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9. Stakeholder-Workshop
THEMA: ALLES NUR WERBUNG - ODER WAS?
Digitale Medien haben eine zunehmende Bedeutung bei der Vermitt-lung produktbezogener Botschaften an Konsumenten. Im Jahr 2015 gehen voraussichtlich etwa 30 Prozent aller Einkäufe im stationären Handel Online-Recherchen zu dem Produkt voraus. Der Anteil des On-line-Handels nimmt ebenfalls weiterhin zu.
Entsprechend wachsen die digitalen Kommunikationsangebote: Orga-nisationen bieten Apps mit produktbezogenen Informationen, die über einen Scan des EAN-Codes ausgegeben werden können. Verbraucher geben immer mehr produktbezogene Bewertungen auf Händlerporta-len ab und tauschen ihre Erfahrungen in Blogs aus. Entsprechend ver-suchen Hersteller, Händler, Verbraucherschützer und Medien, die Kon-sumenten über das Internet mit ihren Botschaften zu erreichen.
Vor diesem Hintergrund werden im 9.“Dialog Kosmetik“ Möglichkeiten der digitalen Kommunikation über Kosmetika diskutiert. Zur verbes-serten Information über Inhaltsstoffe wurde eine Ergänzung des EAN-Codes diskutiert sowie Ideen zu einem digitalen Info-Service gesam-melt. Startpunkt könnte eine App mit einem begrenzten Informations-angebot zu allergenen Inhaltsstoffen sein, die auf der INCI-Datenbank aufbaut. Ergänzt über ein Benutzerprofil, könnten so Allergiker über den Scan des Produktes zielgerichtet mit gemeinsam getragenen Pro-duktempfehlungen versorgt werden.
Da hierzu viele offene Fragen geklärt werden müssen und strategische Entscheidungen von den beteiligten Akteuren erforderlich sind, wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Behörden, Herstellern und Ver-bänden eingerichtet, die sich im Nachgang mit Lösungsmodellen be-schäftigen soll.
IN DIESEM HEFT
Rückblick und Ausblick ........... 2
Sicht der Konsumforschung .... 3
Sicht des BfR........................... 5
Sicht des Experten ................... 7
Ergebnisse Ideenwerkstatt ...... 8
Diskussion & Vorgehen ........... 9
Teilnehmer/Impressum……...10
THEMA DIESER AUSGABE
Werbung, Information & Kommunikation über kosme-tische Produkte
Ausgabe Juli 2015
Ausgabe 9
Steckbriefe und weitere Papiere können auf www.dialog-kosmetik.de abgerufen werden!
RÜCKBLICK & AUSBLICK Klaus Afflerbach (health&m edia
GmbH) stellt die Aktivitäten der Arbeits-
gruppen (AG) seit dem letzten Treffen des
Stakeholder-Dialogs Kosmetik vor.
AG Nano-Inhaltsstoffe: Steckbriefe
Die AG beschäftigt sich mit der Erarbei-
tung und Abstimmung weiterer Steckbrie-
fe zu relevanten Nano-Inhaltsstoffen von
Kosmetika. Mittlerweile sind neben dem
Faltblatt und dem Grundlagenpapier
sechs Steckbriefe abgestimmt worden, die
auf den Internetseiten www.dialog-
kosmetik.de abgerufen werden können.
Weitere sind in Bearbeitung.
AG Onlinehandel: Flyer
Die AG hat Flyer zu den Themen „Einkauf
von Kosmetik im Internet – Die wichtigs-
ten Tipps“ und „Damit aus dem Kauf im
Internet kein Internepp für Sie wird“ erar-
beitet (Download unter www.dialog-
kosmetik.de).
Beteiligt waren die Arbeitsgemeinschaft
ästhetische Dermatologie und Kosmetolo-
gie e.V. (ADK), der Bundesverband Deut-
scher Kosmetiker/innen e.V., das Bundes-
amt für Verbraucherschutz und Lebens-
mittelsicherheit, der Bundesverband E-
Commerce und Versandhandel Deutsch-
land e.V., der Deutsche Allergie- und
Asthmabund e.V., das DHB-Netzwerk
Haushalt, die Verbraucher Initiative e.V.,
der Fachverband des Einzelhandels mit
Parfums, Kosmetik sowie Körperpflege-
und Waschmitteln im Handelsverband
Deutschland - Bundesverband Parfüme-
rien, der Industrieverband Körperpflege-
und Waschmittel e.V. und die Verbrau-
cherzentrale NRW.
WAS, WANN, WO?
Datum: 19. und 20. Januar 2015
Ort: Le Méridien Parkhotel,
Frankfurt am Main
Thema: Umfassende, glaubwür-
dige und verbrauchernahe Infor-
mation? Geht das? Und wenn ja,
wie?
ZIELE
Information über Trends
und technische Möglichkei-
ten der digitalen Information
und Kommunikation über
verbraucherrelevante The-
men der Kosmetik
Austausch über Positionen
und Haltungen aus Sicht der
Akteure (Hersteller, Handel,
Behörden, Verbraucher- und
Umweltschutz)
Auslotung von Möglichkeiten
zu gemeinsam getragenen
Aktivitäten der Information
und Kommunikation
2
Tag des Sonnenschutzes
Die vorbereitenden Arbeitsgruppen haben
folgende neue Info-Materialien erarbeitet:
2 Aktionsposter
Grußkarte mit QR-Code zu tagesak-
tuellen Lichtschutzfaktor-
Empfehlungen
Faltblatt „10 Tipps für den optimalen
Schutz“
Apps zur Bestimmung des Licht-
schutzfaktors (LSF)
E-Book
Aktionskalender
Die Verbreitung des E-Books erfolgt in
Kooperation mit www.haut.de. Es dient
der Vermittlung zielgerichteter Fragen,
Antworten, Hintergrundinformationen
und praktischer Tipps zum Sonnenschutz.
Patienten und Verbraucher haben die
neue Übersichtskarte zu den Aktionen am
Tag des Sonnenschutzes sehr gut ange-
nommen.
www.haut.de
Als neuer Kooperationspartner der Platt-
form konnte der Bundesverband Parfüme-
rien e.V. gewonnen werden. Die Plattform
wurde um die Kategorie: „Experten geben
Rat“ ergänzt. Hier finden Verbraucher
Interviews mit Experten zu unterschiedli-
chen Themen, z.B. Inhaltsstoffe, Kosme-
tiksicherheit, Sonnenschutz, Produkt-
transparenz. Die Kategorie "Experten
geben Rat" wird kontinuierlich mit neuen
Interviews ergänzt.
Die INCI-Datenbank ist weiter ergänzt
worden. Aktuell sind 20.000 Inhaltsstoffe
in der Datenbank, zu 2.000 Stoffen gibt es
weiterführende und laienverständliche
Erläuterungen. Das Selektieren nach
Funktionen und Produktgruppe ist jetzt
möglich. Die Nutzer-Statistiken zeigen,
dass sich die Hälfte der User für die INCI-
Liste interessiert.
Geplant ist neben der kontinuierlichen
Pflege der INCI-Datenbank der Relaunch
des Internetportals und die Gewinnung
weiterer Kooperationspartner.
IMPULS 1: WIE WERDEN VERBRAUCHER ZUKÜNFTIG ÜBER KOSMETIK INFORMIERT?
DIE SICHT EINER KONSUMFORSCHERIN
PERSONALISIERTE VORAUSWAHL FÜR SMART-PHONE-APPS
Europa Bendig sieht zurzeit fol-
gende Möglichkeiten einer perso-
nalisierten Vorauswahl für Smart-
phone-Apps:
1. Watson, der „virtual expert
personal shopper“. Watson ist
darauf ausgelegt, menschliches
Verhalten beim Einkauf nachvoll-
ziehen und imitieren zu können.
So kann er Präferenzen eines
Nutzers erkennen und aus dem
Stegreif Fragen beantworten.
Werbetreibende können über
Watson mit den Kunden intera-
gieren.
2. Beacon Technologie
(personalisierte, kontextbezogene
Angebote). Diese reichen von der
gezielten Einblendung von Pro-
duktinformationen im Geschäft
über Sonderangebote, Lenkung
der Besucherwege im Geschäft bis
zum mobilen Einkauf im Einzel-
handel. Auch eine detaillierte
Analyse des Kaufverhaltens durch
gespeicherte Daten sei möglich.
Bendig: „Vertrauenswürdig ist
nicht immer das, was stimmt,
sondern das, was stimmig ist“.
Jeder Mensch muss am Tag Inhalte von sinnbildlich 174 Zeitungen verarbeiten
3
Europa Bendig, Geschäftsführer in
von Sturm und Drang in Hamburg, be-
richtet von Trends im Informations- und
Entscheidungsverhalten von Konsumen-
ten. Ihre These: Der Mensch kann immer
schlechter zwischen wichtig und unwichtig
unterscheiden. So müsse jeder Mensch am
Tag Inhalte von sinnbildlich 174 Zeitungen
verarbeiten.
Konsumenten nutzten mehrere
Kommunikationskanäle, das Smartphone
sei der neue Sales-Assistent. Verbraucher
holten zwar auch weiterhin Informationen
bei der Stiftung Warentest ein, sie
beließen es aber nicht mehr dabei. Der
menschliche Verstand möchte akute
Risiken minimieren. Wenn die Kaufent-
scheidung einmal getroffen sei, würden
aber nur noch Informationen berücksich-
tigt, die die eigene Haltung bestätigten.
Konsumenten seien daher mit rationalen
Kaufentscheidungen überfordert.
Konsumenten würden eher denen Ver-
trauen schenken, die kein kommerzielles
Interesse aufweisen (z.B. Wissenschaft,
Stiftung Warentest). Aber auch hier gebe
es Vertrauensbrüche – als Beispiel führt
Europa Bendig gefälschte Käuferbewer-
tungen in großen Online-Portalen an.
Der vielfach verwendete Hersteller-
Hinweis auf nicht verwendete Inhaltsstof-
fe wird aus ihrer Sicht eher aus Gründen
der Werbung als zur Verbraucheraufklä-
rung verwendet. Daher werde hierüber
auch nicht die Glaubwürdigkeit einer
Marke gesteigert. Als positives
Werbe-Beispiel nannte sie einen
aktuellen, sehr erfolgreichen Spot einer
Supermarktkette. Dieses Beispiel zeige:
„Vertrauenswürdig ist nicht immer das,
was stimmt, sondern das, was stimmig
ist.“
Europa Bendig, Agentur Sturm und Drang
„Der Aufdruck `Enthält kein`… ist eher Werbung als Information“
NEUE WEGE
Bendig: „Vertrauen entsteht,
wenn Konsens entsteht. Es
gilt daher, Glaubensgemein-
schaften zu schaffen.“
4
Um in der Informationsflut den Kunden erreichen zu können, müssten, so Europa Ben-
dig, neue Wege beschritten werden.
Einige Unternehmen setzen dabei auf Augmented Reality (AR), also die Ergänzung von
realen Bildern mit Animationen oder Hintergrundinformationen, die der Konsument über
sein Smartphone aufnimmt. Eine weitere Möglichkeit: Nutzung der Tweens, also von
Wartezeiten in Ämtern, auf Bahnsteigen etc.. Während dieser Zeiten erreiche man den
Konsumenten gut mit mobilem Plakatshopping via QR-Code. Oder über Proximity Mar-
keting, also mit der Verknüpfung von Spiel und Information im Ladenlokal per App. Bei-
spiel: Kunden sammeln beim Betreten eines Geschäftes mit ihrem Smartphone Bonus-
Sterne. Weitere Sterne erhält, wer den Barcode bestimmter Produkte scannt. Die Sterne
können dann gegen Prämien eingetauscht werden. Die App registriert via Bluetooth,
wenn der Nutzer eines der teilnehmenden Geschäfte betritt. Über Omni-Channel werden
sämtliche Absatzkanäle parallel bedient: Bezahlvorgänge, Logistik, Webtracking oder
Suchfunktionen sowie stationäres und Online-Geschäft. Neben Information auf der Ver-
packung können so ergänzende Informationen (Bewertungen, Produktvideos) transpor-
tiert werden.
Erfahrungsberichte und Bilder sowie Urteile anderer Konsumenten und Multiplikatoren
seien für die Glaubwürdigkeit unerlässlich. Sie müssten gebündelt und visuell schnell
aufzunehmen sein, das Smartphone werde dabei immer mehr zur „Hirn-Prothese“.
Europa Bendig, Agentur Sturm und Drang
IMPULS 2: UMFASSENDE UND GLAUBWÜRDIGE INFORMATION
DIE SICHT DES BUNDESINSTITUTS FÜR RISIKOBEWERTUNG (BfR)
BEISPIELHAFTE MEDIENANFRAGEN AN DAS BfR IM BEREICH KOSMETIKA:
Aluminium
Haarfärbemittel
Konservierungsmittel
Nagellack
Nanopartikel in Son-
nenmilch
Parabene / endokrine
Disruptoren
Triclosan
Tätowiermittel
(obwohl es nach dem
Gesetz keine kosmeti-
schen Mittel sind)
5
Nele Boehme stellt die zentralen
Aufgaben des BfR im Bereich Kosmetik
vor:
Beratung des Bundesministeriums
für Ernährung und Landwirtschaft
und der Bundesregierung in Fragen
des gesundheitlichen Verbraucher-
schutzes zur Regulation und Fort-
schreibung der Kosmetik-
Verordnung.
Risiko-Bewertung kosmetischer In-
haltsstoffe über wissenschaftliche
Stellungnahmen zu Inhaltsstoffen
oder Expositionsbewertung. Mitar-
beit in entsprechenden Gremien
(EU-Kommission, Europarat, Ar-
beitskreis Lebensmittelchemischer
Sachverständiger des Landes und des
Bundes, etc.) und Geschäftsführung
der Experten-Kommission für kos-
metische Mittel.
Risiko-Kommunikation mit verschie-
denen Stakeholdern, u.a. über die
Beantwortung von Bürger- und Pres-
seanfragen, Vorträge, Fachgespräche,
Teilnahmen an Fachbeiräten
(Stiftung Warentest), Lehre
(Deutsche Gesellschaft für Pharma-
kologie und Toxikologie, Charité)
und die Organisation wissenschaftli-
cher Veranstaltungen.
„Das BfR ist in keine Gesetzgebungsverfahren eingebunden. Die BfR-Kernbereiche sind Bewertung, Risikokommunikation, Forschung.“
Als zentrale Einflussfaktoren der Risiko-
wahrnehmung nennt Nele Boehme die
Risiko-Eigenschaften, die Risiko-Nutzen-
Balance und die Behandlung des Themas
in den Medien. Die Risikowahrnehmung
werde weiter durch die soziale Situation
des Betrachters (tatsächliche Betroffen-
heit, Freiwilligkeit gegenüber dem Ausset-
zen des Risikos, Kontrolle und Wissen
über die Betroffenheit) beeinflusst. Weite-
re Faktoren sind das Katastrophenpoten-
zial und die Schwere der Konsequenzen,
die Neuartigkeit des Risikos und die Un-
mittelbarkeit des Schadenseintritts. Sie
sieht einen besonders großen Zusammen-
hang zwischen der Wahrnehmung des
Risikos und des Vertrauens des Betrach-
ters in die Kontrollmechanismen.
„Alles was das BfR bewertet, wird auch öffentlich kommuniziert. Die Resonanz darauf ist sehr schwankend.“
Nele Boehme, BfR
„Eine Verbraucherumfrage des BfR zur Nutzung von Informationsquel-len hat gezeigt, dass das Internet mit 60 % die am meisten genutzte Quelle ist.“
Boehme: „Das Gefühl der
Unsicherheit hat mit Wahr-
nehmung und Vertrauen zu
tun.“
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Die Auseinandersetzung des BfR mit einem Thema verdeutlichte Nele Boehme am Beispiel Aluminium in Verbraucherprodukten.
Dies sei ein öffentlichkeitswirksames Thema, das sowohl in der Bevölkerung weithin bekannt ist, wie auch von den Medien aufge-
griffen wird. Die Risikowahrnehmung sei eher moderat, über ein Drittel der Bevölkerung scheine dem Thema indifferent gegen-
überzustehen. Besondere Aufmerksamkeit habe das Thema bei Frauen und jüngeren Personen erlangt (Wahrnehmung über
Brustkrebs-Diskussion). Aus Sicht der Verbraucher scheine es sich um ein „kontrollierbares Risiko“ zu handeln (wegen verfügba-
rer aluminiumfreier Produkte). In den Medien werde das Thema serviceorientiert und faktenbasiert präsentiert. Konsumenten in
Deutschland wünschten sich eine bessere Kennzeichnung von Aluminium in Produkten und mehr Produkte ohne Aluminium.
Herausforderung bei der Kommunikation sei die Unterscheidung von Hazard und Risk
(Gefahr und Risiko) sowie die korrekte Beschreibung der Unsicherheit in der Bewertung.
Daher sind laut Nele Boehme folgende Grundsätze der Kommunikation über Risiken zu
beachten
Transparenz: Größtmögliche Offenheit schafft Vertrauen.
Zuverlässigkeit: Verbraucher sollen w issen, dass Risiken kom m uniziert
werden, sobald sie erkannt wurden.
Versachlichung von Debatten: Voraussetzung für eine „objektive“ Risiko-
wahrnehmung ist die Annäherung der Risikowahrnehmung von Laien und Exper-
ten. Dies schützt vor Panikmache.
Handlungskompetenz vermitteln: Em pfehlungen geben, Handlungsrah-
men aufzeigen, Berücksichtigung von vulnerablen Gruppen.
Das BfR hat einen Leitfaden für gesundheitliche Bewertungen veröffentlicht. Die Risiko-
kommunikation soll den Verbraucher befähigen, auf Grundlage von Information ihre
Risikobereitschaft besser abwägen zu können (Risikomündigkeit).
IMPULS 3: TECHNISCHE MÖGLICHKEITEN DER KOMMUNIKATION ÜBER DIGITALE MEDIEN
DIE SICHT EINES EXPERTEN
TREND NACH ERFÜL-LUNG BEREITS IM VOL-LEN GANGE
Aus Sicht von Prof. Dr.
Böhm sei der Trend nach
Erfüllung des Verbrau-
cherbedürfnisses zu
produktbezogener Infor-
mation bereits im vollen
Gange.
Er rät dazu, frühzeitig in
die digitale produktbezo-
gene Verbraucherinfor-
mation einzusteigen.
7
Prof. Dr. Klaus Böhm ist Professor
für angewandte Informatik und Geoinfor-
matik an der Hochschule Mainz.
Die Digitalisierung der Konsumgüterin-
dustrie habe bereits deutlich zugenommen,
die Dynamik der Veränderung werde weiter
ansteigen. Dies verdeutlicht er an folgen-
den Aspekten:
2015 werden voraussichtlich über 30
Prozent aller Käufe im stationären
Handel vorab online recherchiert.
Die Generation der Digital Natives übt
zunehmenden Einfluss auf die strate-
gischen Entscheidungen im Handel
und der Konsumgüter-Branche aus.
Virales Marketing wird noch populä-
rer.
Unternehmen im Konsumgüterbe-
reich sprechen die Kunden zuneh-
mend über Social Media (Facebook,
Twitter, Instagram, Blogs & Co.) an.
Crowd-Sourcing beeinflusst immer
stärker Kaufentscheidungen und Mar-
kenloyalität.
Die zunehmende Erfassung von Kun-
dendaten (Stichwort „Big Data“) er-
möglicht immer gezieltere und indivi-
dualisiertere Kundenansprachen.
Online-Informationen (Internet und
Social Media) beeinflussen bereits
jetzt 24,7 Prozent der Kaufentschei-
dungen. Dies ist eine deutliche Zunah-
me seit der letzten Erhebung durch
die Unternehmensberatung Roland
Berger aus den Jahren 2012/2013.
Prof. Dr. Klaus Böhm stellt Möglichkeiten
einer produktbezogenen Information über
den Scan des EAN-Codes über eine Smart-
phone-App vor. Sie bietet die Möglichkeit,
individuelle Interessenlagen über die An-
lage des Nutzerprofils zu erfassen, um
dadurch die mit dem EAN-Code verbun-
denen Informationen zu selektieren und
auszuwerten.
Über die INCI-Datenbank können schon
heute Informationen zu bestimmten In-
haltsstoffen ausgelesen werden. Die Her-
ausforderung besteht darin, diese Infor-
mationen konkret mit dem Produkt zu
verknüpfen. Technisch sei dies lösbar,
allerdings auch sehr aufwändig.
„Die Hersteller sollten zeitnah in die produktbezogene Information über den Scan von Codes einsteigen. Sonst werden sie dabei schnell rechts und links von anderen Organisationen überholt.“
INCI-COM Komponenten
Prof. Dr. Böhm, Hochschule Mainz
Ideenwerkstatt in Gruppenarbeiten
FAZIT DER DISKUSSION
Es kristallisiert sich ein ge-
meinsames Interesse an der
Erarbeitung eines digitalen
Info-Services heraus, mit
dem der User sein eigenes
Benutzerprofil anlegen
kann und dazu glaubwürdi-
ge Informationen und
Handlungsempfehlungen zu
den Produkten bekommt. In
das Profil könnten z.B. Al-
lergierisiken, Abneigungen
und Vorlieben sowie andere
Vorgaben eingetragen wer-
den. Der Nutzer müsse hier
aber komplett frei in seiner
Entscheidung sein. Nichts
dürfe vorgegeben werden.
Die INCI-Datenbank wird
als angemessene Informati-
onsgrundlage angesehen.
In zwei Arbeitsgruppen werden Ideen für digitale Informationen über kosmetische
Produkte entwickelt:
Eine Expertengruppe wählt Stoffe aus,
über deren Risiken die Verbraucher infor-
miert werden. Die neue Qualität liegt da-
rin, dass die Information vor Veröffentli-
chung mit zentralen Interessengruppen
abgestimmt wird (Info-Mediator, Om-
budsmann). Zielgruppe der Information
sind besonders sensible Verbrauchergrup-
pen, wie etwa Allergiker oder junge Müt-
ter für die Anwendung kosmetischer Mit-
tel bei Kleinkindern. In den Abstim-
mungsprozess können Dermatologen, das
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR),
das Scientific Committee on Consumer
Safety (SCCS), die Landesuntersuchungs-
ämter, die Verbraucherpresse und der
IKW eingebunden werden. Als Informati-
onsquelle können www.haut.de und Anga-
ben der Hersteller genutzt werden.
„KOSMOMAT“
ERGEBNISSE DER IDEENWERKSTATT
8
„VERBRAUCHER-EXPERTEN-MYTHEN“
Der Kosmomat ist eine digitale Einkaufs-
hilfe im Internet, die von den Akteuren
aus dem Dialog Kosmetik getragen wird.
Zielgruppe sind kritische Vorinformierte
und Laien. In den Kosmomat werden die
Sensitivität des Verbrauchers sowie seine
Interessen und Erwartungen über eine
Profilabfrage eingestellt. Darauf aufbau-
end werden Verhaltens- und Einkauf-
stipps vermittelt. Die gewünschte Infor-
mationstiefe ist frei wählbar, und die
Quellen der Information werden zur
Schaffung von Transparenz benannt. Die-
se Quellen werden wissenschaftlich evalu-
iert und geprüft, um somit die Aussage-
genauigkeit zu schärfen. Die Entschei-
dungshilfen erfolgen produktunabhängig.
In die Anwendung werden Hinweise zur
Aussagekraft von Siegeln integriert. Für
das Prozessdesign und die Entwicklung
wird ein begleitendes Panel aus jungen
Müttern und kritischen Konsumenten
eingerichtet.
„Nur weil der Verbraucher INCI nicht versteht, heißt es nicht, dass er diese Informationen nicht haben möchte.“ (Alina Reichardt, Stiftung Warentest)
Die Ideen zeigen deckungsgleiche Resultate. In der Diskussion zeigt sich das Interesse,
über gemeinschaftlich getragene Informationen in digitalen Medien eine größere Erreich-
barkeit und Glaubwürdigkeit bei der Information des Verbrauchers zu realisieren.
Die Verbraucherschützer raten der Industrie, jetzt schnell zu handeln, damit sie bei der
Risikokommunikation nicht immer aus der Defensive heraus agieren müsse. Die Herstel-
ler regen an, sich vor der Entwicklung einer aufwändigen App erst genauer damit zu be-
schäftigen, welche Informationen die Verbraucher sich wirklich über welche Kanäle
wünschten. Die Erarbeitung einer App mit weitergehenden Informationen zu den Pro-
dukten bzw. Stoffen sei nur dann sinnvoll, wenn sie für den Verbraucher von hohem Nut-
zen ist. Dazu müsse ein deutlicher Mehrwert für alle Akteure erkennbar sein: Hersteller,
Handel, Behörden, Verbraucherschützer.
Birgit Huber (IKW) fasst zusammen: Die Teilnehmer des „Dialog Kosmetik“ schlagen die
Entwicklung eines gemeinsamen, digitalen und produktbezogenen Info-Services vor.
Dazu wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die ein Konzeptpapier zur Anwendung, zum
Betreibermodell und zum Aufwand entwirft. Nach einer internen Abstimmung dieses
Konzeptpapiers müsse man dann in die Programmierung gehen. Wichtig ist, dass immer
wieder die Möglichkeit der Überprüfung, vor allem durch Laien gewährleistet wird.
DISKUSSION UND WEITERE VORGEHENSWEISE
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„Die Teilnehmer des „Dialog Kosmetik“ schlagen die Entwicklung eines gemein-samen, digitalen und produktbezogenen Info-Services vor.“ (Birgit Huber)
An der Arbeitsgruppe nehmen folgende
Akteure teil:
Klaus Afflerbach, Klaus
(health&media GmbH)
Janine Arnold (Henkel AG & Co.
KGaA)
Dr. Andreas Butschke (Bundesamt
für Verbraucherschutz)
Monika Ferdinand (Bundesverband
deutscher Kosmetiker/innen)
Imke Grassau-Zetzsche (Unilever
Deutschland GmbH)
Laura Gross (Verbraucherinitiative
e.V.)
Birgit Huber (IKW)
Prof. Dr. Jürgen Lademann (Charité
Berlin)
Dr. Ludger Neumann (L‘Oreál
Deutschland GmbH)
Christel Schierbaum (Berufsverband
der Kinder- und Jugendärzte)
Frau Huber und Herr Afflerbach erstellen
vorbereitend einen ersten Konzeptent-
wurf, basierend auf den Diskussionen des
Stakeholder-Workshops. Die beiden über-
nehmen auch die Koordination und Orga-
nisation der Arbeitsgruppe. Alle Mitglie-
der des „Dialog Kosmetik“ werden wie
gewohnt über die Ergebnisse der Arbeits-
gruppe informiert.
Vorschlag für Thema des kommenden Dialogs
Im Zug der Diskussion entsteht eine Idee für das Schwerpunkt-Thema des nächsten
„Dialog Kosmetik“:
„Kinder als Verbraucher aus Sicht der Kosmetik“
TEILNEHMER/INNEN
Huber, Birgit Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) Hubloher, Daniela Verbraucherzentrale Hessen e.V. Keiser, Thomas Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) Lademann, Prof. Dr. Jürgen Charité Berlin, Bereich Hautphysiologie Lewe-Esch, Sigrid Deutscher Evangelischer Frauenbund e.V. (DEF) Neumann, Dr. Ludger L´Oréal Deutschland GmbH Reichardt, Alina Stiftung Warentest Schierbaum, Christel Berufsverband der Kinder- und Jugend-ärzte Deutschlands e.V. Schnuch, Prof. Dr. Axel IVDK-Zentrale, Institut an der Univer-sität Göttingen Sporkmann, Ann-Kathrin Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland Volkmann, Monika DHB-Netzwerk Haushalt e.V. Von Mühlendahl, Prof. Dr. Karl-Ernst Kinderumwelt gemeinnützige GmbH Weckerling-Wilhelm, Dr. Dorothee Bundesministerium für Justiz und Ver-braucherschutz
IKU_DIE DIALOGGESTALTER
Olpe 39 44135 Dortmund
Tel.: 0231 931103-0 Fax: 0231 931103-50
www.dialoggestalter.de [email protected]
Industrieverband Körper- pflege und Waschmittel e.V.
Mainzer Landstraße 55
60329 Frankfurt am Main
Tel.: 069 2556-1323
www.ikw.org
Afflerbach, Klaus health&media GmbH Alert, Dr. Dirk Beiersdorf AG Arnold, Janine Henkel AG + Co KGaA Bendig, Europa Sturm und Drang GmbH Böhm, Prof. Dr. Klaus Hochschule Mainz Boehme, Nele Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Butschke, Dr. Andreas Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Etzenbach-Effers, Dr. Kerstin Verbraucherzentrale NRW Ferdinand, Monika Bundesverband Deutscher Kosmeti-ker/innen Förster, Dr. Thomas Henkel AG + Co KGaA Fröb, Cornelia Verbraucherzentrale Hessen e.V. Grassau-Zetzsche, Imke Unilever Deutschland GmbH Gross, Laura Verbraucherinitiative e.V.
Moderation
Bloser, Marcus
Kühr, Ann-Kathrin
Herkelmann, Stefanie