allgemeine psychologie - ewi-psy.fu-berlin.de · allgemeine psychologie 5 „farbe“ kommt in der...
TRANSCRIPT
3Allgemeine Psychologie
Einleitung
Welche Funktionen hat die Farbwahrnehmung?
Trennung von Feldern
- Kontrast
- Objektkohärenz
4Allgemeine Psychologie
Einleitung
Was sind die physikalischen Grundlagen der Farbwahrnehmung?
InfrarotRadarUKW
FernsehenMittelwelle
Wechselstrom
GammastrahlenRöntgenstrahlen
Ultraviolett
400-450violett
450-500blau
500-570grün
570-590gelb
590-620orange
620-700rot
Die Wellenlänge der Lichts ist die physikalische Größe, die mit Farbe zusammenhängt
Im Alltag nehmen wir Kompositionen aus verschiedenen
Wellenlängen wahr
5Allgemeine Psychologie
„Farbe“ kommt in der Umwelt eigentlich nicht vor.
Der Farbeindruck ist damit ein typisches
psychologisches Phänomen, das es erst ‚im Organismus‘
entsteht.
Was sind die physikalischen Grundlagen der Farbwahrnehmung?
6Allgemeine Psychologie
Einleitung
Durchsichtfarbe: Bestimmt durch die spektrale Transmission , d.h. welche Wellenlängen passieren den Körper?
Selbstleuchtende Farben: Welches spektrale Muster gibt die Lichtquelle
ab?
Was sind die physikalischen Grundlagen der Farbwahrnehmung?
7Allgemeine Psychologie
Einleitung
Wie beschreibt man das Farbempfinden?
chromatisch versus achromatisch
Psychophysik: ca. 200 Farbabstufungen (engl. hue)
Sättigung der FarbeMenge von ‚weiß‘ in einer Farbe
Ca. 20 Sättigungsstufen
Helligkeit der FarbeLuminanz der Farbe
Ca. 500 Helligkeitsstufen
Kombination (200 x 20 x 500) macht die Vielfalt der Farbeindrücke
8Allgemeine Psychologie
Farbmischung
Die additive Farbmischung:Beruht auf der Mischung von Lichtern. Bei der Überlagerung von, z.B. rot, grün und blau resultiert in der Schnittmenge weißes Licht.
9Allgemeine Psychologie
Farbmischung
Die subtraktive Farbmischung:Beruht auf Pigmentmischung, z.B. bei Malfarben. Die Pigmente reflektieren nur bestimmte Wellenlängen und absorbieren die restlichen. Sind mehrere Pigmente gemischt, absorbieren sie zunehmend mehr Wellenlängen.
10Allgemeine Psychologie
Die trichromatische Theorie
Helmholtz (ca. 1850, auch: Maxwell): Aus drei monochromatischen Lichtern jeder beliebigen Farbton hergestellt werden. Legt nahe, dass die Farbwahrnehmung ist daher das Ergebnis einer additiven Mischung ist.
Young-Helmholtz‘scheDreifarbentheorie beruht auf der Annahme von drei Rezeptorsystemen mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit.
11Allgemeine Psychologie
Die trichromatische Theorie
419 nm 531 nm 558 nm
Neurophysiologische Evidenz
3 Zapfentypen mit unterschiedlicher Sensitivität
(Brown & Wald, 1964)
Die 420-Kurve ist für die kurzwelligen Zapfen, die 498-
Kurve ist für die Stäbchen, und die 534- und 564-Kurven sind für
mittel- bzw. langwellig-sensitiven Zäpfchen.
12Allgemeine Psychologie
Theorie der Gegenfarbe
Hering (ca. 1900): Wählt eine Versuchsperson "pure" Farben aus, so entscheiden sie sich für vier, anstatt für drei Farben: rot, grün, blau und gelb.Auffällig ist außerdem, dass bestimmte bestimmteFarbkombinationen nie berichtet werden - z.B. rötliches Grün oder gelbliches Blau. Stattdessen scheinen antagonistische Farbpaare vorzuliegen.
S- W+
Schwarz – Weiß -Antagonist
R+ G-
Rot – Grün -Antagonist
B- G+
Blau - Gelb -Antagonist
+ = Aufbau einer chemischen Substanz
- = Abbau einer chemischen Substanz
13Allgemeine Psychologie
Theorie der Gegenfarbe
Neurophysiologische Evidenz
Erste direkte Evidenz durch DeValois(1960) in der Neuronenantwort im CGL (Rhesusaffen): Typen von Neuronen die antagonistisches Verhalten bei... - 450 vs. 580 nm zeigen (blau-gelb)- 510 vs. 660 nm zaigen (rot-grün)- Durch Licht aktiviert werden (schwarz-weiß)
Zelle A
Zelle B
Zelle C
14Allgemeine Psychologie
Integrativer Ansatz
Trichromatischer Ansatz: Rezeptor-Ebene
Gegenfarben: höhere Verarbeitungsebenen
Rezeptor
CGL-Neuron
Hemmung
Erregung
16Allgemeine Psychologie
Kortikale Verarbeitung
Farbverarbeitung in V1
R+
GR–
Einfache ON- oder OFF-Neurone
R+,GR–
R–,GR+
Doppelte Gegenfarbenzellen
Häufigster Typ von Neuronen im Kortex. Dienen der Farbkontrastverstärkung
17Allgemeine Psychologie
Kortikale Verarbeitung
Farbkonstanz
FarbadaptationUmfeld
GedächtnisfarbeAdaptation an eine
Wellenlänge ändert die chromatische Sensitivität
Das Gelb der Lampe wird erst nach Blau-Adaptation
deutlich
Farbkonstanz bei Isolation einer mono-welligen Vorlage schlechter
Zellen in V4 und IT regieren auf Objektfarbe, nicht auf die
spektrale Zusammensetzung des reflektierten Lichts
Wenn die natürliche Farbe bekannt ist, kann die
Beleuchtung herausgerechnet werden
Präsentiertes Objekt
Eingestellte Farbe
19Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung als Problem
Wieso kann ein Computer nicht „einfach“ ein Objekt wahrnehmen?
1. Eine Kamera kann nicht drei-dimensional sehen
Der Blickwinkel bestimmt für den Computer, wie die Figur aussehen wird.
20Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung als Problem
Wieso kann ein Computer nicht „einfach“ ein Objekt wahrnehmen?
2. Computer interpretiert Kanten nicht als mögliche
Objektgrenzen
��
3. Computer kann Objekte unter
Verdeckung nicht identifizieren
��
21Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
‚Bottom up‘ : Der lineare neurophysiologische Weg
Grundidee:
Die zunehmende Spezifität der Neuronen im visuellen Kortex ermöglicht eine eindeutige Zuordnung der Objekte zu gespeicherten Prototypen
22Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
‚Bottom up‘ : Die Raumfrequenzanalyse
b
Grundidee:
Objekte werden im visuellen System hinsichtlich ihrer basalen Ortsfrequenzanalysiert. Umrisse (globale Eigenschaften) werden schnell analysiert, Details (lokale Eigenschaften) werden langsamer analysiert
Magnozelluläres System Parvozelluläres System
23Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Prinzip- Niedrige Raumfrequenz: Umrisse von Objekten.
- Mittlere Raumfrequenz: Elemente von Objekten.
- Hohe Raumfrequenz: Details der Objektelemente.
24Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Eine ‚erste top down‘ Theorie
Max Wertheimer (1880 - 1943) begründete die Gestaltpsychologie. Sein Ausgangspunkt ist die Assoziations-psychologie, die das komplexe Erleben als das Resultat simultaner und sukzessiver Verkettungen elementarer Empfindungen ansieht. Allerdings sagte Wertheimer:„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“
25Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Zielsetzungen
Nach welchen Regeln werden die Einzelteile zu einer ganzen Gestalt zusammengefügt?
Gestaltfaktoren: Ein Satz von Regeln, die vorhersagen, unter welchen Reizbedingungen
welche Wahrnehmung entsteht.
26Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Das Prinzip der PrägnanzJedes Reizmuster wird so gesehen, dass die resultierende Struktur so
einfach wie möglich ist. D.h., das visuelle Feld wird in
"gute" Gestalten untergliedert wird. "Gut" sind dabei solche Gestalten, die einfach sind und bestimmte
Regelmäßigkeiten und Symmetrien aufweisen.
27Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Das Prinzip der ÄhnlichkeitÄhnliche Dinge erscheinen zu
zusammengehörenden Gruppen geordnet. Kriterien sind Helligkeit, Farbton, Orientierung oder Größe.
Das Prinzip der FortsetzungPunkte, die als gerade oder sanft geschwungene Linien gesehen
werden, wenn man sie verbindet, werden als zusammengehörig
wahrgenommen.
28Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Das Prinzip der NäheDinge, die sich nahe beieinander
befinden, erscheinen als zusammengehörig.
Das Prinzip des gemeinsamen Schicksals
Dinge, die sich in die gleiche Richtung bewegen, erscheinen als
zusammengehörig
29Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Das Prinzip der VertrautheitDinge bilden mit größerer
Wahrscheinlichkeit Gruppen, wenn diese vertraut erscheinen.
Das Prinzip der GeschlossenheitTendenz zur Vervollständigung einer
Figur. Es fließt das Prinzip der Fortsetzung und der Vertrautheit ein.
30Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Das Prinzip der gemeinsamen Region
Dinge, die innerhalb einer Region liegen, werden zusammengruppiert.
Das Prinzip der Verbundenheit der Elemente
Elemente, die miteinander verbunden sind, werden als Einheit gesehen.
Kein Krieg
Frieden jetzt
Kein Krieg
Frieden jetzt
31Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Das Prinzip der zeitlichen Synchronizität
Dinge, die gemeinsam erscheinen, werden als Einheit wahrgenommen.
Das Prinzip oben-unten-PolaritätElemente werden bevorzugt in einer aufrechten Position gesehen - und
seltener als hängend.
32Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Faktoren
Figur - Grund - TrennungFigur definiert das Objekt und ist
Gegenstand der Analyse. Sie scheint im Vordergrund zu stehen. Wichtige Faktoren der Trennung sind die
Konvexität der Figur, ihre Orientierung, ihre Größe und Bedeutung.
33Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Einfache Lösungen
Gestaltpsychologie: Die Probleme
Wie definiert man Begriffe wie ‚Einfachheit‘ oder ‚Ähnlichkeit‘?
Handelt es sich nicht nur um post-hoc-Erklärungen, die jedoch keinen Prognose-Charakter haben?
Faktoren der Gestaltpsychologie sind eher als heuristische Regeln zu verstehen. Das visuelle System übernimmt im Laufe der Ontogenese (oder Phylogenese) bestimmte Algorithmen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
einer richtigen Lösung führen.
34Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Komplexe Ansätze
Computational Vision:
David Marr (1950 - 1982) schuf eine Reihe von Algorithmen, die im Wahrnehmungssystem implementiert sein könnten.
1. Rohskizze: Detektion von Ecken und Kanten. Beruht auf Eigenschaften der Helligkeitsdetektoren.
2. 2 1/2-D-Skizze: Gruppierung von Elementmerkmalen nach Gestaltgesetzen.
3. 3 D-Skizze: Abgleich mit gespeicherten Modellen zur Objektidentifikation.
NetzhautabbildKanten und Ele-mentarmerkmale identifizieren
Elementarmerk-male gruppierenund weiterver-
arbeiten
Dreidimensio-nales Objektwahrnehmen.
Primäre rohe Skizze(primal Sketch)
Zweieinhalb-dimensionale
Skizze (2 1/2-D-Sketch)
DreidimensionaleRepräsentation(3-D-Sketch)
35Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Komplexe Ansätze
Computational Vision - Bewertung
Stärken:
Betonung eines modularen Modells der Objekterkennung
Sehr elegante lineare Lösung zur Extraktion von Objekten.
Grundlage vieler Modelle zur Objekterkennung (siehe Ellis & Young)
Schwächen:
Probleme mit der Interpretation von Schatten
Nicht Überbetonung des bottom-up Ansatzes
Kantenextraktion:
Objektgrenzen sind scharf, während Schatten
kontinuierliche Helligkeitsübergänge sind
36Allgemeine Psychologie
Geone
Objektwahrnehmung: Komplexe Ansätze
Geon - Theorie (Biederman)
Kernfrage von Biederman:
Wie sind 3-D-Objekte repräsentiert, damit das System problemlos ein Objekt identifizieren kann?
Lösungsansatz:Alle Objekte sind aus einem Satz elementarer Komponenten konstruiert. Diese Komponenten (Geone) sind Abkömmlinge von Zylindern.
Aus 36 Geonenkönnen schon 150 Millionen Objekte Konstruiert werden
Wahrnehmung besteht in der Reduzierung eines Objektes auf seine Geone
37Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Komplexe Ansätze
Geon - Theorie (Biederman)
PROGNOSEFAKTOR: ERKENNBARKEIT PROGNOSEFAKTOR: ANZAHL
„nonrecoverable“ „complete“„recoverable“
38Allgemeine Psychologie
Objektwahrnehmung: Komplexe Ansätze
Geon - Theorie (Biederman)
STÄRKEN DER THEORIE
Objekte können aus anderen Blickwinkeln identifiziert werden
Unabhängigkeit gegen teilweise Verdeckung
Sparsam in seinen Voraussetzungen (36 Geone)
Validiert in Bildgebungsstudien: Ventrales System reagiert nicht auf unmögliche
Objekte
SCHWÄCHEN DER THEORIE
Detailinformationen gehen verloren. Kategorien werden identifiziert, Objekte
aber nicht individualisiert
Texturen spielen keine Rolle, sind aber für die Identifikation wichtig (Grasfläche)
Der Algorithmus zur Zerlegung des Objektes wird nicht spezifiziert.