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4 I 2017 WASSERWIRTSCHAFT Weil sich Unternehmen um Nachwuchs bewerben müssen Fachkräftenachwuchs gewinnen und halten – wie kann das gelingen? Darauf geht Clivia Conrad, Leiterin der Bundesfachgruppe Wasserwirt- schaft ein. Seite 4 ARBEIT UND GESUNDHEIT Rufbereitschaft versus Bereitschaftsdienst Arbeitsrechtsexperte rät: Rufbereit- schaft passgenau in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen regeln Seite 5 ENERGIEWIRTSCHAFT ver.di setzt dickes Frage- zeichen hinter Beteuerungen E.ON verkauft Uniper-Anteile an finnischen Energie-Konzern. ver.di fragt: Was wird aus den Beschäf- tigten? Seite 5 Verhalten nicht akzeptabel ver.di und IG Metall sehen Vattenfall auf Konfrontationskurs mit den Gewerkschaften Seite 6 München geht raus aus der Kohle Nach Bürgerentscheid: Beschäftigte verlieren ihre Perspektive. „Wir hän- gen in der Luft“, stellen sie fest. Seite 6 Vorzeitiger Kohleausstieg ohne Probleme möglich? Anmerkungen von ver.di zum Gut- achten „Ein Kohleausstieg nach dem Vorbild des Atomausstiegs?“ der Agora. Seite 7 ABFALLWIRTSCHAFT Insgesamt 5,4 Prozent für Suez-Beschäftigte Nach vier Tagen Streik war das Ta- rifergebnis perfekt. Belegschaft und ver.di: Abschluss kann sich sehen lassen. Seite 8 Tarifrunde öffentlicher Dienst: Anfang 2018 beschließt Bundestarifkommission die Forderung Die Vorbereitungen für die Tarifrunde 2018 laufen auf Hochtouren: In den Betrieben und Verwaltungen haben die Diskussionen um die Forderungshöhe begonnen. Es zeichnet sich ab: Die Erwartungen der Kolleginnen und Kollegen sind hoch – sowohl im allgemeinen öffent- lichen Dienst als auch im Bereich des Tarifvertrags Versorgung (TVV). Die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst (BTKöD) wird am 8. Februar endgültig über die Höhe der Forderung entscheiden. Der Startschuss für die Tarifrunde 2018 ist eigentlich schon gefallen. Denn die Bundestarifkommission hat Mitte Ok- tober beschlossen, die Entgelttarifver- träge für die Beschäftigten beim Bund und bei den Kommunen zum 28. Feb- ruar zu kündigen. Das ist inzwischen auch geschehen. Doch die Tarifkom- mission hat bei dieser Sitzung auch Empfehlungen für die Forderungs- diskussion für die Tarifverhandlungen 2018 formuliert: Unter anderem wirbt sie für eine Entgeltforderung in einem Gesamtvolumen von etwa sechs Pro- zent, für eine soziale Komponente und für mehr Freizeit für Schichtarbeiter. Allerdings: Es ist völlig offen, wie die Forderung dann letztendlich aus- sehen wird, die die Bundestarifkom- mission am 8. Februar beschließen wird. Bevor das Gremium sich auf eine Forderung festlegt, bewertet es die Ergebnisse der Diskussionen in den Betrieben und Verwaltungen in ganz Deutschland. Trotz der guten wirtschaftlichen Ausgangslage erwarten Tarifexperten keine leichte Tarifrunde. Die aktuelle Steuerschätzung sagt zwar weiterhin eine jährliche Steigerung bis 2021 von etwa vier Prozent voraus. Zudem ver- zeichnen alle öffentlichen Haushalte seit 2016 beachtliche Überschüsse. Auch in den Kommunen werden Über- schüsse erzielt – obwohl die Finanzlage der einzelnen Kommunen sehr unter- schiedlich ist. ver.di betont, wie wichtig ein gut funktionierender öffentlicher Dienst ist. Ob in der Abfallwirtschaft, der Wasserwirtschaft oder der Energie- wirtschaft – die Leistungen des öffent- lichen Dienstes sind nur möglich, wenn die Beschäftigten motiviert sind. Das wiederum setzt eine faire Bezahlung voraus. Inzwischen wird in den Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Dienstes engagiert darüber diskutiert, mit welcher Forderung ver.di in die Tarifrunde gehen soll. Dabei ist klar: Bei den Wünschen muss immer auch die Durchsetzungsfähigkeit im eigenen Betrieb sowie die Bereitschaft, sich für die Durchsetzung der Forderung ein- zusetzen – und notfalls auch dafür zu streiken – mitdiskutiert werden. Tarifexpertinnen und Tarifexperten erwarten keine leichte Tarifrunde. Sie verweisen in ihrer Einschätzung auf vergangene Tarifrunden und die Haltung der Arbeitgeber: „Uns wird nichts geschenkt“, heißt es. Gute Ta- rifabschlüsse seien nur zu erzielen, wenn die Kolleginnen und Kollegen sich für eine Verbesserung der Arbeits- bedingungen einsetzen – vor und während der Tarifrunde. Tarifmacht steht in direktem Zusammenhang mit dem Organisationsgrad. Das bedeu- tet: Nur wenn die Kolleginnen und Kollegen in ver.di eintreten, zeigen sie damit dem Arbeitgeber, dass sie hin- ter den Forderungen der Gewerk- schaft stehen. E N E R G I E W I R T S C H A F T · W A S S E R W I R T S C H A F T · A B F A L L W I R T S C H A F T ver.di rüstet sich für die Tarifrunde öffentlicher Dienst ENERGIEWIRTSCHAFT Stadtwerke im Rheinland harmonisieren Netz-Software Die Versorgungsnetzbetreiber in Duis- burg, Düsseldorf und Köln wollen effizienter arbeiten und deshalb mit dem 2013 gestarteten Projekt „Rhein- Schiene“ eine engere Verzahnung des Netzgeschäftes erreichen. Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist die Harmonisie- rung der Steuerungs-Software in den drei Netzleitstellen. Diese wurde jetzt im Rahmen eines Kooperationsvertra- ges von den Geschäftsführern und Vorständen der Netzgesellschaften und beteiligten Energieversorger Net- ze Duisburg GmbH, Netzgesellschaft Düsseldorf mbH, Rheinenergie AG, Stadtwerke Duisburg AG und Stadt- werke Düsseldorf AG beschlossen. Mit der Kooperation werden in allen drei Städten die Leitstellen nach und nach auf eine einheitliche IT-Plattform umgestellt. Allen drei Unternehmen bietet die Kooperation direkt wirt- schaftliche Vorteile, weil der Material- einkauf gemeinsam erfolgen und auch die Wartung der IT-Systeme gemeinsam organisiert werden kann. Operativ arbeiten die drei Netzleit- stellen weiterhin unabhängig vonei- nander. Allerdings eröffnet die Ko- operation die technische Vorausset- zung, auch die Leitstellen zu verknüp- fen. Im Bedarfsfall könne dann von allen verbundenen Leitstellen aus die Netzsteuerung auch in den anderen Städten durchgeführt werden. Wie in der Tarifrunde öD 2016 wird auch 2018 das Engagement der Beschäftigten gebraucht. FOTO: BENDER

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4 I 2017

WASS ERW I RT S CHA F T

Weil sich Unternehmenum Nachwuchs bewerbenmüssen

Fachkräftenachwuchs gewinnenund halten –wie kann das gelingen?Darauf geht Clivia Conrad, Leiterinder BundesfachgruppeWasserwirt-schaft ein. Seite 4

ARB E I T UND GE SUNDHE I T

Rufbereitschaft versusBereitschaftsdienstArbeitsrechtsexperte rät: Rufbereit-schaft passgenau in Betriebs- oderDienstvereinbarungen regeln

Seite 5

EN ERG I EW I RT S CHA F T

ver.di setzt dickes Frage-zeichen hinter BeteuerungenE.ON verkauft Uniper-Anteile anfinnischen Energie-Konzern. ver.difragt: Was wird aus den Beschäf-tigten? Seite 5

Verhalten nicht akzeptabelver.di und IGMetall sehen Vattenfallauf Konfrontationskurs mit denGewerkschaften Seite 6

München geht raus ausder Kohle

Nach Bürgerentscheid: Beschäftigteverlieren ihre Perspektive. „Wir hän-gen in der Luft“, stellen sie fest.

Seite 6

Vorzeitiger Kohleausstiegohne Probleme möglich?Anmerkungen von ver.di zum Gut-achten „Ein Kohleausstieg nach demVorbild des Atomausstiegs?“ derAgora. Seite 7

AB FA L LW I RT S CHA F T

Insgesamt 5,4 Prozentfür Suez-Beschäftigte

Nach vier Tagen Streik war das Ta-rifergebnis perfekt. Belegschaft undver.di: Abschluss kann sich sehenlassen. Seite 8

Tarifrunde öffentlicher Dienst: Anfang 2018 beschließt Bundestarifkommission die Forderung

Die Vorbereitungen für die Tarifrunde 2018 laufen auf Hochtouren:In den Betrieben und Verwaltungen haben die Diskussionen um dieForderungshöhe begonnen. Es zeichnet sich ab: Die Erwartungen derKolleginnen und Kollegen sind hoch – sowohl im allgemeinen öffent­lichen Dienst als auch im Bereich des Tarifvertrags Versorgung (TVV).Die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst (BTKöD) wirdam 8. Februar endgültig über die Höhe der Forderung entscheiden.

Der Startschuss für die Tarifrunde 2018ist eigentlich schon gefallen. Denn dieBundestarifkommission hat Mitte Ok-tober beschlossen, die Entgelttarifver-träge für die Beschäftigten beim Bundund bei den Kommunen zum 28. Feb-ruar zu kündigen. Das ist inzwischenauch geschehen. Doch die Tarifkom-mission hat bei dieser Sitzung auchEmpfehlungen für die Forderungs-diskussion für die Tarifverhandlungen2018 formuliert: Unter anderem wirbtsie für eine Entgeltforderung in einemGesamtvolumen von etwa sechs Pro-zent, für eine soziale Komponente undfür mehr Freizeit für Schichtarbeiter.Allerdings: Es ist völlig offen, wie

die Forderung dann letztendlich aus-sehen wird, die die Bundestarifkom-mission am 8. Februar beschließenwird. Bevor das Gremium sich aufeine Forderung festlegt, bewertet esdie Ergebnisse der Diskussionen inden Betrieben und Verwaltungen inganz Deutschland.Trotz der guten wirtschaftlichen

Ausgangslage erwarten Tarifexpertenkeine leichte Tarifrunde. Die aktuelleSteuerschätzung sagt zwar weiterhin

eine jährliche Steigerung bis 2021 vonetwa vier Prozent voraus. Zudem ver-zeichnen alle öffentlichen Haushalteseit 2016 beachtliche Überschüsse.Auch in den Kommunen werden Über-schüsse erzielt – obwohl die Finanzlageder einzelnen Kommunen sehr unter-schiedlich ist.ver.di betont, wie wichtig ein gut

funktionierender öffentlicher Dienst

ist. Ob in der Abfallwirtschaft, derWasserwirtschaft oder der Energie-wirtschaft – die Leistungen des öffent-lichen Dienstes sind nurmöglich, wenndie Beschäftigten motiviert sind. Daswiederum setzt eine faire Bezahlungvoraus.Inzwischen wird in den Betrieben

und Verwaltungen des öffentlichenDienstes engagiert darüber diskutiert,mit welcher Forderung ver.di in dieTarifrunde gehen soll. Dabei ist klar:Bei den Wünschen muss immer auchdie Durchsetzungsfähigkeit im eigenenBetrieb sowie die Bereitschaft, sich fürdie Durchsetzung der Forderung ein-zusetzen – und notfalls auch dafür zustreiken – mitdiskutiert werden.

Tarifexpertinnen und Tarifexpertenerwarten keine leichte Tarifrunde. Sieverweisen in ihrer Einschätzung aufvergangene Tarifrunden und d ieHaltung der Arbeitgeber: „Uns wirdnichts geschenkt“, heißt es. Gute Ta-rifabschlüsse seien nur zu erzielen,wenn die Kolleginnen und Kollegensich für eine Verbesserung der Arbeits-bedingungen einsetzen – vor undwährend der Tarifrunde. Tarifmachtsteht in direktem Zusammenhang mitdem Organisationsgrad. Das bedeu-tet: Nur wenn die Kolleginnen undKollegen in ver.di eintreten, zeigen siedamit dem Arbeitgeber, dass sie hin-ter den Forderungen der Gewerk-schaft stehen.

E N E R G I E W I R T S C H A F T · W A S S E R W I R T S C H A F T · A B F A L L W I R T S C H A F T

ver.di rüstet sich für dieTarifrunde öffentlicher Dienst

EN E RG I EW I R T S CHA F T

Stadtwerke im Rheinland harmonisieren Netz-SoftwareDie Versorgungsnetzbetreiber in Duis-burg, Düsseldorf und Köln wolleneffizienter arbeiten und deshalb mitdem2013 gestarteten Projekt „Rhein-Schiene“ eine engere Verzahnung desNetzgeschäftes erreichen.Ein weiterer wichtiger Meilenstein

auf diesem Weg ist die Harmonisie-rung der Steuerungs-Software in dendrei Netzleitstellen. Diese wurde jetztim Rahmen eines Kooperationsvertra-ges von den Geschäftsführern und

Vorständen der Netzgesellschaftenund beteiligten Energieversorger Net-ze Duisburg GmbH, NetzgesellschaftDüsseldorf mbH, Rheinenergie AG,Stadtwerke Duisburg AG und Stadt-werke Düsseldorf AG beschlossen.Mit der Kooperation werden in allendrei Städten die Leitstellen nach undnach auf eine einheitliche IT-Plattformumgestellt. Allen drei Unternehmenbietet die Kooperation direkt wirt-schaftliche Vorteile, weil derMaterial-

einkauf gemeinsam erfolgen undauch die Wartung der IT-Systemegemeinsam organisiert werden kann.Operativ arbeiten die drei Netzleit-

stellen weiterhin unabhängig vonei-nander. Allerdings eröffnet die Ko-operation die technische Vorausset-zung, auch die Leitstellen zu verknüp-fen. Im Bedarfsfall könne dann vonallen verbundenen Leitstellen aus dieNetzsteuerung auch in den anderenStädten durchgeführt werden.

Wie in der Tarifrunde öD 2016 wird auch 2018das Engagement der Beschäftigten gebraucht.

FOTO: BENDER

Liebe Kolleginnen und Kollegen,�ob schon bald oder erst in einigenMonaten – die nächste Bundesregie-rung kommt bestimmt. Deshalb habenwir zu Papier gebracht, was wir vondieser neuen Bundesregierung erwar-ten, welche Probleme und Herausfor-derungen uns umtreiben und welcheLösungen wir für unabdingbar für dienächste Legislaturperiode halten. Die-ser Forderungskatalog ist lang. Weilwir in der Energiepolitik jede MengeBaustellen, Defizite und Fehlentwick-lungen sehen, die die Politik schon vielzu lange vor sich herschiebt. Lösungen?Fehlanzeige.Im Zentrum dieser Forderungen ste-

hen einerseits die Beschäftigten undandererseits die Versorgungssicherheit– wobei beides auch immer miteinan-der verzahnt ist. Versorgungssicherheitist nur mit ausreichend Anlagen mög-lich, die auch dann Energie liefern,wenn die Sonne nicht scheint und derWind nicht weht.Weder die Verbraucher noch die

Wirtschaft können es sich leisten, inKauf zu nehmen, dass kein Strom ausder Steckdose kommt. Wir fordernnicht erst seit heute die Bereitstellungvon gesicherter Leistung durch flexib-le, sicher verfügbare und schnell re-gelbare Kraftwerke, die dann hochfah-ren, wenn die Regenerativen keinenStrom erzeugen. Und wir brauchenSpeicher, zum Beispiel Pumpspeicher-werke, die – wie neulich bei den

Herbststürmen – Energie aus den Net-zen nehmen, damit sie nicht kollabie-ren. Die Bereitstellung solcher flexiblenAnlagen kann es nicht umsonst geben.Ergo: Wir brauchen endlich einen Ka-pazitätsmarkt für gesicherte Leistung.Und mehr Forschung in Sachen Spei-cher. Damit wir Energie, die durchWind und Sonne entsteht, in jenenZeiten abrufen können, in denenWindund Sonne nicht liefern.Versorgungssicherheit darf auch bei

der Kohle nicht vom Tisch gewischtwerden. Sicher: Technisch ist es mach-bar, langfristig aus der Kohle auszu-steigen. Aber: Es kommt auf die Ge-schwindigkeit an. Wieder muss dieVersorgungssicherheit im Vordergrundstehen und nicht irgendwelche Ideo-logien, die auf dem Mantra beruhen:Es wird schon gut gehen. Nur weil wiruns nicht vorstellen können, dass dieLichter tatsächlich ausgehen. Es gehtnicht darum, Panik zu machen – aberwir müssen uns den Realitäten stellen.Es hilft wenig, die Gefahren einfachzu ignorieren. Leider passiert das vie-lerorts – vor allem in der Politik. DieWirtschaft, die Verbraucherinnen undVerbraucher – sie alle brauchen Lösun-gen. Für uns kann das nur bedeuten:Ein Ausstieg aus der Kohle bis 2030birgt zu viele Gefahren. Die Politik istgut beraten, den Ausstieg realistischzu betrachten und zeitlich erheblichzu strecken.

Und die Beschäftigten? Vor allemsie liegen uns am Herzen, die 200 000Menschen, die in der Strom-, in derGas- und in der Wärmewirtschaft,beziehungsweise der Zubringerindus-trie arbeiten. Sie sind die Motoren derEnergiewende und sie geben der Ener-giewende ein Gesicht. Ganz gleich,ob sie in den Kraftwerksleitständen,in der digitalen Netzsteuerung arbei-ten oder in Sachen Effizienz tätig sind.Sie alle können nur dann Motor derEnergiewende sein, wenn ihnen einangemessener Arbeitsplatz garantiertwird, der auch entsprechend – näm-lich tariflich – bezahlt wird. Sie wollenund brauchen gute Arbeitsbedingun-

gen. Denn nur gute Arbeit ist zu-kunftsfähig. Diese Beschäftigten ha-ben ein Recht auf eine gute Perspek-tive.Es muss der Politik klar sein, dass

nur ein sozialverträglicher Ausstieg ausder Kohlemöglich ist. Das heißt:Wenndie Kraftwerke nach und nach vomNetz gehen, müssen die älteren Kolle-ginnen und Kollegen vorzeitig in Ren-te gehen können.Für die jüngeren Kolleginnen und

Kollegenmüssen rechtzeitig Qualifizie-rungen, Weiterbildungen und alterna-tive Arbeitsplätze bereitstehen. Daskostet Geld. Es könnte aus einem Fondskommen, der aus demAufkommen des

Emissionshandels gespeist wird. Dazuhat ver.di das Enervis-Gutachten inAuftrag gegeben. Dort werden sozial-verträgliche Lösungen angeboten undder Ausstieg mit dem Blick auf dieBeschäftigten betrachtet.Dass auch die Anreizregulierung un-

sere Probleme nicht mindert, ist füruns alle ein offenes Geheimnis. Nichtzum ersten Mal fordern wir, dass dieRegulierung den Unternehmen LuftzumAtmen lassenmuss, dass sie somitAnreize für ausreichende Investitionender Netzbetreiber bieten muss. Einhoher sektoraler Effizienzfaktor wieder sogenannte Xgen ist kontrapro-duktiv und muss für die kommendeRegulierungsperiode möglichst nahenull Prozent liegen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir

müssen unsere Interessen mit allerKraft vertreten. Der Bundesfachbereichsetzt sich in Berlin für uns ein. Aberdas reicht nicht. Wir müssen auf dieAbgeordneten vor Ort zugehen undfür unsere Anliegen werben. Wir dür-fen nicht nachlassen. Weil es einfachum zu viel geht. Weil wir, jedes einzel-ne Mitglied, ver.di sind!Ich wünsche Euch und Euren Fami-

lien frohe Weihnachten und ein gutesneues Jahr. Auf dass unsere Anliegenauf offenere Ohren stoßen als bisher.

Thorsten Pfirmann,Vorsitzender der Bundesfachgruppe

Energie und Bergbau

2 FACHB ER E I CH FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017

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IVAT

ENERGIEWIRTSCHAFT

Neujustierung dringend erforderlich

Fachgruppe Energie und Bergbau lädt zur energie- und tarifpolitischen Fachtagung:Vertreter der Bundesregierung erwartet

Wo muss die Energiewende nachjustiert werden? Wie können die Arbeitsplätze erhalten und die Energieversorgunggesichert werden? Welche Herausforderungen aus der Digitalisierung zeichnen sich heute schon ab? Wie sieht dieJugend die Zukunft der Energiewirtschaft? Auf all die Fragen will die energie- und tarifpolitische Fachtagung derBundesfachgruppe Energie und Bergbau Antworten finden.

Die Tagung ist für den 29. und 30. Januar in Berlin geplant. ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske wird vor den Teilneh-merinnen und Teilnehmern die energiepolitischen Anforderungen der Gewerkschaft ver.di für die Energiewendeerläutern. Zudem erwartet die Fachtagung eine Vertreterin oder einen Vertreter der künftigen Bundesregierung, dieoder der ihr oder sein energiepolitisches Programm vorstellen soll.

Details zur Tagung finden sich unter www.ver-und-entsorgung.verdi.de und/oder bei [email protected]

T E RM IN

Die Kolleginnen und

Kollegen haben ein Recht

auf eine gute Perspektive.

I M P R E S S UM

Der ver.di-Report Ver- und Entsorgung Nr. 4, Dezember 2017

Herausgeber:Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di),Fachbereich Ver- und Entsorgung, Paula-Thiede-Ufer 10,10179 Berlin, v. i. S. d. P.: Frank Bsirske, Andreas Scheidt

Redaktion:Jana Bender, Reinhard Klopfleischwww.ver-und-entsorgung.verdi.de

Gesamtherstellung:apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt;Bildnachweis Icons: © Matthias Enter – Fotolia.com, © FM2 – Fotolia.com

Thorsten Pfirmann

�Anfang November hat in Bremen diezweite Betriebs- und Personalrätekon-ferenz „Wasserland Niedersachsen-Bremen“ stattgefunden: Die Konfe-renz, zu der etwa 30 Betriebs- undPersonalräte gekommen waren, hattedie Herausforderungen der Digitalisie-rung „Arbeit 4.0 in der Wasserwirt-schaft“ im Fokus, wobei das Themasowohl im Plenum als auch in Arbeits-gruppen thematisiert wurde.Die Bundesfachgruppenleiterin Cli-

via Conrad berichtete über die bran-

chenpolitischen Herausforderungenin der Wasserwirtschaft. Zudem gabsie einen Ausblick auf die bevor-stehende Tarifrunde für die Beschäf-tigten des Bundes und der Kommu-nen. Dabei erinnerte Conrad daran,dass Tariffragen stets Machtfragensind. Um einen guten Tarifabschlusszu erzielen, müssen sich alle Kollegin-nen und Kollegen aktiv hinter dieForderungen stellen: „Wir brauchenjeden Mann und jede Frau in den Be-trieben, um unsere Forderungen ge-

genüber den Arbeitgebern durchset-zen zu können.“Einen Einblick in die aktuellen Arbei-

ten zum Lohngruppenverzeichnis inNiedersachsen und in Bremen gab esvonOliverBandosz, TarifkoordinatordesLandesbezirks. Ermahnt: „Die Verhand-lungenzumLohngruppenverzeichnisbeiden Arbeiterinnen und Arbeitern kannsich über einen langen Zeitraum ziehen,allerdings wird davon ausgegangen,dass die Verhandlungen nach der Tarif-runde 2018 Fahrt aufnehmenwerden“.

�Über 30 Betriebs- und Personalräteaus 16 Betrieben sind Mitte Novemberzur ersten ver.di-Fachtagung der Ver-und Entsorgung nach Linstow gekom-men. Die Fachtagung stand unter demMotto „Gute Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern“.Bei dieser zweitägigenVeranstaltung

wurde unter anderem über die Heraus-forderungen der Digitalisierung disku-tiert: Dabei ging es auch umdie Zukunftder Betriebe und die Beschäftigungs-bedingungen unter Industrie 4.0. DieLeiterin der ver.di-BundesfachgruppeWasserwirtschaft, Clivia Conrad, gingauf die aktuelle Rechtsprechung zumTarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD)

und zumTarifvertrag Versorgung (TV-V)ein. Zudem gab sie einen Ausblick aufdie bevorstehende Tarifrunde für dieBeschäftigten des Bundes undder Kom-munen. Ihrer Ansicht nach sind dieTarifergebnisse für den öffentlichenDienst nach wie vor eine Richtschnurfür andere Tarifbereiche.Etwa 12 000 Frauen und Männer

arbeiten inMecklenburg-Vorpommernin der Entsorgungsbranche. Etwa jederachte Beschäftigte ist in ver.di organi-siert. Allerdings interessieren sich im-mer mehr Beschäftigte für eine Mit-gliedschaft: In den vergangenen vierJahren ist der Organisationsgrad umsechs Prozent gestiegen.

Fachtagung stellt Gute Arbeitin den Mittelpunkt

Tarifrunde öffentlicher Dienst:Nur zusammen ist ein guter Abschluss möglich

WAS S E RW I R T S CHA F T N I E D E R SACH S EN - B R EMEN

WASS ERW I R T S CHA F T MECK L ENBURG -VORPOMMERN

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3FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017 FACHB ER E I CH

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SCHEL

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Für den Leiter des Bundesfach­bereichs Ver­ und Entsorgung,Andreas Scheidt, steht fest: DerKohleausstieg geht nur sozialver­träglich. Das heißt: der Ausstiegaus der Kernenergie könnte alsBlaupause dienen. „Es muss Geldin die Hand genommen werden“,sagt Scheidt in einem Gesprächmit dem REPORT. Zugleich warnter im Interesse der Versorgungssi­cherheit davor, den Ausstieg ausder Kohle für 2030 ins Auge zufassen.

� Scheidt geht aber nicht nur auf denKohleausstieg ein. In dem Gesprächäußert er sich auch zur Situation derAbfallwirtschaft, derWasserwirtschaftund zu den Herausforderungen derEnergiewirtschaft sowie den bevorste-henden Tarifverhandlungen für dieBeschäftigten des öffentlichen Diens-tes. Und er betont: „Gute Tarifverträgesind nur mit einen guten Organisa-tionsgrad und vielen engagierten Kol-leginnen und Kollegen zu erreichen.“

2017 neigt sich dem Ende zu. Gut so?Scheidt: (Atmet tief durch)… ja,schon. Denn 2017 war herausfor-dernd. Zu Jahresbeginn schien es nichtso, aber 2017 hat sich als schwierigentpuppt. Übrigens wie die Jahre da-vor. Auch 2016 oder 2015 – das warenfür die Gewerkschaften und speziellfür die Ver- und Entsorgung durchwegschwierige Jahre.

Weil die Energiewirtschaft sich seitJahren immer wieder neu erfindet?Scheidt:Das natürlich auch. DerWan-del in der Energiewirtschaft ist nochnicht abgeschlossen. Dieser Wandelhat viele Arbeitsplätze gekostet – undkostet weitere Stellen. Das sind keineHilfsjobs, die dabei verloren gehen,sondern qualifizierte Stellen, für diebisher gutes Geld zu bekommen war.Und mit einem Kohleausstieg stehenerneut Tausende von Arbeitsplätzenzur Disposition. Für uns und dieKolleginnen und Kollegen ist esexistenziell, ob als Schluss-datum für den Kohleaus-stieg 2030 oder 2040festgelegt wird.Aber – und dawer-

de ich nicht müde,das zubetonen–esgeht nicht nur umdie Arbeitsplätze,obwohl derWeg-fall der Stellenschon schlimmgenug ist. Es gehtum die Versor-gungssicherheit –auch wenn dasmanche Politikereinfach vomTischwi-schen. Weil sie offen-bar zu wenig Phantasiebesitzen, um sich ein solchdurchaus realistisches Szena-rio vorzustellen. Manchmalkommt es mir vor, als ob die Ideolo-gie schon die Phantasie beschneidet.Nach wie vor fehlen Speicher. Als

neulich über ganz Deutschland derSturm wütete, galten an der Strom-börse Negativpreise. Da wurde Geldbezahlt, damit Strom abgenommenwurde – weil die Leitungen zum Bers-ten voll waren und ein Blackout droh-te. Für die Verbraucher wird der Stromaber dadurch nicht billiger, sondern er

kostet mehr. Sie müssen die Ga-rantiepreise bezahlen, die derGesetzgeber den Einspei-sern mit dem Erneuer-baren Energieengesetz(EEG) gewährt.

Das heißt: Weilnoch nicht klarist, welche Rah-menbedingun-gen die neueBundesregie-rung setzt …Scheidt: …istnoch nicht klar,o b e s d i c kkommt oder di-cker. Genau. Soist es. Wobei wirdavon überzeugtsind: Der Kohleaus-stieg bis 2030 ist nichtzu schaffen. Bis 2040ist es vielleicht mög-lich. Aber auch für die-ses Datum sehen wir vieleFragezeichen. Die Kohlekraftwerkeliefern derzeit 40 Prozent des Stroms,der hier produziert wird, 38 Prozentbringen die Erneuerbaren.Etwa zehn Prozent der Energie

kommt aus Erdgas und zwölf Prozentsteuert die Kernenergie bei – was oftgar nicht mehr so wahrgenommenwird, weil wir denken, die Atomkraft-werke stehen schon still. Auch diesezwölf Prozent müssen wir ersetzen.

Und was ist mit power to heat – oderpower to gas?Scheidt: Nach wie vor sind beide Ver-fahren nicht wirklich effizient, taugensomit – jedenfalls bisher – nicht zumEnergiespeichern en gros. Ich sehebisher noch keinenDurchbruch bei denSpeichern. Wenn es ihn gibt, dannsieht die Welt ganz anders aus.

Wenn der Ausstieg aus der Kohlekommt, dannmuss er sozialverträglichsein. Wie muss das aussehen?Scheidt:Wir wollen Lösungen für dieAltbeschäftigten – also einerseits frü-her und mit Ausgleich in Ruhestand,

anderseits Weiterbildung und Quali-fizierung. Es muss also Geld in dieHand genommen werden. Und wirbrauchen Kapazitätsreserven. Auchhier bleiben dann Arbeitsplätze erhal-ten. Für dieses Paket haben wir unsbei der Politik in den vergangenenzwölf Monaten stark gemacht undmit

all unserer Kraft geworben – bei allenStellen, die auch nur ansatzweise damitzureden haben. Wir haben inzwi-schen viel, aber nicht alles erreicht,was wir wollen.

ver.di macht sich auch für eine gerin-gere Stromsteuer stark.Scheidt: Ja. Denn der Verbrau-cher zahlt die Zeche und alleRechnungen liegen noch garnicht auf dem Tisch. DerAusbau der Erneuerba-ren wird sich weiter aufden Rechnungen be-merkbar machen undnatürlich der drin-gend notwend igeAusbau der Netze.Der Netzausbau istessenziell für das Ge-lingen der Energie-wende. Damit nichtdie Milliarden, die wirhier reingesteckt haben,umsonst waren. Wir wol-len, dass die Kosten auf derStromrechnung aufgeschlüs-selt werden. Damit jeder sehen

kann, wie sich derStrompreis zusam-mensetzt, damit je-der sehen kann, wel-che r Ante i l de rStromkosten an denStaat geht bezie-hungsweise in dieNetze, welcher indie Erneuerbarenfl ießt. Und wirwollen, dass danndie Stromsteuerreduziert wird,denn nur so kannder Strompreis fürden Endkundenkonstant gehaltenwerden. Die Krux:Ein kräftiger Teil der

Einnahmen aus derStromsteuer fließt in die

Rentenkassen. Die Politikmag deshalb nicht wirklich

d ie Steuerschraube bei derStromsteuer zurückdrehen.

Auch für die Abfallwirtschaft war 2017ein wichtiges Jahr.Scheidt: Genau. Denn wir haben die-ses Jahr einen Schnitt gemacht in Sa-chen Tarifverbund beim Bundesver-band der deutschen Entsorgungswirt-schaft (BDE). Seit Jahren ist es einTrauerspiel: Die Zahl der tarifgebun-denen Betriebe sank und sank, wäh-

rend wir mit ausgeschiedenen Unter-nehmen Haustarifverträge ab-

schlossen. Gleichzeitig setzteder BDE weiter beim Entgeltdarauf, die Einkommen zudrücken. Dieses Jahr ha-ben wir nun beschlos-sen, nicht mehr aufFlächentarifverträgemit dem BDE zu set-zen – wobei ange-sichts des löchrigenF l i c k en t epp i c h slängst nicht mehrvon Flächentarif dieRede sein konnte.Wir haben uns vor-genommen, statt-dessen Haustarifver-träge abzuschließen.

Das ist v ie l Arbeit ,braucht viel Energie, aber

wir sind uns sicher, dass die-ser Weg für die Beschäftigten

der bessere Weg ist.

Und was treibt die Kolleginnen undKollegen der Wasserwirtschaft um?Scheidt: Hier sorgen wir uns um dieGülleverschmutzung. Wir dringen da-rauf, dass endlich der Gülletourismusgestoppt wird. Es kann doch nicht

sein, dass die Niederländer ihre Güllenach Deutschland transportieren undder Mist hier ins Grundwasser geht.Und die Verbraucherinnen und Ver-braucher hier müssen teuer dafür be-zahlen, damit die Wasserwerke dasTrinkwasser entsprechend aufberei-ten. Diesen Tourismus so schnell wiemöglich zu verhindern, wäre der ers-te Schritt hin zu weniger belastetemGrundwasser.

Im Februar starten die Tarifverhand-lungen für den öffentlichen Dienst.Wird 2018 mal eine leichte Tarifrundefür die Beschäftigten?Scheidt: Ehrlich gesagt: Das kann ichmir nicht vorstellen. Auch wenn dieSteuern sprudeln – das Geld ist immerschon dreimal von der Politik aus-gegeben. Und die Vergangenheit hatgezeigt, dass die öffentlichen Arbeit-geber ihre Spendierhose bei Tarifver-handlungen nie anhatten. Das heißt:Wir müssen jetzt schon in den Betrie-ben und Verwaltungen mit einkalku-lieren, dasswir für unsere Forderungenwerden kämpfen müssen. Neben derDiskussion umdie Höhe der Forderungmüssen wir unsere Reihen schließen,bei den Kolleginnen und Kollegen da-für werben, dass sie sich uns anschlie-ßen, und wir müssen bereits jetzt Ak-tionen planen. ver.di kann nur danneinen guten Tarifabschluss durchset-zen, wenn die Beschäftigen auf dieStraße gehen, wenn sie sich engagie-ren und sie Aktionen machen. Nur soerkennen die Arbeitgeber, dass dieBeschäftigten hinter den Forderungenstehen, nur so gibt es einen guten Ta-rifabschluss.

ver.di tüftelt an einer neuen Struktur.Was wird sich verändern?Scheidt: Wir werden präsenter und

kompetenter werden. Das verspre-che ichmir von der

neuen Struktur.Es geht da-rum, dass wird a s s o g e -nannte Matrix-

Konstrukt, dassich ver.di beii h re r Grün-dunggegebenhat, aufbre-chen. Dasswir das tun,ist überfällig.Unddiemeis-ten von uns,bestreiten dasauch gar nicht.Letztlich heißtAufbrechen der

Strukturen, dasswir bei den Fachbe-

reichen größere Ein-heiten bilden. Wir ver-

sprechen uns Synergieeffek-te. Außerdem wird der ver.di-

Vorstand dadurch kleiner.Aber das Hauptaugenmerk liegt auf

Effizienz – und damit auf einer besserenArbeit für die ver.di-Mitglieder. Undmitder Struktur soll die Fachlichkeit dereinzelnen Bereiche nicht nur gesichert,sonderngestärktwerden. Ichweiß, dassdas nicht automatisch der Fall seinwird.Wennwir uns aber immer bewusst sind,dass die Fachlichkeit unsere Stärke istund wir den Fokus gezielt beibehalten,wird uns das gelingen.

Fragen von Jana Bender

Kohleausstieg: Lösungen für dieAltbeschäftigten sind ein Mussver.di-Vorstandsmitglied Andreas Scheidt äußert sich zum Kohleausstieg und zur Tarifrunde

Andreas Scheidt

F ROH E F E I E R TAG E

Liebe Kolleginnen und Kollegen,die Hauptamtlichen des BundesfachbereichsVer- und Entsorgung in Berlin wünschen euch allenfröhliche Weihnachten und einen guten Rutschins neue Jahr – vor allem aber Gesundheit für euchund eure Lieben. Möge das kommende Jahr einerfolgreiches Jahr für dich werden, auf das dugerne zurückblickst.

Euer Andreas Scheidt, die Sekretärinnen undSekretäre, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

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4 WASS ER / J UG END FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017

Weil sich Unternehmen umNachwuchs bewerben müssenFachkräftenachwuchs gewinnen und halten – wie kann das gelingen?

Mehrere Jahrzehnte lang hattendie Unternehmen die Wahl: Siekonnten bei der Besetzung vonAusbildungsplätzen und anderenStellen auf eine Vielzahl von Be­werbungen zählen und fast immerwaren mehrere geeignete Bewer­berinnen und Bewerber darunter.Das verändert sich gerade.

�Aus unterschiedlichen Gründen gibtes weniger Bewerbungen: LändlicheGebiete leiden unter der Großstadtlustjunger Leute und in den Ballungsräu-men bewerben sich die Nachwuchs-kräfte eher bei den großen Industrie-unternehmen. Die Zahl der Schulab-gängerinnen und Schulabgängernimmt aus demografischen Gründenab. Und ein wachsender Anteil davonstrebt direkt ein Studiuman – vielleicht,weil die Eltern Sorge haben, dass eineBerufsausbildung nicht gut genug ist.Undausgerechnet jetztmussdieBran-

che besonders viele Stellen besetzen:Von den circa 100000 Beschäftigten inder deutschen Wasserwirtschaft wirdbis 2025 jeder Dritte in Rente gehen.Der sozialverträgliche Personalabbau inden letzten 25 Jahren hat zu hohen Al-tersdurchschnitten indenBelegschaftender öffentlichen Unternehmen geführt.Auch in der Wasserwirtschaft sind seit-her nur wenige junge Leute eingestelltworden. Übrigens: Andere Branchensehen sich in einer ähnlichen Lage – al-le konkurrieren um dieselben Köpfe.Warum sich auch ver.di darum sorgt,

dass die Unternehmen genügend Fach-kräfte bekommen? Einerseits weil dieKolleginnen und Kollegen, die im Be-trieb bleiben, bei Fachkräftemangeleiner noch größeren Arbeitsverdich-tung ausgesetzt werden. Zum anderensind wir große Verfechter der öffent-lichenDaseinsvorsorge. Unsere Dienst-leistungen müssen jederzeit sicher,nachhaltig und günstig erbracht wer-den. Das ist nur mit genug qualifizier-tem Personal möglich.Was aber können oder müssen die

Wasserwirtschaftsunternehmen tun,um angesichts der angespannten Situ-ation geeignete Fachkräfte und Nach-wuchskräfte zu bekommen? Am An-fang stehen die Analyse und die Fragewann wird welche Qualifikation ge-

braucht. Wobei die Ausbildungszeitenmiteinkalkuliert werden müssen. Und:Die Analyse ist auch wichtig für dierichtige Ansprache der Zielgruppe. Nurwenn klar ist, wen ich gewinnenmöch-te, kann ich die passende Sprache undden richtigenOrt für die Suchewählen.Diese Erkenntnisse können hilfreichsein bei der treffenden Formulierungvon Stellenausschreibungen.In gewisser Weise bewirbt sich der

Arbeitgeber bei den künftigen Beschäf-tigten. Das erfordert ein Umdenken.Die „olympiareifen“ Abiturientinnenund Abiturienten, die in der Vergan-genheit bevorzugt eingestellt wurden,wollen oft gar keine Berufsausbildung.Junge Menschen mit Haupt- oder Re-alschulabschluss müssen lernen, dasssie als Bewerberinnen und Bewerbernun wieder gewünscht sind.Doch wo können die Unternehmen

die geeigneten Bewerber suchen? DerKlassiker, die Stellenanzeige in der Ta-gespresse, wird eher von den Eltern derjungen Leute gelesen. Auch die Stel-lenanzeige auf der Unternehmens-homepage ist „Pflicht“, aber die Kürfindet woanders statt. Wo der richtigeOrt ist, hängt von der Persönlichkeitab, die man gewinnen möchte. DieFacebookseite des Unternehmens, dieBeratungsstelle für Studienabbrecher/-innen an der Nachbar-Uni, das Por-tal www.berufswelten-energie-wasser.de oder eine aussagefähigeKontaktperson auf Fachmessen kannrichtig sein.Weitere Kanäle, die zusätz-lich bespielt werden sollten: Jobporta-le, deren Treffer bei Google ganz obenliegen, regionale Jobbörsen, Stellenan-zeigen in Fachzeitschriften der Branche.Ein Tag der offenen Tür zu den Berufs-chancen, die das Unternehmen bietet,kann sehr hilfreich sein. Nicht zu ver-gessen: Jede Rechnung, die an dieKund/-innen geht, kann auf die Berufs-chancen im Unternehmen hinweisen,zum Praktikum einladen oder auf dieFundstelle der Stellenanzeigen hinwei-sen. Flyer können je nach Zielgruppein Fitnessstudios, Vereinen oder aufFestivals verteilt werden. Nicht zuletztsind die Beschäftigten sehr gute Head-hunter. Wenn sie von guten Arbeitsbe-dingungenund interessantenAufgabenim Familien- oder Freundeskreis berich-

ten und auf offene Stellen hinweisen,hat das große Glaubwürdigkeit.Feste Kooperationen mit Schulen vor

Ort helfen Schülerpraktikantinnen undSchülerpraktikanten zu gewinnen. Vie-le Unternehmen kooperieren schon mitHochschulen und Studierende nutzendiese Kooperationen, um ihre Pflicht-praktika zu absolvieren oder Abschluss-arbeiten nahe an der Praxis zu fertigen.Trotzdem wissen auch diese Studieren-den oft nicht, wen sie ansprechen kön-nen, um ihre mögliche berufliche Pers-pektive im Unternehmen zu eruieren.Hier aktiv Ansprechpersonen bekanntzumachen, ist eineeinfacheMaßnahme.Was planen die Unternehmen ei-

gentlich für den Wissenstransfer? Gibtes eine überlappende Stellenbesetzungvon scheidenden und neuen Fachkräf-ten? Das ist – abhängig von den kon-kreten Aufgaben und der Dauer derÜberlappung – eine sehr erfolgreicheMethode. Gerade in der Daseinsvor-sorge gibt es viel Erfahrungswissen,das sich nicht ohne weiteres schriftlichdokumentieren lässt. Die Betriebs- undPersonalräte und die Jugend- und Aus-zubildendenvertretungen (JAV) sindsehr daran interessiert, die Nach-wuchsfrage in Zusammenarbeit mitden Unternehmen früh und gut zuklären. Clivia Conrad

Die Jugend im Fachbereich Ver­und Entsorgung hat die ver.di­Aktionswoche Anfang Novemberdazu genutzt, mit den neuen Aus­zubildenden ins Gespräch zu kom­men. Im Saarland zum Beispielofferierte die JAV in verschiedenenUnternehmen eine süße Pausemit selbstgebackenen Waffeln.Waffeln in Herzform boten auchdie Berliner Wasserbetriebe an, ineinigen Betrieben in Hessen gab esPommes.

�Die Pause wurde dazu genutzt, beiden jungen Kolleginnen und Kollegendie Arbeit der Gewerkschaft näherzu-bringen, für eine Mitgliedschaft in derGewerkschaft zu werben und dieKnackpunkte der bevorstehenden Ta-rifrunde näherzubringen.Das Ziel der Aktionswoche: Die JA-

Ven (Jugend- und Auszubildendenver-tretungen) wollten den jungen Kolle-ginnen und Kollegen vermitteln, dassnur gemeinsam gute Rahmenbedin-gungen durchgesetzt werden können.Das wurde erreicht – wie auch SophieNeises von VSE Aktiengesellschaft inSaarbrücken betont. Das Interesse seigroß gewesen – nicht nur am Waffel-stand. Sie erzählt von guten Gesprä-chen und interessierten Azubis sowie

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dievon den Forderungen der Jugend an-getan waren und diese gerne mit un-terstützen.

Fakten statt Populismus

Die Projekttage Fakten statt PopulismusimSaarlandfielennur zufällig zumindestteilweise in die ver.di-Aktionswoche, so

Neises. Denn diese vier Projekttagewa-ren schon länger geplant. Insgesamt140 junge Leute nahmen das Angebotan, in den Diskussionen zu lernen, wiemit Fakten jeglichem Populismus ent-gegengetretenwerden kann. Unkennt-nis, Vorurteile und Ressentiments sollmit Wissen begegnet werden. Wie dasgeht? Mit Aufklärung und mit dem

Wechsel der Perspektive. Die Teilneh-merinnen und Teilnehmer erfahrenwährend der Projekttage, wie das Asyl-system in Deutschland funktioniert undwelche Probleme dabei deutlich wer-den. In den Gesprächsrunden geht esauch darum, die menschenrechtlichenPositionen zu stärken und es werdenTechniken vermitteln,wieKritikmöglichgemacht kann beziehungsweise kana-lisiert werden kann.Für die Projekttage Fakten statt Po-

pulismus stellt ver.di eine Powerpoint-

Präsentation sowie eine Handlungs-hilfe zur Umsetzung der Veranstaltungzur Verfügung. Für die Umsetzungdieser Projekttage sind Zuschüssemöglich. Mehr Informationen zurDurchführung der Projekttage [email protected]

Jana Bender

J U G END

JAV-Konferenz:Ausbildung 4.0 in derVer- und EntsorgungDie fünfte JAV (Jugend- undAuszubildendenvertretung)-Kon-ferenz der Ver- und Entsorgungs-wirtschaft am 25. Und 26. Aprilin Berlin steht ganz im Zeichen derDigitalisierung. Unter anderemwird die Konferenz die Herausfor-derungen der Digitalisierung ge-nerell in den Blick nehmen undüber die Ausbildung 4.0 in derVer- und Entsorgung diskutieren.Darüber hinaus soll es um die

Frage gehen, wie jungeMenschenheute arbeiten wollen und wie inder Digitalisierung Gute Arbeitaussehen kann. Es geht aber auchum die Zukunft der Mitbestim-mung und die Arbeit der JAVen inZeiten von 4.0.Mehr zur Tagung steht unter

www.facebook.com/jugendimfachbereich2Anmeldungsformulare gibt es

unter www.ver-und-entsorgung.verdi.de

Die Jugend im Fokus

Aktionswochen zielen auf Azubis und junge Fachkräfte –

Süße Pause und Fakten statt Populismus

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5FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017 ARB E I T UND GE SUNDHE I T / EN E RG I E

Rufbereitschaft versus BereitschaftsdienstArbeitsrechtsexperte rät: Rufbereitschaft passgenau in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen regeln

Ist es nun Rufbereitschaft oderBereitschaftsdienst, was der Ar­beitgeber von seinen Beschäftig­ten erwartet? Bereitschaftsdienstist laut Urteil des europäischenGerichtshofs reguläre Arbeitszeitund deshalb teuer. Rufbereitschaftdagegen kommt den Arbeitgeberbilliger. Rufbereitschaft ist auchbei den Beschäftigten viel belieb­ter als Bereitschaftsdienst. Aberkann denn Rufbereitschaft den Be­reitschaftsdienst völlig ersetzen?

�Was genau ist Rufbereitschaft? Oderwann ist der Dienst eigentlich Bereit-schaftsdienst? „Eigentlich ist der Be-griff von denGerichten längst geklärt“,meint Arbeitsrechtsexperte RüdigerDeppe (wissenswerk – Seminare & Be-ratung; [email protected] ;www.wissenswerk.org): Wenn derArbeitgeber außerhalb der regelmäßi-gen Arbeitszeit bestimmt, wo sich derArbeitnehmer während der Zeit auf-hält, in der seine Arbeit abgerufenwerden kann, dann ist es Bereitschafts-dienst und damit Arbeitszeit – auchwenn in dieser Zeit der Betreffendenicht gerufen wird, sondern sich zumBeispiel im Aufenthaltsraum des Be-triebes befindet und einen Roman liest.In derWasser- oder in der Energiewirt-schaft bedeutet Bereitschaftsdienst:Der Beschäftigte wartet im Unterneh-men oder auch in seinem Wohnzim-mer. Und: Er ist wach und jederzeitbereit, die Arbeit aufzunehmen. An-ders ist es bei der Rufbereitschaft. Hierbestimmt der Beschäftigte, wo er sichaufhält: In seinem Garten, bei Freun-den, imKino, bei Sportveranstaltungenoder in seinemWohn- oder Schlafzim-mer. Der Beschäftigte muss nur sicher-stellen, dass er erreichbar und alsbaldeinsatzbereit ist. Allzuweit wegfahren,allzu heftig feiern ist nicht drin, auchwenn das Handy eingeschaltet ist. DieRichter des BAG haben in verschiede-nen Urteilen ausgeführt, dass sich derBeschäftigte während der Rufbereit-schaft nicht an einem Ort aufhaltendarf, der der Rufbereitschaft zuwiderläuft.Für verschiedene Ereignisse in der

Wasser- oder Energieversorgung ist esvon großer Bedeutung, wie schnell einBeschäftigter vorOrt ist und denDefektbeheben kann. Bei einem Gasaustrittzum Beispiel kann es verhängnisvoll

sein, wenn der Fachmann eine Stundebraucht, um den Hahn zu schließen.Auch bei einem Wasserrohrbruch giltes, so schnell wiemöglich einzugreifen,besonders wenn das Wasser droht,eine Straße zu unterspülen. Diese Fäl-le liegen im Risikobereich des Arbeit-gebers. Er sollte organisatorischeMaß-nahmen zur Gefahrenabwehr treffen.Die Rufbereitschaft ist dazu nur be-dingt geeignet.Es widerspricht dem Begriff der Ruf-

bereitschaft, wenn der Arbeitgebereinen engen Zeitrahmen von der Alar-mierung bis zum Erreichen des Einsatz-ortes vorgibt. Denn tut er dies, sagt erindirekt, wo sich der Beschäftigtewäh-rend der Rufbereitschaft aufzuhaltenhat. Und damit ist es keine Rufbereit-schaft mehr, sondern Bereitschafts-dienst. Und wie gesagt, Bereitschafts-dienst ist Arbeitszeit und muss, wie

nach dem landesbezirklichen Tarifver-trag Bayern zum TV-V mit 50 Prozentder Stufe 1 des jeweiligen Stundenent-gelts entlohntwerden. Rufbereitschaftwird dagegen mit einer täglichen Pau-schale abgegolten. Wird der Beschäf-tigte während der Rufbereitschafteingesetzt, dann ist die Zeit, die erarbeitet, natürlich Arbeitszeit undwirdnormal entlohnt. Die entsprechendenZeitzuschläge wie Überstunden undNachtzuschläge kommen dann dazu.In vielen Unternehmen wurde meist

aus Kostengründen von Bereitschafts-dienst auf Rufbereitschaft umgestellt.Obwohl Rufbereitschaft eine großepsychische Belastung darstellt, ist sie inder Belegschaft oft beliebter als Bereit-schaftsdienst „weil in der Rufbereit-schaft doch so etwas wie Freizeit mög-lich ist“, weiß Deppe. Dennoch: Meistfordert der Arbeitgeber, dass der Be-

schäftigte innerhalb einer bestimmten,kurzen Frist am Einsatzort ist. Und da-mit handelt es sich eben nicht um Ruf-bereitschaft. Deppe rät den Betriebs-undPersonalräten, in denBetriebs- oderDienstvereinbarungen klar zwischenRufbereitschaft undBereitschaftsdienst– auch in der Begrifflichkeit – zu tren-nen. „Oft gehen in denVereinbarungendie Begriffe durcheinander, sodass esnicht klar ist, was vom Beschäftigtenerwartet wird“, so Deppe.Übrigens: Selbstverständlichmüssen

die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhe-zeiten eingehalten werden. Mit derFolge, dass der Beschäftigte, der wäh-rend der Rufbereitschaft einen Einsatzhat und die vorgeschriebene Ruhezeiteinhält, eventuell die nächste Schichtnicht pünktlich antreten kann.Wie mit der ausgefallenen Zeit um-

zugehen ist, sollte ebenfalls in der

Betriebs- oder Dienstvereinbarunggeregelt werden. Hier gibt es vieleunterschiedliche Lösungsmöglichkei-ten im Rahmen des Arbeitszeitgeset-zes, die den gesetzlich vorgeschriebe-nen Gesundheitsschutz, aber auch diefinanziellen Interessen des Arbeitneh-mers und die Belange des Betriebesberücksichtigen. Um diese Balance zufinden, sollten nicht Musterlösungenaus Standardbetriebs- oder Dienstver-einbarungen übernommen werden,sondern es ist eine genaue Analyseder betrieblichen Gegebenheiten nö-tig. Dabei spielen arbeitszeitrechtlicheund tarifliche Regelungen, vorhande-ne und mögliche Arbeitszeitmodelle,der Gesundheitsschutz, technischeMöglichkeiten, Besonderheiten desVersorgungsgebiets und Kundenan-forderungen eine wichtige Rolle.

Jana Bender

ver.di setzt dickes Fragezeichen hinter BeteuerungenE.ON verkauft Uniper-Anteile an finnischen Energie-Konzern – Was wird aus den Beschäftigten?

Der Energiekonzern E.ON SE willseinen verbliebenen Anteil an derUniper an die finnische FortumCorporation verkaufen. Damitwürden die Finnen nun 47 Pro­zent halten und wären der größteAnteilseigner, dem es auch leichtfallen würde, noch weitere Anteileaus dem Streubesitz einzusam­meln, um sich die Anteilsmehrheitzu sichern. Im Januar sollen dieAnteile offiziell übergeben wer­den. Die Frage, die ver.di bewegt,lautet: Was wird aus den 13 000Beschäftigten der Uniper?

�Uniper ist ein vergleichsweise neuesUnternehmen. Es entstand im Zuge derUmstrukturierungen der E.ON: Alles,was insbesondere mit konventionellerEnergieerzeugung – jedoch ohne diedeutschenKernenergieaktivitäten – zu-sammenhängt, wurde zu Uniper abge-spalten, dazuder globale Energiehandelund Stromerzeugung in Russland. DerName Uniper ist ein Kunstwort ausunique, was einzigartig bedeutet, undPerformance, das für Leistung steht.

2017 ging Uniper an die Börse. Unddamit wechselten rund 53 Prozent derAktien den Besitzer – der Anteil gingan verschiedene Anleger, auch Kleinst-anleger sind darunter. Das größte Pa-ket mit 47 Prozent blieb bei E.ON.Dieses Paket will E.ON nun an die Fin-nen verkaufen – für 3,8 MilliardenEuro! Mit dem Geld aus dem Verkauf

des Aktienpakets poliert E.ON seineBilanzen auf und sieht sich gerüstetfür weitere Investitionen in die neueEnergiewelt.Die Finnen beteuern, Uniper nicht

zerschlagen zu wollen. Doch so rechtwollen das weder die Beschäftigtennoch ver.di glauben. Der Grund dafürist in dem Prozedere und im Stil zu su-

chen: „Es ist unschön, dass die Beschäf-tigten bei Uniper über die Presse vonder geplanten ÜbernahmeoffensivevonUniper durch Fortumerfahrenmüs-sen. Dieses Verhalten lässt Rückschlüs-se auf die Beweggründe von Fortumzu“, ist sich Volker Stüber, Leiter derver.di-Bundesfachgruppe Energie undBergbau, sicher. Stüber bemängelt,

dass Fortumbisher kein Unterneh-menskonzept vorgelegt hat undauch nicht erläutert habe, welcheAuswirkungen die Fortum-Pläneauf die Arbeitsbedingungen derBeschäftigten haben.

Dass die Beschäftigten seit der Spal-tung des E.ON-Konzerns große Beiträ-ge zur Zukunftssicherung erbrachthaben, steht für Stüber außer Frage.Deshalb hätten die Kolleginnen undKollegen nun auch ein Recht, frühzei-tig informiert und eingebunden zuwerden. Für ver.di ist ferner einemehr-heitliche Übernahme keineswegs diebeste Lösung für die künftige Unter-nehmensentwicklung von Uniper. „DieBeschäftigten sollten darauf vertrauendürfen, dass Uniper ein unabhängiges,

eigenständiges Unternehmen bleibt.Deshalb hatte ver.di auch auf Aussagendes E.ON Vorstandes vertraut, dassE.ON – wenn der Konzern seinen ver-bliebenen Anteil verkauft – die Aktienschrittweise an die Börse bringt. Ineiner weiteren Streuung der Anteils-eigner sieht ver.di am ehesten einenGaranten dafür, dass Unipers Ge-schäftsmodell weiterentwickelt wer-den kann.Fortum hat inzwischen in einem

Brief an ver.di bekräftigt, die gelten-den Betriebsvereinbarungen und Ta-rifverträge nicht infrage zu stellen.Was allerdings fehlt, ist d ie Zeit-schiene. Mit keinem Wort wird in demSchreiben erwähnt, wie lange dieseAussage belastbar ist. Kein Wunder,dass ver.di kritisch auf jede Verände-rung reagiert. „Wir befürchten, dassFortum früher oder später Uniper in derjetzigen Struktur zerschlagen wird –das,was Fortum für ihre Strategie brau-chen kann behält und das andere ver-kauft“, sagt Immo Schlepper, ver.diKonzernbetreuer der Uniper SE.

Jana Bender

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6 AUS DEN LANDE SB E Z I R K EN / EN ERG I E FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017

Nach dem erfolgreichen Bürger­entscheid für einen Ausstiegaus der Steinkohle in Münchenherrscht unter den BeschäftigtenRatlosigkeit. Wird die Politik demVotum tatsächlich folgen? Waswird aus den Jobs? Und warumkonnten die Kommunalpolitik unddie Verantwortlichen des Kraft­werks die Bürgerinnen und Bürgernicht davon überzeugen, dass dasKraftwerk alles andere als eineDreckschleuder ist?

�Der Hintergrund: Über fünf Jahrelang sammelten die Gegner des Heiz-kraftwerks Nord der Stadtwerke Mün-chen Unterschriften gegen die KWK-(Kraft-Wärme-Kopplung) Anlage undfür einen Bürgerentscheid, in dem dieAbschaltung gefordert werden sollte.Insgesamt kamen dann tatsächlich52 000 zusammen, deutlich mehr alsdie benötigten 34 000 Unterschriften.AnfangNovemberwurde abgestimmt.Das Ergebnis: Über 60 Prozent stimm-ten für einen Ausstieg aus der Kohlebis 2022. An der Abstimmung beteiligt

hatten sich allerdings nur 17,8 Prozentder Wahlberechtigten.Doch das reicht inMünchen beiWei-

tem, umdasQuorum zu erfüllen – auchwenn sich bei genauer Betrachtung nurein kleiner Teil der Bevölkerung füreinen Ausstieg stark machte. Denneine solche Abstimmung ist gültig,wenn mindestens zehn Prozent dermehr als eineMillionWahlberechtigtenihre Stimme abgeben. Übrigens: Viervon fünf Kraftwerksgegner gingennicht ins Wahllokal, sondern votiertenper Brief.

Alexander Parasidis, Betriebsrat undSchwerbehindertenbeauftragter beiden Stadtwerken München, ist immernoch entsetzt. Er hat auf Veranstaltun-gen sich für das Kraftwerk eingesetzt,darauf verwiesen, dass die Anlagemodern sei, dass Arbeitsplätze auf demSpiel stehen. Doch ohne Erfolg. Mehrnoch, er ist nicht sicher, ob seine Ar-gumente überhaupt bis zu den Ohrender Gegner vordrangen. Denn für sieist das Kraftwerk, das weite Teile Mün-chens mit Wärme versorgt, eine CO2-Schleuder. Teilweisewar gar von „Blut-

kohle“ die Rede. Nicht nur die Beschäf-tigten und die Verantwortlichen derStadtwerke können die Bewertung derGegner nicht nachvollziehen. Auch diegroßeMehrheit des Stadtrates verwiesdarauf, dass das Kraftwerk eines deremissionsärmsten KohlkraftwerkeDeutschlands sei.Sicher: Die Stadt und die Stadtwer-

ke verteidigten das Kraftwerk in derStadt – „aber viel zu zaghaft, viel zupassiv, viel zu leise“, meint Parasidis.Meist wurde der Initiative das Feldüberlassen und so blieben auch Ar-gumente im Raum stehen, die dasKraftwerk voller Polemik als Todbrin-ger brandmarkten. Möglicherweisewurde von der Stadt und den Kraft-werksbetreibern der Ausgang desBürgerentscheids auch falsch einge-schätzt.Auch ganz klar: Das Ergebnis ist nicht

bindend. Rechtlich zumindest nicht.Politisch scheint es anders: MünchensOberbürgermeister Dieter Reiter (SPD)erklärte bereits am Abend der Abstim-mung, er respektiere das Ergebnis derAbstimmung. Florian Bieberbach, Vor-sitzender der Geschäftsführung derStadtwerke betonte: „Auch wenn wirunser Konzept für ökologisch und öko-nomisch besser halten, erkennen wirdas Votum selbstverständlich an. Wirwerden unsere Ziele weiter verfolgen:Bis 2025 wollen wir so viel Ökostromerzeugen, wie ganz München ver-braucht. Und bis 2040 wollen wir diegesamte Münchner Fernwärme ausregenerativen Quellen, vorwiegendGeothermie, decken.“Der Oberbürgermeister kündigte

bereits an, die Stadtwerke zu beauf-tragen, einen Antrag zur Abschaltungder Anlage bei der zuständigen Bun-desnetzagentur zu stellen, bei der danndie Zuständigkeit für das weitere Vor-gehen liegt. Die Stadtwerke gehenaber davon aus, dass die Bundesnetz-agentur das Kraftwerk als system-relevant einstuft. Somit kann es nichtabgeschaltet werdenFür Parasidis und seine Kolleginnen

und Kollegen, die im und für das Kraft-werk arbeiten, ist das nur ein schwa-cher Trost. Denn die Bundesnetzagen-tur entscheidet immer nur für ein Jahr.„Wir hängen völlig in der Luft“, resü-miert er enttäuscht. Jana Bender

EN E RG I E

Verhalten nicht akzeptabelVattenfall auf Konfrontationskurs mit den Gewerkschaften

Im Konflikt um die betriebsbedingten Beendigungskündigungen bei Vat-tenfall ist keine Einigung in Sicht. Vielmehr sehen ver.di und die IG Metallden Energiekonzern auf Konfrontationskurs. Deshalb haben die beidenGewerkschaften die weitere Mitarbeit an allen anstehenden Projekten imRahmen von Personalabbaumaßnahmenmit sofortiger Wirkung eingestellt.Trotz heftiger Kritik der Gewerkschaften will Vattenfall an den betriebs-

bedingten Beendigungskündigungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterdes Kundenservices festhalten. Für ver.di und die IGMetall ist das Vorgehen,mit Kündigungen den Strukturveränderungsprozess bei Vattenfall – kostees was es wolle – durchzusetzen, „nicht akzeptabel“. Das machten dieGewerkschaften nun nochmal in einem Brief an den Vattenfall-Vorstanddeutlich.Vattenfall habe damit bewusst den bislang in der gesamten, privatwirt-

schaftlichwie öffentlich-rechtlich organisierten, deutschen Energiewirtschaftgeltenden Kodex aufgekündigt. Dieser Kodex sieht vor, betriebsbedingteBeendigungskündigungen in jedem Fall zu vermeiden – auch im Falle vonschwierigen Veränderungen in den Strukturen von Konzernen, Unternehmenund Betrieben. Die sei umso bemerkenswerter, als sich der Konzern Vat-tenfall zu hundert Prozent im Besitz des schwedischen Staates befindet.Eine von den Gewerkschaften vorgetragene Bitte, auf Kündigungen zu

verzichten, wurde von Vattenfall abgelehnt. Mit dieser Haltung macht derStaatskonzern deutlich, dass er die Profitmaximierung für wichtiger hält alsdasWohl der Beschäftigten, jedenfalls wenn diese nicht schwedische Staats-bürger sind. Der Konzern hatte mehr als drei Jahre Zeit, sich darauf einzu-stellen, dass nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor der Schlie-ßung des Kundenservice einen neuen Arbeitsplatz außerhalb des Unterneh-mens finden würden.Die Gewerkschaften ver.di und IG Metall stehen nicht zur Verfügung, den

Vattenfall-Konzern von seiner Verantwortung hinsichtlich des rüden und un-verantwortlichen Umganges mit Arbeitnehmern und ihren Familien zu ent-lasten, betonen die Gewerkschaften in den gemeinsamen Schreiben: „Nochhat Vattenfall die Möglichkeit, soziale Härten zu vermeiden und auf Kündi-gungen zu verzichten! Sollten soziale Verantwortung und das Gebot, Arbeit-nehmerinteressen vor das staatliche Interesse auf Profitmaximierung zu stel-len, zukünftig in Stockholmwieder das unternehmerischeHandeln bestimmen,sind wir bereit, konstruktive Gespräche mit dem Konzern aufzunehmen.“

Fachtagung: Wasser darf nichtzu einer Handelsware werdenViele Informationen beim Austausch zwischen Personalvertretungen und Gewerkschaft

Die erste ver.di­ Fachtagung Wasserwirtschaft in Bayern hat für die über30 Teilnehmenden aus allen Regionen wichtige Erkenntnisse zu aktuellentariflichen Entwicklungen gebracht. So stellte der bayerische Landesfach­bereichsleiter Martin Marcinek neben den Entgeltordnungsverhandlungenim gewerblichen Bereich auch das ver.di­Vorgehen bei möglichen Wech­seln von Wasserversorgung und Wasserentsorgern in den TarifvertragVersorgung (TVV) vor. Die politischen Debatten und Diskussionen rund umdas Beschäftigungsfeld Wasser fasste Roland Groß, Sprecher der bayeri­schen Landesfachgruppe Wasserwirtschaft, vor der Tagung zusammen.

� Das parallel stattfindende JAV-Forumfür die Wasserwirtschaft drehte sichvor allem um Fragen aus den Auszu-bildenden-Regelungen im TarifvertragAuszubildende Öffentlicher Dienst(TVAöD) undwurde von Florian Böhmegeleitet.

Arbeitnehmerwille zählt

Der Tarifvertrag Versorgung wird inimmermehr bayerischenWasserbetrie-ben, auch bei den vor allem angereis-ten mittleren und kleinen Betriebenund Zweckverbänden, Thema, und sostellte Landesfachbereichsleiter Mar-cinek das Vorgehen aus Arbeitnehmer-sicht bei der Einführung des Tarifver-trages Versorgung dar. Insbesonderedie Beauftragung der Gewerkschaftdurch die Arbeitnehmer zumAbschlusseines Tarifvertrages wurde diskutiert,fand aber auch bei den Personalver-tretern Anklang.

Arbeitnehmerlobby wichtigerdenn je

Der LandesfachgruppenvorsitzendeGroß legte in seinenAusführungen dar,wie wichtig gerade in den aktuellenDiskussionen umdieWasserwirtschaftdie Arbeitnehmerlobby Gewerkschaftver.di geworden ist. Wie schon in derVergangenheit müsse auch in Zukunftdarauf geachtet werden, dass Wassernicht zur Handelsware wird, gleichzei-tig aber auch die Qualität der Ver- undEntsorgung erhalten bleibe und dieWasserwirtschaft gute Arbeitsbedin-

gungen gewährleiste. Nur gemeinsamkönnten Personalvertretungen undGewerkschaft für die Beschäftigten inder bayerischen Wasserwirtschaft dasein und damit ihre aktive Rolle in derDaseinsvorsorge für die Bevölkerungwahrnehmen.

Künftige Zusammenarbeitnotwendig

Die Abschlussdiskussion zwischen Per-sonalräten und ver.di zeigte gerade beiden Arbeitszeit- und LohnthemenHandlungsnotwendigkeiten. DieWas-serwirtschaft braucht starke Personal-vertretungen und handlungsmächtigeGewerkschaften. Gemeinsam wollenGewerkschaft und Personalvertretun-gen daran arbeiten. In den kommen-den Veranstaltungen auf bezirklicherEbene soll weiter diskutiert werden.Unter anderem soll dabei diemangeln-de personelle Ausstattung der Zweck-verbände auf der Agenda stehen, diezu Rund-um-die-Uhr-Bereitschaftenführten, aber auch fehlerhafte Tarif-anwendungen in der Bezahlung undEingruppierung. Gemeinsam soll fürgute Arbeit in der Wasserversorgungund Wasserentsorgung eingetretenund die Arbeitssituation der Beschäf-tigten verbessert werden.

Florian Böhme

Münchengeht rausaus der KohleNach Bürgerentscheid:

Beschäftigte verlieren Perspektive –

„Wir hängen in der Luft“

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7FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017 EN ERG I E / PO L I T I K

Vorzeitiger Kohleausstiegohne Probleme möglich?Anmerkungen von ver.di zum Gutachten „Ein Kohleausstieg nach dem Vorbild des Atomausstiegs?“ der Agora

Ein Gutachten kommt zu demSchluss, dass der Ausstieg ausder Kohle analog zum Ausstiegaus der Kernenergie rechtlicheinwandfrei möglich wäre. ver.dibestreitet das. Der Grund: Kohleund Atomkraft sind nicht mitein­ander vergleichbar. Denn bei derKernkraft war das Gefährdungs­potenzial eindeutig zuzuordnen.In Sachen Treibhausgase undKohle sieht die Lage anders aus.Außerdem gehe es bei der Kohleauch um Versorgungssicherheit,argumentiert ver.di.

� Im Auftrag der Agora Energiewendehat die Anwaltskanzlei Becker, Büttner,Held ein Rechtsgutachten erstellt, mitdem Ergebnis, dass ein Kohleausstiegs-gesetz in Anlehnung an das Atomaus-stiegsgesetz rechtlich nicht zu bean-standen sei. Dies leite sich aus demUrteil des Bundesverfassungsgerichtesvom 6. Dezember 2016 her, das dieRechtmäßigkeit des Atomausstiegsge-setzes höchstrichterlich bestätigt hat.

In Analogie sei es rechtlich möglich,Kohlekraftwerke, die älter als 25 Jah-re alt sind und damit wirtschaftlichabgeschrieben, entschädigungslosstillzulegen, weil ein übergeordnetesGemeinwohlinteresse bestehe.

ver.di bezweifelt rechtlicheSubstanz des Agora-Gutachtens

Die Gewerkschaft ver.di bezweifelt,dass die imGutachten dargelegte Ana-logie zwischen Kohle- und Atomaus-stieg zwingend ist. Anders als daseindeutig zuordenbare Gefährdungs-potenzial durch Kernkraftwerke ist dieBelastung des Klimas durch Treibhaus-gase nicht ausschließlich den Kohle-kraftwerken zuzurechnen. Auch zahl-reiche andere Emittentengruppentragen zur Klimagefährdung bei. DieBundesregierung hat deshalb im Kli-maschutzplan 2050 erste Vorschlägegemacht, wie alle Emittentengruppen„gerecht“ behandelt werden können,um die Klimaschutzziele zu erreichen– nur in diesem Kontext kann auch einschrittweiser Verzicht auf Kohlever-

stromung klimapolitisch und damitauch rechtlich gewürdigt werden.Auch muss bei einem zu vereinba-

renden Kohlekonsens, der nach Mei-nung von ver.di unverzichtbar am An-fang eines beschleunigten Kohleaus-stieges stehen sollte, die individuelleSituation jedes einzelnen Kraftwerkesberücksichtigt werden, beispielsweisedie Höhe der jeweiligen spezifischenBelastung, die im Verlauf der Betriebs-dauer vorgenommenen Modernisie-rungen, die Einbindung von emissions-mindernder Kraft-Wärme-Kopplungund anderes mehr. Allein die Fokussie-rung auf eine Betriebsdauer von 25Jahren führt auch klimapolitisch in dieIrre.

Kohleausstieg ist nicht nur einrechtliches Problem

Ungeachtet der rechtlichenArgumenta-tionweistdieGewerkschaft ver.didaraufhin, dass bei einem formalen Ausstiegaus der Kohleverstromung nach einer25-jährigen Betriebsdauer zahlreicheweitere Probleme zu lösen sind.

Kohlekraftwerke tragen wie auchGaskraftwerke derzeit ganzwesentlichdazu bei, dass trotz zunehmender Ein-speisung von Strom aus wetterabhän-gigen, volatilen erneuerbaren Energiendie Versorgungssicherheit gewährleis-tet bleibt. Bis auf weiteres, solangekeine ausreichenden Speicherkapazi-täten vorhanden sind, bleiben jeden-falls fossile Kraftwerke unverzichtbar,um verlässlich bei Ausfall erneuerbarerKapazitäten die verbleibende Resi-duallast zur Verfügung zu stellen. Auchim bekannten Gutachten der AgoraEnergiewende, das den Kohleausstiegbis 2040 untersucht und als möglichdarstellt, wird dieses Problem thema-tisiert. Danach müssten bei einem Ver-zicht auf Kohlekraftwerke im angege-benen Zeitraum neue, zugebaute Gas-kraftwerke und perspektivisch auch einZuwachs an Speichern die Lücke beider Residuallast-Deckung überneh-men. Ein verantwortlicher Konsensüber einen vorzeitigen Kohleausstiegmuss deshalb nach Ansicht von ver.diauch eine verbindliche Bereitstellung

dieser Kapazitäten beinhalten, inklu-sive der Finanzierung der Projekte.

Sozialverträglichkeit

15 000 Beschäftigte arbeiten derzeitin den Kohlekraftwerken, noch einmal15 000 im Braunkohlebergbau. Einvorzeitiger Ausstieg aus der Kohlever-stromung muss nach Ansicht der Ge-werkschaft ver. di auch eine verbind-liche Übereinkunft beinhalten, dassdiese Beschäftigten keinerlei materi-elle Einbußen erleiden, wenn ihr Ar-beitsplatz aufgrund von politischenEntscheidungen verloren geht. ver.dihat hierfür den Vorschlag eines „Sozi-alpools“ gemacht, in den diese Be-schäftigten nach Schließung ihresKraftwerks überführt werden. Umdiesen ausreichend auszustatten, so-dass Einkommenseinbußen vermiedenwerden, wären bis 2050 Mittel in ma-ximaler jährlicher Höhe von 250 Mil-lionen Euro bereit zu stellen, beispiels-weise aus dem Finanzaufkommen desEmissionshandels.

Reinhard Klopfleisch

Ohne Lösung der Probleme der Versorgungs-

sicherheit und der sozialen Absicherung der

Beschäftigten kann es nach Ansicht der ver.di

keinen Kohlekonsens geben, ganz gleich wie

am Ende die juristische Wertung einer politi-

schen Ausstiegsregelung ausfallen wird.

Ausschreibung für KWK – Top oder Flopver.di setzte mehrere Nachbesserungen durch – „Wir brauchen Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung“

Die Zeit der Ausschreibungen für öffentliche Kraft­Wärme­Kopplungs­anlagen (KWK) hat am 1. Dezember begonnen. Bis zu diesem Terminkonnten Energieversorger erstmals Gebote für neue oder zu modernisie­rende KWK abgeben. Die günstigsten 100 Megawatt, also diejenigen,die die geringste Förderung beanspruchen, bekommen den Zuschlag.ver.di hatte den Verordnungsentwurf, der die Bedingungen der Aus­schreibung regelt, scharf kritisiert – an einigen wichtigen Punkten wurdever.dis Vorschlägen dann gefolgt. Die Frage bleibt: Beginnt trotz allemdas langsame Ende der öffentlichen Kraft­Wärme­Kopplung?

�Am 29. Juni 2017 hat der Bundestagder KWK-Ausschreibungsverordnung(KWKAusV) zugestimmt. Damit stehendie wesentlichen Eckpfeiler für dieAusschreibungen nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG2017) fest. Die Ausschreibungen be-treffen neue und modernisierte KWK-Anlagen im Leistungssegment zwi-schen einer elektrischen Leistung voneinem bis 50 Megawatt sowie die neugeschaffene Förderkategorie der so-genannten innovativen KWK-Systeme(iKWK-Systeme). Entsprechend hat die

Bundesnetzagentur am 6. Oktober2017 die erste Ausschreibungsrundefür Kraft-Wärme-Kopplungsanlagenfür den Gebotstermin 1. Dezember2017 amtlich bekannt gegeben. Indieser Runde kam nur herkömmlicheKWK zur Ausschreibung, iKWK-Syste-me sollen erst Anfang 2018 ausge-schrieben werden.ver.di hatte – wie auch die Verbän-

de der Energiewirtschaft – zahlreicheÄnderungen des ursprünglichen Ent-wurfs gefordert. Unsere Befürchtung:Soll die Ausschreibungsverpflichtung

nicht zur „Beerdigung erster Klasse“mutieren, muss sie nach Ansicht vonver.di wesentlich nachgebessert wer-den. Im Großen und Ganzen ist eszwar bei dem grundsätzlichen Aus-schreibungsdesign geblieben. EinigeÄnderungen haben sich jedoch nochauf den letzten Metern ergeben. DieFrage ist, ob sie ausreichen, um abdem Jahr 2018 noch KWK-Zubau undKWK-Modernisierung attraktiv zu ma-chen.Wie in den Vorentwürfen vorgese-

hen, beträgt das Höchstgebot in dieserersten Ausschreibungsrunde siebenCent pro Kilowattstunde. Und werweniger Förderung will, erhöht seineChancen auf den Zuschlag. Denn eserhalten die niedrigsten Gebote denZuschlag, bis das Volumen der Aus-schreibungsrunde von 100 Megawatterschöpft ist. Interveniert hatte ver.dibei der zu leistenden Sicherheit von100 Euro pro Kilowatt der Gebotsmen-

ge. Das wären bis zu zehn Prozent derInvestitionskosten gewesen. Jetzt wur-de diese Sicherheit letztlich mit 70Euro pro Kilowatt festgesetzt.Auch an anderer Stelle hatte ver.di

Erfolg. Die Zahl der Vollbenutzungs-stunden, die pro Jahr maximal vergü-tet werden, wird von 3000 auf 3500erhöht. Damit wird die Flexibilität fürstromgeführte Anlagen erhöht. Esbleibt aber bei der Förderung von ins-gesamt30000Vollbenutzungsstundenbei KWK-Anlagen und 45 000 beiiKWK-Systemen, sodass sich die Min-destförderdauer etwas verkürzt. 30Jahre sind weiterhin als Obergrenzefestgelegt.Das Erfordernis, einen elektrischen

Wärmeerzeuger vorzuhalten, wirdstatt auf 100 jetzt auf 30 Prozent dermaximalen Wärmeleistung der KWK-Anlage begrenzt. Hintergrund ist, dassein elektrischer Wärmeerzeuger zwarbei entsprechender Anwendung eine

markt- und netzdienliche Fahrweisebesonders eff izient gewährleistenkann. Zugleich soll es aber dem An-lagenbetreiber überlassen bleiben, zueinem gewissen Grad bestehendeoder alternative Wärmeerzeugungs-anlagen oder Speicher einzusetzen,um die Wärmebereitstellung sicher-zustellen.Zum Redaktionsschluss war noch

nicht abzusehen, ob sich genügendKWK-Betreiber finden, um die ausge-schriebeneMenge in der ersten Rundeabzudecken. Angesichts nach wie vorniedriger Strompreise könnte insbe-sondere die Gebotsobergrenze vonsieben Cent pro Kilowattstunde poten-zielle Investoren abschrecken. Solltedies der Fall sein, fordert ver.di-Vor-standsmitgliedAndreas Scheidt schnel-le Nachbesserung. Sein eindringlicherAppell: „Wir brauchen den kontinuier-lichen Ausbau der öffentlichen KWK,um die Energiewende weiter voranzu-bringen, sowohl stromseitig als idealeErgänzung von Wind und Solar, alsauch wärmeseitig, um die Klimazielebei der Wärmeversorgung der großenStädte erreichen zu können.“

Reinhard Klopfleisch

Das Heizkraftwerk Heilbronn gehört zu den großenSteinkohlekraftwerken der EnBW FOTO: ENBW

8 AB FA L LW I RT S CHA F T FACHBEREICH VER- UND ENTSORGUNG 04·2017

Insgesamt 5,4 Prozent für Suez-BeschäftigteNach vier Tagen Streik war das Tarifergebnis perfekt – Belegschaft und ver.di: Abschluss kann sich sehen lassen

Für die 680 Beschäftigten an sieben Standorten des Entsorgers Suez inden ver.di­Bezirken Baden­Württemberg und Rheinland­Pfalz­Saarlandgilt ein neuer Entgelttarifvertrag. Insgesamt sieht das Tarifergebnis beieiner Laufzeit von 24 Monaten Einmalzahlungen und prozentuale Er­höhungen vor, die sich insgesamt auf 5,4 Prozent belaufen. Für AngeloBonelli, ver.di­Verhandlungsführer für die Abfallwirtschaft im Südwes­ten, wurde damit – zusammen mit den Beschäftigten – ein Tarifergebniserzielt, das sich sehen lassen kann.

� Eigentlich lag das Ergebnis des erstenHaustarifvertrages mit Suez rechtschnell vor: Die ver.di-Tarifkommissionfür diesen Bereich hatte eine Forderungvon sechs Prozent mehr Geld für zwölfMonate beschlossen, was der Arbeit-geber zurückwies. Der Start war zäh:Der Arbeitgeber stieg sehr bescheidenein – 30 Euro monatlich sollten es fürzwölf Monate als Einmalzahlung sein,zuzüglich 0,5 Prozent mehr Geld, unddas in Summe für das Jahr 2017 alsauch 2018. Für die Beschäftigten einAngebot, über das es wenig zu disku-tieren gab. Ihre Einschätzung: „Dasgeht gar nicht.“Danngab es nur eineAntwort:Warn-

streiks. Die Beschäftigten legten ins-gesamt vier Tage die Arbeit nieder –drei Tage in der Woche vor dem31.Oktober und 1. November, die inBaden-Württemberg 2017 Feiertagewaren, und einen Tag danach. Dannlenkte der Arbeitgeber ein. Die Streik-

tage hatten gezeigt, was passiert,wenn die Müllfahrer nicht fahren: Vie-lerorts quollen – auch als Folge derFeiertage – die Mülltonnen über, wassich unschön im Stadtgebiet nieder-schlug. Durch die Streiks konnte derprivate Entsorger Suez seinen Ver-pflichtungen nichtmehr nachkommen.Und wie ist die Stimmung in den

Suez-Betrieben? Angelo Bonelli, ver.di-Verhandlungsführer, spricht von zufrie-denen Gesichtern. „Die Streiks habenWirkung erzielt“, sagt er. Die Kollegin-nen und Kollegen können mit demAbschluss leben. Die Tarifauseinander-setzung in den Betrieben, die Diskus-sionen, die Streiks haben dazu beige-tragen, dass ver.di nun über 40 Kolle-ginnen und Kollegen mehr zählt. DerOrganisationsgrad, der bei Suez bisherschon stattlichwar, ist nun noch höher.„Uns war wichtig, eine tabellenwirksa-me Erhöhung durchzusetzen“, betontChristian Hartard, ver.di Rheinland-

Pfalz. So werde ein Beitrag dazu ge-leistet, dass die Beschäftigten nicht nurjetztmehr in der Tasche haben, sondernauch später mehr von der Rente.Suez ist immer noch Mitglied im

Tarifverbund des Bundesverbandes derDeutschen Entsorgungswirtschaft.Dass dennoch Haustarifverträge aus-gehandelt werden müssen, hat eineneinfachen Grund: Jahrelang versuchteder BDE, das Tarifniveau in der Branchezu drücken. Mit einem niedrigerenTarifniveau wollte der Verband derErosion in seiner Mitgliederschaft ent-gegenwirken. Doch im Gegenteil: Im-mer mehr Unternehmen verabschie-deten sich aus dem Verband und er-setzten den bundesweit geltendenTarifvertrag durch Haustarifverträge.Als nun im Frühjahr 2017 der BDE

wiederum deutlich machte, auch die-ses Jahr könne es nur minimale Ein-kommenserhöhungen geben, setztever.di die Verhandlungenmit dem BDE

nicht fort. Seither werden auch in denBetrieben des BDE-TarifverbundesHaustarifverträge vereinbart.

Jana Bender

TAR I F E

Der Suez-Abschluss im DetailRückwirkend zum 1. August bekommen die Beschäftigten des EntsorgersSuez in den ver.di-Bezirken Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz-Saar-land zwei Prozent mehr Geld. Zum 1. Januar 2018 werden die Einkommenerneut um zwei Prozent erhöht. Außerdem wurde eine sogenannte Erho-lungsbeihilfe für 2017 als Einmalzahlung von netto 150 Euro und zudemeine Einmalzahlung von brutto 125 Euro vereinbart. Die beiden Einmalzah-lungen werden im Dezember ausbezahlt. Die Azubis erhalten für 2017 eineEinmalzahlung von 275 Euro. Von Januar an steigen die Einkommen derAzubis dann um monatlich 150 Euro.

„Wir sind auf einem guten Weg“Bundesfachgruppe Abfallwirtschaft setzt auf Haustarifverträge – Bereits vier Abschlüsse erzielt

Haustarifverträge stehen in der privatenAbfallwirtschaft bei ver.di seit dem Frühjahrim Fokus. Der Grund: ver.di hatte die Tarif­verhandlungen mit dem Bundesverband derprivaten Entsorgungswirtschaft (BDE) nachdrei Verhandlungsrunden beendet, ohnedass ein Ergebnis erzielt worden war. An dieStelle des Rest­Flächentarifvertrags solltenHaustarifverträge treten. Wie sieht die Lageaus? Darauf geht Katrin Büttner­Hoppe ein,Leiterin der Fachgruppe Abfallwirtschaft inder ver.di­Bundesverwaltung.

� In der privaten Abfallwirtschaft gibtes keinen Flächentarifvertrag mehr.Was passiert stattdessen derzeit?Büttner-Hoppe: Wir arbeiten anHaustarifverträgen. Einige sind bereitsunter Dach und Fach.Mit Abschlüssen,die sich sehen lassen können. DassHaustarifverträge mit erheblichen An-strengungen verbunden sind, das stehtaußer Frage. Außerdem garantierenFlächentarifverträge ein einheitlichesEinkommensniveau. Und sie stehen fürSolidarität: Starke Betriebe kämpfenfür die schwachen mit. Bei Haustarif-verträgen kämpft jede Belegschaft fürsich.

Dennoch war der Flächentarif nichtmehr zu halten?Büttner-Hoppe: Nein, wir sahen imFrühjahr keine Möglichkeit mehr füreinen guten Flächentarif. Man muss jaim Hinterkopf haben, was in den ver-gangenen Jahrenmit demTarifverbundBDE passierte: Denn immer mehr Be-triebe sind zwar weiter im BDE, abernicht mehr im Tarifverbund. Für siegelten inzwischen meist Haustarifver-träge wie für veolia oder ALBA. Der

BDE zog aus dem Mitgliederschwundden Schluss, dass das Tarifniveau sin-ken müsse. Das Ergebnis: Magere Ta-rifabschlüsse, was wiederum die Be-schäftigten sehr frustrierte und denOrganisationsgrad nicht steigen ließ.Das wiederum hat zur Folge, dass dieTarifmacht von ver.di auch nicht stieg.Die Haustarifverträge sind deshalbauch eine Chance, aus dieser Spiraleauszusteigen.

Ist das bisher gelungen?Büttner-Hoppe: Wir sind auf einemguten Weg. Erste Abschlüsse sind un-terschrieben, wie für die Beschäftigtender Berlin Recycling, für die MPS Ber-lin, für die Dresdner Stadtreinigungund jetzt auch für Suez im SüdwestenRheinland-Pfalz-Saar. Diese Abschlüs-se zeigen, dass die bisherige Tarifpolitikdes BDE schlicht nichts mit der Lagein der Branche zu tun hat. Aber natür-lich gab es diese Haustarifverträgeauch nicht umsonst. Vier Tage Streikbrauchten die Suez-Arbeitgeber, bevorsie einlenkten. Zwei Tage streikten dieKolleginnen und Kollegen der BerlinRecycling. Diese Tarifverhandlungen

haben aber auch gezeigt, dass die Ent-schlossenheit und das Engagement derKolleginnen und Kollegen zu gutenAbschlüssen führen.

Die Abschlüsse haben jetzt bereits diePflöcke eingerammt?Büttner-Hoppe: Natürlich schielenalle auf die bereits unterschriebenenAbschlüsse. Das heißt aber nicht, dassdiese einfach so von anderen Betriebenübernommenwerden. Ganz imGegen-teil. Und das sind die Nachteile vonHaustarifverträgen: Jede Belegschaftkämpft für sich und jede Belegschaftmuss auch kämpfen, um einen gutenAbschluss zu erzielen. Es fliegt unsnichts zu. Es braucht die Bereitschaftzu Engagement, zu Aktivität. Die Kol-leginnen und Kollegen müssen mitaller Kraft die Verhandlungsführer un-terstützen. Dazu gehört natürlich, dass

derOrganisationsgrad in den Betriebensteigt. Das ist der erste Schritt. Nur mitvielen Mitgliedern hat ver.di die Tarif-macht, gute Abschlüsse zu erzielen.

Und wenn kein Haustarifvertrag zu-stande kommt – was bedeutet das fürdie Einkommen?Büttner-Hoppe: Dann gilt der alteTarifvertrag des BDE weiter – nur, eserfolgen keine Anpassungen. Bezie-hungsweise dann kämpft jeder Be-schäftigte für sich alleine um mehrGeld. Und damit steht der Betreffendesehr schwach da. Einen guten Haus-tarif auszuhandeln bedeutet eben zu-nächst, sich im Betrieb zu organisieren,gemeinsamdie Forderungen aufzustel-len, für die sich mit aller Kraft einzu-setzen alle bereit sind – und so dieVerhandlungskommission zu unter-stützen.

Und welche Rolle spielt der Mindest-lohn?Büttner-Hoppe: Für die Abfallwirt-schaft galt bis zum 31. März 2017 einBranchenmindestlohn von 9,10 Euro.Dieser ist für die Beschäftigten derEntsorgungswirtschaft nur noch in derNachwirkung. Das heißt, alle Beschäf-tigten, die nach dem 31. März ein-gestellt wurden, können sich nur aufden gesetzlichen Mindestlohn von8,84 Euro stützen. Das ist absolut un-akzeptabel. Der Mindestlohn musszwischen ver.di auf der einen Seiteund den öffentlichen wie privatenArbeitgebern auf der anderen Seiteausgehandelt werden. Der BDE hatnun, nach Zeiten der Verweigerungin einer Pressemitteilung verlautenlassen, er wolle den Mindestlohn wei-ter verhandeln – auch wenn der Flä-chentarifvertrag nicht weiter verhan-delt wird. Wir haben nichts dagegen.Vielmehr freuen wir uns über dieKehrtwende des BDE. Aber wir setzenvoraus, dass der Mindestlohn nunzweistellig wird.

Fragen von Jana Bender

Katrin Büttner-Hoppe

J U G END - D E L E GAT I ON AU S DGB UND ÖGB B E SU CH T I S R A E L

Ein unglaubliches LandErstmals hat eine Jugenddelegation aus DGB und dem österreichischen Ge-werkschaftsbund (ÖGB) Israel besucht. Der Delegation, die Ende Oktober bisAnfang November unterwegs war, gehörten insgesamt 22 junge Leute an.Die Reise nach Israel führte die jungen Gewerkschafter unter anderem zur

Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und durch Old Jaffa. Sie besuchten dieWasserquelle Nir Am im Gazastreifen, sie besichtigten die LebensmittelfabrikOzem in Sterod und sprachen mit den Betriebsräten. Die Delegation besuch-te unter anderem auch einen Kindergarten, den jüdische und muslimischeKinder besuchen. Und: Sie nahmen an einer Führung durch das israelische Parlament Knesset teil und waren aktivbei der Friedensdemonstration am 4. November dabei. Am diesem Novembertag wurde der Friedenspräsident Yitz-ak Rabin in Tel Aviv auf offener Straße von einem Attentäter ermordet.Das Fazit der Teilnehmer der Delegation: „Das Land ist weltoffen und vielfältig“, meinten die jungen Gewerkschaf-

ter: „So viele Kulturen – und es herrscht Frieden.“ Andere hoben anerkennend hervor: „Ein unglaubliches Land.“Einige räumten ein, dass sie ihr Israel-Bild, das vor allem durch die Medien geprägt war, revidieren mussten.

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