allogene 3d-knochenblockaugmentation dreidimensionale ... · allogene 3d-knochenblockaugmentation...

4
Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale allogene Knochenaugmentation in Schalentechnik Ein Fallbericht von Dr. Robert Würdinger. Bei fehlendem Knochenangebot zählt die Augmentation von Hartgewebe mit Knochenersatzmaterialien allogenen, autologen, xenogenen oder alloplastischen Ursprungs zu einem zentralen Erfolgsfaktor in der Implantologie. Allo- grafts genießen bei dem Patienten eine inzwischen höhere Akzeptanz. Gegenüber den autologen Materialien bleibt dem Patienten bei dem Einsatz von Allografts eine Komorbidität der Entnahmestelle erspart und er wird dadurch weniger belastet. Begleitkomplikationen können bei der Entnahme verhindert werden, und darüber hinaus sind al- logene Materialien unbegrenzt verfügbar. Der hier vorgestellte Fall beschreibt eine kombinierte horizontale und ver- tikale 3D-Knochenaugmentation in Schalentechnik mit allogenen Kortikalisplatten, allogener Spongiosa und aus der Umgebung gewonnenen autologen Knochenspänen. Fallbeschreibung Der 52 Jahre alte, männliche Patient wurde im Januar 2016 zur Implantatplanung im Unterkiefer rechts in unsere Praxis überwiesen. Die weitere prothetische Versorgung sollte beim Hauszahnarzt erfolgen. Nach dreidimensio- naler Röntgendiagnostik (Abb. 1, 2) zeigte sich aufgrund einer vor ca. acht Jahren durchgeführten Zahnextraktion ein kombinierter horizontaler sowie vertikaler Knochenverlust. Damit ging ein sowohl röntgenologisch als auch klinisch Abb. 1: Präoperatives Volumentomogramm, Ansicht von vestibulär Abb. 2: präoperatives Volumentomogramm, Ansicht von lingual. Abb. 3: klinische Ausgangssituation. Augmentation mit allogenen Kortikalis- platten feststellbarer (Abb. 3) starker Unterschnitt lingual einher. Um das Attachmentlevel der Nachbarzähne für die korrekte Positionierung der Implantate zu erhalten, war eine Augmentation unumgänglich. Durch die vertikale Augmentation können außerdem ungünstige Kronen-Implantat-Verhältnisse vermieden werden. Augmentation mit allogenen Kortikalisplatten Angewendet wurde die Technik einer 3D-Knochenaugmentation in Schalentechnik mit allogenen Kortikalisplatten (maxgraft® cortico, Straumann Biomaterialien) (Abb. 5), die sowohl vestibulär als auch lingual angebracht wurden. Vor Positionierung der lingualen Kortikalisplatte wurde durch stumpfes Ablösen der Schleimhaut von der Mund- bodenmuskulatur eine Schleimhautmobilisation (Abb. 4) erreicht. Dies erleichtert neben einer vestibulären Schlitzung des Periosts die Weichteildeckung des Augmentats. Ein weite- rer Vorteil ist, dass der Nahtverschluss nach der Augmentation mittig auf dem Kieferkamm zu liegen kommt. Nach Abschluss der Schleimhautmobilisation folgte das Einsetzen der präformierten kortikalen Platten (Abb. 5). Um die Platten zu hydratisieren, wurden sie zuvor für eine halbe Stunde in einer sterilen Kochsalzlösung gewässert. Nach Bearbeitung, Anpassung und Entfernung aller scharfen Kanten wurde die vestibuläre Platte mit zwei

Upload: others

Post on 15-Jul-2020

1 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale ... · Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale allogene Knochenaugmentation in ... dass der Nahtverschluss nach

Allogene 3D-Knochenblockaugmentation

Dreidimensionale allogene Knochenaugmentation in SchalentechnikEin Fallbericht von Dr. Robert Würdinger.

Bei fehlendem Knochenangebot zählt die Augmentation von Hartgewebe mit Knochenersatzmaterialien allogenen, autologen, xenogenen oder alloplastischen Ursprungs zu einem zentralen Erfolgsfaktor in der Implantologie. Allo-grafts genießen bei dem Patienten eine inzwischen höhere Akzeptanz. Gegenüber den autologen Materialien bleibt dem Patienten bei dem Einsatz von Allografts eine Komorbidität der Entnahmestelle erspart und er wird dadurch weniger belastet. Begleitkomplikationen können bei der Entnahme verhindert werden, und darüber hinaus sind al-logene Materialien unbegrenzt verfügbar. Der hier vorgestellte Fall beschreibt eine kombinierte horizontale und ver-tikale 3D-Knochenaugmentation in Schalentechnik mit allogenen Kortikalisplatten, allogener Spongiosa und aus der Umgebung gewonnenen autologen Knochenspänen.

Fallbeschreibung

Der 52 Jahre alte, männliche Patient wurde im Januar 2016 zur Implantatplanung im Unterkiefer rechts in unsere Praxis überwiesen. Die weitere prothetische Versorgung sollte beim Hauszahnarzt erfolgen. Nach dreidimensio- naler Röntgendiagnostik (Abb. 1, 2) zeigte sich aufgrund einer vor ca. acht Jahren durchgeführten Zahnextraktion ein kombinierter horizontaler sowie vertikaler Knochenverlust. Damit ging ein sowohl röntgenologisch als auch klinisch

Abb. 1: Präoperatives Volumentomogramm, Ansicht von vestibulär

Abb. 2: präoperatives Volumentomogramm, Ansicht von lingual.

Abb. 3: klinische Ausgangssituation.Augmentation mit allogenen Kortikalis-platten

feststellbarer (Abb. 3) starker Unterschnitt lingual einher. Um das Attachmentlevel der Nachbarzähne für die korrekte Positionierung der Implantate zu erhalten, war eine Augmentation unumgänglich. Durch die vertikale Augmentation können außerdem ungünstige Kronen-Implantat-Verhältnisse vermieden werden.

Augmentation mit allogenen Kortikalisplatten

Angewendet wurde die Technik einer 3D-Knochenaugmentation in Schalentechnik mit allogenen Kortikalisplatten (maxgraft® cortico, Straumann Biomaterialien) (Abb. 5), die sowohl vestibulär als auch lingual angebracht wurden. Vor Positionierung der lingualen Kortikalisplatte wurde durch stumpfes Ablösen der Schleimhaut von der Mund-bodenmuskulatur eine Schleimhautmobilisation (Abb. 4) erreicht.

Dies erleichtert neben einer vestibulären Schlitzung des Periosts die Weichteildeckung des Augmentats. Ein weite-rer Vorteil ist, dass der Nahtverschluss nach der Augmentation mittig auf dem Kieferkamm zu liegen kommt. Nach Abschluss der Schleimhautmobilisation folgte das Einsetzen der präformierten kortikalen Platten (Abb. 5). Um die Platten zu hydratisieren, wurden sie zuvor für eine halbe Stunde in einer sterilen Kochsalzlösung gewässert.Nach Bearbeitung, Anpassung und Entfernung aller scharfen Kanten wurde die vestibuläre Platte mit zwei

Page 2: Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale ... · Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale allogene Knochenaugmentation in ... dass der Nahtverschluss nach

2

Abb. 4: Zustand nach Eröffnung. Stumpfes Ablösen der lingualen Schleimhaut von der Mundbodenmuskulatur zur Mobilisa-tion von lingual.

Abb. 5: Allogene Kortikalisplatte, max-graft® cortico , Straumann Biomaterialien.

Abb. 6: Kombinierte horizontale und ver-tikale 3D- Knochenaugmentation in Scha-lentechnik. Anpassen der Kortikalisplatten und Fixierung mit 1mm Mirkoschrauben.

Abb. 6a: Ansicht von okklusal. Abb. 7: Befüllen der Spalträume mit autol-ogen Knochenspänen aus der Umgebung und allogener Spongiosa (maxgraft®, Straumann Biomaterialien). Abdeckung des Augmentats mit Jason Membran, Straumann Biomaterialien.

Abb. 8: Zusätzliche Abdeckung des Augmentats mit L-PRF Fibrinmembranen (Intralock, Firma botiss).

Abb. 9: Speicheldichter und spannungs-freier Verschluss aus einer Kombination von horizontalen Matratzen- und Einzel-knopfnähten.

Mikroosteosyntheseschrauben in der korrekten Kieferkammkontur fixiert. Anschließend wurde mit zwei mittleren Schrauben durch den Unterkiefer hindurch die linguale Platte befestigt (Abb. 6, Abb. 6a). Als beide Platten fest ange-bracht waren, schloss sich das Befüllen der Spalträume mit einer adäquaten Menge an autologen Knochenspänen aus der Umgebung (Abb. 7) und hier größtenteils allogener Spongiosa (maxgraft®, Straumann Biomaterialien) an. Das Augmentat wurde abschließend mit einer Perikardmembran (Jason®membrane, Straumann Biomaterialien) und

aus Eigenblut erstellten Fibrinmembranen (L-PRF, Intralock) zur forcierten Weichgewebeheilung (Abb. 8) abgedeckt. Zum Schluss wurde die Wunde mittels speicheldichtem und spannungsfreiem Verschluss aus einer Kombination von horizontalen Matratzennähten und Einzelknopfnähten verschlossen (Abb. 9).

Page 3: Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale ... · Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale allogene Knochenaugmentation in ... dass der Nahtverschluss nach

3

Abschließende Implantatinsertion

Nach einer Einheilzeit von fünf Monaten hatte sich der Kieferkamm sehr gut entwickelt (Abb. 10, 10a, 10b, 11). Der ge-samte Heilungsverlauf präsentierte sich ohne Komplikationen (Abb. 12, 13). Das Augmentationsergebnis offenbarte nach Eröffnung des Kamms (Abb. 14) keine Resorption an den Osteosyntheseschrauben, was sehr für die Stabilität der Kortikalisplatten spricht. Das Gemisch aus autologen und allogenen Knochenspänen war sogar vestibulär fest mit den später sich weiter resorbierenden Kortikalisplatten verwachsen. Das Knochenangebot ließ auf stabile und vitale Verhältnisse schließen. Ebenfalls zeigte sich, dass das angestrebte Attachmentniveau für die Implantate nach Plan erreicht wurde. Pseu-dotaschenbildungen können so bei der späteren prothetischen Versorgung vermieden werden. Das identische Niveau kommt auch den Überlebensraten der Implantate zugute. Nach Entfernung der Osteosyntheseschrauben wurden zwei Straumann Bone Level Tapered Implantate (4,8 Länge 12, regio 46 und 4,8 Länge 10, regio 47) leicht sub-krestal inseriert (Abb. 15) und die Verschlussschrauben für die subgingivale Einheilung (Abb. 16, 17) eingebracht. Der Einsatz von Tapered Implantaten wurde in diesem Fall aufgrund des lingualen Unterschnitts bewusst gewählt und

Abb. 10: postaugmentatives Röntgen. Abb. 10a: Digitales Volumentomogramm vor Implantation, Ansicht von vestibulär.

Bild 10 b: Digitales Volumentomogramm vor Implantation, Ansicht von lingual.

Abb. 11: Ausgangssituation und Ergebnis nach 3D- Schalentechnik.

Abb. 12: Klinische Situation 5 Monate nach Augmentation.

Abb. 13: Aufnahme der ursprünglichen Schnittführung.

Abb. 14: Augmentationsergebnis nach Eröffnung. Keine Resorptionen an den Mikroschrauben. Gemisch aus allogenen und autologen Knochenspänen auf die Kortikalisplatte gewachsen.

Abb. 15: Implantation von 2 Straumann Bone Level Tapered Implantaten (4,8 Länge 12 regio 46 und 4,8 Länge 10 regio 47) auf Attachmentniveau der Nachbarzähne.

Abb. 16: Einbringen der Einheilschrauben. Ansicht von vestibulär.

Page 4: Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale ... · Allogene 3D-Knochenblockaugmentation Dreidimensionale allogene Knochenaugmentation in ... dass der Nahtverschluss nach

05/2

018

D

E500

441

Abb. 17: Ansicht von Okklusal. Abb. 18: postoperatives Röntgen. Abb. 19a: Zustand nach Freilegung durch Stichinzision mit Verdrängung, Straumann Conical Shape 6,5 Höhe 4mm.

Abb. 19b: Ansicht von Okklusal. Abb. 20: Röntgenkontrolle nach Freile-gung regio 46, 47. Kein Knocheneinbruch. Knochen über die Plattform gewachsen. Stabile Knochenverhältnisse.

Abb. 21: Finale Kronen mit provisorischem Verschluss der Schraubenkanäle.

erwies sich von großem Vorteil zur Vermeidung lingualer Perforationen bei der Implantation (Abb. 18). Nach weiteren vier Monaten erfolgte die Freilegung der Implantate durch Stichinzision und Weichgewebeverdrängung (Abb. 19a, 19b). Bei der Nachuntersuchung zeigten sich sowohl klinisch als auch röntgenologisch (Abb. 20) stabile Knochen- und Weichgewebeverhältnisse, sodass der Patient nun von seinem Hauszahnarzt mit den entsprechenden Kronen versorgt werden kann (Abb. 21, 21a, 21b, 21c).

Abb. 21a: Finale Kronen mit provisorischem Verschluss der Schraubenkanäle, Ansicht okklusal.

Abb. 21b: Vestibuläre Ansicht. Abb. 21c: Abschluss Röntgenbild nach finalem Zahnersatz.

Ihr Widerspruchsrecht: Wenn Sie der Verarbeitung Ihrer Daten für Werbezwecke widersprechen oder eine erteilte Einwilligung widerrufen möchten, genügt jederzeit eine Nachricht an unseren Datenschutzbeauftragten per E-Mail an [email protected] oder per Post an Straumann GmbH, Datenschutzbeauftragter, Heinrich-von-Stephan-Straße 21, 79100 Freiburg. Dies gilt ebenso, wenn Sie aus Gründen, die sich aus Ihrer besonderen Situation ergeben, der Verarbeitung Ihrer Daten widersprechen wollen.

Diesen Artikel finden Sie online unter dem QR-Code rechts oder unter https://bit.ly/2INIxJx

Infos zum AutorDr. Robert Würdinger