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Herausgeber
Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe Die AWT als deutscher Wirtschaftsverband mit
in der Tierernährung e.V. (AWT) internationaler Tätigkeit vertritt die fachlichen,
wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Ansprechpartnerin: Dr. E. Süphke
Interessen der führenden Hersteller und Verarbeiter Roonstr. 5
von Zusatzstoffen für die Tierernährung.D-53175 Bonn
Tel. + 49 228/ 35 24 00
Fax + 49 228/ 36 13 97
Wahrnehmung der Mitgliederinteressen und
deren Vertretung gegenüber Behörden, Regie-
rungsstellen, gesetzgebenden Körperschaften,
Fachorganisationen und anderen Institutionen
auf nationaler Ebene
Vertretung der deutschen Interessen für
Zusatzstoffe auf internationaler Ebene
Mitarbeit bei der Harmonisierung der Zulas-
sungsbedingungen von Zusatzstoffen
Unterrichtung und Beratung der Mitglieder in
allen fachspezifischen Angelegenheiten und
insbesondere über aktuelle Gesetzgebungs-
verfahren
Information der Öffentlichkeit über Nutzen,
Sicherheit und Qualität von Zusatzstoffen in
der Tierernährung
Wirtschaftsverband AWT
Aufgaben und Ziele
!
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Arbeitsgemeinschaftfür Wirkstoffe in derTierernährung e.V.(Hrsg.)
Probiotika in der
Tierernährung
Dr. Angela Busch, Hoffmann-La Roche
Dr. Hans-Heinrich Herrmann, Pioneer Hi-Bred Northern Europe
Dr. Imke Kühn, Lohmann Animal Health
Prof. Dr. Ortwin Simon, Freie Universität Berlin
Dr. Jürgen Struck, Hoechst Roussel Vet
Dr. Elvira Süphke, AWT
Verantwortlich für den Inhalt
ISBN 3-86037-107-X
© 1999 by Buchedition Agrimedia GmbH in Bergen
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main.
Telefon (0 58 45) 98 81 - 0 · Telefax (0 58 45) 988 111
E-Mail: mail@agrimedia.com · Internet: www.agrimedia.com
Alle Rechte vorbehalten.
1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2. Ziel des Probiotikaeinsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1 Der Magen-Darmtrakt und seine Mikroflora . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2 Wirkungsweise der Probiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.1 Milchsäurebakterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.2 Bacillussporen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.3 Hefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
4.1 Futtermittelrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4.2 Einsatzempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4.3 Kompatibilität mit anderen Wirkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
4.4 Ökonomischer und ökologischer Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . 28
5.1 Herstellung und Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
5.2 Anwendungssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
5.3 Stabilität und Nachweisbarkeit in Futtermitteln . . . . . . . . . . . . . 35
5.4 Aktivität im Verdauungstrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3. Die verschiedenen Probiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
4. Probiotika als Futterzusatzstoffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5. Produktqualität und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Inhalt
Inhalt
6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
7. Erläuterung verwendeter Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
8. Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
1. Einführung
9
Probiotika sind lebende, mikrobielle Historisch betrachtet leisten Mikroorga-
Zusatzstoffe, die die Darmflora in einem nismen schon seit Jahrtausenden dem
für das Wirtstier positiven Sinne beein- Menschen in der Landwirtschaft und
flussen. Dies wird auch als Unterstüt- Ernährung gute Dienste. Die bekanntes-
zung des Gleichgewichts der Darmflora ten Beispiele dafür sind die Herstellung
bezeichnet (Fuller, 1992). Dementspre- von Silage, Sauerkraut und Sauermilch-
chend werden Probiotika futtermittel- produkten wie Joghurt, Quark und auch
rechtlich in der Gruppe der Mikroorga- Kefir. Die systematische Erforschung der
nismen als Futterzusatzstoffe zur Stabili- Probiotika beim Menschen begann
sierung der Darmflora geregelt. bereits Anfang dieses Jahrhunderts.
Gebräuchliche Synonyme sind die
Begriffe: Bioregulatoren, Darmflorastabi- Eli Metchnikoff, ein russischer Biologe,
lisatoren oder »direct fed microbials« der um 1900 am Institut Pasteur in Paris
(DFM, nordamerikanisches Schrifttum). arbeitete, studierte das Geheimnis der
Im engeren Sinne werden zu den Probio- hohen Lebenserwartung der Kosaken in
tika nur Produkte zur Stabilisierung der Bulgarien. Er führte das überdurch-
Darmflora gezählt, die aus einem oder schnittlich hohe Alter der Kosaken, 115
wenigen, genau definierten Mikroorga- Jahre und mehr, auf folgende Ursache
nismus-Stämmen bestehen (WHO, zurück: Allen gemein war ein hoher Kon-
1994). Mischkulturen zur Etablierung der sum von fermentierten Milchprodukten!
Darmflora werden normalerweise nicht Den für die Fermentation maßgeblichen
zu den Probiotika gezählt. Mikroorganismus nannte Metchnikoff
Bacillus bulgaricus, später Lactobacil-
Auch in der Humanernährung und Medi- lus bulgaricus. Bereits in den 20er Jah-
zin eingesetzte Mikroorganismen werden ren wurden diese Mikroorganismen beim
meist als Probiotika bezeichnet, wobei Menschen eingesetzt, um Durchfälle und
darunter jedoch nicht nur – wie in der andere Darmkrankheiten zu bekämpfen.
Tierernährung – lebende, sondern auch
abgetötete Mikroorganismen verstanden In den darauffolgenden Jahrzehnten
werden. wurde es relativ still um die Probiotika.
Erst in den 60er und 70er Jahren dieses
Jahrhunderts hat sich die Human- und
Einführung
10
Tierernährung wieder auf die Probiotika Heute stehen der Tierernährung eine
besonnen. Erste leistungsfähige Produk- Reihe definierter Stämme als Probiotika
te für die Tierernährung, die den spezifi- zur Verfügung, die zu den Gruppen der
schen Anforderungen für den Einsatz als Milchsäurebakterien, der Bacillussporen
Futterzusatzstoffe gerecht wurden, kamen oder der Hefen gehören.
in Europa jedoch erst Mitte der 80er
Jahre auf den Markt.
2. Ziel des Probiotikaeinsatzes
genommene Nahrung zu verdauen und
somit die darin enthaltenen Nährstoffe
dem Stoffwechsel bereitzustellen.
Mensch und Tier werden mit einem ste-
rilen Verdauungstrakt geboren. Aber Der Magen-Darmtrakt gliedert sich in
schon sehr rasch erfolgt die Besiedelung Magen, Dünndarm (Zwölffinger-, Leer-
von Magen und vor allem Darm mit und Hüftdarm) und Dickdarm (Blind-,
lebenden Keimen, der Mikroflora. Sie Grimm- und Mastdarm).
bildet dort ein offenes, komplexes Öko-
system, welches sehr wichtig für den Im Magen wird die aufgenommene Nah-
Organismus ist. Die Mikroflora ist einer- rung durch die von der Schleimhaut
seits an der Verdauung der Nährstoffe gebildete Säure stark angesäuert und die
beteiligt, andererseits wirkt sie lokal auf Eiweißverdauung vorwiegend durch die
das Immunsystem im Darm. Hierdurch Wirkung von Pepsin eingeleitet. Im Dünn-
ergeben sich ideale Möglichkeiten, auf darm wirken die unterschiedlichsten
natürlichem Wege Gesundheit, Wohlbe- Verdauungsenzyme ein und zerlegen die
finden und Leistung über die Mikroflora Nahrungspartikel in absorbierbare
positiv zu beeinflussen. Auf diesem Bestandteile. Um die Nährstoffabsorption
Gebiet gibt es seit langem Erfahrungen möglichst effizient zu gestalten, besitzt
und in jüngerer Zeit wird wieder verstärkt der Magen-Darmtrakt eine sehr große
wissenschaftlich darüber gearbeitet. Schleimhautoberfläche, die etwa das
100fache der Hautoberfläche beträgt.
Eine extrem große Absorptionsfläche
entsteht hauptsächlich durch die finger-
förmigen Ausstülpungen, die Zotten der
Um die Zusammenhänge zwischen Darm- Dünndarmwand (s. Abb.1). Hierdurch
flora und Verdauung aufzuzeigen, soll wird der Dünndarm zum Hauptort der
zunächst kurz auf den Aufbau und die Aufnahme von Nährstoffen, die über die
Aufgaben des Verdauungstraktes einge- Darmwand ins Blut übertreten. Nicht
gangen werden. Die Hauptaufgabe von absorbierte Nahrungsbestandteile wer-
Magen und Darm besteht darin, die auf- den insbesondere im Dickdarm,
2.1 Der Magen-Darmtrakt und seine Mikroflora
Aufgabe, Aufbau und Funktions-weise des Magen-Darmtraktes
11
Ziel des Probiotikaeinsatzes
z.T. durch die dort lebenden Mikroorga- Neben der Nährstoffabsorption hat der
nismen (Darmflora), abgebaut und ver- Darm eine bedeutende Rolle als größtes
daut, bis schließlich unfermentierte Immunorgan des Körpers. Damit ist er
Reste zusammen mit den Bakterien mit Bestandteil des körpereigenen Abwehr-
dem Kot ausgeschieden werden. systems und stellt eine wichtige Barriere
gegen eindringende Krankheitskeime dar.
Der Wiederkäuer verfügt im Gegensatz Neben allgemeinen Schutzmechanismen
zum Tier mit einhöhligem Magen (Mo- ist das Immunsystem mit seinen unspe-
nogaster) über ein mehrhöhliges Magen- zifischen und spezifischen Reaktionen an
system. Die Vormägen (Pansen-, Netz- der Keimabwehr beteiligt. Durch die
und Blättermagen) enthalten große Men- Magensäure und die Gallensalze sowie
gen lebender Mikroorganismen, die das durch spezifisch wirkende Antikörper
überwiegend aus pflanzlichen Kompo- werden krankmachende (pathogene),
nenten bestehende Futter vorverdauen. potentiell pathogene, aber auch apatho-
Der sich anschließende Labmagen ent- gene Keime gehemmt und ihr Eindringen
spricht in seiner Funktion dem einhöhli- in den Körper weitestgehend verhindert.
gen Magen der Monogaster. Dieser Vorgang wird durch die verdrän-
gend wirkende Darmflora sinnvoll
ergänzt.
Abbildung 1
Schematische Dar-
stellung der Vergrö-
ßerung der Darm-
oberfläche durch
Falten, Zotten und
Mikrozotten (aus:
Aspekte 8/97)
12
Falten(Plicae)
~ 1cm Höhe
Zotten(Villi)
~ 1mm Höhe
Mikrozotten(Mikrovilli)
~ 1µm Höhe
Krypte >
x 3 x 10 x 10
~ 0,3 m² ~ 1 m² ~ 10 m² ~ 100 m²
Ziel des Probiotikaeinsatzes
und unabdingbar für die Nährstoff-
versorgung des Wirtstieres. Die Vor-
Unter der Mikroflora des Magen- magenflora besteht aus ca. 10 Bakterien
Darmtraktes versteht man die Gesamtheit je ml, 10 - 10 Protozoen je ml und
aller Bakterien, Protozoen und Pilze. Sie einer kleineren Anzahl von Pilzen
umfaßt beim erwachsenen Menschen (Hefen). Mit Hilfe dieser Vormagenflora
insgesamt 10 Mikroorganismen, was ist es Wiederkäuern im Gegensatz zu
dem 22.000-fachen der derzeitigen Welt- Tieren mit einhöhligem Magen möglich,
bevölkerung entspricht. Damit hat der Nahrungsbestandteile, die mit den
Mensch im Verdauungstrakt ca. 10-mal eigenen Körperenzymen nicht abgebaut
mehr Zellen aus Mikroorganismen, als er werden können, zu nutzen. Außerdem
Körperzellen besitzt. Diese Mikroflora werden durch die Mikroorganismen im
wird aus ca. 400-500 verschiedenen Pansen die Futterproteine größtenteils
Arten zusammengesetzt. abgebaut und in mikrobielles Protein
umgewandelt. In vielen Fällen bedeutet
Bereits ab der Geburt und in den ersten dies eine Aufwertung des Proteins. Im
Lebensstunden wird der ursprünglich Dünndarm werden anschließend die
sterile Verdauungstrakt mit Keimen Bakterien verdaut und so die Protein-
besiedelt. Über seine gesamte Länge versorgung der Wiederkäuer verbessert.
weist er sehr unterschiedliche Keim- Außerdem sind die Mikroorganismen in
konzentrationen auf. der Lage, sehr rohfaserreiche Futtermittel
in energieliefernde kurzkettige Fettsäuren
So ist die Mikroflora im Inhalt des umzuwandeln.
einhöhligen Magens (z.B. bei Schwein
und Geflügel) zahlenmäßig klein (10 - Im Gegensatz zur Mikroflora in ein-
10 Bakterien / ml) und spielt dort nach höhligen bzw. mehrhöhligen Mägen
heutigem Kenntnisstand für die Funk- unterscheiden sich Monogaster und
tionen des Verdauungskanals nur eine Wiederkäuer in der Zusammensetzung
untergeordnete Rolle. und Funktion der Mikroflora ihres
Darmes kaum.
In den Wiederkäuervormägen hingegen Prinzipiell läßt sich feststellen, daß vom
ist die Mikroflora sehr zahlreich vertreten Dünndarm bis zum Blinddarm die
Ziel des ProbiotikaeinsatzesZiel des Probiotikaeinsatzes
Die Mikroflora
13
14
1
3
10
5 6
Ziel des Probiotikaeinsatzes
Gesamtzahl und die Artenvielfalt der Da bereits im mittleren Dünndarm nur
Bakterien deutlich zunimmt (Abb. 2). noch geringe Reste von Sauerstoff
Vom Zwölffingerdarm bis zum Mastdarm auftreten, nimmt der Anteil aerober
ändern sich die Lebensbedingungen für (unter Zufuhr von Sauerstoff wachs-
die Mikroorganismen stark (Sauerstoff- ender) Mikroorganismenarten vom
gehalt, pH-Wert, Nährstoff- und Zwölffingerdarm zum Mastdarm
Wassergehalt des Verdauungsbreies). drastisch ab, der Anteil anaerober
Dadurch ändern sich auch Zahl und Mikroorganismen (ohne Sauerstoff
Zusammensetzung der Darmmikroflora. wachsende) entsprechend zu.
14
Abbildung 2
Besiedelung ver-
schiedener Darm-
abschnitte mit
Mikroorganismen
(modifiziert nach
Gedek, 1991)
Speiseröhre
1 3Magen 10 - 10 / ml1 3Magen 10 - 10 / mlLactobazillen
Streptokokken
Enterobakterien
Bacteroides
Nahrungskeime
1 4Zwölffingerdarm 10 - 10 / ml1 4Zwölffingerdarm 10 - 10 / mlgleiche Keime wie im Magen
5 8Dünndarm 10 - 10 / g5 8Dünndarm 10 - 10 / gBacteroides
Streptokokken
Lactobakterien
Enterobakterien
9 12Dickdarm 10 - 10 / g
Bifidus
Bacteroides
Enterobakterien
Enterokokken
Lactobazillen
Clostridien
Fusobakterien
Veillornellen
Staphylokokken
Hefen
Proteus
Pseudomonas
1 310 - 10
20 - 10
3 610 - 10
9 1010 - 10
3 510 - 10
310
3> 10
4 710 - 10
5 710 - 102 510 - 10
Ziel des ProbiotikaeinsatzesZiel des Probiotikaeinsatzes
Neben solchen Bakterienarten, die den der Flora. Die typische Mikroflora
Verdauungstrakt dauerhaft besiedeln einzelner Darmabschnitte schwankt nur
(residente Flora), gibt es auch Arten, die innerhalb bestimmter Grenzen (vgl.
nur vorübergehend anzutreffen sind Tab. 1, S. 16) und bildet unter physio-
(transiente Flora). Viele Vertreter der logischen Bedingungen immer ein Fließ-
residenten Flora (z. B. milchsäure- gleichgewicht.
bildende Arten) können die Schleimhaut
und/oder die ihr aufgelagerte Schleim- Man unterscheidet zwischen der Haupt-,
schicht (Mukus) kolonisieren. Die Begleit- und Restflora. Dabei ist zu
transiente Flora siedelt sich im Darm berücksichtigen, daß nur die kultivier-
nicht an, sondern wird kontinuierlich mit baren Mikroorganismen in derartigen
dem Verdauungsbrei (Digesta) durch Untersuchungen erfaßt werden.
den Darm fortbewegt und schließlich mit Befindet sich die Mikroflora im Fließ-
dem Kot ausgeschieden. Protozoen und gleichgewicht, so beträgt der Anteil der
Pilze spielen im Darm eine unter- Hauptflora (dominante Flora) über 90 %
geordnete Rolle. der Gesamtflora. Sie setzt sich vor-
wiegend aus anaerob lebenden Arten
zusammen, die Milchsäure und andere
kurzkettige Fettsäuren bilden (Bifido-
bakterien, Lactobazillen, Bacteroides,
Das Zusammenleben der verschiedenen Eubakterien). Die Begleitflora hat einen
Bakterienarten im Magen-Darmtrakt im Anteil von ca. 1 % an der Gesamtflora
Sinne eines offenen Ökosystems, ist im und besteht u.a. aus Enterokokken und
Idealfall fein aufeinander abgestimmt. E. coli. Der Anteil der Restflora liegt
Abhängig von den jeweiligen unter 0,01 %. Sie wird zumeist von
Bedingungen im Verdauungstrakt stellt schädlichen Mikroorganismen wie
sich das Verhältnis der einzelnen Proteus, Staphylokokken und Pseudo-
Bakterienarten zueinander im Sinne monas gebildet.
eines dynamischen Gleichgewichts Ist die Haupt-, Begleit- und Restflora
(Fließgleichgewicht) ein. etwa im Verhältnis > 90 : 1 : 0,01
Mit den sich ändernden Bedingungen im zusammengesetzt, so wird dieser
Darm wechselt die Zusammensetzung Zustand als Eubiose bezeichnet.
Das Fließgleichgewicht der Mikroflora (Eubiose)
15
Ziel des Probiotikaeinsatzes
Aus dem Griechischen frei übersetzt von Stoffwechselprodukten. Im Gegen-
bedeutet Eubiose »gutes zug unterstützt die Darmflora im Zustand
Zusammenleben« der der Eubiose das Wirtstier durch wesent-
Mikroorganismenarten untereinander liche Aktivitäten wie:
und mit dem Wirtsorganismus. In
diesem Zustand leben Wirtstier und Schutz der Darmschleimhaut vor
Mikroflora symbiontisch (zum beider-Fremdkeimen
seitigen Nutzen) zusammen. Ist dieses
Antagonistische Wirkung gegen Verhältnis empfindlich gestört, spricht
Fremdkeimeman von Dysbiose (»schlechtes«
Zusammenleben).Beitrag zur Ausreifung und Stimu-
lierung des Immunsystems des Das Wirtstier bietet der Darmflora ideale
Wirtes, z. B. Immunglobulin ALebensbedingungen, wie konstante
Verdauung von NährstoffenTemperatur, pH-Wert-Regulation,
Nährstoffbereitstellung und Abtransport Vitamin-Synthese
!
!
!
!
!
Angaben der Keimzahlen als arithmetisches Mittel und Standardabweichung in Logharithmen / g Probe,6,3d.h. 6,3 entspricht 10 = 1 995 262 Keime/g)
1 2 3 Lactobazillen/ Bifidobakterien, Eubacterien, Bacteroidaceae, E. coli, Enterokokken, Anzahl der Untersuchungen
* modifiziert nach Gedek et al. (1992)
Tabelle 1
Zusammensetzung
der Darmflora beim
jungen Schwein
unter Berücksichti-
gung der Haupt-
und Begleitflora*
16
Darm- Lakto- Eubac- Bakteroi- E. coli Entero- Haupt- Begleit1 2abschnitt bacillen/ teria daceae kokken flora flora
3(n=9) Bifido-
bakterien
Zwölffinger-
Darm 6,3 ± 1,4 6,3 ± 1,3 4,1 ± 1,3 2,9 ± 0,7 2,3 ± 0,7 6,6 ± 1,3 3,0 ± 0,4
Leerdarm 7,7 ± 0,6 7,8 ± 0,6 5,4 ± 1,1 4,8 ± 1,5 3,9 ± 1,5 8,1 ± 0,6 4,9 ± 1,4
Hüftdarm 8,0 ± 1,1 8,3 ± 0,7 6,7 ± 0,8 6,6 ± 1,2 5,7 ± 0,7 8,6 ± 0,7 6,8 ± 1,0
Blinddarm 8,5 ± 0,2 8,9 ± 0,3 7,9 ± 0,6 7,0 ± 0,9 5,8 ± 0,2 9,2 ± 0,2 7,0 ± 0,9
Grimmdarm 8,7 ± 0,4 9,0 ± 0,5 7,9 ± 0,6 7,2 ± 1,0 5,8 ± 0,9 9,2 ± 0,4 7,3 ± 0,9
Ziel des ProbiotikaeinsatzesZiel des Probiotikaeinsatzes
Schon lange bevor es zu Durchfällen
kommt, können mikrobielle Ungleich-
gewichte (Dysbiosen) vorliegen und die
Nährstoffverwertung des Futters deutlich
verschlechtert sein.
Das Ökosystem Magen-Darmflora ist
einer Vielzahl äußerer Einflußfaktoren Solche Imbalancen der Darmflora sind
ausgesetzt. Dabei sind Einflüsse der charakterisiert durch eine Abnahme der
Fütterung von solchen zu unterscheiden, Keime der Hauptflora zu Gunsten der
die vom Wirtstier ausgehen. schädigenden Keime der Begleit- und
Restflora. In einer Dysbiose kann der
Das Futter stellt die Nahrungsgrundlage Anteil der Restflora in einzelnen Darm-
der Mikroorganismen dar. abschnitten durch Förderung der
Fütterungsfehler, drastische Futter- Wachstumsbedingungen von potentiell
wechsel, minderwertige Futterkompo- pathogenen Erregern, die sonst auf sehr
nenten und ungenügende Futterhygiene niedrigem Wachstumsniveau gehalten
wirken sich störend auf die Eubiose aus. werden, auf bis 40 % der Gesamtflora
Daneben wirken im Wirtstier gebildete ansteigen.
Verdauungssekrete (Gallensaft, Enzyme,
Puffer- und Schleimsubstanzen) sowie Die negativen Folgen einer Dysbiose
Immunsubstanzen im Magen-Darmtrakt können für das Wirtstier erheblich sein
direkt auf die Mikroorganismen ein. Die und äußern sich z. B. in einem
Freisetzung der Verdauungssekrete schlechten Allgemeinzustand und
sowie die Art und Häufigkeit der unzureichendem Wachstum bis hin zu
Darmbewegungen (Peristaltik) wird im Krankheitserscheinungen wie
hohen Maße durch Streß beeinflußt. Blähungen, Durchfall oder Verstopfung.
Wichtige Streßursachen sind in diesem Ursache hierfür sind vor allem bakterielle
Zusammenhang Trächtigkeit, Geburt, Toxine, die dem Wirtstier schaden durch:
Absetzen der Nachkommen von der - Beeinträchtigung des Darmepi-
Mutter, Neuordnung von Tiergruppen, thels sowie Verdickung der Darm-
Transport, hohe Besatzdichte, wand und damit Verschlechterung
fehlerhaftes Stallklima und Krankheiten. der Nährstoffabsorption
Störungen des Fließgleich-gewichtes der Mikroflora(Dysbiose)
17
Ziel des Probiotikaeinsatzes
- Schwächung des Immunsystems Erzeugung von Hemmstoffen wie des Wirtstieres
kurzkettige Fettsäuren (® pH-
Wert-Absenkung) sowie weiteren - Stoffwechselbelastung des Wirtes Substanzen, die gegen andere
durch die Entgiftung dieser Mikroorganismen einen bakteriellen Stoffe Selektionsvorteil bieten, ohne die
gewünschte Darmflora zu
unterdrücken
Verdrängung bzw. Verhinderung Den wesentlichen Teil der Darmflora der Anheftung potentiell stellen in der Eubiose die erwünschten pathogener Keime an der Mikroorganismen dar.DarmschleimhautBestimmte, dem Futter gezielt zugesetzte
Mikroorganismen (Probiotika) wirken Unterdrückung der Bildung Störungen des Fließgleichgewichts der mikrobieller ToxineDarmflora entgegen und führen zur
Stimulierung des lokalen Eubiose. Hierdurch kann der Besiedlung Immunsystems im Darmunerwünschter Keime im Darm
entgegengewirkt werden. Beeinflussung der physiko-
Nicht alle Wirkungen von Probiotika chemischen Verhältnisse im Darm,
konnten bis heute ausreichend z. B. pH-Wert und Redox-Potential,
wissenschaftlich begründet werden. Ihre wodurch die Wachstums-
positive Gesamtwirkung, die auf der bedingungen nicht erwünschter
Entfaltung der Stoffwechselaktivität Keime begrenzt werden
beruht, setzt sich aus direkten, aber vor Beeinflussung des Gallensäure-
allem aus einer Vielzahl von indirekten abbaus und damit Unterstützung
Wirkungen zusammen (vgl. Abb. 3).der Fettabsorption
Als Wirkungsmechanismen für
Probiotika allgemein werden Beeinflussung des Darmepithels
angenommen:Verbesserung der
Absorptionskapazität
!
!
!
!
!
!
!
!
2.2 Wirkungsweise der Probiotika
18
Ziel des Probiotikaeinsatzes
Abbildung 3
Mikrobiotische
Wechselwirkungen
im Darm
19
modifiziert nach Stewart et al., 1995
Die
wird stimuliert, die
Wirksamkeit von
Wirtsantikörpern
gesteigert.
Immunantwort
Durch
behindern Probiotika
die Anhaftung und Ver-
mehrung von Erregern.
Aggregation
Probiotika blockieren
Darmrezeptoren und
schließen so Erreger
aus: »competitive
exclusion«
Nährstoff-
konkurrenz
Probiotika und Erre-
ger konkurrieren um
wichtige Nährstoffe.
Maskierung
Wo Probiotika Darm-
rezeptoren besetzen,
können Enterotoxine
nicht binden.
Erkrankung
Erreger und deren
Toxine haften an
Schleim- und Zellre-
zeptoren des Darmes
und schädigen diesen.
Die in der Tierernährung eingesetzten
Probiotika lassen sich in drei
wesentliche Gruppen unterteilen: Milchsäurebakterien werden seit Jahr-
Milchsäurebakterien, Bacillussporen und tausenden zur Herstellung von fermen-
Hefen. Die als Probiotika verwendeten tierten Milchprodukten und Silagen
Stämme unterscheiden sich in genutzt. Einige Milchsäurebakterien
bestimmten Merkmalen von den in der bilden die Hauptflora des Darmes und
Natur vorkommenden Wildstämmen sind somit unabdingbarer Bestandteil
derselben Gattung. Dies betrifft der residenten Mikroflora bei Mensch
insbesondere ihre hohe Anwender- und Tier.
sicherheit und die Wirkung im Magen-
Darmtrakt. Milchsäurebakterien wandeln durch Ver-
gärung bestimmte Zuckerarten vornehm-
Es bestehen deutliche Unterschiede lich in Milchsäure um.
zwischen den Probiotikagruppen in
Bezug auf ihre Eigenschaften, ihre Aus einer breiten Palette bekannter Arten
Herkunft und ihre Wirkungsweise. wurden einige geeignete Stämme
ausgewählt und als probiotische Futter-
zusatzstoffe entwickelt. Wichtige
Milchsäurebakterien-Probiotika gehören
zu den Gattungen: Lactobazillen,
Bifidobakterien und Enterokokken. Die
bedeutendste Rolle in der Tierernährung
spielt dabei die Art Enterococcus
faecium (früher bezeichnet als
Streptococcus faecium).
Die Besonderheit der Milchsäure
produzierenden Probiotika beruht nach
derzeitigem Wissensstand hauptsächlich
auf der Entfaltung ihrer Stoffwechsel-
aktivität im Darm sowie der Freisetzung
antimikrobieller Substanzen und der
Ausbildung eines Biofilms zum Schutz
der Darmschleimhaut.
3.1 Milchsäurebakterien
3. Die verschiedenen Probiotika
Abbildung 4
Milchsäure-
bakterien unter dem
Elektronen-
mikroskop20
Die verschiedenen Probiotika
Milchsäure sowie von einzelnen
Stämmen gebildetes Wasserstoffperoxid
hemmen andere Bakterien. Darüber
hinaus senkt Milchsäure lokal den
pH-Wert im Darm, wodurch säurelabile
Keime reduziert werden. Laborbefunde
(in-vitro Tests) deuten darauf hin, daß
einige Milchsäurebakterien darüber
hinaus Stoffe freisetzen, die das Anheften
anderer Keimarten an das Darmepithel
stören. Welche Bedeutung diese Stoffe
für die tatsächlichen Verhältnisse im der Milchsäurebakterien auf das Wirtstier
Darm haben, ist noch ungeklärt. durch die Stärkung der unspezifischen
Außerdem beeinflussen Milchsäure- Abwehrkraft.
bakterien das Redoxpotential im Darm
und nehmen dadurch Einfluß auf die
Lebensbedingungen anderer Keime.
Die Gattung Bacillus umfaßt eine
Vielzahl stäbchenförmiger, grampositiver
Mikroorganismen, die natürlicherweise
Durch die rasche Vermehrung der im Boden vorkommen. Aus dieser
probiotischen Milchsäurebakterien im heterogenen Gruppe sind einige wenige
Darm wird eine Barriere gegen andere Stämme auf Grund ihrer guten
Bakterien aufgebaut. Teil dieses Wirksamkeit für den Einsatz in der
Schutzwalls sind die von einigen Tierernährung ausgewählt worden.
Milchsäurebakterien gebildeten
Mukopolysaccharide und andere Die natürliche Versporung der Bacillus-
Schleimsubstanzen. Probiotika bietet einen guten Schutz
In diese Schleimschicht sind vor allem gegenüber äußeren Einflüssen
die Bakterien der Hauptflora sowie (s. Kap. 5.3). Dadurch bleibt die für die
Immunglobuline eingebettet. Wirksamkeit essentielle Lebensfähigkeit
Daneben gibt es positive Auswirkungen dieser Mikroorganismen auch unter
Freisetzung antimikrobiellerSubstanzen
3.2 Bacillussporen
Aufbau einer bakteriellen Barriere
Abbildung 5
Bacillussporen und
vegetative Keime
unter dem Licht-
mikroskop
21
Spore
Vegetativer Keim
Die verschiedenen Probiotika
hohen Belastungen gewährleistet. Eine wechselaktivität drastisch an.
Optimierung dieser Versporung bei der Stoffwechselprodukte werden dabei in
Herstellung solcher Probiotika ist daher die Umgebung freigesetzt. Solche Stoffe
eine wichtige Voraussetzung für eine können eine der Ursachen für die
gute Produktqualität. selektive Verschlechterung der Entwick-
lungsmöglichkeiten krankmachender
Werden Bacillussporen über das Futter Keime sein. Auch die nachgewiesene
aufgenommen, so keimen sie im Ver- Stabilisierung der im Darm etablierten,
dauungstrakt aus und wachsen als erwünschten Hauptflora durch Bacillus-
vegetative Zellen heran, vermehren sich Probiotika, steht voraussichtlich hiermit
jedoch nur unwesentlich. im Zusammenhang.
Bezüglich der Besiedelung des Verdau-
ungstraktes von Tieren spielen Bacillus-
arten keine Rolle. Man zählt sie deshalb
definitionsgemäß zur transienten Flora.
Schon seit Jahrhunderten werden
Als exogene Keime besitzen Bacillus- ausgewählte Stämme der Hefe
Probiotika ein starkes Potential zur Saccharomyces cerevisiae vom
Stimulierung der lokalen Immunität im Menschen für die Herstellung von
Darm der Tiere. Lebensmitteln, z. B. als Backhefe oder
Der Auskeimungsprozeß, ein typisches zur Produktion alkoholischer Getränke,
Merkmal der Bacillusarten, erfolgt nur eingesetzt. Aus der Vielzahl der in der
unter Wasserzutritt und Wärme- Natur vorkommenden Stämme von
einwirkung. Inwieweit auch andere S. cerevisiae wurden verschiedene auf
Faktoren, wie z.B. der pH-Wert, die ihre Wirksamkeit im Verdauungstrakt
Auskeimungsrate beeinflussen, ist nicht untersucht und in Reinkultur weiter
abschließend geklärt. vermehrt. Hieraus wurden dann Produkte
Die als Probiotikum eingesetzten entwickelt, die sich aus lebensfähigen
Bacillussporen müssen zum über- Hefezellen eines Reinkultur-
wiegenden Teil im oberen Verdauungs- Zuchtstammes und seines getrockneten
trakt auskeimen, um ihre Wirksamkeit Nährsubstrates zusammensetzen.
bereits in den für die Nährstoffabsorption
wichtigsten Darmabschnitten zu Durch ihre Stoffwechselaktivität
entfalten. Vergleichbar mit einem unterscheiden sich die spezifischen
auskeimenden Getreidekorn steigt auch Probiotika-Hefen von gewöhnlichen
in der keimenden Spore die Stoff- Brauereihefen, die als Einzelfuttermittel
3.3 Hefen
22
Die verschiedenen Probiotika
Abbildung 6
Bindung von E. coli
an die Hefeoberflä-
che (Gedek, 1990)
wegen ihres Nährstoffgehaltes in Eine gesteigerte zellulolytische Aktivität
abgetöteter Form verfüttert werden. im Pansen erhöht die Nährstoff-
verdaulichkeit, insbesondere die von
Nach der Verfütterung sind die rohfaserreichen Rationen.
Probiotika-Hefen im Magen und Auch bei Pferden tragen Probiotika-
Dünndarm stoffwechselaktiv, sterben in Hefen dazu bei, daß die Gesamt-
den hinteren Darmabschnitten jedoch ab. verdaulichkeit der Rohfaser steigt.
Ihre wesentliche Wirkung, der Verbrauch
von Sauerstoff, ist insbesondere im
Vormagen der Wiederkäuer von
Bedeutung. Dadurch verändern sie das
Redoxpotential und schaffen ungünstige
Bedingungen für aerobe Keimarten.
Gleichzeitig verhelfen sie anaeroben
Mikroorganismen zu günstigen
Bedingungen. Dies ist insbesondere für
faserspaltende (zellulolytische) und
milchsäurezehrende Mikroorganismen
im Pansen von Bedeutung.
23
4. Probiotika als Futterzusatzstoffe
seiner Qualität, Wirksamkeit und seiner
Sicherheit für Mensch, Tier und Umwelt
positiv beurteilt haben.
Die in der Tierernährung eingesetzten
Probiotika müssen EG-einheitlich als Ist ein Probiotikum zugelassen, so wird
mikrobielle Futterzusatzstoffe zugelassen der in dem Produkt enthaltene Mikro-
sein. Hierzu belegen die Herstellerfirmen organismus in die Liste der
die Unbedenklichkeit, Wirksamkeit und zugelassenen Zusatzstoffe der o.g.
Stabilität ihrer Produkte an Hand Zusatzstoff-Richtlinie 70/524/EWG
umfangreicher Versuche. Die sowohl eingetragen. Aus der Eintragung ist u.a.
unter Labor- als auch unter Praxisbedin- ersichtlich, für welche Tierarten und in
gungen durchgeführten Untersuchungen welchem Dosierungsrahmen das
entsprechen den Zulassungs- Probiotikum in der Tierernährung
vorschriften der europäischen eingesetzt werden kann.
Gemeinschaft (Richtlinie 70/524/EWG
über Zusatzstoffe in der Tierernährung
und Richtlinie 87/153/EWG zur Fest-
legung von Leitlinien zur Beurteilung
von Zusatzstoffen). Eine Stabilisierung der Darmflora von
Dabei ist u.a. detailliert festgelegt, Tieren kann nur wirkungsvoll erreicht
welche Daten zur Identität, zur werden, wenn Probiotika kontinuierlich
Kombinierbarkeit mit anderen Zusatz- mit dem Futter verabreicht werden. Die
stoffen und zur Wirksamkeit des Mikro- kontinuierliche Zufuhr mit dem Futter ist
organismus vorzulegen sind. Zudem erforderlich, da die in der Tierernährung
werden grundlegende Untersuchungen eingesetzten Probiotika-Stämme sich
gefordert, die sicherstellen, daß eine nicht dauerhaft im Darm ansiedeln.
Toxizität sowie eine Weitergabe von Kurzfristige, erhöhte Probiotika-Gaben
Resistenzen, die eine wirksame können in bestimmten Belastungs-
Behandlung von Krankheiten durch situationen sinnvoll sein, sollten jedoch
Antibiotika behindern könnten, durch eine langfristige Verabreichung
ausgeschlossen werden können. mit dem Futter fortgeführt werden.
Die Zulassung erfolgt erst dann, wenn Pauschale Angaben zur optimalen
die Sachverständigen aller Mitglied- Dosierung und zum Einsatzzeitraum von
staaten sowie der wissenschaftliche Probiotika sind nicht möglich, weil
Ausschuß der Kommission das Faktoren wie die Stabilität im Futter und
betreffende Probiotikum hinsichtlich im Verdauungstrakt sowie die
4.1 FuttermittelrechtlicheRegelungen
4.2 Einsatzempfehlungen
24
Probiotika als Futterzusatzstoffe
spezifischen Wirkungsmechanismen der Einmischrate im Wachstumsverlauf
jeweils enthaltenen Mikroorganismen meist reduziert werden, ohne daß die zur
ebenso wie der Status der Darmflora im Wirkung erforderliche Menge an
Zieltier die Wirksamkeit der jeweiligen probiotisch wirksamen Mikroorganismen
Produkte beeinflussen. im Verdauungstrakt unterschritten wird.
Demzufolge ist es nicht möglich, allein
vom Gehalt der kolonie-bildenden Allgemein gilt, daß höhere Probiotika-
Einheiten (KBE) die Einmischrate im gehalte im Futter empfohlen werden,
Futter bzw. die zu verabreichende Menge wenn
je Tier und Tag unabhängig vom Produkt
abzuleiten. die Darmflora noch nicht etabliert
Daraus folgt auch, daß Produkte nicht ist (Jungtiere)
auf Basis der KBE-Gehaltsangaben
hinsichtlich ihrer Wirksamkeit verglichen Streßfaktoren wie z.B. werden können. Vielmehr muß die Futterumstellung, Umstallung und optimale Dosierung für jedes einzelne Stallklima die Darmflora Produkt und für die verschiedenen Tier-destabilisierenarten im Fütterungsversuch ermittelt
werden. Grundlage für den Einsatz sind
daher die auf Wirksamkeitsuntersuch- ein erhöhter Infektionsdruck ungen basierenden Angaben der erwartet wird (z.B. Zusammen-Hersteller. führen verschiedener Tierbestände,
Klimaeinfluß)Allgemein ist jedoch für alle Probiotika
davon auszugehen, daß in Phasen mit die Futterzusammensetzung eine
einer instabilen Zusammensetzung der Vermehrung pathogener Keime im
Darmflora eine höhere Einmischrate Verdauungstrakt begünstigt
eines Probiotikums erforderlich ist, als (höherer Gehalt an puffernden
in Phasen, in denen eine stabile Mikro-Inhaltsstoffen, wie z.B. Proteine,
flora im Verdauungstrakt etabliert ist.Phosphor oder Kalzium, geringer
Hinzu kommt, daß die Gesamtaufnahme Rohfasergehalt)
der dem Futter zugesetzten Probiotika
bei älteren Tieren, bedingt durch die
erhöhte Futteraufnahme, größer ist, als die Darmflora durch einen
bei Jungtieren. So kann bei Therapeutikaeinsatz, speziell durch
kontinuierlicher Probiotikazufuhr die Antibiotika, negativ beeinflußt wird
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25
Probiotika als Futterzusatzstoffe
Die Dosierung der Probiotika erfolgt in muß gegeben sein. Da insbesondere
Gewichtseinheiten bezogen auf eine antibiotische Wirkstoffe Mikroorganis-
Tonne Mischfutter. In den verschiedenen men hemmen, erhebt sich die Frage, ob
Produkt-Formulierungen ist der Gehalt sie die Probiotika-Wirkung beeinträch-
der Mikroorganismen unterschiedlich tigen. Auf den ersten Blick erscheint es
[KBE/g]. Hierdurch kommt es oft zu daher widersprüchlich diese zusammen
Verwirrungen bezüglich der jeweiligen mit Mikroorganismen dem Futter
Einmischrate der Probiotika in zuzufügen. Jedoch weisen Versuchs-
Vormischungen oder im Mischfutter. ergebnisse darauf hin, daß man über die
Auch weicht die Deklaration der Unterdrückung pathogener Keime mittels
entsprechenden Einheiten [KBE/g bzw. antibiotischer Wirkstoffe und die Unter-
KBE/kg] von der für die meisten anderen stützung der Darmflora durch Probiotika
Zusatzstoffe üblichen Gewichtsangabe sogar positive Kombinationswirkungen
[mg/kg] ab. erzielen kann.
Im folgenden werden zur Verdeutlichung Im Hinblick auf Mikroorganismen, deren
Beispiele für die am häufigsten Wirksamkeit stark von ihrer Stoff-
eingesetzten Probiotika-Formulierungen wechselaktivität im Verdauungstrakt
und gängigen Dosierungen in Allein- abhängt (Vermehrung, Auskeimung von
futtern oder in Vormischungen und Sporen), muß belegt sein, daß diese in
Ergänzungsfuttern mit verschiedenen Gegenwart antibiotischer Substanzen
Einmischraten aufgeführt (s. Tab. 2). erhalten bleibt.
Zudem sind die jeweils zu deklarie-
renden koloniebildenden Einheiten Futtermittelrechtlich ist der gemeinsame
angegeben. Einsatz von Probiotika mit Leistungs-
förderern sowie Kokzidiostatika und
anderen Arzneimitteln zulässig. Welche
dieser Substanzen mit einem
Probiotikum kombiniert werden können,
ist Bestandteil der Zulassung des
Wirkstoffvormischungen sowie betreffenden Probiotikums.
Mischfuttermittel enthalten eine Vielzahl Auch andere Substanzen wie z.B.
von Einzelsubstanzen, deren Säuren, pflanzliche Wirkstoffe, Spuren-
Kombinierbarkeit untereinander geprüft elemente und Mineralstoffe können
werden muß. Die Stabilität der Probiotika Mikroorganismen beeinträchtigen, so
in diesen Mischungen sowie die daß eine Kombination ggf. geprüft
Verfügbarkeit und Effektivität im Tier werden muß.
4.3 Kompatibilität mit anderenWirkstoffen
26
Probiotika als Futterzusatzstoffe
27
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Probiotika als Futterzusatzstoffe
Zur Beurteilung der Kompatibilität Alle Probiotika wirken nach bisherigem
kommen international mehrere Test- Kenntnisstand insbesondere durch die
verfahren zum Einsatz. Unterstützung des Fließgleichgewichts
der Darmflora (s. Kap. 2). Hierdurch
kann die Vitalität und das Wohlbefinden
1. Dilutionstest der Tiere gesteigert werden.
2. Agardiffusionstest Ernährungsbedingte Verdauungs-
3. Epsilon-Test (E-Test) störungen und Verluste werden reduziert.
Die mit diesen Verfahren bestimmte Vitale Tiere setzen die mit dem Futter
Minimale-Hemm-Konzentration (MHK, aufgenommenen Nährstoffe in gleich-
engl. MIC) gibt einen ersten Eindruck mäßiges Wachstum um. Somit resultiert
darüber, inwieweit eine Kombination der direkte Einfluß auf die Darmflora
eines Mikroorganismus mit anderen auch in einer Absicherung hoher
Substanzen möglich ist. Leistungen wie z.B. der Reduzierung des
Futteraufwands und der Verbesserung
der täglichen Zunahme.
Einige Untersuchungen haben gezeigt, Die Auswertung vieler wissenschaftlicher
daß die anhand des MHK-Wertes Untersuchungen und Praxisstudien
erwartete Hemmung eines Probiotikums belegt den positiven Einfluß von
durch eine Substanz im Fütterungs- Probiotika (s. Tab. 3).
versuch (in-vivo) nicht nachgewiesen
wurde. Dies ist erklärbar, da in dem Wie aus Tabelle 3 aber ebenfalls ersicht-
komplexen Darmsystem viele Faktoren lich ist, wurden in einigen Versuchen
die hemmende Wirkung von Substanzen durch die Verwendung von Probiotika
abschwächen können. keine zusätzlichen Effekte erzielt. Dies ist
Die in-vitro Methoden können somit auch verständlich, da der Ausgangs-
zwar wichtige Hinweise auf eventuelle status bezüglich der mikrobiellen
Interaktionen zwischen Probiotika und Besiedelung im Verdauungstrakt sehr
anderen Substanzen liefern. In unterschiedlich sein kann.
Zweifelsfällen sollte aber die
Kompatibilität im Fütterungsversuch Das Ausmaß einer Verbesserung bzw.
überprüft werden. Erhaltung von Wohlbefinden und
In-vitro Tests (»Labor-Verfahren«)
Diskrepanz zwischen in-vitro und
in-vivo Ergebnissen
Methoden zur Überprüfungder Kompatibilität
4.4 Ökonomischer und ökologischer Nutzen
28
Probiotika als Futterzusatzstoffe
Leistung hängt zudem von weiteren Sau und Jahr. Darüberhinaus lassen sich
Faktoren ab, insbesondere der Rations- erhebliche betriebswirtschaftliche Vor-
gestaltung, den Hygienebedingungen teile durch geringere Verluste erzielen.
und dem Leistungsniveau.
In der Mast äußert sich eine ungünstige
Eine genaue Voraussage der zu Zusammensetzung der Darmflora selten
erwartenden Höhe der Probiotika-Effekte in deutlich erkennbaren Durchfall-
ist daher nicht möglich. erscheinungen und damit verbundenen
Verlusten. Jedoch sind Leistungsdepres-
In der Ferkelaufzucht z.B. werden sionen häufig auf eine Dysbiose zurück-
insbesondere die Parameter Verluste, zuführen. Die Stabilisierung der Darm-
tägliche Zunahme und Futteraufwand flora mittels Probiotika sichert daher bei
durch Probiotika positiv beeinflußt. Masttieren ein hohes Leistungsniveau.
Daneben werden häufig aber auch ein Der jeweilige wirtschaftliche Nutzen in
gleichmäßigeres Wachstum der Tiere der Mast errechnet sich dabei
und somit homogenere Gruppen erzielt, insbesondere über den Anstieg der
woraus ebenfalls ein zusätzlicher Gewinn täglichen Zunahme sowie die Reduktion
beim Verkauf der Ferkel resultieren kann. der Mastdauer und des Futteraufwands.
Grundsätzlich entspricht ein um ca.
0,5 kg höheres Ferkelgewicht bei 20 Zudem können mittels Probiotika der
Ferkeln je Sau und Jahr ca. 10 kg Arzneimitteleinsatz vermindert und damit
zusätzlichem Verkaufsgewicht und damit die daraus entstehenden Kosten reduziert
einem Mehrerlös. Eine Futtereinsparung werden.
von 50 g je kg erzeugtem Ferkelgewicht
(d.h. ca. 1 kg Futter weniger je Ferkel)
bedeutet ca. 20 kg weniger Saugferkel-
futter bei 20 aufgezogenen Ferkeln je
Tabelle 3
Einfluß verschiedener
Probiotika auf die
Leistung einiger land-
wirtschaftlicher Nutz-
tiere (in Anlehnung an
Freitag et al., 1998)
Ferkelaufzucht + 4,8 - 1,5(- 8,1 bis + 24,3) (+ 3,1 bis - 9,3)
Kälberaufzucht + 5,4 - 2,5(- 5,3 bis + 21,7) (+ 3,6 bis -7,9)
Schweinemast + 3,7 - 5,1(- 0,3 bis + 6,7) (- 1,4 bis - 7,1)
Rindermast + 3,4 - 2,7(- 4,3 bis + 7,2) (+ 7,6 bis - 4,7)
Produktions- Tägliche Zunahme Futteraufwandzweig [% zur Kontrolle] [% zur Kontrolle]
29
Tabelle 4
Einfluß der Probio-
tikagabe auf die
Proteinverdaulich-
keit und den Roh-
proteinansatz bei
Ferkeln
Stickstoff-Verdaulichkeit Stickstoff-Ansatz Autoren-0,75 -1[%] [gx W Tag ]*
Kontrolle Probiotikum** Kontrolle Probiotikum**a b a b81,05 82,86 1,24 1,34 Scheuermann, 1993c d78,70 83,20 1,76 1,81 Tossenberger et al., 1994
9* bezogen auf das metabolische Körpergewicht, ** Dosierung: 1 x 10 KBE je kg Ferkelfuttera,b,c,d: mit Hochbuchstaben gekennzeichnete Ergebnisse unterscheiden sich signifikant
Durch die Absicherung hoher Leistungen Ausscheidungen wie Dung und Gülle mit
und die Vermeidung von Problem- vermindertem Restnährstoffgehalt
situationen tragen Probiotika auch zu entlastet. So ist es z.B. möglich, durch
einer umwelt- und ressourcen- Probiotika die Stickstoffausscheidung
schonenden Tierhaltung bei. Die Umwelt über eine verbesserte Verdaulichkeit und
wird dabei hauptsächlich durch die einen höheren Ansatz von Stickstoff zu
reduzierte Menge tierischer senken (s. Tab. 4).
30
Probiotika als Futterzusatzstoffe
5. Produktqualität und Umwelt
Wirksamkeit im Tier.
Entscheidend sind zudem Aspekte der
Sicherheit (s. Kap. 5.2).
Für die Produktion ist wichtig, daß der
Mikroorganismus sich im Großmaßstab
effektiv vermehren läßt und dabei
genetisch stabil bleibt.
Mikroorganismen, die zur Herstellung
eines Probiotikums eingesetzt werden,
unterliegen einem aufwendigen
Ausleseverfahren.
Aus ihrer natürlichen Umwelt selektierte Probiotika werden mittels Fermentation
Mikroorganismen durchlaufen spezifi- hergestellt. Hierbei handelt es sich um
sche Prüfungen, zuerst mikrobiologische ein biologisches Verfahren zur
Tests, dann Selektionsverfahren im Anzüchtung und Vermehrung von
Hinblick auf ihre Eignung für die Mikroorganismen unter kontrollierter
Tierernährung. Dazu stellt man u.a. das Zugabe von Nährstoffen. Alle ein-
jeweilige Fermentationsprofil des gesetzten Rohstoffe, die der Herstellung
Mikroorganismus fest, d.h. welche dienen, unterliegen strengen Qualitäts-
Substrate kann er zu welchen kontrollen. Der sterile Fermenter wird mit
Substanzen verstoffwechseln (im API- der mikrobiologischen Stammkultur
Testverfahren z.B. Zucker zu Milchsäure). (master seed) direkt oder über eine
Auch ist eine umfassende und genaue Vorkultur beimpft. Alle maßgeblichen
Charakterisierung des Mikroorganismus Parameter in der Prozeßkontrolle werden
erforderlich. Hierzu dient z.B. der permanent überwacht. Danach erfolgt die
»genetische Fingerabdruck«, der mittels Konzentrierung, auch Zellernte genannt.
molekularbiologischer Methoden (z.B. Spezielle Trocknungsverfahren und ggf.
DNA-Analyse) bestimmt wird. die Zugabe spezifischer Stabilisatoren
Außerdem wird geprüft, wie sich der schließen den Herstellungsprozeß
Mikroorganismus im landwirtschaft- ab. Bei einigen Produkten werden die
lichen Nutztier verhält; ob er die Mikroorganismen zur Verbesserung der
Magenpassage überlebt; wie lange er im Stabilität durch Mikrokapseln oder
Darm bleibt und ob er das Ökosystem Mikrospheren geschützt.
Darmflora bioregulativ beeinflußt. Dies Eine schematische Darstellung des
ist die Grundlage für ein weiteres Herstellungsprozesses zeigt Ab-
Selektionskriterium, die Überprüfung der bildung 7.
5.1 Herstellung und Qualitätssicherung
Selektion der Produktions-stämme
Herstellung
31
Produktqualität und Umwelt
Abbildung 7
Darstellung der
Probiotika-
Produktion
Identifikation der Stammkultur(z.B. morphologische, biochemische und plasmid-elektrophoretische Methoden)
Vergleich von »Master Seed« und Starterkultur mit den originalen Isolaten
Produktion der Zellkultur bzw. Zellkulturen in Fermentern
Aufkonzentrieren(z.B. durch Zentrifugation)
TrocknungGefriertrocknung, Stabilisierung und Standardisierung
QualitätskontrolleKBE pro g, Trockensubstanz, Reinheit, Vergleich mit Stammkultur
ggf. zusätzliche Schutzmaßnahmen(z.B. durch Umhüllung)
ggf. Mischen mit Trägerstoff
Qualitätskontrolle
Verpackung
32
Produktqualität und Umwelt
Während des Herstellungsprozesses
sowie im Endprodukt erfolgt eine
Qualitätskontrolle. Diese umfaßt die
Überprüfung der genetischen Reinheit,
die Keimzahl und die Reinheit von
unerwünschten Substanzen (z.B.
Mykotoxine und Schwermetalle).
Die Keimzahl wird mit Hilfe dezimaler
Verdünnungsreihen und spezifischer
Nährböden bestimmt (s. Abb. 8).
Die Endformulierung und Standardi-
sierung erfolgt in der Regel durch
Mischen mit einem Trägerstoff, um eine
homogene Verteilung des Probiotikums
im jeweiligen Futtertyp zu gewährleisten.
Als Probiotika in der Tierernährung
werden nur solche Mikroorganismen
eingesetzt, die mittels modernster
Methoden charakterisiert und gemäß der
Zulassungsvorschriften geprüft wurden.
Alle verwendeten Stämme sind in
amtlich anerkannten Kultursammlungen
hinterlegt. Es wird sichergestellt, daß die
spezifischen Stammeigenschaften der
Probiotika konstant bleiben und den
höchsten Reinheitsanforderungen
genügen.
Abbildung 8
Dezimale
Verdünnungsreihe
zur Keimzahl-
bestimmung
10
10
10
Qualitätssicherung
5.2 Anwendungssicherheit
33
-3
-4
-5
Produktqualität und Umwelt
Der Mensch hat mit Probiotika in der Die als Futterzusatzstoff in der
Tierernährung auf zweierlei Weise Tierernährung zugelassenen
Kontakt: Als Mitarbeiter bei der Mikroorganismen zeichnen sich generell
Herstellung von Vormischungen und durch eine sehr gute Verträglichkeit aus.
Mischfuttermitteln und als Tierhalter bei Selbst bei Überschreitung der
der Fütterung. Durch den Umgang mit empfohlenen Dosierungen im Futter um
Probiotika besteht in beiden Fällen keine das mehr als tausendfache kommt es
Gefährdung für den Anwender. nicht zu einer Dysbiose im Verdauungs-
In umfangreichen Untersuchungen ist trakt. Probiotika stellen somit keine
belegt worden, daß ein direkter Kontakt Gefahr für die Gesundheit der Tiere dar.
mit zugelassenen Probiotika über Haut, Da sie aus dem Darm nicht in den
Mund oder Nase zu keinen Beein- Tierkörper gelangen, können sie nicht in
trächtigungen der menschlichen Stoffwechselvorgänge eingreifen bzw.
Gesundheit führt. In Modellversuchen das Tier nicht negativ beeinträchtigen.
wurde nachgewiesen, daß auch die
längerfristige oder erhöhte
Verabreichung keine gesundheitlichen
Schäden nach sich zieht.
Nach ihrer Wirkung im Magen und Darm
Als Konsument von Nahrungsmitteln des Tieres gelangen die probiotischen
hingegen kommt der Mensch mit den Mikroorganismen sowie die übrigen
verfütterten Probiotika nicht in Keime, die den Verdauungstrakt
Berührung. Probiotika werden nur mit besiedeln, mit dem verdauten
dem Futter verabreicht und ihre Wirkung Nahrungsbrei zum Darmausgang. Auf
ist ausschließlich auf den Magen und diesem Wege stirbt ein Großteil der
Darm beschränkt. Da sie nicht absorbiert probiotischen Mikroorganismen ab, da
werden, können Probiotika nicht in die ihr Wachstum oder ihre Vermehrung im
vom Tier stammenden Nahrungsmittel Rahmen der Keimkonkurrenz in den
übertreten und damit nicht zu hinteren Darmabschnitten eingeschränkt
Rückständen führen. wird. Die Entwicklung der Hefen wird
zudem durch den Sauerstoffmangel im
Dickdarm stark unterdrückt. Zum Teil
werden die Probiotika wie andere
organische Nahrungsbestandteile bereits
Sicherheit für den Menschen Sicherheit für das Tier
Sicherheit für die Umwelt
34
im Darm abgebaut und verdaut. Die in der Tierernährung zur Zeit
Nur ein geringer Teil der probiotischen eingesetzten Probiotika unterscheiden
Mikroorganismen wird lebend mit dem sich grundsätzlich in ihren technischen
Kot der Tiere ausgeschieden. Hiervon Eigenschaften.
wiederum überleben nur wenige in Mist
und Gülle und gelangen auf Äcker und
Grünland zurück. Gegenstand der
Zulassung eines Probiotikums ist ein
entsprechender Nachweis der Unbedenk- Milchsäurebakterien bilden als
lichkeit für die Umwelt. Grundsätzlich natürliche Darmbewohner keine Sporen.
sind in dieser Hinsicht keine negativen Deshalb sind sie den chemischen und
Auswirkungen zu erwarten, da alle physikalischen Belastungen, z.B.
Mikroorganismen der Natur entstammen. während der Pelletierung, in einfacher,
getrockneter Form zunächst schutzlos
ausgeliefert. Somit ist es notwendig,
diese Bakterien entweder nur in Futter-
typen mit relativ geringer technischer
Beanspruchung der Keime (z.B. in
Milchaustauschern) einzusetzen oder sie
speziell gegen mechanische und
Bei der Herstellung von Mischfutter- thermische Einflüsse bei der Futter-
mitteln, insbesondere bei der herstellung, bei Transport und Lagerung
Pelletierung und in Mineralfuttermitteln zu schützen.
sind die Probiotika unterschiedlichen
chemischen, mechanischen und
thermischen Beanspruchungen
ausgesetzt. Für die Wirksamkeit der
Probiotika ist es jedoch unerläßlich, daß
ihre Lebensfähigkeit nicht beeinträchtigt
wird. Die Vitalität, d.h. die Stabilität der
Probiotika während des
Herstellungsprozesses und der Lagerung
von Futtermitteln muß also gewährleistet
sein, damit die Probiotika ihre Wirkung
im Magen-Darmtrakt entfalten können.
Produktqualität und Umwelt
Abbildung 9
Aufbau einer Mikro-
kapsel
Schutzhüllen
Milchsäurebakterien
35
5.3 Stabilität und Nachweis-barkeit in Futtermitteln
Stabilität
Milchsäurebakterien
Exemplarisch werden in Abbildung 9
und 10 diese Umhüllungen von
lebenden Bakterien dargestellt. Die
Stabilität der Verkapselung wird durch
die Qualität des angewandten Verfahrens
bestimmt.
Bei den Probiotika dieser Gruppe handelt
Mittels technischer Verfahren (z.B. es sich um versporte, lebensfähige
Mikrokapsel / Mikrosphere) können Keime. Sporen sind ihre natürliche
Milchsäurebakterien mit einem Dauerform, mit der sie sich in ihrem
speziellen Schutzmantel versehen ursprünglichen Lebensraum, dem
werden. So kann gesichert werden, daß Boden, vor extremer Hitze, Kälte und
auch unversporte Bakterien lebend an mechanischer Belastung schützen und
den Ort ihrer Wirksamkeit gelangen und ungünstige Umwelteinflüsse ohne
dort aktiv werden. Einbuße der Lebensfähigkeit überstehen.
Die verschiedenen Zellwände der Spore
(s. Abb. 11) schützen den Zellkern
gegenüber äußeren Belastungen. Dieser
natürliche Schutz ermöglicht es, daß
Bacillus-Produkte massiven Bean-
spruchungen während der Futter-
herstellung und -lagerung widerstehen
(z.B. hohe Temperaturen, Druck, Scher-
kräfte, oxidative Einflüsse).
Bacillussporen sind somit uneinge-
schränkt für alle Futtertypen geeignet.
Zudem wird die Lebensfähigkeit der
Keime nicht durch niedrige pH-Werte,
wie sie im Magen von Monogastern
vorherrschen, beeinträchtigt.
Über die Fermentationsbedingungen bei
der Herstellung wird Einfluß auf die
Produktqualität und Umwelt
Abbildung 11
Schematische
Darstellung einer
Bacillusspore
Bacillussporen
Abbildung 10
Aufbau einer
Mikrosphere
36
MilchsäurebakterienSchutzhülle
Produktqualität und Umwelt
Sporenqualität und damit die Stabilität herstellung und -lagerung unbeschadet.
und Auskeimung der Bacillusprodukte Durch ausreichende Zufuhr von
genommen. Feuchtigkeit und Wärme im Verdauungs-
trakt werden die Hefen wieder stoff-
wechselaktiv.
Bei den Hefen handelt es sich um
lebende Pilze. Durch das Trocknen
werden die Hefen in einen Ruhezustand Eine Voraussetzung für die behördliche
versetzt. In diesem Zustand ist die Zulassung der Probiotika ist ihre sichere
äußere Oberfläche stabiler und weniger Nachweisbarkeit bis hin zum Futter. Für
durchlässig. Dadurch überstehen die alle Produktgruppen gibt es bei den
Hefen viele Prozesse der Futtermittel- landwirtschaftlichen Forschungs- und
Hefen
Abbildung 12
Auszählung von
Kolonien
37
Nachweisbarkeit
Untersuchungsanstalten wissenschaft- Eine weitere Ursache für die relativ hohe
lich anerkannte Analysenmethoden. Das Variation ist, daß eine einzelne sichtbare
Prinzip der Methoden beruht auf einer Kolonie auf dem Nährboden aus einem
Anzüchtung der Keime auf Spezial- oder auch vielen Keimen gebildet
nährböden mit anschließender visueller worden sein kann bzw. mehrere sehr eng
Auszählung der gewachsenen Kolonien benachbarte Kolonien lediglich als eine
(s. Abb. 12). Die ausgezählten Werte einzige KBE erkannt und ausgezählt
werden als Koloniebildende Einheiten werden. Als Folge davon ist es möglich,
(KBE) angegeben. daß einzelne Keime, aus den erwähnten
Gründen mit dem Auge in der Labor-
Ergebnisse biologischer Nachweis- analyse nicht erfaßt werden. Jedoch sind
verfahren besitzen natürlicherweise eine diese trotzdem vorhanden und
höhere Variation als chemisch- entwickeln unter den für sie optimalen
physikalische Meßmethoden, so daß die Bedingungen im Darm ihre volle
Analysenspielräume für Probiotika relativ Lebensfähigkeit und ihre bioregulative
groß sein müssen. Dies ist vornehmlich Wirkung. Praxiserfahrungen belegen
dadurch begründet, daß Mikroorganis- deshalb auch, daß bei Gehalten im
men bei der Probenaufbereitung nicht unteren Bereich des Analysenspielraums
wie chemische Substanzen in den die Wirksamkeit gewährleistet ist. Die
Verdünnungsstufen der Proben homo- jeweiligen Analysenspielräume werden
gen verteilt vorliegen und bei Extraktion von den offiziellen Laboratorien nach
in ihrer Lebensfähigkeit beeinträchtigt Durchführung zahlreicher Ring-Unter-
werden können. suchungen festgelegt und futtermittel-
rechtlich geregelt.
38
Produktqualität und Umwelt
Magen-Darmtraktes erfolgen muß. Bei
den Hauptzieltierarten wäre dies der
Durch den Nachweis der lebenden Dünndarm beim Monogaster bzw. die
Mikroorganismen im Futter kann man Kropfregion beim Geflügel und der
ermitteln, inwieweit das Probiotikum Pansen beim Wiederkäuer. Da Faktoren
während der Futterherstellung und wie der pH-Wert, die Passagezeit des
-lagerung stabil bleibt. Eine Information Darminhalts und der Wirkstoffgehalt im
über die Lebensfähigkeit und Aktivität im Futter (s. Kap. 4.3) das Wachstum der
Verdauungstrakt kann hieraus jedoch Probiotika beeinflussen können, sollte die
nicht abgeleitet werden. Denn um Überprüfung des Wachstums, der
wirksam zu sein, müssen Probiotika den Vermehrung oder der Auskeimung der
Teil des Verdauungstrakts, in dem sie ihre Probiotika im Verdauungstrakt unter
hauptsächliche Wirkung erzielen, ohne Einsatz praxisüblicher Rationen im
Beeinträchtigung erreichen. Das bedeutet Versuch am Tier erfolgen. Dies kann
für die genannten Probiotika-Gruppen, indirekt über Leistungsparameter, besser
daß das Wachstum der Hefen, die jedoch direkt über die Bestimmung der
Vermehrung der Milchsäurebakterien und lebenden Probiotika-Mikroorganismen in
die Auskeimung der Sporen im den verschiedenen Darmabschnitten
wesentlichen schon zu Beginn des ermittelt werden.
5.4 Aktivität im Verdauungstrakt
39
Produktqualität und Umwelt
Erläuterung verwendeter Begriffe
Probiotika sind lebende Mikroorganis- werden unerwünschte Mikroorganismen
men, die die Darmflora in einem für das verdrängt und ein Schutz vor einer
Wirtstier positiven Sinne beeinflussen. Besiedelung bzw. vor einem Haften
Ihre Wirkung entfalten sie ausschließlich schädlicher Keime aufgebaut. Probiotika
im Verdauungstrakt. In der Tierernährung tragen so dazu bei, Störungen der
werden Probiotika als Futterzusatzstoffe Darmflora (Dysbiose) zu vermeiden, wie
im wesentlichen aus drei Gruppen von sie z.B. in bestimmten Haltungsperioden
Mikroorganismen verwendet: und Situationen besonderer Belastungen
Milchsäurebakterien, Bacillussporen und der Tiere (z.B. Futterwechsel, Absetzen,
Hefen. Diese unterscheiden sich Gruppenzusammenstellung etc.)
hinsichtlich ihrer Eigenschaften, auftreten können. Hierdurch wird eine
Herkunft und Wirkungsweise. Absicherung der Leistung und der
Die Hauptwirkung der Probiotika beruht Gesundheit erzielt.
auf der Erhaltung bzw. Wiederherstellung
des Fließgleichgewichtes (Eubiose) der Die Zulassung von Probiotika erfolgt in
Darmflora. Dies erfolgt über verschie- einem EG-einheitlichen Verfahren. Dabei
dene Wirkmechanismen. Voraussetzung werden die Probiotika insbesondere
für die Probiotika-Wirkung ist, daß die hinsichtlich Ihrer Qualität, Wirksamkeit
enthaltenen Mikroorganismen lebend in und Sicherheit für Mensch, Tier und
den Magen-Darmtrakt gelangen. Dort Umwelt überprüft. Somit kommen nur
unterstützen die Probiotika die exakt definierte und sichere Mikro-
erwünschte Darmflora vor allem durch organismen zur Anwendung, deren
spezifische Stoffwechselaktivitäten bioregulative Eigenschaften unter den
und/oder über die Stimulierung des Gegebenheiten der üblichen
Immunsystems des Wirtstieres. So Fütterungspraxis geprüft wurden.
40
6. Zusammenfassung
aerob KBE
anaerob
antagonistisch Mikroflora
API-Testverfahren Mukopolysaccharide
Protozoen
bakteriostatisch
bakteriozid Redoxpotential
Digesta
DNA-Analyse
Symbiose
Dysbiose
Eubiose
unter Sauerstoffzufuhr lebend Abkürzung für Koloniebildende
Einheiten. Maßeinheit für die
unter Sauerstoffabschluß Konzentration von lebenden
lebend Mikroorganismen (engl.: CFU)
hemmend, gegen- Gesamtheit der Mikro-
einander wirkend organismen, hier im Verdauungstrakt
Bestimmung der hochmolekulare,
biochemischen Aktivität eines Mikro- schleimbildende Zuckermoleküle
organismus zu seiner Differenzierung
einzellige tierische
Bakterien hemmend Lebewesen (Urtiere)
Bakterien abtötend Maßzahl für die
Fähigkeit eines gelösten Stoffes,
Magen-Darminhalt Elektronen aufzunehmen oder abzugeben
und dadurch andere Stoffe zu oxidieren
oder zu reduzierenBestimmung der
Erbinformation (DNA = Desoxiribo-
Lebensgemeinschaft nucleinsäure)
zwischen den Organismen zum
gegenseitigen Vorteil Zustand des gestörten
ökologischen Gleichgewichtes der
Mikroflora im Magen-Darmtrakt
Zustand des ökologischen
Fließgleichgewichtes der Mikroflora im
Magen-Darmtrakt
7. Erläuterung verwendeter Begriffe
41
Zum weiterführenden Studium werden folgende Bücher bzw. Übersichtsreferate empfohlen:
Ewing, W.N., Cole, D.J.A. (1994) Stewart, C.S., Hillman, K., Maxwell, F., The Living Gut. An introduction to Kelly, D., King, T.P. (1995)Micro-organisms in Nutrition Die neuesten Fortschritte in der Probiose Context Publications beim Schwein
Übers. Tierernährung 23 , 1 - 26
Fuller, R. (1989)Probiotics in man and animals, a reviewJ. Appl. Bacteriol., 66, 365 - 378
Fuller, R. (Ed.) (1992)ProbioticsThe scientific basisChapman & Hall
Gedek, B.R. (1986)Probiotika in der TierernährungKraftfutter, 80-84
Gedek, B.R. (1991)Regulierung der Darmflora über die NahrungZbl. Hyg. 191, 277 - 301
Rose, A.H., Harrison, J.S. (Eds.) (1993)The yeastsYeast Technology,Volume 5, Second Edition, Academic Press, London,San Diego, New York, Boston, Sydney, Tokyo, Toronto
42
Erläuterung verwendeter Begriffe8. Weiterführende Literatur
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