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Seite 32 April 2011 Ausgabe 31 Lesen Sie wohnungswirtschaft-heute.de Fakten und Lösungen für Profis Führung und Kommunikation 4 Urteile: Wohnungsräumung, Eigentümerversammlungen, Mieter und Steuer, Stromtrasse Wohnungsräumung bei 90-jähriger Mieterin verhindert. Vor Eigentümerversammlungen muss Klarheit herr- schen. Problem bei befristeter Anmietung eines historischen Objekts. Stromtrasse dulden? Grundstückseigen- tümer wehrte sich dagegen. Vier neue Urteile zum Recht rund ums Wohnen, zusammengestellt von Dr. Ivonn Kappel vom Infodienstes Recht und Steuern der LBS. Respekt vor dem Alter - Wohnungsräumung bei 90-jähriger Mieterin verhindert Unter normalen Umständen muss eine Räu- mungsvollstreckung gegen einen Mieter vollzo- gen werden, wenn alle rechtlichen Mittel ausge- schöpſt wurden. Doch die Zivilprozessordnung sieht ausdrücklich vor, dass dieses Verfahren „mit den guten Sitten vereinbar“ sein muss. Das kann nach Information des Infodienstes Recht und Steuern der LBS unter anderem bei hoch betagten Mietern eine Zwangsräumung verhindern. Der Fall: Eine 90-jährige Frau sollte kraſt rechtskräſtigem Bescheid ihre Mietwohnung ver- lieren, weil sie in Zahlungsrückstand geraten war. Die Betroffene und ihre Rechtsberater wollten das verhindern - mit Hinweis auf die angegriffene Ge- sundheit der Frau. Unter anderem litt sie an einer leichten senilen Demenz. Man befürchtete, dass ihre Orientierungsschwierigkeiten durch einen Ortswechsel zunehmen könnten. Zunächst waren die Kläger damit nicht erfolgreich. Ein Berufungsgericht entschied, diese Argumente sei- en nicht ausreichend. Es bestehe keine Lebensgefahr für die Greisin. Soziale Kontakte seien zwar wichtig, aber diese könnten auch in einer anderen Wohnung erhalten werden. Das Urteil: Sich so stark auf die Frage der akuten Lebensgefahr zu konzentrieren, wie das die vorhergehenden Richter getan hatten, sei nicht angemessen, stellte der Bundesge- richtshof fest. Zwar sei das Leben der 90-Jährigen tatsächlich nicht im direkten Zusam- menhang mit der Räumung bedroht. Aber man müsse nach einem solchen Schritt „mit einer Beschleunigung des gesundheitlichen Verfalls und der Verkürzung ihrer Lebenser- wartung rechnen. Und das führe in einer Gesamtbewertung des Falles dann doch dazu, die Räumungsvollstreckung in Frage zu stellen. Bundesgerichtshof, Aktenzeichen I ZB 11/09

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Führung und Kommunikation

4 Urteile: Wohnungsräumung, Eigentümerversammlungen, Mieter und Steuer, StromtrasseWohnungsräumung bei 90-jähriger Mieterin verhindert. Vor Eigentümerversammlungen muss Klarheit herr-schen. Problem bei befristeter Anmietung eines historischen Objekts. Stromtrasse dulden? Grundstückseigen-tümer wehrte sich dagegen. Vier neue Urteile zum Recht rund ums Wohnen, zusammengestellt von Dr. Ivonn Kappel vom Infodienstes Recht und Steuern der LBS.

Respekt vor dem Alter - Wohnungsräumung bei 90-jähriger Mieterin verhindert

Unter normalen Umständen muss eine Räu-mungsvollstreckung gegen einen Mieter vollzo-gen werden, wenn alle rechtlichen Mittel ausge-schöpft wurden. Doch die Zivilprozessordnung sieht ausdrücklich vor, dass dieses Verfahren „mit den guten Sitten vereinbar“ sein muss. Das kann nach Information des Infodienstes Recht und Steuern der LBS unter anderem bei hoch betagten Mietern eine Zwangsräumung verhindern.

Der Fall: Eine 90-jährige Frau sollte kraft rechtskräftigem Bescheid ihre Mietwohnung ver-lieren, weil sie in Zahlungsrückstand geraten war. Die Betroffene und ihre Rechtsberater wollten das verhindern - mit Hinweis auf die angegriffene Ge-sundheit der Frau. Unter anderem litt sie an einer leichten senilen Demenz. Man befürchtete, dass ihre Orientierungsschwierigkeiten durch einen Ortswechsel zunehmen könnten. Zunächst waren

die Kläger damit nicht erfolgreich. Ein Berufungsgericht entschied, diese Argumente sei-en nicht ausreichend. Es bestehe keine Lebensgefahr für die Greisin. Soziale Kontakte seien zwar wichtig, aber diese könnten auch in einer anderen Wohnung erhalten werden.

Das Urteil: Sich so stark auf die Frage der akuten Lebensgefahr zu konzentrieren, wie das die vorhergehenden Richter getan hatten, sei nicht angemessen, stellte der Bundesge-richtshof fest. Zwar sei das Leben der 90-Jährigen tatsächlich nicht im direkten Zusam-menhang mit der Räumung bedroht. Aber man müsse nach einem solchen Schritt „mit einer Beschleunigung des gesundheitlichen Verfalls und der Verkürzung ihrer Lebenser-wartung rechnen. Und das führe in einer Gesamtbewertung des Falles dann doch dazu, die Räumungsvollstreckung in Frage zu stellen.

Bundesgerichtshof, Aktenzeichen I ZB 11/09

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Überraschungen unerwünscht - Vor Eigentümer-versammlungen muss Klarheit herrschen

In Eigentümerversammlungen werden häufig weit reichen-de Entscheidungen getroffen. Manchmal geht es um finan-zielle Fragen, manchmal um die bauliche Gestaltung der Wohnanlage. Deswegen er-wartet die deutsche Rechtspre-chung nach Auskunft des Info-dienstes Recht und Steuern der LBS, dass die einzelnen Mit-glieder der Gemeinschaft in der Einladung zur Versamm-lung genau erfahren, worum es gehen wird.

Der Fall: Eine Eigentümergemeinschaft beschloss, dass der Verwalter künftig eine Bescheinigung über haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen ausstellen solle. In der Einladung war das unter Tagesordnungspunkt 8 auch vergleichs-weise detailliert aufgeführt worden. Der Verwalter war mit dem Beschluss der Eigentü-mer nicht einverstanden und reichte dagegen eine Anfechtungsklage ein. Unter anderem argumentierte er, dass der angekündigte Beschlussgegenstand nicht ohne weiteres ver-ständlich gewesen sei.

Das Urteil: Das Kammergericht Berlin betonte, wie wichtig es sei, Mitglieder von Ei-gentümergemeinschaften vor überraschenden Beschlüssen zu schützen. Wie genau das zu Beratende in der Einladung angesprochen werde, das hänge von „der Bedeutung des Beschlussgegenstandes“ und „dem berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungs-eigentümer“ ab. Jeder müsse zumindest an Hand der vorliegenden Unterlagen entschei-den können, ob er überhaupt teilnehmen will oder nicht. Übertriebene Anforderungen dürfe man dabei nicht stellen. Im vorliegenden Fall habe man das alles erfüllt, deswegen sei der Beschluss der Gemeinschaft durch den Verwalter nicht anzufechten.

Kammergericht Berlin, Aktenzei-chen 24 W 93/08

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Ein „eigenes Gebäude“? - Problem bei befristeter Anmietung eines historischen Objekts

Die Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohn-zwecken genutzte Baudenkmale kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn ein histo-risches Gebäude lediglich für die Dauer von 35 Jahren angemietet wurde. So hat es die Finanz-Rechtsprechung nach Information des Infodiens-tes Recht und Steuern der LBS entschieden.

Der Fall: Eine Künstlerin hatte ein unter Denkmalschutz stehendes Objekt aus dem 18. Jahrhundert angemietet, um dort private Wohn-räume und ein Atelier einzurichten. Die Miete betrug monatlich nur wenige 100 Euro, doch die Frau investierte weit über 250.000 Euro in die Sa-nierung des Gebäudes. Diese Ausgaben machte sie anschließend steuerlich geltend - unter ande-rem auch für die privaten Wohnräume als Auf-wendungen „am eigenen Gebäude“. Genau das bestritt der Fiskus. Von einem eigenen Gebäude

könne man angesichts des befristeten Mietverhältnisses nicht sprechen, auch wenn sich diese Vertragsbeziehung über 35 Jahre erstrecke.

Das Urteil: Bei einem eigenen Gebäude sei es erforderlich, dass der Steuerpflichtige „zivilrechtlicher oder doch zumindest wirtschaftlicher Eigentümer“ sei, entschieden die Finanzrichter. Beides sei hier nicht der Fall, man habe es mit einem Nutzungsberechtig-ten zu tun. Erst bei einem Nutzungsrecht von mindestens 50 Jahren könne man auch einen Mieter unter Umständen als den wirtschaftlichen Eigentümer betrachten.

Leitung dulden? - Grundstückseigentümer wehrte sich dagegen

Große Begeisterung dürfte bei den wenigsten Grundstück-besitzern ausbrechen, wenn Stromleitungen auf ihrem Grundstück verlegt werden sollen. Viele werden versuchen, darum herumzukommen und den Anbieter dazu zu zwingen, andere Wege zu beschreiten. Doch nicht immer ist das er-folgreich. Wenn jemand selbst Inhaber eines Stromanschlus-ses ist, muss er es im Regelfal-le dulden, dass die Leitungen

über seinen Grund und Boden geführt werden - zum Beispiel, damit andere Anlieger versorgt werden können. Das Versorgungsunternehmen darf in seiner Auswahl über die

Finanzgericht Hamburg, Akten-zeichen 6 K 150/07

Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ZR 223/09

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günstigste Trassenführung nicht allzu sehr beeinflusst werden. Hier hatte der Eigentü-mer darauf hingewiesen, dass seiner Meinung nach auch eine Verlegung im Straßenraum möglich sei. Nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS muss allerdings bei einer alternativen Route nicht zwingend auf öffentlichen Grund ausgewichen werden. Anders ist es bei einer Enteignung, die hier gar nicht zur Debatte stand. In diesem Falle sind vorrangig Grundstücke der öffentlichen Hand in Anspruch zu nehmen.

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