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Bildung,Betreuung undErziehung
fürKinderunterdreiJahren– elterlicheundöffentlicheSorge ingemeinsamerVerantwortung
Kurzgutachten Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Information
▼
2 Inhalt
Inhalt Inhalt
Seite � I. HerausforderungenbeiderGestaltungdesAusbausvonBetreuungsangeboten
fürKinderunterdreiJahren.................................................................................................. 3
II. AusbauderTagesbetreuungundQualitätssicherunggehörenzusammen............... 6Inhalt 2.1 Ausgangslage:GegenwärtigeBetreuungssituation........................................................ 6
2.2 Begriffsklärung:DieTrias„Bildung,BetreuungundErziehung“.................................. 7zurück 2.3 ZurzentralenBedeutungderQualität................................................................................ 10
2.4 BezugsrahmenfürdieErfassungpädagogischerQualität.............................................. 12weiter
2.5 Qualitätsentwicklung............................................................................................................ 15
2.5.1 EindieFamilienintegrierenderAnsatzderQualitätsentwicklung............................... 15
2.5.2 ErsteSchrittederQualitätsentwicklung:CurriculaundQualifizierungsmodelle
fürinstitutionelleAngebotesowiefürdieFamilientagesbetreuung............................ 16
2.5.3WeitereSchrittederQualitätsentwicklung....................................................................... 19
2.6 QualitätssicherungundQualitätsmanagement............................................................... 21
2.7 Qualitätsmessung................................................................................................................... 22
2.8 QualitätssteuerungdurchGutscheine?.............................................................................. 23
III. RechtlicheRahmenbedingungen....................................................................................... 27
3.1 DieTrias„Bildung,BetreuungundErziehung“imRecht................................................ 27
3.2 DasKinder-undJugendhilferecht....................................................................................... 29
3.3 BundesgesetzlicheVorgabenzubesonderenProblemlagen......................................... 30
3.4 GesetzgebungskompetenzenundFinanzierungszuständigkeiten
imföderalenSystem............................................................................................................... 31
3.5 Bund-Länder-Vereinbarungvom28.August2007
unddieGesetzezuihrerUmsetzung.................................................................................. 33
3.6 DieForderungnacheinemBetreuungsgeld..................................................................... 35
IV. OffeneFragenundProbleme............................................................................................... 38
4.1 ZielgenauigkeitderBeschlüssezumBetreuungsausbau................................................ 38
4.2 UmsetzungsproblemegefährdenquantitativeAusbauziele.......................................... 40
4.2.1 DerUmsatzsteueranteilzurBetriebskostenfinanzierung............................................... 40▼
▼
4.2.2 ZweckbindungundErfolgskontrolle................................................................................. 42
4.2.3 Rechtsanspruch...................................................................................................................... 42
4.3 VernachlässigungvonQualitätsaspekten.......................................................................... 43
V. Empfehlungen........................................................................................................................ 45
Literatur.............................................................................................................................................. 51
Anhang:SynopsederBildungsplänederLänder........................................................................ 56
MitgliederdesWissenschaftlichenBeiratsfürFamilienfragenbeimBundesministerium
fürFamilie,Senioren,FrauenundJugend.................................................................................... 59
3 Herausforderungen bei der Gestaltung des Ausbaus von Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren
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Kapitel I. I. Seite � HerausforderungenbeiderGestaltung
desAusbausvonBetreuungsangeboten fürKinderunterdreiJahren
Inhalt
zurück
weiter DieBundesregierunghatimJahr2007einebemerkenswerteInitiativezumAusbauder
KinderbetreuungfürKinderunterdreiJahrenaufdenWeggebracht.Ineinemgemein-
samenBeschlussvonBundundLändernam28.August2007wurdeein„bedarfsgerechter
AusbauderBetreuungsangebotefürunterDreijährige“vereinbart.ZieldieserBund-Länder-
Vereinbarungistes,biszumJahr2013einBetreuungsangebotfür35%derunterDreijäh-
rigenzuschaffen,andessenFinanzierungsichderBundmit4Mrd.€beteiligt.DieVereinba-
runggehtdavonaus,dassdieseinemAngebotvon750.000Plätzenentspricht.Bereitsim
OktoberletztenJahreswurdevomBundestagdas„Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz“
verabschiedet,dasdieBeteiligungdesBundesbeidenanfallendenInvestitionskosten
sicherstellt.WeitereGesetzesänderungensindderzeitimGesetzgebungsverfahren.
DerWissenschaftlicheBeiratfürFamilienfragenbegrüßtdieseInitiativederBundesregie-
rung.SiegehörtzueinerReihevonMaßnahmen,mitderdieFamilienpolitikindenletzten
Jahrenversucht,dieBalancevonErwerbstätigkeitundFamiliezuverbessern,gleichzeitig
aberauchdenBereichderöffentlichverantwortetenBetreuungvonKindernneuauszurich-
ten.
EinSchlüsselprojektfürdieLösungdesVereinbarkeitsproblemsvonFamilieundBerufstellt
das2005inKraftgetreteneTagesbetreuungsausbaugesetz1(TAG)dar.Kernanliegendes
GesetzesisteinbedarfsgerechterAusbauderTagesbetreuungfürKinder,insbesondereim
AlterunterdreiJahren.MitdiesemGesetzverbindetderBundesgesetzgeberzugleichseine
„NationaleQualitätsinitiativeimSystemderTageseinrichtungenfürKinder“,wonachdie
TrägereinepädagogischeKonzeptionentwickelnsowieQualitätdurchgeeigneteMaßnah-
mensicherstellen,weiterentwickelnundevaluierensollen.Dabeiwirdausdrücklichbetont,
dassderFörderungsauftragBildung,BetreuungundErziehungdesKindesumfasst.Wäh-
rendderBildungsauftragfürdenKindergartenbereichseit1971imKJHGverankertist,
gehörtedieFörderungderkindlichenEntwicklungbislangnichtexplizitzumAufgabenbe-
reichöffentlicherBetreuungsangebotefürunterDreijährige.Konzeptionellbeschrittder
BundesgesetzgeberhieralsoneueWege,indemerdenBildungsauftragauchfürunter
Dreijährigefestschrieb.MitdemTAGwurdendieGrundsätzederFörderungimSGBVIII
(§22Abs.2und3)neugefasst:„TageseinrichtungenfürKinderundKindertagespflege
sollen(1)dieEntwicklungdesKindeszueinereigenverantwortlichenundgemeinschaftsfä-
higenPersönlichkeitfördern,(2)dieErziehungundBildunginderFamilieunterstützenund
ergänzen,(3)denElterndabeihelfen,ErwerbstätigkeitundKindererziehungbessermitein-
andervereinbarenzukönnen.DerFörderungsauftragumfasstErziehung,Bildungund
▼▼
1GesetzzumqualitätsorientiertenundbedarfsgerechtenAusbauderTagesbetreuungvom27.Januar2004.
4 Herausforderungen bei der Gestaltung des Ausbaus von Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren
▼
Kapitel I. BetreuungdesKindesundbeziehtsichaufdiesoziale,emotionale,körperlicheundgeistige
EntwicklungdesKindes.ErschließtdieVermittlungorientierenderWerteundRegelnein. Seite �
DieFörderungsollsichamAlterundEntwicklungsstand,densprachlichenundsonstigen
Fähigkeiten,anderLebenssituationsowiedenInteressenundBedürfnissendeseinzelnen
KindesorientierenundseineethnischeHerkunftberücksichtigen“.
Inhalt FürdieZielgruppederSchulkinderwurdedasTAGdurchdasInvestitionsprogramm
„ZukunftBildungundBetreuung2003–2007“ergänzt,einProgramminderVerantwortung zurück desBundesministeriumsfürBildungundForschung,mitdemderBundFinanzhilfenfür
bestimmteInvestitionenderLänderimRahmendesAusbausvonGanztagsschulangeboten weiter
zurVerfügungstellt(sofürerforderlicheNeubau-,Ausbau-,Umbau-undRenovierungs-
maßnahmen,AusstattungsinvestitionensowiediemitdenInvestitionenverbundenen
Dienstleistungen).FaktischbedeutetderAusbaudesGanztagsschulwesensfürvieleFami-
liendieLösungihrerVereinbarkeitsproblemeundfürvieleElternauchUnterstützungim
HinblickaufihreErziehungsaufgaben.
Der2005verabschiedete„NationaleAktionsplanfüreinkindergerechtesDeutschland
2005–2010“setztdieBeschlüssedesWeltkindergipfelsinNewYork(2002)um.Themen-
schwerpunktesindChancengerechtigkeitdurchBildung,AufwachsenohneGewalt,Förde-
rungeinesgesundenLebensundgesunderUmweltbedingungen,BeteiligungvonKindern
undJugendlichen,EntwicklungeinesangemessenenLebensstandardsfüralleKinder.
Ebenfalls2005wurdedas„Kinder-undJugendhilfeweiterentwicklungsgesetz(KICK)“verab-
schiedet,dasu.a.Regelungenenthält,diedasTAGflankieren.MitdemGesetzwirddie
Kinder-undJugendhilfeaktuellenEntwicklungenangepasst.DieKommunensollendurch
VerwaltungsvereinfachungenundeinehöhereSteuerungskompetenzderJugendämter
finanziellumca.215Mio.€jährlichentlastetwerden.
2006wurdediesteuerlicheAbsetzbarkeitvonKinderbetreuungskostenbeträchtlichausge-
weitet,wasfürerwerbstätigeElterneineteilweiseEntlastungvondenBetreuungskosten
bedeutet.Dasab2007gezahlteElterngeldersetztdasbisherigeErziehungsgeldinderForm
einerLohnersatzleistung.EsstellteinewesentlicheMaßnahmezurUnterstützungvon
Elterndar,dienunmehrvorrangigamOpportunitätskostenkonzept,nichtmehramTrans-
ferkonzeptorientiertist.EskannauchalswichtigeMaßnahmezurSicherungderBalance
vonErwerbstätigkeitundFamiliegewertetwerden–allerdingsnur,wennimAnschlussan
dasElterngeldeinnachfragegerechtesBetreuungsangebotzurVerfügungsteht.Dieseszu
sichern,istdasZielderBund-Länder-Vereinbarungvom28.August2007undderGesetzezu
derenUmsetzung.
▼▼
DamithatsichderCharakteraktuellerMaßnahmenderFamilienpolitikinmehrfacher
Hinsichtgewandelt:
I Zunehmendgehtesdarum,ErwerbstätigkeitundElternschaftnichtmehrnursequenziell,
sondernsimultanvereinbarzugestalten,umberuflich-finanzielleRisikendurchEltern-
schaftzuminimierenundjungenPaareneineegalitäreRollenverteilunginderEinkom-
menssicherungundKinderbetreuungzuermöglichen.
I HierbeirichtensichdieZielsetzungenkeineswegsnuraufeinenquantitativenAusbauder
Betreuungsangebote,sondernauchaufderenQualität,umdemAnsprucheinerkindge-
5 Herausforderungen bei der Gestaltung des Ausbaus von Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren
▼
Kapitel I. rechtenFörderungundeinerUnterstützungkindlicherEntwicklungspotenzialegerecht
zuwerden.ZentralisthierbeidieengeVerschränkungvonBildung,BetreuungundErzie-Seite �
hung,dieseitensderFamilienpolitikbetontwirdunddiees–soweitesderRahmender
föderalstaatlichenAufgabenverteilungzulässt–zuentwickelngilt.
I DieVorverlagerungderstaatlichgarantiertenBildung,BetreuungundErziehungvon
KindernaufdieAltersgruppederEin-bisDreijährigenmachteserforderlich,Zuständig-Inhalt keitenneuzuverteilenunddamitauchdieKooperationmitdenElternneuzujustieren.
LagdieVerantwortungfürBildung,BetreuungundErziehungvonKindernbiszumvoll-zurück endetendrittenLebensjahrbislangfastausschließlichbeidenEltern,sowirdsiezukünftig
imRahmeneinesKooperationsverhältnissesvonFamilieundöffentlichgarantierterTrä-weiter
gerschaftgemeinschaftlichausgeübt.Entsprechendgiltes,hierfürgeeigneteFormender
Erziehungspartnerschaftzuentwickelnundzustärken.2
I ImZugedieserKooperationliegtesnahe,Chancenaufzugreifen,umFamilieninder
GestaltungihrerBeziehungenundInteraktionenzufördernunddieEntwicklungvon
ElternkompetenzenimHandlungsfeldderFamilienpolitikzuunterstützen.Insbesondere
dort,wodieMöglichkeiteneinerFörderungkindlicherEntwicklungspotenzialeinnerhalb
derFamiliebegrenztsind,giltesAngebotezuentwickelnundzugänglichzumachen,die
Elterndarinunterstützen,ihrenKindernmöglichstfrühzeitigeineentwicklungsförder-
licheErziehungundanregungsreicheFörderungzukommenzulassen.
I ImSinnederQualitätssicherungfrühkindlicherBildung,BetreuungundErziehungdürf-
tendieseOptioneneineBezahlungderelterlichenBetreuungausschließen,dieander
NichtinanspruchnahmederöffentlichenBetreuungseinrichtungenanknüpft.
▼▼
2SieheWissenschaftlicherBeiratfürFamilienfragen2005.
6 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. II. Seite � AusbauderTagesbetreuung
undQualitätssicherunggehören zusammen
Inhalt
zurück
weiter
2.1Ausgangslage:GegenwärtigeBetreuungssituation
TrotzallerschoneingeleitetenpolitischenInitiativenistdasAngebotanBetreuungsplätzen
fürunterDreijährigenachwievorsehrgering.ImJahr2006warenvondenca.2,1Mio.Kin-
dernunterdreiJahreninDeutschland287.000–dassind13,6%–ineinerfamilienergän-
zendenBetreuung.3In250.000Fällen(88,5%)handelteessichdabeiumeinenBetreuungs-
platzineinerTageseinrichtungundin33.000Fällen(11,5%)umeinenTagespflegeplatz.
Zwischendenwestlichen(8,0%)undöstlichen(39,7%)Bundesländernsinddiegeschichtlich
bedingtenUnterschiedeimBetreuungsangebotsehrgroß.4Diesgiltvorallemfürdie
älterenKinderindiesemAltersbereich.WährendvondenKindernuntereinemJahrim
Westennur1,5%undimOsten6%einenBetreuungsplatzinAnspruchnehmen,steigtdieser
AnteilbeidenEin-bisZweijährigenauf5,4%imWestenund40,4%imOstenundbeiden
Zwei-bisDreijährigenauf16,7%imWestenund72,6%imOsten.WährendalsoimOstenein
hinreichendgroßesAngebotbesteht,verläuftderAusbauderBetreuungseinrichtungen–
gemessenandenZielendesTAG–imWestenzulangsam.Seit2002hatsichdasAngebotan
BetreuungsplätzenindenwestlichenBundesländernlediglichverdoppeltundistvoneiner
Versorgungsquotevon3,9%auf8%gestiegen.EsistdamitnochweitvondenimTAGvorge-
gebenen17%entfernt.VordiesemHintergrunderscheintdasnunmehrangestrebteAusbau-
zieleinerVersorgungsquotevon35%biszumJahr2013inWestdeutschlandnursehrschwer
erreichbar.
▼▼
UnterschiedezwischenWest-undOstdeutschlandzeigensichauchhinsichtlichderArtder
Tagesbetreuung.ImOstenwirdvorallemeineBetreuunginTageseinrichtungenangebo-
ten,TagespflegeplätzemachenhiernureinenAnteilvon7,8%aus,währenddieserAnteilin
Westdeutschland15%beträgt.
BeidenTageseinrichtungenüberwiegtdiealtersgemischteBetreuung.DiereineKrippenbe-
treuungistdagegenvorallemimWesteneherselten.Insgesamtwerdennur32,1%derunter
Dreijährigensobetreut(W:15,3%;O:55,7%).EtwadieHälftebesuchtenaltersgemischte
Gruppenbzw.Einrichtungen,indenenesalterseinheitlicheundaltersgemischteGruppen
gibt.17,3%besuchendagegeneinenKindergarten,derfürunterDreijährigegeöffnetwurde.
3Vgl.dazuundzumFolgendenausführlichDeutschesJugendinstitut2008. 4ZurgegenwärtigenSituationvgl.DeutschesJugendinstitut2008.ZurAusgangslagenach1989s.a.Wissenschaft-
licherBeirat1991.
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7 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
Kapitel II. DieserAnteilbeträgtindenwestdeutschenLändern31,1%,davorallemhieraufgrundder
jüngstendemografischenEntwicklungdieKindergartengruppennichtausgelastetsind. Seite �
DabeistelltsichallerdingsdieFrage,obdamitdenspezifischenBedürfnissenderunter
DreijährigenangemessenRechnunggetragenwerdenkann.Diesgiltumsomehr,alsvor
allemimWestendieGruppengrößeimKindergartenbeiAufnahmevonZweijährigenkaum
reduziertwirdunddurchschnittlich22–23Kinderbeträgt(imOsten16–20Kinder).Grup-Inhalt pen,dieausschließlichvonKindernunterdreiJahrenbesuchtwerden,habenzwareine
vergleichsweisegeringeGruppengrößevondurchschnittlich11Kindern,überschreitenzurück damitabertrotzdemalleauchinternationalformuliertenEmpfehlungen.
weiter AuchbeiderTagespflegezeigtsicheineerheblicheStreuunginderZahlderBetreuungsver-
hältnisse.IndenwestlichenBundesländernbetreutjedezweiteTagespflegepersonnicht
mehralseinKind,einViertelunterdenTagespflegepersonenbetreutzweiKinder.Nur
vergleichsweiseseltenwerdendreiodermehrKinderbetreut.InOstdeutschlandsiehtman
dagegeneinerelativeGleichverteilungvoneinembiszufünfbetreutenKindern.Vonden
Betreuungspersonenverfügen30%übereinepädagogischeodersozialeBerufsausbildung.
InOstdeutschlandliegtdieserAnteilmit40,4%deutlichhöheralsinWestdeutschlandmit
27,4%.56%derTagespflegepersonenweisenimOstenwieimWesteneinenfachfremden
Berufsabschlussauf.DerAnteilderTagespflegepersonenohneirgendeineBerufsausbildung
fälltdamitinWestdeutschlandmit15,1%deutlichhöherausalsinOstdeutschland(2,9%).
AuchQualifizierungsmaßnahmenwerdeninOstdeutschlandmit78,5%deutlichhäufigerin
AnspruchgenommenalsinWestdeutschlandmit55,5%.
InsgesamtzeigendieseZahlen,dassdiegegenwärtigeBetreuungssituationregionalstark
variiert,aberinsgesamtvondennunmehrangestrebtenpolitischenZielennochweitent-
ferntist.InquantitativerHinsichtgiltdiesvorallemfürdiewestdeutschenBundesländer.
EinequalitativeVerbesserungistinOstundWestgleichermaßenerforderlich.
2.2Begriffsklärung:DieTrias„Bildung,Betreuungund Erziehung“
DerFörderungsauftragvonKinderninTageseinrichtungenundinKindertagespflege
umfasstderenBildung,BetreuungundErziehung;diesbeziehtsichaufdiesoziale,emotio-
nale,körperlicheundgeistigeEntwicklungdesKindes.DieFörderungsollsichamAlterund
EntwicklungsstanddesKindessowieanseinenInteressenundBedürfnissenorientieren
(vgl.§22Abs.3SGBVIII).ÜberdieInhaltedieserBegriffe,ihreAbgrenzungsowieihren
ZusammenhangwirdinderFachweltallerdingskontroversdiskutiert.
▼▼
DieInterpretationderBegriffeBildung,BetreuungundErziehung,mitdenendieAufgaben
vonTageseinrichtungenfürKinderbeschriebenwerden,mussaufdiegeschichtlichenTradi-
tionenderFrühpädagogiksowiederfrühpädagogischenProfessionundPraxisBezugneh-
menund–insbesondereimHinblickaufdieunterDreijährigen–pädagogische,psycholo-
gischeundneurowissenschaftlicheForschungsbefundeberücksichtigen.Insbesonderegilt
diesfürdenBegriffderBildung:BildungistnichtmitschulischerBildung,d.h.miteiner
unterrichtlichvermitteltenAneignungvonWissenundFähigkeitengleichzusetzen.Viel-
8 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. mehrmeintBildungdielebenslangeaktiveAneignungderWelt,derKultur(einschließlich
derenSymbolsystemen,wiez.B.Sprache)undNatur,diemitderGeburtbeginnt.Indieser Seite �
PerspektiveistderKindergartenvonseinengeschichtlichenAnfängenanalsBildungsein-
richtungkonzipiertworden;Fröbels„Spielgaben“undMariaMontessoris„Materialienzur
Sinnesübung“sindindiesemSinnealsentwicklungsangemesseneBildungsmittelzuverste-
hen.DieweitereEntwicklungderpädagogischenKonzeptefürdenKindergartenseitden Inhalt Bildungsreformender70erJahredesletztenJahrhunderts(Kindergartenals„Elementar-
bereich“desBildungswesens)bishinzudenneuenBildungs-undErziehungspläneninallen zurück BundesländernschließenandieseTraditionan.5
weiter Estrifftzwarzu,dassdieTageseinrichtungenfürKinderunterdreiJahrensowohlin
DeutschlandalsauchinternationalimUnterschiedzum„klassischen“BereichdesKinder-
gartenslangeZeitüberwiegendalsFürsorgefüreinekleineKlientelvonKindernaussozial
benachteiligtenFamilienaufgefasstwordensind.Immerdannjedoch,wenneszueinem
verstärktenAusbausolcherEinrichtungengekommenist(wiebeispielsweiseinderehema-
ligenDDR,inFrankreichsowieineinigenandereneuropäischenLändern),istderenFürsor-
gecharakterdurchdieBetonungderAufgabenderBildungergänztworden–eineEntwick-
lung,diedurchwissenschaftlicheBefundeüberdiebesondersstarkausgeprägteLern-
fähigkeit(undauchVerletzlichkeit)derKinderindenerstenLebensjahrenunterstütztwird.
GeradeindenvergangenenJahrzehntenhatdieSäuglings-undKleinkindforschungein-
drucksvollaufgezeigt,wiekomplexdieEntwicklungsprozesseindenerstenLebensjahren
imneurologischen,sensu-motorischen,kognitivenundsprachlichenBereich,imBereich
derAufmerksamkeits-undHandlungssteuerungundinderAusbildungsozial-emotionaler
Kompetenzensind.6VorallemjedochhatdieForschungauchdifferenziertaufgezeigt,wie
diejeweiligenInteraktionserfahrungenundAnregungsbedingungenEinflussaufdieKom-
petenzentwicklungderKindernehmen.SobelegeninternationaleInterventionsstudien,
dassgeradeindenerstenLebensjahrenLern-undFörderangebote,diequalitativhochwer-
tigaufdiealterstypischenBedürfnisse,EntwicklungsprozesseundLernbereitschaftender
Kinderabgestimmtsind,nachhaltigpositiveAuswirkungenaufderenkognitiv-sprachliche,
sozialeundPersönlichkeitsentwicklunghaben,diesichbisinsErwachsenenaltererstre-
cken.7DerartigeBefundezurBedeutungfrüherAnregungsbedingungenhabeninden
angelsächsischenLänderndenAusbauvonfrühkindlichenBetreuungsangebotenmit
explizitemBildungsanspruchdeutlichbefördert.8 ▼
▼
DieBildungs-undErziehungspläneeinigerBundesländer(z.B.Hessen)habendiesen
ErkenntnissenRechnunggetragen,indemsiedieAdressatenaufdieunterDreijährigen
(undauchaufSchulkinder)ausgedehnthaben.DamitverlierendieTageseinrichtungenfür
unterdreijährigeKinder–unbeschadetihreradministrativenZuordnungzumSozial-oder
Gesundheitswesen–ihrenausschließlichenCharakterderZuordnungzuröffentlichen
Fürsorge,dessenBegründungdarinliegt,dassdenFamilienderbetroffenenKinderDefizite
imHinblickaufihreBildungs-undErziehungskapazitätenzugeschriebenwerden.Stattdes-
senwirdihnennunebensowiedemKindergarteneinefamilienergänzendeundfamilien-
unterstützendeFunktionzugeschrieben.DieserPerspektivenwechselkommtinDeutsch-
5EineSynopsederBildungsplänederLänderfindetsichimAnhang.6ZumÜberblicksieheRauh2002.7Z.B.Brooks-Gunnu.a.2003,Heckman2006,Huston2008.8Vgl.Huston2008.
9 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. landinsbesondereindervorgesehenenVerankerungdesRechtsanspruchsaufeinenPlatz
inöffentlicherKleinkinderziehungauchfürein-bisdreijährigeKinderzumAusdruck. Seite �
DerBegriffBetreuungumschreibtdieumfassendeSorgefürdasleiblicheundseelischeWohl
bzw.WohlbefindenderKinder.BetreuungumfasstPflegeundGesundheitsfürsorge,aber
auchemotionaleZuwendungundsozialeAnerkennung.SeitihrengeschichtlichenAnfängen Inhalt sindKindergartenundöffentlicheKleinkinderziehungmitdenFolgenderindustriellen
Arbeitsteilung,d.h.mitderTrennungvonFamilienhaushaltundErwerbsarbeit,begründet zurück worden,diedazuführten,dassdieBetreuungsleistungenbzw.diefürKindernotwendigeZeit
desUmgangsmitErwachsenennichtmehralleinvondenFamilienerbrachtwerdenkönnen. weiter
DabeihatsicheinehoheQualitätderBetreuungalsunabdingbareVoraussetzungnichtnur
fürdasphysischeundemotionaleWohlbefindenderKinder,sondernauchfürdieAnregung
undAufrechterhaltungderenBildungsbereitschaftundLernfähigkeiterwiesen.9Insbesonde-
reindenerstenLebensjahrengehörtdieErfahrungzuverlässigeremotionalerBindungenzu
denwichtigstenVoraussetzungenfüreinepositiveEntwicklungdesKindes:Einesichere
BindungvermitteltSchutzundVertrauen,erleichtertdieemotionaleBewältigungbelas-
tenderSituationen,fördertpositivesozialeOrientierungenundKompetenzenundbietetdie
emotionaleBasisfürdieExplorationsfreudedesKindes,mithinauchfürnachhaltigeBildungs-
prozesse.WenngleichdieerstenBindungsbeziehungenimKontextderFamilieentstehen,
betreffensiedochkeineswegsnurexklusivElternundKinder,sondernkönnenauchzuande-
renBetreuungspersonen,nichtzuletztErzieherinnenundErziehern,entwickeltwerden.
HierinliegtgleichermaßeneineChancewieaucheineHerausforderung.Sostelltdieaußerfa-
milialeBetreuungperse–andersalszunächstbefürchtet–keinenRisikofaktorfürdieQualität
derBindungzwischenElternundKinderndar.10DieBindungsbeziehungzuElternundErzie-
herinnenundErziehernscheintauchnichtineinemKonkurrenzverhältniszustehen,sondern
reflektierteherspezifischeInteraktionserfahrungenderKindermitderjeweiligenBindungs-
personimjeweiligenKontext.WesentlichbefördertwirdeinesichereBindungimFamilien-
kontextwieauchinkleinenGruppen(z.B.beiderBetreuungdurcheineTagesmutteroder
einenTagesvater)vorallemdurchdieFeinfühligkeit,mitderdieBetreuungspersonihrVerhal-
tenaufdieBedürfnissedesKindesjenachSituationundEntwicklungsstandabstimmt.11Im
größerenGruppenkontextallerdingskommennochandereFaktorenzumTragen,dieeher
dasgruppenorientiertempathischeErzieherverhaltenreflektieren.12Wenngleichtragfähige
empirischeBefundezurkurz-undlängerfristigenWirkungderBindungsqualitätzwischen
ErzieherinnenundErziehernundKindernaufdieKompetenzförderungvonKindernnoch
vergleichsweiserarsind,legensiedochnahe,dassdersystematischeZusammenhangzwi-
schenBetreuung/BindungundBildungalseinwichtigesKriteriumderQualitätssicherungin
denöffentlichenAngebotenfürunterdreijährigeKinderberücksichtigtwerdenmuss.
▼▼
DerBegriffErziehungumschreibtdieGesamtheitderVerhaltensweisenundAktivitätender
Erwachsenen(ElternundFachkräfte)imverantwortlichenUmgangmitKindern.Erziehung
umfasstdiegenanntenLeistungenderBetreuungebensowiedieAufforderungundAnre-
gungderKinderzurBildung.AußerdemumfasstErziehungdasVorlebenunddieVermitt-
lungvonRegeln,NormenundWerten,welchedieFortsetzung(undErneuerung)vonKul-
9Vgl.Ahnert2004a,b,Grossmann/Grossmann2006.10Rauh2002,Ahnert2004b.11DeWolff/vanIjzendoorn1997,vandenBoom1994,1995.12Ahnert2004b.
10 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. turundGesellschaftinderGenerationenfolgegewährleistenkönnen.DurchdieErziehung
indenerstenLebensjahrenwerdendielebenslangwirksamenGrundlagenderPersönlich-Seite 10
keitsentwicklunggelegt.DieAufgabenderErziehungindenerstenLebensjahrenverlangen
aufSeitenderErwachsenen(ElternundFachkräfte)einhohesMaßanEinfühlungsvermö-
gen,WissensowieBeziehungs-undErziehungskompetenzen.Sostelltetwadaswachsende
BedürfnisderKindernachSelbstständigkeitundIndividualitätimZugeihrerKompetenz-Inhalt entwicklungindenerstenJahrendieErziehungspersonenmituntervorbeträchtlicheHer-
ausforderungen(„Trotzalter“).13Hiergilteseinerseits,derkindlichenWillensbildungRech-zurück nungzutragenundAutonomiebestrebungeninderkindlichenZielverfolgungund
HandlungsregulationdurchangemesseneerzieherischeStrategiengezieltzufördern, weiter
andererseitsaberaucheigeneerzieherischeZieleundAnsprücheandasVerhaltender
KindermitdessenverfügbarenKompetenzeninEinklangzubringen.Hierbeiunterliegtdie
BereitschaftderKinder,aufdieerzieherischenBemühungenderErwachseneneinzugehen
(compliance)nichtnurindividuellenTemperamentseigenschaften,sonderngründetsich
auchundvoralleminderjeweiligenInteraktionsgeschichteunddenKooperationserfah-
rungen,diedieKinderinderVergangenheitgemachthaben.EinhohesMaßanGegensei-
tigkeit,Engagement,EmpathieundVertrauenbefördertseitensderKinderdiepositive
Bereitschaft,dieerzieherischenHandlungsvorgabenihrerBetreuungspersonenauchzu
ihreneigenenzumachenundimSinneeiner„committedcompliance“aktivzubefolgen
stattsichnursituationsgebundendenAnweisungenzufügenoderihnengarWiderstandzu
leisten.Esliegtnahe,dassnichtnurdiePassungbzw.KonkordanzvonerzieherischenVorga-
beninElternhausundaußerfamilialerBetreuungdenerzieherischenProzesserleichtern,
sonderndassdessenErfolgauchdadurchbefördertwird,wenninbeidenKontextenähn-
licheentwicklungsförderlicheErziehungsstrategienumgesetztwerden.DasWohlder
Kinderkanninsofernnurgewährleistetwerden,wenndieseAufgabengemeinsam,d.h.im
SinneeinerengenErziehungspartnerschaft von Eltern und Fachkräften,wahrgenommen
undwennimHinblickaufdieöffentlichenAngebotehoheInvestitionenindieProfessionali-
sierungderFachkräfteundindiepädagogischeQualitätgetätigtwerden.
2.3ZurzentralenBedeutungderQualität
DerAusbauderBetreuungsangebotefürunterDreijährigebedarfspezifischerfachlicher
Rahmenbedingungen,diebislangindeneherquantitativausgerichtetenöffentlichen
Diskussionenweitestgehendausgeklammertbleiben.ObwohlderGesetzgeberdieNotwen-
digkeitgesetzlichverankerterMaßnahmenzurQualitätssicherungdeutlichmacht,sinddie
SpielräumefürderenKonkretisierungbeträchtlich.AngesichtsderindenerstenLebens-
jahrenbesondersstarkausgeprägtenLernfähigkeitundVerletzbarkeitderKinderistes
entscheidend,dassinallenBetreuungsangeboteneinhohesNiveauderpädagogischen
Qualitätsichergestelltwird.WennderAusbauauchzueinerbesserenBalancevonFamilie
undBerufbeitragensoll,isteswichtig,dassauchdiejenigenelterlichenBedarfeinHinblick
aufdieQualitätberücksichtigtwerden,welchedenDienstleistungscharakterderBetreu-
ungsangebotebetreffen.Dabeiistdaranzudenken,dasssichElternz.B.Einrichtungen
wünschen,dieinderNähedesWohnortesoderdesArbeitsplatzessind,derenÖffnungs-
zeitenmitihrenArbeitszeitenkompatibelsind,dieeineBetreuungüberdieFerienzeiten
▼▼
13Rauh2002,S.194f.
11 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. abdeckenetc.PrimärsindesflexibleundgleichzeitigverlässlicheBetreuungsarrange-
ments,dieElternbenötigen,wennsieFamilieundErwerbstätigkeitvereinbaren.Beiden Seite 11
MaßnahmenzurSicherungderQualitätsindinsbesonderediefolgendenPerspektivenzu
berücksichtigen:
I InderPerspektivederKinderzieltdieSicherungpädagogischerQualitätdaraufab,dass
ihregrundlegendenBedürfnissenachZuwendungundAnregungerfülltunddieKinder Inhalt inihrenBildungsprozessensowieinderMeisterungihrerEntwicklungsaufgabenumfas-
sendundindividuellunterstütztundgefördertwerden;Voraussetzungdafüristdiewech-zurück selseitigeVerbindungzwischendengrundlegendenAufgabenderBildung,Betreuung
undErziehung; weiter
I inderPerspektivederElternbzw.FamilienzieltdieSicherungderQualitätaufverlässliche
undbedarfsgerechteAngebote(z.B.flexibleÖffnungszeiten),aufdieUnterstützungund
AnregungnichtnurderkindlichenKompetenzen,sondernauchderelterlichenBezie-
hungs-undErziehungskompetenzenunddieEtablierungeinerengenErziehungspartner-
schaftzwischenFachkräftenundEltern;
I inderPerspektivederGesellschaftzieltdieQualitätssicherungdaraufab,dieTagesein-
richtungenzuAusgangs-bzw.KnotenpunktenfürdieVernetzungallerwichtigenDienst-
leistungsangebotefürKinderundFamilienimGemeinwesenauszubauen.
Betreuungseinrichtungen,dieindiesemSinneeinehoheBetreuungsqualitätbieten,schaf-
fendieVoraussetzungfüreinemöglichstguteHumanvermögensbildungdernächsten
Generation,diedergesamtenGesellschaftzugutekommt.14SiesinddamitalsInvestitionen
indienächsteGenerationanzusehen,indemdurchgeeigneteFörderungvonAnfangandie
LeistungsfähigkeitdernächstenGenerationgesteigertwirdundsoziale„Reparaturkosten“
vermiedenwerdenkönnen.SoistmitetlichenStudiennachgewiesenworden,dasseine
frühe,pädagogischqualitativguteinstitutionelleFörderungvonKinderneineenorme
BedeutungfürdenweiterenBildungs-undLebenswegvonKindernhat.
Kinder,dieTageseinrichtungenbesuchthaben,erzielenbeidenkognitivenundsozialen
KompetenzenbessereErgebnisse,werdenseltenervomSchulbesuchzurückgestellt,zeigen
bessereschulischeLeistungen,bleibeninderSchulewenigersitzen,sindsozialbesserinte-
griertunderwerbenspäterhöhereSchulabschlüsse.15DiesgiltinsbesonderefürKinderaus
anregungsarmenFamilien.VolkswirtschaftlichbetrachtetführtdieserindividuelleNutzen,
derKindernzukommt,zugeringerenAusgabenz.B.imBereichöffentlichfinanzierterBil-
dung.AuchdieKostenfürNachqualifizierungsmaßnahmenbeiJugendlichenwieauchfür
nichterfolgreicheBildungsteilnehmerinnenundBildungsteilnehmerkönntenbeifrühzei-
tigerFörderungwahrscheinlicherheblichreduziertwerden.16Langfristigergebensich
durchdasverbesserteHumanvermögeneineSteigerungderwirtschaftlichenLeistungsfä-
higkeitundeineReduzierungderSozialkosten.VoralleminverschiedenenUS-amerika-
nischenKosten-Nutzen-AnalysenzuspeziellenProgrammenderfrühkindlichenFörderung
kanneinerheblichergesamtwirtschaftlicherNutzenvorteilnachgewiesenwerden.17
▼▼
14Vgl.zumgesamtgesellschaftlichenNutzeneinerhohenHumanvermögensbildungdernächstenGeneration WissenschaftlicherBeiratfürFamilienfragen2001.
15Vgl.z.B.Spieß2007. 16Vgl.z.B.Klein2005,S.73,sowieAnger/Plünnecke2007,S.10ff. 17Vgl.dazuausführlicherSpieß2007und2004sowieHeckman/Masterov2007undCarneiro/Heckman2003.
EineSimulationsstudiederWirkungenfrühkindlicherFörderungaufdasgesamtwirtschaftlicheWachstumin DeutschlandwurdevomIWKölnvorgelegt(vgl.Anger/Plünnecke/Tröger2007).
12 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. DieservolkswirtschaftlicheNutzenvonfrühkindlicherBildungentstehtallerdingsnurbei
hoherQualitätderBildungs-undBetreuungsangebote.18Ökonomischbetrachtetistalsodie Seite 1�
SicherstellungeinerpädagogischhohenQualitätdieVoraussetzungdafür,dassessichum
rentableInvestitionenindaskünftigeHumanvermögenderVolkswirtschafthandelt.Nur
einepädagogischguteQualitäteinerKindertageseinrichtungführtdazu,dassderkindbe-
zogenegesamtwirtschaftlicheNutzen,denKindertageseinrichtungenfüreineGesellschaft Inhalt habenkönnen,auchtatsächlichrealisiertwerdenkann.NebenderpädagogischenQualität
sindaberauchdieanderen,nichtpädagogischenbedarfsorientiertenAspektewichtig, zurück wennesdarumgeht,dassdergrundsätzlicherzielbaregesamtgesellschaftlicheNutzenaus
einemAusbauvonKindertageseinrichtungenerzieltwerdenkann. weiter
MaßnahmenzurSicherungderpädagogischenundauchdernichtpädagogischenQuali-
täts-elementemüssensichaufalleBetreuungsangebotebeziehen;siegeltenfürinstitutio-
nelleAngeboteebensowiefürdieFamilientagesbetreuungundschließenauchdieBil-
dungs-,Betreuungs-undErziehungsqualitätindenFamilienselbst.
2.4BezugsrahmenfürdieErfassungpädagogischerQualität
KonzepteundMessinstrumentederpädagogischenQualitätdieneninersterLiniedem
Zweck,diejenigenFaktoreninderUmweltdesKindes–seiesdieTageseinrichtung,dieTages-
pflegeoderdieFamilie–zubestimmenundzuerfassen,diegeeignetsind,dieEntwicklung
derKinderangemessenzuunterstützen,anzuregenundzufördern.Diedazuerforderlichen
ErkenntnissesinddurchErfahrungeninderPraxis,insbesondereaberdurchempirische
UntersuchungeneinschließlicheinerechtenWirkungsforschunghervorgebrachtworden.
Beispielsweiseistgutbelegt,dassindenerstenLebensjahrenderKinderdieErfahrungeiner
sicherenemotionalenBindunganerwachseneBezugspersoneneinederwichtigstenVoraus-
setzungenfürgelingendeEntwicklungs-undBildungsprozessedarstellt.19MitBlickauf
Tageseinrichtungenbedeutetdies,dassdieErfahrungeinersicherenBindungzudenwich-
tigstenAspektenderpädagogischenQualitätgehört.Indikatorenfür„gute“Qualitätliegen
indieserHinsichtineinemgünstigenPersonalschlüssel(3–5KinderproFachkraft),inder
KontinuitätderpersonalenBeziehungensowieinkindorientiertenVerhaltensweisenwie
Feinfühligkeit,Zuwendung,intensiverKommunikationundAnerkennung. ▼
▼
FürdieBestimmungdesVerhältnisseszwischenQualitätsmerkmalenderUmweltund
MaßenderkindlichenEntwicklungistentscheidend,wasmitdenBegriffenderQualitätund
derEntwicklunggemeintist.WasdenBegriffderEntwicklungbetrifft,sovertrittderWis-
senschaftlicheBeirathierzueineninteraktionistischenbzw.transaktionalenAnsatz.Dieser
verstehtEntwicklungalseinmiteinanderverschränktesSystemwechselseitigerEinflüsse
vonPersonundUmwelt.NachdieserAuffassungeignensichPersonen(einschließlichder
KinderindenerstenLebensjahren)nichtnurdieUmweltaktivan(dieseraktiveAneig-
nungsprozesswirdmitdemBegriff„Bildung“umschrieben),sondernveränderndieseauch,
indemsieaktivgestaltendinsieeingreifen.DieUmweltwirktihrerseitsaufdiePersonein,
gegebenenfallsalseinevomMenschenbereitsveränderteundsomitalseineneueAus-
18Vgl.dazuinsbesondereLynch2004oderzusammenfassendKarolyetal.2006.19Vgl.z.B.Grossmann/Grossmann2006.
13 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. gangslagefürdieEntwicklung.DieserProzessgiltgleichermaßenfürdieAuseinanderset-
zungderPersonmitihrermateriellenundsozialenUmwelt.20Seite 1�
InderpädagogischenQualitätsforschung21werdenvierDimensionenderQualitätunter-
schieden.DreiDimensionen–Orientierungsqualität,StrukturqualitätundProzessqualität–
geltenmitBlickaufdieAufgabenderBildung,BetreuungundErziehungderKinderals Inhalt AusdrucksformenvonInput-Qualität,dieinWechselwirkungzueinanderstehen.Dievierte
Dimension,dasNiveauderkindlichenEntwicklung,kann–allerdingsunterVorbehalten zurück (sieheunten)–alsAusdruckvonErgebnisqualitätverstandenwerden.ImHinblickaufalle
genanntenDimensionenistzuberücksichtigen,dassindieDefinitionvonQualitätsowiein weiter
dieBeschreibungundBewertungvonIndikatorenfürQualitätnormativePrämisseneinge-
hen,diegeprägtwerdenvonkulturellenTraditionenundpolitischenSystembedingungen,
vomForschungsstandundvonvorgängigenPraxiserfahrungen.DiesenormativenPrämis-
sen–z.B.einKonsensdarüber,wasunter„gelungenerPersönlichkeitsentwicklung“und
unter„entwicklungsangemessenerBildung“verstandenwird–solltenbeiallenMaßnah-
menderQualitätssicherungoffengelegtwerden,umdenEindruckeinervermeintlichen
objektivenRealitätzurelativieren.22
Strukturqualitätbeschreibtdiesituationsunabhängigen,zeitlichstabilenRahmenbedin-
genindenBetreuungsangebotenfürKinder,wiez.B.Gruppengröße,Erzieher-Kind-Schlüs-
sel,AusbildungundberuflicheErfahrungsowieverfügbareRäumeundderenAusstattung.
DieseRahmenbedingungenwirkensichförderlichodererschwerendsowohlaufdieUmset-
zungvonpädagogischenOrientierungenimAlltag(sieheunten)alsauchaufdieRealisie-
rungvonProzessqualität(sieheunten)aus.StrukturqualitätrepräsentiertdiejenigeDimen-
sionvonQualität,dieeinerdirektenpolitischenSteuerungzugänglichundvondieser
abhängigist.DiesgiltinsbesonderefürmonetäreInvestitionenindieInfrastrukturund
AusstattungderBetreuungsangebotesowieindieProfessionalisierung(Aus-undWeiterbil-
dung)derFachkräftebzw.Tagespflegepersonen.DieSicherungeinerhohenStrukturquali-
täthatzurVoraussetzung,dasseinKonsensüberdiedafürerforderlichepolitischePrioritä-
tensetzungerzieltwirdundangemesseneFinanzierungsmodellegefundenwerden(siehe
dazuPunkt4.3).
OrientierungsqualitätbeschreibtdieVorstellungen,Ziele,Werte,Überzeugungenund
Einstellungen,unterdenendieandenErziehungs-undBildungsprozessenbeteiligten
Erwachsenenhandeln.SiestellteinewesentlicheGrundlagefürdasEthosunddas„Klima“
einerEinrichtung(undaucheinerFamilie)sowiefürdieAuswahlundRealisierungvon
KonzeptenderBildung,BetreuungundErziehungdar.DieDeterminantenvonpädago-
gischenOrientierungenliegeninderLebens-undLerngeschichtejedeseinzelnenErwach-
senen,einschließlichderLernerfahrungeninderAus-undWeiterbildungundinderberuf-
lichenPraxis,sowieindenjeweilsvom„Zeitgeist“geprägtenÜberzeugungen.
▼▼
20Vgl.WissenschaftlicherBeirat1998,S.101.21Vgl.z.B.Tietze1998.22Vgl.Dahlberg/Moss/Pence1999;Honig/Joos/Schreiber2004.
▼
14 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
Kapitel II. ProzessqualitätbeschreibtdieGesamtheitderInteraktionenundErfahrungen,diedasKind
inderGruppemitseinersozialenundräumlich-materialenUmweltmacht.Sieprägtden Seite 1�
pädagogischenAlltagundentscheidet(nebenundzusammenmitderProzessqualitätinder
Familie)überdieChanceneinesjedenKindes,dieinihmangelegtenPotenzialezuentwi-
ckeln.ZueinerangemessenenProzessqualitätgehöreneineBetreuungdesKindesundein
Umgangmitihm,dieseinerSicherheitundGesundheitdienen,Interaktionsformen,die Inhalt entwicklungsgemäßeAktivitätendesKindesanregen,seineemotionaleSicherheitundsein
Lernenunterstützen,sowieeinräumlich-materialesArrangementmiteinemreichhaltigen zurück AnregungspotenzialfüreinbreitesSpektrumanBildungsaktivitäten.
weiter ErgebnisqualitätwirdanMaßender kindlichenEntwicklungfestgemacht.Damitist
gemeint,dassderjeweiligeEntwicklungsstandvonKinderninseinerAbhängigkeitvonden
genanntenDimensionenderErgebnisqualitätverstandenwird.Tatsächlichbelegtdieempi-
rischeWirkungsforschung,dasssichunterschiedlichepädagogischeQualitätinunter-
schiedlichenDurchschnittswertenderkindlichenEntwicklung(NiveauderSelbstständig-
keitdesKindesundseinerFähigkeitzurBewältigungvonalltäglichenLebenssituationen,
sozialeKompetenzenimUmgangmitanderenKindernundmitErwachsenen,kognitive
undsprachlicheEntwicklung)niederschlägtundauchfürdenweiterenBildungswegder
Kinder(Schulleistungen)folgenreichist.
WenndiekindlicheEntwicklunghieralsKennzeichenderErgebnisqualitätbetrachtetwird,
soheißtdiesauch,dassumgekehrteEinflüssederKinderaufihreUmwelt–hier:aufdieGestal-
tungerzieherischerInteraktioneninaußerfamilialenBetreuungseinrichtungen–beachtet
werdenmüssen;dennKindersindauchausdieserPerspektivealsAkteurezusehen,diedurch
Selbststeuerung,aberauchunbeabsichtigtodergarungewolltihreEntwicklungsverläufe
mitbestimmen.EntsprechendsolltesichdieErgebnisqualitäteinerEinrichtungunterande-
remdaranbemessen,inwieweitungünstigeEntwicklungsverläufe,dieauchdurchdieKinder
selbstinbestimmteBahnengelenktwerden(z.B.sozialerRückzug,Provokationaggressiver
Reaktionen),durchprofessionellesHandelngebremstwerdenkönnen.
ImRahmenderInterventionsforschungistdiesweitausgebräuchlicher,dahierVerhaltens-
undEntwicklungsbesonderheitenderKindernichtnuralsErgebnis,sondernauchalsVor-
aussetzungzuBeginnderMaßnahmebzw.Interventionberücksichtigtwerden.Allzudeter-
ministischeSichtweisen,dienurvoneinereinseitigenRichtungderBeeinflussung
ausgehen,relativierensichspätestensandieserStelle.DifferenziertereZugängeschärfen
auchdenBlickfürdiehoheVariabilitätderfrühkindlichenEntwicklungunterindividu-
ellen,geschlechtsspezifischenundkulturellenbzw.subkulturellen/ethnischenAspekten.
EntsprechendproblematischistdieOrientierunganDurchschnittswertenderEntwicklung,
diefüreineEvaluationderErgebnisqualitätvielfachnochcharakteristischist.Allerdingsist
einsolchernivellierenderZugangkeineswegseinnotwendigesÜbel,dasmaninKaufneh-
menmüsste.Undschließlichgilt:EntwicklungsverläufealsMerkmalderErgebnisqualitätzu
betrachtenheißtauchnicht,dassdieBedeutungandererBetreuungs-undErziehungskon-
textezuvernachlässigensei.GeradedieanspruchsvollereQualitätsforschungistinhohem
MaßefürdasZusammenspielunterschiedlicherEntwicklungsumweltensensibilisiertund
hataufgezeigt,dassdieFamiliefürdiekindlicheEntwicklungeinenwesentlichgewich-
tigerenEinflussfaktordarstelltalsdieöffentlichenEinrichtungen.DieWirkungderQualität
▼▼
15 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. vonTageseinrichtungenfürKindermussdaherimmerinVerbindungmitderWirkungder
QualitätderHerkunftsfamilienderKinderbetrachtetwerden. Seite 1�
Esdürftedeutlichgewordensein,dassderRückgriffaufMerkmalederkindlichenEntwick-
lungkeineeinfacheLösungfürdieQualitätsfragebereithält.GleichwohlliefernInforma-
tionenüberdiekindlicheEntwicklungeinenzentralenMaßstabzurBewertungvon„input“-Inhalt MerkmalenderBetreuungseinrichtungundergänzendiesedamitaufentscheidende
Weise.SinnvolleQualitätskontrollenwerdenimmerbeides–inputundErgebnis–imBlick zurück behaltenmüssen,umsomehr,wenndieWirkungbestimmterpädagogischerPraxeninsge-
samtnurwenigempirischüberprüftwurde. weiter
2.5Qualitätsentwicklung
2.5.1EindieFamilienintegrierenderAnsatzderQualitätsentwicklung
ZurnachhaltigenSicherungeinerhohenQualitätderRahmenbedingungendesAufwach-
sensallerKinderplädiertderBeiratfüreinendieFamilienintegrierendenAnsatz.Erverbin-
detdiebereitsgenanntenPerspektivenderKinder,derElternunddesSozialraums.Under
zieltaufeineneueundbessereIntegrationderöffentlichenundderelterlichenSorgefür
Kinder,diegeeignetist,durchStärkungdesInformationsaustauschszwischenTageseinrich-
tungundEltern,durchAusweitungvonPartizipationsspielräumenderFamilienunddurch
tragfähigeKooperationsstruktureninderGestaltungderErziehungspraxisdasWohlaller
KindersowieeineangemesseneUnterstützungundAnregungihrerEntwicklungs-und
Bildungsprozessezugewährleisten.DabeigehtesumdiePraxiseinerengenErziehungs-
partnerschaftzwischenTageseinrichtungenfürKinderbzw.AngebotenderFamilientages-
betreuungundEltern.23EsgehtaberauchumeineweitergehendeVernetzungderlokalen
DienstleistungenfürFamilien,wiesiebeispielsweiseinFamilienzentrenrealisiertwird.
BesondereAufmerksamkeitverdienenindiesemZusammenhangAngebote,dieElternin
ihrerRollealsBetreuerundErzieherderKinderstärken,ihreInvolviertheitindiepädago-
gischeArbeitsichern,und–direktoderindirekt–zurUnterstützungderelterlichenBezie-
hungs-undErziehungskompetenzenbeitragen.DenndieFamiliewirdauchnachdem
geplantenAusbauderöffentlichenBetreuungsangebotederersteundlebensbegleitend
wichtigsteundwirksamstesozialeOrtderBildung,BetreuungundErziehungbleiben. ▼
▼
GeradeangesichtsderherausragendenBedeutungderFamilienliegtesnahe,imHinblick
aufdieBedürfnisseundRechtederKindernichtnurfürdieöffentlichenBetreuungsange-
botesondernauchfürdieFamilieneinehoheQualitätderpädagogischenProzessezuför-
dern.DieVoraussetzungenhierfürsindjedochjenachäußerenLebensumständenund
personalenRessourcenderElternundjenachGesundheitundTemperamentderKinder
sehrunterschiedlich.IndemAnliegen,ElternjenachihrenMöglichkeiteneinzubeziehen
(stattsiezuersetzen)undsieinmöglichstfrühenPhasenderFamilienentwicklungdarinzu
unterstützen,kompetenteundhilfreicheEntwicklungsbegleiterihrerKinderzusein,liegen
23AufdiesenotwendigePartnerschaftzwischenFamilienundBetreuungseinrichtungenundSchulenhatder WissenschaftlicheBeiratfürFamilienfragenbereitsmehrfachhingewiesen(vgl.WissenschaftlicherBeiratfür Familienfragen2002,2005und2006).
16 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. besondersherausforderndeAufgabeneinesdieFamilienintegrierendenAnsatzesderQuali-
tätssicherung.DurchdieStärkungkompetenterundengagierterElternschaftkann,wiedie Seite 1�
Forschungzeigt,bereitsinderfrühenKindheiteinBeitragzurChancengerechtigkeitfür
benachteiligteKindergeleistetwerden.IndieserPerspektivesolltenKinderkrippenzum
Ausgangspunktfür„früheHilfen“werden,diederPräventionvonKindeswohlgefährdung
dienen.24 Inhalt
DiehohenErwartungen,diedamitandieöffentlichfinanziertenBetreuungsangebote zurück (sowieandiemitdiesenvernetztenDienstleistungsangebotefürFamilien)gestelltwerden,
könnenallerdings–wiedieeinschlägigeForschungebenfallsbelegt–nurunterderBedin-weiter
gungerfülltwerden,dassdieseöffentlichenBetreuungsangeboteihrerseitseinehohe
pädagogischeQualitätaufweisen.UnterderhiereröffnetenPerspektiveeinesdieFamilien
integrierendenAnsatzesbeziehtsichdiepädagogischeQualitätdannnichtnuraufdie
GestaltungvonkindlichenBeziehungs-undLernerfahrungenimKontextöffentlicher
Betreuungsangebote,sondernauchaufdieSicherungderelterlichenKooperationsbereit-
schaftdurchAufbaueinervertrauensvollenBeziehung,aufdieVerständigungüberdie
jeweiligenErziehungszieleund-stilezurSicherungvonKontinuitätundSynergieüberdie
kindlichenEntwicklungskontextehinwegundaufdieFörderungelterlicherErziehungs-
undBeziehungskompetenzendurchgeeigneteAngeboteimNetzwerkvonElternbildung
undBeratung.SoanspruchsvolleinederartigeAusweitungdes„pädagogischenAuftrags“
klingenmag:InderVertrautheitderBetreuungseinrichtungfürdieElternliegteineent-
scheidendeChance,diefürbreiteSchichtendieSchwellesenktunddamitdenZugangund
dieNutzungentsprechenderBeratungs-undKursangeboteerleichterndürfte.
2.5.2ErsteSchrittederQualitätsentwicklung:Curriculaund QualifizierungsmodellefürinstitutionelleAngebotesowiefür dieFamilientagesbetreuung
DieDurchsetzungvonhohenQualitätsstandardsindenBetreuungsangebotenfürunter
dreijährigeKinderliegtletztenEndesinderZuständigkeit/VerantwortungderKommunen
sowiedereinzelnenTräger.Indessolltenund–daszeigendieErfahrungenderletztenJahre–
könnendazuvondenEbenendesBundesundderBundesländerausVorgabengemachtund
Anregungengegebenwerden.DabeiistzumeinenandieNationaleQualitätsinitiativezu
denken,diepartiellauchaufKinderkrippenbezogenwarundinsofernalsBeispielfüreine
vomBundgestarteteInitiativedienenkann;allerdingssolltenweiterevomBundangesto-
ßeneInitiativennichtbeiderwissenschaftlichenErgebnispräsentationstehenbleiben,
sondernesbedarfaucheinerModerationdesBundes,wieentsprechendeEmpfehlungen
umzusetzensind.ZumanderenzeigendiegemeinsameInitiativederJMKundderKMKzur
EntwicklungvonBildungsplänenfürTageseinrichtungenfürKinderundderErlassvon
BildungspläneninallenBundesländern,dassdasZusammenwirkenvonBund,Ländernund
TrägernzurQualitätsentwicklungwirksambeitragenkann.
▼▼
24Vgl.z.B.Helmigu.a.2007.
17 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. Bildungs-undErziehungsplänesowiedieAusbildungvonFachkräftenfür institutionelleAngebotefürunterdreijährigeKinder
Seite 1�
DervonderJMKundKMKverabschiedete„GemeinsameRahmenderLänderfürdiefrühe
BildunginKindertageseinrichtungen“(2004)hatdenAnstoßfürdieErarbeitungundden
ErlassvonBildungs-undErziehungsplänenfürKindergärtenbzw.Tageseinrichtungenfür Inhalt KinderinallenBundesländerngegeben.Bildungs-undErziehungsplänesindzwarkein
geeignetesInstrument,umverbindlicheQualitätsstandardsdurchzusetzen,jedochhaben zurück ihreErarbeitungundUmsetzungeinenProzessderöffentlichenAufwertungderfrühen
BildungsowieeinenProzessderProfessionalisierungderFachkräfteinGanggesetzt,diein weiter
ihrerBedeutungundWirkungnichtunterschätztwerdensollten.Diesgiltzunächstfürdie
Tatsache,dassdieErarbeitungvonBildungs-undErziehungsplänenalleTrägeraneinen
TischbringtundihneneinenKonsensüberdiegrundlegendenAnforderungenanBildung,
BetreuungundErziehungabverlangt.AußerdemhabendieBildungs-undErziehungspläne
wichtigeneueElementederpädagogischenArbeit–insbesonderediekontinuierliche
BeobachtungundDokumentationderEntwicklungs-undBildungsprozessederKinder
sowieregelmäßigeErziehungsgesprächederFachkräftemitdenElternallerKinder–einge-
führt.SchließlichgehörenzurUmsetzungderBildungs-undErziehungspläneverpflichten-
deWeiterbildungsmaßnahmenfürdieFachkräfteineinemerheblichenUmfang.
DadieneuenBildungs-undErziehungsplänenurinwenigenBundesländernauchaufdie
unterdreijährigenKinderbezogensind,solltederersteundwichtigsteSchrittderQualitäts-
entwicklungdarinbestehen,fürdieseAltersgruppeeineneigenen„gemeinsamenRahmen“
derJMKundKMKzuverabschiedenundinallenBundesländernBildungs-undErziehungs-
plänefürdieseLebens-undEntwicklungsphasezuerarbeitenundzuerlassen.DieUmsetzung
dieserBildungs-undErziehungsplänemuss,wieimFallederbereitsvorliegendenPläne,mit
einemverpflichtendenWeiterbildungsprogrammfürdieFachkräfteverbundenwerden.
ImUnterschiedzudenTageseinrichtungenfürdrei-bissechsjährigeKinderistesimHin-
blickaufdieinstitutionellenAngebotefürunterDreijährigenichtmitWeiterbildungsmaß-
nahmenfürdiebereitsvorhandenenFachkräftegetan.Vielmehristesangesichtsdervorge-
sehenenzusätzlichenBereitstellungvonca.318.000PlätzeninTageseinrichtungenbiszum
Jahre2013erforderlich,mindestens50.000zusätzlicheFachkräfteeinzustellenundaufihre
verantwortungsvolleTätigkeitangemessenvorzubereiten,wobeidieletztendlicheAnzahl
desbenötigtenPersonalsvomangestrebtenBetreuungsschlüssel,vomNachfrageverhalten
derElternundderAnzahlderbereitsinKindertageseinrichtungentätigenErzieherinnen
undErzieher,dieangesichtsderabnehmendenZahlderKinderfürdieAltersgruppeder
unterDreijährigeneingesetztwerdenkönnen,abhängt.25Diesbedeutetzumeinenerheb-
licheInvestitionenindenAuf-bzw.AusbaueinerInfrastrukturfürdiegrundständigeAus-
bildungvonFachkräfteneinschließlichderdafürerforderlichenInfrastrukturfrühpädago-
gischerForschung,zumanderenmusseinAusbildungskonzeptentwickeltundumgesetzt
werden,dasgeeignetist,diekünftigenFachkräfteaufdiespezifischenAnforderungenan
Bildung,BetreuungundErziehungderunterdreijährigenKinderzuqualifizieren.26Dazu
gehörtbeispielsweise,dassdieStudierendenanFachschulendieMöglichkeiterhalten
▼▼
25NachBerechnungendesDJIwerdeninTageseinrichtungenca.50.000zusätzlicheVollzeitstellenbenötigt,bei TeilzeittätigkeitmüssenentsprechendmehrFachkräfteeingestelltwerden(vgl.Rauschenbach/Schilling2007).
26Vgl.z.B.Ahnert2005.
18 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. müssen,inihrerAusbildungalsWahlpflichtdenSchwerpunktKrippenpädagogikwählen
zukönnen.27DerBeiratbegrüßtindiesemZusammenhangdievonseitenderBundesregie-Seite 1�
rungangekündigteQualifizierungsoffensivefürFachkräfteinKinderkrippen.Solltenaller-
dingsdiediesbezüglichenPressemeldungenzutreffen,wonachaneineanHochschulen
angesiedelteAusbildungfürLeitungskräftegedachtist,sogibtderBeiratzubedenken,dass
einernachhaltigenQualitätsentwicklunginKinderkrippennurdanngedientist,wenn Inhalt LeitungskräfteimVorfeldoderbegleitendzueinerHochschulausbildungBerufserfahrung
inderPraxisgesammelthaben. zurück
QualifizierungsmodellefürdieFamilientagesbetreuung weiter
NebendenTageseinrichtungenwirddieFamilientagesbetreuungeinewichtigeAngebots-
formfürunterdreijährigeKindersein.Derin§22SGBVIIIformulierteAuftragderBildung,
BetreuungundErziehunggiltfürKindertageseinrichtungenundFamilientagesbetreuung
gleichermaßen.DementsprechendmüssenfürdieFamilientagesbetreuungprinzipielldie-
selbenKriterienpädagogischerQualitätgeltenwiefürKindertageseinrichtungen.Allerdings
könnendieQualitätskriterienfürdieFamilientagesbetreuungnichtaufdemgleichenNiveau
festgelegtundeingefordertwerdenwiefürKindertageseinrichtungen,daessichbeiden
Tageselternauchdann,wennsiegewisseQualifizierungskurseabsolvierthaben
(s.unten),nichtumFachkräftehandelt.
DieFamilientagesbetreuungbzw.–solautetbislangderFachterminus–Kindertagespfle-
ge28wirdin§23SGBVIIIalseigenständigeFormder„FörderungvonKindern“beschrieben;
Tagespflegepersonenmüssen„übervertiefteKenntnissehinsichtlichderAnforderungen
derKindertagespflegeverfügen,diesieinqualifiziertenLehrgängenerworbenoderin
andererWeisenachgewiesenhaben“.
DieFörderungvonKinderninTagespflegehatimRahmenderKinder-undJugendhilfe
langeZeiteinSchattendaseingeführt.Daszeigtsichdaran,dassdieTagespflegeinder
Kinder-undJugendhilfestatistikbiszumJahr2006nichterfasstwordenistsowiedaran,
dassesbislangkeineüberregionalenRegelungenderQualifizierungundderBezahlung
vonTagespflegepersonengibt.DieRechtsgrundlagefürdiestatistischeErfassungdieser
Datenwurdeerstmitdem2005verabschiedetenKICKgeschaffen.29RegelungenzurQualifi-
zierungundBezahlungvonTagespflegepersonenliegenimKompetenzbereichderLänder.
BeideraktuellenNovellierungdesSGBVIIIsindzumindestfürdieBezahlungRahmenvor-
gabenindemneugeschaffenen§24Abs.2avorgesehen.
▼▼
MitderInitiativezumAusbauderKinderbetreuungfürunterDreijährigewurdeeineErhö-
hungdesAnteilsvonTagespflegeandenBetreuungsplätzenzumerklärtenZielderPolitik,
dasiealsbesondersflexibleFormderKinderbetreuungdemWunschderElternnacheiner
familiennahenBetreuunginbesondererFormentgegenkommeunddamitentscheidendzu
einergleichberechtigtenTeilhabebeiderElternteile,insbesondereabervonFrauen,am
27Vgl.Ebert2008. 28DerBegriffswechselwirdindemHandbuch„VonderTagespflegezurFamilientagesbetreuung“(Jurczyku.a.
2004)vorgeschlagen,dasErgebniseinesEntwicklungs-undForschungsprojektesdesBMFSFJistundamDeut-schenJugendinstitutMünchendurchgeführtwurde.DamitsolleinerNeuordnungderTagespflegealsSegment öffentlichregulierterKinderbetreuungauchaufsprachlicherEbeneAusdruckverliehenwerden.
29Vgl.Kolvenbach/Taubmann2006.
19 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. Arbeitsmarktbeitrage.30AngestrebtwirdeinAnteilvonca.30%,waseinemzusätzlichen
Angebotvonca.130.000Betreuungsplätzenentspricht.HierfürwerdennachSchätzungen Seite 1�
etwa47.000zusätzlicheTagespflegepersonengebraucht.31GleichzeitigsollenRahmenbe-
dingungengeschaffenwerden,dieTagespflegeauchinqualitativerHinsichtauszubauen.
Kindertagespflegesollmittelfristigzueinemanerkannten,angemessenvergütetenBerufs-
bildwerden.32
Inhalt
DiesmachteinegrundlegendeReformderTagespflegedringenderforderlich.Diewichtigs-zurück tenAnsatzpunkteeinersolchenReformwerdenvonJurczyku.a.2004vorgeschlagen.Insbe-
sonderewirddieEinrichtungeines„FachdienstesTagespflege“empfohlen,derzahlreiche weiter
AspektewieQualitätskriterien(z.B.Betreuungsstabilität)undVerfahrenzurQualitätsfest-
stellung(bishinzueinemGütesiegel),VerfahrenderQualifizierung,ZulassungundPraxis-
begleitung,dieZusammenarbeitmitJugendämtern,VerbändenundTrägerverbünden,
SchrittezurProfessionalisierung(ArbeitsstatusundsozialeAbsicherung)sowieKostenund
Finanzierungumfasst.
ZurQualifizierungvonTagespflegepersonenwirdeinzweiphasigesModelleinesCurricu-
lums33vorgestellt,dasineinerpraxisvorbereitendenEinführungsphasedieGrundlagender
TagespflegeindenPerspektivenvonTageseltern,KindernundElternvermitteltundineiner
praxisbegleitendenVertiefungsphaseinsbesonderepädagogischeundentwicklungspsy-
chologischeGrundlagenderFörderungvonKindernsowieAnforderungenandieKoopera-
tionundKommunikationmitElternbehandelt.
EsliegtaufderHand,dassdiegenanntenReformmaßnahmenderTagespflegeundnicht
nurdieBezahlungderTagespflegepersonenKostenverursachen,dienurzueinemgeringen
TeilvondenElternderbetreutenKinderaufgebrachtwerdenkönnen.Sowirdbspw.eine
BeibehaltungderPauschaleinHöhevon1.392€fürdie„fachlicheBegleitung“,wieinder
BegründungzumReferentenentwurfdesKinderförderungsgesetzes(KiFöG)vorgesehen,
füreineangemesseneQualifizierungnichtausreichen.
2.5.3WeitereSchrittederQualitätsentwicklung
DerErlassunddieUmsetzungvonBildungsplänensowiedieQualifizierungvonFachkräften
könnenundsolltendieGrundlagefürweitereSchrittederQualitätsentwicklungbilden.Es
gehtdabeiumeinenzeitlichausgedehntenProzess,dernurgelingenkann,wennalleBetei-
ligten–diepolitischenAkteureaufdenEbenendesBundes,derLänderundderKommunen,
dieTrägerverbände,dieWissenschaft,dieFachkräfteunddieÖffentlichkeit(insbesondere
Eltern)–zusammenwirken.EsgibtgegenwärtigeineVielfaltvondidaktischenAnsätzender
Frühpädagogik,diefürdieUmsetzunghoherQualitätsstandardsinderUnterstützungund
FörderungderBildungsprozessederKinderkonkreteAnregungengebenunddieineiner
großenZahlvonEinrichtungenimpädagogischenAlltagumgesetztwerden.34DieAusrich-
▼▼
30MeldungdesBMFSFJvom28.November2007.31Vgl.Rauschenbach/Schilling2007.32Begründungzum„EntwurfeinesGesetzeszurFörderungvonKindernunterdreiJahreninTageseinrichtungen
undinKindertagespflege(Kinderförderungsgesetz–KiföG)“vom7.März2008. 33Vgl.dazuauchWeißu.a.2002. 34Vgl.Ahnert2005,Fthtenakis/Textor1998,Laewen/Andres2002,Rossbach2005,Tietzeu.a.2005sowie
Viernickel2008.
▼
20 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
Kapitel II. tungandenspezifischenBedürfnissenundEntwicklungsaufgabenderunterdreijährigen
KinderistindiesenAnsätzenbereitsimpliziertoderkannohnehohenAufwandgeleistet Seite �0
werden.DerBeiratistderÜberzeugung,dassdieproduktiveVielfaltdiesererprobtenund
bewährtenAnsätzeUnterstützungverdient.DarüberhinausmussesjedochumdieInitiie-
rungeinesProzessesgehen,derzurKonsensbildungüberdiewichtigstenQualitätsanforde-
rungenandieBetreuungsangebotefürunterdreijährigeKinderführtunddiekonkrete Inhalt UmsetzungdieserQualitätsanforderungenzueinemzentralenAnliegendesGemeinwesens
imSinneeiner„KulturdesAufwachsens“werdenlässt. zurück
AngesichtsseinerBedeutungkönntederBundeinensolchenKonsensbildungsprozessmit weiter
denLändern,KommunenundTrägernmoderieren.Dabeikönntenauchinternationale
Erfahrungenmiteinbezogenwerden,dieimSinnevon„Benchmarks“kritischüberprüftund
aufdiedeutschenBesonderheitenhinangepasstwerdenmüssten.Siekönntenaberauch
Hinweisedaraufgeben,aufwelchenKonsenseinerpädagogischenQualitätsichandere
westlicheIndustrienationeneinigenkonnten.
EingutesBeispielfürdieMobilisierungallerBeteiligtenfürdieBelangederKinderimSinne
derGewährleistungqualitativhochstehenderBetreuungsangebotebietetderVerein
„BündnisfürKinderundFamilieninNiedersachsen“.Inseinem„Einmaleinsderfrühkind-
lichenBildung“mahntdasBündniszwölfgrundlegendeForderungenmitBlickaufdeutlich
verbesserteRahmenbedingungeninKindertagesstättenalsdererstenöffentlichenBil-
dungsinstanzan.
AngesichtsderTatsache,dassdieRahmenbedingungen(„Strukturqualität“)fürdieGewähr-
leistungpädagogischerQualitäteinegroßeRollespielenundnurdieseDimensionvon
QualitäteinerdirektenpolitischenSteuerungzugänglichist(s.2.4),musssichdasaufQuali-
tätsentwicklungzielendepolitischeHandelninersterLinieaufAspektederStrukturquali-
tätbeziehen.DiesebetreffendieQualifizierungderFachkräfte(s.2.5.2),aberauchdieGrup-
pengrößeindenEinrichtungen,denErzieherin-Kind-Schlüssel,dieRäumeundihre
AusstattungsowiedieZeitressourcenderFachkräftefürdieZuwendungzujedemKind,für
BeobachtungundDokumentationundfürErziehungsgesprächemitdenEltern.
AnsatzpunktefüreinegezielteBeeinflussung(indirekteSteuerung)vonOrientierungsqua-
litätliegenindergrundständigenAusbildungderFachkräfte,inMaßnahmenderWeiter-
bildung,imErlassvonBildungs-undErziehungsplänen,inZielvereinbarungenderTräger
sowieinderFörderungeiner„KulturdesAufwachsens“imRahmeneinerumfassenden,vor
allemaufderlokalenEbenerealisiertenPolitikfürKinderundFamilien.
▼▼
ProzessqualitätistebensowieOrientierungsqualitätnureinerindirektenpolitischenSteue-
rungzugänglich.SiewirdmitbestimmtdurchdieStrukturqualität,d.h.dieRahmenbedin-
gungenderEinrichtungen,durchdiefürOrientierungsqualitätgenanntenFaktoren(Aus-
undWeiterbildungderFachkräfte,Bildungspläneetc.)sowiedurchdenDialogmitden
ElternunddurchdieEinbettungderTageseinrichtungimSozialraumundGemeinwesen.
21 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. 2.6QualitätssicherungundQualitätsmanagement
Seite �1 DiebislangdargestelltenMaßnahmenbildendieunverzichtbareGrundlagederQualitäts-
entwicklunginallenBetreuungsangebotenfürunterdreijährigeKinder.Siereichenaller-
dingsnichtaus,umverbindlicheQualitätsstandardsdurchzusetzen.Dafürbedarfesauf-
wändigerer(unddamitauchkostenintensiverer)Verfahren. Inhalt
ÜberdieallgemeinenKriterienfürdieFormulierungvonverbindlichenQualitätsstandards zurück gibteseinenbreitenKonsens;sielassensichausdenErgebnissendernationalenundinter-
nationalenForschungundPraxisentwicklungableiten.Siebetreffenbeispielsweisedie weiter
QualifizierungderFachkräfte(AusbildungzurErzieherinundErzieher,möglichstspeziali-
siertaufunterDreijährige),denBetreuungsschlüssel(dasKinderbetreuungsnetzwerkder
EUnenntdreibisfünfKinderaufeineFachkraftalsRichtgröße),dieBetreuungskontinuität
(möglichstdieselbenBetreuungspersonenfürdasAlter0–3undkeinWechselderBetreu-
ungspersonenamTagdurchSchichtwechsel),dieQualitätdesUmgangsderFachkräftemit
denKindernunddemeinzelnenKind(z.B.Feinfühligkeit,Stimulation),Maßnahmenzur
EingewöhnungderKinderbeiEintrittindieEinrichtung(z.B.EinbeziehungderEltern)und
FormenderZusammenarbeitderFachkräftemitdenEltern(z.B.regelmäßigeErziehungs-
gespräche).
JenseitsvondiesemgrundlegendenKonsenswirdüberdiekonkreteAusgestaltungderVerfahren
derQualitätssicherunginderFachweltkontroversdiskutiert,undinderPraxiskommenverschie-
deneAnsätzezurAnwendung.AufdereinenSeitewirddieEinführungeinesGütesiegelsgefor-
dert.35DiesessetztaufdiedetaillierteErfassungeinerVielzahlvonempirischüberprüftenIndika-
torenfürdieDimensionenderStruktur-,Orientierungs-undProzessqualitätimSinneeiner
externenEvaluation;derenErgebnissebildendieGrundlagederZertifizierung,dieinderVergabe
einesmehrstufigangelegtenGütesiegelszumAusdruckkommt.AufderanderenSeitesindvon
denTrägerverbändenderTageseinrichtungenverschiedeneModelledesQualitätsmanagements
eingeführtworden,dieteilsanallgemeinenOrganisationsentwicklungs-undQualitätsmanage-
mentsystemenorientiertsind,teilsaufdiespezifischenBelangevonTageseinrichtungenabheben
(z.B.dasBundes-RahmenhandbuchEvangelischerKindertageseinrichtungen);dieseModelle
beschränkensichaufeineAuswahlgrundlegenderQualitätskriterien,setzenimWesentlichenauf
interneEvaluation,undgehendavonaus,dassQualitätssicherungnuralsErgebnisvonAushand-
lungsprozessenderBeteiligten(insbesondereTräger,FachkräfteundEltern)ingemeinsamer
VerantwortungfürdievorOrtzuleistendeQualitätsentwicklunggewährleistetwerdenkann.
▼▼
SowohldasKonzeptdesGütesiegelsalsauchdiegenanntenAnsätzedesQualitätsmanage-
mentsweisenStärkenundSchwächenauf.36SowirdbeispielsweisebeimGütesiegeldie
wissenschaftlicheZuverlässigkeitderherangezogenenGütekriterienerkauftdurchdie
Ausblendungwichtiger,aberwissenschaftlichnochnichtgeprüfterAspektederpädago-
gischenQualitätunddurcheinenhohenGradanFormalisierung,derdazuführenkann,dass
zwischenWissenschaftundPraxiseinemotivationshemmendeDistanzaufgebautwird.
DemgegenüberwerdenbeidenAnsätzendesQualitätsmanagementsPraxisnähe,Aushand-
lungundPartizipationerkauftdurchpartiellenVerzichtaufobjektivierbare,wissenschaft-
35Vgl.Spieß/Tietze2002.36Vgl.Diller/Leu/Rauschenbach2005;Dahlberg/Moss/Pence1999.
22 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. lichgeprüfteQualitätskriterien.ImÜbrigengiltfürbeideTypenderQualitätssicherung,dass
siedenEntwicklungsstandderKinder,undzwarauchimSinnevonempirischenMaßender Seite ��
Ergebnisqualität,vernachlässigen.IndieserSituationschlägtderBeiratvor,dieunterschied-
lichenTypenundAnsätzederQualitätssicherungnebeneinanderzuerprobenundsieeiner
vergleichendenlängsschnittlichenEvaluierungzuunterziehen.AußerdemsolltenVersuche
angeregtundunterstütztwerden,dieaufeineVerbindungderunterschiedlichenTypender Inhalt Qualitätssicherungsetzenunddaraufabzielen,derenjeweiligeStärkenzuerhaltenundihre
jeweiligenSchwächenzureduzieren.HierbeisollteaufdenEntwicklungsfortschrittder zurück Kinder(i.S.v.zentralenAspektenderErgebnisqualität)inVerfahrenderQualitätssicherung
unddesQualitätsmanagementsbesondersWertgelegtwerden. weiter
UnabhängigvonderimEinzelnenpraktiziertenAusgestaltungderVerfahrenmüssennach
ÜberzeugungdesBeiratsMaßnahmenderQualitätsfeststellungund-sicherungHandin
HandgehenmitMaßnahmenderQualitätsentwicklung(s.2.5).
2.7Qualitätsmessung
DieBeschreibungundMessungvonMerkmalenderpädagogischenQualitätgeschehenim
HinblickaufdieDimensionenderQualitätaufunterschiedlichenWegen.FürdieErfassung
vonMerkmalenderStruktur-undOrientierungsqualitäthabensichVerfahrenwieInterview,
schriftlicheBefragungundDokumentenanalysebewährt.Aufwändigerstellensichdie
VerfahrenzurErfassungderProzessqualitätdar.MitBlickaufdieunterDreijährigenliegt
dazudieKrippen-SkalavonTietzeu.a.(2005)vor.DieSkalaerfasstnebenPlatzundAusstat-
tungsowieKooperationmitElterndieBereicheBetreuungundPflegederKinder,sprach-
licheundkognitiveAnregungen,Aktivitäten,InteraktionenunddieStrukturierungder
pädagogischenArbeit.ZurErfassungderProzessqualitätinderFamilientagesbetreuung
habenTietze,KnobelochundGerszonowicz(2005)eineTagespflege-Skala(TAS)vorgelegt.
DiegrößteHerausforderungbetrifftdieErfassungderkindlichenEntwicklungi.S.v.Ergeb-
nisqualität.HierzusindVerfahrenausderUS-amerikanischenForschungadaptiertworden.37
Eslässtsichfeststellen,dassdieinälterenStudienverbreiteteFixierungaufIQ-Maßedurch
einbreitesSpektrumvonKriterienabgelöstwordenist,dasMaßederkognitivenundsprach-
lichenEntwicklungebensoeinschließtwieMaßederSozialentwicklung,desProblemverhal-
tens,desGesundheitsstatusoderderKompetenzzurBewältigungvonLebenssituationen. ▼
▼
DiegenanntenMessverfahren,insbesonderediejenigenzurProzessqualitätundzurkindlichen
Entwicklung,zeichnensichdurcheinenhohenGradderKomplexitätundDetailgenauigkeit
aus.DieseEigenschaftensindkonstitutivfürempirischeForschung.Gleichwohlscheintes
sinnvollundnotwendigzusein,dieforschungsrelevanteKomplexitätzureduzieren,wennes
darumgeht,wissenschaftlicheErkenntnisseüberqualitativeVoraussetzungeneinerumfas-
sendenUnterstützungundAnregungderkindlichenEntwicklungfürdiepraktischeEntwick-
lungpädagogischerQualität(s.2.5)nutzbarzumachen,seiesfürdieFachkräfte(Gestaltung
derpädagogischenArbeit,BeobachtungundDokumentationetc.)oderfürdieEltern(Beurtei-
lungvonBetreuungsangeboten).DieWissenschaftsollteimDialogmitderPraxisdazubeitra-
gen,dassleitendePrinzipienderpädagogischenQualitätimBewusstseinderTräger,derFach-
kräfteundderElternverankertundimpädagogischenAlltagzurGeltunggebrachtwerden.
37Vgl.Rossbach2005,S.66ff.
23 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. 2.8QualitätssteuerungdurchGutscheine?
Seite �� EineweitereMöglichkeit,umdiesachgerechteVerwendungderMittelsicherzustellen,
bestehtineinergrundsätzlichanderenArtderMittelzuweisungdurchdenBund.Statt
LänderundKommunenübereinenerhöhtenUnsatzsteueranteilfinanziellzuentlasten,
könntendiefürdenAusbauderBetreuungskapazitätenvorgesehenenMittelüberGut-Inhalt scheinedirektdenFamilienzugutekommen(Subjektförderung).Gutscheinprogrammeals
staatlichesSteuerungsinstrumenteröffnendieMöglichkeiteneinersubjektorientierten zurück SteuerungdesAngebots,indemdenKundinnenundKunden,indiesemFalldenEltern,die
MöglichkeitderWahlzwischenAnbieterngewährtwirdundsichsomitdasAngebotdurch-weiter
setzt,welchesdenPräferenzenundWünschenderElternentgegenkommt.Siebieten
zudemdieMöglichkeitderAusdehnungdesBildungsangebotsaufprivateTrägerunddarü-
berhinausauchdieChance,Finanzierungs-undOrganisationskompetenzenaufunter-
schiedlichenstaatlichenEbenenanzusiedelnunddamitdieHürden,diesichimRahmen
föderalstaatlicherKompetenzordnungen,z.B.imHinblickaufdieSicherungeinheitlicher
Qualitätsstandards,bieten,zuüberbrücken.
KinderbetreuungsgutscheineaußerhalbdesBildungsbereichs,wurdenineinerReihevon
Staateneingeführt(Finnland,Großbritannien,USA,Schweden,Taiwan,Korea)38oderzumin-
destintensivdiskutiert(Österreich,Schweiz,Nordirland)39.AuchdieStarting-Strong-
BerichtederOECD(2001a;2006)befürwortenGutscheinprogrammeimBetreuungssektor.
InFinnlandgelangmitderEinführungvonBetreuungsgutscheineneinemerklicheErweite-
rungprivat-gewerblicherAngeboteundzudemeinedeutlicheErhöhungderNutzungvon
Betreuungsangeboten.40IndenUSAgibteseinebisindie60erJahrezurückreichendeTradi-
tionvonKinderbetreuungsgutscheinsystemen.41EntsprechendeVorschlägezurEinführung
vonBetreuungsgutscheinenwurdeninDeutschlandv.a.imSommer2007beiderDiskus-
sionumeinenAusbauderBetreuungsangebotefürunterDreijährigediskutiert.42Gut-
scheinesindgeldwerteZahlungsversprechen,dievomEmpfängerbeizertifizierten
Anbieternzweckgebundeneingelöstwerdenkönnen.43DieEinrichtungenkönnensich
danndenmonetärenWertderbeiihneneingereichtenGutscheineerstattenlassen.Im
GegensatzzudeninderBund-Länder-Vereinbarungverabredetenunddemjetztgesetzlich
umgesetztenVerfahrenüberdieErrichtungeinesInvestitionsfondsundderLänderbeteili-
gungamUmsatzsteueraufkommenwärederGutscheineinefinanzverfassungskonforme
Möglichkeitgewesen,BundesmittelüberdieFamiliendirektdenBetreuungseinrichtungen
zukommenzulassen.44EmpfängerderLeistungenwärenunmittelbardieEltern,wiedies
beidenvomBundfinanziertenmonetärenLeistungenwiebspw.demKinder-undEltern-
geldauchderFallist.ImGegensatzzudenmonetärenLeistungenistdieVerwendungsfrei-
heitbeimGutscheinjedochaufBetreuungsleistungeneingeschränkt;einesolcheEin-
schränkungistzulässig,daderStaatbeiderFörderungvonFamilieneinenweiten
▼▼
38FürdieimplementiertenGutscheinmodellesieheu.a.fürFinnland(Viitanen2007),Großbritannien(Kreyenfeld 1998;Stephenetal.1998),USA(Besharov/Samari2000),Schweden(Ahlberg2002),Taiwan(Lee2003),Korea(Na/ Moon2003).
39SiehefürÖsterreich(Schattovitz2000),Schweiz(Stutzer/Dürsteler2005),Nordirland(NorthernIrlandForumfor PoliticalDialogue1997).
40Vgl.Viitanen2007. 41Vgl.CommitteeonWaysandMeans2004. 42Vgl.Emundts2007;Gerlachu.a.2007. 43EineZusammenfassungderVor-undNachteilevonGutscheinenfürdieFamilienförderungfindetsich
inBMFSFJ2008.44Vgl.auchRichter2007.
24 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
▼
Kapitel II. ErmessensspielraumüberArtundUmfangderFörderleistunghat.ZudemsindGutschein-
systemebekannt,dienachNutzungsdaueroder-intensitätunterscheidenundalsTeilgut-Seite ��
scheinausgezahltwerdenkönnen.
DieVergabevonBetreuungsgutscheinenistabernichtnureinInstrument,daszurÜberwin-
dungderProbleme,diesichausdemföderalenAufbauundderentsprechendenFinanzver-Inhalt fassungergeben,geeignetwäre.AuchdieLänderoderKommunenkönnenGutscheinmo-
delleimplementieren.MiteinerEinführungvonBetreuungsgutscheinenverbindetder zurück BeiratgenerelldieErwartung,dasssichdieQualitätderBetreuungsleistungenspürbar
verbessert.DennVereinbarungenaufLänderebeneunddieFestsetzungeinheitlicherQuali-weiter
tätsstandardskönnennurMindestbedingungendefinieren,dievondenBetreuungseinrich-
tungeneinzuhaltensind.EsmussjedochZielsein,Anreizezusetzen,umdieBetreuungs-
qualitätüberdaserforderlicheMindestmaßhinausanzuhebenunddasBetreuungsangebot
denBedarfenderElternanzupassen.EinfunktionsfähigesSystemvonBetreuungsgutschei-
nenkannhierzueinenentscheidendenBeitragleisten.DenndieseGutscheinestattendie
Elternmit„Nachfragemacht“aus.ElternsinddannnichtmehrinderSituationder„Bittstel-
ler“,dieihreBetreuungsnachfrageaneinervorgegebenenAngebotsstrukturausrichten
müssen.DasichdieEinrichtungen–zumindestteilweise–überdieGutscheinederEltern
finanzieren,müssendieTrägerihrLeistungsangebotvielmehrdenspezifischenBedarfsla-
genderElternanpassen.DieseBedarfekönneneineBetreuungszeitbetreffen,dieüberdie
Kernzeitenhinausgeht,aberebensodenBetreuungsschlüssel,dieQualifikationdesPerso-
nalssowiedaspädagogischeKonzeptderEinrichtung.DurchdieVergabevonBetreuungs-
gutscheinenkannsicheinQualitätswettbewerbzwischendenAnbieternentwickeln,der
dieAngebotsstrukturandenPräferenzenderElternausrichtetunddarüberhinausals
„Entdeckungsverfahren“mitdazubeiträgt,neue,innovativeKonzeptezuentwickelnund
durchzusetzen.45
GegendiesesModellwerden–nichtzuletztaufgrundnegativerErfahrungenbeiderEinfüh-
rungdesHamburgerGutscheinmodells–mehrerekritischeEinwändegeltendgemacht.So
wirdkritisiert,dasseine(teilweise)FinanzierungderBetreuungseinrichtungenüberGut-
scheinediesozialeSegregationderKinderfördere,dassdieElternaufgrundvonInforma-
tionsasymmetrienundQualitätsunkenntnisnichtinderLageseien,guteBetreuungsquali-
tätzuidentifizierenunddasssichdiesozialeSituationderindenBetreuungseinrichtung
Beschäftigtenverschlechtere.BeialldiesenKritikpunktenistjedochstetszuüberprüfen,ob
sichdiekonstatiertenProblemeausdemGutscheinmodellalssolchemoderauseinerspezi-
fischenAusgestaltungdesGutscheinmodellsergeben.
▼▼
SosinddiesegregationsverstärkendenEffekte,dieimFallHamburgsfestgestelltwurden,im
WesentlichenaufdiestarkeErwerbsorientierungdesdortigenGutscheinmodellszurückzu-
führen.DaarbeitsloseElternkeinenerweitertenAnspruchaufBetreuungsleistungengel-
tendmachenkonnten,verringertesichdieNachfragenachBetreuungsleistungeninden
vonhoherArbeitslosigkeitbetroffenenStadtbezirkenbesondersstark.DieseErfahrung
sprichtdafür,dieGutscheinvergabenicht(allein)vonderErwerbstätigkeitderElternabhän-
gigzumachen,abernichtgegendasGutscheinmodellansich.
45Vgl.z.B.Kreyenfeldetal.2001.
▼
25 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
Kapitel II. InderBehauptungvonInformationsasymmetrienundQualitätsunkenntnisistebenfalls
keinüberzeugendesArgumentgegeneineGutscheinfinanzierungzusehen.Elternsind Seite ��
grundsätzlichüberjeneQualitätsmerkmaleinformiert,diesieunmittelbarbetreffen,wie
bspw.dieerforderlichenBetreuungszeiten.Vorallemaberdarfnichtübersehenwerden,
dassElterninvielenFällensehrgenaueVorstellungendarüberhaben,welchepädago-
gischenKonzepteverfolgtwerdensollenundwelchespezifischenBildungsleistungenzu Inhalt erbringensind;dieseVorstellungenderElternmüssenebenfallsberücksichtigtwerden,
wennderAusbauderBetreuungsinfrastrukturpräferenzadäquaterfolgensoll.Allerdings zurück istausempirischenStudienauchbekannt,dassElterndiepädagogischeQualitäteiner
Betreuungseinrichtungüberschätzen.VondaheristesvonzentralerBedeutung,dasGut-weiter
scheinsystemmiteineraufTransparenzangelegtenQualitätssicherungzuverbinden,diees
denElternalsNachfragernbesseralsbishererlaubt,diepädagogischeQualitäteinerEin-
richtungzubewerten.InKapitel2.6werdenentsprechendeVorschlägefüreinQualitäts-
gütesiegeloderZertifizierungsverfahrengemacht.SiehabenauchzumZiel,Elternumfas-
senderüberdieQualitätderBetreuungsangebotezuinformieren.Hinzukommt,dassdie
BetreuungsgutscheinenurbeizertifiziertenAnbieterneingelöstwerdenkönnen,die
zumindestdiegesetzlichvorgeschriebenenqualitativenMindeststandardserfüllen.
Richtigisthingegen,dassdieFinanzierungüberGutscheineimVergleichzurtraditionellen
ObjektsubventionierungeinhöheresMaßanAnpassungsflexibilitätvondenLeistungsan-
bieternunddendortBeschäftigtenerfordert.DieskanninEinzelfällen,indenenderBedarf
schwachausgeprägtistoderdasLeistungsangebotandenPräferenzenderElternvorbei-
geht,zurEinschränkungderLeistungenbiszurSchließungeinzelnerEinrichtungenführen.
DasistjedochbeiallenVerfahrenderSubjektfinanzierungderFall,unabhängigdavon,ob
dieFinanzierungüberNutzungsentgelte(wiebspw.„Leistungspauschalen“)erfolgtoder
übereineGutscheinvergabe,diejaebenfallseineFormdesNutzungsentgeltsdarstellt.Und
grundsätzlichistdieseverstärkteNachfrageorientierungmitihrenangebotssteuernden
Wirkungenjaauchgewollt.DenndasfamilienpolitischeZielmussessein,dievorhandenen
undneueinzurichtendenKapazitätenmöglichstgenauaufdieBedarfsstrukturderEltern
abzustimmenunddieeingesetztenMittelmöglichsteffizienteinzusetzen;derWunschder
BeschäftigtennachausihrerSichtwünschenswertenArbeits-undBeschäftigungsbedin-
gungenistdemgegenübernachrangig.
▼▼
WeiterhinwirdannutzungsabhängigenVergütungsformenkritisiert,dassbereitsgeringe
SchwankungenderNachfragedenBetriebeinerganzenEinrichtunggefährdenkönnten.
DiesseiinsbesondereinschwachbesiedeltenGebietenderFall,indenenohnehindieerfor-
derlichenGruppengrößennurschwerrealisierbarseien.WenndieKindertagespflegeindas
Gutscheinsystemeinbezogenwird,wofüreinigesspricht,stelltsichdiesesProblemländ-
licherRegionenallerdingsandersdar.OhneeineEinbeziehungderselbenistdiesesArgu-
mentgrundsätzlichrichtigundwirftdieFragederFinanzierungvonVorhaltekapazitäten
auf.FürdiekonkreteFragestellungistdiesesProblemjedochirrelevant.Denndadieverein-
barteBeteiligungdesBundesnureinengeringenTeilderlaufendenBetreuungskosten
abdeckenwird,istdieGefahrdernutzungsabhängigenUnterfinanzierungvernachlässig-
bar.Langfristigschlagenwirjedochvor,dieFinanzierungderKinderbetreuungvollständig
aufNutzungsentgelteumzustellen.DannstelltsichdieFragederFinanzierungeinerGrund-
versorgungneu.
26 Ausbau der Tagesbetreuung und Qualitätssicherung gehören zusammen
Kapitel II. BeiallerauchberechtigtenKritikanderGutscheinfinanzierungsolltemandieChancen
diesesModells,diedieNachteileüberwiegen,nichtausdenAugenverlieren.46DieVergabe Seite ��
vonBetreuungsgutscheinenistnichtnureineffektivesInstrument,umdasBetreuungsan-
gebotandieNachfrageanzupassen.GleichzeitigkönnendieGutscheineselbstsehrflexibel
ausgestaltetunddensoziodemografischenMerkmalenderElternangepasstwerdenwie
diesv.a.indenUSAhäufiggemachtwird.SokönntemandenWertdesGutscheinsvonder Inhalt wirtschaftlichenLeistungsfähigkeitderElternabhängigmachen,umdieMittelgezieltfür
KinderausbedürftigenFamilieneinzusetzen.AllerdingsgibtesauchGründe,diegegen zurück eineStaffelungdesGutscheinwertesnachdemEinkommensprechen:DieFunktiondes
GutscheinszieltaufdenAusbauderaußerfamilialenBetreuungvonKindernabundnicht weiter
aufdistributiveEffekte.WeiterhinkönntesichderWertdesGutscheinsnachdenindividu-
ellenBedarfendesKindesrichten,z.B.nachbesonderenpädagogischenErfordernissen
oderspezifischenBildungsbedarfen.InsgesamtstelltderBetreuungsgutscheineinwesent-
licheffektiveresundzielgenaueresInstrumentzurfrühkindlichenFörderungdaralsdie
bislangüberwiegendbetriebeneObjektförderung.DergeplanteKapazitätsausbauund
insbesonderedieBeteiligungdesBundesanderFinanzierungderBetreuungsinfrastruktur
sindeineeinmaligeChance,innovativeFinanzierungskonzepteinderPraxiszuerproben.
DieFamilienpolitiksolltesichdieseChancenichtentgehenlassen.
▼▼
▼
46Vgl.aktuellz.B.Spieß2008.
27 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. III. Seite �� RechtlicheRahmenbedingungen
Inhalt
zurück
weiter DieRegelungenzumAusbauvonBetreuungseinrichtungenfürunterDreijährigesindvor
demHintergrundderbestehendenrechtlichenGrundlageneinzuordnen.
DieVerpflichtungdesStaateszurUnterstützungundFörderungvonKindernundFamilien
istbereitsimGrundgesetzArt.6Abs.1festgeschrieben.47HierausleitetsichdieAufgabeab,
gesellschaftlicheRahmenbedingungenzuschaffen,dieKinderschützenundfördern,wozu
aucheingeeignetesAngebotzurKinderbetreuunggehört.48DiesfordertauchdasGebotder
Chancengerechtigkeit,dasinArt.2Abs.1GGfestgeschriebenist.Darüberhinausfordertdas
GleichberechtigungsgebotdesArt.3Abs.2GGdieDurchsetzungderGleichberechtigung
vonFrauenundMännern,woraussichMaßnahmenzurverbessertenBalancevonErwerbs-
tätigkeitundFamiliefolgernlassen.UndschließlichgebietetdasSozialstaatsgebot(Art.20
und28GG)eineReihevonUnterstützungs-undAusgleichsmaßnahmeninsbesonderefür
schwächereMitgliederunsererGesellschaft.
DiekonkretenLeistungengegenüberKindernundJugendlichensowiederenElternbzw.
Personensorge-undErziehungsberechtigtewerdenimKinder-undJugendhilferecht(SGBVIII)
geregelt,worunterauchdieFörderungvonKindernundJugendlicheninTageseinrichtungen
undKindertagespflegefällt.
3.1DieTrias„Bildung,BetreuungundErziehung“imRecht
DerFörderauftragnachdemKinder-undJugendrechtenthältdieauspädagogischerSicht
untrennbareTriasvon„Bildung,BetreuungundErziehung“(s.2.2).IhrerechtlicheVeranke-
rungistjedochumstrittenundhatsichimLaufederZeitmehrfachgeändert.Dabeiistdie
Frage,oböffentlichefrühkindlicheErziehungzumBereichderFürsorgeunddesSozialwe-
sensoderzumSchulwesengehört,verfassungsrechtlichvonBedeutung,weilsichdaraus
unterschiedlicheGesetzgebungskompetenzendesBundesundderLänderergeben.49
Historischwardieim19.JahrhundertinDeutschlandentstehendeöffentlicheKleinkind-
erziehung(Krippen,Bewahranstalten,Kleinkinderschulen,Volkskindergärten)anfangsder
KontrolledurchdieOrtsschulbehördenimRahmendesSchulaufsichtsrechtsunterstellt,die
▼▼
47ZurFörderpflichtvgl.auchBVerfGE6,55(76);87,1(35).48Vgl.auchBVerfGE88,203f.49FürdenBereichderFürsorgeergibtsichimRahmenderkonkurrierendenGesetzgebungnachArt.74Nr.7GG
eineKompetenzdesBundes,beieinerZuordnungzumBildungswesenfolgteineKompetenzderLändernach Art.70Abs.1GG.
28 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. auchdieGenehmigungzumBetriebderEinrichtungerteilten.DiestrikteAbgrenzungder
KleinkinderziehungzurSchuleerfolgteerstim20.JahrhundertmitderEntwicklungvon Seite ��
JugendämternundderVerabschiedungdesReichsjugendwohlfahrtsgesetzes1922.Damit
fieldieöffentlicheKleinkinderziehungindieVerwaltungszuständigkeitderkommunalen
Träger,indersiebisheuteverbliebenist.
Inhalt NachdemZweitenWeltkriegwareslautJugendwohlfahrtsgesetzinseinerFassungvom
11.August1961AufgabedesJugendamts,diefürdieWohlfahrtderJugenderforderlichen zurück Einrichtungenzufördern.ImRahmenderDiskussionenüberChancengleichheitund
ReformendesBildungswesensinden70erJahrenwardanndieFragederZuordnungvon weiter
KindergärtenundKindertagesstättenzumBildungswesenoderzumBereichderFürsorge
erneutGegenstandvonDebatten.ImBildungsgesamtplanvon1973wurdevonderBund-
Länder-KommissioneineZuordnungzurElementarbildungbefürwortetunddamiteine
AbkehrvoneinerfürsorgerischenWohlfahrtseinrichtungaufeinmodernesVerständnisdes
KindergartensalsBildungseinrichtungvollzogen.ImBayerischenKindergartengesetzvon
197250wurdeeineentsprechendeZuordnungauchgesetzlichverankert.NachderWiederver-
einigungwurdedieZugehörigkeitderTagesbetreuungvonKindernzurJugendhilfeinden
§§22ff.SGBVIIIgeregelt.DabeibliebenzudemdamaligenZeitpunktgeltendelandesrecht-
licheRegelungen,diedasKindergartenwesendemBildungsbereichzuweisen,unberührt.
MitderEinführungdesRechtsanspruchsaufeinenKindergartenplatzfürKinderabdreiJah-
renimJahr1996istdanndierechtlicheKontroverseüberKompetenzgrundlagender
GesetzgebungfürKindertageseinrichtungenerneutentflammt.Eswurdeargumentiert,
dassdiefrühkindlicheErziehungnichtmehraufdiebundesgesetzlicheKompetenzgrundla-
gederFürsorgegestütztwerdenkönne,wennesnichtnurumdieFörderungbedürftiger
Kindergehe,sonderneinallgemeinerRechtsanspruchaufFörderunginKindertagesein-
richtungenoderKindertagespflegefüralleKinderbestehe.DasBundesverfassungsgericht
siehtjedochdieKinder-undJugendfürsorgeundJugendpflegefüralleKinderundJugend-
licheninderPraxisengverzahntundhältaufgrunddesSachzusammenhangeseineeinheit-
licheZuordnungzueinerBundeskompetenzfürangezeigt.51DieseKompetenzumfasse
auchpräventiveMaßnahmen,umdadurchEntwicklungsschwierigkeitenundGefähr-
dungenvorzubeugen.52DasBundesverfassungsgerichtsiehtdamitdenSchwerpunktdes
„Kindergartenwesens“weiterinfürsorgenderBetreuungmitdemZieleinerFörderung
sozialerVerhaltensweisenunddamit(präventiver)Konfliktvermeidung,hinterdemder
vorschulischeBildungsauftragzurückstehe.
▼▼
NachdemSGBVIIIhabenKindertagesstättenjedochunzweifelhafteinenBildungsauftrag.53
DaherkönnenKindertagesstättennichtaufdiefürsorgerischeFunktionderVerwahrung
vonbedürftigenundgefährdetenKindernreduziertwerden.DerzeitwirddieVerwirkli-
chungdesBildungsauftragsvonKindertagesstättenmitgutenGründenerneutdiskutiert.
DennocherscheintdasArgumentverkürzt,dasssichKindertageseinrichtungenvoneiner
50BayerischesKindergartengesetzvom25.Juli1972,GVBl.S.297;jetztBayerischesKinderbildungs-und-betreu-ungsgesetzundÄnderungsgesetz(BayKiBiGu.ÄndG)vom8.Juli2005,i.Kr.seit01.08.2005(GVBl.2005S.236).
51BVerfGE22,180(212f.). 52BVerfGE97,332(341f.). 53DieAufgabederFörderungvonKinderninTageseinrichtungenumfasstdieBildung,Betreuung,Bildungund
ErziehungdesKindes(§22Abs.2S.1SGBVIII).
29 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. fürsorgerischenWohlfahrtseinrichtungzueinervorschulischenBildungsstätteverändert
habenunddeshalbdieKompetenzgrundlagederöffentlichenFürsorgenichtmehrein-Seite ��
schlägigsei.DieRechtsprechunghatdiesenKompetenztitelunterBerücksichtigungder
VeränderungenimBereichdersozialenSicherungsoausgelegt,dassRegelungenmit
MischtatbeständenunterdenBegriffderFürsorgefallen,wenndiesdenSchwerpunktder
Regelungdarstellt,wobeiaufdenSachzusammenhangabgestelltwird. Inhalt
▼
zurück 3.2DasKinder-undJugendhilferecht
weiter DasSGBVIII(Kinder-undJugendhilferecht)regeltdieFörderungvonKinderninTageseinrich-
tungenundKindertagespflegealsAufgabederKinder-undJugendhilfeinden§§22bis26.Es
betontindenGrundsätzenderFörderung54vonKindernalspädagogischesZieldie„Entwick-
lungdesKindeszueinereigenverantwortlichenundgemeinschaftsfähigenPersönlichkeit“
sowiedieAufgabe,dieErziehungundBildunginderFamiliezuunterstützenundzuergänzen
unddenElternzuhelfen,ErwerbstätigkeitundKindererziehungbesserzuvereinbaren.Der
FörderungsauftragistumfassendimSinneeineraltersgerechtenElementarerziehungund
umfasstganzheitlichdieAufgabederBildung,BetreuungundErziehungdesKindes.
BeiderRegelungderInanspruchnahmevonTageseinrichtungenundKindertagespflegeim
§24SGBVIIIwirddifferenziertzwischen
I einemsubjektiv-öffentlichen Recht eines KindesaufBesucheinerTageseinrichtungab
demvollendetendrittenLebensjahrbiszumSchuleintritt,
I einerobjektiven Rechtspflicht der öffentlichen Träger,einbedarfsgerechtesAngebotan
GanztagsplätzeninTageseinrichtungenoderergänzendFörderunginKindertagespflege
fürKinderabdemvollendetendrittenLebensjahrbiszumSchuleintrittzurVerfügungzu
stellenund
I einerobjektivenRechtspflichtderöffentlichenTräger,fürKinderunterdreiJahrenund
fürKinderimschulpflichtigenAltereinbedarfsgerechtesAngebotanPlätzeninTagesein-
richtungenundinderKindertagespflegevorzuhalten.
InhaltundUmfangderAufgabenundKinder-undJugendhilfeleistungenwerdennachdem
Landesrechtsvorbehaltdes§26SGBVIIIdurchLandesrechtgeregelt;alleLänderhaben
dazuAusführungsbestimmungenerlassen.RelevanteUnterschiedeinderLändergesetzge-
bungfindensichhinsichtlichdesUmfangsdesRechtsanspruchsaufBereitstellungeines
PlatzesineinerKindertagesstätte;denneinigeBundesländerhabendenzeitlichenUmfang
desRechtsanspruchsoderdieAltersgruppeüberdiebundesgesetzlicheRegelunghinaus
ausgeweitet.
▼
DiejugendhilferechtlichenBestimmungenüberKindertageseinrichtungenundTagespfle-
gewurden2004reformiertdurchdasGesetzzumqualitätsorientiertenundbedarfsge-
rechtenAusbauderTagesbetreuung(TAG),daszum1.Januar2005inKrafttrat.Durchdas
TAGwurdenkeineneuenRechtsansprücheundauchkeineFestlegungvonMindestöff-
nungszeiteneingeführt,sonderneswurdendieKriteriendesBedarfsanPlätzenfürKinder
unterdreiJahrenkonkretisiert,zuderenBereitstellungdieöffentlichenTrägerbereitsvor
54§22SGBVIII.
30 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. VerabschiedungdesTAGobjektiv-rechtlichverpflichtetwaren.Nach§24Abs.3SGBVIIIin
derderzeitgeltendenFassungsindfürKinderimAlterunterdreiJahrenmindestensPlätze Seite �0
inTageseinrichtungenundinKindertagespflegevorzuhalten,wenneineAlleinerziehende
oderAlleinerziehenderoderbeideErziehungsberechtigtenerwerbstätigistbzw.sindoder
eineErwerbstätigkeitaufnehmenwollen,sichinschulischer,beruflicheroderHochschul-
ausbildungbefindenoderanMaßnahmenzurEingliederunginArbeitteilnehmenoder Inhalt ohnedieseLeistungeinedemWohlderKinderentsprechendeFörderungnichtgewährleis-
tetist.DerUmfangdertäglichenBetreuungszeitrichtetsichnachdemindividuellenBedarf zurück unterBerücksichtigungdergenanntenKriterien.DasTAGführteweiterhinin§22aSGBVIII
RegelungenzurQualitätssicherungein,wonachdieTrägerdieQualitätdurchgeeignete weiter
Maßnahmensicherstellen,weiterentwickelnundevaluierensowieeinepädagogische
Konzeptionentwickelnsollen.ZudemsindRegelungenzurKooperationderTrägermit
anderenPersonenundInstitutionenenthalten,wonachdieFachkräftemitdenErziehungs-
berechtigtenundTagespflegepersonensowiemitanderenkinder-undfamilienbezogenen
InstitutionenundmitdenSchulenzusammenarbeitensollen.AuchdieKindertagespflege
wurdedurchdasTAGgenauergeregeltundaufgewertet(§23SGBVIII),wasebenfallsder
Qualitätssicherungdienensoll.AußerdembestehtnunmehreinejährlicheBerichtspflicht
derBundesregierunggegenüberdemBundestagüberdenStandderSchaffungunddes
AusbauseinesbedarfsgerechtenAngebotsanTagesbetreuungfürunterDreijährige(§24a
Abs.3SGBVIII);dieerstenBerichtewurdenvorgelegt.55ObwohldiesegesetzlichenRege-
lungenzurQualitätssicherungaufdereinenSeitebemerkenswertsind,dasiebereitsauf
bundesgesetzlicherEbenedieBedeutungqualitativerAspektebeieinemAusbauimBereich
derKindertageseinrichtungenverdeutlichen,somussaufderanderenSeitefestgehalten
werden,dassessichdabeiumunverbindliche„Sollregelungen“handelt,derenUmsetzung
bzw.derenMissachtungmitkeinerleiKonsequenzenverbundenist.
3.3BundesgesetzlicheVorgabenzubesonderenProblemlagen
NebendiesenjugendhilferechtlichenRegelungenderFörderungvonKinderninTagesein-
richtungenfindensichweitererelevanteNormenineinfachgesetzlichenRegelungen:
I BeibesonderemerzieherischenBedarfoderProblemlageninFamilienkanneinRechtsan-
spruchaufBesucheinerKindertagesstättealsHilfezurErziehungbestehen,wenneine
demWohldesKindesentsprechendeErziehungnichtgewährleistetistunddieHilfefür
seineEntwicklunggeeignetundnotwendigist(§27Abs.1SGBVIII).Diesergibtsichbei
verfassungskonformerAuslegungausArt.6Abs.1GG(Förderpflicht),möglicherweise
auchaufgrunddesWächteramtsdesStaatesinArt.6Abs.2S.2GG,fallsdiesesAngebot
zumSchutzdesKindeswohlsundzurUnterstützungderFamiliezurVermeidungweiter-
gehenderEingriffeerforderlichist.
I LeistungenfürKindermitBehinderungenodervonBehinderungbedrohteKindersollen
möglichstgemeinsammitnichtbehindertenKindernerbrachtwerden(§4Abs.3S.1
SGBIX),umdenZielendergleichberechtigtenTeilhabeundVermeidungvonBenachteili-
gungengerechtzuwerden(Art.3Abs.3S.2GG;§1SGBIX).DiesgiltauchfürdieFörderung
vonKinderninTagesstätten.IndieserAltersstufe,indereineBehinderungoftnochnicht
klarzudiagnostizierenist,sondernvorallemeinerdrohendenBehinderungvorgebeugt
▼▼
55BMFSFJ2006;2007.
▼
31 Rechtliche Rahmenbedingungen
Kapitel III. werdensoll,kommtdersogenannteninterdisziplinärenFrühförderungeinebesondere
Bedeutungzu.DarunterwerdenMaßnahmenaufinterdisziplinärerBasisausderMedizin, Seite �1
derPädagogik,derPsychologiesowiesozialeUnterstützungsmaßnahmeninderRegelbis
zurVollendungdesviertenLebensjahres,teilweiseauchbiszumSchuleintritt,zusammen-
gefasst.InderPraxiswirdinDeutschlandFrühförderungteilweiseininterdisziplinären
Frühförderungseinrichtungen(ambulanteFrühförderung)oderimWegederHausfrüher-Inhalt ziehung(mobileFrühförderung)praktiziert.WeilinderhierinteressierendenAltersgrup-
pedieFeststellungvonEntwicklungsverzögerungenzwarmöglichist,aberdieZuord-zurück nungzueinzelnenBehinderungsgruppenhäufigkeinenSinnmacht,hatder
BundesgesetzgeberimJugendhilfegesetzeinenLandesrechtsvorbehaltformuliert,wel-weiter
cherdenLänderndieMöglichkeiteröffnet,dieAufspaltungderZuständigkeitinSozial-
undJugendhilfezuvermeiden.Nach§26Abs.2Nr.2SGBIXzähltdieFrühförderung
behinderterundvonBehinderungbedrohterKinderzudenLeistungendermedizinischen
Rehabilitation.ZusolchenLeistungendermedizinischenRehabilitationkönnenauch
nicht-ärztlichesozialpsychiatrische,psychologische,heilpädagogischeundpsychosoziale
LeistungensowiedieBeratungderErziehungsberechtigteninfächerübergreifendarbei-
tendenDienstenundEinrichtungengehören,wennsieunterärztlicherVerantwortung
erbrachtwerdenunderforderlichsind,umeinedrohendeoderbereitseingetretene
BehinderungzumfrühestmöglichenZeitpunktzuerkennenundeinenindividuellen
Behandlungsplanaufzustellen(§30Abs.1Satz1SGBIX).InderRegelwürdesichinder
PraxiseineKombinationmitheilpädagogischenMaßnahmenimSinnevonKomplexleis-
tungenanbieten(§30,Abs.1,Satz2SBGIX).SolcheheilpädagogischenMaßnahmensind
nach§56SGBIXauchvorgesehen.AllerdingsistesinderPraxiswegenFinanzierungs-
schwierigkeitenzwischendenRessortsvielerortsnichtgelungen,sinnvolleKomplexleis-
tungen,welchedieIntegrationvonKindern,dievonBehinderungbedrohtsind,innorma-
leBetreuungsabläufesichern,zuetablieren.
I NachdemSGBIIkanndieAgenturfürArbeitmitdemZielderEingliederungvonerwerbs-
fähigenPersonenalsLeistungauchdieBetreuungvonminderjährigenKindernodervon
KindernmitBehinderungenerbringen(lassen)(§16Abs.2Nr.1SGBII).Eshandeltsich
jedochumeineErmessensleistung,nichtumeinenRechtsanspruchaufKinderbetreuung
einerarbeitsuchendenPerson.ImRahmenderSozialhilfesollendieTrägerdaraufhinwir-
ken,dasssozialhilfebedürftigenAlleinerziehendenmitKindernabdreiJahrenvorrangig
einPlatzzurTagesbetreuungdesKindesangebotenwird(§11Abs.4S.3,2.HSSGBXII),
wennihneneineErwerbstätigkeitzugemutetwerdenkann. ▼
▼
3.4Gesetzgebungskompetenzenund FinanzierungszuständigkeitenimföderalenSystem
DieKompetenzordnungdesGrundgesetzesbestimmtdarüber,obeineStaatsaufgabeim
föderalistischenBundesstaat(Art.20Abs.1GG)vomBundodervondenLändernrechtlich
geregeltwerdenkann(Art.30,70Abs.1GG).DasSchulwesen,überdasderStaatdieSchul-
aufsicht(Art.7GG)ausübt,fälltalleinindieGesetzgebungs-undVerwaltungskompetenzen
derLänder.DieöffentlicheFürsorgedagegenistGegenstandderkonkurrierendenGesetz-
gebungskompetenzdesBundes(Art.74Nr.7GG).DieFöderalismusreformmitdenVerfas-
sungsänderungen,diezum1.September2006inKraftgetretensind,hatesnachlängeren
32 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. kontroversenDebattendabeibelassen,dasSachgebietKinder-undJugendhilfealsTeilbe-
reichdesKompetenztitelsderöffentlichenFürsorgeimRahmenderkonkurrierenden Seite ��
GesetzgebungdesBundeszuzuordnen.EsgiltjedochdieErforderlichkeitsklausel:Die
GesetzgebungskompetenzstehtdemBundnurzu,wennundsoweitdieHerstellunggleich-
wertigerLebensverhältnisseimBundesgebietoderdieWahrungderRechts-oderWirt-
schaftseinheitimgesamtstaatlichenInteresseeinebundesgesetzlicheRegelungerforder-Inhalt lichmacht(Art.72Abs.2GG).BeiGesetzen,dievordem15.November1994erlassenwurden,
sindjedochgeringeÄnderungenmöglich,solangeessichnichtumeineNeukonzeption zurück handelt.56DiestrifftauchfürdasSGBVIII(Kinder-undJugendhilfe)zu,dasimJahr1990
verabschiedetwurde.DieverschärfteErforderlichkeitsklausel,diedurchdieGrundgesetz-weiter
änderung1994eingeführtwurde,setztdemBundesgesetzgeberimBereichvonNeurege-
lungenimKinder-undJugendhilferechtallerdingsengeGrenzen.57
SeitderFöderalismusreformsindauchProgrammedesBundeszurMitfinanzierungvon
Aufgaben,fürwelchedieLänderdieausschließlicheGesetzgebungskompetenzhaben,
verfassungsrechtlichnichtmehrzulässig.DerBundkannzwardenLändernfürbesonders
bedeutsameInvestitionenFinanzhilfen58gewähren,sofernsie1.zurAbwehreinerStörung
desgesamtwirtschaftlichenGleichgewichtsoder2.zumAusgleichunterschiedlicherWirt-
schaftskraftimBundesgebietoder3.zurFörderungdeswirtschaftlichenWachstumserfor-
derlichsind(Art.104bAbs.1GG).
DieseAufteilungderGesetzgebungskompetenzeneinerseitsundderVerwaltungs-undFinan-
zierungskompetenzenandererseitsführtbeiderKinder-undJugendhilfezubesonderenPro-
blemen.DerSchwerpunktderGesetzgebungskompetenzliegtbeimBund,fürVerwaltungund
FinanzierungsindjedochdieKommunenzuständig.59DieörtlichenTrägertragenauchdie
GesamtverantwortungsowiePlanungsverantwortungfürdieVerwirklichungderAufgaben
derJugendhilfe.60DaverfassungsrechtlichdieFinanzierungszuständigkeitderVerwaltungszu-
ständigkeitfolgt,61bestehtgrundsätzlichkeineMitfinanzierungskompetenzdesBundesim
BereichderKinder-undJugendhilfe.GegenüberdenKommunenistderBundnichtzuunmit-
telbarenZuwendungenbefugt.62DieVerteilungderKostenzwischenLändernundKommunen
alsAusgleichsmechanismusderKostenverteilungkannwegenfehlenderGesetzgebungskom-
petenzdesBundesnichtGegenstandderBundesgesetzgebungsein.DieLänderhabenauch
▼▼
56WillderGesetzgeberdenRechtsanspruchaufdenBesucheinerTageseinrichtung,derbisherfüreinKindab
vollendetemdrittenLebensjahrbesteht(§24Abs.1SGBVIII),aufunterdreijährigeKinderausweiten,sostellt sichdieFrage,obdieseineNeukonzeptionist,oderobessichlediglichumdieModifikationeinesbereitsbeste-hendenRechtsanspruchshandelt.
57ObwohldieFöderalismusreformeinigeGesetzgebungskompetenzenderkonkurrierendenGesetzgebungvon derAnwendungderErforderlichkeitsklauselausgenommenhat,trifftdiesaufdieGesetzgebungskompetenzfür öffentlicheFürsorge(Art.74Nr.7GG)nichtzu,undesistweiterhinmiteinerengenAuslegungderErforderlich-keitdurchdasBundesverfassungsgesetzzurechnen.
58DieseMittelkönnennichtdauerhaftgewährtwerden,sondernnurbefristetundauchnurdegressivmitfal-lendenJahresbeträgen(Art.104bAbs.2S.2undS.3GG),umeinedauerhaftefinanzielleAbhängigkeitunddamit EinflussmöglichkeitendesBundeszuvermeiden.
59ZuständigeTrägersindnach§69SGBVIIIdieKreiseunddiekreisfreienStädtesowiedielandesrechtlich bestimmtenüberörtlichenTräger.DurchlandesrechtlicheRegelungenkönnenauchkreisangehörigeGemein-denaufAntragzuöffentlichenTrägernbestimmtwerden;siehabendannalsTrägerauchdieFinanzierungs-zuständigkeit.IndiesemFallfindeteinlandesrechtlichgeregelterfinanziellerMehrlastenausgleichzwischen kreisangehörigerGemeindeundKreisstatt;dazusinddieLändernachdenLandesverfassungenabernichtver-pflichtet,dadieAufgabenzuweisungandiekommunalenTrägerdurchdenBunderfolgtist.
60§79Abs.1SGBVIII.61Konnexitätsprinzip:Art.104aAbs.1GG.62BVerfGE39,96(122);41,291(313).
33 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. keinstarkesInteresseanderÜbernahmeeineseigenenhöherenKostenanteilsundsindrecht-
lichdazunichtverpflichtet.SiehabenlediglichdieAufgabe,dieTätigkeitderJugendhilfeträger Seite ��
unddieWeiterentwicklungderJugendhilfeanzuregenundzufördernunddurchdieLandes-
jugendbehördenaufeinengleichmäßigenAusbauderEinrichtungenhinzuwirken.63
AufgrundderTatsache,dassdieGesetzgebungskompetenzfürdieKinder-undJugendhilfe Inhalt alsöffentlicheFürsorgeschwerpunktmäßigbeimBundliegt,dieUmsetzungundFinanzie-
rungslastaberüberwiegenddieKommunentrifft,geratendieseineineschwierigeSituation. zurück DefactotragendieKommunenganzüberwiegenddieFinanzierungslast.VondenAusgaben
deröffentlichenHandfürKindertageseinrichtungenundKindertagespflege(11,1Mrd.€) weiter
beträgtderAnteilderKommunenca.60%.64
3.5Bund-Länder-Vereinbarungvom28.August2007und dieGesetzezuihrerUmsetzung
NachdembereitsimKoalitionsvertragvon2005derAusbauderBetreuungsplätzefürunter
DreijährigeunddieEinführungeinesRechtsanspruchesaufeinBetreuungsangebotfür
KinderabdemerstenLebensjahrfestgelegtwar,wurdeimSommerdesJahres2007eine
Bund-Länder-ArbeitsgruppezurErarbeitungderentsprechendenVereinbarungeneinge-
setzt.InderVereinbarungvom28.August2007wurdedieAbsichtniedergelegt,einen
solchenRechtsanspruchabBeginndesKindergartenjahres2013/2014einzuführen.Dane-
benwirdderAusbauderBetreuungsangeboteauf750.000Plätzefestgelegt.65
FernerumfasstdieVereinbarungFestlegungenzurBeteiligungdesBundesanderFinanzie-
runginderAusbauphasebis2013unddanach.Bis2013beteiligtsichderBundmit4Mrd.€,
wovon2,15Mrd.€fürInvestitionenindenJahren2008bis2013zurVerfügunggestelltwer-
denundderRestalsBeteiligungdesBundesandenzusätzlichentstehendenBetriebsaus-
gabenübereinenjährlichwachsendenFestbetragbeiderUmsatzsteuerverteilungden
Ländernzugewiesenwird.FürdieZeitab2014isteinelaufendeBeteiligungdesBundesvon
770Mio.€proJahranderFinanzierungderdurchdenAusbauentstehendenzusätzlichen
Betriebskosten,dieüberdieMargedesTAGhinausgehen,vorgesehen.MitderFormulie-
rung„MargedesTAG“istdieSchaffungvonPlätzenüberdasMindestangebotnachden
Kriteriendes§24Abs.3SGBVIIIhinausgemeint;sielässtjedochvieleFragenoffen. ▼
▼
DieseKonstruktiondergeteiltenfinanziellenBeteiligungdesBundes–Sondervermögenbei
denInvestitionskostenundUmsatzsteueranteilandenzusätzlichentstehendenBetriebs-
kosten–istderföderalenStrukturderAufgaben-undFinanzierungsverantwortung
geschuldet.DadieLändernachdemGGfürdieUnterhaltungderKindertageseinrich-
tungenundderKindertagespflegezuständigsind,tragensienachdemKonnexitätsprinzip
auchdieKosten.EineBeteiligungdesBundesandiesenBetriebskostenistgrundsätzlich
ausgeschlossen.FinanzhilfenwiebeidenInvestitionenscheidenhiergänzlichaus,weshalb
derWegeinerhöherenUmsatzsteuerbeteiligunggewähltwurde.DieVereinbarungbe-
63§82SGBVIII.64Vgl.DeutschesJugendinstitut2008.65DieseZielgrößeentsprichtdemBenchmarkderLissabon-VereinbarungderEU.
6768
34 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. inhaltetauchdieAnkündigung,dassfürEltern,dieihreKindervoneinbisdreiJahrennicht
inEinrichtungenbetreuenlassenwollenoderkönnen,einemonatlicheZahlung(z.B. Seite ��
Betreuungsgeld)ab2013eingeführtwerdensoll,worüberbereitsjetztpolitischeKontrover-
senausgebrochensind.EshandeltsichbeiderVereinbarungumeinenBeschlusseiner
Bund-Länder-ArbeitsgruppevordemHintergrundvonEinigungeninnerhalbderRegie-
rungskoalition;dochnurderGesetzgeberkanndieerforderlichengesetzlichenReformen Inhalt verabschieden.DiepolitischeEinigunginderBund-Länder-VereinbarungistaberdieVor-
aussetzungdafür,dasssicheineMehrheitfürdieseÄnderungenimGesetzgebungsverfah-zurück renfindenlässt,dennangesichtsderkompliziertenföderalenStrukturenundVorgaben
lässtsicheinederartigeReformnurmiteinerMehrheitsowohlimBundestagalsauchim weiter
Bundesratverabschieden.
MitdemKinderbetreuungsfinanzierungsgesetz66vom18.Dezember2007,dessenRege-
lungenzurErrichtungdesSondervermögensdesBundeszurKinderbetreuungsfinanzie-
rungam31.Dezember2007inKraftgetretensind,wurdederersteUmsetzungsschrittvom
Gesetzgeberbereitsgetan.DanachwirdeinSondervermögendesBundes„Kinderbetreu-
ungsausbau“inHöhevon2,15Mrd.€errichtet,ausdemInvestitionenzumAusbauder
BetreuungvonKindernunterdreiJahrengefördertwerden.67MitdemNachtragshaushalts-
gesetz2007vom22.Dezember2007wurdediesesSondervermögennochimletztenJahr
eingerichtet.
EbenfallsimletztenJahrwurdeauchderVerwaltungsvereinbarung„Investitionsprogramm
‚Kinderbetreuungsfinanzierung‘2008–2013“zumProcederederanteiligenBundesfinanzie-
rungbeidenInvestitionskostenvonallenBundesländernzugestimmt.Indieseristauchdie
VerteilungderInvestitionsmittelaufdieLändergeregelt,dieentsprechendderAnzahlder
KinderunterdreiJahrenerfolgensoll.DarüberhinausenthältdieVerwaltungsvereinba-
rungeinVerfahrenzurErfolgskontrolle,daseineBerichtspflichtderLänderundeineRück-
forderungbeizweckfremderVerwendungbeinhaltet.
DieweiterenzurUmsetzungnötigengesetzlichenRegelungenimSGBVIIIundimFinanz-
ausgleichsgesetzbefindensichzurzeitimGesetzgebungsverfahren.Derentsprechende
EntwurfeinesKinderförderungsgesetzes(KiföG)68siehtabdem1.August2013einenunbe-
dingtenRechtsanspruchauffrühkindlicheFörderungineinerTageseinrichtungoderinder
KindertagespflegefürKinderabdemvollendetenerstenLebensjahrvor,sowiefürdieÜber-
gangszeiteinenbedingtennacherweitertenKriterien,diefürKinderbiszumvollendeten
erstenLebensjahrauchüber2013hinausgelten.DesWeiterenbeinhalteterVorschriften
zumstufenweisenAusbaudesBetreuungsausbaussowieRahmenregelungenzueiner
angemessenen,derQualifikationentsprechendenVergütungvonTagespflegepersonen,die
sichantariflicherVergütungorientierensoll.ZurErhöhungderVielfaltvonBetreuungsein-
richtungenistdieMöglichkeitderFörderungauchvonprivat-gewerblichenTrägernvorge-
sehen.DieBestimmungenzumBetreuungsgeldsindalsAuftragandenGesetzgeberfürdas
▼▼
66GesetzzurErrichtungeinesSondervermögens„Kinderbetreuungsausbau“undzurEntfristungdesKinderzu-schlagsvom18.Dezember2007(BGBl.2007I,3022).
67DieDetailswurdenvorabindervoneinerBund-Länder-ArbeitsgruppeerarbeitetenVerwaltungsvereinbarung „Investitionsprogramm„Kinderbetreuungsfinanzierung“2008–2013“vom28.August2007festgelegt.
68EntwurfeinesGesetzeszurFörderungvonKindernunterdreiJahreninTageseinrichtungenundinKindertages-pflege(Kinderförderungsgesetz–KiföG)vom7.März2008.
69
35 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. Jahr2013formuliert.SchließlichwirddieÄnderungderUmsatzsteuerverteilungzugunsten
derLänderalsBeitragdesBundeszudenBetriebsausgabensowiedieÜberprüfungder Seite ��
zweckgemäßenMittelverwendung,wiesieinderVerwaltungsvereinbarungformuliert
sind,gesetzlichfestgehalten.69
Inhalt 3.6DieForderungnacheinemBetreuungsgeld
zurück DiehierdargestellteEntwicklungderkompetenzrechtlichenRegelungenderfrühkind-
lichenBildung,ErziehungundBetreuungsowiedergrundsätzlichneueCharakterdes weiter
VerhältnissesvonFamilieunddieFamilieergänzenderBetreuungmarkierendenBedarffür
Neuordnungen.WesentlichesMerkmalder„neuen“Situationistdaszukünftigstaatlich
garantierteFörderangebotfürKinderabdemerstenLebensjahr,dieIntensivierungdes
KooperationsverhältnisseszwischenElternundFamilienergänzenderBetreuungsowiedie
EinordnungvonderfrühkindlichenFörderungalsChancezurEntfaltungderPotenziale
allerKinder.VordiesemHintergrundistunverständlich,dassimZusammenhangmitder
DiskussionumdierechtlicheRegelungdesAusbausvonBetreuungsangebotenfürKinder
unterdreiJahrendieForderungnacheinem„Betreuungsgeld“fürdiejenigenElternerho-
benwurde,diedasentsprechendeAngebotnichtnutzenmöchten.
DieschonmitdererstenÜbereinkunftzurMitfinanzierungdesAusbausdurchdenBund
zwischendemBundesministeriumderFinanzenunddemBundesministeriumfürFamilie,
Senioren,FrauenundJugendimMai2007erhobeneForderungwurdedamitbegründet,
dassfürFamilien,diediestaatlichfinanzierteFamilienergänzendeBetreuungnichtin
Anspruchnähmen,ein„Ausgleich“inderFormeines„Betreuungsgeldes“zuzahlensei.
DieForderungnacheinemBetreuungsgeldstelltausderSichtdesBeiratesinnerhalbder
DiskussionumdenAusbaudesdieFamilienergänzendenBetreuungsangeboteseinsystem-
fremdesElementdar.EinJunktimzwischendemAusbauvonBetreuungseinrichtungenals
öffentlichemAngebotundmonetärenLeistungenanElternmussalssystematischverfehlt
angesehenwerden.DerBeiratsiehtsichdennochgefordert,hierzuStellungzubeziehen,
weilentsprechendeRegelungenmitderNovellierungdesSGBVIIIverankertwerdensollen.
▼▼
ZurForderungnacheinem„Betreuungsgeld“wirdimEinzelnenwiefolgtStellunggenommen:
I DievondenVerfechterneines„Betreuungsgeldes“indenDiskurseingebrachteForderung
nacheinem„Ausgleich“zwischenEltern,welchedieFamilienergänzendenAngebote
nutzenundsolchen,diedaraufverzichten,istsystematischverfehlt,daessichbeidem
geplantenAusbaudesBetreuungsangebotesnichtumeineLeistungdesFamilienlasten-
ausgleichshandelt,sondernumeinesolchederFürsorge(Art.74Nr.7GG).Finanzielle
LeistungenandieEltern,wiez.B.dasKindergeld,stellenentwedereineverfassungsrecht-
lichgeboteneEntlastungderElternodereinengesellschaftlichenAusgleichfürdie
LeistungenderElterndar.70NachderBegründungzumEntwurfdesKinderförderungsge-
69DarüberhinausbeinhaltetderGesetzentwurfÄnderungen,dieaufgrundderFöderalismusreformnotwendig wurden,sowieKlarstellungen,BerichtigungenundpunktuelleÄnderungeneinzelnerVorschriften,diedurch dasTagesbetreuungsausbaugesetz(TAG)unddasKinder-undJugendhilfeweiterentwicklungsgesetz(KICK)ein-gefügtwordenwaren.
70WiederWissenschaftlicheBeiratinseinemGutachten„GerechtigkeitfürFamilien“(2001)ausführlichdargelegt hat,sindsolchefinanziellenZahlungenalsfairerAusgleichfürdieLeistungenderEltern,diederGesamtgesell-schaftzugutekommen,geboten.
7071
36 Rechtliche Rahmenbedingungen
▼
Kapitel III. setzes(KiföG)isteserklärtesZielderEinführungdesBetreuungsgeldes,„dieheraus-
ragendeLeistungderElternbeiderErziehungdesKindeszuwürdigen“.Dergeplante Seite ��
AusbauderBetreuungsangebotehatjedocheineandereFunktion.EristaufeinBündel
vonZielengerichtet,dasimZusammenhangderNeugestaltungdesVerhältnissesvon
ElternunddieFamilienergänzenderBetreuungzusehenist.DazugehörtdieErmögli-
chungvonWahlfreiheitinderBetreuungvonKindernunterdreiJahren.Eszähltaber Inhalt insbesonderedieErkenntnisdazu,dassKindervoneinerwohlabgestimmtenundqualita-
tivhochwertigenKooperationzwischenElternhausundanderenFormenderTagesbetreu-zurück unginihrerEntwicklungprofitierenkönnen.DiemitdemBegriffdes„Ausgleichs“im
politischenDiskursvorgenommeneKopplungderAnsprüchevonKindernaufBetreuung weiter
undFörderungmitsolchenvonElternauffinanzielleUnterstützungistdamitsystema-
tischverfehlt.
I EinAnspruchaufeinen„Ausgleich“beiNichtnutzungderBetreuungseinrichtungenwird
auchdamitbegründet,dassEltern,dieihreKinderselbstzuHausebetreuen,nurvon
ihremgrundrechtlichenElternrechtGebrauchmachen,angeboteneBetreuungseinrich-
tungennichtzunutzen.DarausergibtsichjedochkeinRechtsanspruchaufeineAus-
gleichszahlung.GrundrechtlichesHandelngeschiehtgrundsätzlichaufeigeneKosten;
derStaatistnichtverpflichtet,denGrundrechtsgebrauchzufinanzieren.WennderStaat
dieöffentlichenVerkehrsmittelsubventioniert,dannhabendiejenigen,dievonihrem
FreiheitsrechtGebrauchmachenundmitdemeigenenAutofahren,keinenAnspruchauf
dieZahlungeinerSubventioningleicheroderähnlicherHöheoderaufirgendeinenfinan-
ziellenAusgleich.
I VerwaltungstechnischbrächtedieAuszahlungeinesBetreuungsgeldesinsofernerheb-
licheHürdenmitsich,weilbeianteiligerNutzungfamilienergänzenderBetreuungauch
einTeilbetreuungsgeldgefordertwerdenkönnte.
VordemHintergrundderTatsache,dassdergeplanteAusbaudesBetreuungsangebotes
demobenbeschriebenenneuenKooperationsverhältniszwischenFamilieunddieFamilie
ergänzenderBetreuungdienensollunddieFörderungderEntwicklungschancenvonKin-
derneinganzzentralesZielist,isthierv.a.einZusammenhangzubeachten:DieInan-
spruchnahmevonBetreuungsgeldgeschiehtnichtunabhängigvomsozial-ökonomischen
StatusderEltern.InsbesonderedieErfahrungeninNorwegen,dasseit1998einBetreuungs-
geldvonca.400€monatlichanElternzahlt,diekeinestaatlichunterstützteBetreuung
nutzen,stimmenbedenklich.DasBetreuungsgeldwurdedortumsostärkergenutzt,
jeniedrigerderBildungsgradderEltern,insbesonderederMütter,warundeswurdeinsbe-
sonderevonElternmitMigrationshintergrundbezogen.71WieersteAuswertungendes
StatistischenLandesamtesThüringengezeigthaben,könntesichauchinThüringeneine
ähnlicheEntwicklungabzeichnen,dasseitdem1.Juli2006inderFormeinesLandeserzie-
hungsgeldeseinBetreuungsgeldzahlt.IneinemimNovember2007vorgestelltenLänder-
vergleichderOECDüberdieVereinbarkeitvonBerufundFamiliewirdausdrücklichvorder
ZahlungvonBetreuungsgelderngewarnt.72AusderPerspektivederKindermusseszukünf-
tigumdiemöglichstumfassendeRealisierungvonChancengleichheitgehenundausder
PerspektivederGesellschaftumdievolleEntfaltungderFähigkeitenundKompetenzen
allerMenschen.Esdarfkünftignichtmehrmöglichsein,dasseinebeachtlicheAnzahlvon
▼▼
71Vgl.Ghazala2006.72Vgl.OECD2007.
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37 Rechtliche Rahmenbedingungen
Kapitel III. KinderndasdeutscheSchulsystemohneSchulabschlussverlässt.VordiesemHintergrund
scheintdieAuszahlungeinesBetreuungsgeldesinkeinemFallratsam. Seite ��
Sollteauskoalitions-oderparteiinternenÜberlegungenherausdennocherwogenwerden,
Eltern,diefamilienergänzendeBetreuungnichtwollen,zufördern,solltediesunbedingt
ohnedenFlussvonBargeld–etwadurchGutscheinefürLeistungen,diedirektdenKindern Inhalt zugutekommenoderderElternbildungdienen–geschehen.
zurück
weiter
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38 Offene Fragen und Probleme
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Kapitel IV. IV. Seite �� OffeneFragenundProbleme
Inhalt
zurück
weiter DieBund-Länder-Vereinbarungvom28.August2007unddasKinderbetreuungsfinanzie-
rungsgesetzvom22.Dezember2007sowiederEntwurfzumKinderförderungsgesetzvom
7.März2008enthaltenEinigungenüberwesentlicheStreitfragen,lassenabereineReihe
vonFragenoffen.DieverteiltenKompetenzen,ZuständigkeitenundFinanzverantwortlich-
keitenzwischenBund,LändernundKommunenerschwereneinekonzeptionelle,am
KindeswohlorientiertegemeinsamePlanungderpolitischenEntscheidungsträger,was
sichbereitsineinerunzureichendenZielgenauigkeitderVorschriftenundRegelungen
zeigt.SofehlenindenBeschlüssenjeglicheBestimmungenzurqualitativenAusgestaltung
derzuschaffendenBetreuungsplätze.EbensofehlenVerfahrenzurMessungvonZielerrei-
chungsgraden.ZudemsindwichtigeDetailfragennochunklar,dieangesichtsderKompe-
tenzverteilungzwischenBundundLändernselbstdiequantitativenAusbauzielegefähr-
den.SosindbereitsjetztetlicheUmsetzungsproblemeabzusehen,dadieföderale
KompetenzverteilungMöglichkeitenfürAusweichstrategieneröffnet.
4.1ZielgenauigkeitderBeschlüssezumBetreuungsausbau
SpätestensseitderVerabschiedungdesTAG2004istdiebundesstaatlicheFamilienpolitik
explizitanderTrias„Bildung,BetreuungundErziehung“fürKinderallerAltersstufen
ausgerichtet.DieSynopsederLänder-BildungsplänefürdieKindertagesbetreuung,diesich
imAnhangdieserStellungnahmebefindet,zeigt,dassauchimRahmenderLandespolitik
seit2004vergleichbareBemühungenzukonstatierensind.DurchdasKindertagesbetreu-
ungsausbaugesetz(TAG)wurdeeineentsprechendequalitativeAusrichtungvonFamilien
ergänzendenEinrichtungengesetzlichfestgeschrieben(s.o.). ▼
▼
IndenBeschlüssenzumAusbauderKinderbetreuungfürunterDreijährigewirdaufdiese
QualitätsaspektekaumBezuggenommen.AlsexpliziteZielewerdennurquantitative
Ausbauzielegenannt:750.000Betreuungsplätze,womitein„bedarfsgerechtesAngebot“
erreichtwerdensoll.DieVorbemerkungensowohlinderBund-Länder-Vereinbarungals
auchzumKinderbetreuungsfinanzierungsgesetzmachendeutlich,worandieser„Bedarf“
gemessenwird:Esgelte„ArmutvonFamilienzuvermeiden,Nachteilezwischendenver-
schiedenenFamilientypenauszugleichenunddieVereinbarkeitvonFamilieundErwerbs-
arbeitfürMütterundVätergleichermaßenzuverbessern“.EsstehthierdieEntlastungder
ElternimVordergrundunddergeplanteAusbauderKinderbetreuungsollvorallemdem
ZielderBalancevonFamilieundErwerbstätigkeitdienen.Qualitative„Bedarfe“imSinne
pädagogischerQualitätwerdenhiernichtbenannt.
72737475
39 Offene Fragen und Probleme
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Kapitel IV. DasKinderbetreuungsfinanzierungsgesetz,dasdieFinanzierungsbeteiligungdesBundes
andenInvestitionskostenregelt,hatderBundesgesetzgeberaufArt.104bGGgestützt Seite ��
(§2KBFG).73AlsBegründungwirdaufdieFörderungdeswirtschaftlichenWachstumsdurch
denAusbauderKinderbetreuungverwiesen.74DabeiwirdderMangelanBetreuungsplät-
zenals„einstrukturellesHindernisfürwirtschaftlichesWachstum“benannt.75Worindieses
Hindernisbesteht,wirdallerdingsnichtweitererläutert.Zumeinenwirddieswohlinder Inhalt mangelndenVereinbarkeitvonFamilieundErwerbstätigkeitgesehen(s.o.),dieElternund
v.a.Mütterdaranhindert,einerihrenBedürfnissenundihrerQualifikationentsprechenden zurück Berufstätigkeitnachzugehen,wasausgesamtwirtschaftlicherSichteinerenormenRessour-
cenverschwendunggleichkommt,diesichdieGesellschaftangesichtsdesdemografischen weiter
WandelsinZukunftnichtmehrleistenkann.Zumanderenhängtdaswirtschaftliche
WachstuminlangerFristvonderLeistungsfähigkeit,d.h.demHumanvermögendernächs-
tenGenerationab,daswesentlichvonderQualitätderFamilienergänzendenundFamilien
unterstützendengesellschaftlichenEinrichtungenmitbestimmtwird(s.2.3).
InderPräambelzumGesetzesentwurfdesKinderförderungsgesetzeswirdzudemaufdie
ChancengerechtigkeitfürdaseinzelneKinddurch„eineoptimaleFörderungseinerindivi-
duellenundsozialenEntwicklung“wieauchaufnichtrealisierteKinderwünscheverwiesen.
DerAusbauderBetreuungsangebotefürunterDreijährigewirdhierdamitbegründet,
„WegefüreineverbesserteVereinbarkeitvonFamilieundErwerbslebenzuöffnen,diedem
WohlederKinderdienen“.Damitwirdexpliziteine„guteQualität“derBetreuungsplätzeals
Zielgenannt,fürdiedieÄnderungendesSGBVIIIdieRahmenbedingungenschaffensollen.
ImGesetzentwurfselbstwerdenhierzujedochlediglichRegelungenfüreineangemessene
BezahlungvonTagespflegepersonensowiedieSchaffungvonmehrWettbewerbaufdem
BetreuungsmarktdurchEinbezugvonprivat-gewerblichenTrägernbeidenFördermöglich-
keitenvorgesehen.WeitergehendeRegelungenzurQualitätsindaufgrundderföderalen
KompetenzverteilungdurchdenBundkaummöglich.AllerdingswirdeineFlankierungdes
quantitativenAusbausdurchMaßnahmenzurSicherungundVerbesserungderQualität
vonKinderbetreuungseinrichtungenvonderBundespolitikangestrebt.76DieAktivitäten
konzentrierensichdabeivorallemaufeine„QualitätsoffensivezurfrühkindlichenBildung
undFörderunginderKita“,dieverschiedeneProjektezurfrühkindlichenFörderungansto-
ßensoll,77eineQualifizierungsoffensivezur(Weiter-)QualifizierungderBetreuungsper-
sonen,78undaufein„AktionsprogrammKindertagespflege“,dasdemInformationsaus-▼
▼
73NäheresüberdieFörderungvonInvestitionenindenAusbauderKinderbetreuungfürunterDreijährigeist jedochnochdurcheineRegelungnachArt.104bzubestimmen(§2Satz2KBFG).
74InderBegründungzumKinderbetreuungsfinanzierungsgesetzheißtes:„MitdenFinanzmittelnsollenbeson-dersbedeutsameInvestitionengefördertwerden,dieerforderlichsind,diestrukturellenBedingungenfürdie WirtschaftsentwicklunginDeutschlandzuverbessern.“(BT-Drs.16/6595).
75BeschlussempfehlungundBerichtzumKBFG(BT-Drs.16/6816). 76RedederBundesministerinfürFamilie,Senioren,FrauenundJugend,UrsulavonderLeyen,am11.Oktober2007
imDeutschenBundestaganlässlichdesBerichteszumAusbaustandTAG,Berlin (http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Presse/reden,did=101292.html).
77Die„QualitätsoffensivezurfrühkindlichenBildungundFörderunginderKita“soll„Projekteanstoßen,gutePra-xisauswertenundgemeinsammitTrägern,KommunenundLändernUmsetzungswegeerproben“.Momentan werdenProjektezurSprachförderungunddasInternetportalzurfrühkindlichenBildung„Wissen&Wachsen“ gefördert.WeiterhinsindProjektezurkonzeptionellenBegleitungderÜbergängevomElternhausindieKrippe undvomKindergartenindieSchulegeplant.
78In2008starteteinProgrammzurpraxisbezogenenFort-undWeiterbildungdesBetreuungspersonals.DiePro-grammezurQualifizierungdesPersonalsinKindertageseinrichtungenwerdendabeivomBundesbildungsminis-teriumunddiezurQualifizierungderTagesmütterund-vätervomBundesfamilienministeriumübernommen.
7677
78
40 Offene Fragen und Probleme
▼
Kapitel IV. tauschundderVernetzungvonBetreuungseinrichtungendienensoll.79DieseInitiativen–
sowichtigundbegrüßenswertsiesind–habenzunächstjedocheinenstarkexperimentellen Seite �0
CharakterundsindnichtsystematischdemflächendeckendenAusbauderBetreuungsplät-
zefürunterDreijährigeverbunden.DamitobliegtesalleindenLändernundKommunen,
MaßnahmenfürdieSicherungderimSGBVIIIfestgeschriebenenqualitativenZielezuent-
wickelnundumzusetzen. Inhalt
▼
zurück 4.2UmsetzungsproblemegefährdenquantitativeAusbauziele
weiter BeidenquantitativenAusbauzielenhinsichtlichderbis2013zuschaffendenPlätzebesteht
nocherheblicherPräzisierungsbedarf,damitderenUmsetzungangesichtsderföderalen
Kompetenzverteilungnichtgefährdetwird.SchonalleindiezuerlangendePlatzzahlistnicht
sokonkret,wieesindenVereinbarungenscheint.DiepolitischangestrebteBetreuungs-
quotevon35%wirdgrundsätzlichfüralleunterDreijährigenbenannt,wobeidievereinbarte
Zielzahlvon750.000PlätzenvorallemdenBedarfabdemerstenLebensjahrabdeckt.Diese
ZahlenbasierenaufBedarfsschätzungenvordemHintergrundderbisherigenInanspruch-
nahmeindenverschiedenenAltersgruppen.80Nichtberücksichtigtwirddabeieinemögliche
NachfrageveränderungbeieinemdeutlichverbessertenAngebot,insbesonderewennhier-
fürauchnocheinRechtsanspruchbesteht.Zudemistvölligunklar,inwelchemzeitlichen
UmfangdieBetreuungsangebotenachgefragtwerden.UnscharfistdasAusbauzielaber
auchhinsichtlichderArtderzuschaffendenBetreuungsangebote.ImGesprächisteine
geplanteVerteilungderPlätzeinKindertageseinrichtungenundinKindertagespflegeim
Verhältnisvon70:30,dieauchdenKostenschätzungenzugrundegelegtwurde,81allerdings
nirgendwofestgeschriebenist.DamitsinddieLänderundKommunengrundsätzlichfrei,
abweichendeRelationenanzustreben.ZudemmagdieNachfragevonseitenderElternzu
anderenRelationenführen.SchließlichdürfteauchdieregionalsehrungleicheAusgangsla-
gedentatsächlicherreichbarenAusbaustandmitbestimmen(s.2.1).
4.2.1DerUmsatzsteueranteilzurBetriebskostenfinanzierung
DadieLändernachArt.83GGfürdieUnterhaltungderKindertageseinrichtungenundder
Kindertagespflegezuständigsind,tragensienachdemKonnexitätsprinzipdesArt.104a
Abs.1GGauchdieKosten.UmüberhaupteineBeteiligungdesBundesandenlaufenden
Betriebskostenzuermöglichen,wurdeeineAnhebungdesUmsatzsteueranteilsderLänder
inHöhevon30%derzuerwartendenzusätzlichanfallendenKostenvereinbart.
▼
BeiEinnahmenausSteuerngiltjedochgrundsätzlichdasNonaffektationsprinzip,82weshalb
dieserUmsatzsteueranteilmitkeinerZweckbindungversehenwerdenkann.DieLänderver-
79DasAktionsprogrammKindertagespflege,das2008gestartetwirdundbis2011laufensoll,hatzumZiel,„Kin-dertagespflegemittelfristig“alseinen„anerkanntenundangemessenvergütetenVollzeitberuf“zuetablieren. „UnterEinsatzmodernerInformationstechnologieundinengerZusammenarbeitmitLändernundKommunen (soll)dieQualitätderKindertagespflegegesichertundverbessert,dasPersonalangebotfürdieTagespflege erweitert,dieInfrastrukturderKindertagespflegeausgebautundverbessertunddieRollederElterndurchdie OptimierungdesVermittlungsprozessesgestärktwerden.“(MeldungdesBMFSFJvom28.November2007, http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/aktuelles,did=103896.html).
80Vgl.zudenBerechnungsgrundlagenderverschiedenenBedarfsszenarienRauschenbachu.a.2007. 81Vgl.BegründungzumEntwurfdesKinderförderungsgesetzes(KiföG). 82DasNonaffektationsprinzipbesagt,dassalleEinnahmendesStaatesalsDeckungsmittelfüralleAusgabendie-
nen(§8BHO).
79808182
41 Offene Fragen und Probleme
▼
Kapitel IV. pflichtensichdaherinderVereinbarung,„durchgeeigneteMaßnahmendafürSorge(zu)
tragen,dassdievomBundzurVerfügunggestelltenMittelauchtatsächlichundzusätzlich Seite �1
denKommunenundTrägernzurVerfügunggestelltwerden“,und„finanzielleVorausset-
zungendafür(zu)schaffen,dassdievereinbartenZieleerreichtwerden“.Allerdingssind
dieseVersprechenderLänderaufBasisderBund-Länder-Vereinbarungwederrechtsver-
bindlich,nochsinddieZieleimHinblickaufdieMessbarkeitvonZielerreichungsgraden Inhalt hinreichendkonkretformuliert.AuchdievorgesehenenRegelungenimKinderförderungs-
gesetz,diedieLänderzumstufenweisenAusbauverpflichten,sofernsiedasnotwendige zurück AngebotzurErfüllungderRechtsansprüchenichtvorhalten,leistennichtdienotwendigen
Konkretisierungen.Insbesonderebleibtoffen,welcherArtdievorzuhaltendenPlätzefür weiter
unterDreijährigesind.SofernhierkeinejustiziablenBedingungengeschaffenwerden
können,bestehenfürdieLänderangesichtsknapperMitteldurchausAnreize,dieGelder
nichtdemZweckentsprechendzuverwendenbzw.dieerforderlichenfinanziellenLandes-
anteilenichtinhinreichendemUmfangzurVerfügungzustellen–sofernsieanderenAuf-
gabenhöherePrioritätzumessen.
VonseitenderKommunenwerdenentsprechendeBefürchtungengeäußert.83Siekritisieren
dieihrerAnsichtnachzugeringefinanzielleBeteiligungdesBundes,dieaufeinerzunied-
rigenKostenschätzungderBetriebskostenbasiere.84Damitwerdemitdenjetztvereinbarten
Zahlungenvonjährlich770Mio.€ab2014nichtwieverabredeteinDrittelderzusätzlich
anfallendenBetriebsausgabendurchdenBundfinanziert.WenndieLänderebenfallsnur
dengleichenBetragzurVerfügungstellen,wiediesbereitseinigeLänderbeschlossen
haben,85verbleibebeidenKommuneneinweitgrößererFinanzierungsanteilalsdas
ursprünglichangedachteDrittel,dasvondenKommunenbereitsimVorfeldkritisiertwor-
denwar.Verschärftwirddiesdadurch,dassqualitativhochwertigeBetreuungsplätzefür
unterDreijährigedeutlichteurerseindürftenalsfürältereKinder.DieKommunenfordern
dahernachdrücklicheinehöherefinanzielleBeteiligungdurchdieLänder.86
AngesichtsdieserfürdieKommunenunklarenFinanzierungslage,derangespanntenHaus-
haltslagevielerKommunenunddeshohenZeitdruckszurVerwirklichungderAusbauziele
bestehtdieGefahr,dassletztendlichweitauswenigerPlätzeinBetreuungseinrichtungen
geschaffenwerdenalsvonderBund-Länder-Kommissionverabredetundstattdessenaufdie
SchaffungfinanziellgünstigererTagespflegeplätzeausgewichenwird. ▼
▼
83DeutscherStädte-undGemeindetag:BerichtvonderFachkonferenz„BetreuungderKleinstengehtallean“am 7.Dezember2007;DeutscherStädtetag:BeschlussdesHauptausschussesvom22.Mai2007;DeutscherStädte-tag:Pressemitteilungvom28.Januar2008.
84DieSchätzungderdurchschnittlichenBetriebskostenfüreinenKinderbetreuungsplatzineinerGanztagesein-richtungwirdvondenKommunenmit14.000€angesetztundfüreinenTagespflegeplatzmit7.200€,wasbei zusätzlich300.000PlätzenundeinerAufteilungvon70%inTageseinrichtungenund30%inTagespflegezueiner zusätzlichenBelastungvon3,05Mrd.€p.a.führt(KostenschätzungderBundesvereinigungderkommunalen Spitzenverbändevom30.März2007).InderBund-Länder-VereinbarungwirddagegenvoneinerSummevon 2,32Mrd.€p.a.ausgegangen,wobeieinGanztagesplatzineinerEinrichtungmit12.000€undeinTagespflege-platzmit9.450€kalkuliertwird.Allerdingswerdennur90%derKosteninAnsatzgebracht,wasmiteinerTeil-zeitnutzungvonetwaderHälftebegründetwird.Zudemwerden3,25%alsAnteilderTrägerangesetzt(Begrün-dungzumEntwurfdesKinderförderungsgesetzes).
85Z.B.inSchleswig-Holstein(vgl.PressemitteilungdesMinisteriumsfürBildungundFrauendesLandesSchleswig-Holsteinvom30.Januar2008).
86DeutscherStädtetag:Pressemitteilungvom11.Oktober2007.
83
42 Offene Fragen und Probleme
▼
Kapitel IV. 4.2.2ZweckbindungundErfolgskontrolle
Seite �� ZurSicherstellungdervonBundundLändernvereinbartenZieleistvonderArbeitsgruppe
aucheinMonitoringvereinbartworden,dasinderVerwaltungsvereinbarungzumKinder-
betreuungsfinanzierungsgesetz„Investitionsprogramm‚Kinderbetreuungsfinanzierung‘
2008–2013“festgeschriebenwurde.DanachhabendieLändereineregelmäßigeBerichts-Inhalt pflichtüberdie„neueingerichtetenundgesichertenBetreuungsplätzeinTageseinrich-
tungenundTagespflege“,wobeinachPlätzen,diemitundohneInvestitionshilfendes zurück Bundeseingerichtetwurden,zuunterscheidenist.DanurbeidenFinanzbeihilfenfürdie
InvestitionskosteneinedirekteZweckbindungmöglichist,wirdüberdieseweitergehende weiter
BerichtspflichteineErfolgskontrollehinsichtlichdesAusbauzielesvon750.000Plätzen
angestrebt.DaaucheinenachhaltigeSicherungderPlätzenachzuweisenist,wirdeine
indirekteSteuerungderfürdieBetriebsausgabengedachtenFinanzmittelerwartet.Sank-
tionenkönnenabernurbeieinerZweckentfremdungderMittelausdemSondervermögen
ausgesprochenwerden.IndiesemFallmüssendieMittelzurückgefordertwerden.Werden
jedochvondenLändernzuwenigPlätzegeschaffenoderdievomBundzurVerfügung
gestelltenMittelnichtandieKommunenundTrägerweitergeleitet,hatderBundkeine
Sanktionsmöglichkeiten.DerBundbehältsichdahervor,nacheinerZwischenevaluation,
dieimJahr2011durchgeführtwerdensoll,AnpassungenmitHinblickaufdenZielerrei-
chungsgradvorzunehmen,wobeiallerdingsunklarbleibt,woraufsichderartigeAnpas-
sungenbeziehenkönnen.
4.2.3Rechtsanspruch
AbdemJahr2013wirdeseinenRechtsanspruchaufeinenBetreuungsplatzfüralleKinder
vom1.Lebensjahrangeben.Eswirdjedochvielfachbezweifelt,dassderbisdahinange-
strebteAusbauauf750.000Betreuungsplätzehierzuausreicht.SowohldieErfahrungenin
Sachsen-Anhalt,woeinRechtsanspruchaufeinenBetreuungsplatzvonGeburtanbesteht,
alsauchBedarfsschätzungenaufBasisvonElternwünschenlassenbeieinemRechtsan-
sprucheinehöhereInanspruchnahmealsdievorgesehenen35%wahrscheinlichwerden.87
InsbesonderedieKommunenweisendaraufhin,dassvorallemindenStädteneindeutlich
höheresAngebotnotwendigseinwird.SieforderndaherverbindlicheFinanzierungszusa-
gendesBundesundderLänder,solltederRechtsansprucheingeführtwerden. ▼
▼
DieKommunenweisenzudemdaraufhin,dassmitderEinführungeinesRechtsanspruches
fürunterDreijährigeeineneueAufgabeimSinnedesArt.84Abs.1Satz7GGgeschaffen
werdeunddamitdieGesetzgebungskompetenzendesBundesüberschrittenwerden.Durch
dieZustimmungzurEinführungeinesRechtsansprucheshättendieLänderdendaraus
folgendenKonnexitätsanspruchgegensichakzeptiertundstündendaherindervollen
Finanzverantwortung.DieursprünglichangedachteDrittelregelungbeiderAufteilungder
BetriebskostenaufBund,LänderundKommunenwerdedurcheineVerankerungdes
Rechtsansprucheshinfällig.SoheißtesindemBeschlussdesPräsidiumsdesDeutschen
Städtetagesvom11.September2007,dass„dievorgeseheneVerankerungeinesRechtsan-
spruchesnurakzeptiertwerdenkann,wennzugleichdiefürdieErfüllungerforderlichen
finanziellenMittelvonBundundLändernverlässlichsichergestelltwerden.Bundund
LänderwerdenindiesemZusammenhangaufgefordert,zurealistischenAnnahmenzuden
87Vgl.Rauschenbachu.a.2007.
84
43 Offene Fragen und Probleme
▼
Kapitel IV. mitdemRechtsanspruchverbundenenKostenzukommen.DiebisherverabredeteZielmar-
kevon750.000PlätzenwirdzurErfüllungeinesRechtsanspruchsnichtausreichen.…Die Seite ��
Länderwerdenaufgefordert,ihrerVerpflichtungausdenKonnexitätsregelungennachzu-
kommenunddieerforderlichenFinanzmittelbereitzustellen.“88
VordemHintergrundderunklarenfinanziellenBelastung,diedurchdenRechtsanspruch Inhalt zusätzlichaufdieKommunenzukommt,sindAusweichreaktionendurchdieKommunen
nichtauszuschließen.BeziehtsichderRechtsanspruchlediglichaufFörderunginTagesein-zurück richtungenoderTagespflege,ohnedasWunsch-undWahlrechtderElternabzusichern,
undwerdenwederdieDaueroderdiezeitlicheLage(zusammenhängendeBetreuungs-weiter
zeitenohneWechselderBetreuungsform)festgeschriebenundkeinequalitativenAnforde-
rungengestellt,sobestehengroßeAnreize,Betreuungsplätzezuschaffen,diegeringere
Kostenverursachen.SosindTagespflegeplätzekostengünstigeralsPlätzeinGanztagesein-
richtungen,zumindestwennnichtaufhoheQualifizierungundentsprechendeBezahlung
geachtetwird.FlexibelandieBedürfnissederElternangepassteBetreuungszeitenerfor-
dernmehrPersonal,dieBerücksichtigungderkindlichenBedürfnissekleineGruppengrö-
ßen.OhneeineKoppelungdesRechtsanspruchsanbestimmteMindestanforderungen
bestehtdieGefahr,dasszugunsteneinerhöherenPlatzzahlandere,insbesonderequalita-
tiveAspektevernachlässigtwerdenundinBereichengekürztwird,dienichtübereinen
Rechtsanspruchabgedecktsind,wiediesbeidenDrei-bisSechsjährigenbereitsgängige
Praxisist.
4.3VernachlässigungvonQualitätsaspekten
WennschondiequantitativenZiele–diegeplanten750.000Plätzeunderstrechteinhinrei-
chendesAngebotzurErfüllungdesRechtsanspruchs–gefährdetsind,giltdiesumsomehr
fürdiequalitativenZiele.Dadiesenichtexplizitverankertsind,stehtzubefürchten,dass
angesichtsderunzureichendenFinanzierunganderqualitativenAusstattunggespartwird,
umdasquantitativeAusbauzielzuerreichen.
SoschaffendieRegelungenzurFinanzierungdesBetreuungsausbausEntscheidungs-und
Handlungsbedingungen,diefürdieUmsetzungderqualitativenZieleeherhinderlichsind.
DieTrennungderBundesbeteiligunganderFinanzierungineinSondervermögenfürInves-
titioneneinerseitsundeinenUmsatzsteueranteilfürBetriebskostenandererseitslassenes
wahrscheinlichwerden,dassaufLänder-undkommunalerEbenedieEntscheidungenfür
InvestitionenunddenBetriebvonunterschiedlichenInstanzengetroffenwerden,dieu.U.
keinabgestimmtesKonzeptverfolgen.SofernaberkeineklardefiniertenQualitätsstan-
dardsexistieren,mögenunabgestimmtebaulicheMaßnahmendieMöglichkeitender
EntwicklungbedarfsgerechterKonzepteerheblicheinschränken.Verschärftwirddiese
SituationdurchdenansichsehrbegrüßenswertenAnspruch,bereitsinwenigenJahreneine
Versorgungsquotevon750.000Plätzenzuerreichen.
▼▼
88ÄhnlicheVerlautbarungenfindetmanvomHauptausschussdesDeutschenStädtetagesinseinemBeschluss vom25.Oktober2007,vomGesamtvorstandderBundesvereinigungderkommunalenSpitzenverbändeinsei-nerEntschließungvom14.September2007undvomDeutschenStädte-undGemeindebundinseinerStellung-nahmevom18.Januar2008zumBMF-PapierzudenMaßnahmendesBundeszugunstenderKommunen.
85
86
44 Offene Fragen und Probleme
▼
Kapitel IV. PädagogischeKonzepte,dieanderTriasvonBildung,BetreuungundErziehungausgerichtet
sind,dürftenauchvergleichsweisehoheBetriebsausgabenverursachen.SolchealsInvestiti-Seite ��
onenindienächsteGenerationanzusehendenAufwendungenlohnensichauchunter
gesamtwirtschaftlichenÜberlegungen(s.2.3).AllerdingsfallendieErträgedieserInvesti-
tionenerstsehrvielspäteranundentlastennichtdirektdieHaushaltederinvestierenden
Kommunen.89VordemHintergrundknapperHaushaltsmittelsetzendieRegelungenzumin-Inhalt destfürdieKommunenkeineAnreize,hierbesondersaktivzuwerden.EherimGegenteil
bleibtzubefürchten,dasseszuAusweichreaktionenkommtundMittel,derenVerwen-zurück dungszwecknichtfestgeschriebenist,nichtimangedachtenUmfangfürdenErziehungs-
undBildungsauftraginfrühkindlichenBetreuungseinrichtungenverwendetwerden. weiter
Auchwenneskostengünstigerscheint,keinespezifischenAngebotefürunterDreijährige
zuentwickeln,sonderndieKonzepteausdemKindergartenbereichzuentlehnen,stelltdies
inkeinemFalleineAlternativezurEntwicklungvonBetreuungs-undBildungskonzepten
fürunterDreijährigedar.DieQualifizierungundWeiterbildungdesBetreuungspersonals
fürdiesenAltersbereichverursachtebenfallserheblicheKosten.EsbestehtalsodieGefahr,
dassdiespezifischenAnforderungenimfrühkindlichenBereichausKostengründenkeine
odereinezugeringeBeachtungfinden.
Auchistfraglich,obdiebisherangedachtenRegelungenzurAufwertungderKindertages-
pflegeausreichenwerden,dieQualitätinerheblichemAusmaßzuverbessern.Nebender
grundsätzlichenZahlungvonSozialversicherungsbeiträgenwirdimGesetzesentwurfzum
KinderförderungsgesetzeineOrientierungfürdiezuzahlendeGeldleistungals„Anerken-
nungderFörderleistungderTagespflegeperson“eingeführt,nachderdiese„leistungsge-
rechtauszugestalten(ist)undsichandertariflichenVergütungvergleichbarerQualifika-
tionenundTätigkeitenorientieren“soll.DieFestlegungderHöhewirddenTrägernder
JugendhilfeoderdenLändernüberlassen.DadieserOrientierungsrahmenaberkaum
rechtsverbindlicheFolgenhat,bestehtweiterhindieGefahrTagespflegetätigkeitenaus
KostengründengeringqualifiziertenPersonenzuübertragen.
DurchdenzeitlichenDruck,dasAusbauzielinwenigenJahrenzuerreichen,bestehtzusätz-
lichdasProblem,dassgarnichtgenügendqualifizierteFachkräftezurVerfügungstehen.90
Daeskaummöglichseinwird,inwenigenJahrendiezusätzlichnotwendigenFachkräfte
auszubilden,mussauchausdiesenGründenmiteinerzumindesttemporärsinkenden
Betreuungsqualitätgerechnetwerden.
▼▼
DerProzessdesAusbausvonBetreuungsplätzenfürunterDreijährigeläuftalsoGefahr,dass
QualitätsaspekteerstzuspätodergarnichtberücksichtigtwerdenunddassBetreuungs-
plätzeentstehen,diedenAnforderungendesfrühkindlichenBereichsinkeinerWeise
gerechtwerden.DiesgiltumsomehralsdiePlanungsunsicherheithinsichtlichderKosten
denKommunenundTrägerndieUmsetzungqualitativhochwertigerAngeboteerheblich
erschwert.Hiergiltes,dieFinanzverantwortungfürdieQualitätsentwicklungundQuali-
tätssicherungzuklären.
89Vgl.Spieß2007.90Rauschenbach/Schilling2007.
45 Empfehlungen
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Kapitel V. V. Seite �� Empfehlungen
Inhalt
zurück
weiter (1) Quantitativer Ausbau und Qualitätsentwicklung gehören zusammen.
DerWissenschaftlicheBeiratunterstütztnachdrücklichdengeplantenundbereitsinGang
gesetztenAusbauderBetreuungsangebotefürKinderunterdreiJahren.Dieserkannnach
ÜberzeugungdesBeiratsnichtnureinenwichtigenBeitragzueinerverbessertenBalance
vonFamilientätigkeitundErwerbstätigkeitderElternleisten,sondernauchzueinerdie
FamilienintegrierendenAnregungderEntwicklungs-undBildungsprozessederKinder.Die
VerbindungdieserbeidenAufgabenkannallerdingsnurunterderBedingunggelingen,
dassinallenBetreuungsangeboteneinehohepädagogischeQualitätsichergestelltwird,die
derbesondersausgeprägtenLernfähigkeitsowiederbesondersausgeprägtenVerletzbar-
keitderKinderindenerstenLebensjahrengerechtzuwerdenvermag.
(2) „Ganzheitliche“ Sicht auf Bildung, Betreuung und Erziehung beachten.
MitseinenAnalysenundEmpfehlungenwillderBeiratderGefahrvorbeugen,dassunter
demhohenZeitdruckfürdenquantitativenAusbauundangesichtsderangespannten
HaushaltslageinvielenKommunendiequalitativenAspekteindenHintergrundrücken
undeinefrühzeitigebzw.rechtzeitigeEntwicklungundImplementierungvonentwick-
lungsangemessenenpädagogischenKonzeptenundQualitätsanforderungenunterbleibt.
DieimSGBVIIIverankerte„ganzheitliche“SichtaufBildung,BetreuungundErziehung
mussbeiderUmsetzungderMaßnahmenindemSinnerichtungsweisendsein,dassder
quantitativeAusbaueinhergehtmitderEntwicklungundSicherungeinerhohenpädago-
gischenQualität.
(3) Einen die Familien integrierenden Ansatz wählen. ▼
▼
ZurnachhaltigenSicherungeinerhohenQualitätderRahmenbedingungendesAufwach-
sensallerKinderplädiertderBeiratfüreinendieFamilienintegrierendenAnsatz.Erzielt
aufeineneueundbessereIntegrationderöffentlichenundderelterlichenSorgefürKinder,
diegeeignetist,dasWohlallerKindersowieeineangemesseneUnterstützungundAnre-
gungihrerEntwicklungs-undBildungsprozessezugewährleisten.Dabeigehtesumdie
PraxiseinerengenErziehungspartnerschaftzwischenTageseinrichtungenfürKinderbzw.
AngebotenderFamilientagesbetreuungundEltern.DazumüssensichdieBetreuungsange-
boteandenneuenHerausforderungendurchdiebesonderenBedürfnisseindenersten
Lebensjahrenorientieren,dieeinedeutlichintensivereAbstimmungmitdemElternhaus
undeinehöhereFlexibilitätverlangenalsbeiKindernhöherenAlters.
▼
46 Empfehlungen
Kapitel V. (4) Eine Vernetzung der lokalen Dienstleistungen für Familien und Kinder anstreben.
EsgehtaberauchumeineweitergehendeVernetzungderlokalenDienstleistungenfür Seite ��
FamilienundKinder,wiesiebeispielsweiseinFamilienzentrenrealisiertwird.DieTrägerder
öffentlichenJugendhilfemüssensicherstellen,dassdieFachkräfteinihrenEinrichtungen
unddieEinrichtungenandererTrägermitdenErziehungsberechtigtenundTagespflege-
personensowiemitanderenkinder-undfamilienbezogenenInstitutionenundInitiativen Inhalt imGemeinwesensowiemitdenSchulenzusammenarbeiten.
zurück (5) Familienbildung und Beratung fördern.
BesondereAufmerksamkeitverdienenindiesemZusammenhangMaßnahmenzurUnter-weiter
stützungderelterlichenBeziehungs-undErziehungskompetenzen.DieFamiliewirdauch
nachdemgeplantenAusbauderöffentlichenBetreuungsangebotederersteundlebensbe-
gleitendwichtigsteundwirksamstesozialeOrtderBildung,BetreuungundErziehung
bleiben.
(6) Einen Beitrag zu Chancengerechtigkeit, „frühen Hilfen“ und früher Förderung leisten.
UnterderVoraussetzunghoherpädagogischerQualitätkönnenundsolltenöffentliche
BetreuungsangeboteeinenBeitragzurChancengerechtigkeitfürbenachteiligteKinder
leistenundzumAusgangspunktfür„früheHilfen“werden,dieu.a.auchderPräventionvon
Kindeswohlgefährdungdienen.FamilienintegrierendeAnsätzekönnenvordiesemHinter-
grundzueinemwichtigensozial-undbildungspolitischenInstrumentwerden.Dabeiist
auchdaranzudenken,KindernausFamilienmitMigrationshintergrundübereinenFami-
lienintegrierendenAnsatzmöglichstfrüheinenachhaltigeIntegrationzuermöglichen.
DarüberhinausmüssengeradediejenigenKinder,welcheaufgrundeinerdrohendenEnt-
wicklungsverzögerungoderBehinderungohnehinschonbeeinträchtigteChancenhaben,
geeignete–zwarauchjetztschongesetzlichverankerte,jedochnichtinausreichendem
Maßeumgesetzte–AngebotezurinterdisziplinärenFrühförderungineinemaufIntegrati-
onabzielendenUmfeldimRahmenderfrühenBetreuungerhalten.
(7) Qualitätsentwicklung durch einen gemeinsamen Rahmen der Länder ermöglichen.
DadieneuenBildungs-undErziehungsplänenurinwenigenBundesländernauchaufdie
unterdreijährigenKinderbezogensind,solltederersteundwichtigsteSchrittderQualitäts-
entwicklungdarinbestehen,fürdieseAltersgruppeeineneigenen„gemeinsamenRah-
men“derJMKundKMKzuverabschiedenundinallenBundesländernBildungs-undErzie-
hungsplänefürdieseLebens-undEntwicklungsphasezuerarbeitenundzuerlassen.In
diesenProzessmüssendieTrägerangemesseneingebundenwerden.DieUmsetzungder
Bildungs-undErziehungsplänemuss,wieimFallederbereitsvorliegendenPläne,mit
einemverpflichtendenWeiterbildungsprogrammfürdieFachkräfteverbundenwerden.
▼▼
MittelfristigsolltedieDiskussionumBildungs-undErziehungspläneindenjeweiligen
BundesländernaufnationalerEbenegebündeltwerden.SobaldeinKonsensüberdieImple-
mentierungzentralerStandardsfürdieunterDreijährigenerzieltist,solltenalleKinderin
Deutschland,unabhängigvonihrerregionalenZuordnung,voneinerqualitativhochwer-
tigenBetreuungsinfrastrukturprofitierenkönnen.DieErzielungeinessolchenQualitäts-
konsensesmussvomBundmoderiertundangestoßenwerden.Dabeisolltenauchinternati-
▼
47 Empfehlungen
Kapitel V. onaleErfahrungeneinbezogenwerden,dieimSinnevon„Benchmarks“kritischüberprüft
undaufdiedeutschenBesonderheitenhinangepasstwerdenmüssten.Siekönntenaber Seite ��
auchHinweisedaraufgeben,aufwelchenKonsenseinerpädagogischenQualitätsichande-
rewestlicheIndustrienationengeeinigthaben.
(8) Ausbildungsoffensive für Fachpersonal starten. Inhalt ImUnterschiedzudenTageseinrichtungenfürdrei-bissechsjährigeKinderistesimHin-
blickaufdieinstitutionellenAngebotefürdieunterDreijährigennichtmitWeiterbildungs-zurück maßnahmenfürdiebereitsvorhandenenFachkräftegetan.Darüberhinausistesangesichts
dervorgesehenenVerdreifachungderPlatzzahleninKinderkrippenerforderlich,mindes-weiter
tens50.000neueFachkräfteeinzustellenunddieseaufihreverantwortungsvolleTätigkeit
angemessenvorzubereiten.DerBeiratbegrüßtdaherausdrücklichdievonBMFSFJund
BMBFgemeinsamangekündigte„QualifizierungsinitiativeKinderbetreuung“.Nebenden
erheblichenInvestitionenindenAuf-bzw.AusbaueinerInfrastrukturfürdiegrundständige
AusbildungvonFachkräften–einschließlichderdafürerforderlichenInfrastrukturfrüh-
pädagogischerForschung–musseinAusbildungskonzeptentwickeltundumgesetztwer-
den.Dabeigiltes,diekünftigenFachkräftemitBezugaufdiespezifischenAnforderungen
anBildung,BetreuungundErziehungderunterdreijährigenKinderzuqualifizieren.Dazu
gehörtbeispielsweise,dassdieStudierendenanFachschulendieMöglichkeiterhalten
müssen,inihrerAusbildungalsWahlpflichtdenSchwerpunktKrippenpädagogikwählen
zukönnen.AuchdafürsindzusätzlicheInvestitionennötig.DieFinanzierungsverantwor-
tungmussverbindlichgeklärtwerden.
(9) Strukturqualität sichern.
AngesichtsderTatsache,dassdieRahmenbedingungen(„Strukturqualität“)fürdieGewähr-
leistungpädagogischerQualitäteinegroßeRollespielen,undnurdieseDimensionvon
QualitäteinerdirektenpolitischenSteuerungzugänglichist,musssichdasaufQualitätsent-
wicklungund-sicherungzielendepolitischeHandelninersterLinieaufAspektederStruk-
turqualitätbeziehen.DiesebetreffeninsbesonderedieQualifizierungderFachkräfte,die
GruppengrößeindenEinrichtungen,denErzieherin-Kind-Schlüssel,dieRäumeundihre
Ausstattung,bedarfsgerechteÖffnungszeitensowiedieZeitressourcenderFachkräftefür
dieZuwendungzujedemKind,fürBeobachtungundDokumentation,fürErziehungsge-
sprächemitdenEltern,sowiefürdieZusammenarbeitmitanderenAkteuren(sieheEmp-
fehlungNr.4).BeiderFestlegungangemessenerStandardsderStrukturqualitätkannsich
diePolitikaufforschungsbasierteKriterienstützen,dieaufnationalerundinternationaler
Ebeneentwickeltwordensind.UmdieEinhaltungvonMindeststandardsderStrukturquali-
tätsicherstellenzukönnen,solltenZertifizierungsverfahrenentwickeltundeingesetzt
werden(s.EmpfehlungNr.11).
▼▼
(10) Verfahren zur Qualitätssicherung initiieren.
AngesichtsderanhaltendkontroversenFachdiskussionüberdieangemessenenVerfahren
undInstrumentederQualitätssicherungschlägtderBeiratvor,dieunterschiedlichenAnsät-
zenebeneinanderzuerprobenundsieeinervergleichendenlängsschnittlichenEvaluie-
rungzuunterziehen.DaherbegrüßtderBeiratdie„Qualitätsoffensivezurfrühkindlichen
BildungundFörderunginderKita“mitdendarinangedachtenProjektenundfordertdie
Bundesregierungauf,weitereProjektezuinitiierenunddieseeinergemeinsamensystema-
▼
48 Empfehlungen
Kapitel V. tischenEvaluationzuunterziehen.Darüberhinaushälteresfürgeboten,auchdieKinder-
tagespflegeindieQualitätssicherungsystematischmiteinzubeziehen. Seite ��
(11) Qualitätsfeststellung und Qualitätssicherung müssen mit Qualitätsentwicklung
Hand in Hand gehen.
EssolltenVersucheangeregtundunterstütztwerden,dieaufeineVerbindungderunter-Inhalt schiedlichenTypenderQualitätssicherungsetzenunddaraufabzielen,derenjeweilige
StärkenzuerhaltenundihrejeweiligenSchwächenzureduzieren.Dabeiistesvonzentraler zurück Bedeutung,nebeneinerInputsteuerungauchdenEntwicklungsfortschrittdesKindesals
Qualitätsmerkmalmitzuerfassen.UnabhängigvonderimEinzelnenpraktiziertenAusge-weiter
staltungderVerfahrenmüssennachÜberzeugungdesBeiratsMaßnahmenderQualitäts-
feststellungundderQualitätssicherungHandinHandgehenmitMaßnahmenderQualitäts-
entwicklung.EineregelmäßigeEvaluationderUmsetzungsolltedurchGremienvorOrt
erfolgen,andenenauchElternbeteiligtsind(Monitoring).DarüberhinausmüssenEinrich-
tungenihreQualitätdurchstandardisierteVerfahrensichern.ZurSchaffungvonWettbe-
werbsollenneueSteuerungsinstrumentewieGutscheinegenutztwerden(sieheEmpfeh-
lung18).
(12) Tagespflege neu ausrichten.
NebendenTageseinrichtungenwirddieFamilientagesbetreuungeinewichtigeAngebots-
formfürunterdreijährigeKindersein.Derin§22SGBVIIIformulierteAuftragderBildung,
BetreuungundErziehunggiltfürKindertageseinrichtungenundFamilientagesbetreuung
gleichermaßen.DementsprechendmüssenfürdieFamilientagesbetreuungprinzipiell
diegleichenKriterienpädagogischerQualitätgeltenwiefürKindertageseinrichtungen.
DervorgesehenestarkeAusbaudesPlatzangebotsmachteinegrundlegendeReformder
Tagespflegedringenderforderlich.DerBeiratbegrüßtdaherdasvonderBundesregierung
angekündigte„AktionsprogrammKindertagespflege“.DasProfileineszukunftsfähigen
„FachdienstesTagespflege“mussdabeiVerfahrenderQualifizierung,ZulassungundPraxis-
begleitung,SchrittezurProfessionalisierung(ArbeitsstatusundsozialeAbsicherung),Ver-
fahrenzurQualitätsfeststellungsowiedieZusammenarbeitmitJugendämtern,Verbänden
undTrägerverbändenumfassen.
(13) Finanzierung der Tagespflege vereinheitlichen. ▼
▼
DieVergütungundBesteuerungderTagespflegeistimmernochsehruneinheitlichgere-
gelt,jenachdemobsieöffentlichoderprivatfinanziertwird.ImSinneeinerqualitativhoch-
wertigenBetreuungundeinerverlässlichenundlängerfristigzurVerfügungstehenden
BetreuungspersonisteinestabilePlanungsgrundlagefüralleBeteiligtenunumgänglich.
HieristdieBundesregierunggefordert,imlaufendenGesetzgebungsverfahrenzumKinder-
förderungsgesetz(KiföG)einheitlicheRahmenbedingungenmitverbindlichenVorgaben
fürdieLänderherzustellen.
(14) Mindestbedingungen beim Rechtsanspruch festlegen.
BisheristderUmfangdertäglichenBetreuungszeitinKindertageseinrichtungenoderin
Kindertagespflegebundesrechtlichsogeregelt,dasskeinRechtsanspruchaufeinelängere
Betreuungszeitbesteht.VorallemindenaltenBundesländernfehlenbekanntlichGanz-
tagesplätze,unddieÖffnungszeitensindvielfachunzureichend,sodassdiezeitlicheLage
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49 Empfehlungen
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Kapitel V. derBetreuunghäufignichteinmalmiteinerelterlichenHalbtagsbeschäftigungvereinbar
ist.ZubeachtensindjedochdiejugendhilferechtlichenZielsetzungenundZweckbestim-Seite ��
mungen.91DiebedarfsgerechteErfüllungdesAnspruchsmussdaherÖffnungszeitenund
Angebotsstrukturengewährleisten,diejedemElternteildieAusübungeinerErwerbstätig-
keit,eineAusbildungoderTeilnahmeanEingliederungsmaßnahmenermöglichen;dem-
nachkommteineÖffnungszeitvonsechsStundentäglichehereinembedarfsgerechten Inhalt Angebotgleich.
zurück Esistwünschenswert,dassderGesetzgeberdenzeitlichenUmfangdesRechtsanspruchsin
§24SGBVIIIausdrücklichregeltundeineBetreuungszeitinKindertageseinrichtungenvon weiter
mindestenssechsStundentäglichvorsieht.92EinestärkerebundesgesetzlicheNormierung
derZugangsvoraussetzungenzudenEinrichtungenistauchsinnvoll,umChancengleich-
heitherzustellenundeinbedarfsgerechtesAngebotüberkommunaleundLandesgrenzen
hinwegsicherzustellen.
(15) Rechtsanspruch bei Arbeitsvermittlung gewähren.
NachdemSGBIIkanndieAgenturfürArbeitmitdemZielderEingliederungvonerwerbsfä-
higenPersonenalsLeistungauchdieBetreuungvonminderjährigenKindernodervon
KindernmitBehinderungenerbringen(lassen)(§16Abs.2Nr.1SGBII).Eshandeltsichdabei
bisherlediglichumeineErmessensleistung.DieseRegelungsollteineinenRechtsanspruch
eineserwerbssuchendenElternteilsaufVermittlungeinesbedarfsgerechtenBetreuungs-
angebotesumgewandeltwerden.
(16) Rechenschaftspflicht und Monitoring sicherstellen.
UmdeneffizientenEinsatzderMittelzugarantieren,istesnötig,sowohldifferenzierte
ZielvorgabensowieVerfahrenzurMessungvonZielerreichungsgradenbeiderVergabeder
MittelausdemSondervermögenzuformulieren,dieüberdieschonbestehendeRechen-
schaftspflichtinderVerwaltungsvereinbarunghinausgehen.HierübersolltensichBund
undLändernochmalsgemeinsamverständigen.GleichzeitigsollteeineÜberprüfung
bezüglichderVerwendungdeserhöhtenUmsatzsteueranteilsverankertwerden.Dieskann
bspw.freiwilligdurchdieLänderoderübereinenWettbewerbdesBundeserfolgen,bei
demdaserfolgreichsteLandeinenBonusbekommt.
▼▼
(17) Neuordnung des Kompetenzgefüges zwischen Bund, Ländern und Kommunen im
Politikfeld Bildung, Betreuung und Erziehung bedenken.
UmkünftigeZuordnungsproblemezuvermeiden,hältesderBeiratfürsinnvoll,dasKompe-
tenzgefügezwischenBund,LändernundKommunenimPolitikfeldBildung,Betreuungund
Erziehunggenerellneuzubedenken.DazuwürdevorallemdieKlärungderFragegehören,
obdieBetreuungderBildungzuzuordnenundalsLänderkompetenzfestzulegenseioder
derFürsorgeauchi.S.vonnichtschulischerBildungunddamitalsBundeskompetenzneu
zufassensei.
91FörderungalsBildung,BetreuungundErziehung,OrientierungandenBedürfnissenderKinderundihrerFami-lien(§22Absatz2SGBVIII),dieLebensweltorientierung(§80Abs.2Nr.1)sowiedasZielderVereinbarkeitvon FamilieundErwerbstätigkeit(§80Abs.2Nr.4).
92IndieseRichtungsindbereitseinigeLandesgesetzgeber(Brandenburg,Hamburg,Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen,Rheinland-Pfalz,Saarland)gegangen,dieimRahmendesLandesrechtsvorbehalts(§26 SGBVIII)denzeitlichenUmfangdesAnspruchsauf6Stundenfestgelegthaben.Sachsen-AnhalthatdenRechts-anspruchauf5Stundenfestgelegt.
▼
50 Empfehlungen
Kapitel V. (18) Subjektförderung statt Objektförderung erwägen.
HinsichtlichderFinanzierungvonBetreuungsangebotenüberwiegtbisherdieinstitutio-Seite �0
nelleFinanzierungvonKindertageseinrichtungenalsobjektbezogeneFinanzierungder
einzelnenEinrichtungdurchAllgemeinePflegesatzvereinbarungen.Dadurchwerdennicht
diejugendhilferechtlichleistungsberechtigtenSubjektefinanziert,sonderndieEinrich-
tungsbetreiber.UmdieNachfragemachtderSubjektedurcheinpersonenbezogenesFinan-Inhalt zierungsmodell(imGegensatzzuminstitutionellenFinanzierungsmodell)zufördern,
solltendiezuförderndenLeistungsberechtigtenGutscheineerhalten,dieauchdenUmfang zurück derLeistungsberechtigungspezifizieren.Ergänzendkönntenebendieserpersonenbezo-
genenFinanzierungdurchGutscheineauchnocheineinstitutionelleFinanzierungbeson-weiter
dererBedarfe(z.B.inStadtteilenmitsozialenBrennpunkten)möglichsein.DerBeirat
schlägtvor,GutscheinlösungenerneutinErwägungzuziehen.
AuchumAusweichreaktionenderLänderundKommunenzuverhindern,wasdieWeiter-
leitungvonBundesmittelnfürdenAusbauderPlätzefürunterDreijährigeangeht,sollteauf
BundesebenedieDiskussionumdieVergabevonBundesgutscheinenfürdieBetreuungvon
Kindertageseinrichtungennichtendgültigbeendet,sondernimZusammenspielmitden
LändernundKommunenweiterentwickeltwerden.Eshandeltsichdabeiumeineverfas-
sungsrechtlichkonformeMöglichkeitderzweckgebundenenVergabevonBundesmitteln,
umdenAusbauimBereichderunterDreijährigenzufördern.Soistesdenkbar,dassnach
einerAusbauphasebiszumJahr2013eineGutscheinlösungvorbereitetundanschließend
eingeführtwird.
DieEinführungvonGutscheinen,unabhängigdavon,obvonBund,Bundesländernoder
Kommunen,ermöglichtes,dieVergabeöffentlicherGelderauchmitQualitätsstandardszu
verbinden.DieVergabevonGutscheinenermöglichtaußerdemeinezielgruppenspezi-
fischeFörderung,indemFamilienmitbesonderenFörderbedarfeninspezifischerWeise
berücksichtigtwerden.
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desBMFSFJBd.202,Stuttgart2001.
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ:LeitsätzeundEmpfehlungen
zurFamilienpolitikimvereinigtenDeutschland.GutachtendesWissenschaftlichenBeirats
fürFamilienfragenbeimBMFSFJ,SchriftenreihedesBMFSFJBd.1,Stuttgart/Berlin/Köln1991.
Viitanen, T. K.:Childcarevoucherandlabourmarketbehavior:ExperimentalEvidencefrom
Finland.SheffieldEconomicResearchPaperSeriesNr2007011,August2007.
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56 Anhang
Kapitel V. Anhang:SynopsederBildungsplänederLänder
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Kapitel V. MitgliederdesWissenschaftlichenBeiratsfürFamilienfragenbeim BundesministeriumfürFamilie,Senioren,FrauenundJugend
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Ott, Prof. Dr. Notburga Honig, Prof. Dr. Michael-Sebastian
–Vorsitzende– UniversitätTrierInhalt Ruhr-UniversitätBochum FachbereichI–Pädagogik
LehrstuhlfürSozialpolitikundöffentlichezurück Wirtschaft Keil, Prof. Dr. Dr. em. Siegfried
Philipps-UniversitätMarburgweiter
Gerlach, Prof. Dr. Irene FachbereichEvangelischeTheologie,
–stellvertretendeVorsitzende– FachgebietSozialethik
WestfälischeWilhelms-UniversitätMünster
InstitutfürPolitikwissenschaft Kleinhenz, Prof. Dr. em Gerhard
UniversitätPassau
Huinink, Prof. Dr. Johannes LehrstuhlfürVolkswirtschaftslehremit
–stellvertretenderVorsitzender– SchwerpunktWirtschafts-undSozialpolitik
UniversitätBremen
EMPAS–Institutfürempirischeund Krüsselberg, Prof. Dr. em. Hans-Günter
angewandteSoziologie Philipps-UniversitätMarburg
FachbereichWirtschaftswissenschaften
Althammer, Prof. Dr. Jörg WirtschaftspolitikII,Abt.fürAllg.Volkswirt-
KatholischeUniversitätEichstätt-Ingolstadt schaftslehre
LehrstuhlfürWirtschafts-undUnternehmens-
ethik Liegle, Prof. Dr. em. Ludwig
UniversitätTübingen
Büchner, Prof. Dr. em. Peter InstitutfürErziehungswissenschaft
Philipps-UniversitätMarburg
InstitutfürErziehungswissenschaft Lüscher, Prof. Dr. em. Kurt
UniversitätKonstanz
Fegert, Prof. Dr. Jörg Michael FachbereichGeschichteundSoziologie
UniversitätsklinikundPoliklinikfürKinder-
undJugendpsychiatrie/Psychotherapie Spieß, Prof. Dr. Christa Katharina
ÄrztlicherDirektorUniversitätsklinikumUlm DeutschesInstitutfürWirtschaftsforschung
(DIW)undFreieUniversitätBerlin(FU)
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Filipp, Prof. Dr. Sigrun-Heide
UniversitätTrier Scheiwe, Prof. Dr. Kirsten
FachbereichI–Psychologie UniversitätHildesheim
InstitutfürSozial-undOrganisations-
Greve, Prof. Dr. Werner pädagogik
UniversitätHildesheim
InstitutfürPsychologie Walper, Prof. Dr. Sabine
UniversitätMünchen
Grüske, Prof. Dr. Karl-Dieter InstitutfürPädagogik
Friedrich-Alexander-UniversitätErlangen–
Nürnberg
Rektor
60 Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Kapitel V. Werding, PD Dr. Martin ASSISTENTIN DES WISSENSCHAFTLICHEN
IfoInstitutfürWirtschaftsforschunge.V. BEIRATS FÜR FAMILIENFRAGEN Seite �0
LeiterderAbteilungSozialpolitikund
Arbeitsmärkte Gregori, Catherine
Ruhr-UniversitätBochum
FakultätfürSozialwissenschaft Inhalt STÄNDIGE GÄSTE LehrstuhlfürSozialpolitikundöffentliche
Wirtschaft zurück Rauschenbach, Prof. Dr. Thomas
DirektordesDeutschenJugendinstitutese.V. weiter
Dorbritz, Dr. Jürgen
BundesinstitutfürBevölkerungsforschung
▼▼
▼
DieseBroschüreistTeilderÖffentlichkeitsarbeitderBundesregierung;
siewirdkostenlosabgegebenundistnichtzumVerkaufbestimmt.
Herausgeber:
Bundesministerium
fürFamilie,Senioren,Frauen
undJugend
11018Berlin
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