwachreaktionen vor allem in

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

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fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 37

der ersten Morgenstunde zu vermindern bzw zu vermeiden versuchen

genuumlgend Rechnung tragen

Der Schlussfolgerung der Vorinstanz mangels Alternativen von den noch

geltenden IGW auszugehen kann angesichts der soeben zitierten bun-

desgerichtlichen Rechtsprechung nicht gefolgt werden Zwar hat sie im

angefochtenen Entscheid nicht unbesehen auf den geltenden 16-

Stunden-Leq abgestellt sondern sich mit den Werten gemaumlss Ein-

Stunden-Leq fuumlr die erste Morgenstunde sowie mit den von der EMPA be-

rechneten Pegelwerten auseinandergesetzt um der Haumlufung von Lan-

dungen von Grossraumflugzeugen waumlhrend der ersten Morgenstunde

Rechnung zu tragen Jedoch hat die Vorinstanz in der Folge ua auf die

subjektiven Eindruumlcke der Kommissionsmitglieder anlaumlsslich der Augen-

scheine abgestellt welche den Laumlrm (im Wachzustand) als durchaus

wahrnehmbar aber insgesamt als gering eingestuft haben Die Augen-

scheine vermoumlgen wohl einen Gesamteindruck der Uumlberflugsituation zu

vermitteln (vgl dazu vorne E 653) in Bezug auf die Spezialitaumlt der

Laumlrmimmission koumlnnen sie aber kein zuverlaumlssiges Ergebnis liefern

Vielmehr ist im Licht der vorgenannten bundesgerichtlichen Recht-

sprechung von Bedeutung ob der morgendliche Fluglaumlrm ndash wie von den

Betroffenen geltend gemacht ndash nachweislich zu Aufwachreaktionen oder

anderen laumlstigen oder schaumldlichen Einwirkungen fuumlhrt Im speziellen Fall

der morgendlichen Suumldanfluumlge schlaumlft ein Grossteil der Bevoumllkerung waumlh-

rend der ersten Morgenstunde noch und ist daher besonders laumlrmanfaumlllig

(vgl vorne E 7262) was im Rahmen der vorinstanzlichen Beurteilung

der Spitzenpegel und des Ein-Stunden-Leq ungenuumlgend beruumlcksichtigt

wurde Laumlrmmessungen (als Ergaumlnzung zu den berechneten Laumlrmwerten

bzw zu deren Verifizierung) hat die Vorinstanz bei den einzelnen betrof-

fenen Pilotliegenschaften keine vorgenommen Ebenso wenig wurden die

von den Enteigneten in Auftrag gegebenen Messungen beruumlcksichtigt

Die Vorinstanz haumllt fest dass die von der EMPA berechneten Werte fuumlr

die Jahre 2004 und 2006 von mehrheitlich 608 dB(A) in den Folgejahren

bei allen Liegenschaften gesunken seien und der Ein-Stunden-Leq auch

bei den am meisten vom Fluglaumlrm betroffenen Liegenschaften nur noch

wenig uumlber 60 dB(A) und damit nur knapp uumlber dem IGW des ganzen Ta-

ges (Leq16) nach Anhang 5 LSV liege Die Landeanfluumlge wuumlrden in der

Regel nach 640 Uhr deutlich abnehmen so dass nach diesem Zeitpunkt

nur noch vereinzelte Landungen zu verzeichnen seien Die Zeitspanne

des Fluglaumlrms verkuumlrze sich so auf ca 40 min so dass auch der Ein-

Stunden-Leq der Situation nicht vollstaumlndig gerecht werde und den Spit-

zenpegeln vermehrt Gewicht zukomme Sehe man von den glaubhaft

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

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Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

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Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

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Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

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Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

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Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 38

gemachten Aufwachreaktionen ab erscheine die kurze morgendliche

Laumlrmbelastung waumlhrend maximal einer Stunde von 71 bis 75 dB(A) bei

offenem bzw von 56 bis 60 dB(A) bei gekipptem Fenster ndash auch wenn sie

nicht unerheblich sei ndash grundsaumltzlich nicht als uumlbermaumlssig oder unzumut-

bar Allfaumlllige Aufwachreaktionen bei offenem oder gekipptem Fenster

koumlnnten zwar sehr belaumlstigend sein wuumlrden aber gesamthaft betrachtet

nicht ausreichen die Spezialitaumlt zu bejahen Zudem sei anzunehmen

dass eine vergleichsweise sensible schlafende Person bei offenem Fens-

ter um 630 Uhr regelmaumlssig durch anderweitigen Laumlrm (zB Strassen-

laumlrm) geweckt werde

Dieser vorinstanzlichen Auffassung kann unter Hinweis auf die bundesge-

richtliche Rechtsprechung und Lehre wonach die betroffenen Anwohner

momentan im Bereich in der Suumldanflugschneise ungenuumlgend vor schaumldli-

chen Aufwachreaktionen geschuumltzt sind nicht beigepflichtet werden Die

morgendlichen Suumldanfluumlge fuumlhren zu einer besonders einschneidenden

Laumlrmbelastung da sie zu Tagesrandzeiten stattfinden in welchen die Be-

troffenen in der Regel zu Hause und teilweise noch schlafend sind

Anstelle der vorliegend keine Anwendung findenden Grenzwerte gemaumlss

geltender LSV koumlnnte auf die Kriterien der deutschen Fluglaumlrmgesetz-

gebung abgestellt werden oder wie vom Bundesgericht erwaumlhnt ein Ein-

Stunden-Leq oder Spitzenpegel zur Beurteilung der Spezialitaumlt herange-

zogen werden In Ermangelung konkreter geeigneter Methoden koumlnnte

sich aber auch die Festlegung eines bezuumlglich Laumlrmschutz adaumlquaten

Perimeters innerhalb dessen die uumlbermaumlssige Betroffenheit zu bejahen

ist anbieten Zwischenzeitlich hat die Enteignerin dem BAZL das Schall-

schutzkonzept Suumld vorgelegt welches mit Verfuumlgung vom 29 November

2013 unter Auflagen genehmigt wurde Gegen diese Verfuumlgung wurden

diverse Beschwerden erhoben das ergaumlnzende Schallschutzkonzept bil-

det demnach Gegenstand haumlngiger Verfahren vor Bundesverwaltungsge-

richt (A-3912014 und damit vereinigt A-4032014) Auf den darin festge-

legten Perimeter kann deshalb schon mangels Rechtskraft des Konzepts

nicht zuruumlckgegriffen werden so dass sich die Pruumlfung seiner Geeignet-

heit zur Beurteilung der Spezialitaumlt im vorliegenden Verfahren eruumlbrigt

73 Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichts sein diesbe-

zuumlglich umfangreiche Abklaumlrungen im Rahmen des vorliegenden Verfah-

rens zu treffen und die allenfalls notwendigen Fachberichte einzuholen

Die Beschwerden sind daher in diesem Punkt gutzuheissen Dispositiv-

Ziffer 1 ist in Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6 aufzuheben und das Ver-

A-48362012

Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

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Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

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Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

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Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

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Seite 39

fahren an die Vorinstanz zur Uumlberpruumlfung welche Enteigneten unter Be-

ruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung und

wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungsforschung Anspruch

auf Schallschutzmassnahmen haben bzw uumlbermaumlssig betroffen sind zu-

ruumlckzuweisen Im Rahmen der Ruumlckweisung wird die Vorinstanz auch die

uumlbrigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben Betreffend die

Vorhersehbarkeit wird also auch auf die Situation der Enteigneten 2 und 5

einzugehen sein (vgl vorne E 714) Das dritte Kriterium des schweren

Schadens infolge der uumlbermaumlssigen Verkehrsimmissionen ist somit vor-

liegend nicht mehr zu pruumlfen sondern es wird wie gesagt Aufgabe der

Vorinstanz sein sich damit im Rahmen ihres neuen Entscheids vertieft zu

befassen

8

Die Enteigneten 3 bis 6 beantragen den Einbau von Schallschutzfenstern

bzw die Ruumlckerstattung der Kosten fuumlr bereits vorgenommene Schall-

schutzvorkehren

81

811 Ihr Anliegen begruumlnden die Enteigneten 3 bis 6 wie folgt Aufgrund

der konstanten Praxis betreffend die Anrechnung von Schallschutzmass-

nahmen auf die Enteignungsentschaumldigung sei davon auszugehen dass

diese Realleistungen Teil der Enteignungsentschaumldigung bildeten und

somit in den entsprechenden Verfahren durchgesetzt werden koumlnnten

sofern gleichzeitig eine daruumlber hinausgehende Entschaumldigung verlangt

werde Werde der Minderwert wegen direktem Uumlberflug und oder uumlber-

maumlssiger Laumlrmeinwirkung entschaumldigt so seien die von der Enteignerin

zu ergreifenden Schallschutzmassnahmen an die Entschaumldigung anzu-

rechnen Auch falls wider Erwarten keine Enteignungsentschaumldigung zu-

gesprochen werden sollte seien die Massnahmen bzw deren Entschaumldi-

gung entsprechend dem Schutzkonzept Suumld geschuldet Die Enteigneten

3 bis 6 verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wonach

die zustaumlndigen Behoumlrden zu einer einzelfallbezogenen Betrachtung ver-

pflichtet werden Daraus lasse sich ableiten dass die notwendigen Mass-

nahmen zum Schutz vor Fluglaumlrm nicht nur im Plangenehmigungsverfah-

ren angeordnet werden koumlnnten sondern auch im enteignungsrechtlichen

Verfahren Indem die Vorinstanz keine Schallschutzmassnahmen ange-

ordnet und sie faktisch auf ein laufendes Verfahren verwiesen habe habe

sie eine Rechtsverweigerung begangen

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

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Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

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Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 40

812 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt fuumlr die Anordnung

von Schallschutzmassnahmen bestehe im vorliegenden Verfahren schon

deshalb keine Handhabe weil die Voraussetzungen fuumlr eine enteignungs-

rechtliche Entschaumldigung nicht gegeben seien Zudem habe das Bundes-

gericht mit Entscheid vom 22 Dezember 2010 bereits verbindlich Schall-

schutzmassnahmen angeordnet und gestuumltzt darauf sei von der Enteig-

nerin ein Schallschutzkonzept erarbeitet worden welches zurzeit Ge-

genstand laufender umweltschutzrechtlicher Verfahren bilde in welchen

die Enteigneten ihre diesbezuumlglichen Standpunkte einbringen koumlnnten

813 Die Enteignerin schliesst sich der vorinstanzlichen Ansicht an und

erklaumlrt das Bundesgericht habe die Anordnung von Schallschutzmass-

nahmen immer nur gestuumltzt auf das Umweltschutzrecht in Erwaumlgung ge-

zogen

82 Es ist daher kurz auf das Verhaumlltnis zwischen dem Umweltschutz-

und Enteignungsrecht allgemein und konkret im Kontext der Schall-

schutzmassnahmen gemaumlss Schallschutzkonzept vBR einzugehen

821 Die enteignungsrechtliche Entschaumldigung ist gemaumlss Art 17 EntG

in Geld zu entrichten wenn Gesetz oder Abrede nichts anderes bestim-

men Nach Art 18 EntG kann an Stelle der Geldleistung aber ganz oder

teilweise eine Sachleistung treten Gemaumlss Absatz 2 dieser Bestimmung

duumlrfen Sachleistungen ohne Zustimmung des Enteigneten jedoch nur

stattfinden wenn seine Interessen ausreichend gewahrt werden

822 In BGE 119 Ib 348 wies das Bundesgericht unter anderem auf die

Regelung von Art 7 Abs 3 EntG hin die den Enteigner zu Schutzvorkeh-

ren anhaumllt Es kam zum Schluss der Enteignungsrichter habe nicht nur

die Moumlglichkeit sondern die Pflicht Sachleistungen im Sinn von Art 18

EntG anzuordnen wenn dadurch der vom Enteigneten erlittene Schaden

mindestens teilweise wiedergutgemacht werde und gleichzeitig wirksam

das Wohlbefinden der Bewohner des dem Laumlrm ausgesetzten Gebaumludes

geschuumltzt werden koumlnne (vgl BGE 119 Ib 348 E 6c [vgl Pra 1994

Nr 108] vgl auch BGE 130 II 394 E 82) Das Bundesgericht ordnete

daher im Rahmen verschiedener Enteignungsverfahren gestuumltzt auf

Art 18 EntG bauliche Schallschutzmassnahmen an

823 Sodann hielt das Bundesgericht in BGE 130 II 394 E 92 Folgen-

des fest Werden (hellip) ndash wie im Falle des Flughafens Zuumlrich ndash Anlagen

und Betrieb wesentlich geaumlndert und damit vorzeitig sanierungspflichtig

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 41

treten die (hellip) ab Uumlberschreitung des IGW zu treffenden umweltschutz-

rechtlichen Massnahmen (hellip) in den Vordergrund Die Zusprechung einer

enteignungsrechtlichen Entschaumldigung faumlllt in diesen Faumlllen insoweit in

Betracht als die laumlrmbetroffenen Liegenschaften auch nach der (umwelt-

schutzrechtlichen) Laumlrmisolierung der Bauten laumlrmbedingt entwertet blei-

ben Die beiden Verfahren schliessen einander somit nicht aus und koumln-

nen parallel gefuumlhrt werden

824 Der Schutz von Menschen gegen schaumldliche und laumlstige Einwir-

kungen ist denn auch vor allem Aufgabe des USG Danach werden Luft-

verunreinigungen Laumlrm Erschuumltterungen und Strahlen in erster Linie

durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (vgl Art 11 Abs 1 USG) Bei

oumlffentlichen oder konzessionierten im uumlberwiegenden oumlffentlichen Inte-

resse liegenden Anlagen wie Strassen Flughaumlfen und Eisenbahnanlagen

besteht zwar die Moumlglichkeit Erleichterungen uumlber den IGW hinaus zu

gewaumlhren Die vom Laumlrm betroffenen Gebaumlude muumlssen aber grundsaumltz-

lich auf Kosten des Eigentuumlmers der laumlrmigen Anlage durch Schallschutz-

fenster oder aumlhnliche bauliche Massnahmen geschuumltzt werden Bei neu-

en oder nach Inkrafttreten des USG wesentlich geaumlnderten Anlagen sind

derartige Schutzvorkehren ab Uumlberschreiten des massgeblichen IGW zu

treffen (vgl Art 20 und 25 USG sowie Art 10 und Art 16 Abs 2 LSV)

Wesentliche Aumlnderungen des Flugbetriebs ndash wie die Einfuumlhrung der Suumld-

anfluumlge ndash sind als erhebliche Aumlnderung der Flughafenanlage zu qualifizie-

ren mit der Folge dass alle Betroffenen bei Uumlberschreitungen des IGW

Schallschutzmassnahmen verlangen koumlnnen unabhaumlngig von einem all-

faumllligen Anspruch auf eine enteignungsrechtliche Entschaumldigung (vgl zum

Ganzen BGE 136 II 263 E 82 mit diversen Hinweisen)

Entsprechend hat das Bundesgericht in BGE 137 II 58 im Zusammen-

hang mit dem vBR festgehalten die Flughafen Zuumlrich AG sei uumlberall dort

wo die IGW nicht eingehalten werden koumlnnten zu Schallschutzmass-

nahmen verpflichtet es bestehe ein Anspruch der Betroffenen auf passive

Schallschutzmassnahmen Dabei koumlnne nicht nur der Einbau von Schall-

schutzfenstern verlangt werden sondern unter Umstaumlnden auch die

Schallisolierung von Daumlchern und Mauern Sofern keine Einigung zwi-

schen den Betroffenen und der Flughafen Zuumlrich AG erfolge koumlnne eine

Festsetzung durch die kantonale Baudirektion verlangt werden (vgl BGE

137 II 58 E 7 [Ingress] und E 72) Das Bundesgericht hielt zudem wie

erwaumlhnt fest der Verordnungsgeber habe die geltenden Belastungswerte

fuumlr Fluglaumlrm zu uumlberpruumlfen und soweit noumltig anzupassen Da sich gestuumltzt

auf die geltenden Werte insbesondere ein ungenuumlgender Schutz vor

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 42

Schlafstoumlrungen am fruumlhen Morgen durch Suumldanfluumlge ergebe wurde die

Flughafen Zuumlrich AG verpflichtet ein provisorisches Schallschutzkonzept

auszuarbeiten das unter der Geltung des vBR zur Anwendung komme

(vgl BGE 137 II 58 E 72 und 74) Das zwischenzeitlich von der

Enteignerin ausgearbeitete Schallschutzkonzept wurde vom BAZL ge-

nehmigt und ist beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden die

entsprechenden Verfahren sind noch haumlngig (vgl vorne E 7272 in fine)

83 Auch falls die Vorinstanz im Rahmen ihres neuen Entscheids zum

Schluss kaumlme dass eine Enteignungsentschaumldigung zuzusprechen sei

bestuumlnde demnach trotzdem kein Anlass in den vorliegenden Enteig-

nungsverfahren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Ebenso wenig waumlre die Enteignerin an den Kosten weitergehender

Massnahmen zu beteiligen welche die Grundeigentuumlmer bereits selbst

vorgenommen haben Diese Massnahmen haben ergaumlnzenden Charak-

ter so dass sie grundsaumltzlich nicht als notwendige Folge der Enteignung

zu betrachten sind Die Vorinstanz hat die Anordnung von Schallschutz-

massnahmen somit zu Recht verneint inwiefern von einer Rechtsverwei-

gerung auszugehen waumlre ist nicht ersichtlich Die Beschwerde der Ent-

eigneten 3 bis 6 ist daher in diesem Punkt (Ziffer 2 der Beschwerdeschrift

vom 13 September 2012) abzuweisen

9

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich uumlber das Begehren der Enteignerin um Re-

duktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber dasjenige der

Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und Beruumlcksich-

tigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrmmessungen

zu befinden (vgl Urteile des Bundesgerichts 1E112007 vom 14 April

2008 E 13 und 1E82007 vom 28 April 2008 E 17) Der angefochtene

Entscheid ist vielmehr auch insoweit aufzuheben als den Enteigneten 2

bis 6 eine Parteientschaumldigung zugesprochen wurde (Ziff 3 des Disposi-

tivs) und die Vorinstanz ist anzuweisen im Rahmen ihres neuen Ent-

scheids uumlber eine Parteientschaumldigung fuumlr das gesamte vorinstanzliche

Verfahren zu befinden (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-19232008 vom 26 Mai 2009 E 121 und Dispositiv-Ziff 6)

Bezuumlglich der Enteigneten 1 bleibt der angefochtene Entscheid hingegen

unveraumlndert bestehen und ist das vorinstanzliche Verfahren somit nicht

wieder aufzunehmen (vgl vorne E 714) Daher ist das Begehren der

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

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Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 43

Enteignerin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung so-

weit die Enteigneten 1 betroffen sind im vorliegenden Verfahren zu be-

handeln

Nach Art 115 EntG hat der Enteigner fuumlr die notwendigen aussergerichtli-

chen Kosten des Enteigneten im Einsprache- im Einigungs- und im

Schaumltzungsverfahren grundsaumltzlich eine angemessene Entschaumldigung zu

leisten Vorliegend hat die Vorinstanz den Enteigneten 1 und 2 eine Par-

teientschaumldigung von Fr 28940- zuzuumlglich MWST (515 Stunden agrave

Fr 280-) zugesprochen

91 Die Vorinstanz fuumlhrt aus es haumltten sich im vorinstanzlichen Verfahren

erstmals mehrere Grundsatzfragen gestellt und zwar bezuumlglich die Uumlber-

flughoumlhe die Vorhersehbarkeit und die Spezialitaumlt Die Enteigneten haumlt-

ten daher in guten Treuen prozessiert und demnach Anspruch auf eine

Parteientschaumldigung Es handle sich vorliegend um ein Pilotverfahren in

welchem stellvertretend fuumlr zahlreiche weitere Enteignete grundlegende

rechtliche und tatsaumlchliche Fragen zu klaumlren seien welche komplex und

sehr umstritten seien und weitreichende Konsequenzen fuumlr weitere Ver-

fahren haumltten Die wesentlichen Rechtsprobleme wuumlrden erstmals von ei-

ner gerichtlichen Instanz beurteilt wobei die Rechtslage aufgrund der

juumlngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung in mancherlei Hinsicht un-

klar sei Daher erscheine ein Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich

MWST als angemessen

92 Die Enteignerin beanstandet in ihrer Anschlussbeschwerde die Houmlhe

der zugesprochenen Parteientschaumldigung Unabhaumlngig vom konkreten

Aufwand seien grundsaumltzlich reduzierte Pauschalentschaumldigungen von

houmlchstens Fr 4000- zuzusprechen Falls die Parteientschaumldigungen wi-

der Erwarten nach dem effektiven Aufwand bemessen wuumlrden koumlnne nur

der im Zusammenhang mit den konkret vorliegenden sechs Faumlllen ange-

fallene Aufwand beruumlcksichtigt werden nicht aber derjenige fuumlr weitere

Suumldanflugfaumllle So haumltten dies auch die Rechtsvertreter der Enteigneten 1

(und 2) gehandhabt und pro Fall insgesamt einen Aufwand von rund 50

Stunden geltend gemacht was vertretbar scheine Hingegen gelte ge-

stuumltzt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Regel ein Stun-

denansatz von Fr 200ndash der ausnahmsweise in komplexen Faumlllen auf

Fr 250ndash in aussergewoumlhnlichen Faumlllen auf maximal Fr 280- erhoumlht

werden koumlnne Vorliegend rechtfertige sich nicht einmal eine Erhoumlhung

auf Fr 250ndash weil die zu beurteilenden Fragen aufgrund der bereits exis-

tierenden Praumljudizien betreffend Vorhersehbarkeit Uumlberflugkorridore

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 44

Spezialitaumlt und Schwere keine besondere Komplexitaumlt aufweisen wuumlrden

Es sei unzulaumlssig den Stundenansatz generell fuumlr alle Faumllle und ohne

jegliche Darlegung einer besonderen Komplexitaumlt unter Berufung auf den

vorinstanzlichen Ermessensspielraum zu erhoumlhen Die Vorinstanz habe

damit ihr Ermessen uumlberschritten Selbst im bundesgerichtlichen Verfah-

ren 1C_1002011 sei der Enteigneten ungeachtet der konkreten Aufwen-

dungen eine Pauschalentschaumldigung von Fr 10000ndash zugesprochen

worden was zu einem entschaumldigenden Stundensatz unter Fr 200ndash ge-

fuumlhrt haben duumlrfte Sollte wider Erwarten der konkrete Aufwand von rund

100 Stunden fuumlr die Enteigneten 1 und 2 fuumlr die Entschaumldigungsfestset-

zung beruumlcksichtigt werden so waumlre eine Multiplikation mit einem Stun-

denansatz von Fr 200ndash angebracht maximal wuumlrden Fr 250- inkl

MWST akzeptiert In den Pilotfaumlllen in der Gemeinde Opfikon sei jeweils

eine Parteientschaumldigung von pauschal Fr 4000ndash pro Fall zugesprochen

worden Vorliegend habe die Vorinstanz mehr als den dreifachen Betrag

zugesprochen Zudem habe das Bundesgericht mehrfach entschieden

der Grundsatz der vollen Entschaumldigung beziehe sich nicht auf die Pro-

zesskosten Auch nach dem Wortlaut von Art 115 Abs 1 EntG sei bloss

eine angemessene und nicht eine volle Entschaumldigung zu entrichten

Auf die Zusprechung der MWST sei zu verzichten denn sie widerspreche

der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis wonach Pauschalentschaumldi-

gungen ohne MWST-Zuschlag erhoben wuumlrden sofern eine solche nicht

mit dem Rechtsbegehren explizit gefordert werde Bei Parteien die vor-

steuerabzugsberechtigt seien fuumlhre die Zusprechung einer MWST ohne-

hin zu einer Uumlberentschaumldigung Zudem handle es sich bei Parteient-

schaumldigungen nicht um steuerbare Umsaumltze sondern um Schadenersatz

welcher der MWST gemaumlss Art 18 Abs 2 Bst i des Mehrwertsteuerge-

setzes vom 2 September 1999 (MWSTG SR 64120) nicht unterliege

93 Die Enteigneten 1 halten fest es bestehe kein Grundsatz wonach

die Parteientschaumldigung als Pauschale zu entrichten waumlre anstatt sie

nach dem Umfang der tatsaumlchlich geleisteten Arbeit zu bemessen Ihr

Zeitaufwand von ca 51 Stunden sei zu Recht nicht bestritten worden Sie

haumltten einen moderaten durchschnittlichen Stundenansatz von Fr 280ndash

zuzuumlglich MWST verlangt Der von der Enteignerin zitierte bundesgericht-

liche Entscheid BGE 123 II 456 stamme aus dem Jahr 1997 und betreffe

ein Verfahren welches von 1989 bis 1997 gedauert habe Seither seien

die Preise teuerungsbedingt um durchschnittlich 20 gestiegen Das

vorliegende vorinstanzliche Verfahren habe von 2004 bis 2012 gedauert

Zudem handle es sich anders als damals nicht um ein Verfahren im Kan-

ton Basel-Landschaft Ein moderater Zuschlag von 10 fuumlr die auf dem

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 45

Platz Zuumlrich ortsuumlblichen Verhaumlltnisse sei angebracht Im Uumlbrigen raumlume

selbst der von der Enteignerin angefuumlhrte Entscheid die Moumlglichkeit der

Erhoumlhung des Stundenansatzes um 25 bei rechtlich und tatsaumlchlich

sehr komplexen Faumlllen ein Dies gelte umso mehr wenn dem Verfahren

wie vorliegend als Pilotfall grosse praumljudizielle Wirkung zukomme Betref-

fend Uumlberflugentschaumldigung habe das Bundesgericht bisher direkte Uumlber-

fluumlge durch Grossraumflugzeuge unter 400 m weder positiv noch negativ

beurteilt Ebenso wenig geklaumlrt sei im Zeitpunkt der Einreichung des Ent-

schaumldigungsbegehrens die Vorhersehbarkeit der Suumldanfluumlge gewesen

Im Rahmen der Spezialitaumlt stellten sich aufgrund der Konzentration der

Uumlberfluumlge auf die erste Morgenstunde ganz neue Fragen namentlich

koumlnne nicht wie bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt

werden Weiter seien die fuumlr die Schwere des Schadens anzulegende

Mindestschwelle und das fuumlr die Schadensermittlung in der betroffenen

Region zu entwickelnde Bewertungsmodell fraglich gewesen Von einer

praumljudizierten Rechtslage koumlnne daher grundsaumltzlich nicht die Rede sein

vor allem nicht im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Jahr 2004 Ne-

ben der hohen Komplexitaumlt der verschiedenen Einzelfragen handle es

sich zudem um Pilotfaumllle mit weitreichender Wirkung fuumlr mehrere 100

Suumldanflugverfahren was bei der Festsetzung des Stundenansatzes

ebenfalls zu beruumlcksichtigen sei

94 Bei der Uumlberpruumlfung der von der Schaumltzungskommission festgesetz-

ten Parteientschaumldigung uumlbt das Bundesverwaltungsgericht Zuruumlckhal-

tung weil die Schaumltzungskommission besser in der Lage ist die Bemuuml-

hungen und Leistungen des Anwalts zu beurteilen und den oumlrtlichen Ge-

gebenheiten Rechnung zu tragen Das Gericht aumlndert deshalb den zuge-

sprochenen Betrag nur dann wenn dieser als offensichtlich ungenuumlgend

oder unverhaumlltnismaumlssig hoch erscheint (vgl BGE 129 II 106 E 5 und Ur-

teil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar 2008 E 23 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 4

mit weiteren Hinweisen)

95 Nach Art 113 EntG regelt der Bundesrat die Gebuumlhren fuumlr Verrich-

tungen nach dem Enteignungsgesetz sowie die Entschaumldigungen der

Schaumltzungskommissionen und ihrer Praumlsidenten in einer Verordnung

Entsprechend richtet sich die Bemessung der Kosten fuumlr das Verfahren

vor der Schaumltzungskommission heute nach der Verordnung vom 13 Feb-

ruar 2013 uumlber Gebuumlhren und Entschaumldigungen im Enteignungsverfahren

(SR 7113) und nach der Verordnung vom 13 Februar 2013 uumlber das Ver-

fahren vor den eidgenoumlssischen Schaumltzungskommissionen (SR 7111)

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Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

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Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 46

Was hingegen die Bemessung der Parteientschaumldigung betrifft findet

sich eine Regelung einzig in Art 115 Abs 1 EntG Danach ist fuumlr die

notwendigen aussergerichtlichen Kosten eine angemessene Entschauml-

digung geschuldet Diesbezuumlglich kann indes Art 8 der Verordnung vom

10 September 1969 uumlber Kosten und Entschaumldigungen im Verwaltungs-

verfahren (SR 1720410 nachfolgend VKEV) analog herangezogen

werden Dieser Artikel wiederum sieht in seinem Absatz 2 vor dass sinn-

gemaumlss auf Art 8 bis 13 des Reglements vom 21 Februar 2008 uumlber die

Kosten und Entschaumldigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE

SR 1733202) abgestellt wird Ein Heranziehen dieser Bestimmungen ist

jedoch nur insoweit moumlglich als dies mit Art 115 EntG vereinbar ist (vgl

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 53 vgl auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-26842010 vom

19 Januar 2011 E 273)

96 Der Schaumltzungskommission steht bei der Festlegung der Parteient-

schaumldigung ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl Urteil des Bundes-

verwaltungsgerichts A-26842010 vom 19 Januar 2011 E 273 vgl auch

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013

E 6) Ausgangspunkt fuumlr die Beurteilung der Frage ob in einem konkre-

ten Fall nur notwendige Aufwendungen in Rechnung gestellt werden und

die geforderte Parteientschaumldigung angemessen ist bildet die von der

betreffenden Partei einzureichende Kostennote In analoger Anwendung

von Art 8 Abs 1 VKEV (vgl vorangehende E 95) hat deshalb die Partei

die Anspruch auf Parteientschaumldigung erhebt der Schaumltzungskommissi-

on vor deren Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen Reicht

sie keine Kostennote ein so setzt die Schaumltzungskommission die Partei-

entschaumldigung von Amtes wegen und nach Ermessen fest (vgl Urteil des

Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 72 vgl

auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-55702009 vom 24 Maumlrz

2010 E 101) Damit eine Kostennote als detailliert gelten kann muss

aus dieser insbesondere ersichtlich sein welche einzelnen Taumltigkeiten

von welchen Personen zu welchem Tarif erbracht wurden und wie viel

Zeit fuumlr welche Taumltigkeiten im Einzelnen aufgewendet wurde Denn nur so

kann uumlberpruumlft werden ob es sich beim geltend gemachten Aufwand

vollumfaumlnglich um entschaumldigungsberechtigten notwendigen Aufwand

handelt (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 731 mit Hinweisen vgl auch MOSERBEUSCHKNEU-

BUumlHLER aaO Rz 485)

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 47

Die Rechtsvertreter der Enteigneten 1 haben der Vorinstanz mit Schrei-

ben vom 31 Mai 2012 (Vorakten act 612) ihre Kostennote eingereicht

Die erbrachten Leistungen werden fuumlr jeden beteiligten Rechtsanwalt

aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten erledigt wurden

Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden einzelnen Ar-

beitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro Person Damit

liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung vor Die Vorins-

tanz ist betreffend den Zeitaufwand dennoch von dieser Kostennote aus-

gegangen und hat die Parteientschaumldigung gestuumltzt darauf festgesetzt

97 Zunaumlchst ist auf den Hauptstandpunkt der Enteignerin einzugehen

wonach die Entschaumldigung von Vornherein auf pauschal Fr 4000ndash haumltte

beschraumlnkt werden muumlssen

971 Die Schaumltzungskommission hat den Enteigneten in den Opfiker

Pilotfaumlllen in denen es um die Suumldstarts ab Piste 16 ging Parteientschauml-

digungen von jeweils Fr 4000ndash zugesprochen Das Bundesgericht das

diese Faumllle noch als erste und einzige Rechtsmittelinstanz zu beurteilen

hatte wies in seinen Entscheiden auf seine Zuruumlckhaltung bei der Uumlber-

pruumlfung der Parteientschaumldigungen hin (vgl auch vorne E 94) und hielt

jeweils fest der Betrag erscheine angesichts der Besonderheit der Pilot-

verfahren zwar als eher niedrig aber nicht als offensichtlich ungenuumlgend

(vgl statt vieler Urteil des Bundesgerichts 1E152007 vom 8 Februar

2008 E 23)

972 Bei der Festlegung des notwendigen Zeitaufwands sind Querver-

gleiche mit anderen Verfahren nur dann vorzunehmen wenn es sich um

gleich gelagerte Faumllle handelt und ein Abstellen auf den in den anderen

Verfahren angenommenen Aufwand im Lichte des Grundsatzes der

Rechtsgleichheit als geboten erscheint (vgl dazu Urteil des Bundesver-

waltungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 843) Im Rahmen der

Opfiker-Verfahren wurden 18 verschiedene bzw einzelne Anwendungs-

faumllle behandelt in welchen jede Liegenschaft konkret geschaumltzt und (zu-

meist) auch eine Entschaumldigung zugesprochen worden ist Vorliegend

handelt es sich hingegen um sechs Pilotverfahren in welchen dieselben

Grundsatzentscheide zu faumlllen sind Zudem stellen sich in den vorliegen-

den Faumlllen ganz andere Rechtsfragen welche im Zusammenhang mit der

Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen waren Inhaltlich

handelt es sich somit nicht um gleich gelagerte Faumllle Entsprechend kann

der in den Opfiker Faumlllen notwendige Zeitaufwand nicht auf die vorliegen-

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 48

den Faumllle uumlbertragen werden Ein Abstellen auf den damals als Parteient-

schaumldigung zugesprochenen Betrag faumlllt daher ausser Betracht

98 Somit ist kurz auf den von der Vorinstanz im vorliegenden Fall festge-

legten effektiven Stundenaufwand einzugehen

Die Vertreter der Enteigneten 1 hatten den Stundenaufwand im vor-

instanzlichen Verfahren unter Beruumlcksichtigung des Aufwands fuumlr alle 187

von ihnen vertretenen von den Suumldanfluumlgen betroffenen Personen sowie

des Aufwands im Zusammenhang mit dem Pilotverfahren seit Dezember

2011 mit 51 13 Stunden pro Partei beziffert Fuumlr die erste Phase bis

Dezember 2011 und fuumlr die zweite Phase ab diesem Zeitpunkt wurden

jeweils Fr 50ndash pro Fall an Spesen und Auslagen in Rechnung gestellt

Die Vorinstanz hat diesen Aufwand als angemessen erachtet Die Enteig-

nerin beanstandet den geltend gemachten Stundenaufwand nicht bzw

erachtet ihn als vertretbar so dass sich diesbezuumlglich weitere Ausfuumlhrun-

gen eruumlbrigen

99 Es bleibt der Stundenansatz von Fr 280- zuzuumlglich MWST zu pruuml-

fen den die Vorinstanz der Parteientschaumldigung zugrunde gelegt hat

991 Vorab ist auf die Beruumlcksichtigung der MWST einzugehen Nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE ist die MWST zum Ersatz des Anwaltshonorars

hinzuzurechnen soweit eine Steuerpflicht besteht und sie nicht bereits

beruumlcksichtigt wurde Die Enteignerin macht indes geltend die MWST

duumlrfe nur zugesprochen werden sofern sie im Rechtsbegehren explizit

gefordert worden sei Weshalb dem so sein sollte ist nicht ersichtlich

Bei der zugesprochenen Parteientschaumldigung handelt es sich zwar ndash wie

die Enteignerin zutreffend festhaumllt ndash um den Ersatz der durch die Beauf-

tragung einer Interessenvertretung verursachten Aufwendungen einer

prozessierenden Partei welcher im Anwaltshonorar zuzuumlglich MWST be-

steht Die Parteientschaumldigung an sich unterliegt jedoch nicht der Mehr-

wertsteuerpflicht sondern vielmehr das Anwaltshonorar als steuerbarer

Umsatz Da der vertretenen Partei das Anwaltshonorar somit zuzuumlglich

MWST in Rechnung gestellt wird bildet die Zusprechung der MWST

sachlogisch Teil des zu ersetzenden Aufwands und damit der Parteient-

schaumldigung Hingegen weist die Enteignerin zu Recht auf allfaumlllige Vor-

steuerabzuumlge seitens der Parteien hin Ist naumlmlich eine Partei selber

mehrwertsteuerpflichtig kann sie in der Regel die ihrem Anwalt auf des-

sen Honorar bezahlte MWST von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrech-

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 49

nung als Vorsteuer in Abzug bringen In diesem Fall erleidet die Partei

durch die MWST keinen zusaumltzlichen Schaden Entsprechend waumlre einer

obsiegenden selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteu-

erzuschlag zur Parteientschaumldigung zuzusprechen ausser sie mache

dies geltend und weise nach dass sie nicht im vollen Umfang vorsteuer-

abzugsberechtigt sei (vgl MOSERBEUSCHKNEUBUumlHLER aaO Rz 482

mit Hinweisen) Jedoch werden in der Praxis bezuumlglich der Mehrwert-

steuerpflicht einer Partei uumlblicherweise keine Abklaumlrungen getroffen Es

kann ohnehin davon ausgegangen werden dass die Enteigneten 1 nicht

vorsteuerabzugsberechtigt sind Dass die Vorinstanz die MWST beruumlck-

sichtigt hat ist damit nicht zu beanstanden

992 Fuumlr die Bestimmung des Stundenansatzes ist gemaumlss bundesge-

richtlicher Rechtsprechung primaumlr auf die konkreten Umstaumlnde des ein-

zelnen Verfahrens abzustellen und sekundaumlr sind auch die oumlrtlichen Ver-

haumlltnisse welche die Houmlhe der Aufwendungen der Enteigneten beeinflus-

sen koumlnnen (allgemeine Lebenskosten oumlrtliche Preise fuumlr Dienstleistun-

gen Mieten usw) zu beruumlcksichtigen (BGE 129 II 106 E 34) Was die

Houmlhe des Stundenansatzes im Allgemeinen betrifft ist insbesondere auf

das Urteil des Bundesgerichts vom 9 Dezember 2011 einzugehen Das

Bundesgericht hatte in diesem Urteil uumlber die erstinstanzliche Parteient-

schaumldigung fuumlr jenes Verfahren zu befinden in dem die Modelle zur

schematischen Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragslie-

genschaften zu beurteilen waren Es zog dabei Folgendes in Erwaumlgung

Es habe in einem immerhin schon acht Jahre zuruumlckliegenden Fall einen

Stundenansatz von Fr 210ndash (zzgl MWST) fuumlr nicht unverhaumlltnismaumlssig

hoch erachtet In einem Urteil aus dem Jahr 1997 sei es von einem Nor-

malansatz von Fr 200ndash ausgegangen der in tatsaumlchlich und rechtlich

sehr komplexen Faumlllen auf Fr 250ndash erhoumlht werden koumlnne Beim zu beur-

teilenden Fall handle es sich um einen tatsaumlchlich und rechtlich aumlusserst

komplexen Fall dem als Pilotfall grosse praumljudizielle Bedeutung zukom-

me Ein Stundenansatz von Fr 280ndash koumlnne hierfuumlr nicht als offensichtlich

uumlberrissen und damit ermessensfehlerhaft betrachtet werden (vgl Urteil

des Bundesgerichts 1C_1002011 vom 9 Dezember 2011 E 1432 samt

Hinweisen)

993 Es erscheint zwar fraglich ob sich die rechtliche und tatsaumlchliche

Komplexitaumlt der vorliegenden Faumllle mit dem vom Bundesgericht zu ent-

scheidenden Fall 1C_1002011 in welchem Modelle zur schematischen

Ermittlung der laumlrmbedingten Minderwerte von Ertragsliegenschaften zu

beurteilen waren oder mit derjenigen der Ostanfluumlge wo ua auch eine

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 50

Auseinandersetzung mit dem von der ESchK entwickelten Modell gebo-

ten war vergleichen laumlsst Immerhin handelt es sich vorliegend um Pilot-

faumllle in welchen Grundsatzfragen fuumlr zahlreiche weitere Verfahren zu klauml-

ren sind insbesondere sind verschiedene Rechtsfragen im Zusammen-

hang mit der Rechtsfigur des direkten Uumlberflugs erstmals zu pruumlfen Im

Rahmen der Spezialitaumlt stellen sich aufgrund der Konzentration der Uumlber-

fluumlge auf die erste Morgenstunde neue Fragen namentlich kann nicht wie

bisher auf die IGW gemaumlss Anhang 5 der LSV abgestellt werden Der

Vorinstanz kommt bei der Festsetzung der Parteientschaumldigung wie er-

waumlhnt ein weiter Ermessenspielraum zu (vgl vorne E 96) Gemaumlss

Art 10 Abs 2 VGKE sind Stundenansaumltze zwischen Fr 200ndash und

Fr 400ndash zuzusprechen Der von der Vorinstanz festgelegte Stundenan-

satz erscheint zwar im Vergleich zu den Ruumlmlanger Faumlllen betreffend Ver-

jaumlhrungszeitpunkt und den Ostanflugverfahren als eher hoch befindet

sich jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite Insge-

samt erweist sich bei einzelfallbezogener Betrachtungsweise der ange-

wendete Stundenansatz von Fr 280ndash zuzuumlglich MWST im vorliegenden

Fall ndash auch wenn er im oberen Bereich des vom Bundesgericht vorgege-

benen Rahmens angesiedelt ist ndash fuumlr den Platz Zuumlrich nicht als unverhaumllt-

nismaumlssig hoch die Vorinstanz hat den ihr zustehenden Ermessensspiel-

raum nicht uumlberschritten Dies auch unter Beruumlcksichtigung der seit Er-

lass der relevanten Bundesgerichtsurteile eingetretenen Teuerung und

aufgrund des Umstands dass es sich vorliegend anders als im Fall A-

3302013 nicht um ein Massenverfahren handelt in welchem der Zeit-

aufwand fuumlr administrative (im Gegensatz zu juristischen) Taumltigkeiten mit

steigender Anzahl Beschwerdefuumlhrender tendenziell zunimmt und in der

Folge zu einem tieferen Anwaltstarif fuumlhrt (vgl Urteil des Bundesverwal-

tungsgerichts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 942 mit Hinweisen)

910 Demnach sind weder beim Aufwand noch beim Stundenansatz Kor-

rekturen vorzunehmen Weiter spricht nichts dagegen den Spesen ge-

sondert Rechnung zu tragen (vgl dazu Urteil des Bundesverwaltungsge-

richts A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 10) Die zugesprochene Partei-

entschaumldigung ist damit nicht zu beanstanden Die Anschlussbeschwerde

der Enteignerin ist betreffend die Enteigneten 1 folglich abzuweisen

10

Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten Ein Entschaumldigungs-

anspruch aus Enteignung der Abwehrrechte gegen einen direkten Uumlber-

flug ist mit der Vorinstanz zu verneinen und die Beschwerden sind folglich

in diesem Punkt abzuweisen

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 51

Die Enteigneten 1 haben ihre Liegenschaft 1989 dh nach dem auch im

Rahmen der Suumldanfluumlge relevanten Stichtag vom 1 Januar 1961 erwor-

ben Demnach ist ihr Entschaumldigungsanspruch gestuumltzt auf die Enteig-

nung nachbarrechtlicher Abwehranspruumlche zu verneinen und ihre Be-

schwerde auch in diesem Punkt abzuweisen

Die Beschwerden der Enteigneten 2 bis 6 hingegen sind puncto Speziali-

taumlt gutzuheissen Dispositiv-Ziffer 1 ist diesbezuumlglich aufzuheben und das

Verfahren an die Vorinstanz als Fachbehoumlrde zur Uumlberpruumlfung welche

Enteigneten unter Beruumlcksichtigung der neusten bundesgerichtlichen

Rechtsprechung und wissenschaftlichen Erkenntnisse der Laumlrmwirkungs-

forschung Anspruch auf Schallschutzmassnahmen haben zuruumlckzuwei-

sen Im Rahmen ihres neuen Entscheids wird die Vorinstanz auch die uumlb-

rigen Voraussetzungen fuumlr die Entschaumldigung der Enteignung nachbar-

rechtlicher Abwehrbefugnisse genauer abzuklaumlren haben

Im Uumlbrigen besteht kein Anlass in den vorliegenden Enteignungsverfah-

ren weitergehende Schallschutzmassnahmen anzuordnen

Da der angefochtene Entscheid mit Bezug auf die Enteigneten 2 bis 6

teilweise aufzuheben und das vorinstanzliche Verfahren wieder aufzu-

nehmen ist eruumlbrigt es sich vorliegend uumlber das Begehren der Enteigne-

rin um Reduktion der vorinstanzlichen Parteientschaumldigung und uumlber das-

jenige der Enteigneten 3 bis 6 um Erhoumlhung dieser Entschaumldigung und

Beruumlcksichtigung der Kosten der von ihnen in Auftrag gegebenen Laumlrm-

messungen zu befinden Bezuumlglich der Enteigneten 1 sind weder beim

Aufwand noch beim Stundenansatz Korrekturen vorzunehmen Die Ent-

schaumldigung des geltend gemachten Aufwands seitens der Vorinstanz er-

scheint insgesamt als angemessen so dass die Anschlussbeschwerde

abzuweisen ist

11

111 Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ein-

schliesslich einer Parteientschaumldigung an die Enteigneten hat der Ent-

eigner zu tragen (Art 116 Abs 1 Satz 1 EntG) Werden die Begehren der

Enteigneten ganz oder zum groumlsseren Teil abgewiesen so koumlnnen die

Kosten auch anders verteilt werden Unnoumltige Kosten traumlgt in jedem Fall

wer sie verursacht hat (Art 116 Abs 1 Satz 2 und 3 EntG)

Ein Abweichen von der in Art 116 Abs 1 EntG vorgesehenen Kostenver-

teilung kann insbesondere bei missbraumluchlicher Beschwerdefuumlhrung oder

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 52

offensichtlich uumlbersetzten Forderungen gerechtfertigt sein Wenn jedoch

die Begehren in guten Treuen vertretbar waren und der Fall in tatsaumlchli-

cher oder rechtlicher Hinsicht Fragen aufwarf die den Beizug eines

Rechtsanwalts erforderlich machten ist nicht ohne weiteres von der in

Art 116 Abs 1 EntG fuumlr den Regelfall vorgesehenen Kostenverteilung

abzuweichen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013 vom

26 Juli 2013 E 121 mit Hinweisen) Fuumlr ein Abweichen vom Grundsatz

wonach der Enteigner die aus der Geltendmachung des Enteignungs-

rechts entstehenden Kosten traumlgt sind vorliegend ndash auch mit Bezug auf

die Enteigneten 1 ndash keine Gruumlnde ersichtlich Der Antrag der Enteignerin

die Verfahrenskosten seien den Enteigneten aufzuerlegen und diesen sei

keine Parteientschaumldigung zuzusprechen ist demnach abzuweisen Die

Enteignerin hat sowohl die Verfahrenskosten zu tragen als auch eine Par-

teientschaumldigung an die Enteigneten zu leisten

112 Die Gerichtsgebuumlhr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit

der Streitsache Art der Prozessfuumlhrung und finanzieller Lage der Partei-

en (Art 63 Abs 4bis VwVG sowie Art 2 Abs 1 VGKE zur subsidiaumlren An-

wendbarkeit siehe vorne E 11) Wie bereits ausgefuumlhrt koumlnnen bei der

Regelung der Kosten- und Entschaumldigungsfolgen die Bestimmungen der

VGKE nur insoweit herangezogen werden als sie mit Art 116 Abs 1

EntG vereinbar sind (vgl Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

A-3302013 vom 26 Juli 2013 E 53) Nicht heranzuziehen sind insbe-

sondere Art 4 VGKE welcher fuumlr Streitigkeiten mit Vermoumlgensinteresse

eine streitwertabhaumlngige Gerichtsgebuumlhr vorsieht sowie Art 7 Abs 1 und

2 VGKE welche hinsichtlich der Parteientschaumldigung das Unterlie-

gerprinzip stipulieren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3302013

vom 26 Juli 2013 E 53 und E 121 mit Hinweisen) Schliesslich ist bei

der Festsetzung der Verfahrenskosten zu beachten dass diese in enteig-

nungsrechtlichen Verfahren uumlblicherweise eher niedrig zu halten sind (Ur-

teil des Bundesgerichts 1E92006 vom 20 September 2006 E 3)

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit einigen grundsaumltzlichen Fra-

gen auseinandergesetzt und zwei Augenscheine durchgefuumlhrt Es er-

scheint daher angemessen die Verfahrenskosten auf Fr 10000ndash festzu-

legen Sie werden der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerde-

fuumlhrerin auferlegt und sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von

Fr 2500ndash zu verrechnen Der Restbetrag von Fr 7500ndash ist innert

30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zugunsten der Ge-

richtskasse zu uumlberweisen

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

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2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 53

113 Die Parteientschaumldigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie

allfaumlllige weitere Auslagen der Partei Das Anwaltshonorar wird nach dem

notwendigen Zeitaufwand des Vertreters bemessen Der Stundenansatz

betraumlgt fuumlr Anwaumllte mindestens Fr 200ndash und houmlchstens Fr 400ndash exklu-

sive MWST (vgl Art 8 bis 10 VGKE)

1131 Die Enteigneten 3 bis 6 haben eine detaillierte Kostennote ins

Recht gelegt Diese weist fuumlr die vier unter sich sehr aumlhnlichen Be-

schwerdeverfahren an welchen die entsprechenden Rechtsvertreter be-

teiligt waren einen Aufwand von insgesamt 15053 Stunden aus Bei ei-

nem Stundenansatz von Fr 300ndash ergibt sich ein Honorar von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen und MWST)

Der angefallene Aufwand ist als notwendig anzuerkennen und der geltend

gemachte Stundenansatz von Fr 300ndash erscheint angesichts der Spezia-

lisierung der Rechtsvertreter und der Tatsache dass sich im vorliegenden

Verfahren grundsaumltzliche Fragen gestellt haben gerechtfertigt Hinzu

kommen die Auslagen der Vertretung die in der Kostennote ebenfalls

ausgewiesen werden und nicht zu beanstanden sind Weiter ist nach

Art 9 Abs 1 Bst c VGKE die MWST zu beruumlcksichtigen Die Parteient-

schaumldigung ist fuumlr die Enteigneten 3 bis 6 somit gestuumltzt auf die einge-

reichte Kostennote auf Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

1132 Die Enteigneten 1 und 2 haben ebenfalls eine Kostennote einge-

reicht Die erbrachten Leistungen werden darin fuumlr jeden beteiligten

Rechtsanwalt aufgefuumlhrt und zeigen an welchem Tag welche Arbeiten er-

ledigt wurden Der angefallene Zeitaufwand wird jedoch nicht fuumlr jeden

einzelnen Arbeitsschritt ausgewiesen sondern nur als Gesamttotal pro

Person Damit liegt keine hinreichend detaillierte Leistungsabrechnung

vor (vgl vorne E 96) Die Parteientschaumldigung ist daher nach pflichtge-

maumlssem Ermessen auf Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und

MWST) festzusetzen

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht

1

Das Editionsbegehren der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbe-

schwerdegegner 1 und 2 wird abgewiesen

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 54

2

Die Beschwerde der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 1 wird abgewiesen

3

Die Beschwerden der Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerde-

gegner 2 bis 6 werden betreffend Entschaumldigung aufgrund der Enteig-

nung nachbarlicher Abwehrrechte gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 1

der vorinstanzlichen Verfuumlgung wird diesbezuumlglich aufgehoben Die Ange-

legenheit wird zur Neubeurteilung der entsprechenden Voraussetzungen

im Sinne der Erwaumlgungen an die Vorinstanz zuruumlckgewiesen Im Uumlbrigen

werden die Beschwerden abgewiesen

4

Die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin und Anschlussbe-

schwerdefuumlhrerin wird betreffend die Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegner 1 abgewiesen Mit Bezug auf die Beschwerde-

fuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner 2 bis 6 wird Dispositiv-

Ziffer 3 des vorinstanzlichen Entscheids aufgehoben und die Vorinstanz

angewiesen im Rahmen ihres neuen Entscheids uumlber die Festsetzung

dieser Parteientschaumldigungen fuumlr das gesamte vorinstanzliche Verfahren

zu befinden

5

Die Verfahrenskosten von Fr 10000ndash werden der Beschwerdegegnerin

und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin auferlegt Sie werden mit dem geleis-

teten Kostenvorschuss von Fr 2500ndash verrechnet Der Restbetrag von

Fr 7500ndash ist innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils

zugunsten der Gerichtskasse zu uumlberweisen Die Zustellung des Einzah-

lungsscheins erfolgt mit separater Post

6

Den Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegnern 1 und 2

wird eine Parteientschaumldigung von Fr 45000ndash (inkl Auslagen Fahrspe-

sen und MWST) zugesprochen Den Beschwerdefuumlhrenden und An-

schlussbeschwerdegegnern 3 bis 6 wird eine Parteientschaumldigung von

Fr 48813ndash (inkl Auslagen Fahrspesen und MWST) zugesprochen Die-

se Parteientschaumldigungen sind durch die Beschwerdegegnerin und An-

schlussbeschwerdefuumlhrerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zu

entrichten

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 55

7

Dieses Urteil geht an

ndash die Beschwerdefuumlhrenden und Anschlussbeschwerdegegner

(Gerichtsurkunde)

ndash die Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdefuumlhrerin

(Gerichtsurkunde)

ndash die Vorinstanz (Ref-Nr 2003-165P Gerichtsurkunde)

Fuumlr die Rechtsmittelbelehrung wird auf die naumlchste Seite verwiesen

Der vorsitzende Richter Die Gerichtsschreiberin

Andreacute Moser Tanja Petrik-Haltiner

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

Versand

A-48362012

Seite 56

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eroumlffnung beim Bun-

desgericht 1000 Lausanne 14 Beschwerde in oumlffentlich-rechtlichen An-

gelegenheiten gefuumlhrt werden (Art 82 ff 90 ff und 100 des Bundesge-

richtsgesetzes vom 17 Juni 2005 [BGG SR 173110]) Die Frist steht still

vom siebenten Tag vor Ostern bis und mit dem siebenten Tag nach

Ostern (Art 46 Abs 1 Bst a BGG) Die Rechtsschrift ist in einer Amts-

sprache abzufassen und hat die Begehren deren Begruumlndung mit Anga-

be der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten Der angefochtene

Entscheid und die Beweismittel sind soweit sie der Beschwerdefuumlhrer in

Haumlnden hat beizulegen (Art 42 BGG)

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