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Die Bedeutung der Luft im OP-Saal

Herne, 7. März 2018

Walter Popp

Themen

Geschichte

Kontroverse um RLT-Anlagen

Wie entstehen postop. Wundinfektionen?

Haut und Haare im OP

Reinraum OP?

2

Geschichte:

Miasma

Geschichte

50er Jahre:

Erregerreservoire vor allem Nasen-Rachen-Raum des OP-Teams und Luft im OP-Saal.

80er Jahre:

Auch anearobe Bakterien in der Luft nachweisbar.

Keine erhöhte Luftkeimzahl bei septischen OPs (Rüden).

2001, Kappstein:

Pathogene Keime aus der Luft nur als Tröpfchen-Kerne aus dem Nasen-Rachen-Raum und auf

Hautschuppen von der Körperhaut des Personals.

Bei turbulenter Mischströmung der RLT-Anlage können Bakterien von Personen in der Peripherie

des OP-Saales in die Wunde gelangen.

RLT-Anlagen müssen den Bereich von OP- und Instrumententisch mit keimarmer Luft versorgen.

Das Prinzip der Luftströmung muss eine stabile turbulenzarme Verdrängungsströmung sein.

u.a. aus Kappstein: Literaturübersicht über die Bedeutung der Luft als Erregerreservoir für

postoperative Infektionen im OP-Gebiet. 2001

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Raumlufttechnische Anlage = RLT-Anlage

Aufgaben:

Patient:

Hygienisch einwandfreie Qualität der Luft (Keim-arm/frei).

Personal:

Thermische Behaglichkeit (Heizen, Kühlen).

Lasten abführen (chir. Rauchgase).

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Raumlufttechnische Anlage = RLT-Anlage

Raumluftklasse:

I – drei Filterstufen

IA – TAV-Decke – Turbulenz-arme Verdrängungsströmung

(früher LAF: Laminar-air-flow)

IB – z.B. Drallauslass

II – zwei Filterstufen

DIN 1946-4, VDI 6022

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Kritik:

RLTs wurden zu Erhebungsbeginn nicht in ihren technischen

Parametern und ihrer Konfiguration abgeprüft.

Häufig dürfte das erforderliche Deckenfeld von 3,2 x 3,2 m nicht

realisiert sein.

Viele potentielle Confounder wurden nicht berücksichtigt:

Operateure, Ausstattung der OP-Säle, OP-Textilien, Risikofaktoren

beim Patienten, PAP, Haarentfernung, Nachbeobachtung.

Postalische Abfrage im Nachhinein kritisch: Oft kann selbst das

technische Personal keine korrekten Antworten zur Belüftungsart

geben. Beispiel: Klassifizierung einer Lochblendendecke als TAV.

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13 Jahre Erfassung von Wundinfektionen in der

Schweiz

Eingriff Anteil Wundinfektionen mit

Erfassung nach Entlassung

Appendektomie 66 %

Cholezystektomie 60 %

Colectomy 21 %

Hüft-TEP 78 %

Knie-TEP 94 %

Staszewicz et al, J Hosp Infect 2014, 88, 40

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Register-Daten-Auswertung

Retrospektiv Fragebogen-

Erhebung (58 % Response)

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Here is what our engineering manager said:

Laminar flow air diffusion is independent of filtration location. You

can have a laminar flow system serving an operating room where all

filtration (including final HEPA filtration) is at the central HVAC unit or

you can have a laminar flow system serving an OR where some

filtration is at the central HVAC unit and the final HEPA filtration is at

the laminar flow diffuser in the ceiling. Both would be suitable and

acceptable, it’s just a question of where you want to place the HEPA

filters.

Candace Friedman, University of Michigan, US

February, 2018

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KRINKO: Prävention postoperativer

Wundinfektionen

Entwurf Anfang 2017.

Sofern OP-Abteilungen mit RLT, gilt DIN 1946-4.

TAV ungelöst.

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Folgerungen 1a

Über die Luft entstehen Infektionen.

Mindestens Teile der WHO-Empfehlung sind

fragwürdig belegt.

US- und EU-RLT-Anlagen offenbar nicht vergleichbar.

Die DIN 1946-4 wird weiterhin Raumklasse Ia (TAV)

enthalten – Stand der Technik.

Mindestens teilweise weiter TAV bei Neubauten.

TAV

reduziert Keime und Partikel,

führt kanzerogenen chirurgischen Rauch ab.

Folgerungen 1b

Der Versuch Gastmeiers, nur noch Ergebnisstudien

zur Beurteilung zuzulassen, ist wissenschafts- und

praxisfremd.

Es müssen auch experimentelle Studien, Vor-Ort-

Messungen und logische Überlegungen anerkannt

werden.

Physikalische Messungen haben einen sehr kleinen

Fehler, Ergebnisstudien (z.B. KISS) sind oft völlig

unvalide.

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Besondere Probleme

Größe der TAV-Decke.

Instrumententisch.

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Standzeit ca. 1 Stunde

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Die Instrumente im Ib-OP und außerhalb des

eigentlichen Schutzbereiches im Ia-OP waren deutlich

mehr mit Keimen belastet.

-> TAV macht Sinn.

-> Wundinfektionen durch unsterile Instrumente?

KRINKO – Wundinfektionen (2007)

Eine primär heilende Wunde ohne Drainage gilt in der Regel nach 24 Stunden als

verschlossen und nicht mehr exogen infektionsgefährdet.

Primär verschlossene, nicht sezernierende Wunde: Sterile Wundauflage für 24 - 48

Stunden, danach offen.

Weiteres Risiko: Ungenügende Desinfektion in Haarfollikeln (endogen)? (nicht

KRINKO)

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KRINKO – Wundinfektionen (2007)

Eine primär heilende Wunde ohne Drainage gilt in der Regel nch 24 Stunden als

verschlossen und nicht mehr exogen infektionsgefährdet.

Primär verschlossene, nicht sezernierende Wunde: Sterile Wundauflage für 24 - 48

Stunden, danach offen.

Weiteres Risiko: Ungenügende Desinfektion in Haarfollikeln (endogen)?

Folgerung: Die meisten Infektionen entstehen nicht nach der OP,

sondern während der OP!

Besonderes Risiko: Implantate

Minimale Infektionsdosis von Staph. au. für Abszess

100.000 Mal niedriger bei Fremdkörper.

Bereits die Kolonisation von Fremdmaterial mit 100

Erregern kann eine Infektion auslösen.

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Folgerungen 2

Instrumente können unsteril werden im OP.

Die meisten Wundinfektionen entstehen im OP.

Besonderes Risiko bei Implantaten.

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Folgerungen 3

Der Mensch gibt pro Tag ca. 107 Hautschuppen

ab, 10 % sind Träger von Bakterien (1.000.000).

Ohren geben am meisten Hautschuppen ab.

Haare, Bart und Ohren müssen komplett

bedeckt sein – Astro-Hauben!

Qualität der Hauben ebenfalls

beachten – Durchlässigkeit!

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KRINKO 2016: Händehygiene

Bei Vorliegen chronischer Hauterkrankungen: Prüfen, ob Kolonisation mit

potenziell pathogenen Erregern, ggf. Eradikation versuchen. Vorstellung beim

Betriebsarzt.

Atopisches Ekzem bei bis zu 3 %

der Erwachsenen, ebenso

Psoriasis.

Ekzem- und psoriatrische Herde,

z.B. am Ellbogen, nicht offen

im OP-Saal (z.B. Springer,

Anästhesiepersonal),

sondern immer bedeckt, z.B.

durch langärmelige Kleidung.

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Folgerungen 4

Mitarbeiter mit Hautkrankheiten im OP:

Besiedlung mit Keimen prüfen –

wiederkehrend.

Gefährdungsbeurteilung – ggfs. Bedeckung

von kritischen Hautstellen, ggfs. in anderen

Bereichen einsetzen.

Folgerungen 5

Ursachen für Wundinfektionen im OP

Hautschuppen, Haarteile mit Keimen – vom Kopf des

Personals.

Aerosole aus dem Nasen-Rachen-Bereich – Qualität des

MNS?

Kontaminierte Instrumente.

Hände des Chirurgen (unsterile oder löchrige Handschuhe).

Keime aus Haarfollikeln des Patienten – Desinfektionslücken.

Keime in der Luft (auf Partikeln) – Verwirbelungen.

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Reinraum OP?

Standard:

Arzneimittel-Produktion

Chip-Produktion

Apotheke (Werkbänke)

Lebensmittelindustrie (teilweise)

AG KRINKO-BfArM-RKI (2016):

Portionierung aus Einzeldosisbehältnis nur in Apotheke unter

Reinraumbedingungen

Ebenso Mischinfusionen zur parenteralen Ernährung

Komplexe Infusionen (z.B. Neonatologie) möglichst in Apotheke verlagern

ZSVA:

Forderungen von Auditoren gehen in diese Richtung: z.B. Partikelmessungen

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OP künftig Reinraum?

Heute schon Nutzung moderner

Technik möglich, z.B.

Video-Kameras im OP?

Kontrolle der Türöffnungen und

Dokumentation?

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Zusammenfassung

Luft wichtiges Überträgermedium bei der Entstehung

von postoperativen Wundinfektionen.

Wert der TAV-Decken unklar – Partikel- und Keim-

Reduktion gesichert.

Ebenso Abfuhr toxischer Gase.

Ausschließliche Beschränkung auf Ergebnis-Studien

wissenschaftlich unseriös.

Mehr Disziplin im OP erforderlich – Tendenz Richtung

Reinraum.

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