abhidhamma - die buddhistische philosophie, psychologie und erfahrungslehre
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Abhidhamma - Die buddhistische Philosophie, Psychologie und ErfahrungslehreTRANSCRIPT
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ABHIDHAMMA
Die Buddhistische Philosophie,
Psychologie und
Erfahrungslehre
Agganyani
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Freie bersetzung des Artikels "Abhidhamma, Southern", "Relations in
Buddhism" (Pahna) und einiger Kurzbeitrge, Ven. Agganyani,
Encylopedia of Sciences and Religions, Springer-Verlag, 2013.
Springer: "The final English publication is available at
http://link.springer.com/referencework/10.1007/978-1-4020-8265-8"
http://www.verein.abhidhamma.de
http://www.abhidhamma.de
http://www.abhidhamma.com
2014 Copyright Agganyani
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ABHIDHAMMA
Die Buddhistische Philosophie, Psychologie
und Erfahrungslehre
Agganyani
Inhaltsverzeichnis
ABHIDHAMMA - Die Buddhistische Philosophie,
Psychologie und Erfahrungslehre 3
Die 7 Bcher des Abhidhamma-Piaka 4
Selbstverstndnis des Abhidhamma im Verhltnis zu
Wissenschaft und Religion 5
Authentizitt des Abhidhamma und Legende 7
Ethische Prinzipien 11
Schlsselwerte des Abhidhamma 11
Abhidhamma und einige wichtige Konzepte 13
Natur/Welt 13
Menschliches Wesen 13
Leben und Tod 14
Wirklichkeit 16
Wissen/Weisheit 18
Wahrheit 19
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2
Wahrnehmung 21
Zeit 22
Bewusstsein 23
Rationalitt/Vernunft 26
Mystik 27
Nibbna, das Ziel 27
PAHNA - Bedingungszusammenhnge 29
Die 24 Bedingungen 33
Gruppenarbeit 35
Struktur des Pahna 37
Pahna-Chanting 40
Praxis 40
Referenzen 41
GLOSSAR einiger wichtiger Begriffe 44
Vipassan 45
Anicca - Unbestndigkeit 48
Dukkha - Leiden, Unzulnglichkeit 49
Anatta - Nicht-Selbst 52
Kamma/Karma 53
Definition der vier paramattha-dhammas: 54
citta, cetasika, rpa, Nibbna
Anmerkung: Zahlen in eckigen Klammern innerhalb des Texts verweisen auf die
entsprechenden Referenzen.
So verweist z.B. [9] auf den Visuddhimagga und unter 9. werden die verschie-
denen bersetzungen, Verlage und Bezugsquellen genannt.
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3
ABHIDHAMMA
Die Buddhistische Philosophie, Psychologie
und Erfahrungslehre
Abhidhamma (Pi) [1, 2] ist der dritte Teil oder Korb (piaka) des
Tipiaka oder Pikanon, der Grundlage des Theravda-Buddhismus.
hnliche, leicht unterschiedliche Arten von Abhidharma (Sanskrit)
gehren den Mahyna-Traditionen an oder auch den Hinayna-
Schulen, die bereits verschwunden sind. "Abhi - dhamma" bedeutet
wrtlich die hhere oder spezielle Lehre (des Buddha). Es ist eine
riesige Sammlung von systematisch angeordneten, tabellarisierten
und wissenschaftlich klassifizierten Lehrinhalten des Buddha, die den
Kern seiner Lehre darstellen, der zeitlos ist und unabhngig von
Kultur, Rasse und Geschlecht. Abhidhamma ist die Buddhistische
Philosophie, die die Wirklichkeit und Wahrheit vollstndig
beschreibt. Abhidhamma ist auch die Buddhistische Psychologie, die
insbesondere geistige Phnomene behandelt und im Detail erklrt,
wie der Geist arbeitet und wie er befreit werden kann.
In den Lehrreden (sutta) nimmt der Buddha Rcksicht auf das
intellektuelle Niveau seiner Zuhrer, ihre Entwicklung der Vollkom-
menheiten (pram), ihre Erreichungen und ihre spezielle Situation.
Deshalb lehrte der Buddha den Dhamma in konventionellen
Begriffen und relativen Konzepten (paatti) und spricht von
Personen und Objekten als Ich, er, sie, Mann, Frau, Kuh, Baum, usw.
Im Abhidhamma macht der Buddha jedoch keine solchen Zuge-
stndnisse sondern behandelt den Dhamma ganz in Begriffen der
letztendlichen Wirklichkeit (paramattha). Alle Phnomene werden in
ihre letztendlichen Bestandteile (dhamma) zerlegt und analysiert, die
przise definiert, klassifiziert und systematisch angeordnet werden.
Dann werden die Gesetze des Zusammenspiels dieser dhammas
gelehrt, ihre Synthese - ein Netz von Konditionalitt.
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4
Die sieben Bcher des Abhidhamma-Piaka
Der Abhidhamma-Piaka [3] besteht aus sieben Bchern:
1. Dhammasaga "Aufzhlung der dhammas" oder
"Buddhistisch-Psychologische Ethik". Beschreibung der
grundlegenden, letztendlichen geistigen und physischen
Phnomene, die die menschliche Erfahrung ausmachen.
2. Vibhaga "Das Buch der Analyse". Darlegung der Analyse
der Dhammasaga in der Art eines Katechismus mit vielen
Referenzen zu den Sutten.
3. Dhtukath "Rede ber die Elemente". Besprechung der
achtzehn Elemente oder Faktoren der psychophysischen
Vorgnge in Frage und Antwort. Im Wesentlichen wie
Dhammasaga und Vibhaga.
4. Puggalapaatti "Buch der Charaktere'. Beschreibung der
Individuen je nach ihren hervorstechenden Charakterzgen.
Durch die Unterscheidung knnen individuell geeignete
Belehrungen und Meditationsobjekte gegeben werden.
5. Kathvatthu "Kontroverse Punkte". Besprechungen ber
streitige Punkte der Lehre und ber die Irrlehren der im
zweiten Jahrhundert nach Buddha bestehenden 17 Sekten in
Form von Fragen und orthodoxen Antworten (im 3. Jht.
v.Chr. von Moggaliputta Tissa verfasst).
6. Yamaka "Das Buch der Paare". Abhidhamma-Fragen und
Antworten in Umkehrung und Negation zum tiefen, logi-
schen Verstndnis. Insgesamt zehn Bcher.
7. Pahna das Buch der Bedingungen oder "Bedingungs-
zusammenhnge". Erklrung der 24 Krfte, die zwischen
Ursache und Wirkung herrschen. Dies ist die groe Synthese,
in der die dhammas, die in der Dhammasanga analysiert
wurden, in Beziehung gesetzt werden und die Gesetze ihrer
Interaktion beschrieben werden.
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5
Selbstverstndnis des Abhidhamma im Verhltnis zu
Wissenschaft und Religion
Der Abhidhamma, der sich als sehr abstrakt, tiefgrndig, logisch und
wissenschaftlich darstellt, sollte nicht als nur Theorie und reine
Scholastik angesehen oder abgetan werden. Der Abhidhamma stellt
das empirische Wissen des Buddha dar, das er durch seine volle
Erleuchtung erlangt hat. Er beschreibt die ganze Bandbreite von
Erkenntnis, Einsicht und menschlicher Erfahrung mit allem und
jedem. Abhidhamma zu studieren kann mit dem Studium einer
Landkarte verglichen werden; aber die Landkarte muss genutzt
werden, man muss wirklich losgehen, fahren oder reisen um sein
Ziel zu erreichen. Der Abhidhamma alleine ist nur abstrakte Wissen-
schaft - er muss im tglichen Leben und in der Meditation ange-
wandt werden.
Abhidhamma ist zu einem gewissen Grad Religion, an die man
glauben oder der man vertrauen muss, solange man ihn nicht selbst
erfahren hat. Aber je mehr man durch die eigene Erfahrung mit
klarem, geschrftem Geist und speziell in der Vipassan-Meditation
belegen kann, desto mehr Vertrauen (saddh) wird im Geist ent-
stehen. Der Buddha selbst sprach von seiner Lehre nicht als Religion
und ermutigte und mahnte, nur das zu akzeptieren und zu glauben,
was sich praktisch als heilsam und frderlich fr die Befreiung
erweist. Die Menschen machten aus dem Dhamma eine Religion,
"Buddhismus" genannt. Der Buddhismus insbesondere der Abhi-
dhamma hat nichts mit einem Schpfergott zu tun oder einem
Gott, der fr unser Leben und Schicksal verantwortlich ist. Im
Gegenteil, der Abhidhamma erklrt Leben, Tod, Wiedergeburt,
kamma und seine Wirkung und die ganze Kausalitt und
Konditionalitt. Deshalb kann er als eine Lehre gesehen werden, die
den Tod transzendiert und seinen Nachfolgern Sinn im Leben gibt,
Richtlinien weist und Verstndnis hervorruft.
Albert Einstein wird die Aussage zugeschrieben: "Die Religion der
Zukunft wird eine kosmische Religion sein. Sie muss ber den
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persnlichen Gott hinausgehen und Dogma und Theologie meiden.
Sie sollte sich auf das Natrliche ebenso beziehen wie auf das
Spirituelle und ein religises Empfinden zur Grundlage haben,
welches aus der Erfahrung erwchst, dass alle Dinge der Natur und
des Geistes eine sinnhaltige Einheit bilden. Der Buddhismus
entspricht dieser Beschreibung. Wenn es eine Religion gibt, die dem
modernen Wissenschaftsanspruch standzuhalten vermag, dann ist
es der Buddhismus." 1
Hchstwahrscheinlich ist Einstein nicht mit dem Abhidhamma in
Kontakt gekommen, was eine wunderbare Ergnzung und Bereiche-
rung gewesen wre.
Andere Religionen mssen akzeptiert werden, weil sie Gott-gegeben
sind oder ein himmlischer Botschafter oder Prophet sie verkndet
hat und den Glauben einfordert. Dagegen sind Buddhismus und
Abhidhamma nur dann zu akzeptieren und zu praktizieren, wenn sie
durch eigenes Testen erwiesenermaen zu heilsamen Zustnden,
mehr Glck, Ruhe, Klarheit, Geistesfrieden und Freiheit fhren.2 Man
befolgt sie entsprechend seinem eigenen Level von Einsicht und
Verstndnis.
Whrend Traditionen und religise Lehren, einschlielich der
meisten Lehrreden (sutta) des Buddha, praktische Anleitungen und
Erklrungen an ganz konkrete Personen oder Personengruppen in
verschiedenen, unterschiedlichen Situationen, Kulturen und Zeit-
altern geben, die vielleicht in unserer heutigen modernen Zeit und
ihrer Problematik nicht mehr zutreffend oder geeignet sind, liefert
der Abhidhamma mit seinen letztendlichen Wirklichkeiten (dhamma)
ein vollstndiges, abstraktes Bild, so dass wir unsere eigenen
1 Zitat, das Einstein zugeschrieben wird auf Englisch:
http://www.spaceandmotion.com/Albert-Einstein-Quotes.htm, referring to Albert
Einstein, The Human Side, edited by Helen Dukas and Banesh Hoffman, Princeton
University Press, 1954; Deutsch:
http://de.wikibooks.org/wiki/Religionskritik:_Alternativen und
http://www.quotez.net/german/albert_einstein.htm 2 Essenz des bekannten Klma-Sutta, Aguttara-Nikya, A III. 66
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7
Antworten fr ein ethisches und heilsames Leben finden knnen, fr
geistige Entwicklung, um die Welt zu verstehen und die Dinge so zu
sehen, wie sie wirklich sind.
Allen anderen Religionen und gewhnlichen Philosophien liegt auf
die eine oder andere Weise die Annahme einer Seele, eines Ichs
oder eines Selbstes (atta) zugrunde und sie folgen dem Persn-
lichkeitsglauben (sakkya-dihi), der entweder mit der Ansicht ber
Ewigkeit (sassata-dihi) oder Vernichtung (uccheda-dihi) verbun-
den ist. Dagegen lehrte der Buddha Nicht-Selbst (anatta), Nicht-Ich,
Seelenlosigkeit, d.h. die Abwesenheit einer bestndigen Seele, und
Abhidhamma kann als riesiges Kompendium von anatta angesehen
werden.
Abhidhamma, der die Dinge und Phnomene gem der Erfahrung
des vollkommen erleuchteten Buddha erklrt, bedarf keines
wissenschaftlichen Beweises, frchtet aber auch die Wissenschaft
oder irgendwelche neuen Ergebnisse der Forschung nicht. Es kann
niemals einen Widerspruch geben. Der Abhidhamma ermutigt
wissenschaftliche Forschung und einige zeitgenssische Abhi-
dhamma-Gelehrte und -Praktizierende sind an verwandten Wissen-
schaften interessiert - wie Physik (insbesondere Quantenphysik, aber
auch hin bis zur Astrophysik), Neurologie, Psychologie, modernen
Arten der Psychotherapie und Forschung im Bereich von Meditation,
psychosomatischen Krankheiten, der Arbeitsweise von Gehirn, Geist
und Gedchtnis.
Authentizitt des Abhidhamma und Legende
Rund um den Abhidhamma, dessen Ursprung und Verkndung, gibt
es zwei bemerkenswerte Aussagen oder Legenden in der
Theravda-Tradition.
In der Einleitung des 'Atthaslin'3, der 'Darlegung der Bedeutung'
[8], heit es, dass der Buddha in der vierten Woche nach seiner 3 The Expositor, der Kommentar zur Dhammasaga, dem ersten Buch des
Abhidhamma
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8
Erleuchtung im 'Juwelen-Haus'4 im Nord-Westen sa und den
Abhidhamma kontemplierte. Weiter: "Und whrend er die Inhalte
der 'Dhammasaga' kontemplierte, sandte sein Krper keine
Strahlen aus; und genauso bei der Kontemplation der weiteren fnf
Bcher. Aber als er zum 'Groen Buch'5 kam und begann, die 24
universellen Bedingungszusammenhnge der Voraussetzung, Ein-
ordnung usw. zu kontemplieren, fand seine Allwissenheit darin ihren
Ausdruck. Denn wie der groe Fisch Timiratipigala nur im groen
Ozean mit 84.000 Yojanas Tiefe Platz findet, so findet seine
Allwissenheit nur im Groen Buch Raum. Strahlen von sechserlei
Farben - indigo, gold, rot, wei, hellbraun (orange) und schillernd -
gingen vom Krper des Lehrers aus, als er den subtilen und
tiefgrndigen Dhamma mit seiner Allwissenheit kontemplierte, die
solch einen Ausdruck gefunden hatte (...)"
Auch die viel spter6 entworfene buddhistische Flagge enthlt diese
Farben.
Nach dieser Aussage wre der Abhidhamma das erste der Piakas,
das entstand, auch wenn er erst etwas spter gelehrt wurde (siehe
unten), von der schriftlichen Fixierung ganz zu schweigen.
4 Vom 'Juwelen-Haus' wird gesagt, es sei der Ort, an dem die sieben Bcher des
Abhidhamma kontempliert worden sind.
5 Mahppakaraa = Pahna (7. Abhidhamma-Buch) 6 Die Internationale Buddhistische Flagge wurde am Vesakh-Tag des Jahres 1885
erstmals in Colombo verwendet. Entworfen wurde sie von buddhistischen Aktivisten
des Colombo Committee unter Beratung von Olcott und sollte als ein Symbol fr
die Wiederbelebung des Buddhismus in Ceylon (Sri Lanka) dienen. Heute ist die
Flagge weltweit unter Buddhisten anerkannt, wobei es spezifische Formen gibt, wie
die burmesische, die statt der orangen Farbe Rosa als fnfte Farbe verwendet. Als
Inspiration dienten die sechs Farben, in denen die Aura des Buddha erstrahlte,
nachdem dieser die Erleuchtung erlangt hatte. - Quelle (gekrzt):
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Buddhistische_Flagge
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Die Lehrreden des Sutta-Piaka entstanden in den 45 Jahren des
Lebens nach der Erleuchtung des Buddha durch konkrete Situati-
onen, in denen er lehrte, wobei sich naturgem viele seiner
Belehrungen wiederholten bzw. hnelten.
Das Vinaya-Piaka entstand erst sukzessive beginnend nach 20
Jahren, als auch Nicht-Arahats und Nicht-Ariyas in den Orden
aufgenommen wurden und dem Sagha angehrten. Durch deren
konkrete Verfehlungen erlie der Buddha die Regeln des Vinaya
nach und nach bis zu seinem Lebensende.
Dann gibt es die Geschichte oder Legende, dass der Abhidhamma
vom Buddha zum ersten mal im siebten Jahr nach seiner Erleuch-
tung drei Monate lang den Gottheiten im Tvatis- Himmel
gelehrt wurde, wo auch seine verstorbene Mutter wiedergeboren
war und weilte. Der Ehrwrdige Sriputta, einer der Hauptschler
und nach dem Buddha der zweite an Weisheit, hatte tglich eine
kurze Zusammenfassung dieser Abhidhamma-Lehren vom Buddha
selbst erhalten, als dieser sich nach seinem tglichen Almosenessen
noch fr eine Weile in der Menschenwelt bei Sriputta aufhielt.
Danach formulierte und arrangierte Sriputta das, was wir heute
Abhidhamma nennen, und lehrte es an eine ausgewhlte Gruppe
seiner Mnchs-Schler, die fhig waren es zu begreifen. Sriputta
knnte also der wahre Autor gewesen sein, was zu dem Bild passt,
was wir aus den Sutten von ihm haben: Eine uerst analytische
Person mit klarem, scharfem Geist, die Exaktheit und Systematik
liebt. Sriputtas hervorragendes Wissen und seine Art der Erklrung
war vom Buddha selbst immer wieder gepriesen worden.
Neuzeitliche Buddhologen, Linguisten und Historiker behaupten,
dass der Abhidhamma ein spteres Werk sei. Traditionelle
Buddhisten widersprechen dem und halten dagegen, dass
zumindest die Kernlehre des Abhidhamma direkt auf den Buddha
selbst zurckzufhren sei und sptere Umorganisation und Umfor-
mulierungen, die in den Bchern zu finden sind, von unter-
geordneter Bedeutung seien. Alle sechs Buddhistischen Konzile
haben das Abhidhamma-Piaka berprft, akzeptiert und als
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authentisch und korrekt besttigt7. Eine Ausnahme drfte das fnfte
Abhidhamma-Buch, das Kathvatthu, sein, das erst im dritten Konzil
unter Kaiser Asoka im Jahr 246 v.Chr. in das Piaka aufgenommen
wurde. Aber selbst hier sagt die orthodoxe Tradition, dass der
Buddha die Irrlehren und kontroversen Lehrpunkte der zuknftigen
Hinayna- und Mahyna-Schulen bereits vorausgesehen und somit
schon vorab gelehrt habe. [3]
Darberhinaus ist der Abhidhamma mit dem Suttanta konsistent
und widerspricht ihm nicht, sondern systematisiert und erklrt die
vielfltigen, aber oft nur kurz angerissenen Inhalte der Sutten in
groem Detail.
Und zu guter Letzt erhlt der Abhidhamma seine natrliche
Autoritt durch Generationen von Meditierenden, die ihn aus
eigener Erfahrung besttigen und als wahr beweisen. Erfahrene
Vipassan8-Meditierende mit geschrter Konzentration sind bis
heute fhig, Geist und Krper bzw. Materie allgemein selbst zu
analysieren und intuitive Einsichten in ihre Natur zu erlangen. Sie
erkennen und "sehen" die flchtigen physikalischen und psychi-
schen Phnomene, wie sie in Gruppen auftreten, entstehen und
vergehen, und knnen selbst zumindest Teile derer Zusammen-
hnge und Bedingtheiten erkennen und beobachten, eine
Besttigung dessen, was der Buddha selbst realisiert und im
Abhidhamma und Pahna niedergelegt hat. Dies geschieht auf den
ersten beiden Erkenntnis-Stufen (Vipassan-a) von nmarpa-
pariccheda-a und paccaya-parigaha-a, der unterscheidenden
Erkenntnis von Geist und Materie sowie der Erkenntnis von den
Ursachen und Bedingungen fr das Entstehen und Vergehen von
Geist (nma) und Materie (rpa).
7 Das erste buddhistische Konzil wurde drei Monate nach dem Tod des Buddha
einberufen und nur voll Erleuchtete (Arahats) durften teilnehmen. Das letzte Konzil
wurde 1954-56 in Rangoon, Myanmar, abgehalten, zu dem eine groe Anzahl bud-
dhistischer Gelehrter verschiedener Lnder eingeladen war und teilgenommen hat.
8 Einsichts-Meditation oder auch Klarblicks- oder Erkenntnis-Meditation.
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Ethische Prinzipien
Ethisches Verhalten, Moral und Sittlichkeit sind die Basis und
Grundlage des Abhidhamma. Ohne einen ethischen Lebensstil als
Grundlage ist kein Einsichtswissen, keine Erlangung oder Realisation
mglich.
Im Abhidhamma werden alle Phnomene (dhamma) nach ihren
ethischen Qualitten klassifiziert, die zustzlich kammisch heilsam
sein, d.h. in die richtige Richtung fhren mssen, nmlich zu
Befreiung. Das traditionelle Klassifikationssystem des Bewusstseins
(citta) unterscheidet deshalb zwischen heilsam (kusala), unheilsam
(akusala) und sonstigen (abykata) Arten, d.h. resultierendem
(vipka) oder rein funktionalem (kiriya) Bewusstsein. Die Geistes-
faktoren (cetasika) werden nach heilsam bzw. schn (sobhana),
unheilsam und kammisch variabel bzw. neutral unterschieden.
Abhidhamma betont immer ihre Unterschiede, ihren Ursprung und
ihre Auswirkung.
Ohne unethische Menschen oder Verhaltensweisen zu tadeln, ohne
"Dos und Don'ts", lehrt der Abhidhamma nur die abstrakten Fakten
dieser heilsamen und unheilsamen krperlichen, sprachlichen und
geistigen Handlungen. Jeder muss selbst entscheiden, welchem Pfad
man folgt, dem ethischen oder unethischen, aber man sollte die
Konsequenzen kennen nicht nur fr andere, sondern vor allem fr
sich selbst. Wer den Abhidhamma wirklich versteht und durchdringt
wird seinen Geist mit Sicherheit auf das Heilsame hin trainieren und
ein ethisches Leben fhren.
Schlsselwerte des Abhidhamma
Grundlegende Werte im Buddhismus sind Ethik (sla), Konzentration
(samdhi) und Weisheit (pa), die zusammen den edlen Acht-
fachen Pfad (ariya ahagika magga) ausmachen, der zum Ende des
Leidens fhrt.
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Abhidhamma lehrt alle drei Werte systematisch und im letztend-
lichen Sinn. Als Buddhistische Psychologie analysiert der Abhi-
dhamma die verbundenen Geisteszustnde, die Bedingungen und
Umstnde, die zu ihrer Entstehung fhren, oder im Fall der Ethik, die
rechte Geisteshaltung und Motivation um sich ethisch zu verhalten.
Einige Glieder des Edlen Achtfachen Pfades, wie Konzentration und
Anstrengung, knnen sowohl heilsam als auch unheilsam sein. Der
Abhidhamma liefert Kriterien zur Unterscheidung und Bestimmung,
welche Art zu entwickeln und welche aufzugeben ist.
Der Zweck der Mhen und der Entwicklung dieser Werte ist das
letztliche Ziel der Befreiung, das Erlangen von Nibbna. Der Weg
dorthin wird als ein schrittweiser Prozess durch Vertiefung von
Einsicht und Wissen aufgezeigt, durch immer tieferes Durchdringen
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der Wirklichkeiten, d.h. der Erfahrungen, und ihr Durchschauen und
Verstehen als unbestndig (anicca), als leidvoll bzw. unzulnglich
(dukkha), und als Nicht-Selbst und unkontrollierbar (anatta). Der
Abhidhamma zielt besonders auf das Verstndnis von anatta ab.
Abhidhamma und einige wichtige Konzepte
Natur/Welt
Abhidhamma vertritt eine realistische Ansicht. Die Welt besteht aus
belebten und unbelebten Dingen. Nach dem Abhidhamma sind
unbelebte Dinge, so wie Berge, Steine, Bume, Tische oder Autos,
nur aus Materie aufgebaut, und zwar aus verschiedenen materiellen
Qualitten oder physikalischen Phnomenen (rpa), die als Materie-
Gruppen (rpa-kalpa) auftreten. Belebte Dinge bzw. Lebewesen
bestehen aus Geist und Materie (nma-rpa). Diese verschiedenen
geistigen und physikalischen Phnomene, die die Lebewesen und
die Welt ausmachen, sowie ihre Entstehung und Beziehung zuei-
nander werden im Abhidhamma im Detail erklrt. Die Bedingungs-
zusammenhnge der Phnomene, die Naturgesetzen folgen, werden
in gegenseitiger Beziehung und Abhngigkeit in den Lebewesen
und in der ganzen Welt gesehen. Deshalb wird pfleglicher, bedach-
ter, sorgsamer Umgang mit Natur, Umwelt und Mitwesen umge-
kehrt auch zu liebevoller Frsorge fr sich selbst fhren. Die Natur
wird nicht als vollkommen angesehen, sondern gehrt wegen ihrer
Eigenart von Unbestndigkeit (anicca), Unzulnglichkeit (dukkha)
und Nicht-Selbst (anatta) zur bedingten Welt (Sasra) und ist an
den endlosen Kreislauf von Entstehen und Vergehen, von Geburt
und Tod gebunden.
Menschliches Wesen
Ein menschliches Wesen unterscheidet sich von anderen Wesen
hauptschlich durch sein Wiedergeburts-Bewusstsein (paisandhi
citta), das ein direktes Produkt seines frheren heilsamen kamma ist.
Der Abhidhamma beschreibt 31 Existenzebenen in der Welt bzw. im
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Universum; nur eine davon ist die der Menschen und nur zwei
davon, die Menschenwelt und das Tierreich, knnen wir wahr-
nehmen. Das erzeugende (janaka) kamma entscheidet wo und als
welche Art von Lebewesen wir wiedergeboren werden. Es heit, als
Mensch habe man die besten Voraussetzungen zur geistigen
Entwicklung und Befreiung, da es viel Entscheidungsfreiheit gibt.
Und auf dieser Ebene knnen verschiedene Arten von kamma reifen
und ihre Wirkungen hervorbringen. Meist erfahren Menschen in
ihrem Leben eine Mischung aus Freude und Leiden, was motivieren
kann sich anzustrengen und seinen Geist zu trainieren.
Leben und Tod
Leben oder ein Lebewesen wird im Abhidhamma durch zwei
Phnomene charakterisiert, die beide "Lebensfhigkeit" (jvitindriya)
genannt werden. [4, 5] Da ist einmal das physische Leben oder die
physische Vitalitt (rpa-jvita) in den materiellen Gruppen (rpa-
kalpa) von Lebewesen, die die Funktion hat, die koexistierenden
materiellen Phnomene vor dem Verrotten und Verfall zu bewahren.
Diese physische Lebensfhigkeit ist ein direktes und sofortiges
Produkt von kamma und macht den Unterschied zwischen einem
lebendigen Krper und einer leblosen Leiche aus.
Das andere Lebens-Phnomen ist geistiges oder psychisches Leben
oder geistige Vitalitt, was ein Geistesfaktor (cetasika) ist, der mit
allen Arten von Bewusstsein (citta) und verschiedenen anderen
Arten von Geistesfaktoren verbunden ist. Seine Funktion ist es,
koexistierende geistige Phnomene in derselben geistigen Einheit
fr eine bestimmte, winzige Lebensspanne zu schtzen. Die groe
Mehrheit von Wesen bestehen aus Geist und Krper und haben also
sowohl geistiges wie physisches Leben. Einige Wesen der hheren
Existenzebenen, nmlich die arpa-brahmas, bestehen nur aus Geist,
ohne Krper, haben also nur geistiges Leben. Dann gibt es in
anderen hheren Existenzebenen ein seltenes unbewusstes Wesen,
den asaasatta, der keinen Geist hat sondern nur ganz aus Materie
besteht, aber wenigstens physisches, materielles Leben hat.
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Wie kommt es, dass es all diese verschiedene Lebewesen und Arten
von Leben gibt? Sie sind alle Ergebnisse von verschiedenem und
sehr unterschiedlichem kamma, das in einem der Vorleben ausgebt
worden ist. Die hheren Ebenen und Lebensformen ohne Krper,
d.h. nur mit Geist, oder ohne Geist, d.h. nur mit Krper, werden
durch intensive Konzentrations-Meditation (samatha-bhvan)
erlangt, durch die Meisterschaft ber die verschiedenen meditativen
Vertiefungen (jhna) und durch spezielle Wunschziele und
Aspirationen.
Fr die Geburt oder eigentlich die Zeugung bzw. Empfngnis
eines menschlichen Wesens mssen drei Dinge zusammentreffen:
Mutter und Vater, d.h. Eizelle und Sperma mssen vorhanden sein
und als Hauptfaktor ein kammischer Impuls eines gerade
verstorbenen Wesens.
Der Tod eines Lebewesens hat wiederum mit kamma zu tun. Der
Tod, das bedeutet das Abschneiden eines individuellen Lebens-
stroms eines Wesens, kann nach dem Abhidhamma aufgrund von
vier Ursachen stattfinden:
1. Ende der Lebensspanne (unterschiedlich fr verschiedene
Spezies und Epochen)
2. Ende der kammischen Energie des Leben-erzeugenden
kamma
3. Fall 1 und 2 zusammen
4. Ein destruktives kamma, das dazwischenkommt und die
Energie des Leben-erzeugenden kamma abschneidet.
Ein Tod nach den Fllen eins bis drei wird zeitgerechter Tod
genannt, whrend Fall vier ein vorzeitiger Tod genannt wird, der
bereits in jungem Alter durch einen tdlichen Unfall oder eine
lebensbedrohliche Krankheit geschehen kann.
Der Abhidhamma gibt exakte Erklrungen zur Arbeitsweise von
kamma und zum geistigen Sterbe- und Wiedergeburtsprozess.
Kamma, das direkt vor dem Tod ausgebt oder erinnert worden ist,
hat eine groe Wahrscheinlichkeit das nchste Leben hervorzu-
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bringen. Auf diese Weise beweist Abhidhamma sogar den Nutzen
moderner Hospizarbeit und liefert Leitlinien fr Sterbebegleiter.
Wirklichkeit
Abhidhamma ist eine Wissenschaft der Wirklichkeit oder besser
gesagt der "Wirklichkeiten". Zuerst gibt es die Unterscheidung in
konventionelle und letztendliche Wirklichkeit oder Wahrheit. Kon-
ventionelle Wirklichkeit ist Konvention, d.h. angelernt, anerzogen,
abhngig von Kultur, Sprache, Volk, Zeitepoche, Mode, usw. Im
Alltag haben wir es i.A. mit Konventionen und Konzepten (paatti)
zu tun, was fr den Bereich der Ethik, liebenden Gte (mett),
Mitgefhl (karu), usw. unerlsslich ist.
Mit Abhidhamma oder "Vipassan-Augen" zu sehen, heit die letzt-
endlichen Wirklichkeiten oder ultimativen Realitten (paramattha
dhammas) [6] hinter der Fassade der Konzepte zu erkennen und
ihre Charakteristika zu durchschauen um sich von ihrer Macht zu
lsen, loszulassen und den Geist zu befreien.
Weiterhin ist die Wirklichkeit zweifach: Bedingt (sakhata) und
unbedingt (asakhata). Was es auch immer fr Erscheinungen,
Dinge, Wesen, Zustnde gibt sie sind alle bedingt. Die einzige
unbedingte Wirklichkeit ist Nibbna (Sanskrit: Nirvna).
Abhidhamma behandelt letztendliche Wirklichkeiten, bedingte wie
unbedingte. [1] Letztendliche Wirklichkeiten sind das, was wirklich
direkt mit den sechs Sinnen erfahren werden kann. Der Abhi-
dhamma unterscheidet vier Arten letztendlicher Wirklichkeiten:
1. Bewusstsein (citta)
2. Geistesfaktoren (cetasika)
3. Materie (rpa)
4. Nibbna
Diese vier Arten der Wirklichkeit werden wiederum mehrfach klassi-
fiziert. Abhidhamma fhrt 170 (oder 202, wenn Bewusstsein in 121
Arten eingeteilt wird) verschiedene Wirklichkeiten an.
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Diese letztendlichen Wirklichkeiten sind in dem Sinn letztendlich,
dass ihre Eigenschaften, ihre Charakteristika, sich nicht ndern, wann
immer sie gerade prsent sind, und es bedeutet nicht, dass sie selbst
bestndig wren. Zum Beispiel sind wir nicht immer rgerlich, d.h.
rger ist nicht bestndig mit uns, aber wann immer rger auftritt,
zeigt er sich mit denselben, typischen und charakteristischen Kenn-
zeichen. Oder: Wir berhren nicht stndig heie Gegenstnde, aber
wenn wir dies tun, ist die Erfahrung der Hitze ganz eindeutig und
intuitiv. Jede letztendliche Wirklichkeit hat ihre eigene spezifische,
individuelle Charakteristik, uerung und Funktion. Deshalb ist jede
Wirklichkeit im Abhidhamma exakt definiert und kann in der eige-
nen Praxis mit einem scharfen, gut trainierten Geist klar unter-
schieden werden.
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Universelle Charakteristika aller letztendlichen, bedingten Wirklich-
keiten sind:
Unbestndigkeit (anicca),
Unzulnglichkeit oder inhrentes Leiden (dukkha),
und Nicht-Selbst (anatta).
Im Gegensatz dazu hat Nibbna, die einzige unbedingte Wirklich-
keit, die Charakteristika von Bestndigkeit und von Befriedigung,
Vollkommenheit, Leidlosigkeit oder Glck (sukha). Dennoch hat
Nibbna wie die bedingten Phnomene auch die Charakteristik von
Nicht-Selbst (anatta).
Wissen / Weisheit
Im Abhidhamma werden verschiedene Arten von Wissen unter-
schieden [4, 5]: Das Wissen durch eigenes Nachdenken (cinta may
a), Buch-Wissen oder Wissen durch Hren (anubodha-a oder
suta may a) und direktes Wissen durch eigene, intuitive und
durchdringende Einsicht (paiveda a oder bhvan may a),
wobei das letztere das wichtigste und wirklich transformierende
Wissen ist, zu dem auch die Einsichtswissen (Vipassan as) geh-
ren. Die Meditierenden mssen durch diese Einsichtsstufen gehen
um Nibbna zu erlangen.
Nur dem Buddha selbst wird Allwissenheit (sabbat-a) zuge-
schrieben.
Wissen (a) oder Weisheit (pa) ist einer der "schnen"
Geistesfaktoren (sobhana cetasikas), der sich nur mit heilsamen und
schnen, edlen Arten von Bewusstsein verbinden kann. Er sollte auf
jeden Fall entwickelt werden und in allen Handlungen einbezogen
sein. Wenn Wissen im Geist mit dabei ist, dann wird die kammische
Qualitt einer heilsamen Handlung strker und besser. Weiterhin
lernen wir im Abhidhamma, dass nur Menschen mit einem kam-
misch erworbenen Wiedergeburtsbewusstsein, das mit Wissen ver-
bunden ist, meditative Vertiefungen (jhna) und Nibbna, d.h. Pfad-
und Frucht-Bewusstsein (magga- und phala-citta) erlangen knnen.
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19
Wahrheit
Wahrheit (sacca) wird oft im selben Sinn wie Wirklichkeit gebraucht.
So werden konventionelle und letztendliche Wahrheit unter-
schieden. Dem Dhamma werden die Attribute wahr oder gut gelehrt
(svkkhta) und zeitlos (akalika) zugeschrieben, d.h. er ist eine
Lehre, die der Wahrheit entspricht und immer gltige, wahre
Antworten auf Fragen bezglich Leiden, seinen Ursprung und sein
Ende gibt, und eine Lehre, die die Lsung existenzieller Probleme
der Vergangenheit wie auch heute beschreibt.
ber Wahrheit im Buddhismus zu sprechen, beinhaltet auch ber
die Vier Edlen Wahrheiten zu sprechen, dem Kern der Lehre des
Buddha. Diese werden in der Lehre vom bedingten Entstehen
(Paiccasamuppda) in grerer Genauigkeit erklrt, die auch im
Abhidhamma klar dargelegt ist. [3, 4, 5, 9]
-
20
Die erste edle Wahrheit vom Leiden ist im zweiten und vierten
Quadranten des Kreises zu finden. Im vierten Quadranten sind die
Phnomene enthalten, die wir konventionell Geburt, Altern, Tod,
Sorge, Klage, Schmerz, Leiden und Verzweiflung nennen. In Be-
griffen der letztendlichen Wahrheit sind dies Phnomene wie
resultierendes Bewusstsein (vipka-citta, hier via genannt),
Geist und Materie (nma-rpa), Sinnesgrundlagen (sayatana),
Kontakt (phassa) und Gefhl (vedan), die kammische Wirkungen
(vipka) sind, mit denen wir konfrontiert werden.
Die zweite edle Wahrheit vom Ursprung des Leidens ist im ersten
und dritten Quadranten zu finden: Unwissenheit oder Ignoranz
(avijj) und kammisches Potential bzw. Kammaformationen (sakh-
r) werden als vergangene Ursachen fr Leiden genannt; Durst oder
Begehren (tah), Anhaftung (upadna) und der aktive, kammische
Prozess des Werdens (kamma-bhava) sind gegenwrtige Ursachen
fr knftiges Leiden. Allerdings haben in Wirklichkeit all diese
Faktoren in der Vergangenheit gearbeitet, arbeiten in der
Gegenwart und werden als Naturgesetz in der Zukunft arbeiten,
solange wir den Ausstieg noch nicht gefunden und bentzt haben.
Auf diese Weise erklrt der Paiccasamuppda den endlosen
Kreislauf von Ursache und Wirkung des Leidens (Sasra).
Zusammenfassend kann gesagt werden: Kamma erzeugt seine
Wirkungen (vipka) mit Hilfe der geistigen Verunreinigungen oder
Geistesbefleckungen (kilesa), wie Unwissenheit und Begehren.
kamma vipka
Der Weg zum Ende des Leidens, d.h. schmerzhafte, unangenehme
und unerwnschte Resultate zu beenden, ist nicht aufzuhren zu
handeln, d.h. kein kamma mehr zu machen, sondern die Geistes-
befleckungen (kilesa) auszumerzen, d.h. den Geist von seinen Ver-
schmutzungen zu reinigen.
kilesa
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21
Dieses Ende des Leidens oder der Stillstand des Kreislaufs von
Sasra ist Nibbna die dritte edle Wahrheit. Und der Weg um
dies praktisch zu erreichen ist der edle achtfache Pfad, der die vierte
edle Wahrheit ausmacht. Dies sind grundlegende Wahrheiten in
bereinstimmung mit Naturgesetzen.
Wahrnehmung
Wahrnehmung (sa) ist nach dem Abhidhamma [4, 5, 6, 9] ein
universeller Geistesfaktor (cetasika), d.h. verbindet sich mit allen
Arten von Bewusstsein. Es ist die Bewusstheit der markanten,
unterscheidenden Kennzeichen eines Objekts. Wenn man durch
wiederholte Wahrnehmung eines Objekts diese Kennzeichen
wiedererkennt, funktioniert sa als Gedchtnis. Manchmal kann
uns sa allerdings in die Irre fhren, wenn es ein neues, hnliches
Objekt mit den erinnerten Kennzeichen eines frheren Objekts
vergleicht.
Der Begriff Wahrnehmung wird manchmal auch fr die ganze
geistige Einheit einschlielich Bewusstsein benutzt. Trotzdem kann
ein Objekt aber noch nicht in einem einzigen Geistesmoment der
Sinneswahrnehmung voll wahrgenommen werden, der durch das
-
22
Sinnesorgan und sein entsprechendes Objekt bedingt ist. Abhi-
dhamma-Kommentare [4, 5, 7] erklren, dass mindestens vier
Geistesprozesse (vthis) ntig sind um das Objekt zu erkennen und
benennen zu knnen, das nur im ersten Prozess z.B. gesehen wurde.
Jeder Geistesprozess besteht aus 17 bzw. 12 Geistes- oder Bewusst-
seinsmomenten, die einander in festem, logisch verstehbaren Ablauf
folgen, der sich aus den Bedingungszusammenhngen ergibt, die im
Pahna des Abhidhamma gelehrt werden.
Gewhnlich sagen und denken wir: "Ich nehme war" oder "mein
Selbst nimmt dieses oder jenes wahr". Doch nach dem Abhidhamma
laufen nur bloe Prozesse ab, die durch bestimmte Umstnde
bedingt sind. Es gibt keinen Wahrnehmenden, keinen Beobachter,
keinen Schpfer, keine Seele oder kein Selbst dahinter. Es sind nur
unpersnliche Prozesse leer von einem Ich oder Selbst.
Zeit
Zeit ist ein Konzept, das nach dem Abhidhamma relativ ist und
abgeleitet ist von Vernderung, Unbestndigkeit und Bewegung in
Phnomenen. "Chronologische Zeit (kla), in Referenz zu diesem
oder jenem Ereignis so bezeichnet, ist ein rein konventioneller
Ausdruck... Da sie keine Existenz in sich selbst hat, muss man sie als
bloes Konzept verstehen."9
Albert Einstein sagt es knapp und prgnant: "Zeit ist, was man von
der Uhr abliest."10 Die Zeitmessung ist nur durch die Bewegung der
Zeiger relativ zum Zifferblatt mglich oder durch das Kennzeichnen
von Ereignissen oder bestimmten Stadien der Vernderung: Geburt
und Tod; Sonnenaufgang und -untergang; Erscheinen eines Phno-
mens und sein Verschwinden. Die krzeste Zeitdauer, die nach dem
Abhidhamma definiert werden kann, ist die Dauer einer der drei
9 Atthaslin, 58-59, Kommentar von Buddhaghosa zur Dhammasaga, dem ersten
der sieben Abhidhamma-Bcher
10 Zitat, das Albert Einstein zugeschrieben wird: : "Time is what one reads from the
clock."
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23
Submomente von Bewusstsein: (1.) das Aufsteigen oder der Entsteh-
ungs-Submoment, (2.) das Stehen oder der Existenz-Submoment,
und (3.) das Fallen oder der Vergehens-Submoment. Alle drei
zusammen bilden einen Geistmoment bzw. die Lebensdauer von
Bewusstsein. Die Lebensdauer von Materie ist 17 mal lnger als die
des Geistes.
Im Abhidhamma und seinen Kommentaren werden fr materielle
und geistige Phnomene bzw. die fnf Daseinsgruppen (khandh)
Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart przise nach vier Gesichts-
punkten definiert: Zeitraum, Zeitspanne oder Lebenszeit (addh),
Kontinuitt eines Prozesses (santati), Gelegenheit (samaya) und
Moment bzw. Bewusstseinsaugenblick (khaa).11 [9]
Bezogen auf die unbedingte Realitt Nibbna verliert das Konzept
der Zeit seine Bedeutung und kann nicht angewandt werden.
Bewusstsein
Bewusstsein (citta) ist eine der vier letztendlichen Wirklichkeiten im
Abhidhamma. [1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9] Es ist das, was sich eines Objekts
bewusst ist oder das Objekt erkennt. Bewusstsein hat immer ein
Objekt, das kann ein gegenwrtiges Sinnesobjekt sein oder ein
geistiges Objekt, wie ein Gedanke oder eine Erinnerung.
Das ganze Leben hindurch gibt es Bewusstsein, ein Bewusstsein
nach dem anderen, ohne Lcke, aber immer nur ein Bewusstsein zu
einer Zeit. Sogar wenn jemand "bewusstlos" ist, in Ohnmacht ge-
fallen oder im Koma liegt, ist eine subtile, passive Art von Bewusst-
sein (bhavaga) vorhanden. Deshalb spricht man auch von einem
"Bewusstseinsstrom", der entsprechend seiner Bedingungen kon-
tinuierlich von der Geburt bis zum Tod und im nchsten Leben
weiterfliet (citta santna). Dieser fortlaufende Strom wird nur in der
endgltigen Verwirklichung von Nibbna versiegen. Dieser individu-
11 Der Weg zur Reinheit (Visuddhimagga), XIV, 472/473 in der bersetzung von
Nyanatiloka
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24
elle Bewusstseinsstrom folgt wie ein Naturgesetz einer fest definier-
ten Sequenz (citta niyma), die im Pahna des Abhidhamma her-
geleitet und gelehrt wird.
Bewusstsein entsteht nicht allein, sondern immer mit mindestens
sieben Geistesfaktoren (cetasika) zusammen, die zusammen den
Geist (nma) bilden. Bewusstsein wird mit sauberem, klaren Wasser
verglichen, das nicht gesehen werden kann. Nur durch zugefgte
Farben oder Schmutz wird das Wasser sichtbar. Genauso kann
Bewusstsein nur durch seine "Farben" wahrgenommen werden die
Geistesfaktoren (cetasika) die gleichzeitig entstehen, dasselbe
Objekt und dieselbe Sinnesgrundlage, aber unterschiedliche
Merkmale und Funktionen haben.
Entsprechend den sechs Sinnen als Grundlagen lassen sich sechs
Arten von Bewusstsein unterscheiden:
1. Seh-Bewusstsein oder Augen-Bewusstsein (cakkhu-via)
2. Hr-Bewusstsein oder Ohren-Bewusstsein (sota-via)
3. Riech-Bewusstsein oder Nasen-Bewusstsein
(ghna-via)
4. Schmeck-Bewusstsein oder Zungen-Bewusstsein
(jivh-via)
5. Tast-Bewusstsein oder Krper-Bewusstsein (kya-via)
6. Geist-Bewusstsein (mano-via)
Diese sind wesentlich durch das Sinnesorgan (die Sinnesgrundlage)
und durch das entsprechende Objekt bedingt, wenn beide in
Kontakt miteinander kommen.
Im Abhidhamma sind 89 Arten von Bewusstsein bekannt bzw. nach
einer anderen Klassifikation nmlich wenn bei Samatha-Vipassan-
Meditation im berweltlichen Bereich auch nach den jhnas
differenziert wird 121 Arten. [1]
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25
Bewusstsein wird nach der Ebene, Sphre, Welt oder dem Bereich, in
dem es hauptschlich vorkommt, in vier Gruppen klassifiziert: [7]
1. Bewusstsein der Sinnessphre
2. Feinstoffliches Bewusstsein
3. Immaterielles Bewusstsein
4. berweltliches Bewusstsein
Bewusstsein wird auch nach seiner Natur in vier Klassen eingeteilt:
1. Unheilsames Bewusstsein
2. Heilsames Bewusstsein
3. Resultierendes Bewusstsein
4. Funktionales Bewusstsein
Weiterhin wird Bewusstsein innerhalb dieser Klassen oft nach
Wurzeln, Gefhl, Assoziation und Ermutigung klassifiziert.
Bereich der Absorptionen (jhna)
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26
Bewusstsein entsteht und vergeht in einer Person in riesig schneller
Folge, mehr als 1.000 Billionen mal in einem Augenblinzeln. In
anderen Worten ist die Lebensspanne eines Bewusstseins krzer als
Eintausend-Billionstel einer Sekunde. [7]
Die Dauer von Bewusstsein wird mit drei kurzen Augenblicken oder
Submomenten gemessen, die unterschiedliche Phasen charakteri-
sieren:
1. Entstehungs-Submoment
2. Prsenz- oder Existenz-Submoment
3. Auflsungs-Submoment
75 Arten von Bewusstsein haben die Fhigkeit in ihrem Entstehungs-
moment Materie zu erzeugen (rpa). Wenn dies viele male wieder-
holt wird, kann sich unser Krper bewegen, er kann kommunizieren,
sich verndern oder sogar an psychosomatischen Krankheiten
leiden.
Rationalitt/Vernunft
Rationalitt wird im Abhidhamma hoch geschtzt, denn Abhi-
dhamma selbst ist sehr logisch, vernunftgem und rational. Wenn
die Definitionen der Phnomene erst einmal vollkommen ver-
standen sind was nicht einfach ist, da es fr einige Pi-Begriffe
einfach keine passende und exakte bersetzung ins Deutsche,
Englische oder eine andere westliche Sprache gibt, die die korrekte
und volle Bedeutung wiedergibt knnen Struktur und das ganze,
uerst logische System rein intellektuell verstanden werden.
Jedoch ist das nicht die Absicht des Abhidhamma. Abhidhamma ist
aus der Erfahrung entwickelt und will die Menschen durch
Erfahrungen und Einsichten bis letztlich zur Befreiung fhren.
Abhidhamma hat keinen Eigenzweck, sondern sollte zur Praxis und
Anwendung inspirieren.
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27
Mystik
Im Abhidhamma wird alles im Detail und offen dargelegt. Sogar das
letztliche Ziel, Nibbna, wird gut erklrt. Kein Geheimnis bleibt brig
und kein Phnomen, das nicht definiert und erklrt werden knnte.
Meditierende ohne Abhidhamma-Hintergrund knnten die Erfah-
rung in den meditativen Vertiefungen (jhna), die ber die gewhn-
lichen Sinneserfahrungen hinausgeht, leicht als das Ziel missver-
stehen oder als mystische Erfahrung interpretieren, die sie rational
nicht erklren knnen und vielleicht als gttliche Erscheinung oder
Einheit mit Gott missinterpretieren.
Nibbna, das Ziel
Nibbna (Sanskrit: Nirvna) ist das letztliche Ziel aller Buddhisten,
aber hufig wird die Meinung geuert, dass es nicht mglich sei
Nibbna zu beschreiben und zu erklren. Natrlich kann man den
Geschmack von etwas, was man berhaupt noch nicht erfahren hat,
nicht wirklich schmecken oder sich vorstellen. Trotzdem bietet der
Abhidhamma eine Beschreibung, die intellektuell verstanden werden
kann, auch wenn man Nibbna noch nicht selbst direkt erfahren hat.
[4, 5, 6]
Nibbna bedeutet wrtlich das Ende von Begehren (vna)12. Da
Begehren die Hauptursache fr Leiden (dukkha) ist, was bereits in
den vier edlen Wahrheiten des Buddha gelehrt wird, ist das Ende
des Begehrens auch das Ende des Leidens, und das ist Nibbna. [6]
Nibbna, das Todlose, Unbedingte, ist eine letztendliche Wirklichkeit
jenseits von Unbestndigkeit und jenseits von Leiden auch von
subtilem oder latentem Leiden ohne Unzufriedenheit oder irgend
etwas Unbefriedigendem. Nibbna ist Frieden, ist totale Stille, ist
weder Kommen noch Gehen. Es gibt zwei Arten von Nibbna und
sie sollten genau auseinandergehalten werden. Nibbna bedeutet 12 Andere Herleitungen: Verlschen, Verwehen, Ausblasen, Abkhlen, zur Ruhe
Kommen.
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28
Erlschen, Dahinschwinden, Abklingen. Die Art von Nibbna, die der
Buddha in seiner Erleuchtung verwirklicht hat, ist Kilesa-Nibbna,
das irreversible Verlschen der Geistesbefleckungen (kilesa). Darin
bleiben jedoch Geist und Materie erhalten und folgen ihren eigenen
Prozessen. Diese Art von Verlschen wird auch "Nibbna mit Rest"
(sa-updisesa Nibbna) genannt. In der anderen Art von Nibbna
gibt es keinen Rest, nichts Verbleibendes (an-updisesa Nibbna),
und das ist dann Khandha Nibbna, das durch das Verlschen der
fnf Daseinsgruppen (khandha), d.h. das Ende von Geist (nma) und
Materie (rpa), charakterisiert ist.
Die bekannte Aussage "Nibbna ist das hchste Glck" kann auf
verschiedene Weise erklrt werden. Whrend der Geist Nibbna zum
Objekt nimmt, erlebt man erhabenes Glcksgefhl und Frieden.
Auch nach dem Erlangen von Nibbna erfhrt die Person ein gro-
artiges Gefhl der Erleichterung und ist voller Glck, weil sie wei,
dass sie Nibbna erlangt hat, und dass es kein Leiden und keine
Wiedergeburt mehr geben kann. Dennoch hat die erleuchtete
Person noch Krper und Geist, die sie unterdrcken, die Probleme
machen und naturgem dem Verfall unterworfen sind. Nur das
Ende von Krper und Geist auch den guten, glcklichen Zustnden
und Emotionen bringt vollkommene Stille und Frieden; dies ist
dann wirklich das allerhchste Glck.
Diesen letzten Zustand verkndet der Buddha in seinem berhmten
Ausspruch:
"Unbestndig ist ja alles Bedingte,
Seine Natur ist Entstehen und Vergehen,
Geboren, verfllt es.
Seine Stillung ist wahres Glck."13
13 Anicc vata sakhr, uppda vaya dhammino, uppajjitv nirujjhanti, tesam
vpasamo sukho. Dghanikya: Lngere Sammlung, D16 und D17. (bersetzung
Agganyani)
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29
PAHNA
Bedingungszusammenhnge14
Pahna gehrt zur "hheren Lehre" des Buddha, dem
Abhidhamma des Theravda Buddhismus [1]. Das Wort 'Pahna'
(Pi) setzt sich aus dem Prfix 'pa', verschiedene, und 'hna',
Ursache oder Bedingung, zusammen, also bedeutet Pahna
'verschiedene Ursachen oder Bedingungen', oder 'ein System von
Beziehungen'. Pahna wird im Englischen mit "conditional
relations" bersetzt; im Deutschen "bedingte Beziehungen" oder
"Bedingungszusammenhnge".
Kausalitt oder Konditionalitt spielt im Buddhismus eine wichtige
Rolle. Bereits in seiner ersten Predigt lehrte der Buddha Ursache und
Wirkung, die erste edle Wahrheit, Leiden (dukkha), als Resultat, und
die zweite edle Wahrheit, Begehren (tah), als die Ursache fr
Leiden. Dann wird in seiner Lehre vom abhngigen Entstehen
(paiccasamuppda) die Bedingtheit im Kreislauf der Wiederge-
burten (sasra) mit 12 Faktoren erklrt, die selbst bedingt sind und
wiederum den nchsten Faktor bedingen. Aber Pahna behandelt
die Konditionalitt vollstndig, exakt und auf tiefst mgliche Art und
Weise.
14 Dies sind die leichtverstndlicheren Auszge aus dem gleichnamigen Artikel, der
zum Download unter http://www.abhidhamma.de/Patthana_de.pdf zur Verfgung
steht. Er ist ebenfalls eine (freie) deutsche bersetzung des Beitrags "Conditional
Relations - Pahna" fr Springers "Encyclopedia of Scienes and Religions".
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30
Pahna ist im siebten Buch des Abhidhamma Piaka [1, 3, 10]
niedergeschrieben, dem dritten Teil des Pli-Kanon oder Dreikorbs,
"Tipiaka. Grundlegende Abhidhamma-Kenntnisse sind ntig um
sich mit Pahna befassen zu knnen.
Dieses letzte, riesige Buch des Abhidhamma ist mit Sicherheit das
tiefstgehendste, subtilste und am schwersten verstndliche Buch der
sieben. Deshalb nicht nur wegen seines Umfangs wird es auch
"das groe Buch" (mahppakaraa) genannt, oder "ein vollstndiges
Buch mit unendlichen Methoden" (anantanaya samanta pahna).
Whrend die vorhergehenden sechs Abhidhamma-Bcher die letzt-
endlichen Wirklichkeiten (paramattha dhamm)15, d.h. unsere direk-
ten Erfahrungen, in allen Einzelheiten und nach verschiedenen
Aspekten analysieren, bringt sie Pahna wieder in Zusammenhang
und beschreibt die Ursachen oder Bedingungen, die Wirkungen und
die bedingenden Krfte. Insgesamt werden 24 bedingende Krfte
oder Bedingungszusammenhnge gelehrt, die meist nur kurz
Beziehungen oder Bedingungen (paccaya) genannt werden. In
Begriffen der letztendlichen Wirklichkeit ist Pahna die Wissen-
schaft der Zusammenhnge von Bedingendem (paccaya-dhamm),
Bedingtem (paccayuppanna-dhamm) und der bedingenden Krfte
(paccayasatti), die die Macht haben, aus der Ursache die Wirkung
hervorzubringen, sei es durch ihre spezifische Funktion von Erzeu-
gung (janaka), Untersttzung (upatthambhaka) oder Erhalt (anu-
plana).
Letz
ten
dlich
e
Wir
klich
keit
en
(p
ara
matt
ha d
ham
mas)
Ursache oder bedingendes
Phnomen (paccaya)
Wirkung oder bedingtes
Phnomen (paccayuppanna)
1. Bewusstsein (citta) 1. Bewusstsein (citta)
2. Geistesfaktoren (cetasika) 2. Geistesfaktoren (cetasika)
3. Materie (rpa) 3. Materie (rpa)
4. Nibbna
5. Konzepte (paatti)
15 Die letztendlichen Wirklichkeiten sind nach dem Abhidhamma: Bewusstsein (citta),
Geistesfaktoren (cetasika), Materie (rpa) und Nibbna.
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31
Im Text heit es zum Beispiel: "Das sichtbare Objekt steht mit dem
Seh-Bewusstseins und den mit ihm verbundenen Phnomenen durch
die Kraft der Objekt-Bedingung in Zusammenhang."16 Hier bezieht
sich das sichtbare Objekt (rpyatana) auf die eigentliche Ursache,
d.h. das bedingende Phnomen, und das Seh-Bewusstsein (cakkhu-
via) und seine Geistesfaktoren (cetasika) beziehen sich auf die
tatschlichen Wirkungen, d.h. die bedingten Phnomene. Die Kraft
der Objekt-Bedingung (rammaa paccaya) jedoch ist es, die als
bedingende Kraft aus der Ursache ihre Wirkungen erzeugt bzw.
diese untersttzt. Aber das vollstndige Bild, warum Seh-Bewusst-
sein und seine Geistesfaktoren entstehen, ist viel komplizierter und
beinhaltet auch andere Bedingungen des Vorher-Entstehens, der
Gegenwrtigkeit, des Nicht-Geschwundenseins und der Verbindung.
Es ist ein wahres riesiges, mehr-dimensionales Netzwerk von
Ursachen und Wirkungen, von Bedingungen und Resultaten, das
Pahna Schritt fr Schritt in seinen Werken erklrt17.
Das komplexe System von Zusammenhngen ist kompliziert, aber
sehr logisch und einsichtig. Das ganze Universum kann damit erklrt
werden. Aber wie immer in den Lehren des Buddha liegt der
Schwerpunkt auf den Menschen und deren Befreiung vom Leiden
(dukkha) und vom Kreislauf der Wiedergeburten (sasra).
Pahna ist der letzte, riesige Schritt zum vollstndigen Verstehen
und Durchdringen von Geist (nma) und Materie (rpa), ihrem
bedingten Entstehen, Verfall, Vergehen und ihrer Natur von Nicht-
Selbst (anatta). Man wird die Abhngigkeiten und Bedingtheiten
aller Dinge mit groer Klarheit sehen, so dass man schlielich reif
und bereit ist, sie aufzugeben und loszulassen von Verlangen,
Anhaftung und Identifikation, was der Weg zur Befreiung ist, der
16 Rpyatana cakkhuviadhtuy tasampayuttaknaca dhammna
rammaa paccayena paccayo. (Paccayaniddesa des Pahna)
17 Fnf Bnde in Pli (Caha Sagyana Ausgabe), sechs dicke Bnde in der
Burmesischen und Siamesischen Pli Ausgabe, in Englischer bersetzung zwei Bnde
von etwa 500 bis 600 Seiten, die allerdings nur einen Teil des Pahna betreffen (Pali
Text Society)
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32
Pfad, der zur Realisation von Nibbna fhrt, dem letztlichen Ziel im
Buddhismus.
U Ko Lay schreibt im 'berblick ber das Pahna-System der
Beziehungen' in seinem 'Fhrer zum Tipiaka' [10]: "Die groe Ab-
handlung des Pahna ordnet alle bedingten Dinge (22 Tikas und
100 Dukas der Mtik 18 ), unter 24 Arten von Beziehungen ein, be-
schreibt und klassifiziert sie zu einem vollstndigen System, um die
Mechanik des Universums von Dhamma zu verstehen."
18 Diese Matrizzen (mtik) werden in der Dhammasaga, dem ersten
Abhidhamma-Buch, gelehrt.
24
Bedin-
gungen
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33
Die 24 Bedingungen (paccaya) und Sub-Bedingungen
1. Hetu-paccaya Wurzel-Bedingung
2. rammaa-paccaya Objekt-Bedingung
3. Adhipati-paccaya Vorherrschafts-Bedingung
- ramma'dhipati - des Objektes
- Sahajt'dhipati - von Zusammen-Entstandenem
4. Anantara-paccaya Angrenzungs-Bedingung
5. Samanantara-paccaya Unmittelbarkeits-Bedingung
6. Sahajta-paccaya Zusammen-Entstehungs-Bedingung
7. Aamaa-paccaya Gegenseitigkeits- / Reziprok-Bedingung
8. Nissaya-paccaya Untersttzungs-, Sttz- oder
Grundlagen-Bedingung
- Sahajta-nissaya - durch Zusammen-Entstandenes
- Purejta-nissaya - durch Vorher-Entstandenes:
- Vatthu- - Grundlagen
- Vatthrammaa- - Grundlagen-Objekt
9. Upanissaya-paccaya Entscheidende Untersttzungs-
Bedingung, Anlass
- ramma'panissaya - durch das Objekt
- Anantar'panissaya - durch Angrenzung
- Pakat'panissaya - natrliche entscheid. Untersttzung
10. Purejta-paccaya Vorher-Entstehungs-Bedingung
- Vatthu-purejta - Vorher-Entstehung der Grundlage
- rammaa-purejta - Vorher-Entstehung des Objektes
11. Pacchjta-paccaya Nachher-Entstehungs-Bedingung
12. sevana-paccaya Wiederholungs-Bedingung
-
34
13. Kamma-paccaya Kamma-Bedingung
- Sahajta-kamma - Zusammen-Entstehungs-Kamma
- Nnakkhaika-kamma - Asynchrones Kamma
14. Vipka-paccaya Kamma-Wirkungs-Bedingung
15. hra-paccaya Nahrungs- oder Nhrstoff-Bedingung
- Rphra - materielle Nahrung
- Nmhra - geistige Nahrung
16. Indriya-paccaya Fhigkeits-Bedingung
- Purejta-indriya - Fhigkeit von Vorher-Entstandenem
- Jvit'indriya - Materielle Lebens-Fhigkeit
- Sahjta-indriya - Fhigk. v. Zusammen-Entstandenem
17. Jhna-paccaya Jhna-Bedingung
18. Magga-paccaya Pfad-Bedingung
19. Sampayutta-paccaya Verbindungs-Bedingung
20. Vippayutta-paccaya Nicht-Verbindungs-Bedingung
- Sahajta-vippayutta - mit Zusammen-Entstandenem
- Purejta-vippayutta - mit Vorher-Entstandenem
- Pacchjta-vippayutta - mit Nachher-Entstandenem
21. Atthi-paccaya Anwesenheits-Bedingung
- Sahajta-atthi - von Zusammen-Entstandenem
- Purejta-atthi - von Vorher-Entstandenem
- Pacchjta-atthi - von Nachher-Entstandenem
- hra-atthi - Nahrungs-Anwesenheit
- Indriya-atthi - Fhigkeits-Anwesenheit
22. Natthi-paccaya Abwesenheits-Bedingung
23. Vigata-paccaya Verschwundenseins-Bedingung
24. Avigata-paccaya Nicht-Verschwundenseins-Bedingung
-
35
Gruppenarbeit
Diese 24 Bedingungen arbeiten nicht einzeln, sondern zusammen in
Gruppen. Sie kombinieren sich in neun Gruppen (mit berlappun-
gen, d.h. einige Bedingungen haben an mehreren Gruppen teil)19:
1. Objekt (rammaa)-Gruppe: 8 Bedingungen (Objekt, Vorherr-
schaft, Untersttzung, entscheidende Untersttzung, Vorher-
Entstehung, Nicht-Verbindung, Anwesenheit, Nicht-Verschwun-
densein)20
2. Zusammen-Entstehungs (sahajta)-Gruppe: 15 Bedingungen
(Zusammen-Entstehung, Untersttzung, Anwesenheit, Nicht-
Verschwundensein immer; meist auch mehrere von Gegen-
seitigkeit, Kamma-Wirkung, Nicht-Verbindung, Verbindung;
und gelegentlich einige wie Wurzel, Vorherrschaft, Nahrung,
Kamma, Fhigkeit, Jhna oder Pfad)21
3. Angrenzungs (anantara)-Gruppe: 7 Bedingungen (Angrenzung,
Unmittelbarkeit, entscheidende Untersttzung, Wiederholung,
Kamma, Abwesenheit, Verschwunden-Sein)
4. Vorher-Entstehungs (purejta)-Gruppe: 6 Bedingungen (Vorher-
Entstehung, Untersttzung, Fhigkeit, Nicht-Verbindung, An-
wesenheit, Nicht-Verschwundensein)
5. Nachher-Entstehungs (pacchjta)-Gruppe: 4 Bedingungen
(Nachher-Entstehung, Nicht-Verbindung, Anwesenheit, Nicht-
Verschwundensein)
6. Nahrungs (hra)-Gruppe: 3 Bedingungen (Nahrung, Anwe-
senheit, Nicht-Verschwundensein)
19 Nach Dr. Nandamlbhivasa, Kapitel Pahna in Fundamental Abhidhamma
(Download: http://www.abhidhamma.com/txt_Patthana.pdf) und nach dem
Abhidhammattha Sagaha [4]
20 Genaue Erklrungen siehe Pahna Conditional Relations von Agganyani
(Download: http://www.abhidhamma.com/txt_Patthana_conditional_relations.pdf)
21 Siehe Pahna Conditional Relations, Sahajta group, von Agganyani
(Download: http://www.abhidhamma.com/txt_Patthana_Sahajata_group.pdf)
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36
7. Fhigkeits (indriya)-Gruppe: 3 Bedingungen (Fhigkeit, Anwe-
senheit, Nicht-Verschwundensein)
8. Natrlich entscheidende Untersttzungs (pakatpanissaya)-
Gruppe: 2 Bedingungen (entscheidende Untersttzung und
Kamma)
9. Kamma: 1 Bedingung (kamma)
Meist "produzieren" die bedingenden Phnomene das Resultat
nicht, sondern sind eine der verschiedenen ntigen Voraus-
setzungen fr die Wirkung, oder sie untersttzen oder beeinflussen
das Resultat nur auf die eine oder andere Art. Es ist wichtig zu
verstehen, dass die Wirkung nicht unbedingt spter als die Ursache
auftreten muss. Sie knnen gleichzeitig sein oder das Resultat kann
sogar vor der Ursache entstehen. Das Pahna erklrt im Detail wie
oder warum die Ursache ihre Wirkung bedingt, welche dhammas in
Beziehung stehen knnen oder nicht und mit welcher bedingen-
den Kraft.
Die Bedingungen (paccayas) knnen auch nach der geistigen (nma)
oder physikalischen (rpa) Natur des bedingenden und bedingten
Phnomens gruppiert werden:
1. Geist steht mit Geist in Zusammenhang durch die Krfte von 6
Bedingungen: Angrenzung, Unmittelbarkeit, Abwesenheit,
Verschwundensein, Wiederholung und Verbindung.
2. Geist steht mit Geist & Materie in Zusammenhang durch die
Krfte von 5 Bedingungen: Wurzel, Kamma, Kamma-Wirkung,
Jhna und Pfad.
3. Geist steht mit nur Materie in Zusammenhang durch die Kraft
einer Bedingung: Nachher-Entstehung.
4. Materie steht mit Materie in Zusammenhang durch die Kraft
einer Bedingung: Fhigkeit (physische Lebensfhigkeit).
5. Materie steht mit Geist in Zusammenhang durch die Kraft einer
Bedingung: Vorher-Entstehung.
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37
6. Geist, Materie, Nibbna und Konzepte (paatti) stehen mit
Geist in Zusammenhang durch die Krfte von 2 Bedingungen:
Objekt und entscheidende Untersttzung.
7. Geist & Materie stehen mit Geist & Materie in Zusammenhang
durch die Krfte von 9 Bedingungen: Vorherrschaft, Zusammen-
Entstehung, Gegenseitigkeit, Untersttzung, Nahrung, Fhig-
keit, Nicht-Verbindung, Gegenwrtigkeit und Nicht-Verschwun-
densein.
Struktur des Pahna22
Das Pahna besteht aus zwei Hauptkapiteln (vra): dem 'kurzen
Kapitel' und dem 'groen Kapitel'.
Das kurze Kapitel besteht aus zwei Abschnitten: Der "Aufzhlung der
Bedingungen" (paccayuddesa) und der "Analytischen Darlegung der
22 Nach Dr. Mehm Hla Aung Gyi: An Introduction to Pahna, Conditional Relations,
Pli-Myanmar Pli-English. Myanmar 1998 [33/98(4)]
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Bedingungen" (paccayaniddesa)23, die in Krze die bedingenden und
bedingten Phnomene fr jede der 24 Bedingungen nennt.
Das groe Kapitel ist in vier groe Abschnitte eingeteilt, die auf alle
24 Bedingungen angewandt werden und besteht aus "positiver" wie
"negativer" Betrachtung, die nach unterschiedlichen Kriterien z.T. in
Kombination auf die Matrizzen der Dhammasagha24 angewandt
werden. Eine sehr komplexe Sache25 - und auch nur ein Bruchteil
davon ist ins Englische bersetzt.
Die alten Original-Pahna-Bcher [11] und die Kommentare im
Abhidhammattha Sagaha [4] und Visuddhimagga [9] sind zwar
sehr trocken und scholastisch, aber einige gut-ausgebildete
Abhidhamma-Lehrer der Neuzeit haben zum Glck die Fhigkeit
Pahna in Verbindung mit den geistigen Prozessen (vthi) oder mit
der Lehre vom bedingten Entstehen (paiccasamuppda) zu lehren
und die praktische Anwendung in Alltag und Meditation zu erklren,
was sehr faszinierend sein kann und wirklich Augen-ffnend [1, 12,
13, 14, 15].
Zum Beispiel mssen im Geistesprozess (vthi) fr jedes Bewusstsein
(citta), das im Prozess teilnimmt, (mindestens) vier Punkte oder
Gruppen von Bedingungen bercksichtigt werden:
1. Das Objekt, mit dem das Bewusstsein arbeitet, bzw. die Objekt-
Gruppe
2. Die (Sinnes-) Grundlage, auf der das Bewusstsein entsteht,
bzw. die Vorher-Entstehungs-Gruppe.
3. Das vorhergehende Bewusstsein, bzw. die Angrenzungs-
Gruppe
23 In Pi und deutscher bersetzung (mit kurzer Kommentierung) downloadbar:
http://www.abhidhamma.de/txt_Patthana_Paccayaniddesa_de.pdf
24 Erstes Buch des Abhidhamma-Piaka. Die Matrizzen (mtika) bestehen aus Zweier-
und Dreier-Gruppen von Phnomenen oder Qualitten eines Phnomens.
25 Eine genauere Beschreibung und Erklrung dieser Struktur findet sich in
http://www.abhidhamma.com/txt_Patthana_conditional_relations.pdf
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4. Die Geistesfaktoren (cetasika), die mit dem jeweiligen Be-
wusstsein verbunden sind, bzw. die Zusammen-Entstehungs-
Gruppe.
Im Pahna spielt Bewusstsein sowohl auf der bedingenden als
auch der bedingten Seite vieler Beziehungen eine wichtige Rolle. Fr
jedes einzelne Bewusstsein in dem kontinuierlichen 'Bewusstseins-
strom' oder in Geistesprozess mssen verschiedene Bedingungen
zusammenkommen, um das entsprechende Bewusstsein zu erzeu-
gen, zu untersttzen, zu erhalten oder auf irgendeine Weise zu
beeinflussen. Eine dieser Bedingungen ist das vorhergehende
Bewusstsein, das dem nchsten durch seine Auflsung die Gele-
genheit gibt, zu entstehen. Die spezifische, feste Reihenfolge von
Bewusstseinsmomenten (citta niyma) in einem Geistesprozess
kommt aufgrund der Bedingungszusammenhnge zustande, die in
dem Prozess arbeiten.
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Pana- Chanting
Whrend Paana selbst streng wissenschaftlich und rational ist,
gehrt die allgemein bliche Praxis des Chantens des Pahna in
Theravda-Lndern, vor allem in Myanmar, eher in den Bereich der
Religiositt. Man glaubt, dass in der Zeit des Niedergangs und
Verfalls der Buddha-Lehre der Abhidhamma das erste piaka sei, das
verschwinden werde, und daraus wiederum, werde das Pahna
zuerst verloren gehen. Deshalb bemhen sich fromme Buddhisten
besonders um den Erhalt des Pahna, und es gibt den weit
verbreiteten Brauch in Mnchs- und Nonnenklstern am Ende der
Regenzeit (vassa) das gesamte Pahna zu chanten, was ungefhr
fnf Tage und Nchte ohne Unterbrechung dauert - heutzutage mit
Lautsprechern im Vertrauen darauf, dass es ein groer Segen fr
jeden ist, der es hrt.
Praxis
Erfahrene Vipassan26-Meditierende sind fhig zumindest Teile der
Zusammenhnge und Bedingtheiten zu erkennen, zu sehen und zu
beobachten, eine Besttigung dessen, was der Buddha selbst
realisiert und im Pahna niedergelegt hat. Dies geschieht erstmals
auf der Erkenntnis-Stufe (Vipassan-a) von paccaya-parigaha-
a, der Erkenntnis von den Ursachen und Bedingungen fr das
Entstehen und Vergehen von Geist (nma) und Materie (rpa).
Im Mahsatipahna-Sutta, der Lehrrede von den Grundlagen der
Achtsamkeit, heit es deshalb bei jeder bung der vier Bereiche:
"Die Entstehungs-Bedingungen sehend, die Auflsungs-Bedingun-
gen sehend und beide sehend". Auch wenn es in der Praxis um
intuitive Einsicht in diese Bedingtheit geht, so kann ein theoretisches
Wissen des Pahna sehr ntzlich sein, um die Aufmerksamkeit ent-
sprechend dirigieren und die eigene Erfahrung verstehen zu knnen.
26 Einsichts-Meditation oder auch Klarblicks- oder Erkenntnis-Meditation. Siehe hierzu
im Glossar "Vipassan", in dem auch mehr zum Mahsatipahna-Sutta erklrt wird.
-
41
Referenzen (Abhidhamma und Pana):
1. http://www.abhidhamma.de (Deutsch) und
http://www.abhidhamma.com (Englisch)
2. http://www.abhidhamma.org/ (Englisch)
3. Nyanatiloka: Guide through the Abhidhamma Pitaka.
- Englisch: BPS, Kandy (http://www.bps.lk) ISBN: 978-955-24-
0321-7 & Wisdom Publication (http://www.wisdom-
books.com), ISBN: 955-24-03219. Download:
http://www.abhidhamma.com/guide_Abhidhamma_pitaka.pdf
- Deutsche bersetzung von Julian Braun: Fhrer durch den
Abhidhamma-Pitaka. Michael Zeh Verlag, Berlin
(http://www.zeh-verlag.de), ISBN 978-3-937972-21-3
4. Abhidhammattha Sangaha of cariya Anuruddha.
- A Comprehensive Manual of Abhidhamma The General
editor: Bhikkhu Bodhi; translators: Mahthera Nrada, U
Rewata Dhamma, U Slnanda. BPS, Kandy (http://www.bps.lk)
& Wisdom Publications (http://www.wisdom-books.com).
ISBN 955-24-0103-8
- Handbuch der buddhistischen Philosophie; deutsche
bersetzung und kurze Erklrung von Nyanatiloka. Jhana-
Verlag; vergriffen. Zu groen Teilen online:
http://www.abhidhamma.de/txt_abhiS_index.html
5. Dr. Mehm Tin Mon: Buddha-Abhidhamma the Ultimate
Science. Buddha Dharma Education Association. Download:
http://www.buddhanet.net/pdf_file/abhidhaultsci.pdf
6. A Survey of Paramattha Dhammas, by Sujin Boriharnwanaket,
translated by Nina van Gorkom. Dhamma Study and Support
Foundation, Thailand, ISBN 974-93085-6-5, oder Zolag
(http://www.zolag.co.uk/).
Download: http://www.abhidhamma.org/survey6.pdf
7. Process of Consciousness and Matter, by Dr. Rewata Dhamma,
Burmingham Buddhist Vihara, 2007 (http://www.bbvt.org.uk/),
-
42
Triple Gem Publications. Download: http://www.abhidhamma.
com/Process_of_consciousness_and_matter.pdf
8. Atthaslin, commentary by Buddhaghosa to Dhammasaga,
the first of the seven Abhidhamma-books.
- The Expositor, translated by Pe Maung Tin. Pali Text Society,
ISBN 978-086013-070-3 (http://www.palitext.com)
- Darlegung der Bedeutung, deutsche bersetzung von
Nyanaponika. Pali Text Society, ISBN 978-086013-404-0
(http://www.palitext.com)
9. Visuddhimagga, by Buddhaghosa
- The Path of Purity, translation by Pe Maung Tin, Pali Text
Society, ISBN 978-086013-008- 8 (http://www.palitext.com)
- The Path of Purification, translation by Bhikkhu amoli,
Buddhist Publication Society, ISBN 955 24 0023 6
(http://www.bps.lk)
- 'Der Weg zur Reinheit', deutsche bersetzung von
Nyanatiloka. Zuletzt Jhana-Verlag; vergriffen. Grtenteils
online verfgbar: http://www.palikanon.com
10. Guide to Tipiaka, by U Ko Lay.
- Englisch: Buddha Dharma Education Association Inc. (1986).,
Download: http://www.buddhanet.net/pdf_file/tipitaka.pdf
- Deutsche bersetzung: Fhrer zum Tipiaka. Herausgeber:
Theravada-Netz der DBU (2007), ISBN 978-3-9804620-7-5
(http://wwww.theravadanetz.de)
11. Conditional Relations (Pahna), Vol. I and II (192/1993)-
(translation of part of the Tikapahna only), and Guide to
Conditional Relations, Part I and II (1979), translated by U
Nrada Mla Pahna Sayadaw. Pali Text Society, ISBN 978-
086013-028-2, 978-086013-264-1, and 978-086013-198-X
(http://www.palitext.com)
12. The Conditionality of Life, by Nina van Gorkom. An Outline of
the Twenty-Four Conditions as taught in the Abhidhamma
-
43
(2010). Zolag, ISBN 978-1-897633-26-7
(http://www.zolag.co.uk/). Ebook:
http://www.abhidhamma.org/Patthana%201.htm
13. The Buddhist Philosophy of Relations - Pahnuddesa Dpan,
by Ledi Sayadaw, Buddhist Publication Society (1986), The
Wheel Publication No. 331/338 (http://www.bps.lk)
14. http://patthana.blogspot.com/ - Audio-files from Pahna-
courses by Sayadaw Dr. Nandamlbhivasa, Pahana Pi
chantings and Dhamma study notes (2007)
15. Patthana Dhamma, by Htoo Naing (2005). Ebook:
http://www.wisdomlib.org/buddhism/book/patthana-dhamma/
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44
Glossar einiger wichtiger Begriffe
Dhamma/dhamma
Dhamma (Pi) oder Dharma (Sanskrit) im Singular bezeichnet meist
die Lehre des Buddha, die Wahrheit oder Naturgesetzmigkeit, die
er entdeckte, zur Befreiung nutzte und lehrte.
Dhamm oder dharm im Plural, oft eingedeutscht als "dhammas",
meint je nach Kontext meist Phnomene, Erscheinungen, Dinge,
Erfahrungen, Daseinsfaktoren, Bedingungen, Realitten oder Wirk-
lichkeiten.
Die bedingten Phnomene (sakhata dhamm) haben drei Merk-
male oder Charakteristika:
1. Unbestndigkeit (anicca): Sie sind unbestndige und flchtige
Phnomene, die entstehen und sofort wieder vollstndig vergehen.
2. Leiden (dukkha): Aufgrund ihrer Flchtigkeit, Instabilitt und
Verantwortlichkeit fr Leiden haben sie alle die Natur von dukkha,
d.h. sie sind unbefriedigend, unzulnglich und unvollkommen.
3. Nicht-Selbst (anatta): Sie sind leer von einem "Ich" oder einer
dauerhaften Entitt, die Ich, Ego, Selbst oder Seele genannt werden
knnte. Dieses dritte Merkmal trifft auch auf Nibbna zu, die unbe-
dingte Realitt (asakhata dhamma).
Unter "dhammas" werden meist speziell die letztendlichen Wirk-
lichkeiten (paramattha dhamm) verstanden, deren Eigenschaften
immer dieselben sind, sich nie ndern, whrend die dhammas selbst
nur fr einen Moment existieren. Diese materiell-physikalischen
oder geistigen Wirklichkeiten sind genau das, was man direkt mit
einem seiner sechs Sinne (einschlielich dem Geist) erfahren kann.
Das beobachtete Objekt sowie der beobachtende Geist (Subjekt) ist
flchtig und ohne Selbst. Nur leere Phnomene blitzen auf und leere
Prozesse laufen ab.
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45
Die dhammas werden im Abhidhamma in grtmglichem Detail
gelehrt, und sie knnen direkt erfahren werden, mit Einsichtsmedi-
tation (Vipassan) durchdrungen und intuitiv verstanden werden,
was die Kraft hat den Geist zu transformieren und zu befreien.
Vipassan27
Vipassan (Pi) oder vipayan (Sanskrit) bedeutet Einsicht, klares
oder durchdringendes Sehen. Sie ist eine Meditationsart (bhvan),
die einzig im Buddhismus vorkommt. Generell knnen in der Lehre
des Buddha zwei Arten von Meditation unterschieden werden: Die
Konzentrations- oder Ruhe-Meditation (samatha-bhvan) und die
Einsichts-Meditation (vipassan-bhvan).
In der Samatha-Meditation wird Konzentration (samdhi) betont
und ist der fhrende Faktor. Ihr Ziel ist es, tiefe Konzentrations-
zustnde hervorzurufen und den Geist zu beruhigen dies ge-
schieht durch die temporre Beseitigung oder Unterdrckung der
geistigen Hindernisse (nvaraa), was zu Ruhe, Entspannung, die
Sinne bersteigendes Glcksgefhl und Geistesfrieden fhrt. Die
hchsten erreichbaren Zustnde sind die verschiedenen meditativen
Vertiefungen (jhna), feinstoffliche und immaterielle, oder sogar
auergewhnliche Geisteskrfte und hheres Wissen (abhi).
Dagegen wird in der Vipassan-Meditation Weisheit (pa)
bevorzugt und ist der fhrende Faktor. Sie zielt auf nichts Geringeres
ab als die irreversible Beendigung von Leiden (dukkha), dauerhafte
Befreiung und volle Erleuchtung, das Erlangen von Nibbna.
Passan heit Sehen oder im bertragenden Sinn Erfahren oder
Erkennen. Der Prfix 'vi' meint speziell, unterschiedlich, auf andere
Art und Weise. Vipassan bedeutet also ein Objekt anders als
normal zu sehen. Normalerweise sehen oder verstehen wir Dinge
falsch, nmlich als Konzepte, und sehen nur die Oberflche. Aber 27 Fr eine leichtverstndliche, ausfhrlichere Beschreibung siehe "Samatha und
Vipassan. Konzentrations- und Einsichtsmeditation" von Ashin Dr.
Nandamlbhivasa: http://www.abhidhamma.de/Samatha_Vipassana_ebook_de.pdf
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46
Konzepte eignen sich nur als Objekte fr die Samatha-Meditation.
Mit Vipassan dringen wir vor zur wahren Natur von was immer wir
beobachten oder sehen, d.h. wir verstehen die Dinge wie sie wirklich
sind. Vipassan braucht eine Menge Achtsamkeit (sati) um den Geist
zu schrfen und im gegenwrtigen Moment zu sein, direkt mit der
entsprechenden Erfahrung. Das Objekt von Vipassan ist immer eine
letztendliche Realitt (paramattha-dhamma), entweder eine mate-
rielle, physikalische, oder eine geistige, aber niemals ein Konzept
(paatti).
Letztendliche Realitten oder Wirklichkeiten sind Phnomene, die
direkt und intuitiv mit unseren sechs Sinnen (einschlielich dem
Geist als sechstem Sinn, der geistige Objekte wahrnimmt, z.B.
Erinnerungen, Ideen, Gedanken, usw.) erfahren werden knnen. In
Vipassan beobachten wir sie und erkennen ihre spezifischen, indi-
viduellen Charakteristika (sabhva-lakkhaa), die typisch, offensicht-
lich und eindeutig fr sie sind, und durch die man sie unterscheiden
und wiedererkennen kann. Dies ist ntig um ein einzelnes Phno-
men klar zu erfassen.
Der nchste Schritt zur Einsicht ist, das Objekt der letztendlichen
Wirklichkeit bis zu den universellen Charakteristika (smma-
lakkhaa) zu durchschauen, d.h. der Eigenschaft, der Natur, die allen
letztendlichen Wirklichkeiten gemein ist. Und dies sind Unbestn-
digkeit (anicca), Leiden oder Unzulnglichkeit (dukkha) und Nicht-
Selbst (anatta).
Eine notwendige Grundlage fr Vipassan ist erstens die Reinigung
der Ethik oder Sittlichkeit (sla-visuddhi) und zweitens die Reinigung
des Geistes (citta-visuddhi) durch Konzentration. Erst dann kann das
Training der Weisheit (pa) oder Einsicht (vipassan) beginnen.
Die Vipassan-Praxis ist am Besten im "Mahsatipahna-Sutta"28
und dessen Kommentaren beschrieben. Dort werden vier Grundla-
gen oder bungsbereiche der Achtsamkeit gelehrt und die zuge- 28 Das Sutta ist zweimal in Pikanon enthalten: Lngere Sammlung (Dghanikya),
D 22, und Mittlere Sammlung (Majjhimanikya) M 10
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hrigen Betrachtungen oder Kontemplationen, wrtlich "wiederhol-
tes Sehen" (anupassan):
1. Kontemplation des Krpers (kya), oder allgemeiner der physi-
kalischen Phnomene (rpa)
2. Kontemplation des Gefhls (vedan)
3. Kontemplation des Geistes oder des Bewusstseins (citta)
4. Kontemplation der dhammas, der geistigen Objekte oder all-
gemeiner der Phnomene, die meist andere letztendliche
Realitten sind als bereits erwhnt, oder noch einmal in einem
anderen Zusammenhang betrachtet werden.
In jedem der vier Abschnitte wird eine Vielzahl von bungen gege-
ben. Wie ein Refrain wird immer wiederholt, wie und zu welchem
Zweck kontempliert werden soll:
"eifrig (tpi), wissensklar (sampajaa) und achtsam (satima)
Anhaftung (abhijj) und Kummer (domanassa) bezglich der Welt
berwindend", und "die Entstehungs-Bedingungen sehend, die Auf-
lsungs-Bedingungen sehend und beide sehend"; "innerlich, uer-
lich und beides".29
Bevor sich die Meditation wirklich zu Vipassan wendet sind zwei
vorbereitende Einsichten ntig:
1. Unterscheidendes oder analytisches Wissen ber Geist und
Materie (nmarpa pariccheda a)
2. Wissen oder Verstehen der Bedingungen fr das Entstehen
und Vergehen von Geist und Materie (paccaya parigaha a)
Nach dieser Einsicht treten die Charakteristika von anicca, dukkha,
anatta klar in Erscheinung und mssen kontempliert werden. Neun
Stufen von noch weltlichem Einsichtswissen folgen, die durch
verschiedene Erfahrungen zu Ernchterung, Desillusionierung und
29 Fr einen systematischen berblick ber das Mahsatipahna-Sutta siehe:
http://www.abhidhamma.de/txt_Ueberblick_Satipatthana_Nandamala.pdf
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Gleichmut fhren.30 Abhngig von der individuellen Persnlichkeit
wird eines der drei Merkmale deutlicher und klarer hervortreten.
Dieses sollte dann intensiv als aniccnupassan, dukkhnupassan
bzw. anattnupassan kontempliert werden. Wenn Nibbna
erfahren wird, zeigt es sich folgerichtig als zeichenlos (animitta),
wunschlos (appaihit) oder leer (suat). Entsprechend werden
verschiedene Arten von Erlsung (vimokkha) und Befreiung gelehrt.
Durch feine Unterschiede der Aspekte und Erscheinungen, werden
insgesamt 18 Kontemplations-Arten als "groe Einsichten (mah-
vipassan)" im Paisambhidmagga und Visuddhimagga gelehrt.
Anicca - Unbestndigkeit
Anicca (Pi) oder anitya (Sanskrit) ist Unbestndigkeit, Vergnglich-
keit oder Flchtigkeit. Nach der buddhistischen Lehre und insbe-
sondere dem Abhidhamma sind alle Phnomene, physikalische wie
geistige, nur momentan und flchtig, sie entstehen und vergehen.
Diese Unbestndigkeit ist in den alten Texten definiert:
"Sie (die Phnomene) entstehen, ohne zuvor gewesen zu sein.
Kaum entstanden, vergehen sie fr immer."
Anicca ist nicht die langsame Vernderung der Dinge, die man beo-
bachten kann. Es ist das stndige, rasend schnelle Entstehen und das
sofortige Ende der Phnomene, das nur von einem gut trainierten,
scharfen Geist in der Vipassan-Meditation wahrgenommen werden
kann. Nach den uralten Abhidhamma-Kommentaren findet das Ent-
stehen und Vergehen in der rasanten Geschwindigkeit von mehr als
1.000 Billionen mal in einem Augenblinzeln statt. In anderen Worten
ist die Lebensspanne der Phnomene krzer als der 1.000-Billionste
Teil einer Sekunde.
30 Siehe "Der Weg zur Reinheit" (Visuddhimagga), Path of Discrimination
(Paisambhidamagga), Abhidhammattha Sangaha, sowie Erklrungen diverser
Meditationsmeister wie Mahsi Sayadaw, Pa Auk Sayadaw, u.a. (Zhlweise manchmal
unterschiedlich).
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In der Lehre des Buddha wird die Flchtigkeit und stndige Erneu-
erung der Phnomene mit einem Tautropfen beim Sonnenaufgang,
einer Blase auf dem Wasser, einer auf Wasser gezeichneten Linie,
oder einem aufleuchtenden Blitz verglichen.
Anicca ist eines der drei universellen Merkmale der Existenz, eine
Charakteristik aller bedingten Phnomene (sakhra) - oder in Abhi-
dhamma-Begriffen, aller letztendlichen Wirklichkeiten (paramattha-
dhamma) auer Nibbna. Fr Vipassan, heit es, ist es definitiv
notwendig sein Meditationsobjekt, aber auch das eigene, beo-
bachtende Bewusstsein (das Subjekt) zu durchdringen und deren
Unbestndigkeit (anicca) zu realisieren. Nur dann kann der Stufen-
weg der Einsichten (vipassan-a) erfolgreich weitergegangen
werden, der zu Ernchterung, Gleichmut und letztlich Befreiung des
Geistes fhrt.
Die Kontemplation der Unbestndigkeit (aniccnupassan) ist eine
der drei Hauptmethoden der Einsichtsmeditation. Sie lst die
geistige Verdrehtheit von Bestndigkeit auf, denn es gibt nur mehr
Anzeichen von Unbestndigkeit. Nibbna erscheint dann durch
seinen zeichenlosen Aspekt, d.h. man erkennt, dass Nibbna nicht
das Merkmal und diese Anzeichen von Unbestndigkeit hat, und die
Praxis fhrt zu zeichenloser Erlsung (animitta-vimokkha) mit
Vertrauen oder Glauben (saddh) als Tor zur Befreiung.
Dukkha - Leiden, Unzulnglichkeit31
Dukkha (Pli) oder duhkha (Sanskrit) ist ein Schlssel-Begriff und
eine -Wahrheit im Buddhismus und wird meist mit Leiden bersetzt.
Abhngig vom Kontext ist dukkha entweder direktes Leiden, inh-
rentes Leiden, fr Leiden verantwortlich, ein unangenehmes Gefhl,
ein krperlich schmerzhaftes Gefhl, oder unbefriedigend, unzu-
lnglich, unvollkommen. 31 Eine ausfhrlichere, wissenschaftliche Abhandlung zum Thema "Dukkha. Dukkha-
Gefhl und universelle dukkha-Natur" von Agganyani findet sich auf
http://www.theravadanetz.de/txt_Dukkha_Natur.pdf
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Der Buddha erklrte Leiden in der ersten edlen Wahrheit: "Geburt ist
Leiden, Altern, Krankheit, Tod ist Leiden, Zusammensein mit Unlieben
ist Leiden, Getrenntsein von Lieben ist Leiden, nicht zu bekommen,
was man sich wnscht, ist Leiden, in Krze, die fnf Anhaftungs-
gruppen sind Leiden."32 Diese Arten von Leiden sind offensichtlich
und unvermeidbar; alle Wesen werden mit ihnen konfrontiert. Aber
der Buddha durchschaute Leiden und fand seine Ursache heraus, die
er in der zweiten edlen Wahrheit lehrte: Durst oder Begehren (tah).
Die dritte edle Wahrheit erklrt das Ende des Leidens durch das voll-
stndige Ende von Begehren, die Befreiung. Und schlielich lehrt die
vierte edle Wahrheit den praktischen Weg, wie durch die Befolgung
des edlen achtfachen Pfades Begehren beendet und die Freiheit von
Leiden erlangt werden kann.
Dukkha im Zusammenhang mit Gefhlen (vedan) bezeichnet das
krperlich unangenehme oder schmerzhafte Gefhl. Insgesamt
lehrte der Buddha fnf Gefhle, die nicht mit Emotionen verwechselt
werden drfen, denn diese sind schon Reaktionen auf die primren
Gefhle oder Empfindungen. Wenn nur drei Gefhle erwhnt sind,
steht dukkha fr unangenehmes krperliches wie geistiges Gefhl,
d.h. Schmerz und Unglck.
Dukkha ist aber auch eines der drei universellen Daseinsmerkmale.
Hierbei und auch im Kontext der Einsichts-Meditation (Vipassan) ist
dukkha die unbefriedigende, unvollkommene und unzulngliche
Eigenschaft aller Formationen, aller bedingenden und bedingten
Phnomene (sakhra) und auch aller weltlichen Erfahrungen. Die
intuitive Einsicht in diese Eigenschaft fhrt zu Ernchterung und
Loslassen und richtet den Geist auf die Suche nach Nibbna aus, das
alleine nicht die Natur von dukkha hat, sondern ganz im Gegenteil
hchste Seligkeit und wahres Glck ist.
Alle geistigen und materiellen Phnomene haben die innere Natur
von dukkha entsprechend mindestens zweier der drei im Pikanon
definierten Arten von dukkha:
32 Dhammacakkappavattana-Sutta, Sayutta-Nikya, S 56, 11
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51
1. Dukkha-dukkha: Einige Phnomene sind ganz offensichtlich
schmerzhaft und selbst direktes Leiden (wie z.B. Verletzungen,
Kopfschmerzen, Sorgen, Angst, usw.)
2. Viprinma-dukkha: Alle Phnomene haben die Natur von
Unbestndigkeit (anicca), so dass sie nicht dauerhaft befriedi-
gen knnen. Auch Glcksgefhle, Freude und erwnschte
Emotionen werden sich verndern, auflsen und enden. Es ist
nicht mglich sie zu kontrollieren oder bestndig zu machen.
3. Sakhra-dukkha: Alle Phnomene sind durch einige andere
Phnomene bedingt, die selbst unbestndig und auch bedingt
sind. Das Netzwerk von Bedingungen muss harmonisch zu-
sammenarbeiten um gemeinsam ein Phnomen als Resultat zu
erzeugen. Man hat keine Macht ber das Resultat oder kann
das resultierende, bedingte Phnomen nicht kontrollieren - es
entsteht und vergeht entsprechend seiner eigenen Naturge-
setzmigkeit.
In der Einsichtsmeditation (Vipassan) zu dieser Wahrheit durchzu-
dringen, fr jedwedes bedingte Objekt, das der Geist ergreift, und
auch fr das Subjekt, den eigenen Geist, fhrt zu Ernchterung und
letztlich statt Zuneigung und Abneigung zu Gleichmut (upekkh),
einer Gelassenheit und Parteilosigkeit gegenber diesen bedingten
Objekten, was sakhrupekkha-a genannt wird, Erk