60. jahrestag zur gründungdes deutschen sportbundes

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60. Jahrestag zur Gründung des Deutschen Sportbundes 20. Jahrestag der Einheit des Deutschen Sports Feierstunde am 10. Dezember 2010 im Hodlersaal des Rathauses zu Hannover

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20. Jahrestag der Einheit des Deutschen Sports - Feierstunde am 10. Dezember 2010 im Hodlersaal des Rathauses zu Hannover

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60. Jahrestag zur Gründung

des Deutschen Sportbundes

20. Jahrestag der Einheit des Deutschen Sports

Feierstunde am 10. Dezember 2010 im Hodlersaal des Rathauses zu Hannover

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Impressum: 60. Jahrestag der Gründung des Deutschen Sportbundes, 20. Jahrestag der Einheit des Deutschen Sports, Dokumentation zur

Feierstunde am 10. Dezember 2010 in Hannover l Foto: DOSB I Deutscher Olympischer SportBund l D-60528 Frankfurt am

Main l Tel. +49 (0) 69 / 67 00 0 Fax +49 (0) 69 /67 25 81 l www.dosb.de l E- Mail [email protected] l

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Mitglieder des ersten Präsidiums des Deutschen Sportbundes: (v. l.) Ludwig Wolker, Paul Reinberg, Walter Wülfing, Heinrich Hünecke, Max Danz, Oscar Drees, Heinz

Lindner, August Zeuner, Herbert Kunze, Karl Ritter von Halt als Vertreter des Nationalen Olympischen Komitees, Gerhard Schlegel, Johannes Stoll, Bernhard Baier, Willi

Daume

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Inhaltsverzeichnis

60. Jahrestag zur Gründung des Deutschen Sportbundes .....................................................1

20. Jahrestag der Einheit des Deutschen Sports .....................................................................1

Das gemeinsame Dach des deutschen Sports ........................................................................5

I Schwierige Anläufe bis zur Gründung.............................................................................5

I Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) gegründet ..........................................6

I Der historische Kompromiss von Hannover....................................................................8

I 56 Jahre Geschichte und Entwicklung des DSB.............................................................8

I Unterstützung durch Konrad Adenauer...........................................................................8

I Höhepunkte und Schwerpunkte ......................................................................................9

I Mitgestalter gesellschaftlicher Entwicklungen...............................................................10

I Von der „Charta des deutschen Sports zum „Leitbild des deutschen Sports“ ..............11

I Die Entwicklung der vereinten deutschen Sportbewegung...........................................12

I 50 Jahre DSB in Hannover ...........................................................................................13

I Auf dem Weg zur vereinten Dachorganisation..............................................................14

I Fünf Präsidenten führten den DSB ...............................................................................14

Protokoll .................................................................................................................................16

20 Jahre deutsche Einheit: Der Sport war Vorbild .................................................................58

Zeitleiste zur deutsch-deutschen Einheit im Sport .................................................................60

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Das gemeinsame Dach des deutschen Sports

I Rückblick zum 60. Geburtstag des Deutschen Sportbundes

Von Friedrich Mevert

Als am 10. Dezember 1950 um Punkt 12.00 Uhr im Hodlersaal des Rathauses zu Hannover die neue

Dachorganisation des deutschen Sports formell gegründet war, hat wohl niemand der damals 84 De-

legierten ahnen können, welche qualitative und quantitative Entwicklung der soeben aus der Taufe

gehobene Deutsche Sportbund in den kommenden Jahrzehnten einmal nehmen würde. Schließlich

hatte es langjähriger schwieriger Verhandlungen - von der Zielsetzung bis zur Namensgebung - und

mehrerer Anläufe für ein gemeinsames Dach bedurft, „unter dem sich alle wohlfühlen sollten“, um Willi

Daume in späteren Jahren zu zitieren.

I Schwierige Anläufe bis zur Gründung

Nach dem Aufbau der Strukturen des neuen demokratischen Staates Bundesrepublik Deutschland

stand auch im deutschen Sport ein inhaltlicher und organisatorischer Neubeginn bevor, nachdem in

der Folge der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschen Re

Schwierige Anläufe bis zur Gründung

iches vom 8./9.

Mai 1945 mit der Direktive 23 des Alliierten Kontrollrats der vier Besatzungs-mächte vom 27. Dezem-

ber 1945 die Auflösung aller bestehenden Sportorganisationen verfügt, und die Gründung zentraler

Sportverbände über die Kreisgrenzen hinaus verboten worden war. Doch dieses Verbot konnte ent-

sprechende Initiativen der Sportbeauftragten in den neuen Äm-tern und Behörden nicht stoppen.

Bevor die Direktive 23 in Kraft trat, hatte es in einzelnen Ländern bereits Gründungen von ersten Lan-

dessportbünden gegeben. So schon am 1. Juli 1945 die des Bundes für Sport und Körperpflege für

Württemberg und kurz darauf am 18. Juli die des Bayerischen Landessportverbandes. Am 1. Septem-

ber 1945 konstituierte sich der Hamburger Sportbund und am 11. November der Landessportbund

Rheinland. Die Umsetzung der Direktive 23 wurde von den einzelnen Militäradministrationen auch

zeitlich und inhaltlich sehr unterschiedlich vorgenommen. Obwohl vor allem die britische Militärregie-

rung in Nordwestdeutschland peinlich genau auf die Einhaltung der Verordnung achtete, kam es be-

reits am 13./14. Februar 1946 in Hannover zu einem Treffen der Sportbeauftragten der Landes- bzw.

Provinzregierungen von Westfalen, Oldenburg, Bremen, Hamburg, Hannover und Braunschweig. Da-

bei wurde von britischer Seite die Bereitschaft zur Tolerierung der Bildung eines Zonensportrates für

die britische Zone signalisiert, der dann am 6. Mai 1946 in Detmold begründet wurde.

In Süddeutschland konnte sich der Sport durch die liberale Haltung der amerikanischen Besatzungs-

macht relativ schnell organisieren. Bereits im November 1945 wurde eine Arbeitsgemeinschaft der

süddeutschen Landessportverbände gegründet, die künftig die Diskussion um den Neuaufbau des

Sports in den westlichen Zonen maßgeblich mitbestimmte. Sehr restriktiv verhielt sich dagegen die

französische Besatzungsmacht, die in ihrer Zone das sportliche Leben zunächst auf die Kreisebene

beschränkte und erst 1948 Sportorganisationen auf Länderebene zuließ. Eine Sonderform entwickelte

sich im Saarland, das erst später wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert wurde. Auch

in der Sowjetischen Besatzungszone wurde mit einem kommunalen Sportkonzept und dem Aufbau

einer „antifaschistisch-demokratischen Sportbewegung“ ein gesonderter Weg eingeschlagen, der

schließlich am 28. April 1957 in Berlin (Ost) zur Gründung des Deutschen Turn- und Sportbundes

(DTSB) der DDR führte.

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Eine erste interzonale Sportkonferenz der Westzonen fand am 27./28. November 1946 in Frankfurt

am Main statt, konkrete Ergebnisse gab es bei dieser mehr informellen Zusammenkunft jedoch noch

nicht. Über eine Vielzahl weiterer Besprechungen und Tagungen in den folgenden Monaten mit der

Bildung von verschiedenen Arbeitsgemeinschaften und Sportausschüssen führte der Weg nach der

vorbereitenden gemeinsamen Tagung der Ausschüsse der Fachverbände und Landessportbünde am

28. August 1948 in Schönberg (Taunus) zu einer Plenumsitzung der Vertreter beider Gruppen am

23./24. Oktober 1948 in Bad Homburg.

I Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) gegründet

Die in Schönberg vorberatene Bildung einer Dachorganisation für den (west-)deutschen Sport unter

der Bezeichnung Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) kam zwar zustande, als ADS-Präsident

wurde aber trotz eines Stimmenverhältnisses von 23:16 zugunsten der Fachverbände mit 20:19

Stimmen mit Heinz Lindner (Hessen) überraschend ein Vertreter der Landessportbünde zum ADS-

Präsidenten gewählt. Nach diesem Eklat aus der Sicht des Fußballrepräsentanten Dr. Peco Bauwens

konnte der Bruch der Konferenz nur durch die geschickte Verhandlungsführung und Vermittlung von

Prälat Wolker verhindert werden. Willi Daume (Handball) und Robert Henle (Ski) wurden als Sprecher

der Fachausschüsse zu Stellvertretern Lindners gewählt. Zwar hatte der deutsche Sport nun eine

provisorische Dachorganisation, doch war es bis zur Gründung eines umfassenden Dachverbandes

Ende 1950 noch ein weiter und schwieriger Weg über mehr als zwei Jahre mit zahlreichen Konferen-

zen, Kontroversen, persönlichen Streitereien, Schlichtungsbemühungen und nicht zuletzt auch hem-

menden Auflagen der Besatzungsmächte.

Die ADS und die Landessportbünde arbeiteten dessen ungeachtet weiterhin unbeirrt an ihrem Ziel der

Gründung einer umfassenden Dachorganisation. Nachdem mit der Verkündung des Grundgesetzes

im Mai 1949 die Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland vollzogen war, nachdem im Sep-

tember 1949 das NOK für Deutschland und im gleichen Jahr auch schon zahlreiche Bundesfachver-

bände wiedergegründet worden waren, nachdem nunmehr auch die Landessportbünde der französi-

schen Zone zu den ADS-Mitgliedern zählten, lud die ADS mit Schreiben vom 29. Dezember 1949 alle

Landessportbünde und Fachverbände zur Auflösung der ADS und Gründung einer Spitzenorganisati-

on mit dem Namen „Deutsche Sport-Union“ für den 18./19. März 1950 nach Hannover ein.

Doch dann tauchten in den folgenden Wochen noch einige grundsätzliche Streitfragen zwischen den

verschiedenen Lagern auf, deren Lösung bis zum ursprünglichen Gründungstermin 18./19. März nicht

mehr möglich war. Nach zahlreichen Konferenzen, die die Gründung der Dachorganisation in der Fol-

gezeit immer wieder verzögerten, kam es unter der Leitung von Willi Daume, der sich immer stärker in

die stockenden Verhandlungen einschaltete, am 7. Mai 1950 zu einer Konferenz zwischen dem ADS-

Präsidium und den Fachverbänden in Frankfurt. Dabei konnte in den acht wesentlichen Punkten - von

den Kernmitgliedern bis zum Namen der künftigen Dachorganisation Deutsche Sportunion (DSU) -

Übereinstimmung erzielt werden. Walter Wülfing arbeitete aus den unterschiedlichen Auffassungen

die Kompromisslösung heraus, wonach die beiden großen Verbände DFB und DTB je zwei Grund-

stimmen erhalten und die beiden Richtungen der Verbände und Bünde im künftigen Präsidium etwa

gleich stark vertreten sein sollten.

Dennoch entstanden erneut auch in den folgenden Wochen wieder Schwierigkeiten, die die Gründung

des späteren DSB verzögerten und die vor allem den Einsatz von Prälat Ludwig Wolker, des Bun-

despräses der katholischen Deutschen Jugendkraft (DJK), forderten, der als Mittler zwischen den

verschiedenen Gruppen fungierte. Wolkers unbestechliche und unparteiische Haltung wurde immer

wieder anerkannt, und später wurde er mit Recht als einer der Väter des Deutschen Sportbundes

bezeichnet.

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Willi Daume schilderte fast vier Jahrzehnte später bei der 2. Hoyaer Tagung zur Entwicklung des

Nachkriegssports im Jahre 1989 im Zeitzeugengespräch die damalige Zielsetzung so:

„Man glaubte, dass der deutsche Sport eine 'Bewegung' sein könnte, in der - wenn auch keine starre

Gemeinsamkeit - so doch eine Einigkeit herrschen könnte. Die Zeit der großen deutschen Not in der

Nachkriegszeit schien dafür eine einmalige Chance zu bieten. Die führenden Persönlichkeiten riefen

dazu auf, nicht wieder - wie vor 1933 - den aktiven Sport in verschiedene Lager wie Arbeitersport,

konfessioneller Sport, Betriebssport, sogenannter bürgerlicher Sport, Deutsche Turnerschaft usw.

getrennt neu zu organisieren, sondern zumindest ein gemeinsames Dach zu schaffen, unter dem sich

alle zuhause fühlen sollten... Ob auch Egoismen mit maßgebend waren, zum Beispiel ein Führungs-

anspruch als Verfolgte des Dritten Reiches, ist schwer zu ermessen. Natürlich gab es solche Befürch-

tungen, dass der Sport in die eine oder andere politische Richtung kommen könne. Aber die Idee der

Einigung war stärker als Unzulänglichkeiten solcher Art, ganz unabhängig von verschiedenen Auffas-

sungen zur Organisationsform... Aber der Grundsatz der 'Einheit in der Vielfalt' gewann mehr und

mehr Gestalt und hat sich bis heute gehalten. Voraussetzung war natürlich immer, dass die einzelnen

Organisationen ihre absolute Selbständigkeit hatten. Auch das ist bis heute so geblieben.“

Auf der Grundlage der Frankfurter Gesprächsergebnisse vom 7. Mai 1950 bekräftigten die Landes-

sportbünde zwar am 15./16. Juni in Stuttgart-Fellbach ihren Willen zur Gründung der Dachorganisati-

on, und auch die Alliierte Hohe Kommission ließ über die Bundesregierung mitteilen, dass sie - die

noch gegen die am 28. Mai 1950 in Frankfurt geplante Gründung des Deutschen Turner-Bundes mas-

siv interveniert hatte - gegen die Gründung eines Sportdachverbandes nichts einzuwenden hätte.

Doch dann stellten die Turner die nach langem Ringen erzielten Kompromisse wieder in Frage. An-

lass war ein Streit in Württemberg, wo sich 66 Turnvereine weigerten, außer dem Landesturnverband

auch dem Landessportbund als Mitglieder anzugehören. Nach einer Solidaritätsresolution des DTB-

Hauptausschusses verlangte nun DTB-Vorsitzender Dr. Walter Kolb die Verschiebung der für den 17.

Oktober geplanten DSB- (bzw. DSU-) Gründung. Der Deutsche Turner-Bund „verwahrte sich ent-

schieden gegen den Versuch, ihn zum Fachverband für Geräteturnen herabzusetzen“.

Erst erneute Gespräche von Daume und Wolker mit führenden DTB-Vertretern brachten eine Beile-

gung des Streits. Selbst ein letzter Querschuss von Bauwens konnte die Entwicklung nicht mehr stop-

pen: Von 24 eingeladenen Fachverbänden folgten nur sieben einer Einladung von Bauwens für den

26. November nach Bremen. DLV-Präsident Max Danz sagte für die Leichtathleten mit der Begrün-

dung ab, dass er „der ewigen Streitereien müde sei“. In Frankfurt aber wurden am 22. November 1950

in einer abschließenden Besprechung zwischen Kolb, Wolker, Lindner, Daume, Hünecke und Wülfing

die Weichen für die Gründungsversammlung am 10. Dezember in Hannover gestellt. Zum Grün-

dungsakt waren übrigens bewusst weder die Bundesregierung noch die Militärregierung der Alliierten

eingeladen worden.

Bei den Bemühungen um die Einheit im deutschen Sport war die Sportjugend dem DSB einen Schritt

voraus. Bereits im April des Jahres 1950 hatten die Jugendleiter aus den Fachverbänden und Lan-

dessportbünden im Jugendberghaus Sudelfeld bei Bayrischzell mit der „Arbeitsgemein-schaft der

Deutschen Sportjugend“ erstmalig einen nationalen Jugendverband der sporttreiben-den Jugend ge-

gründet. Auch dazu Willi Daume 1989 in Hoya anerkennend: „Die Sportjugend hat diese überregiona-

le Gemeinsamkeit zuerst gehabt. Das wurde in Hannover auch als leuchtendes Beispiel herausge-

stellt!“

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I Der historische Kompromiss von Hannover

Landessportbünde und Bundesfachverbände gründeten den Deutschen Sportbund. In seiner Struktur

liefen die Vorstellungen der bürgerlichen (Fachverbandsprinzip), der konfessionellen (ethisches Prin-

zip) und der Arbeiter-Sportbewegung (Vereinsprinzip) zusammen. Der historische Kompromiss von

damals hat sich bis heute als stabil genug erwiesen, um höchst unterschiedliche Gestaltungskräfte

zusammenzuhalten und eine tragfähige Basis für den fortlaufenden Wandel des Sports in unserer Zeit

zu bilden. Was den Namen des Deutschen Sportbundes anging, so gab es bereits auf dem Bundestag

1952 einen Antrag des DTB, ihn in Deutscher Turn- und Sportbund umzuändern. Dies wurde mit 53

gegen 31 Stimmen abgelehnt, aber der erste Satz der DSB-Satzung doch wie folgt geändert; „Der

DSB ist eine freie Gemeinschaft der deutschen Turn- und Sportverbände und Sportinstitutionen.“ Da-

mit tat man den alten Traditionen des Turnens in Deutschland Genüge.

I 56 Jahre Geschichte und Entwicklung des DSB

Natürlich standen für die in Hannover neugewählten Präsidiumsmitglieder, von denen heute niemand

mehr unter den Lebenden weilt, unter der Führung des Enddreißigers Willi Daume in den ersten Jah-

ren der Aufbau der notwendigen Strukturen für eine bundesweite Organisation im Vordergrund. Für

diese Aufgabe stand zur Unterstützung mit einem kleinen Büro in der Dortmunder Westfalenhalle der

erste - noch ehrenamtlich tätige - DSB-Geschäftsführer mit dem zutreffenden Namen Adam Nothelfer

zur Verfügung. Bereits am 16. Februar 1951 wurde das DSB-Präsidium in der Bonner Villa Hammer-

schmidt von Bundespräsident Prof. Theodor Heuss empfangen, der bei dieser Gelegenheit auch die

Schirmherrschaft über den DSB übernahm. Schon damals wurde in einem Schreiben Daumes an den

Deutschen Bundestag die Bildung eines Parlamentausschusses für Sport und Leibeserziehung gefor-

dert, eine Forderung, die dann erst im Vorfeld der Olympischen Spiele München 1972 Wirklichkeit

wurde. Und in einem Brief an den damaligen Bundesfinanzminister Fritz Schaffer wurde von Daume

kritisiert, dass die bisher von der Bundesregierung für die Sportförderung jährlich bereitgestellten

500.000 DM „auch nicht im entferntesten ein Äquivalent für die Werte sind, die der Sport dem Einzel-

nen und damit der Gesamtheit vermittelt“. In den Folgejahren wurde die Kooperation mit Bonn enger,

aber auch die Probleme waren zahlreich, so - um nur ein Beispiel zu nennen - der Kampf um die Frei-

gabe der an vielen Orten noch von den Besatzungsmächten beschlagnahmten Sportanlagen.

Bei der 2. Vollversammlung der Deutschen Sportjugend vom 22. bis 24. März 1951 in Ingelheim/Rhein

wies Willi Daume auf die große Bedeutung der sportlichen Jugendarbeit hin und hob die gute Zusam-

menarbeit im DSB mit der DSJ hervor. Bereits Ende Mai 1951 veranstaltete der DSB in Stuttgart einen

Internationalen Kongress „Sport und Erziehung“ mit hervorragenden Wissenschaftlern aus dem In-

und Ausland. Im Rahmen dieses Kongresses wurde von den weiblichen Delegierten auch der erste

DSB-Frauenausschuss mit Grete Nordhoff als Vorsitzende gewählt, die dadurch auch als Frauen-

vertreterin in das DSB-Präsidium einrückte.

I Unterstützung durch Konrad Adenauer

Bundeskanzler Konrad Adenauer erkannte schon früh die gesellschaftspolitische Bedeutung des

Sports und förderte ihn im Rahmen seiner Möglichkeiten. Bei einer Veranstaltung „Olympia lebt“ An-

fang Januar 1953 in der Dortmunder Westfalenhalle rief er dazu auf, Frieden in der Welt zu schaffen

und Europa zusammenzuschließen – „und Sie sind dabei!“. Der 3. DSB-Bundestag am 6./7. Februar

1954 nahm dann einen besonderen Rang ein, war es Willi Daume doch gelungen, mit dem spani-

schen Philosophen Ortega y Gasset einen kulturkritischen Beobachter des 20. Jahrhunderts zu ge-

winnen, dessen Ausführungen zur Jugenderziehung und zum Sport als „Bruder der Arbeit“ auf viel

Aufmerksamkeit und Beifall stießen.

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In der weiteren Geschichte und Entwicklung des DSB war der außerordentliche Bundestag am 7./8.

September 1959 in Duisburg-Wedau zum Thema „Sport und Freizeit“ zweifellos von besonderer Be-

deutung, wurde hier doch beschlossen, „neben den bewährten Formen des Übungs- und Wettkampf-

betriebs der Vereine und Verbände einen ‚Zweiten Weg’ aufzubauen, der dem Erholungs-, Spiel- und

Sportbedürfnis breiter Volksschichten entspricht“. Damit übernahm der DSB-Bundestag Forderungen,

die die Deutsche Sportjugend bereits in ihren „Kaiserauer Beschlüssen“ vom November 1956 formu-

liert hatte. 1960 beschloss das Präsidium, die an verschiedenen Orten arbeitenden Geschäftsstellen

des DSB an zentraler Stelle in Frankfurt zusammenzuführen. Immer wieder belasteten politische Ein-

flüsse den gesamtdeutschen Sportverkehr. So hatte der Mauerbau im August 1961 die „Düsseldorfer

Beschlüsse“ zum Abbruch der sportlichen Beziehungen zum DTSB der DDR zur Folge, die erst 1963

wieder aufgehoben wurden. „Eine Million Aktive mehr!“ forderte Willi Daume in einem beschwörenden

Appell beim 7. DSB-Bundestag im November 1962 in Berlin. Dass aus dieser geforderten einen bis

heute mehr als zwanzig Millionen mehr geworden sind, hätte sich auch Willi Daume damals nicht

träumen lassen.

I Höhepunkte und Schwerpunkte

Als wesentlich für die Entwicklung des DSB müssen in der Rückschau auf mehr als fünf Jahrzehnte

vor allem die Bundestage 1966 in München mit der Beratung der „Charta des deutschen Sports“, 1969

in Bremen mit der Neuordnung des Bundesausschusses für Leistungssport und 1972 in Berlin mit den

Generalaussagen zum „Sport für alle“ eingeordnet werden. Bei der 25-Jahrfeier des DSB am 6. De-

zember 1975 an historischer Stätte in der Frankfurter Paulskirche unterstrich Bundeskanzler Helmut

Schmidt als Festredner die Unabhängigkeit des Sports und die Partnerschaft von Sport und Politik.

Fünf Jahre später betonte Bundespräsident Karl Carstens zum 30. Jahrestag des DSB am 6. Dezem-

ber 1980 im Deutschen Reichstag in Berlin: „Der deutsche Sport leistet einen wichtigen Beitrag für

unsere freiheitlich-demokratische Ordnung, wenn ich an die freiwillige Leistung seiner ungezählten

Helfer denke, die mit ihrem Wirken auch unsere Freiheit sichern helfen; er leistet einen Beitrag für den

Frieden, wenn ich an die vielen internationalen Wettkämpfe denke, an denen er teilnimmt oder die er

selbst organisiert; er leistet schließlich auch noch einen Beitrag für den Zusammenhalt der deutschen

Nation, wenn ich an die Begegnungen mit den Sportvereinen der DDR denke“.

Unter dem Motto „Vereint für die Vereine“ stand die sportliche Basis beim Bundestag 1978 in Mün-

chen im Mittelpunkt. „Sport braucht Jugend - Jugend braucht Sport“ hieß das Generalthema beim

Bundestag 1986 in Saarbrücken, und beim Bundestag im Juni 1988 in Würzburg wurde „75 Jahre

Deutsches Sportabzeichen“ gefeiert und die Schaffung eines modernen Managements im Spit-

zensport beraten.

Der Deutsche Sportbund verlieh am 5. Dezember 1980 im Charlottenburger Schloss in Berlin neben

der Carl-Diem-Plakette, die er 1952 für hervorragende sportwissenschaftliche Arbeiten und für heraus-

ragende Leistungen zur Förderung der Sportwissenschaft gestiftet hatte, zum erstenmal seine Fritz-

Wildung-Plakette für beispielhafte soziale Beiträge von Vereinen und seine Ludwig-Wolker-Plakette an

Persönlichkeiten, die für die ethischen und moralischen Positionen des Sports eingetreten sind. „Im

30. Jahr seines Bestehens“, sagte Präsident Willi Weyer, „ist es dem Deutschen Sportbund nicht dar-

um gegangen, mit diesen Plaketten weitere Auszeichnungen zu stiften. Er will vielmehr seine junge

Geschichte auf die Wurzeln zurückführen, aus denen er 1950 entstanden ist, und die Tradition der

bürgerlichen, der konfessionellen und der Arbeiter-Sportbewegung lebendig erhalten, deren Mitglieder

sich nach den oft schrecklichen Erfahrungen bis 1945 zur Einheit des Sports in der organisatorischen

Freiheit des Deutschen Sportbundes zusammenfanden“.

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Verbunden mit dem 40. Jahrestag des Deutschen Sportbundes vollzog sich zehn Jahre später am 15.

Dezember 1990 am Gründungsort des DSB in Hannover die Vereinigung des deutschen Sports, über

den innerdeutschen Sportverkehr hatte der DSB die Verbindung im geteilten Sport aufrechtzuerhalten

versucht. Noch kurz vor der Errichtung der Mauer quer durch Deutschland am 13. August 1961 gab es

einen tausendfachen Austausch vor allem auf Vereinsebene. Dies war der Versuch des Sports, das

Tor offen zu halten und ein kleines Steinchen im großen Mosaik der deutschen Einheit zu setzen, die

sich politisch am 3. Oktober 1990 vollzog. Hier hatte der Sport über Jahrzehnte politische Mitverant-

wortung bewiesen.

Im Jubiläumsjahr 2000 mit den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des DSB vom 7. bis 9. De-

zember in Hannover konnte Präsident Manfred von Richthofen zu Recht auf eine „historische Leistung

im Sinne des Gemeinwohls“ der Dachorganisation des deutschen Sports über fünf Jahrzehnte zu-

rückblicken. Nicht ohne Selbstbewusstsein formulierte denn auch der DSB das Motto zu diesem Jubi-

läum: „Der Sport - ein Kulturgut unserer Zeit“ hieß die Leitlinie für den unverklärten Blick zurück und

eine zielbewusste Orientierung nach vorn. 50 Jahre DSB hießen in Hannover aber auch 10 Jahre

Einheit im deutschen Sport, der das Geschenk der deutschen Wiedervereinigung pragmatisch und

schnell in die sportpolitische Tat umsetzte und früher als andere Bereiche der Gesellschaft deutsche

Gemeinsamkeit demonstrierte und praktizierte.

I Mitgestalter gesellschaftlicher Entwicklungen

In den mehr als fünf Jahrzehnten seines Bestehens hat der DSB als Repräsentant und Sprecher des

organisierten Sports im Nachkriegsdeutschland zahlreiche Entwicklungsphasen mit unterschiedlichen

Schwerpunktsetzungen durchlaufen und dabei auch auf gesellschaftliche Entwicklungen nicht nur

reagiert, sondern sie vielfach wesentlich mitgestaltet. Über die Zielsetzungen in der Satzung hinaus

haben immer wieder DSB-Organe wie der Wissenschaftliche Beirat, die verschiedenen Bundesaus-

schüsse und die Deutsche Sportjugend mit konkreten Programmen die Arbeit des DSB fortentwickelt.

In zahlreichen Empfehlungen, Memoranden, Grundsatzerklärungen, Resolutionen und praktischen

Modellprojekten wurden über die Jahre hinweg regelmäßig gesellschafts- und sportpolitische Proble-

me thematisiert und Lösungsansätze aufgezeigt.

Bereits mit den „Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung in den Schulen“ (1956) und fol-

genden Aktionsprogrammen engagierte sich der DSB für besseren Schulsport. Aus ersten Initiativen

der DSJ schon in den sechziger Jahren erwuchs die vielbeachtete „Soziale Offensive des Sports“,

über die bisher fernstehende Gruppen der Bevölkerung angesprochen wurden. Von der Deutschen

Olympischen Gesellschaft wurde der für den Sportstättenbau verdienstvolle „Goldene Plan“ über-

nommen und fortentwickelt. Der Sport wurde mit den Jahren größter Träger von ehrenamtlichem bür-

gerschaftlichen Engagement in unserer Gesellschaft und unverzichtbar für die Integration von Migran-

ten.

Aus Initiativen von DSB und DSJ wurde über die Europäische Sportkonferenz und in den letzten Jah-

ren über die ENGSO sowie durch Kooperationen mit den Partnerorganisationen anderer Länder der

Prozess der europäischen Einigung auf sportlichem Gebiet ganz wesentlich gefördert. Heute ist der

Sport ein unverzichtbarer Teil des Gesundheitssystems unseres Landes geworden. Immer enger wur-

de die Kooperation mit der Politik, doch stand bei aller staatlichen Förderung stets die Autonomie des

Sports als größter Bürgerbewegung unseres Landes im Mittelpunkt.

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I Von der „Charta des deutschen Sports zum „Leitbild des deutschen Sports“

Nach der Vergabe der Olympischen Sommerspiele 1972 durch die 64. IOC-Session in Rom an Mün-

chen zählte zweifellos die Beratung der „Charta des deutschen Sports“ durch den DSB-Bundestag

1966 und die Verabschiedung durch den folgenden Hauptausschuss im Herbst zu den sportpoliti-

schen Höhepunkten dieses Jahres. Nach der Präambel dieser Charta sah es die deutsche Turn- und

Sportbewegung „als ihren Auftrag an, die schulische Leibeserziehung, den Breitensport und den Leis-

tungssport - ausgehend von einer modernen Vorstellung vom Menschen - gleichgewichtig zu fördern

und diesen Bestrebungen durch die Erkenntnisse der Wissenschaften fortschreitend neue Anregun-

gen zu geben.“ Und weiter: „Die deutsche Turn- und Sportbewegung ist verpflichtet, Bedeutung und

Aufgaben des Sports und der Leibeserziehung ständig zu überdenken und sich um ihre angemessene

Einordnung in den Kulturbereich zu bemühen. Sport und Leibeserziehung

| fördern die Gesundheit des einzelnen und stärken die vitale Kraft des Volkes,

| tragen zur Entfaltung der Persönlichkeit bei und sind nicht austauschbare Faktoren der Bildung,

| bieten durch vielfältige Übungs- und Gesellungsformen vielfache Hilfen für das Gemeinschafts-

leben,

| ermöglichen eine sinn- und freudvolle Erfüllung der neugewonnenen Freizeit.“

Wenn die in der Charta umrissene soziale Wirkung des Sports auch nur langsam Konturen gewann,

so bedeutete sie doch den Versuch der freien Sportbewegung, das Recht auf Sport zum Grundrecht

aller Menschen in unserem Lande zu machen. Aus dem Versprechen des Sports zu einer konstrukti-

ven Partnerschaft entwickelten sich in den folgenden Jahren Partnerschaftsprogramme mit den ande-

ren großen gemeinnützigen Organisationen in der Bundesrepublik, wie z.B. den Gewerkschaften, aber

insbesondere den beiden großen christlichen Kirchen.

Letztere erkannten, welche bedeutende Bewegung sich hier entwickelte und richteten immer stärker

ihren Blick auf Spiel und Sport. Auch mit den Wirtschaftsverbänden vertiefte sich die Zusammenarbeit,

denn auch dort hatte man erkannt, dass „der Sport heute ein wichtiger Teil der Sozialpolitik wirtschaft-

licher Unternehmen ist“, wie Manfred Lennings, Präsident des Instituts der Deutschen Wirtschaft 1985

bei einem internationalen Symposion zum Thema „Sport - Gesundheit – Wirtschaft“ in Lüneburg er-

klärte.

Auch in der Förderung des Leistungssports wurden unter Anleitung des DSB neue Wege eingeschla-

gen, bei denen die von DSB und DOG 1967 gegründete Stiftung Deutsche Sporthilfe ideelle und ma-

terielle Hilfestellung gab. Als Leitlinie für dieses Programm wurde 1977 die „Grundsatzerklärung für

den Spitzensport“ verabschiedet, mit der ein humaner Hochleistungssport versprochen wurde - mit

sozialem Ausgleich, besserer medizinischer Betreuung, qualifizierten Trainingsmöglichkeiten, Leis-

tungszentren und ausreichend Trainern sowie einer Bekämpfung des Dopings.

Aus dem vom DSB 1959 verkündeten „Zweiten Weg des deutschen Sports“ entwickelte sich in den

folgenden Jahrzehnten über zahlreiche kreative und erfolgreiche Trimm-Aktionen wie z.B. „Im Verein

ist Sport am schönsten!“ die Sport für alle-Bewegung. Unter dieser Zielsetzung beschrieb der im DSB

organisierte Sport seine Aufgabe für eine bessere Lebensqualität, die programmatisch bereits 1976 in

der „Freizeitpolitischen Konzeption des DSB“ formuliert wurde. Durch die im neuen Jahrtausend ver-

tiefte Zusammenarbeit des DSB mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen wurden besondere

Aktivitäten und Qualitätsauszeichnungen für den gezielten Gesundheits- und Rehabilitationssport von

Vereinen geschaffen und fanden großen Anklang in der Bevölkerung.

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Seit der Konstituierung des DSB-Frauenausschusses im Rahmen des Internationalen Sportkongres-

ses des DSB am 24. Mai 1951 in Stuttgart galten der Beteiligung der Frauen sowohl als aktive Sport-

lerinnen im Verein wie auch - zugegebenermaßen erst etwas später - als ehrenamtliche Mitwirkende

in den Führungsgremien der Sportorganisation auf allen Ebenen besondere Bemühungen. Allerdings

dauerte es bis zum April 1963, ehe der Frauenausschuss erstmalig ein Gespräch mit DSB-Präsident

Willi Daume führen konnte. Der DSB-Bundestag 1968 verabschiedete eine Resolution „Zum großen

Schritt des Frauensports in die Gesellschaft von morgen“ und beschloss dazu auch konkrete Maß-

nahmen.

Der weibliche Mitgliederanteil von 10 Prozent Frauen im DSB-Gründungsjahr 1950 wuchs bis zur

Jahrtausendwende auf rund 40 Prozent an. Auf den Führungsebenen der Vereine, Bünde und Ver-

bände stieg der Anteil von Frauen im gleichen Zeitraum auf etwa 25%. Damit sind die Frauen in den

Führungspositionen des Sports in der Bundesrepublik zwar immer noch erheblich unterrepräsentiert,

doch allmählich haben auch die Aktivitäten des Bundesausschusses Frauensport, z.B. die Aufklä-

rungskampagnen und die Einführung von Frauenförderplänen, Wirkung gezeigt. So konnte DSB-

Präsident Manfred von Richthofen in seinem Grußwort aus Anlass von „50 Jahre Frauen im Deut-

schen Sportbund“ im Jahre 2001 u. a. betonen: ...„Frauen haben den Sport in Deutschland entschei-

dend mitgeprägt und auch seine gesamtgesellschaftliche Bedeutung inzwischen bis hin zu europäi-

schen Zielvorstellungen untermauert. Ein Aufbauwerk, das Respekt und Anerkennung verdient...“

I Die Entwicklung der vereinten deutschen Sportbewegung

Wenn es nach dem Beitritt der fünf neuen Landessportbünde am 14. Dezember 1990 zum DSB zu-

nächst vornehmlich darum gegangen war, die regionalen Sportstrukturen auf- und auszubauen, so lag

der Akzent der gemeinsamen Bemühungen des DSB und der Landessportbünde zuletzt auf der Ent-

wicklung der Vereine, der Finanzierung der Landessportbünde und ihrer Mitglieder (Landesfachver-

bände, Kreissportbünde, Vereine) sowie auf der Erhaltung der regionalen und örtlichen Sportanlagen

für den Sportbetrieb. Bewahrt haben sich dabei die sehr wirkungsvollen Partnerschaften zwischen den

alten und neuen Landessportbünden, wobei neben ideeller in den ersten Jahren vielfach auch mate-

rielle Unterstützung gegeben wurde.

Zehn Jahre nach dem Fall der Mauer zwischen beiden Teilen Deutschlands konnte DSB-Präsident

Manfred von Richthofen in seinem Bericht zum Hauptausschuss am 27. November 1999 in Erinne-

rung an dieses Ereignis die positive Feststellung treffen, dass „im Sport weitgehend zusammenge-

wachsen ist, was zusammengehört.“ ...

„Voller Bewunderung und Dankbarkeit dürfen wir heute die Aufbauleistung des Sports in Ostdeutsch-

land bilanzieren. Das, was in den Landessportbünden Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,

Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen und auch im Ostteil Berlins bisher mit großem Engagement

geschaffen wurde, ist aller Ehren wert. Durchgängig hat es einen beachtlichen Mitgliederaufschwung

gegeben. Die Zahl der Vereine ist kontinuierlich gestiegen, und die Angebotspalette steht der in den

westlichen Bundesländern vielfach nicht nach. Vor allem aber registrieren wir die Begeisterungsfähig-

keit an der Arbeit im Sport trotz manchmal widrigster Umstände. Denn es ist in erster Linie die Sport-

stätten-Situation, die das Wirken in vielen Bereichen sogar unzumutbar macht.

Zehn Jahre nach dem Fall der Mauer gilt es also, den Landessportbünden in Ostdeutschland und

allen Verbänden und Vereinen mit ihren engagierten Kräften im Haupt- und vor allem im Ehrenamt

Dank zu sagen. Dank für großartige Aufbauleistungen und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die neue

Perspektiven für weiter ansteigende Entwicklungskurven eröffnen. In den Dank schließe ich die Mit-

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gliedsorganisationen aus dem Westen mit ein, die in diesen zehn Aufbaujahren mit Paten- und Part-

nerschaften wertvolle Hilfestellung geben konnten.“

I 50 Jahre DSB in Hannover

Den Höhepunkt einer erfolgreichen Entwicklung über fünf Jahrzehnte aber bildeten für den DSB die

Jubiläumsfeierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen vom 7. bis 9. Dezember in Hannover. Doch außer

dem Festakt am Gründungsort, dem Hodler-Saal des Rathauses, der Präsentation des Jubiläumsbu-

ches „Der Sport - ein Kulturgut unserer Zeit“, der Festveranstaltung im Kuppelsaal mit prominenten

Gästen - an der Spitze Bundespräsident Rau - und einem großartigen Festredner Professor Jürgen

Flimm sowie einer fröhlichen abendlichen Geburtstagsfeier wurde in Hannover auch diskutiert und

gearbeitet. „Einheit in der Vielfalt“ hieß das vom Bundestag verabschiedete neue „Leitbild des deut-

schen Sports“, das neben dem Stolz auf das Erreichte auch die Schwerpunkte für die Verpflichtungen

in der Zukunft aufzeigt.

Mehr als drei Jahrzehnte nach der Beschlussfassung über die Charta hatte das Präsidium des DSB

Anfang 1999 eine Kommission unter der Leitung von Sylvia Schenk berufen, um mit der Erarbeitung

eines „Leitbildes des deutschen Sports“ die Charta aus dem Jahr 1966 zeitgemäß und zukunftsgerich-

tet fortzuschreiben. Dieses Leitbild, das vor seiner Beschlussfassung auch in den Mitgliedsorganisati-

onen eingehend diskutiert worden war, beschreibt in knapper und eindringlicher Form in sechs Ab-

schnitten (Stolz auf das Erreichte - Bereit zu Veränderungen - Sportentwicklung, Emanzipation und

Integration -Einheit des Sports und Solidarität - Selbstorganisation und Ehrenamt - Verpflichtung für

die Zukunft) sowohl moralische Grundsätze wie soziale Ziele. Es nimmt den Sport auch in die Pflicht,

sich auch zukünftig bei der Bewältigung gesellschaftlicher Aufgaben noch stärker zu engagieren und

Verantwortung zu übernehmen.

Als „Verpflichtung für die Zukunft“ werden deshalb im Leitbild konkrete Zielsetzungen genannt:

| Nachhaltige Entwicklung des Sportangebotes und der Sportinfrastruktur entsprechend der Be-

dürfnisse der Menschen

| Beiträge leisten zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Gesundheit

| Breitgefächerte sportliche und überfachliche Jugendarbeit

| Sicherung des Ehrenamtes mit gleichberechtigter Teilhabe von Männern und Frauen, auch als

Forderung der aktiven Bürgergesellschaft

| Eintreten für Toleranz, soziale Integration und gegen Gewalt

| Orientierung bieten in Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen

| Mitgestaltung kommunaler Entwicklungsprozesse.

Das Leitbild betont die Unersetzbarkeit des Sports als Beitrag zur aktiven Bürgergesellschaft und zur

Lebensqualität sowie zu einer breitgefächerten Jugendarbeit. Damit wird auch die staatliche Förde-

rung des Sports als „Hilfe zur Selbsthilfe“ begründet. Es fordert die Vereine und Verbände dazu auf,

angesichts des Umbruchs in der Gesellschaft zu Beginn des neuen Jahrtausends zu Veränderungen

bereit zu sein. „Mit der Kraft zum Wandel stellen sie sich der Verantwortung, gesellschaftliche Ent-

wicklungen aktiv zu beeinflussen und den Menschen gerade in Zeiten der Unsicherheit Kontinuität und

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Heimat in der Gemeinschaft zu bieten.“ Herausgehoben wird schließlich die Bedeutung von Selbstor-

ganisation und Ehrenamt.

I Auf dem Weg zur vereinten Dachorganisation

Waren die bereits Mitte der neunziger Jahre insbesondere von DSB-Präsident Manfred von Richtho-

fen mit Unterstützung vor allem der Ständigen Konferenz der Landessportbünde ausgegangenen Initi-

ativen zur Schaffung einer neuen Dachorganisation des deutschen Sports zunächst am Widerstand

des NOK gescheitert, so fanden diese Überlegungen zum Aufbau einer neuen vereinten Struktur -

auch unter Berücksichtigung der vom Sport zu lösenden Aufgaben nicht nur im Leistungssport - nach

der Jahrtausendwende nun mehr und mehr an zustimmendem Widerhall.

Nachdem das Präsidium des DSB im September 2004 in Frankfurt ein Strategiepapier zur Erarbeitung

einer neuen Organisationsstruktur verabschiedet und die Bildung einer gemeinsamen Strukturkom-

mission von DSB und NOK vorgeschlagen hatte, nahm auch das NOK-Präsidium am 1. Oktober 2004

offiziell den Dialog auf. In einem Beschluss mit sechs Punkten bot das NOK-Präsidium auch seiner-

seits „Gespräche über eine Verschmelzung beider Organisationen“ an.

In seiner Mitgliederversammlung am 5./6. November 2004 traf das NOK die weiteren Vorbereitungen

für die Verhandlungen mit dem DSB. Am 16. November 2004 traf sich die von DSB und NOK gebilde-

te Strukturkommission zur konstituierenden Sitzung in Frankfurt. Weitere Beratungen folgten, bis am

28. Juni 2005 in Hanau NOK und DSB in einer gemeinsamen Informationstagung den Abschlussbe-

richt vorstellten. Dabei brachte NOK-Präsident Klaus Steinbach die Zuversicht zum Ausdruck, „dass

sich eine gemeinsame Dachorganisation des deutschen Sports, die auch die Aufgaben eines NOK

erfüllt, auf der Basis dieses Entwurfs der Zustimmung des IOC sicher sein darf“.

Nach weiteren Verhandlungen und Beratungen in den zuständigen Gremien des NOK und DSB unter-

schrieben schließlich am 24. Januar 2006 im Haus des deutschen Sports in Frankfurt DSB-Präsident

Manfred von Richthofen und NOK-Präsident Klaus Steinbach sowie die Schatzmeister beider Organi-

sationen, Prof. Rolf Wallenhorst und Hans Peter Krämer, den Verschmelzungsvertrag. Zuvor waren im

Rahmen eines Außerordentlichen Bundestages des DSB und einer Mitgliederversammlung des NOK

– beide am 10. Dezember 2005 im Maritim-Hotel in Köln – die Verschmelzung beider Organisationen

zum neuen Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mit großen Mehrheiten der dafür satzungs-

mäßig zuständigen Organe beschlossen und ein intensiver Diskussionsprozess abgeschlossen wor-

den. In diesen Beratungen war auch immer wieder angemahnt worden, dass nur mit neuen Strukturen

die Herausforderungen für den Leistungs- und den Breitensport gemeistert werden könnten. Damit

waren die Weichen für die Gründung des neuen Deutschen Olympischen Sportbundes am 20. Mai

2006 am traditionsreichen Ort in der Frankfurter Paulskirche gestellt.

I Fünf Präsidenten führten den DSB

Willi Daume war der erste von fünf Präsidenten in der Geschichte des DSB. Der Dortmunder Indus-

trielle, der von 1961 bis 1992 auch NOK-Präsident war, führte den DSB als Visionär und „behutsamer

Lotse“ bis zum April 1970. An seinem zehnten Todestag am 20. Mai 2006 wurde durch die Vereini-

gung von DSB und NOK formell vollzogen, was Daume während seiner Doppelpräsidentschaft auf der

Verwaltungsebene bereits praktiziert hatte. Auf Daume folgte für vier Jahre der Celler Oberlandesge-

richtspräsident Wilhelm Kregel als integrer Steuermann, bis ihm im Zusammenhang mit der gesamt-

deutschen Sportpolitik 1974 der Deutsche Fußball-Bund die Gefolgschaft versagte und er zurücktrat.

Der Hagener Vollblutpolitiker Willi Weyer, langjähriger NRW-Innenminister, führte als politischer Prä-

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sident den DSB zielstrebig zwölf Jahre, bis er 1986 aus gesundheitlichen Gründen von seinen sportli-

chen Ehrenämtern zurücktreten musste.

Auf Weyer folgte bis 1994 der Flensburger Hans Hansen als „Mann der Basis“ und erster gesamt-

deutscher DSB-Präsident, der sich seit der Öffnung der Mauer im November 1989 besonders um die

Zusammenführung des Sports aus beiden deutschen Staaten verdient gemacht hat. Dem Berliner

Freiherrn Manfred von Richthofen (1994 bis 2006) gelang es, den Sport als unersetzlichen Bestandteil

des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens zu verankern, ihn als politische Kraft weiter zu etablie-

ren und mit Beharrlichkeit die Vereinigung von DSB und NOK zu vollenden.

Für besondere Verdienste beim Aufbau und der weiteren Entwicklung des DSB wurden durch die

Bundestage (Mitgliederversammlungen) 25 Persönlichkeiten zu Ehrenpräsidenten (3) bzw. Ehrenmit-

gliedern (22) des DSB ernannt: Willi Daume (Ehrenpräsident/1970), Max Danz, Herbert Kunze, Heinz

Lindner, Grete Nordhoff, Gerhard Schlegel, Walter Wülfing (alle 1970), August Zeuner (1972), Wilhelm

Kregel (1974), Fritz Bauer, Albert Lepa, Prof. Franz Lotz (alle 1980), Hans Gmelin (1982), Willi Weyer

(Ehrenpräsident/1986), Ruth Brosche, Willi Greite, Arthur Mayer (alle 1986), Heinz Fallak, Josef Ne-

ckermann (beide 1988), Hans Hansen (Ehrenpräsident/1994), Prof. Ommo. Grupe, Karl Hemberger,

Dieter Graf Landsberg-Velen (alle 1994), Erika Dienstl und Friedhelm Kreiß (beide 2002).

Als Ideengeber und „Generalstäbler“ in der DSB-Geschäftsstelle in den Gründungs- und Aufbaujahren

muss vor allem an die Hauptgeschäftsführer bzw. Generalsekretäre Guido von Mengden (1954 bis

1963) und Karlheinz Gieseler (1964 bis 1989) erinnert werden, nicht zu vergessen Geschäftsführer

Jürgen Palm als später so bezeichneter „Trimmvater der Nation“.

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Protokoll

Über die Gründungsversammlung einer Dachorganisation des Deutschen Sports am

10. Dezember 1950 in Hannover

Tagesordnung:

1) Begrüßung

2) Wahl eines Verhandlungsleiters

3) Beratung und Beschlußfassung der

Satzung

4) Wahl des Präsidiums

5) Ansprache des Präsidenten

Beginn: 9.50 Uhr

Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Begrüßung:

Delegierter HÜNECKE - Hannover:

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Meine Sportkameraden!

Ihnen allen am heutigen Sonntagmorgen einen freundlichen Willkommensgruß! Gruß und Dank an Sie

alle, Dank insbesondere dem Herrn Oberbürgermeister WEBER -Hannover für die Bereitstellung die-

ses schönen Tagungssaales. Ferner gilt mein besonderer Gruß und besonderer Dank Herrn Prälaten

WOLKER und Herrn Oberbürgermeister KOLB - Frankfurt, die die Vorbereitungen Für diese Tagung

geführt haben und darüber hinaus die so schwierigen Vorverhandlungen.

Meine Kameraden! Wir sind im Hodler-Saal des Rathauses zu Hannover. Ich möchte nur eines sagen:

Möge der Geist, der aus dem Bildwerk des Genfer Malers und Zeichners Hodler, „Die Einmütigkeit“,

spricht, als guter Geist über dieser Tagung walten, damit unser Werk gelingt, im Interesse des Sports,

weil der Sport Diener sein soll am Leben selbst und damit Diener für unser Volk!

Ich darf Herrn Oberbürgermeister WEBER bitten, nunmehr das Wort zu nehmen.

Oberbürgermeister WEBER - Hannover:

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Es ist mir eine Freude und Ehre zugleich, Sie als die berufenen Vertreter des deutschen Sports hier

im Hodler-Saal des Rathauses Hannover als Hausherr und zugleich im Namen des Rates der Stadt

Hannover herzlich willkommen zu heißen. Es ist ein geschichtlicher Vorgang, der heute Morgen hier

abrollen wird. In Deutschland ist viel demontiert worden, aber nicht demontiert weiden konnten die

Kunst, die Musik und der Sport als Urquell der Gesundung des Körpers und des Geistes.

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Ich darf Sie begrüßen als das Sportparlament der Deutschen Bundesrepublik in der Hoffnung, daß

bald alle deutschen Sportler vereinigt sein werden.

Meine Damen und Herren! Auf die Beschlüsse, die heute in diesem Sportparlament gefaßt werden

sollen, sieht nicht nur Deutschland, sondern sieht auch das Ausland.

Darin liegt eine Anerkennung für den Sport und zugleich eine große Verantwortung, eine Anerken-

nung insofern, als der Sport heute aus dem Leben unseres Volkes nicht wegzudenken ist. Der Sport

hat zu keiner Zeit in der Geschichte des deutschen Volkes so wichtige Aufgaben zu erfüllen gehabt

wie gerade heute, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern überhaupt in der Welt. Im lebensfeindli-

chen Zeitalter der Maschine und der Technik und der Atomforschung, in dem die Gefahr besteht, daß

die Lebenskraft des Volkes zwischen Maschinen zu verkommen droht, ist der Sport eine Lebensnot-

wendigkeit. Er ist für die Jugend ein Stück Leben, und nicht nur für die Jugend. Wir sollten ihn recht

lange pflegen, um uns gesund und leistungsfähig zu erhalten. Noch höher als die gesundheitlichen

sind aber die ethischen Werte des Sportes einzusetzen. Der Sport ist aus seinem Wesen heraus

längst über ein technisches Fach hinausgewachsen. Sport ist Erziehung und muß Erziehung sein.

Seien Sie überzeugt, meine Damen und Herren, daß wir in den Behörden die erzieherischen Werte

des Sports sehen, denn im Sport lernt die Jugend zielstrebig und willensstark zu sein, sich freiwillig

einzuordnen und neidlos unterzuordnen, dazu sich selbst und den anderen richtig einzuschätzen und

dem besseren Gegner Achtung zu gewähren. Die Jugend lernt durch den Sport, Kamerad zu sein! So

ist der Sport, richtig betrieben, eine hohe Schule der Ritterlichkeit für das Leben überhaupt, ein Faktor,

der eine anständige charakterliche Haltung im Leben anstrebt. Auf eines noch möchte ich hinweisen:

Die Achtung vor dem Kameraden im Sport wird und muß zur Achtung vor dem Menschen überhaupt

führen, und diese Achtung vor dem Menschen ist die Voraussetzung jeglicher Ordnung im Leben des

Volkes und im Leben unter den Völkern. Der Sport stellt eine Brücke zwischen den Völkern dar. Ist es

nicht der gegebene Weg, daß über die Jugend der Welt die Völker zusammengeführt werden? Der

Sport verhindert, daß die Grenzen auf den Landkarten auch zu Grenzen zwischen den Menschen

werden. Die Völker zu verbinden, das ist die Idee des Sports. Und diese Idee kann nicht hoch genug

eingeschätzt werden. Und schließlich: Wo kann eine demokratische Lebensform besser wachsen als

im Sport? Der Sport ist eine große Gemeinde der Selbstverwaltung. Führen wir die Jugend rechtzeitig

ein in diese hohe Aufgabe der Selbstverwaltung, lassen wir sie aufwachsen im Geiste der Freiheit,

lassen wir die Jugend dabei aber auch erkennen, daß einer großen Freiheit auch eine starke innere

Verpflichtung gegenüberstehen muß! Entscheidend ist, daß wir eine Jugend heranreifen lassen, die

kritisch ist und die die Selbstkritik allem anderen voranstellt, deren Wollen getragen ist von der Ach-

tung vor der Meinung des anderen. Eine so denkende Jugend wird nicht noch einmal bereit sein, der

geistlosen Parole des blinden Gehorsams zu folgen.

Meine Damen und Herren!

Sie werden in Ihren Satzungen die hohen Erziehungsziele des Sports herausstellen. Der Sport ist eine

der wenigen Lebensformen unseres Jahrhunderts, die geeignet ist, den Materialismus unseres Zeital-

ters zu überwinden und an seine Stelle die Ideale der olympischen Idee zu setzen. Wahlen Sie sich

ein Präsidium, das bestrebt ist, dieses Ziel zu erreichen!

Ich wünsche Ihrer heutigen Tagung einen würdigen Verlauf und volles Gelingen unter dem Motto: Der

Freundschaft und Kameradschaft eine göttliche Geburt!

Zum Schluß darf ich mir die Ehre geben, die Delegierten Ihrer Tagung im Namen des Rates der Stadt

Hannover auf heute mittag 14 Uhr zu einem einfachen Mittagessen einzuladen. Das Mittagessen wird

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im Hause der Nationen auf dem Messegelände stattfinden. Für die Fahrt zum Messegelände stehen

ab 13.30 Uhr Autobusse vor dem Rathaus bereit. - Und nochmals: Vollen Erfolg!

(Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)

Delegierter HÜNECKE - Hannover:

Die Delegierten haben Ihnen, Herr Oberbürgermeister, durch ihren Beifall ihren Dank ausgesprochen,

den ich durch diesen Händedruck bekräftigen möchte.

Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Wahl eines Verhandlungsleiters

Delegierter HÜNECKE - Hannover:

Meine Kameraden! Sind Sie, um es einfach zu machen, damit einverstanden, daß Herr Prälat WOL-

KER die Verhandlungen der Tagung leitet?

(Zustimmung.)

Ich danke Ihnen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER: Liebe Freunde im deutschen Sport!

Es ist richtig, was der Herr Oberbürgermeister der Stadt Hannover, dem wir für seine freundlichen

Grußworte herzlich danken, gesagt hat: Es ist ein großer Tag des deutschen Sports, dieser Zehnte im

Zwölften des Jahres 1950! Es kann ein großer Tag werden, müssen wir vorsichtshalber noch sagen,

denn es ist ja noch nicht dieses Tages Abend. Wir alle aber sind uns der Größe der Verantwortung,

die Aufgabe dieses Tages zu lösen, bewußt. Es mag verschiedene Auffassungen darüber geben, was

es denn sei um die Dachorganisation des deutschen Sports, die hier geschaffen werden soll. Es gibt

geringe, ich will nicht sagen, geringschätzige, Auffassungen, aber immerhin geringere Auffassungen

von dem Sinn, der Aufgabe und der Bedeutung eines solchen Organs, einer solchen Organisation,

etwa in dem Sinne, daß es eben ein Ausschuß sei, der zweckmäßig die Interessen der verschiedenen

Sportverbände und Sportauffassungen ausgleicht, vielleicht dann und wann eine Repräsentation aus-

übt und im übrigen eigentlich keine wesentlichen Aufgaben hätte, denn die würden sowohl in den

Fachverbänden als auch in den Landessportbünden gelöst. Das ist die geringere Auffassung von ei-

ner Dachorganisation des deutschen Sports. Sie ist nicht unsere Auffassung, und ich würde nicht die

Hand zu solcher Kulisse, zu solcher Formalität, bieten. Nein, es geht um mehr. Die Dachorganisation

ist nicht ein Ausschuß eines Sportverbandes, sie ist die Einigung der Kräfte im deutschen Sport, und

zwar aller Kräfte, der Kräfte der Fachverbände, die den Kern des deutschen Sports darstellen und

vertikal aufbauen, und der Kräfte der Landessportbünde, die dieselben Menschen horizontal erfassen

in ihren Ländern und Bezirken, Kräfte, die weder der einen noch der anderen Seite angehören, son-

dern Sportinstitutionen, Sport-verbände darstellen, die nicht nur irgendwie mit dem Sport zu tun ha-

ben, sondern ganz wesentlich mit dem Sport zu tun haben, ihm dienen wollen, wie etwa die Wissen-

schaft, die sich um den Sport müht. Ich nenne hier nur die Begriffe Schulsport und Sportärzteschaft,

Es gibt noch eine Reihe anderer Organisationen - wir werden im Laufe der Verhandlungen noch dar-

auf zu sprechen kommen -, aber auch markante Persönlichkeiten, die etwas bedeuten können. Wir

brauchen eine Zusammenfassung aller dieser Kräfte, damit wir uns mit Recht Dachorganisation des

deutschen Sports nennen können. Wir brauchen eine Dachorganisation als Repräsentation des deut-

schen Sports gegenüber den Behörden, gegenüber den Besatzungsmächten, gegenüber der Regie-

rung, gegenüber dem Volk. Aber nicht nur das, wir brauchen die Dachorganisation als Zusammenfas-

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sung aller Kräfte, um mit diesen vereinten Kräften der Gesamtaufgabe des deutschen Sports im deut-

schen Volk zu dienen.

Ich las gestern in der Zeitung, daß die UNO diesen Zehnten im Zwölften zu einem Feiertag zu machen

gedenkt, zu einem Tag der Menschenrechte. Wir hätten also ein festliches Gewand an diesem ge-

planten Feiertag der Menschenrechte. Ja, das hat einen Zusammenhang, wenn ich von der Zielauf-

gabe des deutschen Sports spreche. Es geht nicht um die Organisation und nicht um die Technik und

auch nicht um Erfolge, sondern es geht letztlich um den Menschen im Sport. Es geht um den Geist im

Sport. Daß der Mensch im Sport und der Geist im Sport durch Mächte bedroht sind, die den Einzelnen

und auch Organisationen des Sports bedrohen - in der reinen Gestaltung der Idee -, darüber werden

wir uns keinem Zweifel hingeben.

Es ist aber auch folgendes zu sagen - wie ich das gestern in den Vorverhandlungen schon kurz aus-

geführt habe -: Aus dem ordnungslosen - ich möchte fast sagen ethoslosen - Zustand, in dem sich der

Sport vor vielleicht noch drei Jahren befunden hat, bedingt durch die Zerstörung der Mächte der Ver-

gangenheit und die elementaren Zerstörungen durch die Notzeit, die in der Seele des Sports unend-

lich viel zerstört haben, sind wir längst heraus. Die Kräfte haben sich gefügt, geordnet, es sind die

Vertikalen gebaut worden in den Fachverbänden, es haben sich die ethischen Grundgedanken wieder

mehr und mehr durchgesetzt. Wir sind also aus dem Zerstörungszustand aus der Zeit nach dem Krie-

ge heraus, aber vom Ideal sind wir weiß Gott noch weit entfernt. Ich brauche nicht auf die einzelnen

Erscheinungen einzugehen, die sich uns immer wieder dartun, und aufzureißen, daß wir in vielem

noch weit vom Ziel entfernt sind. Aber wenn wir alle davon durchdrungen sind, was der Sport für die

Volksgesundheit, für die Volkskraft, für die Volkssittlichkeit und für die Volksfreude - letzteres möchte

ich besonders stark betonen - bedeutet, und wenn wir uns vor Augen stellen, in welcher Tiefe und in

welcher Intensität nicht nur Tausende, sondern Hunderttau-sende deutscher Menschen und deutscher

Jugend von diesen Begriffen durchdrungen sind, dann wissen wir, welche Verantwortung in dieser

Stunde auf uns liegt, in der wir die Dachorganisation des deutschen Sports bilden wollen. Wir fühlen

dann, welche Verantwortung jeder Delegierte zu tragen hat in den Abstimmungen, die wir durchzufüh-

ren haben. Es ist nicht nur die Verantwortung, daß die Organisation richtig und ihrem inneren Wert

entsprechend gebaut wird, sondern auch ein Präsidium gewählt wird, das seiner großen Aufgabe eini-

germaßen gerecht werden kann, dem wir Vertrauen geben können. Es wird zu versuchen haben,

mehr kann man noch nicht sagen, in der Entwicklung des deutschen Sports zu jenen Idealen für den

deutschen Menschen und den Geist im deutschen Sport das Beste zu tun und hierfür immer und im-

mer wieder einzutreten. Darum ist auch der zweite Teil unserer Aufgabe, die Zusammensetzung des

Präsidiums, so außerordentlich verantwortungsvoll.

Was haben wir nun in der Gründungsversammlung als Aufgabe vor uns? Die Konstituierung einer

Dachorganisation! Wie sie aussehen soll, was sie umgrenzt und um-greift, wie sie innerlich durchge-

bildet sein und wie sie aktions-fällig gemacht werden soll, ist einigermaßen in dem Satzungsentwurf

ausgedrückt. Also haben wir zunächst den Satzungsentwurf zu beraten und die Satzung zu verab-

schieden. Wenn die Satzung beschlossen ist,. ist der Bund gegründet und eine Einigung im deutschen

Sport vollzogen. Daß es eine Einigung der Herzen werde, daß das Bild des Malers Hodler, das uns

hier entgegenleuchtet „Ein einig' Volk von Brüdern!“ Wirklichkeit werde - mag es auch ein wenig ro-

mantisch klingen -, ist mein Herzenswunsch. In Deutschland haben wir es leider noch nie fertigge-

bracht, ein einig Volk von Brüdern zu weiden, auch im heutigen Deutschland nicht. Vielleicht gelingt es

aber im Sportvolk, und dann ist eine gute Basis da, die hinaus wirken wird in das übrige Volk. Wir

wollen uns aber keiner Täuschung hingeben und nicht mit rosa-roter Romantik arbeiten. So liegen die

Dinge nicht. Es sind noch außerordentlich starke Spannungen und Meinungsverschiedenheiten, sogar

in grundsätzlichen Fragen, vorhanden. Es sind Meinungsverschiedenheiten und Spannungen vorhan-

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den über Organisationsfragen und über die Personalien. Das wird irgendwie zur Geltung kommen

auch in dieser Gründungsversammlung. Das mögen hier die Delegierten wissen, das mögen auch die

Gäste und die Presse sowie der Rundfunk wissen: Das Werk, das hier zu tun ist, ist ein schwieriges

Werk. Weil es von so großer Bedeutung ist und weil es so Großes umfaßt, darum ist es von allerhand

Gefahren umgeben. Ich will nicht im Einzelnen darauf eingehen, das würde der Würde des Tages

nicht entsprechen. Aber angesprochen mußte es werden, damit wir uns keinen übertriebenen Hoff-

nungen hingeben. Die Schwierigkeiten sind vorhanden, die Spannungen werden also irgendwie zum

Ausdruck kommen, in geringerem Maße vielleicht bei der Konstituierung, vielleicht - ich weiß es nicht -

in größerem Ausmaß bei der Bildung des Präsidiums. Wir wollen uns unserer Verantwortung bewußt

sein, aber es würde dem Sinn des Sports widersprechen, wenn wir uns nicht auch über die Schwierig-

keiten klar sein würden. Die Lage muß klar gekennzeichnet werden. Wir werden uns nicht beirren

lassen. Schwierigkeiten sind vorhanden, wir weiden sie nicht verdecken. Aber guten Mutes können wir

sein, daß das Werk gelingen wird. Und unter diesem Vorzeichen wollen wir an die Arbeit gehen.

Weshalb ich jetzt hier an diesem Platz stehe, ist ja vielen gut bekannt, erscheint anderen vielleicht

etwas sonderbar. Die Montur, die ich trage, ist nicht üblich im Sportleben. Ich brauche nicht zu recht-

fertigen, warum ich hier stehe. Ich habe mich nicht selbst auf diesen Platz gestellt, sondern bin von

verschiedenen Seiten der Sportorganisationen zusammen mit Herrn Oberbürgermeister KOLB gebe-

ten worden, in der schwierigen Entwicklung der letzten Monate als Mitglied einer Vorbereitungskom-

mission die Dinge in Fluß zu bringen. Die Vorarbeiten haben bestanden vor allem in der Abfassung

eines Satzungsentwurfs. Der Entwurf ist bis zum letzten durchgesprochen mit den verschiedensten

Kräften, so daß wir damit, glaube ich, keine allzu großen Schwierigkeiten haben werden. Die Vorberei-

tungskommission hat sich pflichtgemäß auch mit der Personenfrage befaßt. Sie hat die Möglichkeiten

abzutasten versucht. Sie hat weder irgendeiner Gruppe den Weg bereiten noch irgendein persönli-

ches Interesse herausstellen wollen. Ich glaube, es ist keiner unter uns, wenigstens keiner derer, die

Herrn KOLB und mich kennen, die nicht davon überzeugt sind, daß wir in aller Objektivität die Dinge

bearbeitet haben, und daß wir in derselben Objektivität auch die Gründungsversammlung durchzufüh-

ren suchen.

Wenn Sie mich vorhin durch Ihre Zustimmung zum Leiter der Verhandlungen berufen haben, so will

ich versuchen, das Amt zu erfüllen. Daß ich es mit klopfender Freude und strahlendem Herzen tue,

kann ich nicht sagen, aus Gründen, die einem Teil der Delegierten sicherlich bekannt sind, aber ers-

tens bin ich Bajuware, zweitens Christ und drittens - allerdings mit Einschränkungen - Sportler. Aus

diesen drei Eigenschaften heraus darf ich und muß ich einen gewissen Optimismus zeigen, und ich

werde versuchen, mein Möglichstes zu tun, denn es ist besser, das Schwere mit Lachen zu tun als mit

böser Miene sich durchzuwinden. Damit habe ich wohl der einleiten-den Worte genug gesagt.

(Lebhafter Beifall.)

Das Wort hat nun Herr Oberbürgermeister KOLB.

Delegierter Oberbürgermeister KOLB - Frankfurt:

Liebe Sportkameraden! Gestatten Sie mir einige kurze Bemerkungen. Es sind sehr viele Vorbespre-

chungen dieser Tagung vorangegangen, in Frankfurt, in Köln und anderwärts. Ich möchte der heuti-

gen Tagung nur eines wünschen und knüpfe damit an die Worte von Prälat WOLKER an: Ich möchte

wünschen, daß wir alle, wo immer wir stehen - ob in den Fachverbänden oder in den Landessport-

bünden -, uns unserer Verantwortung vor dem deutschen Volke heute bewußt sind. Geht diese Ta-

gung ohne ein sinnvolles Ergebnis auseinander, so wird der Eindruck in der Öffentlichkeit für den

deutschen Sport sehr ungünstig sein. Kommen wir zu einem anständigen Ergebnis, so wird daraus

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der Sport in allen seinen Gliederungen Nutzen und Segen ziehen. Glauben Sie es mir: Genau wie

Prälat WOLKER bin auch ich völlig ambitionslos und wünsche keinerlei Amt und Funktion im Präsidi-

um oder sonst wo. Umso mehr darf ich aber bitten, alle, die es angeht: Stellen Sie bitte persönliche

Wünsche oder verbandseinseitige Wünsche zurück hinter das Gesamtziel, eine wahrhafte Einigung im

deutschen Sport, nach außen hin zum mindesten, zu erzielen! Wenn es gelingt, die Spitze zu bilden,

dann, glaube ich, wird der Humor und jene innere Fröhlichkeit, die den Sportlern gegeben ist, dazu

beitragen, daß ans der Organisation ein Stück Gemeinschaft wird. Es sollte unser aller Ziel sein, heute

die Grundlage zu legen, um morgen und übermorgen die neue Organisation sich entwickeln zu las-

sen. Mir scheint, wir haben dann ein gutes Werk getan. Und darum: Bei aller sachlichen Kritik und bei

allen vielleicht gegensätzlichen Meinungen stets echte Toleranz üben und echte Kameradschaft!

Denn das nennen wir ja lebendige Demokratie. Dann muß das Werk gelingen, sonst, liebe Sportka-

meraden, sind wir nicht wert, im Jahre 1950 den deutschen Sport zu repräsentieren!

(Lebhafter Beifall.)

In diesem Sinne und mit dieser Verantwortung auch meinerseits ein herzliches Glückauf!

(Bravo! und Händeklatschen.)

Zu Punkt 3 der Tagesordnung: Beratung und Beschlußfassung der Satzung

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wir gehen jetzt an die praktische Arbeit. Unsere erste Aufgabe ist, wie schon ausgeführt wurde, die

Satzung zu beraten und zu verabschieden. Ich sagte schon: Sie ist gut durchgearbeitet, es wird sich

wahrscheinlich keine allzu lange Debatte ergeben. Ich werde die Paragraphen des Satzungsentwurfs

verlesen. Wenn Einwände kommen und Anträge vorgelegt werden, muß darüber abgestimmt werden.

Die Satzung wird dann in einer Schlußabstimmung verabschiedet.

Zunächst muß ich eine Vorfrage klären. Welcher Abstimmungsmodus soll gelten für die Abstimmun-

gen über die Satzung?

(Zuruf: Per Akklamation abstimmen!)

Mit dem Abstimmungsmodus meine ich folgendes: Die Delegierten, die die grau-grüne Karte erhalten

haben, sind die Träger des Stimmrechts. Ich stelle zunächst den § 6 „Rechte und Pflichten der Mit-

glieder“ zur Aussprache. In diesem Paragraphen wird die Frage des Stimmrechts geregelt. Falls es

zur Abstimmung darüber kommt, ob der § 6 vorweg behandelt werden soll, hat jede Organisation nur

eine Stimme. Ich bitte das zu beachten.

Es ist gewünscht, von manchen Seiten auch gefordert worden, daß zunächst der §6 behandelt wird.

Sind Sie damit einverstanden, daß wir zunächst den § 6 behandeln?

(Zustimmung.)

Erhebt sich Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann behandeln wir also zunächst den § 6.

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§ 6 lautet:

„Rechte und Pflichten der Mitglieder

1. Die Rechte der Mitgliedschaft werden durch stimmberechtigte Vertreter der Mitgliedsorganisa-

tionen und des Beirats ausgeübt.

2. Jede Mitgliedsorganisation hat in der Mitgliederversammlung 2 Stimmen. Fachverbände über

400.000 Mitglieder haben 4 Stimmen, solche über 800.000 Mitglieder haben 6 Stimmen. Der

Beirat hat 4 Stimmen.“

Das ist der Vorschlag der Satzungskommission und der Vorbereitungskommission, der nach langen

Überlegungen formuliert worden ist. Wir sind gestern in der Vorbesprechung übereingekommen, daß

zu diesem Paragraphen heute grundsätzlich Stellung genommen wird. - Das Wort hat Herr SORG.

Delegierter SORG - Frankfurt:

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Sportfreunde!

Zunächst möchte ich meinen Freund RINNER entschuldigen. Sie sehen, daß sein Platz leer ist. Er

leidet an einer Nierenkolik und liegt mit erheblichen Schmerzen im Bett. Vielleicht gelingt es ihm aber

noch, später erscheinen zu können. Das nur zur Erläuterung des nicht besetzten Stuhles.

Bezüglich des Stimmrechts: Ich möchte Ihnen die Auffassung der Landessportbünde zu dieser Frage

in aller Offenheit und in aller Freundschaft darlegen. Die Landessportbünde haben bei ihren Überle-

gungen zu allen Fragen dieser Konferenz sich entschlossen, ein Höchstmaß von Vertrauen und ein

Höchstmaß von Nachgiebigkeit mitzubringen. Wir haben im Laufe der Jahre uns in unserer Arbeit -die

Landessportbünde auf der einen, die Fachverbände auf der anderen Seite - so gut kennengelernt und

uns auch menschlich in einer Art und Weise genähert, daß wir der Auffassung sind, es ist an der Zeit,

daß wir alle aus der Vergangenheit herrührenden Gruppen- oder Organisationsauffassungen - zumin-

dest, soweit es uns menschlich angeht - unter den Tisch fallen lassen, sobald diese Tagung zu einem

ersprießlichen, Ergebnis gekommen ist. Aus diesem Grunde sagen die Vertreter der Landessportbün-

de: Wenn fair und korrekt nach dem demokratischen Prinzip in dieser Körperschaft verfahren wird,

werden sich die Vertreter der Landessportbünde immer bedingungslos jedem Beschluß unterwerfen

und jedem Beschluß fügen und die Beschlüsse, selbst wenn sie gegenteiliger Auffassung sein sollten,

achten und respektieren. Das ist das hohe Maß von Vertrauen, das wir mitbringen. Wir haben die

Frage des Stimmrechts uns sehr ernst überlegt. Wenn wir die Anwendung eines qualifizierten Stimm-

rechts, wie es der § 6 vorsieht, für unglücklich halten und mit demokratischen Prinzipien nicht gut ver-

einbar erklären, so bitten wir, in einer klaren Abstimmung darüber zu entscheiden, ob in der neuen

Organisation Mitglieder zweierlei Rechts vertreten sein sollen. Es ist eingewendet worden: In der Ver-

gangenheit haben die Landessportbünde kraft ihres ehren Daseins und ihrer schnelleren Entwicklung

für sich das Vorrecht der doppelten Stimmenzahl in Anspruch genommen und den anderen nur die

Hälfte der Stimmenzahl gegeben! Praktisch war es so - um das vollkommen klar zum Ausdruck zu

bringen; Damals haben wir zur Vorbereitung dieser deutschen Dachorganisation uns gesagt: Auf jeder

Seite die Hälfte, und das war stimmenmäßig nur so zu machen, weil die anderen Organisationen dop-

pelt so stark waren, daß die einen zwei und die anderen eine Stimme hatten. Die Fachverbände könn-

ten jetzt sagen: Nun ist die Situation anders geworden, und nun wollen wir sie Tür uns ausnutzen. Ich

weiß, meine Freunde aus den Fachverbänden, daß nur ganz wenige von Ihnen ein solches Argument

bringen würden. Ich möchte das auch nur der Erklärung halber erwähnt haben. Ich weiß, daß Sie alle

der Auffassung sind:

Page 23: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

l 23

In dieser Organisation arbeiten wir als Menschen. Wir werden die Probleme lösen ohne Rücksicht

darauf, welche Organisation wir vertreten. Gelingt uns das nicht, dann gibt es Überhaupt keinen Mo-

dus des Stimmrechts, der Unebenheiten irgendwie ausgleichen könnte.

Wenn ich mir den Satzungsentwurf ansehe, in dem ein Passus enthalten ist, der als Verletzung der

demokratischen Prinzipien ausgelegt werden könnte, dann muß ich diese Bedenken anmelden. Um

diese Angelegenheit nach unserer Auffassung so einfach wie möglich zu bereinigen, schlage ich vor,

im Absatz 2 des § 6 statt „Fachverbände“ „Verbände“ zu sagen. Wir sind nicht gegen ein qualifiziertes

Stimmrecht, wir sind nur gegen die Anwendung für die eine Seite und die Verweigerung für die andere

Seite.

Das ist es, was wir zu diesen Dingen zu sagen haben. Ich bin froh, daß über den § 6 gleich zu Beginn

der Satzungsberatung entschieden wird. Wenn Sie sich unserer Auffassung anschließen können,

dann ist in der Tat der erste große Anstoß gegeben, der die Aufhebung aller Gruppierungen nach sich

ziehen wird. Die Landessportbünde gehen in diese Tagung mit hundertprozentigem Vertrauen. Wir

sind überzeugt, daß alle Diskussionen in freundschaftlichem Geiste geführt werden.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich muß ein kurzes Wort dazu sagen, denn wir müssen ja schließlich begründen, warum die Fassung

so, wie in dem Entwurf vorgesehen, gewählt worden ist, nachdem sie in einem früheren Entwurf an-

ders war. Wir pflichten einer Reihe von Motivierungen, die Herr SORG ausgesprochen hat, durchaus

bei.Theoretisch scheint die Sache ganz einfach so zu liegen, wie Herr SORG ausgeführt hat, praktisch

ist es aber anders. Die These hieß, es könne in einer solchen Sportorganisation nicht Mitglieder zwei-

erlei Rechts geben. Das ist eine irrtümliche Formulierung. Wir haben nicht Mitglieder gleicher Aufga-

ben und gleicher Kategorien, sondern wir haben Mit-glieder verschiedener Art, Größe und Kategorien.

Konsequent müßte man z. B. sagen: Der Sportärztebund - daran zweifelt doch kein Mensch - ist eine

Institution, und zwar eine Personal-Institution, die dem deutschen Sport wesentlich zu dienen hat, und

er muß der Dachorganisation angehören und wir ihr auch angehören. Der Vertreter der Sportärzte-

schaft ist heute leider an der Teilnahme verhindert, er hat ein Telegramm geschickt. Es wird aber doch

niemand sagen, daß diese Institution - es sind Verbände, es sind manchmal sogar größere Verbände

als manche Fachverbände - in der Funktion und im Stimm-recht dieselben Aufgaben und das-selbe

Recht haben sollen wie die Fachverbände oder Landessportbünde.

Darum kann das Wort „Verbände zweierlei Rechts" nicht angewandt werden. Es wirkt deprimierend

und irgendwie auch degradierend. Das waren die Gründe der Herren, die die Formulierung des § 6

vorgeschlagen haben. Es muß klargestellt sein, daß angesichts der verschiedenen Funktionen auch

verschiedene Rechtstitel, z. B. in der Abstimmung, sein müssen, um diesen Verschiedenheiten ir-

gendwie Rechnung zu tragen. Wir könnten jetzt in eine Debatte darüber eintreten, welche Aufgaben

die Fachverbände und die Landessportbünde haben. Wünschen Sie das?

(Zurufe: Nein!)

Ich wollte nur dieses eine Moment herausstellen, um zu beweisen, daß es in der Praxis kein verschie-

denes Stimmrecht gibt. Mir fällt noch ein Beispiel ein: Nehmen Sie die Organisation „Eichenkreuz“. Sie

hat 200.000 Mitglieder. Das ist auch keine Kleinigkeit, und trotzdem ist diese Organisation nur vertre-

ten im Beirat und durch den Beirat in der Mitgliederversammlung. Die konstituierenden Verbände ha-

ben verschiedenartige Funktionen, sowohl die Fachverbände wie die Landessportbünde. Daß die

Fach-verbände primär die Konstituierung vornehmen, ist ungefähr die allgemeine Meinung. Ein ge-

wisser Führungsanspruch der Fachverbände ist ja von allen Verbänden zugestanden worden. Darum

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24 l

hat hier eine theoretische Auseinandersetzung wenig Sinn. Ich wollte das nur kurz darlegen, um dar-

auf hinzuweisen, daß eine Rangordnung oder gar eine Degradierung gar nicht in Frage kommen

kann.

Sie haben also die Darlegung der Landessportbünde und die der Satzungskommission gehört. Sollen

wir darüber hinausgehend die Debatte fortsetzen oder darf ich zur Abstimmung kommen.

(Zurufe: Abstimmen!)

Dann bitte ich, die Delegiertenkarten zur Hand zu nehmen. Haben etwa durch Irrtum oder Vergeßlich-

keit stimmberechtigte Vertreter der Landessportbünde und der Fachverbände ihre Abstimmungskarte

nicht zur Hand?

Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich darf bitten, daß zu dieser ersten Abstimmung nur je ein Vertre-

ter, denn das ist klare parlamentarische Regel, die Karte erhebt.

Es muß geschäftsordnungsmäßig noch entschieden werden, ob zuerst über den Antrag SORG oder

über die Fassung des § 6 des Satzungsentwurfs abgestimmt werden soll.

Delegierter SORG - Frankfurt:

Meines Erachtens muß zuerst über meinen Abänderungsantrag abgestimmt werden, weil wir ja

grundsätzlich mit § 6 einverstanden sind.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich stelle den Antrag, der von einer Reihe von Landessportbünden gestellt und von Herrn SORG be-

gründet worden ist, daß nämlich der Absatz 2 des § 6 abgeändert wird, zur Abstimmung. Ich mache

aber darauf aufmerksam, daß es dann nicht „Verbände“ wie von Herrn SORG vorgeschlagen, sondern

„Mitgliedsorganisationen" heißen müßte.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Stimmkarte zu erheben, aber von jeder Organisation nur

ein Vertreter.

(Zurufe: Es ist uns unklar!)

Zum Absatz 2 des § 6 ist von einer Reihe von Landessportbünden der Antrag gestellt worden, statt

„Fachverbände“ „Mitgliedsorganisationen“ zu sagen, so daß also das qualifizierte Stimmrecht beiden

zugutekäme und nicht nur den Fach verbänden. Das wird jetzt klar sein.

(Zustimmung.)

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Stimmkarte zu zeigen.

(Geschieht.)

Wenn ich richtig gezählt habe, sind es acht Stimmen. Wer ist gegen den Antrag? Ich bitte die Stimm-

karten hochzuheben,

(Geschieht.)

Das ist die große Mehrheit. Damit ist der Antrag SORG abgelehnt.

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l 25

Ich stelle nun den § 6 zur positiven Abstimmung. Wer ist nun, nachdem der Antrag SORG abgelehnt

worden ist, für die Formulierung des Satzungsentwurfs. Es wird mit einfacher Stimmenmehrheit ent-

schieden.

Ein Delegierter:

Es wäre bevor noch über die Frage bezüglich des Beirats zu entscheiden. Wenn der§ 6 in dieser Hin-

sicht abgeändert werden soll, müßte das jetzt geschehen. Hierüber bestanden gestern noch Mei-

nungsverschiedenheiten.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wenn jetzt noch die Meinung besteht, daß der Beirat keine Delegationsbefugnis für das Plenum ha-

ben soll, müßte jetzt ein entsprechender Antrag gestellt werden. - Es wird kein Antrag gestellt. Ich

stelle den ganzen §6 zur Abstimmung und bitte um Erheben der Delegiertenkarte.

(Geschieht.)

Die Gegenprobe. (Erfolgt.)

Ich darf feststellen, daß der § 6 in der Fassung des Entwurfs gegen eine Stimme angenommen wor-

den ist. Bitte die Stimmenthaltungen: Ich zähle sechs Enthaltungen.

Damit ist ein wesentlicher Punkt der Konstituierung erledigt. Ich darf wohl meiner Freude darüber

Ausdruck geben, daß die Landessportbünde eine noble Geste dadurch bewiesen haben, daß sie bei

der Schlußabstimmung nicht gegen den § 6 gestimmt haben, sondern sich der Stimme enthielten. Ich

sehe darin ein gutes Zeichen für die Zusammenarbeit.

Delegierter ROELOFSEN - Kiel:

Zur Geschäftsordnung! Ich darf darauf aufmerksam machen, daß die Landessportbünde nicht ge-

schlossen vorgegangen sind. Es haben auch Landessportbünde für die Fassung des § 6 gestimmt!

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wir kommen nun zum § 1. Wir gehen weiter, und zwar sportlich, das heißt, ohne jede Behinderung

der freien Meinungsäußerung, aber sportlich, das heißt mit Tempo! Ich verlese die einzelnen Paragra-

phen. Nur wenn Anträge gestellt sind, wird abgestimmt, und zwar jetzt nach dem qualifizierten Stimm-

recht, wie es soeben beschlossen worden ist. § 1 lautet:

„Name - Wesen - Sitz

Die DSU ist eine freie Gemeinschaft der deutschen Sportverbände und Sportinstitutionen. Sie ist in

das Vereinsregister einzutragen, mit dem Sitz in ...“

Dazu ist zu bemerken, daß der Sitz der Organisation da sein soll, wo der Präsident seinen Wohnsitz

hat.

Hierzu liegen drei Anträge vor, die eine Änderung des Namens „Deutsche Sport-Union“ bezwecken.

Ein Antrag kommt vom Deutschen Turnerbund, einer vom Landessportbund Nordrhein-Westfalen.

Dazu liegt noch ein dritter Antrag - ich weiß im Augenblick nicht, von wem, vor.

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26 l

Delegierter DREES - Bremen:

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kurze Erklärung, und zwar nicht als Vorsitzender

des Landessportbundes Bremen, sondern als Vorsitzender der Turnerorganisation. Turnen und Sport

- beide sind geboren aus dem inneren Wesen des Menschen. Zwischen Turnen und Sport besteht

naturgegeben kein Gegensatz. Sie sind gleichberechtigt und dienen dem-selben Ziel. Es ist außeror-

dentlich schwer, die beiden Begriffe Turnen und Sport begrifflich genau festzulegen. Man sollte erwar-

ten, daß wir uns über diese beiden Begriffe einigermaßen klar sind. Aber weil diese beiden Begriffe

nicht klar umschrieben festliegen, sind wir Turner der Meinung, daß in dem Namen der Dachorganisa-

tion beide Begriffe zum Ausdruck kommen sollten, Unser oberstes Ziel bei der Gründung des Turner-

bundes war die Einigkeit der deutschen Turn- und Sportbewegung, und darum Freundschaft mit den

Landessportbünden und Freundschaft mit den Fachverbänden! Dieses unser oberstes Ziel möchten

wir auch heute zum Ausdruck bringen, in-dem wir erklären: Wenn Sie in der Namensgebung anderer

Meinung sind als wir, erklären wir als Turner, daß wir gute Demokraten genug sind, um uns dem

Mehrheitsbeschluß zu fügen und gemeinsam mit Ihnen allen zu arbeiten.

(Bravo!)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich darf bitten, zu den Anträgen Stellung zu nehmen. Es war-glaube ich - auch vorgeschlagen: Deut-

scher Ausschuß Tür Leibesübungen.

Delegierter REINBERG - Hamburg:

Wir haben gestern über den Namen der Organisation gesprochen und nun den Wunsch der Turner

gehört. Ich möchte vorschlagen, daß man für die Dachorganisation den Namen „Deutscher Sport-

bund“ wählt und den § 1 so ändert, daß es heißt: „Der Deutsche Sportbund ist eine freie Gemeinschaft

der deutschen Turner- und Sportverbände ...“ usw. Das ist ein Kompromißvorschlag, der meines Er-

achtens gangbar wäre.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER;

Werden weitere Vorschläge gemacht. Es sind vorgeschlagen „Deutscher Sportbund“, „Deutscher

Ausschuß für Leibesübungen“ und von der Satzungskommission „Deutsche Sport-Union“.

Delegierter FRANK - Hamburg:

Meine Damen und Herren! Kameraden! Ich möchte nur zu dem Vor-schlag „Deutscher Ausschuß für

Leibesübungen“ ganz kurz darauf hinweisen, daß es wünschenswert wäre, wenn die Einstimmigkeit

unseres gestrigen Begräbnisses sich auch auf das Wort Leibesübungen beziehen würde. Das Wort

Leibesübungen haben wir in allen Landessportbünden eliminiert, und zwar in erster Linie deshalb, weil

es nicht das trifft, was den Sport ausmacht, und zweitens, weil das Wort doch einen etwas ominösen,

um nicht zu sagen, erotischen, Beigeschmack hat, Im Übrigen darf ich daraufhinweisen, daß früher,

als der große Ausschuß für Leibesübungen ins Leben gerufen wurde, ein ganz bedeutender Prozent-

satz der deutschen Bevölkerung, der nicht in der Sportbewegung stand, effektiv nicht wußte, was die-

ses Wort bedeuten sollte. Ich möchte empfehlen, daß wir wirklich den Sargdeckel über dieses Wort

schließen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER; Wünscht noch jemand das Wort.

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l 27

(Zurufe: Abstimmen!)

Ich muß dann wohl von der Satzungskommission aus sagen, aus welchen Gründen wir zu dem Vor-

schlag „Deutsche Sport-Union“ gekommen sind.

(Zurufe: Ist nicht erforderlich! Bitte abstimmen!)

Es ist schwierig, nun die Reihenfolge festzulegen. Aber im Grunde bleibt es sich wohl gleich. Der Vor-

schlag der Satzungskommission lautet: Deutsche Sport-Union. Wer stimmt für den Namen „Deutsche

Sport-Union“? Ich bitte die Stimmkarten hochzuheben.

Für diesen Vorschlag haben 27 Delegierte gestimmt.

Wer ist für den Vorschlag „Deutscher Ausschuß für Leibesübungen“?

Hierfür sind 8 Stimmen abgegeben.

Wer ist für den Vorschlag „Deutscher Spottbund“?

Dieser Vorschlag hat 40 oder 42 - ich bin mir nicht ganz sicher - Stimmen

gefunden.

Delegierter BAIER - Hannover:

Zur Geschäftsordnung: Ich bitte darauf zu achten, daß die Verbände nicht für zwei Vorschläge stim-

men.

Delegierter Dr. DANZ - Kassel:

Damit keine Mißverständnisse auftreten, halte ich es für notwendig, daß zunächst einmal festgestellt

wird, wieviel Stimmen vertreten sind. Die Zahl der Stimmberechtigten muß festgestellt werden.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER: Wir werden die Zahl der Stimmberechtigten feststellen. Herr

HÜNECKE wird die Namen der stimmberechtigten Landessportbünde und Fachverbände verlesen.

Delegierter HÜNECKE - Hannover:

Badischer Sportbund 2 Stimmen

Baden Nord 2 Stimmen

Bayerischer Landessportverband 2 Stimmen

Hamburger Sportbund 2 Stimmen

Landessportbund Bremen 2 Stimmen

Landessportbund Hessen 2 Stimmen

Landessportbund Rheinland-Pfalz 2 Stimmen

Landessportbund Schleswig-Holstein 2 Stimmen

Landessportbund Württemberg-Hohenzollern 2 Stimmen

Landessportbund Württemberg 2 Stimmen

Sportverband Groß-Berlin 2 Stimmen

Sportbund Niedersachsen 2 Stimmen

Sportbund Nordrhein-Westfalen 2 Stimmen

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28 l

Fachverbände:

Bund Deutscher Radfahrer 2 Stimmen

Deutscher Amateur-Box-Ausschuß 2 Stimmen

Deutsche Athleten-Union 2 Stimmen

Deutscher Basketballbund 2 Stimmen

Deutscher Bob- und Schlittensportverband 2 Stimmen

Deutscher Eissportverband 2 Stimmen

Deutscher Fechterbund 2 Stimmen

Deutscher Fußballbund 6 Stimmen

Deutscher Golfverband 2 Stimmen

Deutscher Handballbund 4 Stimmen

Deutscher Hockeybund 2 Stimmen

Deutscher Keglerbund 2 Stimmen

Deutscher Kanuverband 2 Stimmen

Deutscher Leichtathletikverband 4 Stimmen

Deutscher Rollsportbund 2 Stimmen

Deutscher Ruderverband 2 Stimmen

Deutscher Rugbyverband 2 Stimmen

Deutscher Seglerverband 2 Stimmen

Deutscher Skiverband 2 Stimmen

Deutscher Schwimmverband 2 Stimmen

Deutscher Tennisbund 2 Stimmen

Deutscher Tischtennisbund 2 Stimmen

Deutscher Turnerbund 6 Stimmen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER: Damit ist § 1 erledigt.

(Zurufe: Nein!)

Delegierter REINBERG - Hamburg:

Ich hatte den Antrag gestellt, im § 1 zu formulieren: „Der Deutsche Sportbund ist eine freie Gemein-

schaft der deutschen Turn- und Sportverbände ..." usw.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Es ist der Antrag gestellt, den § 1 so abzuändern, wie Herr REINBERG soeben vorgeschlagen hat, Es

ist dabei zu beachten, daß mit Turn- und Sportverbände auch die Landessportbünde gemeint sind.

Das muß dabei beachtet werden. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Ab-

stimmung. Es ändert sich nichts an der Dachorganisation. Es handelt sich lediglich um die Zufügung

der Worte „Turn-und“. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, den Stimmzettel zu heben.

(Geschieht.)

Ich bitte um die Gegenprobe.

(Erfolgt.)

Stimmenthaltungen? Ich zähle 5 Enthaltungen.

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l 29

Der Antrag ist mit 42 : 35 Stimmen abgelehnt. Ich bedauere das sehr.

Delegierter SCHLEGEL - Berlin:

Meine Damen und Herren! Liebe Sport- und Turnfreunde! Ich möchte zum Sitz des Verbandes noch

einiges sagen. Die Berliner Delegation ist der Meinung, daß für einen Deutschen Sportbund nur die

Hauptstadt Deutschlands als Sitz in Frage kommen kann. Die Hauptstadt Deutschlands ist wohl für

uns alle Berlin, die Stadt, meine Damen und Herren, die den Vorort im Osten Deutschlands bildet und

die die Verbindung herstellt zu denen, die heute leider nicht hier bei uns sein können, die aber hoffent-

lich recht bald in unseren Kreis einziehen werden. Berlin würde es sich als Ehre anrechnen, den

Deutschen Sportbund in seinen Mauern als grundsätzlicher Sitz des Bundes begrüßen zu dürfen.

Berlin wird vielleicht Verständnis dafür haben, daß in der Übergangszeit, solange die politische Situa-

tion noch einige Schwierigkeiten bereitet, der Sitz des Bundes interimistisch dort ist, wo der erste Prä-

sident seinen Wohnsitz hat. Deshalb bitten wir, grundsätzlich Berlin als Sitz des Bundes zu erklären,

für die Übergangszeit aber als Sitz den Ort zu nehmen, in dem der Präsident des Bundes wohnt.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Als Vorsitzender der Satzungskommission, nicht als Verhandlungsleiter, möchte ich sagen, daß ich es

nicht für tragbar halte, eine solche Eventualbestimmung einzuschalten. Das wäre nach meiner Auffas-

sung keine Formulierung für eine Satzung. Aber wenn Sie es beschließen, Wollen wir versuchen, es

in irgendeiner Form zu machen.

Ich stelle den Berliner Antrag zur Abstimmung. Wer ist für diesen Antrag? Ich bitte um Erhebung der

Stimmkarte.

(Geschieht.)

Das sind nur 13 Stimmen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum § 2. Er lautet: „Zweck

Der Deutsche Sportbund hat zum Zweck die Förderung der großen Aufgaben des deutschen Sports,

die Förderung der Interessen seiner Mitgliedsorganisationen gegenüber Staat und Gemeinden und in

der Öffentlichkeit, die Regelung und

Durchführung überverbandlicher Fragen und Aufgaben.“

Anträge liegen nicht vor. Damit ist §2 genehmigt.

Wir kommen zum § 3. Er lautet:

„Grundsätze für die Tätigkeit des Deutschen Sportbundes

1. Der Deutsche Sportbund erstrebt die Einigkeit im deutschen Sportgefüge und Sportleben, in

Sportordnung und Sportwettbewerb, zum Wohle des deutschen Sportes und Volkes.

2. Der Deutsche Sportbund anerkennt die organisatorische, finanzielle und fachliche Selbstän-

digkeit der Mitgliedsorganisationen und fördert deren freundschaftliche Zusammenarbeit.

3. Der Deutsche Sportbund anerkennt und fordert den Grundsatz der Freiheit und Freiwilligkeit in

Sportausübung und Sportgemeinschaft. Organisationszwang wird ab-gelehnt.

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30 l

4. Der Deutsche Sportbund führt seine Aufgaben durch in parteipolitischer, konfessioneller und

rassischer Neutralität. Er lehnt den Militarismus im Sport ab.

5. Der Deutsche Sportbund fördert die Pflege des Geistigen im Sport und die Schaffung einer

ethischen Sportregel in Achtung der kulturellen und religiösen Werte deutschen Volkstums.

6. Der Deutsche Sportbund erstrebt die Förderung und Auswertung der wissenschaftlichen For-

schung für den Sport.

7. Der Deutsche Sportbund steht auf dem Boden des Amateursports und lehnt jede Materialisie-

rung des Sports ab.

8. Der Deutsche Sportbund will der Gesundheit und Tüchtigkeit, der Lebenskraft und Lebens-

freude des deutschen Volkes und seiner Jugend dienen. Er will darüber hinaus durch interna-

tionale Zusammenarbeit der Völkerverständigung und dem Völkerfrieden dienen.

9. Die offizielle Sportvertretung Deutschlands bei internationalen Wettkämpfen im In- und Aus-

land erfolgt nur durch die Sportfachverbände, für die Olympischen Spiele durch das Nationale

Olympische Komitee.

10. Der Deutsche Sportbund arbeitet gemeinnützig. Seine Mitglieder haben nicht teil an seinem

Vermögen. Seine Organe arbeiten ehrenamtlich. Das Vermögen dient ausschließlich gemein-

nützigen Zwecken des Sports.“

Zum §3 liegen Anträge zum Absatz 4 und zum Absatz 7 vor, die im Absatz 4 den letzten Satz und im

Absatz 7 den letzten Halbsatz gestrichen wissen wollen.

Will jemand den Antrag zum Absatz 4, Streichung des Satzes: „Er lehnt den Militarismus im Sport ab“,

begründen? Ich weiß im Augenblick nicht, wer diesen Antrag gestellt hat.

Wer ist der Antragsteller? (Keine Wortmeldung.)

Wenn der Antrag nicht begründet wird, darf ich ihn als zurückgezogen betrachten.

(Zustimmung.)

Wir kommen zum Antrag bezüglich des Absatzes 7, der den Halbsatz „… und lehnt jede Materialisie-

rung des Sports ab“ gestrichen haben will.

Delegierter HÖBBBL - Göttingen: Der Deutsche Amateur-Box-Ausschuß schlägt vor, statt „Materiali-

sierung“ zu sagen „Verdienertum“.

Delegierter BAUWENS -Köln:

Es wurde gestern in der Vorverhandlung darüber gesprochen, daß der erste Halbsatz des Absatzes 7

vollkommen genügt. Der genügt vollkommen. Man braucht den zweiten Halbsatz nicht, um nicht ir-

gendeinen Verband vielleicht in eine gewisse Verlegenheit zu bringen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Es ist gestern nur eine Begründung, aber keine Meinungsbildung erfolgt. Es ist ein Punkt, über den

debattiert werden muß. Der zweite Halbsatz enthält die Befreiung von der Übermächtigung durch wirt-

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l 31

schaftliche Machte. Er liegt meines Erachtens auch im Sinne des Fußballbundes, der zwischen Ama-

teursport und Berufssport eine saubere Scheidung getroffen hat.

Delegierter DAUME - Dortmund:

Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht gelernt hätten, uns über vieles nicht mehr zu wundern,

dann müßte ich mich wundern, daß ein solcher Antrag gestellt werden kann, die Worte „und lehnt jede

Materialisierung des Sports ab", zu streichen.

Meine Damen und Herren! Das hat mit dem Amateurstatus nichts zu tun. Es gibt zwei Arten der Mate-

rialisierung. Die eine befaßt sich mit der Amateurfrage, die andere befaßt sich mit den Momenten, die

Herr Prälat WOLKER schon kurz gekennzeichnet hat. Es wird nicht nur der reine Amateurstandpunkt

vertreten, sondern auch der Standpunkt, daß das Geld innerhalb des Amateurbegriffs nicht zu regie-

ren hat. Ich bekenne mich eindeutig dazu, daß die Fassung des Entwurfs beibehalten wird.

Delegierter BAUWENS - Köln:

Was Herr DAUME ausgeführt hat, spricht gerade für meinen Antrag, denn das greift schon in die

Selbständigkeit der Fachverbände hin-ein, wenn das so ausgelegt wird. Ich bitte, es bei dem ersten

Halbsatz zu belassen und den zweiten Halbsatz zu streichen.

Delegierter HÜNECKE - Hannover:

Ich meine, daß wir aus unserer inneren Verpflichtung dem Sport gegenüber uns verpflichtet fühlen

sollten, ein offenes und bedingungsloses Bekenntnis für den olympischen Gedanken abzulegen. Das

erwartet von uns nicht zuletzt auch die Jugend. Darum möchte ich dringend bitten, die Fassung des

Entwurfs beizubehalten.

Meine Freunde vom Fußballbund! Damit ist keineswegs Kritik geübt am Fußballverband. Das liegt uns

durchaus fern. Wir alle wissen ja, was hier damit zum Ausdruck gebracht werden soll und daß Sie

dabei sind, aus eigener Kraft den Weg zu finden, der eine reine Trennung zwischen Amateursport und

Berufssport bedeutet. Die Jugend und die Welt erwartet von uns das Bekenntnis, das im letzten Halb-

satz enthalten ist, und darum sollten wir die Streichung des letzten Halbsatzes ablehnen.

Delegierter BAUWENS - Köln:

Der Deutsche Fußballbund wird seinen Status sauber halten und steht auf dem Standpunkt des Ama-

teursports. Aber er wird sich auch nicht scheuen, zu gegebener Zeit den Professionalsport einzufüh-

ren und ihn zu überwachen. Wenn wir ihn nicht überwachen, wird er eine Gefahr. Es ist im Interesse

des Ganzen und ich sehe nicht ein, warum der erste Halbsatz nicht genügen sollte.

Delegierter ZEUNER - Oberwesel:

Zur Geschäftsordnung: Ich stelle den Antrag, daß zur Begründung eines Antrages nur einmal gespro-

chen werden darf. Ich bitte, nicht durch mehrfache Wortmeldungen zur Begründung eines Antrages

die Verhandlungsleitung zu erschweren. Ich stelle den Antrag auf Schluß der Debatte zu diesem

Punkt.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER;

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32 l

Wortmeldungen liegen auch nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag BAU-

WENS, den zweiten Halbsatz des Absatzes 7 im § 3 zu streichen. Wer ist für den Antrag BAUWENS?

Ich bitte um das Erheben der Stimmzettel.

(Geschieht.)

Wer ist gegen den Antrag? Ich bitte auch hier um das Zeichen.

(Erfolgt.)

Die Abstimmung ist zweifelhaft. Man kann bei diesem blöden Licht nicht genau zählen. Ich muß die

Abstimmung wiederholen lassen.

Delegierter BAUWENS - Köln:

Gerade weil diese Frage für uns so wichtig ist, bitte ich durch Stimmzettel abstimmen zu lassen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Es liegt der Antrag vor, durch Stimmzettel abzustimmen.

Delegierter WÜLFING - Hannover:

Ich bitte Herrn BAUWBNS, seinen Antrag zurückzuziehen. Wir werden sehr sorgfältig zählen und ha-

ben dazu Stimmzähler eingesetzt.

Delegierter BAUWENS - Köln:

Dann ziehe ich meinen Antrag auf Abstimmung durch Stimmzettel zurück.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wir wiederholen die Abstimmung. Wer für den Antrag BAUWENS ist, den bitte ich, die Stimmkarte zu

zeigen.

(Geschieht.)

Es sind 40 Stimmen für den Antrag BAUWENS abgegeben worden. Die Stimmen wurden dreimal

gezählt.

Die Gegenprobe: Wer ist gegen den Antrag BAUWENS. Auch hier bitte ich um das Zeichen. Wer ist

also für die Fassung der Satzungskommission?

(Erfolgt.)

Das sind 38 Stimmen.

Die Stimmenthaltungen? Vier Enthaltungen.

Damit ist der Antrag BAUWENS mit 40 : 38 bei vier Enthaltungen angenommen. Der zweite Halbsatz

im Absatz 7 des §3 ist damit gestrichen.

Weitere Anträge liegen nicht vor. Damit ist der § 3 mit der soeben beschlossenen Abänderung ge-

nehmigt.

Page 33: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

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Wir kommen zum § 4. Er lautet: „Mittel

Der Deutsche Sportbund erfüllt seine Aufgabe durch Austausch der Erfahrungen unter seinen Mitglie-

dern, durch Tagungen und Ausschußarbeit, durch besondere Lehrgänge und Kongresse, durch Unter-

richtung der Öffentlichkeit und Förderung der Sportpresse, durch gutachtliche Tätigkeit für Organisati-

onen und Behörden, durch Mitarbeit bei Gesetzentwürfen.“

Abänderungsanträge sind nicht gestellt. Damit ist § 4 genehmigt.

Es folgt § 5. Er lautet: „Mitglieder

1. Die Mitglieder des Deutschen Sportbundes sind

a) die deutschen Sportfach Verbände,

b) die Landessportbünde,

c) der deutsche Sportbeirat.

Mitglieder zu a) und b) werden im Folgenden Mitgliedsorganisationen genannt.

2. Für jede Sportart kann nur ein Sportfachverband, für jedes Land nur ein Landessportbund als

Mitglied anerkannt werden.

3. Der deutsche Sportbeirat setzt sich zusammen aus Vertretern von Institutionen und Organisa-

tionen, sowie aus Persönlichkeiten der Wissenschaft und des öffentliches Lebens, die in be-

sonderer Weise dem deutschen Sport zu dienen geeignet und berufen sind.

4. Über die Aufnahme einer Sportorganisation als Mitgliedsorganisation und über die Aufnahme

von Mitgliedern in den Sportbeirat entscheidet das Präsidium. Wird ein Antrag auf Aufnahme

abgelehnt, so entscheidet auf Antrag die nächste Mitgliedsversammlung endgültig.

5. Der Austritt einer Mitgliedsorganisation oder eines Mitgliedes des Beirates kann durch einge-

schriebenen Brief an das Präsidium zum Ende eines Kalenderjahres erklärt' werden.

Ausschluß einer Mitgliedsorganisation oder eines Mitgliedes des Beirates kann durch die Mit-

gliederversammlung mit einem Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschluß der erschienenen Mitglieder

erfolgen.“

Abänderungsanträge sind nicht gestellt. § 5 ist damit genehmigt.

Der § 6 ist bereits vorhin verlesen und verabschiedet worden.

Wir kommen zum § 7. Er lautet: „Organe

Der Deutsche Sportbund hat als Organe

a) die Mitgliederversammlung,

b) das Präsidium,

c) Ausschüsse.“

Abänderungsanträge sind nicht gestellt. § 7 ist damit genehmigt.

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a

b

c

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a

b

c l

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Die Mitglieder des Deutschen Sportbundes sind

Für jede Sportart kann nur ein Sportfachverband, für jedes Land nur ein Landessportbund als

Mitglied anerkannt werden.

Der deutsche Sportbeirat setzt sich zusammen aus Vertretern von Institutionen und Organisa-

tionen, sowie aus Persönlichkeiten der Wissenschaft und des öffentliches Lebens, die in be-

sonderer Weise dem deutschen Sport zu dienen geeignet und berufen sind.

Über die Aufnahme einer Sportorganisation als Mitgliedsorganisation und über die Aufnahme

von Mitgliedern in den Sportbeirat entscheidet das Präsidium. Wird ein Antrag auf Aufnahme

abgelehnt, so entscheidet auf Antrag die nächste Mitgliedsversammlung endgültig.

Der Austritt einer Mitgliedsorganisation oder eines Mitgliedes des Beirates kann durch einge-

schriebenen Brief an das Präsidium zum Ende eines Kalenderjahres erklärt' werden.

Ausschluß einer Mitgliedsorganisation oder eines Mitgliedes des Beirates kann durch die Mit-

gliederversammlung mit einem Zwei-Drittel-Mehrheitsbeschluß der erschienenen Mitglieder

erfolgen.“

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Wir kommen zum § 8. Er lautet: „Mitgliederversammlung

1 l Die Mitgliederversammlung besteht aus

a l dem Präsidium,

b l den von den Mitgliedsorganisationen bestellten Vertretern,

c l den aus dem Beirat gewählten Persönlichkeiten.

Scheidet der Vertreter einer Mitgliedsorganisation aus dieser aus oder wird er von dieser abberufen,

so scheidet er auch als ihr Vertreter in der Mitgliederversammlung aus. Die Mitgliedsorganisationen

sind verpflichtet, dem Präsidium unverzüglich das Ausscheiden zu melden und einen neuen Vertreter

zu bestellen. Sinngemäß gilt diese Bestimmung auch für den Beirat.

2 l Die Mitgliederversammlung findet jährlich einmal als Hauptversammlung statt. Auf Beschluß des

Präsidiums oder auf Antrag von einem Drittel der Mitglieder kann eine außerordentliche Mitglie-

derversammlung einberufen werden.

3 l Aufgaben zur Beschlussfassung der Mitgliederversammlung:

a l Stellungnahme und Aktionen zu allgemeinen Fragen und überverbandlichen Aufgaben,

b l Bildung von Ausschüssen,

c l Wahlen der Mitglieder des Präsidiums,

d l Genehmigung des Voranschlages und der Jahresrechnung,

e l Bevollmächtigung für bestimmte Fälle und Sachgebiete zur Beschlußfassung und Durchfüh-

rung durch das Präsidium bzw. durch Ausschüsse.“

Abänderungsanträge sind nicht gestellt. § 8 ist genehmigt.

Wir kommen zum § 9. Die bereits gestellten Anträge sind in den Text des Entwurfs schon eingearbei-

tet.

Zum § 8 macht Herr Notar JERSCH darauf aufmerksam, daß Frist und Form der Mitgliederversamm-

lung noch eingearbeitet werden müssen. Geben Sie dem Präsidium die Vollmacht, das zu erledigen?

(Zustimmung.)

Sie sind einverstanden.

Wir beraten jetzt den § 9. Er lautet:

„Das Präsidium

1 l Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten, zwei stellvertretenden Präsidenten und bis zu zwölf

Beisitzern.

Page 35: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

l 35

2 l Das Präsidium wird von der Mitgliederversammlung auf die Dauer von 2 Jahren (einem Jahr?)

gewählt. Gleichzeitig wählt die Mitgliederversammlung fünf Ersatzleute für den Fall des Ausschei-

dens von Mitgliedern des Präsidiums.

3 l Scheidet ein Mitglied des Präsidiums während der Wahlzeit aus seinem Amt in der von ihm vertre-

tenen Mitgliedsorganisation bzw. aus dem Sportbeirat aus, so scheidet es gleichzeitig auch aus

dem Präsidium aus, wenn nicht die weitere Mitgliedschaft im Präsidium ausdrücklich von der Mit-

gliedsorganisation vorgeschlagen wird.

4 l Der Präsident bildet mit den beiden stellvertretenden Präsidenten den geschäftsführenden Vor-

stand. Dieser ist in Führung der Geschäfte an die Beschlüsse des Präsidiums und der Mitglieder-

versammlung gebunden. Er bestimmt Termin und Tagesordnung der Sitzung des Präsidiums. Zur

Unterstützung des Vorstandes in der Geschäftsführung kann das Präsidium die Anstellung eines

hauptamtlichen Geschäftsführers beschließen.

5 l Vorstand im Sinne des § 26 BGB ist der Präsident mit einem der stellvertretenden Präsidenten.

6 l Der Präsident vertritt den Deutschen Sportbund. Er beruft und leitet die Sitzungen des Präsidiums,

der Mitgliederversammlung und des Beirates. Im Verhinderungsfall vertritt ihn ein stellvertretender

Präsident.

7 l Das Präsidium berät und erfüllt die Aufgaben des Deutschen Sportbundes im des im Rahmen und

im Sinn der Satzung und der Beschlüsse der Mitgliederversammlung. Es gibt sich selbst eine Ge-

schäftsordnung.

8 l Das Präsidium ist beschlußfähig, wenn außer dem Präsidenten oder einem Stellvertreter mindes-

tens noch sechs andere Mitglieder nach ordnungsgemäßer Einladung anwesend sind. Die Be-

schlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt, Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung.

9 l Einladungen zu Sitzungen sind schriftlich unter Angabe der Tagesordnung spätestens 4 Wochen

vorher allen Mitgliedern des Präsidiums zuzustellen. In begründeten Ausnahmefällen kann diese

Frist bis auf eine Woche verkürzt werden.

10 l Beschlüsse des Präsidiums werden grundsätzlich in Sitzungen gefaßt. Sie können ausnahmswei-

se auch schriftlich durch Rundfrage bei allen Mitgliedern unter genauer Angabe des Beschlußge-

genstandes herbeigeführt weiden.

11 l Über den wesentlichen Inhalt der Sitzungen sind Niederschriften zu führen, die vom Verhand-

lungsleiter und einem der Präsidenten zu unterzeichnen sind.“

Zum Absatz 2 des § 9 war der Antrag eingebracht worden, das Präsidium nur für ein Jahr zu wählen.

Wir haben diesen Antrag mit einem Klammervermerk in den Satzungsentwurf bereits eingearbeitet.

Der Antrag ist gestellt worden, weil zurzeit die Dinge sehr prekär und schwierig sind, so daß das Prä-

sidium bereits nach einem Jahr neu gewählt werden könnte, wenn die Verhältnisse klarer geworden

sind.

Ich glaube, daß das Wort hierzu nicht genommen zu werden braucht. Es muß aber abgestimmt wer-

den. Wer für den Antrag, das Präsidium bereits nach einem Jahr neu zu wählen, ist, der möge die

Stimmkarte hochheben.

(Geschieht.)

Page 36: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

36 l

Ich bitte um die Gegenprobe.

(Erfolgt.)

Das letztere war unbestritten die Minderheit. Damit ist festgelegt, daß das Präsidium nach einem Jah-

re neu gewählt wird. Damit ist § 9 so genehmigt.

Wir kommen zum § 10. - Es war ein Antrag eingereicht worden, der bereits in den Satzungsentwurf

eingearbeitet worden ist, und der zum Inhalt hatte, daß angesichts der raschen Entwicklung unserer

Aufgaben und unserer Organisation auch Satzungsänderungen mit einfacher Stimmenmehrheit be-

schlossen werden. -

Der § 10 lautet: „Abstimmungen

1 l Beschlüsse der Mitgliederversammlung und des Präsidiums werden mit einfacher Stimmenmehr-

heit gefaßt. Dies gilt auch für Beschlüsse über Satzungsänderungen. Für Beschlüsse über grund-

sätzliche Angelegenheiten und über Aktionen, für welche die Mitarbeit aller Mitgliedsorganisatio-

nen erwartet werden muß, soll Einstimmigkeit angestrebt werden; mindestens ist dafür eine Zwei-

drittelmehrheit erforderlich. Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung.

2 l Wahlen sind grundsätzlich schriftlich und geheim vorzunehmen. Wird für ein Amt nur eine Person

vorgeschlagen, und ist diese bereit, das Amt zu übernehmen, dann kann die Wahl durch offene

Abstimmung mit Handzeichen erfolgen, wenn nicht geheime Wahl beantragt wird.

3 l Die Wahl der Präsidenten erfolgt je in eigenem Wahlgang. Steht nur ein Kandidat zur Wahl, dann

ist er gewählt, wenn er die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Stehen mehrere

Kandidaten zur. Wahl, dann ist derjenige gewählt, der mindestens die Hälfte der abgegebenen

Stimmen erhalten hat. Wird diese Stimmenzahl von keinem der Kandidaten erreicht, dann findet

zwischen den zwei Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben, ei-

ne Stichwahl statt, bei der einfache Stimmenmehrheit entscheidet. Bei Stimmengleichheit ent-

scheidet das Los.“

Ist jemand gegen den eingearbeiteten Antrag, der auch Satzungsänderungen mit einfacher Stimmen-

mehrheit zuläßt?

Das ist nicht der Fall. Dann ist § 10 wie verlesen genehmigt.

Es folgt der § 11. Er lautet: „Ausschüsse

1 l Ständige Ausschüsse können durch Beschluß der Mitgliederversammlung gebildet werden, Aus-

schüsse für aktuelle Sonderfragen durch Beschluß des Präsidiums. Ihre Arbeiten haben beraten-

den Charakter. Die Beschlüsse der Ausschüsse sind dem Präsidium bzw. der Mitgliederversamm-

lung zur Bestätigung vorzulegen.

2 l Der deutsche Sportbeirat tritt mit dem Präsidium mindestens einmal im Jahr in einer Konferenz

zusammen zur Beratung allgemeiner Fragen des Sportlebens und der Sportentwicklung.“

Anträge sind nicht gestellt. § 11 ist genehmigt.

Wir kommen zum § 12. Die vorgelegten Anträge sind durch die Arbeit der Satzungskommission und

den Wortlaut des Entwurfs erledigt.

Page 37: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

l 37

§ 12 lautet:

„Finanzordnung

1 l Für die Erfüllung der Aufgaben des Deutschen Sportbundes und die Bestreitung der Unkosten der

Geschäftsführung werden nach Beschluß der Mitgliederversammlung Umlagen von den Mit-

gliedsorganisationen erhoben, soweit nicht Mittel aus anderen Quellen zur Verfügung stehen. Eine

unmittelbare Besteuerung der Vereine findet nicht statt.

2 l Reisekosten und Kosten für Verpflegung und Unterkunft, die den Vertretern der Mitgliedsorganisa-

tionen bei der Teilnahme an Mitgliederversammlungen entstehen, werden durch die Mitgliedsor-

ganisationen getragen. Kosten, die den Mitgliedern des Präsidiums, dem Sportbeirat und in be-

sonderen Fällen den Ausschüssen entstehen, trägt der Deutsche Sportbund gemäß einer beson-

deren Geschäftsordnung.

3 l Für jedes Geschäftsjahr sind Voranschlag und Rechnung durch das Präsidium aufzustellen und

der Mitgliederversammlung zur Genehmigung vorzulegen. Das Geschäftsjahr ist das Kalender-

jahr.“

Anträge liegen nicht mehr vor. § 12 ist genehmigt.

Es folgt der letzte Paragraph, § 13. Er lautet:

„Auflösung

Die Auflösung des Deutschen Sportbundes kann rechtswirksam durch Beschluß der Mitgliederver-

sammlung mit einer Stimmenmehrheit von drei Vierteln der stimmberechtigten Mitglieder erfolgen. Die

Einladung muß spätestens vier Wochen vor Beginn der Tagung ergehen. Sie muß den Antrag auf

Auflösung mit Begründung enthalten. Kommt trotz ordnungsgemäßer Einladung eine Dreiviertel-

Mehrheit nicht zustande, so muß innerhalb vier Wochen eine neue Mitgliederversammlung stattfinden,

die dann mit einfacher Stimmenmehrheit die Auflösung beschließen kann. Das Vermögen, das im

Zeitpunkt der Auflösung vorhanden ist, ist der Bundesregierung zu übereignen zur Verwendung für

gemeinnützige Zwecke des Sports.“

Anträge sind nicht gestellt. § 13 ist genehmigt.

Bevor wir zur Schlußabstimiming über die Satzung kommen, muß ich eine Vollmacht für das Präsidi-

um erbitten, die an sich wohl selbstverständlich ist, aber ausdrücklich gegeben werden muß.

Ich bitte Sie, das Präsidium zu ermächtigen, Korrekturen, die rein formaler Natur sind, vorzunehmen.

Es kommen wohl hauptsächlich eventuelle registerrichterliche Beanstandungen der Satzung in Frage.

(Kein Widerspruch.)

Wird noch das Wort gewünscht?

Ein Delegierter:

Eine allgemeine Bestimmung über die Gemeinnützigkeit sowie eine Bestimmung, daß im Falle der

Auflösung Leihgaben zurückgegeben werden müssen, sind in der Satzung nicht enthalten. Ich gebe

das hier als Anregung. Derartige Bestimmungen müßten vor allem im Hinblick auf die Steuergesetze

noch eingearbeitet werden. Der Hinweis auf den Registerrichter genügt nicht.

Page 38: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

38 l

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Auf Leihgaben sollten wir im deutschen Sport verzichten, auf Geschenke nicht. Ihr Vorschlag wird

dem Präsidium unterbreitet werden.

Delegierter HACKRADT (Rugby):

Ich habe noch eine Frage zum § 3. Soll das Olympische Komitee dem Deutschen Sportbund unter-

stellt sein oder neben ihm bestehen?

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Das Olympische Komitee steht neben dem Deutschen Sportbund und ist durch seinen Vorsitzenden

im Sportbeirat vertreten.

Es wird ein Weg gefunden werden, daß bei Präsidialsitzungen gegenseitige Einladungen erfolgen.

Das brauchen wir aber nicht satzungsmäßig festzulegen.

Dann darf ich zur Schlußabstimmung über die Satzung schreiten und damit zur Gründung des Deut-

schen Sportbundes. Wer die Satzung, wie in der Einzelberatung festgestellt, annehmen und damit die

Gründung des Deutschen Sportbundes vollziehen will, der möge sich erheben und dabei die Stimm-

karte vorzeigen.

(Geschieht.)

Ich bitte um die Gegenprobe. Wer ist nicht einverstanden? Ich bemerke keine Gegenstimme.

Die Gründung der Dachorganisation Deutscher Sportbund ist am Zehnten im Zwölften des Jahres

1950 Punkt 12 Uhr mit Einstimmigkeit vollzogen worden! Heil!

(Langanhaltender Beifall.)

Zu Punkt 4 der Tagesordnung: Wahl des Präsidiums

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich muß jetzt leider etwas Wasser in den Wein, besser gesagt Glühwein, schütten. Der jetzt anste-

hende Punkt der Tagesordnung wird einige Zeit in Anspruch nehmen, außerdem wird er wohl auch

einigermaßen schwierig werden. Es wäre schön, wenn wir in derselben Einmütigkeit auch den zweiten

wichtigen Akt beschließen könnten. Es handelt sich um die Bildung des Präsidiums. Ich möchte vor-

schlagen, daß zunächst zu weiteren Vorbesprechungen eine halbstündige Pause eingelegt wird. Es

ist nicht möglich, anders zu verfahren, das möchte ich im Voraus sagen. Wir sind zu dieser Maßnah-

me leider gezwungen.

(Zurufe: Einverstanden! Eine Viertelstunde!)

Sie sind einverstanden. Dann darf ich bitten, daß je ein maßgebender Vertreter der Fachverbände zu

der jetzt stattfindenden Besprechung erscheint.

Unterbrechung der Verhandlungen: 12.05 Uhr,

Wiederbeginn der Verhandlungen: 12.45 Uhr.

Page 39: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

l 39

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Die Vorbesprechungen zur Wahl des Präsidiums haben ergeben, daß ein Vorschlag, der die 3 Präsi-

denten zugleich trifft und damit eine gewisse Einhelligkeit des Wahlvorganges von vornherein garan-

tieren würde, nicht zustande gekommen ist. Ich habe alle Möglichkeiten erschöpft, aber nicht die Zu-

sagen bekommen, die zu einem gemeinsamen Vorschlagnötig gewesen wären. Ich bin nicht befugt,

und das wäre wohl auch nicht nötig, daß ich alles anführe, was zu den Meinungsverschiedenheiten

geführt hat. Das würde erstens zu weit führen und dann auch eine Art Stellungnahme bedeuten, die

Sie von mir hier nicht erwarten können. Es würde wahrscheinlich auch zu nichts führen. Ich möchte

nur an Sie appellieren, daß nicht sozusagen parteimäßig abgestimmt wird über die Person des Präsi-

denten - hier die Verbände, und dort die anderen!

Jeder soll nach seinem Gewissen entscheiden, wen er nach den gegebenen Umständen haben will.

Vielleicht ist nach vollzogener Wahl ein Agreement möglich, Ich muß daraufhinweisen, daß die Wahl

des ersten Präsidenten, die wir zunächst vorzunehmen haben, durch Stimmkarte erfolgen muß, und

zwar mittels des Stimmzettels Nr. 1 der gelben Stimmenkarte. Es wird der Name des Gewählten auf-

geschrieben und der Stimmzettel dann gefaltet und abgegeben.

Für das Amt des ersten Präsidenten sind vorgeschlagen worden Herr DAUME (Handballbund) und

Herr JERSCH (Fußballbund).

Zunächst müssen wir einen Wahlausschuß wählen. Er müßte aus drei Personen bestehen, die aus

verschiedenen Lagern kommen. Ich erbitte Ihre Vorschläge.

(Zurufe: Herr STEPHANUS!

Wir schlagen Herrn WÜLFING vor!- Herr SCHLEGEL! -

Herr LEPA - Hannover! - Herr VOR-HAMMER!)

Die Herren STEPHANUS, SCHLEGEL UND VORHAMMER sind bereit, die Funktion des Wahlaus-

schusses zu übernehmen. Wir brauchen dann wohl nicht weiter abzustimmen.

(Zustimmung.)

Delegierter BAUWENS - Köln:

Um die Wahlhandlung zu erleichtern, zieht der Deutsche Fußballbund die Nominierung des Herrn

JERSCH zurück.

(Beifall.)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich nehme an, daß der Beifall nur so aufzufassen ist, daß die Zurückziehung der Nominierung

JERSCHS als Akt zur Vereinfachung des Wahlvorgangs angesehen wurde. Diese Geste wurde be-

klatscht. Daß damit nicht etwa die ehrenwerte Person des Herrn JERSCH abgewertet werden sollte,

ist wohl selbstverständlich.

Trotzdem jetzt nur ein Kandidat vorgeschlagen ist, möchte ich doch schriftliche Wahl vornehmen. Wer

wünscht eine schriftliche Wahl. Einer genügt!

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40 l

Es muß schriftliche Wahl vorgenommen werden. Liegen noch Wortmeldungen vor? Das ist nicht der

Fall. Dann bitte ich die Stimm-zettel einzusammeln.

(Es erfolgt wiederum Aufruf der Stimmberechtigten.)

Ich darf die Zeit, die der Wahlausschuß zur Feststellung des Ergebnisses benötigt, überbrücken mit

der Wahl des ersten stellvertreten-den Präsidenten.

Als stellvertretender Präsident wird vorgeschlagen von der Vorbereitungskommission in Übereinstim-

mung mit den Landessportbünden, da denen dieser Sitz im Präsidium zukommt, und auch in Überein-

stimmung mit den Fachverbänden Herr HÜNECKE. Es ergibt sich wohl auch hier die Notwendigkeit

einer schriftlichen Wahl. Bei den drei Präsidenten müßten wir das wohl durchziehen. Wird ein weiterer

Vorschlag gemacht? Das ist nicht der Fall.

Delegierter FRANK - Hamburg:

Nach § 10 Absatz 2 der von uns vorhin angenommenen Satzung kann die Wahl, wenn für ein Amt nur

eine Person vorgeschlagen ist und nicht ausdrücklich geheime Wahl beantragt wird, durch offene

Abstimmung erfolgen. Ich beantrage Wahl per Akklamation!

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wer ist für schriftliche Wahl beim Wahlvorgang für den ersten stellvertretenden Präsidenten? - Es hat

sich niemand gemeldet.

Dann kommen wir zur Wahl per Akklamation. Es liegt nur ein Vorschlag vor. Wer Herrn HÜNECKE

zum ersten stellvertretenden Präsidenten wählen will, den bitte ich, den gelben Stimmzettel hochzu-

heben.

(Geschieht.)

Die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme! Stimmenthaltungen? Ich zähle sechs Enthaltungen. Damit ist

Herr HÜNECKE einstimmig bei sechs Stimmenthaltungen zum ersten stellvertretenden Präsidenten

des Deutschen Sportblindes gewählt.

(Beifall.)

Im Auftrage der Wahlkommission wird jetzt Herr STEPHANUS das Ergebnis der Wahl des Präsiden-

ten bekanntgeben.

Mitglied der Wahlkommission STEPHANUS:

Das Ergebnis der Wahl des Präsidenten lautet: Abgegeben wurden 84 Stimmen. Davon entfielen 64

Stimmen auf Herrn DAUME. 18 Delegierte haben sich der Stimme enthalten, zwei Stimmzettel waren

ungültig.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Damit ist Herr DAUME zum Präsidenten des Deutschen Sportbundes gewählt.

(Lebhafter Beifall.)

Ich darf Herrn DAUME fragen, ob er das Amt annimmt.

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l 41

Präsident DAUME:

Meine verehrten Freunde! Es ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich eine Wahl annehmen muß,

die nicht einstimmig war. Deswegen gestatten Sie mir, zu betonen, auch aus anderen Gründen, daß

mir die Annahme des Amtes nicht ganz leicht Fallt. Ich möchte mich zunächst bei denen bedanken,

die mir ihr Vertrauen gegeben haben. Ich möchte mich aber nicht als Geste, sondern offenen Her-

zens auch bei denen bedanken, die deutlich zu erkennen gegeben haben, daß sie gewisse Bedenken

haben. Sie haben mir damit für die Führung meines Amtes von vornherein eine gewisse Demut mit-

gegeben, die meiner Ansicht nach die Voraussetzung für die Bürde ist, ein solch schweres Amt zu

führen.

(Sehr gut!)

Mit dieser Erklärung nehme ich die Wahl an.

(Bravo! und lebhafter Beifall.) Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wir kommen zur Wahl des zweiten stellvertretenden Präsidenten. Ich bitte um Vorschläge.

Delegierter WÜLFING - Hannover:

Ich schlage Herrn DANZ vor.

Delegierter GERHARDTS - Düsseldorf:

Wir schlagen Herrn Oscar DREES vor und begründen das wie folgt: Oscar DREES hat in der Vergan-

genheit gezeigt, daß er weit über allen Auseinandersetzungen, die in der Vergangenheit zwischen den

Landessportbünden und den Fachverbänden stattgefunden haben, steht. Er hat erfolgreich dort, wo

es gekriselt hat, vermittelt, DREES war auch der Mann des Vertrauens der ehemaligen Arbeiter-

Turner und -Sportler. Herrn DREES einen der führenden Sitze zuzugestehen, halten wir Turner für

notwendig. Nur aus diesem Grunde habe ich das mir angebotene Amt abgelehnt.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER.:

Wir können zur Wahl schreiten, die schriftlich erfolgen muß. Beide Herren, sowohl Herr DANZ als

auch Herr DREES, sind Ihnen bekannt. Ich bitte, einen der Namen auf den Stimmzettel zu schreiben

und damit die Wahl zu vollziehen.

Mitglied der Wahlkommission STEPHANUS:

Ich bitte, die Namen voll auszuschreiben. Die Wahlkommission hat bei der Wahl des Präsidenten zwei

Stimmzettel für ungültig erklären müssen, da nur die Anfangsbuchstaben der Namen geschrieben

worden waren. Ich bitte auch darauf zu achten, daß der Stimmzettel „Dritter Präsident" benutzt wird.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich bin attackiert worden, ob es mit der Vereinbarung zu vertreten ist -Fachverbände-Präsident, Lan-

dessportbünde erster stellvertretender Präsident, Fachverbände-zweiter stellvertretender Präsident -,

wenn Herr DREES nominiert wird. Herr DREES ist in gewissem Sinne ein Amphibium insofern, als er

den Landessportbund Bremen vertritt und auch zweiter Vorsitzender des Turnerbundes ist, und damit

auch Fachverbandsvertreter. Schließlich kommt es aber auf die Person an. Das ist das Entscheiden-

Page 42: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

42 l

de. Danach bitte ich die Wahl vorzunehmen. Ich habe das lediglich zur Aufklärung, nicht als Stellung-

nahme, gesagt. - Wir schreiten zur Wahl.

(Es erfolgt wiederum Aufruf der Stimmberechtigten.)

Inzwischen darf ich ein eingegangenes Telegramm bekanntgeben. Es lautet: „Der Ausschuß für Lei-

beserziehung der Arbeitsgemeinschaft deutscher Lehrerverbände übersendet zum Gründungstag

herzlichste Glückwünsche und erhofft für die Zukunft eine fruchtbare Zusammenarbeit, insbesondere

zum Wohle der Jugend, gez. Fritz Balz.“

(Bravo!)

Mitglied der Wahlkommission STEPHANUS:

Ich gebe das Ergebnis der Wahl des zweiten stellvertretenden Präsidenten bekannt: Es wurden 84

Stimmen abgegeben, Davon sind entfallen auf Herrn DANZ 40, auf Herrn DREES 37 Stimmen. 7 De-

legierte haben sich der Stimme enthalten.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Damit ist Herr DANZ zum zweiten stellvertretenden Präsidenten gewählt,

(Bravo!)

Delegierter ROELOFSEN - Kiel:

Ich glaube, dem Herrn Verhandlungsleiter ist ein Fehler unterlaufen. Im Absatz 3 des § 10 unserer

Satzung heißt es: „Stehen mehrere Kandidaten zur Wahl, dann ist derjenige gewählt, der mindestens

die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Wird diese Stimmenzahl von keinem der Kandida-

ten erreicht, dann findet zwischen den zwei Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen

erhalten haben, eine Stichwahl statt, bei der einfache Stimmenmehrheit entscheidet.“

Herr DANZ hat 40 Stimmen von 84 erhalten. Zur gültigen Wahl sind nach meiner Auffassung aber 43

Stimmen erforderlich. Wenn man eine Norm aufstellt, muß sie auch durchgehalten werden.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Der Einwand, der soeben erhoben worden ist, wird von den Juristen als stichhaltig bezeichnet. Es

müßte also eine Stichwahl durchgeführt werden. Ich möchte aber bitten, diese dann nach einer kurzen

Pause vorzunehmen, die ich Ihnen gleich vorschlagen werde.

Delegierter VORBERG - Wuppertal:

Ich möchte gegen die Auffassung des Kameraden ROELOFSEN sprechen. Wir haben es bei uns im

Stadtparlament geklärt, und sämtliche Instanzen, Deutscher Städtetag usw., sind unserer Auffassung,

daß eine abgegebene Stimme nur die ist, die sich für einen Kandidaten erklärt. Wer sich der Stimme

enthält, übt sein Stimmrecht praktisch nicht aus!

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Man kann hierüber verschiedener Auffassung sein. Da die Angelegenheit aber prekär ist und damit

keine Unsicherheit eintritt, wäre ich dafür, daß der Wahlvorgang wiederholt wird.

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l 43

Ein Delegierter:

Ich bitte die Satzung genau zu studieren, Es heißt im § 10: „Wird diese Stimmenzahl von keinem der

Kandidaten erreicht, dann findet zwischen den zwei Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten

Stimmen erhalten haben, eine Stichwahl statt, bei der einfache Stimmenmehrheit entscheidet.“ Das

setzt voraus, daß ein dritter Kandidat vorhanden ist, denn sonst hätte man nicht gesagt „zwei Kandi-

daten“.

Delegierter HÖBBEL - Göttingen:

Ich bin auch Jurist. Unter dem Wort „mehrere" im g 10 verstehe ich mindestens drei, niemals zwei!

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Nachdem die Sache fraglich ist, bitte ich um Zustimmung, daß die Wahl wiederholt wird. Dass er-

scheint mir zweckmäßig. Sie müssen dem Verhandlungsleiter die Möglichkeit geben, eine Panne zu

reparieren.

Ein Delegierter:

Vielleicht kann man dadurch eine Brücke bauen, daß darüber abgestimmt wird, ob unter dem Wort

„mehrere“ zwei oder drei zu verstehen sind.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Es scheint mir selbstverständlich, daß es auch zwei sein können. Aber das ist Meinungssache. Mit

einer Abstimmung hierüber kommen wir nicht weiter.

Wir werden die Angelegenheit nach der Pause weiter behandeln.

Es steht dann die Wahl der Beisitzer an. Sie soll durch Listenwahl erfolgen. Ich bitte, die Liste mit den

zwölf Rubriken zur Hand zu nehmen, die Ihnen wohl schon ausgehändigt worden ist.

(Zurufe: Nein!)

Dann wird die Liste jetzt verteilt. Der Wahlmodus im Einzelnen wird noch bekanntgegeben.

Delegierter KUNZE - Düsseldorf:

Ich mache mich zum Sprecher der Fachverbände und bitte um zehn Minuten Pause, weil die Fach-

verbände noch nicht in der Lage waren, die Liste, die die Landessportbünde en bloc vorgeschlagen

haben, durchzusprechen. Sie werden verstehen, daß sich die Fachverbände in einer schwierigen

Situation befinden. Ich bitte die Versammlung, uns diese zehn Minuten Pause zu konzedieren.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich hatte vorhin schon die Einschaltung einer kurzen Pause angekündigt. Ich weiß, daß die Situation

für die Fachverbände nicht einfach ist. Die Situation ist aber dadurch noch schwieriger geworden, daß

eine Panne eingetreten ist. Auch ich bitte daher, in eine kurze, etwa zehnminütige Pause einzutreten.

(Zustimmung.)

Die Pause ist eingetreten.

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44 l

Unterbrechung der Verhandlungen: 13.45 Uhr.

Wiederbeginn der Verhandlungen 14.10 Uhr.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wir fahren in den Verhandlungen fort. Es muß zuerst die Frage bezüglich der Wiederholung der Wahl

des zweiten stellvertretenden Präsidenten erledigt werden. Wir sind zu keiner einheitlichen Meinungs-

bildung gekommen. Es muß darüber abgestimmt werden, ob die Wahl wiederholt werden soll oder ob

das festgestellte Resultat bestehen bleiben kann. Es scheint mir nicht erforderlich zu sein, hierüber

noch weiter zu debattieren.

Delegierter FRANK - Hamburg:

Ich möchte nur Feststellen, daß wir hier die Gesetzgeber sind, nach unseren Satzungen. Wir sind

deshalb auch die einzigen, die unsere Satzung kommentieren können.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Die sprachlichen Dinge muß die Satzungskommission erörtern. Jetzt geht die Abstimmung darüber,

ob die Wahl wiederholt werden soll oder nicht.

Wer der Meinung ist, daß eine Wiederholung nötig ist, den bitte ich um das Handzeichen.

(Geschieht.)

Wer der Meinung ist, daß eine Wiederholung der Wahl nicht erforderlich ist, möge seine Hand erhe-

ben.

(Geschieht.)

Das letztere war die Mehrheit. Die Wahl wird also nicht wiederholt.

(Widerspruch.)

Wir können von hier aus das Ergebnis der Abstimmung besser beurteilen. Hat jemand von der Wahl-

kommission Zweifel an meiner getroffenen Feststellung?

(Zurufe: Nein!)

Wir kommen zur Wahl der Beisitzer. Nehmen Sie bitte die Formulare zur Hand. Auf der Tafel zu mei-

ner Rechten sind neun Namen verzeichnet. Sie finden darauffolgende Vorschläge:

1. DREES, 2. WÜLFING, 3. BAIER, 4. REINBERG, 5. KUNZE bzw. HENLE; 6. LINDNER, 7. MAIER,

8. STOLL, 9. ZEUNER.

Nr. 1 - 5 ist der Vorschlag der Fach-verbände, Nr. 6-9 der der Landessportbünde. Die Vorschläge sind

nach Überlegungen mit der Vorbereitungskommission erfolgt. Es können natürlich auch andere Her-

ren gewählt werden, sie müssen dann aber der entsprechenden Kategorie - Fachverband bzw. Lan-

dessportbund - angehören. Die Fachverbände sind übereingekommen, aus den vorhin geltend ge-

machten Gründen, Herrn DREES als ihren Spitzenkandidaten vorzuschlagen.

Page 45: 60. Jahrestag zur Gründungdes Deutschen Sportbundes

l 45

(Zuruf: Wir lehnen ihn ab!) Präsident DAUME:

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir als dem von Ihnen gewählten Präsidenten in dieser erns-

ten Stunde und bei dieser ernsten Handlung ein offenes Wort und eine ernste Bitte an die Turner. Ich

spreche zu Ihnen, verehrte Turnbrüder, wenn ich hier so sagen darf, nicht als Vertreter der Dachorga-

nisation, auch nicht als Vertreter eines Fachverbandes, sondern als einer der Ihren, als Vorsitzender

eines der größten, bedeutendsten und traditionsreichsten deutschen Turnvereine. Liebe Turnbrüder!

Erschweren Sie uns bitte das große Werk, das wir mit ehrlichem Wollen und viel Idealismus und Hin-

gabe jetzt bauen wollen, nicht durch den Verzicht Ihrer Mitarbeit im Präsidium. Wenn ich höre, daß Sie

sagen, der Turnerbund hätte erwartet, daß er im obersten Gremium der drei Präsidenten vertreten sei,

dann darf ich Ihnen sagen: Der Turnerbund ist dort durch mich vertreten! Ich darf meine Bitte wieder-

holen, daß der Turnerbund im ganzen, und Freund DREES im Besonderen, uns unsere schwere Ar-

beit erleichtern hilft, was absolut den Worten entspricht, die Ihr Vorsitzender, Herr Oberbürgermeister

KOLB, zu Beginn dieser Tagung gesagt hat. Es ist eine herzliche Bitte, Freund DREES!

Delegierter GERHARDTS - Düsseldorf:

Lieber Sportbruder DAUME! Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen, aber haben Sie bitte auch dafür

Verständnis, daß auch wir zuguterletzt nicht immer nur Ja sagen können. Wir Turner haben uns be-

müht, die Einheitlichkeit in keiner Weise zu gefährden. Die Mehrheit konnte es nicht über sich bringen,

das Wort „Turnen“, an dem uns so unendlich viel gelegen ist, auch nur in einem Satz der Satzung

aufzunehmen. Wir sind bereit zur Mitarbeit, aber nicht an verantwortlicher Stelle im Präsidium. Dann

darf ich noch sagen: Es ist für uns nicht das Primäre, ob Landessportbund oder Fachverband, son-

dern das Primäre für uns ist, daß ein Vertreter des früheren Arbeiter-Turn- und Sportbundes einen der

Präsidentenposten einnehmen müßte. Wir im Turnerlager haben alle Schwierigkeiten überbrückt und

sind stolz darauf, daß wir heute nicht mehr einen bürgerlichen und einen Arbeiter-Sport haben. Wir

werden alles tun, um diesen Standpunkt zu erhärten und zu vertiefen.

(Beifall.)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Diese Kontroversen hätten vermieden werden können durch ein rechtzeitiges Wort, sogar noch vor

zehn Minuten. Es ist nicht gesagt worden, als die Dinge besprochen wurden. So ist eine Verhand-

lungsführung natürlich außerordentlich schwierig. Die Gefühle verstehen wir, aber die Konsequenzen

sind nicht zu verstehen. Es geht hier darum, ob wir die Kräfte sammeln oder zerstreuen. Eine platoni-

sche Mitarbeit nützt nichts, wir brauchen aktive Mitarbeit. Vielleicht kann Freund DREES sagen, daß

er seine endgültige Entscheidung noch zurückstellt.

Delegierter GERHARDTS - Düsseldorf:

Es war für mich eine grundsätzliche Frage.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich kann darin keinen Grundsatz erkennen. Es ist vom Turnerbund nicht gefordert worden, daß ihm

die Stelle reserviert wird. Es war sogar unser Vorschlag, ohne zu wissen, daß eine Forderung gestellt

werden würde. Ich weiß, wer sich am meisten freut, immer nur die, die eben von der ganzen Sache

nicht viel halten. Umso notwendiger wird es sein, daß wir die Aufgaben des Präsidiums erfüllen. Aber

wenn Freund DREES erklärt hat, daß er auf das Angebot der Fachverbände, Nr. 1 im Präsidium zu

sein, verzichtet, dann können wir das nicht ändern.

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46 l

Zweiter stellvertretender Präsident DANZ:

In dieser ernsten Stunde möchte ich mich zu einem persönlichen Entschluß durchringen. An mich ist

während der Wahl die Aufforderung ergangen, von der Kandidatur zurückzutreten, weil sonst der Tur-

nerbund im Präsidium nicht mitmachen würde. Ich habe das zunächst abgelehnt, weil ich mir sagte,

nur einer wird gewählt und zwangsläufig muß der andere unterliegen. Ich habe den Mut gehabt, mich

zur Wahl zu stellen und auch den Mut, zu unterliegen. Ich wäre der erste gewesen, der meinen lang-

jährigen Freund DREES ZU einer Wahl beglückwünscht hätte. Ich wäre als erster bereit gewesen, auf

Platz 5 oder 6 im Präsidium mitzuwirken.

Wenn der Deutsche Sportbund lebensfähig sein soll, dann muß er sich auf die demokratischen Spiel-

regeln berufen können. Diese Voraussetzung war bei der Wahl in vollem Maße erfüllt. Aber es gibt

einen anderen Grund, und den erkenne ich an. Wir hatten einen großen Sportbund, den Arbeiter-

Turn- und Sportbund, der seine erheblichen Verdienste hat. Keiner weiß wohl dessen Tradition mehr

zu schätzen als ich. Ich habe nicht umsonst bei der Gründung des Deutschen Leichtathletik-

Verbandes in München betont, daß wir die Tradition der anderen Verbände sehr wohl beachten wer-

den und daß wir stolz darauf sind, die Arbeitersportler unter uns zu sehen. Als früheren Arbeitersport-

ler bereits habe ich Oscar DREES verehrt, das möchte ich hier bekennen. Wenn die Mehrheit der

Auffassung ist, daß wir nunmehr eine Versöhnung endgültiger Art herbeiführen können und damit

auch die ehemaligen Arbeiter-Sportler, die im Herzen vielleicht noch außerhalb stehen, gewinnen,

eben durch die Persönlichkeit Oscar DREES', dann bin ich bereit, von dem Amt des Vizepräsidenten

zurückzutreten. Ich möchte Sie bitten, Oscar DREES zum Vizepräsidenten zu wählen, als Vertreter

des ehemaligen Arbeiter-Turn- und Sportbundes, dessen frühere Mitglieder dann auch mit dem Her-

zen zu uns finden werden. Ich trete somit von dem Amt des Vizepräsidenten zurück.

(Lebhafter Beifall.)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich darf Herrn DREES fragen, ob er geneigt ist, das Amt des Vizepräsidenten anzunehmen, wenn er

gewählt wird?

Delegierter DREES - Bremen:

Es könnte den Anschein erwecken, wenn ich annehmen würde, als handele es sich darum, daß un-

bedingt ich die Funktionen eines Vizepräsidenten übernehmen möchte. Ich kann offen erklären, daß

ich keinen Drang nach irgendwelchen Funktionen habe. Sportfreund DANZ hat erklärt, daß er im Inte-

resse der Einigkeit zwischen den früheren Arbeitersportlern und den anderen Turnern und Sportlern

zurücktrete. Gerade weil ich es seit 1945 als mein Lebensziel angesehen habe, auf alle Fälle und wo

es auch sei, mich einzusetzen für die Einigkeit in der gesamten deutschen Turn- und Sportbewegung,

auch für die Einigkeit zwischen Landessportbünden und Fachverbänden, fühlte ich mich vorhin etwas

gekränkt und habe während der Wahl den Saal verlassen, Mein fester Entschluß ist, nach wie vor an

dem hohen Ziel der Einigung im deutschen Sport zu arbeiten, und nur aus diesem Grunde würde ich

den Posten des Vizepräsidenten annehmen, wenn ich gewählt werde.

(Bravo! - Zuruf: Das ist doch Quatsch!)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Für diesen Ausdruck muß ich dem Zwischenrufer eine Rüge erteilen.

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l 47

Delegierter LAUE - Hannover: Darf ich nicht das Wort haben?

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Sie dürfen das Wort Quatsch nicht gebrauchen.

Delegierter LAUE - Hannover:

Das kann ich doch zu meinem Freund sagen. Aber wenn es dort gehört worden ist, dann ist es viel-

leicht umso besser.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Die erteilte Rüge war also berechtigt.

Es geht hier um Schwierigkeiten, die vielleicht nicht jeder weiß, insbesondere die Außenstehenden

nicht, und darum bedrückt es mich, wenn diese Vorgänge in der Presse ausführlich verbreitet würden.

Die Hintergründe und die Gründe sind nicht jedem bekannt. Die Worte von DANZ und Herrn DREES

haben ihr Gewicht, eben aus diesen Gründen her. Es ist in Deutschland ohnehin schwierig, ein Ge-

samtes aus einer Vielheit zu machen, und es wird im Sport eben auch nicht leicht sein. Wenn Herr

DANZ hier unter großem Beifall die Hand zum Frieden gereicht hat, so sind wir ihm zu Dank verpflich-

tet. Es war ein Akt, der aus rein sportlichem Geist kam, und der hier lebendig bleiben soll in unserem

Gremium. Ich schätze das sehr hoch ein, weil ich weiß, mit welcher Liebe DANZ an seinen Aufgaben

hängt und was es für ihn bedeutet, wenn er aus dem genannten wichtigen Grunde auf das Amt des

Vizepräsidenten verzichtet hat.

Es ist nun notwendig, daß die Wahl des zweiten stellvertretenden Präsidenten nochmals vollzogen

wird, aber es ist nach Auffassung des Wahlausschusses nicht erforderlich, daß diese Wahl durch

Stimmzettel erfolgt. Sind Sie einverstanden, wenn in diesem Fall die Wiederholung der Wahl durch

Auflieben der Stimmzettel durchgeführt wird?

(Zurufe: Einverstanden!)

Wer für die Wahl des Herrn DREES als zweiten stellvertretenden Präsidenten ist, der möge seinen

Stimmzettel, hochheben.

(Geschieht.)

Wer ist dagegen?

Ich sehe keine Gegenstimme.

Bitte die Stimmenthaltungen! 13 Delegierte enthalten sich der Stimme.

Damit ist Herr DREES zum zweiten stellvertretenden Präsidenten gewählt. Wir freuen uns, daß damit

das Präsidium vollzählig ist, und wir werden nun das Präsidium ergänzen durch die Wahl der Beisit-

zer.

Auf der Liste erscheint nun in dem Vorschlag der Fachverbände unter Nr. 1 statt des Herrn DREES

Herr DANZ.

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48 l

Nun muß ich eines bekennen: In einem habe ich einen Fehler gemacht, wenn Sie so wollen, einen

Rechenfehler. Ich war der Meinung, daß die Nr. 10 der Frau, einer Frau, zukommt, Es gibt nun fol-

gende Möglichkeit: Es könnte von den Fachverbänden eine Frau nominiert werden, es könnte also

beispielsweise eine Frau als Vertreterin des Wintersports benannt werden. Wenn das aber nicht der

Fall ist, dann müssen wir die Nr. 10 für die Frau offen halten, weil die Benennung der Frau durch die

Arbeitsgemeinschaft erfolgt. Nr. 11 ist für den Vertreter der Jugend reserviert, es wurde - glaube ich -

ZIMMERMANN genannt.

Ein Gastdelegierter:

Die Arbeitsgemeinschaft schlägt als Vertreter der Jugend Herrn ERTL, Jugendleiter des Deutschen

Tennis-Bundes, vor.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wenn jetzt von der Arbeitsgemeinschaft der Sportjugend Herr ERTL vorgeschlagen wird, dann brau-

chen wir uns den Kopf darüber nicht zu zerbrechen. Es müßte in diese Nr. 11 nur der Name kommen,

der dem Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft entspricht.

Schließlich: Weshalb ich als Nr. 12 vorgeschlagen worden bin, haben Sie sicher aus der gestrigen und

heutigen Debatte entnehmen können. Was mich betrübt, ist, daß durch diesen Rechenfehler, der uns

unterlaufen ist, ein Platz für den Vertreter der sportlichen Wissenschaft im Augenblick nicht frei ist. Ich

bitte dazu Stellung zu nehmen, bevor wir abschließend abstimmen. Zur Liste möchte ich noch sagen:

Es können auch andere Namen eingetragen werden, aber es sollte nur geschehen, wenn wirklich

zwingende Gründe vorliegen, weil sonst das Aggregat nicht stimmt. Wenn jemand glaubt, daß der

eine oder andere der Vorgeschlagenen für das Präsidium nicht tragbar sei, dann mag er einen ande-

ren Namen schreiben, aber, wie gesagt, nur, wenn wirklich zwingende Gründe geltend gemacht wer-

den können. Wenn also die Versammlung mit den Vorschlägen einverstanden ist, müßte die Wahl

eines Vertreters der Wissenschaft zurückgestellt werden, da die Wahl der Frau und des Jugendvertre-

ters wohl festliegt und die vorbereitende Kommission jedenfalls der Meinung war, daß ich den letzten

Platz einnehmen sollte. Sie können durch Ihre Wahl selbstverständlich einer anderen Meinung Aus-

druck geben. - Ich bitte, die zwölf Namen auszufüllen und darauf zu achten, daß wir keine ungültigen

Stimmzettel bekommen.

Delegierter FRANK - Hamburg:

Ich schlage Herrn GRÖMMER vor. Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich weiß nicht, ob es zweckmäßig ist, jetzt noch mündliche Vorschläge zu machen, da ja jeder das

Recht hat, andere Namen in seinen Stimmzettel einzusetzen. Wir könnten sonst leicht Gefahr laufen,

daß der Wahlvorgang allzu kompliziert wird.

Sollen weitere Wahlvorschläge entgegengenommen werden?

Wer ist für Ja? Wer ist Für Nein?

Es ist Wahlmüdigkeit eingetreten. Es haben verhältnismäßig wenige abgestimmt, und Ja und Nein

halten sich ungefähr die Waage. Wenn neue Wahlvorschläge gemacht werden, müßten sie irgendwie

auch begründet werden. Wir kommen aber auch damit nicht zum Ziel, und die Freiheit der Wahl ist ja

gewährleistet.

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l 49

Delegierter ANDRAE - Berlin:

Die Versammlung hat vorhin den Vorschlag meines Freundes SCHLEGEL abgelehnt, daß Berlin in

der Satzung als Sitz des Deutschen Sportbundes verankert wird. Berlin ist für alle Menschen der Ost-

zone der Ansatzpunkt für die Aufgaben, die von allen denen, die guten Willens sind, zu erfüllen sind.

Auch für den Sport im Osten ist Berlin die Stätte, nach der alles schaut. Ich bin es meinem Gewissen

gegenüber verpflichtet, diesem hohen Plenum zu sagen, daß unabhängig von der Absprache, die

ohne Anwesenheit Berliner Vertreter von den Landessportbünden getroffen worden ist, Berlin An-

spruch darauf erhebt, durch seinen Landessportbund im Präsidium vertreten zu sein. Diese Forderung

wird nicht erhoben, um die Person unseres Landesverbandsvorsitzenden im Präsidium verankert zu

sehen, sondern weil wir glauben, daß durch die Wahl unseres Vorsitzenden für Tausende und Aber-

tausende im Osten ein Fanal gegeben wird. Ich darf auch darauf hinweisen, daß bereits über 125.000

Mitglieder in Berlin sich zur sportlichen Aufgabe des Westens bekennen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Vielleicht können sich die Landessportbünde dahin verständigen, daß einer ihrer Herren zugunsten

Berlins zurücktritt.

Gastdelegierter VORHAMMER - München:

Es ist zu Beginn dieser Tagung davon gesprochen worden, daß die neue Organisation alles umfassen

soll, was mit dem deutschen Sport etwas zu tun hat. Es ist nur nebenbei davon gesprochen worden,

daß beabsichtigt war, auch einen Vertreter der sportlichen Wissenschaft heranzuholen. Ich glaube,

daß es unbedingt notwendig ist, einen Mann der sportlichen Wissenschaft in das Präsidium zu wäh-

len, damit man sich die Erfahrungen, die auf diesem Gebiet gesammelt wurden, nicht entgehen läßt.

Aber noch wichtiger, als einen Mann der Wissenschaft im Präsidium zu haben scheint es mir, daß

derjenige Personenkreis im Präsidium vertreten ist, der maßgeblich beteiligt ist an der Ausbildung und

Erziehung der Jungsportlehrer, die Sie wieder brauchen in Ihren Verbänden und die die sportliche

Ausbildung der Schulkinder wahrnehmen. Man sollte doch auf die Vertretung dieses Personenkreises

im Präsidium den größten Wert legen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Sie haben leider keinen Vorschlag gemacht, wie das geschehen kann. Die Tendenz ist durchaus zu

begrüßen. Aber es ist ja weder von einem Fachverband noch von einem Landessportbund auf einen

Sitz im Präsidium zugunsten Berlins verzichtet worden.

Delegierter KLAPSTEIN - Berlin:

Die Landessportbünde sind vorhin gefragt worden, ob sie bereit seien, auf einen ihrer Sitze zugunsten

Berlins zu verzichten. Ich bin Berliner, und ich bin stolz darauf, aber ich bin nicht stolz auf das Bun-

desgebiet, das nicht bereit ist, uns einen Platz im Präsidium einzuräumen. Wir kämpfen in Berlin letz-

ten Endes auch für das Bundesgebiet. Und vergessen Sie folgendes nicht: Hinter uns gibt es eine

Ostzone, und die erwartet auch etwas vom Bundesgebiet. Man sollte ihr zeigen, daß man im Westen

Berlin nicht vergessen hat, und man sollte nicht vergessen, daß nur über Berlin die Verbrüderung mit

der Ostzone stattfinden kann. - Vielleicht wird der schwere Entschluß, den die Landessportbünde fas-

sen müßten, leichter, wenn das Plenum von sich aus den Namen des Sportfreundes SCHLEGEL -

Berlin in dem Stimmzettel aufführt.

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50 l

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Darauf ist vorhin schon hingewiesen worden. Es bleibt der Entscheidung der Delegierten über-lassen.

Der Name ist bekannt: SCHLEGEL - Berlin.

Präsident DAUME (zur Geschäftsordnung):

Ich möchte eine Frage an die Wahlkommission richten, Durch die Angelegenheit DANZ - DREES ist

es erforderlich geworden, daß wir auf dem Stimmzettel den Namen DREES streichen müssen. Ich

möchte bitten, daß die Stimmzettel an-erkannt werden, wenn ein Name gestrichen ist und ein anderer

Name darübergeschrieben ist. Es müßten sonst neue Stimmzettel verteilt werden.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Wenn im Eifer des Gefechts schon ein Name gestrichen worden ist, statt dessen aber ein anderer

gewählt werden soll, können Sie den ersten Namen streichen und den neuen Namen in derselben

Reihe daneben oder darüber schreiben.

Herr MAIER - München teilt mir soeben als Vertreter des Landessportbundes Bayern mit, daß er auf

seinen Sitz zugunsten Berlins verzichtet.

(Bravo!)

Für Herrn MAIER (Nr. 7) wäre dann also Herr SCHLEGEL - Berlin einzutragen sein. - Ich wiederhole

nun noch einmal die jetzt vorliegenden Vorschläge:

Nr. 1 Herr DANZ, Nr. 2 Herr WÜLFING, Nr. 3 Herr BAIER, Nr. 4 Herr REINBERG, Nr. 5 Herr KUNZE

bzw. Herr HENLE, Nr. 6 Herr LINDNER, Nr. 7 Herr SCHLEGEL, Nr. 8 Herr STOLL, Nr. 9 Herr ZEU-

NER, Nr. 10 bleibt offen für die Frau, Nr. 11 ERTL, Nr. 12 - wenn Sie so wollen - WOLKER.

(Es erfolgt der Aufruf der Stimmberechtigten.)

Ich bitte die Stimmzettel abzugeben. Das Ergebnis wird von der Wahlkommission festgestellt und

dann bekanntgegeben. Ich muß Sie nun nochmals bitten, einen Stimmzettel zur Hand zu nehmen, Wir

kommen jetzt zur Wahl der Ersatzleute gemäß § 9, Absatz 2 unserer Satzung. Bei dieser Gelegenheit

bitte ich, das Präsidium zu ermächtigen, bei der Ausfertigung der Satzung die Zahl 5 im Absatz 2 des

§ 9 in die Zahl 4 abzuändern, da es gerade Zahlen sein müssen.

(Zustimmung.)

Sie sind einverstanden.

Delegierter SCHLEGEL - Berlin:

Ich möchte vorschlagen, die Wahl der vier Ersatzleute per Akklamation vorzunehmen.

Verhandlungseiter Prälat WOLKER:

Es ist der Vorschlag gemacht worden, die Wahl der Ersatzleute per Akklamation vorzunehmen. Vor-

erst muß ich aber den Wahlvorschlag bekanntgeben. Er lautet:

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1 l Herr ECKHARDT vom Fachverband Tischtennis,

2 l Herr MÜLLER vom Landessportbund Baden,

3 l Herr REINER vom Fachverband Basketball,

4 l Herr RUOPP vom Landessportbund Württemberg.

Eine Delegierte:

Herr ECKHARDT kann leider nicht anwesend sein, aber er hat mir schriftlich mitgeteilt, daß er zur

Mitarbeit bereit ist.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich bin besonders entzückt, daß sich eine Frau zum Wort gemeldet hat, um das Konzert unserer

Stimmen zu ergänzen.

Sind Sie mit der Wahl per Akklamation einverstanden?

(Zurufe: Ja!)

Ich stelle dann den Wahlvorschlag für die Ersatzleute zur Abstimmung.

Wer ist für den Vorschlag?

Wer ist dagegen? - Ich sehe keine Gegenstimme.

Stimmenthaltungen? - Ich zähle sechs Enthaltungen.

Damit sind die benannten Ersatzleute gewählt.

Ich muß Ihnen eine traurige Mitteilung machen. Sportfreund Delegierter HENLE ist auf dem Wege

nach hier verunglückt und hat sich eine Beinlädierung zugezogen. Er ist Wintersportler und wird das

Bein wohl bald wieder auskurieren. Ich darf im Namen der Versammlung dem Freund HENLE gute

Besserung wünschen.

Es folgt eine weitere traurige Mitteilung, und das ist folgende: Es sind bei der Wahl der Beisitzer 85

statt 84 Stimmzettel abgegeben worden. Es ist aufzuklären, woher der 85. Stimmzettel kommt.

Stimmberechtigt waren 84 Vertreter. Es kann so sein, daß ein Vertreter eines Verbandes einen

Stimmzettel abgegeben hat, weil er glaubte, er sei von dem anderen Vertreter seines Verbandes nicht

abgegeben worden.

(Zuruf: Man könnte einfach einen Zettel herausnehmen!)

Es gibt zwei Wege: Entweder der Vorschlag, der eben durch Zuruf gemacht wurde - dann würde so-

zusagen das Los entscheiden. Der zweite Vorschlag kommt von Herrn SORG. Er schlägt vor, erst

nach der Bekanntgabe des Ergebnisses eine Wiederholung der Wahl vorzunehmen, wenn nämlich

dieser eine Stimmzettel ausschlaggebend sein sollte.

(Zustimmung.)

(Zuruf: Vielleicht klebte ein Blanko-zettel an einem ausgefüllten Stimmzettel!)

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Es ist eine ganze Reihe von Blanko-zetteln - also Stimmenthaltungen -vorhanden. Das wäre schon ein

Weg. Aber es hat soeben eine Organisation erklärt, daß sie einen Blankozettel abgegeben hat und auf

diesen Blankozettel verzichtet. Damit wäre also das Problem gelöst. Die Fußballer verzichten auf den

abgegebenen Blankozettel, dann sind also 84 Stimmzettel vorhanden. Wir brauchen also die Wahl

nicht zu wiederholen. Die Auszählung der Stimmen wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ich

halte Sie einverstanden, daß ich Ihnen in der Zwischenzeit die Eingänge vortrage. Zunächst hat aber

Herr GRÖMMER das Wort.

Delegierter GRÖMMER - Arnsberg:

Namens des Sportbundes Nordrhein-Westfalen habe ich die folgende Erklärung abzugeben:

Ich habe mit dieser Erklärung absichtlich gewartet, bis die Wahl der Beisitzer vollzogen war. Ich bin

heute Morgen in die Besprechung der Landessportbünde gegangen und habe dort den Wunsch des

Sportbundes Nordrhein-Westfalen zum Ausdruck gebracht, als Beisitzer im Präsidium vertreten zu

sein. Unser Wunsch ist nicht erfüllt worden. Wir bedauern das außerordentlich.

Wenn wir jetzt den Saal verlassen, legen Sie es bitte nicht so aus, daß wir die Tagung verlassen woll-

ten. Es bleibt uns aber keine andere Möglichkeit, da wir in aller Kürze abreisen müssen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Von einem offiziellen Antrag des Sportbundes Nordrhein-Westfalen ist mir nichts mitgeteilt worden.

Ich komme nunmehr zu den Eingängen.

Von dem Vertreter des Deutschen Schachbundes ist der Antrag gestellt, den Deutschen Schachbund

in den Deutschen Sportbund aufzunehmen. - Es wäre darüber zu entscheiden, ob er als Fachverband

in Frage kommt oder als Anschlußverband im Sportbeirat. Von mehreren Landessportbünden ist der

Deutsche Schachbund als Fachverband aufgenommen worden. Die Vereine des Deutschen Schach-

bundes sind über das ganze Bundesgebiet vertreten. Der Schachbund hat eine eigene Internationale.

Sein Tun wird als sportliche Betätigung aufgefaßt. Es ist die Frage zu entscheiden, ob wir dem Antrag

des Deutschen Schachbundes stattgeben. Da die Frage nicht vorbereitet ist, kann das hier nicht ent-

schieden werden, zumal das nach den Satzungen zunächst Aufgabe des Präsidiums ist. Es könnte

aber die Frage gestellt werden, ob eine Aufnahme als Fachverband in Frage kommt.

Delegierter GEWERS - Hamburg:

Schach hat meines Erachtens mit Sport nichts zu tun.

Dann würden morgen vielleicht die Briefmarkensammler kommen. Ich beantrage deshalb, den

Schachbund nicht aufzunehmen.

Delegierter REINBERG - Hamburg:

Nach § 5, Absatz 4 der Satzung entscheidet über die Aufnahme von Verbänden das Präsidium. Ich

bitte also die Entscheidung dem Präsidium zu überlassen. Lehnt das Präsidium eine Aufnahme ab,

entscheidet die nächste Mitgliederversammlung endgültig über den Aufnahmeantrag.

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Verhandlungsleiter Prälat WOLKER;

Es steht so in der Satzung, wie eben ausgeführt wurde. Wir über-lassen die Entscheidung also dem

Präsidium. Ich darf den Vertreter des Deutschen Schachbundes bitten, einen schriftlichen Aufnahme-

antrag mit Begründung und den erforderlichen Daten zu stellen.

Vertreter des Deutschen Schachbundes:

Ich danke Ihnen. Ich werde das weitere veranlassen. Es ist aber eben ein Vergleich gezogen worden,

den ich für unrühmlich halte. Wir haben einen internationalen Verband, wir sind international aner-

kannt. Unsere Organisationsform entspricht in jeder Hinsicht der des Sports. Insofern fühlen wir uns

dem Sport verwandt. Wir behaupten aber nicht und legen auch keinen Wert darauf, Körpersport zu

betreiben.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Zwischendurch möchte ich bemerken: Es ist unhöflich und eigentlich unerhört, daß wir den Herrn O-

berbürgermeister von Hannover, der uns zum Essen eingeladen hat, so lange warten lassen. Wir

können es jedoch leider nicht ändern. Ich werde aber den Herrn Oberbürgermeister sofort verständi-

gen. Ich war eben geradezu erschreckt, als ich auf die Uhr sah!

Weiter ist ein Antrag des Deutschen Versehrten-Sportbundes auf Aufnahme in den Deutschen Sport-

bund eingegangen. Das ist eine Sache, die durchaus ernstlich ins Auge gefaßt werden muß.

Ein weiterer Verband hat um Aufnahme in den Deutschen Sportbund nachgesucht, der Deutsche

Zeitnehmerverband.

(Zuruf: Der hat uns heute gefehlt! -Heiterkeit.)

Ja, den hätten wir heute gebrauchen können.

Weiter liegt ein Aufnahmeantrag des Fachverbandes der Sportartikelindustrie vor. Da sehen wir, wie

hoch wir eingeschätzt werden und wer alles unter unserem Dache -vielleicht aus bestimmten Gründen

- Schutz sucht!

Ich halte Sie einverstanden, daß alle Aufnahmeanträge dem Präsidium überwiesen werden.

(Zustimmung.)

Es ist dann noch ein Antrag von Schleswig-Holstein angekündigt, aber nicht gestellt worden. Hat

Schleswig-Holstein einen Antrag zu stellen?

(Zuruf: Nein!)

Delegierter GRIEBEL - Frankfurt:

Im Auftrage des Automobil-Clubs von Deutschland habe ich Ihnen die Mitteilung zu machen, daß er in

den Deutschen Sportbund als Mitglied eintreten wird.

(Bravo!)

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Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Die Frage der Aufnahme des Deutschen Motorsport-Verbandes kann vom Präsidium zugleich mit der

des Automobil-Clubs von Deutschland entschieden werden.

Sind noch irgendwelche Fragen zu besprechen?

(Zurufe: Nein!)

Das ist nicht der Fall.

Dann wird die Kapelle jetzt das Schlußstück spielen. Es wird dann so weit sein, daß das Ergebnis der

Beisitzerwahl bekanntgegeben werden kann.

Herr STEPHANUS wird nun das Ergebnis der Beisitzerwahl bekanntgeben.

Mitglied der Wahlkommission STEPHANUS:

Die Wahl der Beisitzer hat folgendes Ergebnis gezeitigt. Ich darf vorausschicken, daß wir angesichts

der vorgeschrittenen Zeit nicht dazu gekommen sind, das Ergebnis noch einmal genauestens zu ü-

berprüfen. Wir halten das aber auch nicht für erforderlich, weil der Abstand zwischen den zwölf Ge-

wählten und dem Dreizehnten sehr erheblich ist.

Die meisten Stimmen hat Herr DANZ, nämlich 75, erhalten. Es folgen: Herr BAIER mit 71, Herr

SCHLEGEL mit 70,

(Bravo!)

Herr WÜLFING mit 69, die Frau mit gleichfalls 69, Herr REINBERG mit 67, Herr STOLL und Herr

ZEUNER mit je 66, Herr ERTL mit 61, Herr Prälat WOLKER mit 49, Herr KUNZE mit 45 und Herr

LINDNER mit 42 Stimmen.

Der nächstfolgende war Herr HENLE mit 28 Stimmen. Einige andere Delegierte haben nur wenige

Stimmen auf sich vereinigt, so daß ich es mir wohl schenken kann, das im einzelnen vorzutragen.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER :

Damit ist die Wahlhandlung geschlossen. Die zwölf zuerst genannten Herren bzw. die Frau sind damit

als Beisitzer gewählt.

Ich darf noch bekanntgeben, daß das Präsidium und die beiden Herren der Vorbereitungskommission

von dem immer fleißigen Photographen gebeten werden, nach Schluß der Versammlung zu einer

Aufnahme kurz hier zusammenzutreten.

Oberbürgermeister KOLB -Frankfurt:

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Liebe Sportkameraden !

Ich glaube, ehe wir auseinandergehen, haben wir eine Ehrenpflicht zu erfüllen. Es drängt mich, hier

dieser Ehrenpflicht Ausdruck zu geben. Ich habe in den letzten Monaten immer wieder beobachten

können, wie intensiv Herr Prälat WOLKER unter Aufbietung aller Kräfte an dem Zustandekommen

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dieses Werkes gearbeitet hat, wie er mit unermüdlicher Geduld die verschiedenen Meinungen ange-

hört hat und wie er eine Synthese zu finden versucht hat. Dafür gebührt ihm unser aller Dank. Wir

danken ihm auch herzlich für die Leitung der heutigen langen und nicht einfachen Sitzung, die für

einen Herrn in seinen Jahren wahrlich nicht leicht war.

Ich glaube in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich Ihnen, verehrter Herr Prälat WOLKER, für Ihre

Mühen den herzlichsten Dank des deutschen Sportvolkes ausspreche. Sie haben uneigennützig und

aus idealistischer Gesinnung heraus dem Sport und unserem Volke einen großen Dienst erwiesen!

(Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich muß noch eine Bemerkung machen, nicht zu den liebwerten Worten des Herrn Oberbürgermeis-

ters KOLB, die mir natürlich so rundherum gut getan haben, sondern zu der Unhöflichkeit, der wir uns

alle schuldig gemacht haben, indem wir den Herrn Oberbürgermeister WEBER - Hannover so lange

warten lassen. Ich habe ihm mitteilen lassen, daß es sich leider nicht anders einrichten ließ und daß

wir sehr gern auch altbackene Sachen essen. -Nach der Ansprache unseres Präsidenten, die jetzt

folgt, werden die Delegierten gebeten, die Autobusse zu benutzen und zum Messegelände zu fahren.

Zu Punkt 5 der Tagesordnung: Ansprache des Präsidenten.

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Das Wort hat nunmehr unser Präsident.

Präsident DAUME:

Meine verehrten Freunde!

Es ist nun soweit. Ich halte es nicht für richtig, nach diesen unerhört aufreibenden Tagen, mit einer

Nervenbeanspruchung, wie sie vielleicht nicht in einem Endspiel um eine Deutsche Meisterschaft

erreicht wird, Sie hier erstens mit allzu großen programmatischen Erklärungen zu behelligen, zweitens

hochtönende oder gar aufgeblasene Worte über die Durchgeistigung des Sports zu sagen. Es wird

später zu derartigen Dingen genügend Gelegenheit in Wort und Schrift sein.

Ich glaube, daß Sie es begrüßen, wenn ich nur einige kurze grundsätzliche Worte sage und hier nicht

eine stundenlange Rede halte, die man vielleicht auf einer Feierstunde verlangt hatte, die ich bei

solch' einer Gelegenheit auch gehalten hätte, wenn auch nicht stundenlang, aber immerhin doch län-

ger, als ich es heute beabsichtige. Jetzt, glaube ich, sind die Gemüter nicht mehr so recht aufnahme-

fähig, und auch mir fehlt nach der Belastung der letzten Tage dazu im Augenblick die rechte Konzent-

ration. Ich bin ehrlich genug, das zu bekennen. Belassen wir es daher beim Grundsätzlichen.

Meine Damen und Herren! Die Idee eines Dachverbandes für den Sport in Deutschland ist nicht neu.

Aber eine Idee ist nicht unbedingt gut, weil sie alt ist, oder schlecht, weil sie neu ist. Hat sich aber eine

alte Idee bewährt, dann spricht meiner Ansicht nach das Gewicht dieses Beweises sehr zu ihren

Gunsten. Wenn wir in der Geschichte des deutschen Sports und des deutschen Turnens zurückblät-

tern, so können wir durchaus feststellen, daß diese Idee sich bewährt hat. Ich gedenke in dieser feier-

lichen Stunde mit ganz besoderem Dank und in Ehrfurcht jener großen Männer und bedeutenden

Sportler, die einst den Deutschen Reichsausschuß für Leibesübungen begründeten und ihn führten.

Ich möchte nur einige Namen nennen: LEWALD, DOMINIcus, WILDUNG!

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Ich gedenke auch jener Männer, die sich in einer ganz anderen Art Dachverband, dem Reichsbund für

Leibesübungen, im Dritten Reich im NS-Reichsbund für Leibesübungen, bemühten, und mit Erfolg, die

sportliche Linie zu retten, an ihrer Spitze mein verehrter Freund Karl von HALT. Ich gedenke auch

jener Männer mit besonderem Dank, die sich in der jüngst vergangenen Zeit, ob mit Erfolg oder nicht,

ganz sicher aber mit allerbestem Willen, mit Aufopferung und viel Idealismus, dieser Art Aufgabe wid-

meten, und die vor allen Dingen in einer so maßvollen Bescheidung doch den Weg ebneten dazu, daß

wir heute hier zusammenkamen und die damit auch erfolgreich waren,

Ich glaube, die Idee des Dachverbandes hat sich als stark erwiesen. Nun sind Ideen natürlich schon

und gut, aber eine Idee ist immerhin nur eine Idee. Worauf es ankommt, ist, sie in ein praktisches

Produkt umzugestalten, Meine Damen und Herren! Das Produkt liegt in dem heute gegründeten Deut-

schen Sportbund vor- uns. Ich beglückwünsche Sie, daß Sie diesen Beschluß gefaßt haben. Ich dan-

ke Ihnen allen, die Sie an den Vorarbeiten teilgenommen haben und wiederhole hier den bereits aus-

gesprochenen Dank, der nun nicht allein für gestern und heute gilt, sondern der für die ganze Vorbe-

reitungszeit gilt. Mein Dank gilt insbesondere Herrn Prälaten WOLKER, der zweifellos das Übermaß

an Arbeit geleistet hat, er gilt aber ebenso auch der Persönlichkeit meines verehrten Kameraden

KOLB, der mit seiner Persönlichkeit in gleicher Weise dazu beigetragen hat, uns den Weg zu ebnen.

Ich spreche beiden Herren meinen und in Ihrer aller Namen unseren aufrichtigen Dank aus.

Meine verehrten Freunde! Es hat, glaube ich, gestern und vielleicht sogar noch heute Morgen gewisse

Meinungen gegeben, die der Ansicht waren, vielleicht sei es doch gut, wenn man noch etwas warte

und sich die Sache noch mehr abklären lassen. Jede Meinung muß man achten, aber ob eine solche

Meinung die Meinung des deutschen Sports war, derjenigen Sportler, die Sie vertreten, das wage ich

zu bezweifeln. Ich halte die heutige Gründung schon aus diesem Grunde für glücklich, denn es gibt

kaum etwas Armseligeres auf der Welt als einen Parlamentbeschluß, hinter dem nicht die öffentliche

Meinung steht. Das ist fast noch etwas Negativeres als die Verordnung einer Diktatur. So steht nun

die Mannschaft, um einmal diesen sportlichen Ausdruck zu gebrauchen, des Deutschen Sportbundes

nun hier bereit! Und sie hat jetzt Aufgaben zu erfüllen.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine allgemeine Weisheit und Erfahrung, die besagt, daß die

Summe von irgendeinem Ding niemals besser sein kann als die Summe der Gesamtheit, niemals

besser sein kann als jedes einzelne Individuum in der Gesamtheit. Der Deutsche Sportbund kann

sicherlich nicht besser sein als die Fach-verbände und die Landessportbünde im einzelnen gut sind,

aber die Idee einer sportlichen Mannschaft ist doch die, daß jeder das Gute, was er zu geben hat, in

den Mannschaftsgeist einbaut, um das Spiel, das Rennen oder die Staffel zu gewinnen. Und so habe

ich nun die aufrichtige Hoffnung und gleichzeitig die. Bitte, daß an diesem Guten über das Präsidium,

den Beirat und die Mitgliederversammlung alle teilhaben mögen. Es sind ja ganz besondere Aufgaben

zu lösen, für die Turner diese, für die Sportler jene, und es ist die Hauptaufgabe, daß wir uns in der

Pflege des Guten vereinen. Vor allem aber erscheint mir noch eines wichtig - und in dieser Beziehung

müssen wir von der Vergangenheit abrücken: Niemals darf die Diskussion die Oberhand gewinnen

über die Leistung! Wir waren heute teilweise in noch größerem Maße als früher auf diesem Wege.

Und bekennen wir doch einmal ganz offen: Wo wäre das jetzt aufzubauende Deutsch-land ohne das,

was man gemeinhin Leistung nennt? Wenn uns eine vergangene müde Zeit und auch eine müde

Entwicklung weismachen wollen, die Leistung sei gar nicht so wichtig, es komme in erster Linie auf die

Gesinnung an - meine Damen und Herren! wenn es so weit kommt, dann nähern wir uns gewissen

Begriffen, die manchmal leider auch in den Vorverhandlungen zum Ausdruck kamen, Linientreue,

oder wie es mit anderen mehr oder weniger schönen Worten hieß. Diese Begriffe führen uns nicht zur

Leistung und führen uns nicht zum Leben.

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Der Deutsche Sportbund lebt ab heute! Vielleicht strampelt er nach den Geburtswehen noch ein wenig

ungeduldig in der Wiege, aber er lebt, er ist jung und rotwangig und nimmt alle Ansprüche, die die

Jugend an das Leben stellt, für sich in Anspruch, schreibt sie auf sein Panier. Denken Sie an die Wor-

te, die über der Tür zu diesem Saal stehen: Nur der Lebendige beherrscht das Leben! Dazu kommt

das Symbol, dem das Werk des Schweizer Malers Hodler hier an der Wand Ausdruck verleiht: Seid

ein einig' Volk von Brüdern! Wir in unserem jungen Verband wollen lebendig, lebensfroh und lebens-

tüchtig und einig sein. Das ist unsere fundamentale Aufgabe.

Wir werden Schwierigkeiten zu überwinden haben. Das darf uns aber nicht daran hindern, etwas zu

leisten. Und dafür, glaube ich, bürgen uns die Namen der Persönlichkeiten, die in das Präsidium und

den Beirat gewählt worden sind. Das, was man Sportmoral nennt, wollen wir aufbauen. Das wirt-

schaftlich Vorteilhafte spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle, und auch nur insoweit, als

wir uns natürlich ein Existenzminimum erhalten müssen. Und folgendes muß auch betont werden:

Unsere Vereine und unsere Verbände sind nicht aus Geschäftsrücksichten gegründet worden, unsere

Spielregeln sind kein Geschäftsobjekt und unsere sportliche Gesinnung ist kein Handelskatalog! Diese

Grundsätze werden vom Präsidium der Dachorganisation mit Fanatismus verfolgt werden, und wenn

es uns nicht gelingt, diese Grundsätze durchzusetzen, dann werden wir sagen müssen: Wir haben

versagt und wir treten ab. Das ist wirklich die conditio sine qua non.

Meine verehrten Freunde! Ich komme nun doch schon langsam in das Programmatische hinein. Ich

könnte nun unendlich viele Probleme aufzeigen, die hier zur Diskussion gestellt werden könnten. Es

soll eine geistige und moralische Ausstrahlung auf das große Gebäude des deutschen Sports ge-

schehen, es sollen Einzelprobleme angefaßt werden, beispielsweise Versicherungsfragen, Totowesen

usw. Diese Dinge müssen irgend-wie, sowie sie auf der Bundesebene diskutabel sind, in diesem

Gremium behandelt werden. Es muß dem Sport ein ganz anderes Gewicht bei der Bundesregierung

gegeben werden. Es muß in finanzieller Beziehung für den Sport etwas herausgeholt werden. Es muß

unter allen Umständen geschlichtet und ausgeglichen werden. Es müssen vor allen Dingen nun auch

einmal endlich die alten Gegensätze verschwinden, und es müssen Freundschaften, die durch die

vergangene Entwicklung erloschen sind, wiederhergestellt werden. Es muß um alle Gegensätze ein-

mal Ruhe sein. Es darf jetzt auch keinen Fall DIEM mehr geben mit allen möglichen Polemiken. Man

muß auch vergessen können. Das ist auch ein Vorrecht der Jugend. Alle Dinge, soweit sie persönli-

cher Art sind, müssen ausgeschaltet werden. Natürlich muß das alles behutsam angefaßt werden. Wir

sind kein Reichsbund für Leibesübungen und können nicht irgendwie diktatorisch oder befehlend ein-

greifen. Wir werden uns weise Mäßigung auferlegen müssen. Wir werden versuchen, nichts zu zer-

schlagen und das, was als ermutigendes Fundament da ist, aufzubauen. Das sind ungefähr die Ideen,

die mich an diesem Tage bewegen, ohne damit ein endgültiges Programm geben zu wollen.

Ein Grundsatz aber muß vor allem beachtet werden. Es ist der Grundsatz, dem sich der Deutsche

Handballbund, den ich vor gut einem Jahre zu gründen die Ehre hatte, verschrieben hat. Diesen

Grundsatz möchte ich auch meiner Arbeit im Deutschen Sportbund voranstellen. Möge uns alle der

Geist der wahren Dienstbarkeit beherrschen und jeder ehrlichen Herzens sein Teil hierzu beitragen!

(Lebhafter Beifall.)

Verhandlungsleiter Prälat WOLKER:

Ich erkläre nunmehr die Tagung für beendet.

Schluß der Verhandlungen: 16.10 Uhr.

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20 Jahre deutsche Einheit: Der Sport war Vorbild

Von Thomas Bach*

Dieses Bild der Einheit habe ich immer noch vor Augen: Der Ost-Berliner Kugelstoßer Ulf

Timmermann und die Hürdenläuferin Gabi Lippe aus Mannheim Arm in Arm. Er trägt die Flagge der

DDR, sie das Schwarz-Rot-Gold der Bundesrepublik. Und dahinter buntgemischt die Mannschaften

aus beiden Teilen Deutschlands bei der Schlussfeier der Europameisterschaften am 1. September

1990 in Split, ihrem letzten getrennten Auftritt. Das Miteinander am letzten Tag war spontan und doch

von prägender Symbolkraft. Hier waren die Athletinnen und Athleten noch ein wenig flinker als die

ohnehin schon schnelle große Politik und auch die Sportfunktionäre, die die Einheit einen Monat

später dann offiziell vollzogen.

Auch in der Folge konnte der Sport Vorbild sein. Nicht nur bei den ersten gemeinsamen Auftritten bei

den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1991 oder den ersten olympischen 1992 in Albertville und

Barcelona. Da zeigte sich eine starke emotionale Kraft für das vereinte Land, die aber auch im

kleinen, alltäglichen Miteinander wirkte. Im Sport ist vieles einfacher. Er verbindet schon allein

dadurch, dass er überall nach den gleichen Regeln ausgeübt wird und eine gemeinsame Sprache

spricht. Das hat vor zwanzig Jahren sicherlich dazu beigetragen, dass die Einheit des Sports besser

gelungen ist als in anderen Teilen der Gesellschaft.

Wobei längst nicht alle Wünsche in Erfüllung gingen. Damit meine ich nicht die Erwartungen, die

teilweise geäußert wurden, dass sich hier nun zwei Medaillenbilanzen einfach addieren ließen. Solche

Erwartungen waren oberflächlich. Sie berücksichtigten weder, dass hier zwei höchst unterschiedliche

Sportsysteme zueinandergefunden hatten, noch dass sich ja die Zahl der Startplätze halbierte oder

dass die internationale Konkurrenz immer stärker geworden ist.

Ich meine, dass schon damals der Sport gut daran getan hätte, seine Kräfte stärker zu bündeln. Die

Fusion von Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee wäre schon in diesen

Jahren sinnvoll gewesen. Dass es zunächst anders kam, war wiederum der rasend schnellen

Entwicklung geschuldet.

Die Organisation der Einheit verlangte alle Kräfte von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Und der

Sport war nicht nur damit beschäftigt, in den neuen Bundesländern eine neue Basis zu schaffen.

Zudem fehlte es beispielsweise an Geld, die beiden wichtigen Einrichtungen des DDR-Spitzensports,

das Institut für Angewandte Trainingswissenschaften und das Institut für Forschung und Entwicklung

von Sportgeräten, deren Bestand im Einigungsvertrag garantiert war, auch tatsächlich ausreichend zu

unterstützen. Und da galt es auch noch, das Erbe der Probleme von Stasi und Doping zu bewältigen.

Das forderte die ganze Kraft, aber hier hat der Deutsche Sportbund Maßstäbe gesetzt.

Ich habe ein zweites, in der Öffentlichkeit weniger bekanntes Bild aus diesen Tagen vor Augen. Es ist

die Szene, in der Juan Antonio Samaranch, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees,

im August 1990 mit den NOK-Präsidenten Joachim Weiskopf und Willi Daume in Berlin spricht. Es ist

ein Bild der Repräsentanten, die diese Einheit, die die Menschen in der DDR erzwungen hatten, in

gewisser Weise nur nachvollzogen, sie aber zugleich auch in die notwendigen politischen Bahnen und

Strukturen wiesen.

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Dieses Bild macht auch die internationale Bedeutung der deutschen Wiedervereinigung ganz gut

deutlich. In gewisser Weise hatte Samaranch diese Prozesse im olympischen Sport mit eingeleitet,

indem er sich seit dem Olympischen Kongress 1981 in Baden-Baden zunehmend weigerte, den Sport

als Exerzierfeld politischer Interessen zur Verfügung zu stellen.

Wie Politik und Wirtschaft war der Sport im geteilten Deutschland dennoch wenig auf diese Einheit

vorbereitet. Obwohl beiderseits der Grenze ein gutes Wissen übereinander existierte, lagen nirgendwo

Konzepte oder Rezepte in den Schubladen. Der Besuch des IOC-Präsidenten als Gast beider NOK im

juristisch noch geteilten Berlin galt der Zukunft der olympischen Sache im vereinten Deutschland.

Samaranch räumte Offenheit ein bei den zu fällenden Entscheidun-gen, auch hinsichtlich der

deutschen Repräsentation im IOC. Er sprach sich dafür aus, das zu erhalten, was vom DDR-

Leistungssport erhaltenswert sei.

Brüche und problematische Systemzwänge waren längst spürbar. Das galt auch bei der Vereinigung

der Fachverbände. Der durchweg freudigen, ja euphorischen Betrachtung der neuen Gemeinsamkeit,

die in den meisten Verbänden bis zum Jahresende 1990 vollzogen wurde, folgte nicht immer

problemlos das Zusammenwachsen auf dem Weg zur Normalität des Miteinanders.

Der einsetzende Austausch auf den Ebenen der Vereine und Verbände spielte dann eine

herausragende Rolle. In gewisser Weise trieb die Basis die Sportpolitik vor sich her. Hier zeigte sich

zugleich der Wert der vielen kleinen und großen Begegnungen des deutsch-deutschen Sportverkehrs,

den der DSB zuletzt unter seinem Präsidenten Hans Hansen in den Jahren der Trennung in

schwierigen Verhandlungen und kleinen Schritten verwirklicht hatte.

Das war schlagartig überholt, als Hans Hansen und DTSB-Präsident Klaus Eichler am 17. November

1989 in Berlin verkündeten, dass Vereine und Verbände künftig direkten Kontakt miteinander

aufnehmen könnten. Im unmittelbaren Grenzgebiet gab es Hunderte von Begegnungen im Sport wie

auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen. Überall spürte man Chancen, die den Druck der

Vergangenheit vergessen ließen. Alte und fast vergessene Freundschaften im Sport lebten auf, das

persönliche Miteinander trug dazu bei, dass die durch die Politik veranlassten Grenzen schnell

beseitigt wurden. Der Sport hat mit seinen Vereinen zu einem sehr frühen Zeitpunkt ein Stück

Menschlichkeit in die veränderten Verhältnisse eingebracht.

1990 war das Jahr der Vereinigung. Es folgten die Jahre des Zusammenwachsens. Probleme blieben

nicht aus. Die Doping-Problematik begleitet den Sport ebenso wie das Stasi-Thema bis heute. Doch

gerade der Sport hat mit seiner Integrationskraft zur deutschen-deutschen Vereinigung beigetragen

und er hat, wie unser gesamtes Land, von ihr profitiert. Manches bleibt zu tun. Unsere Zuversicht

haben wir uns dabei stets erhalten.

* Dieser Beitrag des Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes erschien am 25. September

2010 in leicht gekürzter Form in einer Sonderbeilage der Tageszeitung DIE WELT.

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9.11.1989 Öffnung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze

17.11.1989 Vier-Augen-Gespräch der Präsidenten Hans Hansen (DSB) und Klaus Eichler

(DTSB) in Berlin- Vereinbarung des freien Sportverkehrs

20.11.1989 LSB-Präsident Manfred von Richthofen initiiert gemeinsames Training mehrerer

Ost- und Westvereine in Berlin

22.11.1989 Erstes Gespräch zwischen LSB-Präsident Manfred von Richthofen und dem Ostber-

liner DTSB-Bezirksvorsitzenden Rudi Ebmeyer

25.11.1989 Bundeskanzler Kohl sagt volle Unterstützung des deutsch deutschen Sportverkehrs

zu.

1.12.1989 Erstes Treffen von DFB und DFV der DDR in Frankfurt/M.

4.12.1989 DTSB-Präsidium berät Vorlage „Für einen neuen DTSB“

12.12.1989 DTSB-Präsident Klaus Eichler tritt zurück; ein Arbeitsausschuss übernimmt die Ge-

schäfte.

1.1.1990 Neujahrsläufe durch Gesamt-Berlin

5.1.1990 „Runder Tisch“ des DDR-Sports nimmt Arbeit auf

11.1.1990 Zweites Gipfeltreffen von DFB und DFV

11.1.1990 Gespräch DSB - DTSB zur Intensivierung der Zusammenarbeit

26./27.1.1990 LSB Niedersachsen begründet Partnerschaf teil mit benachbarten DTSB-Bezirken

Magdeburg, Erfurt und Schwerin kurz darauf auch mit Halle.

27.1.1990 Ausschluss der ehemaligen Präsidenten Manfred Ewald und Klaus Eichler aus dem

DTSB-Bundesvorstand

29.1.1990 Informelles Gespräch zwischen den beiden NOK-Präsidenten Willi Daume und

Günter Heinze in Berlin (West)

7.2.1990 Initiativgruppe „Sportjugend der DDR“ wird gegründet.

28.2.1990 DTSB-Bezirke Cottbus, Frankfurt/O. und Potsdam beraten über geplante Bildung

des Landes Brandenburg.

3./4.3.1990 Außerordentlicher DTSB-Tag mit demokratischer Wahl von Martin Kilian (Wernige-

rode) zum neuen Präsidenten

4.3.1990 Erstes Treffen von Willi Daume mit Joachim Weiskopf (ab 16.6. DDR-NOK-

Präsident)

12.3.1990 „Spiegel“-Veröffentlichung über Dopingpraxis im DDR-Schwimmsport

Zeitleiste zur deutsch-deutschen Einheit im Sport

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15. 3.1990 DDR-Schwimmer weisen Vorwürfe zurück.

18.3.1990 Freie Parlamentswahl für die Volkskammer der DDR

31.3.1990 Hans-Georg Moldenhauer (Magdeburg) wird erster demokratisch gewählter Präsi-

dent eines DDR-Fachverbandes (Fußball).

5.4.1990 Erstes Treffen der Präsidenten Hansen und Kilian in Hannover und Absprache der

Konturen für den Vereinigungsprozess

18.4.1990 Pressekonferenz von Kilian und Hansen nach zweitem Spitzengespräch in Berlin

20.4.1990 NOK-Präsidium der DDR plädiert für ein gesamtdeutsches NOK.

April-Mai 1990 Zahlreiche sogenannte „Wendeverbandstage“ der Sportfachverbände der DDR und

Gründung neuer Sportverbände, z. B. Karate, Triathlon, Eiskunstlauf, Eisschnelllauf

Mai-Juni 1990 Beratungen der vier gemeinsamen Arbeitsgruppen von DSB und DTSB für Leis-

tungssport, Breitensport, Wissenschaft und Strukturen

8.5.1990 Erstes Gespräch der für Sport zuständigen Minister Wolfgang Schäuble und Cordu-

la Schubert in Berlin (Ost)

Mai 1990 Auseinandersetzungen zwischen DTSB und Ministerin Schubert und Rücktrittsfor-

derungen durch den DTSB

22.5.1990 Verbandstag des DTV der DDR verabschiedet Erklärung über baldige Zusammen-

führung mit dem Deutschen Turner-Bund (DTB)

28.5.1990 Zweites Gespräch zwischen Bundesinnenminister Schäuble und DDR-

Sportministerin Schubert in Bonn

31.5.1990 Gründung des Turn- und Sportbundes Berlin (Ost) e.V.

1.6.1990 Pressekonferenz mit Ministerin Schubert in Bonn

6.6.1990 Meldung des „Spiegel“, dass bereits über 200 Spitzensportler aus der DDR in die

Bundesrepublik gewechselt sind

16.6.1990 Mitgliederversammlung des NOK der DDR mit Wahl von Joachim Weiskopf zum

neuen Präsidenten

19.6.1990 Der DTSB kündigt Entlassungswelle an (bis 30.6. zunächst 8.000 Mitarbeiter)

21./22.6.1990 Beschlagnahme des DTSB-Vermögens und Unterstellung unter Treuhänderschaft

25.6.1990 DSB-Hauptausschuss in Travemünde: Beitritt des DDR-Sports nach politischem

Modell (Artikel 23 GG)

28.6.1990 Vorstellung des von den Arbeitsgruppen erarbeiteten „Vereinigungspapiers“ durch

Hansen und Kilian in Berlin

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4.7.1990 Gipfeltreffen der NOK-Präsidenten Daume und Weiskopf. Ziel: Gesamtdeutsches

Team Olympia 1992

7.8.1990 Verhandlungen der beiden NOK in Baden-Baden über Struktur- und Personalfragen

bei Vereinigung

13.8.1990 In München wird im Skisport (nordisch) die erste gemeinsame deutsche National-

mannschaft gebildet.

17.8.1990 Die beiden NOK erzielen Einigkeit über Vereinigung, die am 17.11. in Berlin vollzo-

gen werden soll.

3.9.1990 Die Modernen Fünfkämpfer der DDR treten dem DVMF bei.

7.9.1990 Spitzengespräch in Bonn mit Bundeskanzler Kohl, BM Schäuble sowie Willi Daume

und Hans Hansen über Beitritt der DDR zur Bundesrepublik und Auswirkungen auf

den Sport

8./9.9.1990 Vereinigung der beiden deutschen Turnverbände durch Beitritt zum DTB auf dem

Deutschen Turntag in Hannover

11.9.1990 Zusammenschluss der beiden Eishockeyverbände in München

14.9.1990 Sportpolitische Debatte im Bundestag in Bonn

15.9.1990 Gründung des ersten ostdeutschen LSB Brandenburg. Präsident wird Prof. Jung-

hähnel, der später wegen Stasi-Kontakten zurücktreten muss.

22.9.1990 Der DTSB-Bundesvorstand beschließt Auflösung des DTSB zum 5.12.1990.

29.9.1990 Gründung der weiteren vier LSB (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-

Anhalt und Thüringen)

2.10.1990 Der BAL des DSB entscheidet über die Vergabe der Olympiastützpunkte.

8.10.1990 Die DOG und die Gesellschaft zur Förderung Olympischen Gedankens der DDR

beschließen ihre Vereinigung zum 1. Januar 1991.

26.10.1990 Bei der Ständigen Konferenz der LSB in Hannover übergeben die fünf ostdeutschen

LSBs ihre Anträge auf Aufnahme in den DSB an DSB-Präsident Hansen.

17.11.1990 Vereinigung der beiden NOK in Berlin

3.12.1990 Nach Auflösung des Ostberliner Turn- und Sportbundes Vereinigung im LSB Berlin

5.12.1990 Selbstauflösung des DTSB

14.12.1990 DSB-Hauptausschuss in Hannover mit Aufnahme der fünf neuen LSBs in den DSB

15.12.1990 21. Bundestag des DSB mit Wahlen von Martin Kilian zum Vizepräsidenten und

Prof. Junghähnel (Potsdam) und Manfred Thieß (Jena) zu Beisitzern im Präsidium.

Letztere beiden mussten später wegen ihrer Stasikontakte als LSB-Präsidenten und

aus dem DSB-Präsidium zurücktreten.

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